Sündenfall 82-I

DER SÜNDENFALL DES VERFASSUNGSGERICHTS 1982

SÜNDENFALL 82-I

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Abstract

Mit dem Kernsatz des Erk VfGH Slg 9336/1982, wonach die Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung in den Gemeindeordnungen der Länder derart definiert wären, dass ein solches Gemeindegut notwendig ein Eigentum der Ortsgemeinde sei, hat der Verfassungsgerichtshof eine OFFENKUNDIG FALSCHE Rechtsbehauptung aufgestellt.

OFFENKUNDIG FALSCH ist dieser Kernsatz des Erk VfSlg 9336/1982 nicht deshalb, weil der Verfassungsgerichtshof eine Widersprüchlichkeit zwischen dem Flurverfassungsrecht und dem Gemeinderecht übersehen hätte! OFFENKUNDIG FALSCH ist dieser Kernsatz des Erk VfSlg 9336/1982 deshalb, weil die Gemeindeordnungen der Länder seit den 1930er Jahren klarstellen, dass diese für die Regelung des Eigentumsrechts am Gemeindegut nicht zuständig sind.

Die Behauptung des VfGH, das Gemeinderecht begründe an einem Gemeindegut notwendig ein Eigentum der Ortsgemeinde, ist schon aus zivilrechtlicher Sicht offenkundig unrichtig. Das Gemeinderecht kann keinen Eigentumstitel für einen Einzelfall abgeben. Nur am Rande ist festzustellen: Einen Eigentumstitel schaffen, das könnte nur das Zivilrecht; Zivilrecht ist freilich keine Kompetenz des Gemeindegesetzgebers, sondern Bundeskompetenz gem Art 10 B-VG.

Absurd wird die Behauptung, dass das Gemeinderecht das Eigentum am Gemeindegut gestalte, wenn man die Entwicklung der Landes-Gemeindegesetze nachvollzieht, die durch die Bodenreformgesetzgebung veranlasst wurde. Tatsache ist, dass gerade das Tiroler und das Vorarlberger Landes-Gemeinderecht angepasst wurden, als das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz (FlVGG) im Jahr 1932 in Kraft gesetzt wurde. Weil die Bundesverfassung das „Bodenreformrecht, insbesondere agrarische Operationen“ (= auch Flurverfassungsrecht) als Bundeskompetenz in den Grundsätzen definiert hatte (Art 12 B-VG) und weil der Bundesgesetzgeber im Jahr 1932 von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht hatte, mussten die Landesgemeindegesetze umgestaltet werden.

Im Blick auf Art 12 B-VG und die Bundeskompetenz betreffend „Bodenreformrecht, insbesondere agrarische Operationen“ mussten aus den Landes-Gemeindegesetzen alle Regelungen beseitigt werden, die der Sache nach „Bodenreformrecht, insbesondere agrarische Operationen“ am Gemeindegut waren. Insbesondere umfasst „Bodenreformrecht, insbesondere agrarische Operationen“ a) das Judizieren (= die reformatorische Entscheidung) der Eigentumsverhältnisse und b) die Regulierung der Nutzungsrechte.

Tatsächlich haben die Landes-Gemeindegesetze ab dem Zeitpunkt, als das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz des Bundes 1932 in Kraft getreten ist, entweder auf eine Regelung des Gemeindeguts gänzlich verzichtet oder die Landes-Gemeindegesetze haben klar gestellt, dass in ihren Gemeindegesetzen nichts geregelt ist, was im Widerspruch zum „Bodenreformrecht, insbesondere agrarische Operationen“ iSd Art 12 B-VG stehen könnte.

Die Vorgabe des “Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes” aus dem Jahr 1935 an den Tiroler Landtag, der damals gerade die Gemeindeordnung reformiert hat, lauteten wie folgt: „1. Der nach dem Flurverfassungs-Grundsatzgesetz als Agrargemeinschaft geltende Teil des Gemeindegutes ist von der Gemeindefinanzverwaltung auszunehmen; am einfachsten wohl dadurch, dass man bei der Definition des Gemeindeeigentums (bzw des Gemeindevermögens und Gemeindegutes) diese gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatzgesetz (B 256/1932) agrargemeinschaftlichen Liegenschaften ausdrücklich ausnimmt. 2.) Die materiellrechtlichen Bestimmungen über das Recht und Maß der Teilnahme an den Nutzungen dieser nunmehr gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz als agrargemeinschaftliche Grundstücke geltenden ehemaligen Teile des Gemeindegutes wären als eigener Abschnitt (Hauptstück) in der Gemeindeordnung zu belassen. Es wäre aber zu beachten, dass künftig hinsichtlich dieser Agrargemeinschaft die Gemeinde nicht mehr die Stellung einer Behörde, sondern lediglich eines Beteiligten hat. 3.) In dem Abschnitt der Gemeindeordnungen über Recht und Maß der Teilnahme an den Nutzungen der gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz agrargemeinschaftlichen Liegenschaften wäre am Schluss folgender Paragraph anzufügen: „Die Bestimmungen dieses Gesetzes über das Gemeindeeigentum (oder „über das Gemeindevermögen und Gemeindegut“) finden auf die gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz BGBl Nr 256/1932, als agrargemeinschaftliche Grundstücke geltenden einstigen Teile des Gemeindegutes nur insoweit Anwendung, als sie mit dem Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz BGBl Nr 256/1932 und dem Flurverfassungs-Landes-Gesetz nicht im Widerspruch stehen.“

Die Tatsache, dass der Verfassungsgerichtshof sich im Erkenntnis VfSlg 9336/1983 darüber hinweggesetzt hat, dass die Gemeindegesetze der Länder seit Inkrafttreten der Bundes-Verfassung systematisch so umgestaltet wurden, dass in diesen insbesondere nichts zum Eigentum am Gemeindegut geregelt war, ist schlicht ein SKANDAL.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis VfSlg 9336/1982 darüber hinweggesetzt, dass die Landesgemeindegesetze sein Inkrafttreten der Bundesverfassung die agrarische Operation an Gemeindegut, dh insbesondere auch die Entscheidung über die Eigentumsverhältnisse daran, weder regeln konnten, noch durften!

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I. Gemeindegesetze wurden umgestaltet

Das Mieders-Erk 2008 war nur denkbar, weil der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 9336/1982 das Gemeindegut zwingend als ein Eigentum der Ortsgemeinden hingestellt hatte. Das Verfassungsgerichtshof wollte diese Rechtseigenschaft des Gemeindeguts aus dem Gemeinderecht abgeleitet wissen. Tatsächlich findet sich im Gemeinderecht des Jahres 1982 keine entsprechende Rechtsgrundlage.

Das Erkenntnis VfSlg 9336/1982 vom 01.03.1982 ist zu aller erst ein Erkenntnis zu einem Vorarlberger Sachverhalt. Der Verfassungsgerichtshof hatte über eine Bestimmung zum Vorarlberger Flurverfassungsrecht das Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet; geprüft werden sollte, ob ein „Gemeindegut“ in Vorarlberg der agrarischen Operation unterzogen werden könne.

