Die Ablösung der Forstservituten

Als zweite Maßnahme sah das Forstregulierungspatent 1847 vor, dass die Forstservituten gegen privates Ge­meinschaftseigentum abgelöst werden (Art. 3 Forst­regulierungspatent). Auf der Grundlage von Art. 4 des Forstregulierungspatents 1847 wurde am 1. Mai 1847 eine Aus­führungsverordnung erlassen, mit der eine spezielle Kommission zur Ablösung der Forstservituten eingesetzt wurde; zusätzlich wurde die Vorgehensweise dieser Kommission genau geregelt. Darüber hinaus hat die Regierung in Wien Vorkehrungen getroffen, damit diese Kommission nicht mit jedem Hofbesitzer einzeln verhandeln musste. Die Hofbesitzer wurden organisiert und die Wahl von Bevollmächtigten geregelt. Die Kommission konnte dadurch nachbarschafts- bzw. gemeindeweise Ablösevergleiche errichten. Die gesetzliche Grundlage dafür befand sich in Art. 3 Abs. 2 Forstregulierungspatent 1847. Die Ausführungsverordnung betreffend Wahl von Bevollmächtigten stammt vom 29. Juni 1847.

Die beiden Verordnungen lauten (auszugsweise) wie folgt:

„Instruktion für die Kommission zur Ablösung der Servituten in den vorbehaltenen Staatswäldern Tirols.

Gemäß dritten Absatzes der mit Hofkammerpraesidial-Dekret vom 1. vM. Z. 112 und mit Hofkanzleidekret vom 11. d. M. Z. 12117 den Tiroler Landesbehörden eröffneten allerhöchsten Entschließung vom 6. Februar dJ. geruhten Se. kk: Majestät allergnädigst anzubefehlen, daß in den künftig vorbehaltenen Staatswäldern Tirols die Holzbezugsrechte und Gnadenholzbezüge der Unterthanen, in so fern ihnen solche nach den alten Waldordnungen zukommen, durch Ausscheidung und Überweisung einzelner Forsttheile in das volle Eigenthum, und zwar nicht der einzelnen Unterthanen, sondern der betreffenden Gemeinden, so weit es nur immer zulässig ist, abgelöst werden sollen.

Nach Absatz 4. dieser allerhöchsten Entschließung ist zum Behufe der Ablösung dieser Holzbezugs- und sonstigen Rechte in künftig vorbehaltenen Staatswäldern eine Commißion auszusenden, welche die dießfälligen Ausgleichungen mit den einzelnen Gemeinden zu bewerkstelligen haben wird.

Das Hofkammer-Praesidium findet im Einvernehmen mit dem Herrn obersten Kanzler dem kk. wirklichen Regierungs- und Forstrathe Freiherrn Binder v. Kriegelstein, die Leitung dieser Commißion zu übertragen, welche ferner aus folgenden Personen bestehen wird: A. Im Salinenforst-Bezirke: 1. Aus dem wirklichen Bergrathe der kk: Berg- und Salinen-Direction zu Hall, Gottlieb Zöttl; 2. […]

Was die Grundsätze anbelangt, welche bei den Ablösungsverhandlungen zur Richtschnur zu nehmen sind, so haben Se. Majestät zu befehlen geruht, dass in möglichst ausgedehntem Maße dahin gewirkt werde, die Ablösung der Beholzungsservitut durch Abtretung eines verhältnißmäßigen Theiles der belasteten Staatsforste im Inn- und Wippthale zu Stande zu bringen.

Sofort ist sich in erster Linie die unumgängliche Nothwendigkeit der Erhaltung des phisikalischen Bestandes der betreffenden Gebirge gegenwärtig zu halten, und da angenommen werden muß, daß selber durch den Vorbehalt des aerarischen Eigenthumsrechtes auf die Forsttheile mittelst deren Conservirung jener geschützt ist, besser als durch das gemessenste Forstpolizeigesetz erhalten werden kann: so sind solche Forsttheile, deren besondere Pflege nothwendig wird, um das Absitzen der Berge, das Austreten der Wässer u. dgl. gemeinschädliche Ereignisse hindanzuhalten, so weit es die Lokalverhältniße nur immer zuläßig machen, nicht den Gemeinden abzutreten, sondern dem Aerar vorzubehalten. In zweiter Linie kömmt die bisherige Deckung des aerarischen Holzbedarfes, wozu insbesondere auch die Bringbarkeit desselben zu den dermal bestehenden aerarischen Werken gehört, zu berücksichtigen.

