Kaiser Franz I. registriert alle Grundeigentümer

Kaiser Franz I. Joseph Karl (* 12. Februar 1768 in Florenz; † 2. März 1835 in Wien), erfasst alle Eigentümer.
Kaiser Franz I. Joseph Karl (* 12. Februar 1768 in Florenz; † 2. März 1835 in Wien), erfasst alle Eigentümer.

 

Kaiser Franz I. registriert alle Grundeigentümer

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von Kaiser Franz I. ausging, dass alle Grundeigentümer des Reiches und alle ihre Grundstücke erfasst würden, weil die Eigentümer gerecht besteuert werden sollten.

Und dies war die allererste vollständige Erfassung des Grundeigentums im Kaiserreich Österreich, die in den 1810er bis 1870er Jahren geschah. Und jedermann ging, dass sein Grundeigentum registriert würde, ein jedes Grundstück in jeder Gemeinde.

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Der „Franziszeische Kataster“ wurde in Tirol in den 1850er Jahren angelegt. Angeordnet hat diese Arbeit Kaiser Franz I. Joseph Karl (* 12. Februar 1768 in Florenz; † 2. März 1835 in Wien), weshalb man ihn „Franziszeischer Kataster“ nennt. Der Kataster enthält alle Grundstücke im gesamten Kaisertum Österreich und alle Grundeigentümer. Häufige Bezeichnungen sind auch Grundkataster, Steuerkataster sowie Grundsteuerkataster. Dieser Kataster war die Grundlage der Grundbücher Österreichs – der Vorgänger der heutigen Grundstücksdatenbank sowie der heutigen „Digitalen Katastralmappe“. Von der kleinsten Einheit, der Parzelle, ausgehend, sollten alle Katastralgemeinden, die Länder und schließlich das gesamte Reich erfasst werden. Rechtsgrundlage sind das Grundsteuerpatent 1817 und die sogenannte „Katastral-Vermessungs-Instruktion“ (KVI).

FRANZISZEISCHER KATASTER

Die kartographische Grundlage des Katasters wird als „Urmappe“ bezeichnet; zu jeder „Urmappe“ wurden „Anlegungsfaszikel“ erstellt. Ein Anlegungsfaszikel besteht aus einer Grenzbeschreibung der Gesamtgemeinde, aus dem Eigentümerverzeichnis, dem Grundstücksverzeichnis und dem Verzeichnis der Bauflächen. Das „Eigentümerverzeichnis“ ist das alphabetische Verzeichnis aller Liegenschaftseigentümer in der betreffenden Katastralgemeinde. Jedem Eigentümer wurden alle seine Grundparzellen zugeordnet. Als Gegenstück existiert das „Grundstücksverzeichnis“. Hier sind die Grundstücke der Nummer nach aufsteigend angeschrieben und bei jedem Grundstück ist der jeweilige Grundstückseigentümer angeschrieben. In Wien und Niederösterreich wurde der Kataster im Zeitraum 1817 bis 1824 erstellt; in Kärnten von 1822 bis 1828; die Arbeiten in Tirol und Vorarlberg dauerten von 1855 bis 1861.

Das Grundsteuerpatent 1817 umreißt in 26 Paragraphen die zentralen Punkte dieses gigantischen Vorhabens. Der § 9 dieses Gesetzes ordnete an, dass insbesondere auch die „Person des Eigentümers“ einer jeden Grundparzelle zu erfassen ist. Die Ausführungsverordnung zum Gesetz, die Katastral-Vermessungs-Instruktion (KVI), regelt in ihrem V. Teil, §§ 383 bis 414, ganz exakt, wie bei der Feststellung des jeweiligen Eigentümers der Grundparzellen vorzugehen war. Die einleitenden Bestimmungen regelten das Folgende:

§ 383. So wie dem Geometer die Aufnahme der einzelnen Grundstücke (Parzellen) obliegt, so steht ihm auch die Bestimmung der Eigentümer zu. Festzustellen ist, welcher Person jedes einzelne Grundstücke oder Gebäude gehört.

§ 384 regelt weiter, dass als Eigentümer derjenige aufzuführen ist, welcher „die freie Schaltung und Waltung in der Benützung der Grundstücke oder Gebäude hat, die Nutzung davon nach seinem Gutdünken verwendet, und das nutzbare Eigentum an andere unbedingt, oder unter gewissen Voraussetzungen übertragen kann.“

Die lückenlose Erfassung aller Eigentümer war eines der zentralen Ziele des ganzen Projektes. Die Steuerpflichtigen sollten vollständig und richtig erfasst werden.

EIGENTÜMERERHEBUNG UND ERSITZUNG

Natürlich war die lokale Gemeindeobrigkeit in den gesamten Prozess eingebunden. Zur Vorbereitung der Eigentümererhebung ordnete die KVI Folgendes an:

§ 387. Der Geometer verschafft sich von dem Gemeinde-Vorstand ein alphabetisches Verzeichnis aller Grund- und Hausbesitzer der betreffenden Gemeinde.