Der Verfassungsgerichtshof gelangte zu dem Ergebnis, dass die agrarische Operation am Gemeindegut im Vorarlberger Flurverfassungs-Landesgesetz gleichheitswidrig geregelt sei; auch das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz (FlVerfGG) des Bundes sei mit dieser Gleichheitswidrigkeit belastet.

Die behauptete Gleichheitswidrigkeit, stützt der VfGH auf folgende Überlegungen: „Das Gemeindegut iS der Gemeindeordnungen ist aber […] nicht nur formell der Gemeinde zugeordnet, sondern auch in materieller Hinsicht Eigentum der Gemeinde […] Die der Äußerung der Tir. Landesregierung zugrundeliegende Ansicht, die Gemeinde fungiere (auch) in diesen Fällen gleichsam nur als Vertreter oder Treuhänder der Nutzungsberechtigten und diese – die Mitglieder der alten Realgemeinde oder die von ihnen gebildete Gemeinschaft – seien die wahren (materiellen) Eigentümer des Gemeindegutes, findet in der tatsächlichen Entwicklung des Gemeinderechts keine Stütze. […] sie verkennt [dabei allerdings], daß man […] [zur Klärung der Eigentumsverhältnisse] auf die Regelungen des Gemeinderechtes zurückgreifen […] muß.“ (VfSlg 9336/1982 vom 1.3.1982, Pkt III. 1. Abs 3 und 4 sowie Pkt III. 2. Abs 1 der Begründung) Kurz: Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs begründete das Gemeinderecht ein Eigentumsrecht der Ortsgemeinde am Gemeindegut.

Gemeinderecht ist nach den Kompetenzartikeln der Österreichischen Bundes-Verfassung Landesrecht; das Gemeinderecht ist in den Landesgemeindegesetzen geregelt – ein anderes Gemeinderecht gibt es nicht. Auch am 1.3.1982, als der Verfassungsgerichtshof das Erkenntnis VfSlg 9336/1982 fällte, gab es in Österreich nur das Gemeinderecht der Länder (Landeskompetenz gem Art 15 B-VG). Für die Beurteilung des Gemeindeguts in Vorarlberg und die Entscheidung der Frage, ob das Vorarlberger Flurverfassungs-Landesgesetz den Rechtsverhältnissen am Gemeindegut in Vorarlberg gerecht wird, durfte nur das damals in Vorarlberg geltende Gemeinderecht herangezogen werden. Ein anderes Gemeinderecht stand damals in Vorarlberg nicht in Geltung stand.

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II. Was besagte das Vlbg Gemeinderecht?

Zu überprüfen ist die folgende Rechtsbehauptung des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 1982: „Das Gemeindegut iS der Gemeindeordnungen ist aber […] nicht nur formell der Gemeinde zugeordnet, sondern auch in materieller Hinsicht Eigentum der Gemeinde“, was sich aus dem Gemeinderecht ergeben würde.

Im Jahr 1982 stand in Vorarlberg (Vlbg) das Gemeindegesetz 1965, (Vlbg) LGBl 1965/45, im Folgenden: Vlbg GG 1965, in Geltung. Überprüft man, was das Vorarlberger Gemeinderecht zu den Rechtsverhältnissen am Gemeindegut im Jahr 1982 tatsächlich regelte, wird man überrascht: In diesem Gesetz findet sich wohl eine einschlägige Regelung zum Gemeindegut im Land Vorarlberg; diese Gesetzesbestimmung ist jedoch weit davon entfernt, die Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut zu regeln.

§ 91 Abs 4 Vlbg GG 1965 lautet wie folgt: „Die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten ist verpflichtet, Gemeindegut, dessen rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse noch nicht nach den Bestimmungen des II Hauptstückes des Flurverfassungsgesetzes, LGBl Nr 4/1951, geordnet sind, vorläufig nach den Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes zu verwalten.“ (unverändert § 99 Gemeindegesetz 1985 – in Geltung bis LGBl 1998/49). Die Regelung ist Teil der Übergangsbestimmungen (§ 91 Vlbg GG 1965); andere gesetzliche Bestimmungen zum Gemeindegut finden sich im Vlbg GG 1965 nicht – anders noch das Vlbg GG 1935, (Vlbg) LGBl 25/1935.

Das Vlbg GG1965 hat somit keinesfalls Gemeindegut als Eigentum der Ortsgemeinde geregelt. Vielmehr enthält das Vlbg GG 1965 lediglich als Übergangsbestimmung eine Regelung betreffend die Verwaltung des Gemeindeguts, wobei auf das Vlbg Flurverfassungs-Landesgesetz verwiesen wurde. Zusätzlich lässt die Gesetzesbestimmung erkennen, dass der Gemeindegesetzgeber die sukzessive Regulierung des Gemeindeguts nach dem (Vlbg) Flurverfassungs-Landesgesetz voraussetze.

Der Gesetzestext bringt damit zum Ausdruck, was seit Inkrafttreten der Kompetenzartikel der Bundes-Verfassung dem Österreichischen Verfassungsrecht entsprochen hat: Das Gemeindegut unterliegt dem Bodenreformrecht in der Kompetenz des Bundes-Grundsatzgesetzgebers und den auf Landesebene erlassenen Bodenreformgesetzen, hier: Vlbg Flurverfassungs-Landesgesetzes, (Vlbg LGBl Nr 4/1951). Im Gemeinderecht wurde nur ein Übergangsrecht vorgesehen, wonach die Verwaltung geregelt wurde, bis die agrarische Operation nach Flurverfassungs-Landesgesetz (Teilung, Zusammenlegung, Regulierung) durchgeführt ist.

a) Vom Gemeindeeigentum keine Rede

Das Vlbg GG 1965, das im Jahr 1982 in Vlbg gegolten hat, liefert sohin keine Stütze für den Rechtssatz: „Das Gemeindegut iS der Gemeindeordnungen ist aber nicht nur formell der Gemeinde zugeordnet, sondern auch in materieller Hinsicht Eigentum der Gemeinde“ sei. Das Vlbg GG 1965 trifft in dieser Hinsicht keine Regelung, sondern ordnet an, dass die Verwaltung des Gemeindeguts nach Landes-Flurverfassungsrecht zu erfolgen habe, bis die agrarische Operation nach Flurverfassungs-Landesgesetz, LGBl Nr 4/1951, die reformatorische Gestaltung der Rechtsverhältnisse herbeiführe.