Die Deckung des Haus- und Guts-Beholzungs-Bedürfnißes der Unterthanen ist vollständig, jedoch nur in so fern, als es rechtlich und wirklich besteht, im Auge zu behalten, jeder Bezug der Unterthanen aber überhaupt nur mit jenen Modalitäten, unter welchen ihnen die einzelnen Genußrechte nach den verschiedenen Forstgebiethen bisher zugestanden haben. Es muß daher, wenn die Ablösungsverhandlung in einer Gemeinde begonnen wird, das erste Geschäft der Commißion sein, diese Modalitäten genau zu constatiren, und findet die Einbeziehung solcher Gutsbesitzer, welche bereits eine ihrem Bedarf entsprechende Waldfläche in Folge Auftheilung oder Verleihung, oder die überhaupt aus einem stichhältigen Grunde gegenwärtig keine Bezüge in Staatsforsten besitzen, in die Zahl der Gemeindeglieder, für deren Bedürfniß durch die Abtretung von Aerarialforsttheilen zu sorgen ist, nicht Statt.

Die Genußrechte der Unterthanen sind übrigens (außer den geringfügigeren, z: B: des Pechklaubens, u. s. w.) vornehmlich nachstehende: 1. Die Beholzungsservitut. Sie besteht in dem Befugniße, aus den gemeinen Waldungen das zum Haus- und Gutsbedarf erforderliche Brenn- und Bauholz (auf Auszeigung des gemeinen Waldmeisters) unentgeldlich zu beziehen. Die Ablösungskommißion hat sich gegenwärtig zu halten, daß dieses Befugniß nur dem Bauernstande, d: i: den Besitzern von Grund und Boden zusteht; dem Gewerbstande kann es im Allgemeinen nach Analogie mit Titel II. Buch IV der Tiroler-Landesordnung nicht zugestanden werden. Es ist somit bei der Ablösung auf den Bedarf des Gewerbstandes in der Regel keine Rücksicht zu nehmen. Das Hofkammerpraesidium findet sich jedoch bestimt, bei den radizirten Gewerben eine Ausnahme zu gestatten und zu bewilligen, daß bei denselben auf einen über die Verjährungszeit hinausreichenden Besitzstand, auf den Inhalt des ursprünglichen Steuerkatasters, auf allenfalls bestehende, an ein landesfürstliches Urbarium zu entrichtende Feuerstattzinse, oder auf sonst den eben angeführten ähnliche, besonders beachtenswerthe Verhältniße in der Art Rücksicht genommen werden dürfe, daß ihr auf das Genaueste zu erhebender, bisheriger Bedarf, nicht aber auch die Möglichkeit einer Steigerung desselben, in den Gesamtbestand der in einer Gemeinde abzulösenden Beholzungsbefugnisse einbezogen werde. Bei Vorlage der Ablösungsoperate zur Genehmigung des Hofkammerpraesidiums ist die Einbeziehung solcher Gewerbsholzbedarfe in die Ablösung besonders anzugeben und zu begründen. Überhaupt ist bei der, jeder Ablösungsverhandlung vorausgehenden, näheren Constatirung der Beholzungsbefugniß der einzelnen Gemeinden auf landesfürstliche, oder auf Verleihungen einer competenten Behörde, auf das Steuerkataster, auf allfällige Theillibelle, alte Kontrakte oder Vergleiche zwischen einzelnen Gemeinden, dann auf einen über die Verjährungszeit hinausreichenden Besitzstand Rücksicht zu nehmen. Hinsichtlich der Neubauten und der Vergrößerung bestehender Bauten kann das Recht der Einforstung nicht zugestanden werden; auf die Herhaltung der mit Feuerstattzinsen belegten Häuser ist jedoch gebührende Rücksicht zu nehmen. […] 2. Das Weidebefugniß, […] 3. Der Streubezug, […] 4. Grasmähen oder Grasausraufen […]

