Gesetzesentwicklung

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Zur gesetzlichen Regelungstechnik des FlVerfGG 1932

Das FlVerfGG 1932, das eine umfassende Neuordnung der Bodenreform vornahm und gleichzeitig alle „Reichsrahmengesetze“ 1883 außer Kraft setzte (§ 54 Abs 2), regelte die „Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken“ (Teilung und Regelung). Die Legaldefinition dieser „agrargemeinschaftlichen Grundstücke“ war in einer Generalklausel (§ 15 Abs 1) enthalten, die mit jener des TRRG 1883 (§ 1 Abs 1) wörtlich übereinstimmte. Aus den Landes-Ausführungsgesetzen zum TRRG 1883 übernahm das FlVerfGG 1932 auch die Rechtstechnik, diese Generalklausel mit speziellen Anwendungsfällen zu kombinieren, wodurch „das einer gemeinschaftlichen Benutzung nach den Bestimmungen der Gemeindeordnungen unterliegende Gemeindegut (Ortschafts-, Fraktionsgut)“ ausdrücklich im Grundsatzgesetz verankert wurde (§ 15 Abs 2 lit d FlVerfGG).
Dieser in der Legaldefinition des Gemeindegutes enthaltene Verweis auf die Gemeindeordnungen hatte eine doppelte Bedeutung: Er sollte einerseits die Vollzugskompetenz der Agrarbehörden gemäß §§ 34 und 35 FlVerfGG 1932, andererseits die Vollzugskompetenz der Gemeindeorgane klarstellen, welche erhalten bleiben sollte, soweit dies mit den flurverfassungsrechtlichen Vorschriften auf der Grundlage des Art 12 B-VG vereinbar war. (Zur Abgrenzung der Kompetenzen der Agrarbehörden und der Gemeindeorgane betreffend Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung: Pernthaler in Kohl ea, Agrargemeinschaften Westösterreich 409ff)

Diese Teilung der Vollzugskompetenz bezüglich des „Gemeindegutes in gemeinschaftlicher Benutzung“ hatte vor allem verwaltungstechnische Gründe: Weil die Formulierung der Gemeindeordnung über „das Recht und die Nutzung nach der bisher gültigen Übung“ und die institutionelle Ausgestaltung des „Gemeindegutes“ dies begünstigte, verwalteten die Ortsgemeinden zur Zeit der Erlassung des FlVerfGG 1932 nicht nur alle tatsächlich in ihrem Eigentum stehenden agrargemeinschaftlichen Liegenschaften, sondern auch den größten Teil der agrargemeinschaftlichen Liegenschaften des ehemaligen Klassenvermögens (§ 11 bzw 12 der Ausführungsgesetze zum Reichsgemeindegesetz 1862), in Wahrheit also Eigentum von (noch nicht regulierten) Agrargemeinschaften. (Vgl Öhlinger in Kohl ea, Agrargemeinschaften Tirol 239 ff sowie Kühne/Oberhofer in Kohl ea, Agrargemeinschaften Westösterreich 316ff) Die Agrarbehörden wären vollkommen überfordert gewesen, schlagartig die Verwaltung aller dieser Liegenschaften zu regulieren und die „bisher gültige Übung“ ebenso wie die ungeklärte Eigentumssituation rechtlich verbindlich festzulegen.

Es kann also keine Rede davon sein, dass das FlVerfGG „mit dem Hinweis auf die Gemeindeordnungen und durch die Übernahme des durch die Gemeindeordnungen geprägten Begriffes Gemeindegut“ bereits das „Eigentum der Gemeinde“ an diesen Agrargemeinschaften vorausgesetzt habe. Dies ist schon deshalb auszuschließen, weil das FlVerfGG 1932 eine neue Zuständigkeit der Agrarbehörden begründete, über Eigentum und Besitz an agrargemeinschaftlichen Grundstücken (einschließlich des Gemeindeguts in agrargemeinschaftlicher Nutzung) auch außerhalb eines „klassischen“ Teilungs- oder Regulierungsverfahrens (§ 34 FlVerfGG 1932) zu entscheiden (§ 35 Abs 1 FlVerfGG – Die ErlRV 78 BlgNR IV. GP 13, weisen auf diese Erweiterung der Zuständigkeiten der Agrarbehörden besonders hin und begründen sie damit, dass die Agrargemeinschaften einschließlich des Gemeindegutes „nach innen und nach außen ungeklärte Verhältnisse aufweisen, was einer zeitgemäßen Wirtschaftsführung im Wege steht und nur durch die Mitwirkung der Staatsgewalt beseitigt werden könne“).

Die ausdrückliche Übernahme des Gemeindegutes in agrargemeinschaftlicher Nutzung in das FlVerfGG sollte also gerade nicht „Eigentum der Gemeinde“ rechtlich undifferenziert in die Agrarverfahren einbeziehen und damit gleichheitswidrig den anderen Agrargemeinschaften gleichstellen. (Verfehlt VfSlg 9336/1982 III.2. der Begründung) Vielmehr sollte damit deutlich gemacht werden, dass das agrargemeinschaftlich genutzte Gemeindegut dem Flurverfassungsrecht untersteht und die zunächst noch „ungeklärte“ Eigentumsfrage in allen diesen rechtlich sehr unterschiedlich strukturierten Verhältnissen im Verfahren vor der Agrarbehörde – an Stelle der sonst zuständigen Zivilgerichte – zu klären ist.

Fortsetzung folgt!