Insofern der Verfassungsgerichtshof bei der Entscheidung VfSlg 9336/1982 – ungeachtet des Gesetzeswortlauts in § § 91 Abs 4 Vlbg GG 1965 – Zweifel gehabt haben sollte, was das Vlbg GG 1965 hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut voraussetzt, wären die Gesetzesmaterialien als Hilfsmittel der Gesetzesinterpretation heranzuziehen gewesen. Tatsächlich enthält der „Motivenbericht“ zum Vlbg GG 1965 eine umfangreiche Erläuterung zur Bestimmung des § 91 Abs 4 Vlbg GG 1965. Der Motivenbericht zum Vlbg GG 1965 führt dazu aus: Der Vorarlberger Gemeindegesetzgeber geht davon aus, dass „das bisher in den §§ 72 bis 77 und 102 bis 108 der GO 1935 genannte Gemeindegut ausschließlich aus agrargemeinschaftlich genutzten Grundstücken“ bestehe. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung seien inzwischen im Flurverfassungsgesetz, LGBl. Nr. 4/1951, geregelt. […] Die Ordnung der Verhältnisse des Gemeindegutes im Einzelnen ist zwar schon weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen. Um für die Übergangszeit für eine geordnete Verwaltung vorzusorgen, erweise es sich als zweckmäßig, den Gemeinden die Verpflichtung aufzuerlegen, die bisher geübte vorläufige Verwaltung bis zur Regulierung weiterzuführen.  § 91 Abs 4 Vlbg Gemeindegesetz 1965 ordne deshalb folgendes an: Die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten ist verpflichtet, Gemeindegut, dessen rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse noch nicht nach den Bestimmungen des II Hauptstückes des Flurverfassungsgesetzes, LGBl Nr 4/1951, geordnet sind, vorläufig nach den Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes zu verwalten.

Die zentrale Botschaft des Motivenberichts zu den Rechtsverhältnissen am Gemeindegut lautet somit, dass der Vorarlberger Gemeindegesetzgeber davon ausgehe, dass das bisher in den §§ 72 bis 77 und 102 bis 108 der GO 1935 genannte Gemeindegut ausschließlich aus agrargemeinschaftlich genutzten Grundstücken“ bestehe und dass die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an diesem Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung inzwischen im Flurverfassungsgesetz, LGBl. Nr. 4/1951, geregelt seien. Kurz: Der nach der Bundesverfassung für das Gemeinderecht ausschließlich zuständige Gesetzgeber für das Land Vorarlberg hatte im Jahr 1965 klar gestellt, dass gerade nicht das Gemeinderecht, sondern vielmehr das Flurverfassungs-Landesgesetz die einschlägigen Gesetzesbestimmungen für die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am Gemeindegut enthalte.

Somit erweist sich der vom Verfassungsgerichtshof im Erk VfSlg 9336/1982 aufgestellte Rechtssatz, wonach das Gemeindegut iS der Gemeindeordnungen nach dem Inhalt der Gemeindegesetze nicht nur formell der Gemeinde zugeordnet, sondern auch in materieller Hinsicht Eigentum der Gemeinde sei – jedenfalls für das Land Vorarlberg, welches den ersten Anlassfall für das Erk VfSlg 9336/1982 lieferte – schlicht als FALSCH. Das Vlbg Gemeinderecht wollte im Blick auf das Bodenreformrecht keine Regeln zu den Rechtsverhältnissen am Gemeindegut aufstellen.

b) Vom Gemeindegesetz ins Flurverfassungsgesetz

Die Vorarlberger Gemeindeordnung 1935, (Vlbg) LGBl 25/1935, hatte noch umfangreiche Bestimmungen zur Regelung des Gemeindeguts enthalten (§§ 72 bis 77 und 102 bis 108 der GO 1935). Auch der Vlbg Gemeindegesetzgeber des Jahres 1935 hatte jedoch bereits dem Umstand Rechnung getragen, dass das Gemeindegut dem Anwendungsbereich der Bodenreformgesetzgebung, insbesondere agrarische Operationen (Art 12 B-VG) unterliegt.

Der Bund hatte im Jahr 1935 von seiner diesbezüglichen Kompetenz bereits Gebrauch gemacht und das FlVerfGG 1932, BGBl.Nr. 256/1932, erlassen. Spätestens mit Inkrafttreten eines entsprechenden Landes-Flurverfassungsgesetzes für Vorarlberg war die (Vlbg) Gemeindeordnung 1935 die falsche Rechtsquelle, um die reformatorische Entscheidung über die Rechtsverhältnisse am Gemeindegut zu regeln.

Dieser Tatsache trägt § 102 Abs. 3 Vorarlberger Gemeindeordnung 1935 Rechnung wie folgt: “Die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 15 Abs 2 Pkt d des Bundesgesetzes betreffend Grundsätze für die Flurverfassung BGBl.Nr. 256/1932 geltenden Teile des Gemeindegutes werden durch das Ausführungsgesetz zu diesem Bundesgesetz geregelt; bis dahin bleiben die bisher geltenden Vorschriften in Kraft”. Anders ausgedrückt: Sobald die Vorarlberger das Ausführungsgesetz zum (Bundes-) Flurverfassungs-Grundsatzgesetz, BGBl 256/1932, in Kraft gesetzt hätten, sollten die Bestimmungen der (Vlbg) Gemeindeordnung 1935 über das Gemeindegut (§§ 72 bis 77 und 102 bis 108 der GO 1935) außer Kraft treten.

Wie der Verfassungsgerichtshof auf der Basis dieser Gesetzeslage für den nach Vorarlberger Landesrecht zu beurteilenden Anlassfall, die Behauptung aufstellen konnte, dass die Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut im Gemeinderecht zwingend als ein Eigentum der Ortsgemeinde geregelt seien, ist schleierhaft. Das Erkenntnis VfSlg 9336/1982 ignoriert die einschlägigen Bestimmungen des 1982 geltenden Vorarlberger Gemeinderechts und setzt sich stattdessen mit dem Vorarlberger Gemeinderecht ex 1864 auseinander! Im Ergebnis ist das ein skandalöser Vorgang!

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III. Was besagte das Tiroler Gemeinderecht 1982?

Der zweite Anlassfall für das Erkenntnis VfSlg 9336/1982 stammte aus Tirol. Der Verfassungsgerichtshof hatte somit auch das Tiroler Gemeinderecht unmittelbar anzuwenden, als er den Rechtssatz aufgestellt hat, wonach die Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut im Gemeinderecht als Eigentum der Ortsgemeinde geregelt seien. Wie war die historische Rechtslage in Tirol aus der Sicht des Jahres 1982 zu beurteilen? Konnte zumindest für Tirol behauptet werden, dass das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung im Gemeinderecht im Sinne der Behauptungen des Erk VfSlg 9336/1982 als „Eigentum der Ortsgemeinde“ definiert war? Auch diese Frage ist mit einem klaren NEIN zu beantworten.