Da jedoch voraussichtlich jene Waldtheile, welche den Gemeinden zur Deckung ihres Beholzungsbedürfnisses in das volle Eigenthum überlassen werden müssen, nicht hinreichen dürften, um auch ihre anderen Genußrechte, nahmentlich jenes der Weide und des Streubezuges zu decken, deren Befriedigung daher noch theilweise in den von dem Beholzugsbefugnisse der Insaßen künftig ganz frei werdenden Staatsforsten zu gestatten, nicht vermeidlich sein dürfte, so wird ein Hauptaugenmerk der Ablösungskommißion dahin gerichtet sein müssen, die Wahl und Zuweisung der als Entschädigung abzutretenden Forste so zu combiniren, daß daraus die möglichst vollständige Befreiung der verbleibenden Staatsforste von sämtlichen, oder, in soferne dieß unthunlich seyn wird, doch von jenen Genüssen der Unterthanen erzielt werde, welche der Erhaltung der aerarischen Forstbestände vorzugsweise gefährlich seyn würden. In so weit dies aber durchaus nicht thunlich wäre, dh: in so weit den Unterthanen dennoch die Weide oder der Streubezug u. dgl: theilweise auch künftig in Staatsforsten gestattet werden müßten, wird die Commißion die allfällig angemessenen beschränkenden Bedingungen und Vorsichten, unter welchen die Ausübung solcher Genußrechte in jenen für die Zukunft am Wenigsten gefährlich erscheint, abgesehen von den einschlägigen Bestimmungen der jetzigen oder künftigen Waldordnung, bei den Vergleichsabschlüssen mit den Gemeinden contraktuel festzusetzen haben. […] Wien am 1. May. 1847.“

„Instruktion“ betreffend die Wahl der Bevollmächtigten in den Gemeinden

„Von der k. k. vereinigten Hofkanzlei.
Mit dem Berichte vom 22. vorigen Mts Zhl 12460 hat das Gubernium über Anregung des Vorstandes der Forstservituten Ablösungs Kommission Freiherrn von Binder den Antrag gestellt, daß die Herbeiführung der dießfälligen Abfindungen mit den Gemeinden durch von sämmtlichen Gemeindegliedern gehörig zu wählende Bevollmächtigte geschehen, die Zahl der letzteren aber bei größeren Gemeinden auf sechs, bei kleineren auf drei Personen festgesetzt werden sollte.

Ueber diesen Bericht wird dem Gubernium im Einverständnisse mit dem k. k. Hofkammer Präsidium unter Rückschluß der Beilage erwiedert, daß man bei der Wichtigkeit des in Frage stehenden Ablösungs Geschäftes und mit Rücksicht auf die sich daraus ergebenden Folgen, dann um künftigen allfälligen Anständen so viel wie immer thunlich vorzubeugen, endlich mit Rückblick auf den Absatz der der A.h. Entschließung von 6. Februar l. Jhs. die Vornahme der Gesammt-Verhandlungen zum Behufe der Forstservituten Ablösung mit von den Gemeinden, auf die von dem Gubernium beantragte Weise zu wählenden Bevollmächtigten nur unter folgenden Bedingungen zu genehmigen findet.

1. daß jene Gemeindeglieder, welche bei dem Akte der Be­vollmächtigung nicht intervenieren, in Absicht auf die Wahl der bevollmächtigten Personen, und auf den Zweck der Bevollmächtigung als dem Willen der Mehrzahl der Vollmachtgeber beigetreten erachtet werden.

2. daß die Bevollmächtigten aus den betreffenden Gemeinden selbst, und zwar bei größeren Gemeinden in der Zahl von 12 (zwölf) bei kleineren aber in der Zahl von mindestens 6 (sechs) und höchstens 9 (neun) Individuen genommen werden und die Feststellung des Begriffes von großen und kleinen Gemeinden zu diesem Behufe nach den dortlandes bestehenden Verhältnissen von dem Gubernium erfolge, endlich

3. daß wenn mit den dergestalt gewählten Bevollmächtigten eine Ausgleichung nicht zu Stande käme, der Forstservituten Ablösungs Kommission die individuelle Berufung der Servitutsberechtigten oder mit Gnadenbezügen betheilten Gemeindegliedern vorbehalten bleibe, und dann über die Annahme der von der Kommission vorgeschlagenen Abfindung die Stimmen der Mehrheit der a Servitutsberechtigt oder b eher mit Gnadenbezügen betheilt anerkannten Gemeindeglieder für die ganze Gemeinde bindend erscheinen, die formellen Vergleichs Abschlüsse aber in diesem Falle, wo dieselben nicht mit den Bevollmächtigten, sondern unmittelbar mit der Mehrzahl der Gemeindeglieder zu Stande kamen, von ebendieser Mehrzahl gefertiget werden sollen. Hierauf ist das Entsprechende zu verfügen. Wien, am 29. Juni 1847“