Das Tiroler Gemeinderecht ordnete ebenfalls schon im Jahr 1935, LG vom 10. Juli 1935 LGBl 1935/36, die Konkurrenz zum Flurverfassungsrecht klar und eindeutig im Sinn der verfassungsrechtlichen Vorgaben durch Art 12 Abs 1 Z 3 Bundes-Verfassungsgesetz. Danach galten für die agrargemeinschaftlichen Liegenschaften des Gemeindeguts im Sinne des Flurverfassungslandesgesetzes die Bestimmungen des TFLG 1935 (§ 117 TGO 1935: „Für die Regelung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Gemeindeguts, insoweit dieses aus agrargemeinschaftlichen Grundstücken im Sinne des Flurverfassungslandesgesetzes besteht, sind die Bestimmungen des Flurverfassungslandesgesetzes maßgebend.“); diese Bestimmung war für das „Fraktionsgut“ sinngemäß zur Anwendung zu bringen war (§ 140 TGO 1935: „Die Verwaltung des Fraktionsvermögens und des Fraktionsguts hat nach den für das Gemeindevermögen und das Gemeindegut geltenden Bestimmungen zu erfolgen.“).

Die TGO 1949, LG vom 31. März 1949, LGBl 1949/24, hat an der Rechtslage, wonach agrargemeinschaftlich genutztes Gemeindegut nach den gesetzlichen Vorschriften über die Flurverfassung zu behandeln war, nichts geändert (§ 82 TGO 1949: „Durch die Bestimmungen dieses Gesetzes werden die gesetzlichen Vorschriften über die Flurverfassung nicht berührt.“).

Die Klarstellung, wonach das Gemeinderecht absoluten Nachrang gegenüber dem Bodenreformrecht, insbesondere agrarische Operationen einschließlich des Gemeindeeigentums in agrargemeinschaftlicher Nutzung besitzt, findet sich in jeder späteren Fassung der Tiroler Gemeindeordnung (§ 74 TGO 2001 LGBl 2001/36: „Verhältnis zu den Vorschriften in den Angelegenheiten der Bodenreform. Im Übrigen werden durch dieses Gesetz die Vorschriften in den Angelegenheiten der Bodenreform nicht berührt.“).

Beide Anlassfälle, der aus Vorarlberg vorgelegte Sachverhalt einer „Fraktion Feldkirch“ und der aus Tirol vorgelegte Sachverhalt betreffend den „Eggenwald in Arzl“ (bei Innsbruck), hätten dem Verfassungsgerichtshof Anlass zu der Klarstellung geben müssen, dass die Entscheidung über die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am Gemeindegut eine Angelegenheit ist, die seit Inkrafttreten der Kompetenzartikel der Bundes-Verfassung ein Sachgegenstand der Bodenreformgesetze (Art 12 B-VG) ist. Das Gemeinderecht konnte und durfte diese Sachmaterie spätestens ab dem Zeitpunkt nicht mehr regeln, zu welchem in dem betreffenden Bundesland das jeweilige Ausführungsgesetz zum (Bundes-)Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1932 in Kraft getreten ist. Das war in Tirol im jahr 1935; in Vorarlberg im Jahr 1951.

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IV. Die Bundesregierung instruierte den Tiroler Landtag

Bekanntlich waren die Kompetenzartikel der Bundes-Verfassung am 1.10.1925 in Kraft getreten (LEFTBAR: GEMEINDERECHT/Bundesverfassung). „Bodenreform, insbesondere agrarische Operation“ ist nach den Kompetenzartikeln der Bundes-Verfassung der Grundsatz-Gesetzgebung des Bundes vorbehalten (Art 12 B-VG). Mit dem Bundesgesetz vom 2.8.1932 betreffend Grundsätze für die Flurverfassung, BGBl 1932/256, hat der Bund von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht. Ab diesem Zeitpunkt war es verfassungsrechtlich für den Gemeindegesetzgeber tabu, Gesetzesbestimmungen zu erlassen, die sich inhaltlich als „Bodenreform, insbesondere agrarische Operation“ darstellen.

Tabu war für die Gesetzgeber des Gemeinderechts ab diesem Zeitpunkt jede Regelung betreffend die „reformatorische Gestaltung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Gemeindeguts“, wie Zusammenlegung, Teilung, Regulierung einschließlich der Entscheidung über die Eigentumsverhältnisse daran.

Bezeichnender Weise war Tirol das erste Bundesland, wo sich der Landesgesetzgeber mit der neuen Verfassungslage betreffend Gemeinderecht und Flurverfassung auseinandersetzen musste.

a) Der Tiroler Landtag ignoriert das neue FlVerfGG des Bundes

Gegen den Gesetzesbeschluss des Tiroler Landtages vom 26. April 1935 betreffend eine neue Gemeinde-Ordnung für das Land Tirol, wurden vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft mit Note vom 29. Mai 1935, Zl 23675/4 (Zl 144.471/6-1935 des Bundeskanzleramtes) Einwendungen erhoben, weil der Gesetzesbeschluss in seinen das Gemeindegut betreffenden Vorschriften Bestimmungen enthielt, die mit dem Flurverfassungs-Grundsatzgesetz (Bundesgesetz vom 2. August 1932 B 256) nicht in Einklang stünden.

Die gem. § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungsgesetz einer gemeinschaftlichen Benützung nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung unterliegenden Teile des Gemeindegutes (Ortschaft-Fraktions-Gutes) seien als agrargemeinschaftliche Grundstücke anzusehen, welche den Bestimmungen der Bundes- und Landesflurverfassungsgesetze über die Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken unterliegen, die von den Bestimmungen der Gemeindeordnungen über das Gemeindeeigentum vielfach abweichen.

So stünde die Entscheidung, ob eine Liegenschaft eine agrargemeinschaftliche Liegenschaft sei (§ 17 BGG), wie auch, ob agrargemeinschaftliches Gemeindegut oder Gemeindevermögen vorliege (§ 35 BGG), dann über den Bestand und Umfang von Anteilsrechten (§ 35 BGG), schließlich die Genehmigung der Veräußerung, Belastung und Teilung agrargemeinschaftlichen Grundstücken (§ 18 BGG) jederzeit bei den Agrarbehörden. Weiters obliege den Agrarbehörden ausschließlich die Teilung und Regulierung agrargemeinschaftlicher Grundstücke, zu welch letzteren auch die Aufstellung von Wirtschaftsplänen und Verwaltungssatzungen gehört (§ 33 BGG). In der Tat stünden diese agrargesetzlichen Bestimmungen mit den Bestimmungen der Gemeinde-Ordnungen über die Gemeinde-Finanzverwaltung, welchen bisher als Teil des Gemeindeeigentums auch der agrargemeinschaftlichen Nutzung stehende Teile des Gemeindegutes unterlagen, in Widerspruch.

b) Beratungen in der Abteilung 6 des Bundeskanzleramtes

Zwecks Abgrenzung der Zuständigkeiten insbesondere der Gemeindeaufsichts­behörden und der Agrarbehörden fand in der Abt 6 des Bundeskanzleramtes (Ministerialrat Dr. Kramer) eine Besprechung mit Vertretern des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft (Ministerialrat Dr. Strictius), des Bundesministeriums für Finanzen (Ministerialrat Dr. Weinzierl) und der Abteilung 1 des Bundeskanzleramtes (Min.Oberkom. Dr. Petz) statt.

a) Der Vorschlag, demgemäß den Flurverfassungsgesetzen als Gegenstand einer Agrargemeinschaft geltenden Teil des Gemeindegutes nicht mehr in den Gemeindeordnungen, sondern ausschließlich in den Landesflurverfassungsgesetzen zu behandeln, da ja dieser Teil des Gemeindegutes für den Gemeindehaushalt ohnehin nahezu gar keine Rolle spielt, wurde abgelehnt, vor allem mit der Begründung, dass die Agrarbehörden derzeit nicht in der Lage wären, die ihnen in diesem Fall notwendig zufallenden Aufgaben zu erfüllen. Auch legte der Vertreter des Landwirtschaftsministeriums großen Wert darauf, die bisherigen materiellrechtlichen Bestimmungen über das Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen dieses agrargemeinschaftlichen Teiles des Gemeindegutes auch weiterhin in der Gemeindeordnung zu belassen und zwar einerseits wegen des Hinweises auf die Gemeindeordnungen im § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatzgesetz, vor allem aber um eine längere vacatio legis zu vermeiden, da nicht abzusehen ist, wann die Landesflurverfassungsgesetze in Kraft treten werden.

b) Nach eingehender Erörterung einigte man sich auf folgende gesetzliche Regelung: „1. Der nach dem Flurverfassungs-Grundsatzgesetz als Agrargemeinschaft geltende Teil des Gemeindegutes ist von der Gemeindefinanzverwaltung auszunehmen; am einfachsten wohl dadurch, dass man bei der Definition des Gemeindeeigentums bzw. des Gemeindevermögens und Gemeindegutes diese gem. § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatzgesetz agrargemeinschaftlichen Liegenschaften ausdrücklich ausnimmt.

2. Die materiellrechtlichen Bestimmungen über das Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen dieser nunmehr gem. § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatzgesetz als agrargemeinschaftliche Grundstücke geltenden ehemaligen Teile des Gemeindegutes wären als eigener Abschnitt (Hauptstück) in der Gemeindeordnung zu belassen. Es wäre aber zu beachten, dass künftig hinsichtlich dieser Agrargemeinschaft die Gemeinde nicht nur die Stellung einer Behörde, sondern lediglich eines Beteiligten hat.

3. In dem Abschnitt der Gemeindeordnungen über Recht und Maß der Teilnahme an den Nutzungen der gem. § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatzgesetz agrargemeinschaftlichen Liegenschaften wäre am Schluss folgender Paragraph anzufügen: „Die Bestimmungen dieses Gesetzes über das Gemeindeeigentum oder über das Gemeindevermögen und Gemeindegut finden auf die gem. § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatzgesetz als agrargemeinschaftliche Grundstücke geltenden einstigen Teile des Gemeindegutes nur insoweit Anwendung, als sie mit dem Flurverfassungs-Grundsatzgesetz BGBl Nr 256/1932 und dem … Flurverfassungs-Landesgesetz LGBl Nr … nicht in Widerspruch stehen.“
(Aus: Akt des Bundeskanzleramtes, GZ 156.486-6/1935 (Einwendungen zu den Gesetzesbeschlüssen des Tiroler und Vorarlberger Landtages betreffend die Gemeindeordnungen 1935); Note des Bundeskanzleramtes, Zl 156.486-6 ex 1935)

c) Das Bundekanzleramt beeinsprucht den Tiroler Gesetzesbeschluss

Das Bundeskanzleramt Verfassungsdienst hat in der Folge entsprechende Einwendungen gegen den Gesetzesbeschluss des Tiroler Landtages vom 26. April 1935 betreffend eine neue Gemeinde-Ordnung für das Land Tirol, erhoben. Zusammengefasst forderte das Bundeskanzleramt vom Tiroler Gemeindegesetzgeber, dass jene „Teile des Gemeindegutes, die gem Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1932 eine Agrargemeinschaft darstellen“, aus der Vermögensverwaltung der Ortsgemeinde ausgeschieden werden. Bei der Definition des Gemeindeeigentums in der Gemeindeordnung (bzw des Gemeindevermögens und Gemeindegutes) seien diese Liegenschaften, wie gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatzgesetz (B 256/1932) als agrargemeinschaftliche Liegenschaften definiert,  ausdrücklich auszunehmen. Es sei darüber hinaus im Tiroler Gemeindegesetz klar zu stellen, dass die Bestimmungen des Tiroler Gemeindegesetzes über das Gemeindeeigentum (oder „über das Gemeindevermögen und Gemeindegut“) auf die gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz BGBl Nr 256/1932, als agrargemeinschaftliche Grundstücke geltenden einstigen Teile des Gemeindegutes nur insoweit Anwendung finden, als sie mit dem Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz BGBl Nr 256/1932 und dem Flurverfassungs-Landes-Gesetz nicht im Widerspruch stehen.

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V. Der Tiroler Landtag passt seinen Gesetzestext an

a) Zu den Vorgaben der Bundesregierung

Der Tiroler Landesgesetzgeber hat in der Sitzung des Tiroler Landtages am 10. Juli 1935, vormittags, als zuständiger Gesetzgeber für das Tiroler Gemeinderecht, den klaren gesetzgeberischen Willen umgesetzt, dass das „Gemeindegut/Fraktionsgut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“, weil dieses Eigentum einer Agrargemeinschaft ist,  gerade nicht länger im Tiroler Gemeinderecht, sondern im Tiroler-Landes-Flurverfassungsrecht  geregelt wird. Der Tiroler Gemeindegesetzgeber hatte den ausdrücklichen Willen, folgende Vorgabe aus dem Bundeskanzleramt umzusetzen:

„1. Der nach dem Flurverfassungs-Grundsatzgesetz als Agrargemeinschaft geltende Teil des Gemeindegutes ist von der Gemeindefinanzverwaltung auszunehmen; am einfachsten wohl dadurch, dass man bei der Definition des Gemeindeeigentums (bzw des Gemeindevermögens und Gemeindegutes) diese gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatzgesetz (B 256/1932) agrargemeinschaftliche Liegenschaften ausdrücklich ausnimmt.

2.) Die materiellrechtlichen Bestimmungen über das Recht und Maß der Teilnahme an den Nutzungen dieser nunmehr gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz als agrargemeinschaftliche Grundstücke geltenden ehemaligen Teile des Gemeindegutes wären als eigener Abschnitt (Hauptstück) in der Gemeindeordnung zu belassen. Es wäre aber zu beachten, dass künftig hinsichtlich dieser Agrargemeinschaft die Gemeinde nicht mehr die Stellung einer Behörde, sondern lediglich eines Beteiligten hat.

3.) In dem Abschnitt der Gemeindeordnungen über Recht und Maß der Teilnahme an den Nutzungen der gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz agrargemeinschaftlichen Liegenschaften wäre am Schluss folgender Paragraph anzufügen: „Die Bestimmungen dieses Gesetzes über das Gemeindeeigentum (oder „über das Gemeindevermögen und Gemeindegut“) finden auf die gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz BGBl Nr 256/1932, als agrargemeinschaftliche Grundstücke geltenden einstigen Teile des Gemeindegutes nur insoweit Anwendung, als sie mit dem Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz BGBl Nr 256/1932 und dem Flurverfassungs-Landes-Gesetz nicht im Widerspruch stehen.“

b) Was hat der Tiroler Landesgesetzgeber am Gesetzestext geändert?

In Konsequenz der Interventionen des Bundeskanzleramtes, wurde der am 26. April 1935 gefasste Gesetzesbeschluss des Tiroler Landtages entsprechend überarbeitet und das Tiroler Gemeinderecht in der Sitzung des Tiroler Landtages vom 10. Juli 1935 neu gefasst.

Geändert wurden die §§

79 Tiroler Gemeindeordnung 1935 („Die Verteilung des Gemeindevermögens und Gemeindeguts oder eines Teiles davon unter die Gemeindemitglieder ist in der Regel unzulässig. Ausnahmen bewilligt die Landesregierung, wenn besonders triftige Gründe vorliegen. Insoweit es sich beim Gemeindegut um agrargemeinschaftliche Grundstücke handelt, ist die Teilung im Flurverfassungslandesgesetz geregelt.“), 114 (3) Tiroler Gemeindeordnung 1935,

117 Tiroler Gemeindeordnung 1935 („Über Ansprüche auf Nutzungen des Gemeindeguts beschließt der Gemeindetag. Bei agrargemeinschaftlichen Grundstücken iSd Flurverfassungslandesgesetzes entscheiden im Streitfalle die Agrarbehörden.“),

120 (2) Tiroler Gemeindeordnung 1935 („Über Ansprüche auf Nutzungen des Gemeindeguts beschließt der Gemeindetag. Bei agrargemeinschaftlichen Grundstücken iSd Flurverfassungslandesgesetzes entscheiden im Streitfalle die Agrarbehörden.“),

140 TGO 1935 (Das zum Gemeindegut Gesagte, gelte auch für Fraktionsgut.),

164 letzter Satz TGO 1935 („Insoweit es sich um agrargemeinschaftliche Grundstücke handelt, wird die Veräußerung, Belastung und Verteilung des Gemeinde-(Fraktions)Guts im Flurverfassungslandesgesetz geregelt.“), und

Artikel III (Tiroler) LGBl 1935/36 („Artikel III. LGBl 1935/36. Bis zum Inkrafttreten des Flurverfassungs-Landesgesetzes gelten für das Gemeindegut, insoweit es aus agrargemeinschaftlichen Grundstücken besteht, folgende Bestimmungen: 1. Über Ansprüche auf Nutzungen des Gemeindegutes entscheidet in I. Instanz der Gemeindetag. 2. Die Verteilung des Gemeinde-(Fraktions)Gutes oder eines Teiles davon unter die Gemeindemitglieder ist in der Regel unzulässig. Ausnahmen bewilligt die Landesregierung, wenn besonders triftige Gründe vorliegen. 3. Wenn und insoweit die Teilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes nicht schon erschöpfend durch die Übung geregelt ist, kann der Gemeindetag die Teilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes durch die Gemeindeglieder (§ 15) mit Beachtung der beschränkenden Vorschriften des § 119 regeln. Hiebei hat als Grundsatz zu dienen, dass jede Beeinträchtigung bestehender Rechte vermieden werden muss. Jede solche Regelung bedarf der Genehmigung durch die Landesregierung. 4. Ausnahmsweise kann die Landesregierung auf Antrag des Gemeindetags die gänzliche oder teilweise Übertragung von Nutzungsrechten auf eine andere Liegenschaft innerhalb der Gemeinde bewilligen. Die Bewilligung kann von der Erfüllung bestimmter, in Wahrung der Interessen der Gemeinde gebotener Bedingungen abhängig gemacht werden. 5. Beschlüsse des Gemeindetages über die Veräußerung, Verteilung oder Belastung von Gemeinde-(Fraktions)Gut sowie über die Regelung der Teilnahme an der Nutzung des Gemeindeguts bedürfen der Genehmigung der Landesregierung.“)

c) Was besagen die Gesetzesmaterialien?

Aus den Verhandlungsschriften des „Ständischen, verfassungsgebender Tiroler Landtags, Verhandlungsschrift über die 35. (öffentliche) Sitzung des Tiroler Landtages am 10. Juli 1935, vormittags, ergibt sich dazu das Folgende:

Zu Pkt 1 der Tagesordnung: Beilage 5. Beschlussfassung über die Regierungsvorlage betreffend die Gemeindeordnung für das Land Tirol. Berichterstatter Dr. Adolf Platzgummer:

„Ich kann mich nach der ausführlichen Darlegung in der gestrigen begutachtenden Sitzung zu diesem Gegenstand heute in der beschließenden Sitzung jedenfalls kurz fassen. Das Bundeskanzleramt hat gegen die von uns beschlossene Vorlage Einspruch erhoben, und zwar wegen einiger angeblicher, zum Teil auch wirklicher Verfassungswidrigkeiten. Wir sind selbstverständlich nicht angestanden, diese Änderungen vorzunehmen.“ Bei dieser Gelegenheit hat das Bundeskanzleramt auch betont, dass es nach seiner Auffassung gut wäre, wenn das Flurverfassungs-Landesgesetz in der Gemeindeordnung eingebaut und außerdem noch einige andere kleinere Änderungen vorgenommen würden. Was das Flurverfassungsgesetz betrifft, so ist das Grundsatzgesetz schon im Jahr 1932 erschienen, die Ausführungsgesetze lassen aber auf sich warten. Wir haben unser Ausführungsgesetz am 6. Juni hier beschlossen, es ist derzeit in Wien und es läuft noch die Einspruchsfrist. Das Flurverfassungsgrundsatzgesetz enthält noch die Bestimmung, dass das Ausführungsgesetz erst mit diesem in Kraft zu treten habe, daher ist die Situation derzeit so, dass beide Gesetze noch nicht in Kraft getreten sind. Deshalb war es uns bei der Verabschiedung der Gemeindeordnung nicht möglich, das Flurverfassungs-Landesgesetz zu berücksichtigen, weil es noch nicht existiert. Wir haben aber die Bestimmungen in die Gemeindeordnung so aufgenommen, als ob diese beiden Gesetze bereits in Kraft wären, und damit dem Verlangen des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft Rechnung getragen. Die übrigen Änderungen sind, insoweit sie sich als Empfehlungen der Bundesregierung darstellen, bis auf 3 ganz unwesentliche Punkte berücksichtigt worden. …“

Die Landesregierung hat diese Gelegenheit genützt, um auch noch ihrerseits einige kleinere Änderungen in der Vorlage vorzunehmen, denen der Landtag vollinhaltlich zugestimmt hat.

Somit haben wir eine Gemeindeordnung, die wirklich nach allem gesichtet ist, und ich kann nur den Antrag stellen, der Hohe Landtag möge die Vorlage zum Gesetzesbeschluss erheben.“

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VI. Zur Relevanz dieser Systementscheidung des Gemeindegesetzgebers

Die im Jahr 1935 vollzogene Anpassung des Tiroler Gemeinderechts wirkt bis heute nach: Alle späteren Neufassungen der Tiroler Gemeindeordnung haben den absolute Vorrang des Flurverfassungsrechts in Bezug auf das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung respektiert und gesetzlich umgesetzt: So die TGO 1949: § 82 TGO 1949: „Durch die Bestimmungen dieses Gesetzes werden die gesetzlichen Vorschriften über die Flurverfassung nicht berührt“.

An diesem Normwortlaut hat sich bis zur TGO 2001 LGBl 2001/36 nichts Wesentliches geändert. § 74 TGO 2001: „Verhältnis zu den Vorschriften in den Angelegenheiten der Bodenreform. Im Übrigen werden durch dieses Gesetz die Vorschriften in den Angelegenheiten der Bodenreform nicht berührt.“

Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung war und ist nach Tiroler Landesrecht somit seit dem Jahr 1935 ausdrücklich aus dem allgemeinen gemeinderechtlichen Gemeindegutsbegriff der Gemeindeordnung ausgeschieden. Seit dem Jahr 1935 verlangt die TGO beim Gemeindegut eine gesetzliche Differenzierung: Agrargemeinschaftlich genutztes Gemeindegut unterliegt den Bodenreformmaßnahmen, insbesondere den agrarischen Operationen (Art 12 B-VG). „Bodenreformmaßnahmen, insbesondere agrarische Operationen“ betreffend kann die Gemeindeordnung keine Regelungen treffen.

Bereits Albert Mair hat darauf hingewiesen, dass mit Blick auf das Gemeinderecht ein agrargemeinschaftlich genutztes Gemeindegut und ein Gemeindegut im Allgemeinen zu unterscheiden sei. (Mair, Probleme der Regulierung des Gemeindegutes, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol, 9f: „Es muss diesbezüglich angenommen werden, dass der Gesetzgeber von der Annahme ausging, dass ein zweifacher Gemeindegutsbegriff möglich ist, einerseits der des agrargemeinschaftlichen Gemeindegutes, bestehend aus Grundstücken, die einer land- und forstwirtschaftlichen Nutzung fähig sind und andererseits der des nicht zu den agrargemeinschaftlichen Grundstücken zu zählenden Gemeindegutes, das aus im Gemeindeeigentum stehenden Sachen und Rechten nicht agrargemeinschaftlichen Charakters besteht wie z.B. von allen Gemeindebürgern benützte Schottergruben, gemeinschaftliche Bibliotheken und dergleichen.“)

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VII. Reaktionen anderer Landes-Gemeindegesetzgeber

a. Steiermark

Die Steirische Gemeindeordnung wurde erst 1948 an das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1932 angepasst. Umso klarer ist die Klarstellung, dass das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung gerade nicht in der Gemeindeordnung geregelt wird. Umso klarer ist die Klarstellung, dass das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung gerade nicht in der Gemeindeordnung als Eigentum der Ortsgemeinde definiert ist. Umso klarer ist die Klarstellung, dass über die Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung ausschließlich die Agrarbehörde entscheidet. § 61 Abs 3 des Steirischen Gesetzes vom 6. Juli 1948 über die Änderung der Gemeindeordnung, LGBl 52/1948:

„§ 61. Gemeindegut. (1) Sachen, welche zum Gebrauche eines jeden Gemeindemitgliedes einer Gemeinde dienen, bilden das Gemeindegut. Insbesonders gehören zum Gemeindegut Grundstücke, welche von allen oder nur von gewissen Gemeindemitgliedern einer Gemeinde oder einer Ortschaft zur Deckung ihres Guts- und Hausbedarfes gemeinschaftlich oder wechselseitig benützt werden.

(2) …

(3) Nach den aufgrund des Artikels 12, Abs (1), Punkt 5, der Bundesverfassung 1929 erlassenen Gesetzen unterliegt das in Abs (1) bezeichnete Gemeindegut den Bestimmungen dieser Gesetze. Die Entscheidung über den Bestand des Gemeindegutes als agrarische Gemeinschaft im Sinne dieser Gesetze, über den Verkauf des Gemeindegutes oder von Teilen desselben, ferner über die Übertragung von Nutzungsrechten an andere Gemeindemitglieder und die Höhe der einzelnen Nutzungen steht den Agrarbehörden zu.

(4) Die Gemeindebehörde hat darauf zu achten, dass die Nutzungen der Gemeindemitglieder nicht über den notwendigen Guts- und Hausbedarf hinaus in Anspruch genommen werden und diese Nutzungen der nachhaltigen Bewirtschaftung des Grundstückes, insbesondere bei Waldungen, entsprechen. Nötigenfalls ist die Entscheidung der Agrarbehörde einzuholen.“

Dass der Verfassungsgerichtshof im Erk VfSlg 9336/1982 solche Gesetzesstellen ignoriert und stattdessen die Gemeindegesetze von Vorarlberg von 1864 (!) und von Tirol von 1866 (!) als angeblich repräsentativ präsentiert, und das prov. Gemeindegesetz von 1849 (!) als maßgeblich hinstellt, ist skandalös.

 b. Oberösterreich

Die Oberösterreichische Gemeindeordnung 1936, LG vom 29. April 1936, regelte das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung wie folgt: § 67 Oberösterreichische Gemeindeordnung 1936:

Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf jene Teile des Gemeindegutes, die als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinn des § 15, Absatz 2, Punkt d, des Bundesgesetzes vom Jahre 1932, BGBl Nr 256, betreffend Grundsätze für die Flurverfassung, gelten, nur insoweit Anwendung, als sie mit diesem Grundsatzgesetz und dem Ausführungsgesetze hiezu nicht in Widerspruch stehen. Bis zur Erlassung des Ausführungsgesetzes bleiben die geltenden Vorschriften in Kraft.“

Ergänzend regelte § 69 Abs 5 derselben Gemeindeordnung für Oberösterreichisch Folgendes: „Über Ansprüche auf Nutzungen des Gemeindegutes entscheidet der Gemeindetag. Bei agrargemeinschaftlichen Grundstücken im Sinn der Grundsätze für die Flurverfassung (BGBl Nr 256/1932), entscheiden nach Inkrafttreten des Landes-Ausführungsgesetzes im Streitfalle die Agrarbehörden.“

Im Jahr 1948 wurde das OÖ Gemeindegesetz durchgreifend novelliert. Glasklar ist weiterhin die Klarstellung, dass über die Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung ausschließlich die Agrarbehörde entscheidet. § 67 Oö Gemeindeordnung 1948, Anlage 1 zum Gesetz vom 7. Juli 1948 LGBl 22/1949 lautete wie folgt:

Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf jene Teile des Gemeindegutes, die als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 15, Abs (2), Punkt d, des Bundesgesetzes vom Jahr 1932, BGBl Nr 256, betreffend Grundsätze für die Flurverfassung, gelten, nur insofern Anwendung, als sie mit diesem Grundsatzgesetz und dem Ausführungsgesetze hiezu nicht im Widerspruch stehen. Bis zur Erlassung des Ausführungsgesetzes bleiben die geltenden Vorschriften in Kraft.“

In der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1965, LGBl 45/196, § 71 Gemeindegut Abs 7 wird die Unterscheidung zwischen Gemeindegut im Allgemeinen, welches der Gemeindeordnung unterliegt und Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung, welches dem Flurverfassungsrecht unterliegt, konsequent fortgesetzt. Nach dieser Bestimmung, welche in erster Linie klarstellenden Charakter hat, gilt: OÖ Gemeindeordnung 1965 LGBl 45/196 § 71 (7). „Die gesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet der Bodenreform werden durch die Bestimmungen der Abs 1 bis 6 nicht berührt.“

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VIII. Neue Bestimmungen für die Gemeindehaushalte“

Am 28.9.1935 erstellte der Rechnungshof einen Musterentwurf „Bestimmungen für die Führung des Gemeindehaushaltes“ zu Zl 3677 vom 28.09.1935. Dieser Musterentwurf war dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft zu Stellungnahme übermittelt worden. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft antwortete zu Zl 41.322-4/35 am 26.10.1935 wie folgt:

„Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft Zl 41.322-4/35. Gemeindeordnung, Bestimmungen für die Führung des Gemeindehaushaltes; Musterentwurf Zl 3677 v. 28.9.1935. An den Rechnungshof in Wien. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft beehrt sich mitzuteilen, dass es gegen die Versendung des Musterentwurfes in der vorliegenden Fassung von seinem Ressortstandpunkt keine Einwendungen erhebt. Es wird jedoch bemerkt:

Die Gemeindeordnungen für Tirol und Vorarlberg haben in den von den Landtagen ursprünglich beschlossenen Fassungen den Vorschriften des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes BGBl Nr 256 ex 1932 in den Bestimmungen über das Gemeindegut mehrfach nicht Rechnung getragen. In Tirol wurde das Flurverfassungs-Landesgesetz bereits erlassen und kundgemacht, in Vorarlberg ist erst ein Entwurf hierfür in Vorbereitung.

Die Tiroler Gemeindeordnung vom 10. Juli 1935, LGBl Nr 36 hat den Wünschen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft durch die geänderte Fassung der §§ 79, 114 (3), 117, 120 (2), 164 (1) und Schlusssatz Rechnung getragen. Der neue aufgenommene Art III ist ohne praktische Bedeutung geblieben, da das Flurverfassungs-Landesgesetz bereits in Wirksamkeit getreten ist.

In die Vorarlberger Gemeindeordnung wurde dagegen lediglich in § 102 Abs 3 eine allgemeine Bestimmung aufgenommen.

Vom ho. Standpunkt und wohl auch vom Standpunkt der leichteren Handhabung der Bestimmungen der Gemeindeordnung über das Gemeindegut ist der von Tirol gewählte Vorgang vorzuziehen, da dort immerhin bei allen unter dem Gesichtspunkte des Flurverfassungs-Landesgesetz in Betracht kommenden Bestimmungen der Gemeindeordnung auf das Flurverfassungsgesetz ausdrücklich verwiesen ist. Die Vorarlberger Gemeindeordnung enthält dagegen eine Reihe von Bestimmungen über das Gemeindegut, die bei dem Umstande, dass das Gemeindegut vielfach unter § 15 (2) d des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes fällt, praktisch nicht zur Anwendung kommen können, wobei aber mangels einer analogen Verweisung – wie in Tirol bei jeder einzelnen einschlägigen Bestimmung der Gemeindeordnung – ein Irrtum in der Handhabung der Gemeindeordnung vielleicht möglich ist. In dieser Hinsicht wird auf die §§ 29 (2) und 102 (2), 103 (3), 109 (2), 29 (2) und 74 der Vorarlberger Gemeindeordnung verwiesen.

Es wäre daher vom ha Ressortstandpunkt sehr erwünscht, dass die in Betracht kommenden Landeshauptmannschaften insbesondere auf den vom Lande Tirol gewählten Vorgang aufmerksam gemacht würden. 26. Oktober 1935. Für den Bundesminister: Braun“

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IX. Schlussfolgerungen im Blick auf VfGH Slg 9336/1982

Das Erkenntnis VfSlg 9336/1982 ignoriert alle Gesetzes-Bestimmungen des Gemeinderechts samt allen einschlägigen Nachfolgeregelungen und setzt sich stattdessen mit dem Gemeinderecht ex 1864 bzw 1866 und dem prov. Gemeindegesetz 1849 auseinander!

 Dass der Verfassungsgerichtshof im Erk VfSlg 9336/1982 solche Gesetzesstellen ignoriert und stattdessen die Gemeindegesetze aus den Jahren 1864 (!) und 1866 sowie das prov. Gemeindegesetz 1849 (!) analysiert, ist skandalös.

Selbst das Recht des Nationalsozialistischen Staates hat die Kompetenz der Agrarbehörde respektiert; die einschlägige Formulierung in § 17 Angleichungsverordnung des Reichsstatthalters, Gesetzblatt für das Land Österreich, ausgegeben am 1. Oktober 1938 Nr 429, diente den späteren Gemeindeordnungen der Länder offensichtlich als Formulierungsvorlage. § 17 Angleichungsverordnung des Reichsstatthalters, Gesetzblatt für das Land Österreich, ausgegeben am 1. Oktober 1938 Nr 429. „Die Bestimmungen dieser Verordnung finden auf jene Teile des Gemeindegliedervermögens, die als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinn des § 15 Abs 2 d des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes, BGBl Nr 256/1937, gelten, nur insoweit Anwendung, als sie mit diesem Grundsatzgesetze und den die Flurverfassung regelnden Gesetzen der ehemaligen österreichischen Länder nicht in Widerspruch stehen.“

Das „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ ist somit keinesfalls in den Gemeindeordnungen der Länder als Eigentum der Ortsgemeinden definiert. Die Entscheidung über die Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung ist vielmehr „agrarische Operation“ gem Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG.

 Erst wenn die Agrarbehörde rechtskräftig entschieden hat, steht mit urteilsgleicher Wirkung fest (§ 14 Agrarverfahrensgesetz), wer Eigentümer ist. Der festgestellte Eigentümer ist Eigentümer im Rechtssinn!

 

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frei nach:
Kühne/Oberhofer,
Gemeindegut und Anteilsrecht der Ortsgemeinde- zugleich eine Besprechung des Erk VfSlg 9336/1982.
in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber (Hg), Die Agrargemeinschaften in Westösterreich, 237ff.

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MP