§ 388 verweist dazu auf die laufenden Grundsteuervorschreibungen; hilfsweise soll die „Bezirks-Obrigkeit“ in Anspruch genommen werden.

Ausdrücklich war auch die Erfassung des Gemeindeeigentums geregelt (§ 396 KVI).

FESTSTELLUNG DER WAHREN EIGENTUMSVERHÄLTNISSE

Mit Fug und Recht ist festzustellen, dass der Franziszeischen Kataster die Überzeugung aller Beteiligten von den wahren Eigentumsverhältnissen zum Ausdruck brachte – eine allgemeine Rechtsüberzeugung von den wahren Eigentumsverhältnissen.

Diese allgemeine Rechtsüberzeugung lässt jedenfalls dann ein rechtliches Eigentum entstehen, wenn eine solche Rechtsüberzeugung mit dem ungestörten, langandauernden Rechtsgebrauch zusammentrifft. Die langandauernde Rechtsausübung durch den redlichen Besitzer erzeugt Recht!

In Tirol gilt seit dem Jahr 1815 das heute noch in Kraft stehende Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch. Danach erwirbt derjenige, der sich redlicher Weise für den Eigentümer halten durfte, spätestens nach einer Nutzungszeit von 40 Jahren das unbeschränkte volle Eigentum.

§ 384 KVI verlangte, dass derjenige als Eigentümer zu erfassen ist, der die „freie Schaltung und Waltung in der Benützung der Grundstücke […] habe, der die Nutzung davon nach seinem Gutdünken verwendet und das nutzbare Eigentum an andere […] übertragen“ könne.

Mit dieser Definition wird offenkundig ein wahrer Eigentümer beschrieben oder zumindest ein solcher Besitzer, der die Sache in gutem Glauben als sein Eigentum nutzt und verwaltet.

Man nennt einen solchen Besitzer „Ersitzungsbesitzer“.
Ein solcher „Ersitzungsbesitzer“ erwirbt jedenfalls dann das wahre rechtliche Eigentum, wenn er seinen Besitz für die volle Ersitzungszeit ausgeübt hat.
Die Ersitzungszeit beträgt maximal vierzig (!) Jahre.

Als Konsequenz folgt daraus, dass derjenige, der im Franziszeischen Kataster als Eigentümer erfasst wurde, spätestens nach 40 Jahren weiterer ungestörter Besitzausübung der wahre rechtliche Eigentümer dieser Grundstücke ist.

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ZUR VORGESCHICHTE

Die Tiroler wehrten sich gegen den neuen Kataster

Nach dem Ende der napoleonischen Kriege und der Rückführung Tirols in den Staatsverband des Kaisertums Österreich erwiesen sich die bestehenden Steuerkataster als überholt und mancherlei Ungerechtigkeit veranlassend. Die Aufteilung zwischen „Gemeinden“ und „Gerichten“, zwischen den alttirolischen und den neu hinzu gekommenen salzburgischen, tridentinischen und brixnerischen Gebieten gab zu mancher Klage Anlass. Dazu kamen Schwierigkeiten durch unterschiedliche Flächenmaße, Veränderungen in der Bodennutzung und Zerstückelung der Grundeinheiten.

Das kaiserliche Patent über die „allgemeine Rektifizierung der Grundsteuer“ vom 23. Dezember 1817 (Provinzialgesetzsammlung 1817, Seite 1229 ff), kündigte deshalb bereits die Einführung eines „stabilen Katasters“ aufgrund einer Neuvermessung und Schätzung des Ertrags durch wissenschaftlich ausgebildete, militärische und zivile Feldvermesser, an. Dieser Absicht der Staatsführung setzte sich jedoch der Tiroler Landtag jahrzehntelang entgegen.

Sorge wegen Steuererhöhung

Die Tiroler Stände waren zwar dem Hauptanliegen des „stabilen Katasters“, nämlich einen gerechten Ausgleich zwischen Gemeinden und Gerichten, neu- und alttirolischen Gebieten im Blick auf die Grundsteuern zu schaffen, nicht feindlich gesinnt. Ganz im Gegenteil. Bereits 1820 hatte sich der Ausschusskongress um die Beseitigung der Ungerechtigkeiten bei der Besteuerung bzw. Aufteilung der Steuerlast auf die einzelnen Gemeinden und Gerichte des Landes ausgesprochen und sogar eine Kommission eingesetzt. Warum es den Tiroler Ständen aber ging, war Folgendes:

Der stabile Kataster bedingt eine Neubewertung der Grundstücke, die leicht zu einer stillschweigenden Erhöhung der Grundsteuer für viele Einheiten führen konnte. Die Ablehnung des Landtages erschien insofern verständlich, als im Vormärz auf dem Ausschusskongress nur die grundbesitzende Klasse vertreten war. Gleichzeitig waren die Tiroler Stände intensiv bemüht, die ursprünglichen Tiroler Freiheiten und die ursprüngliche Landesverfassung wiederherzustellen. Diese gründeten insbesondere darauf, dass das Besteuerungsrecht bei den gewählten Landesvertretern lag.

Landtag blockiert

Vornehmlich aus diesem Grund sprach sich – allen Beteuerungen des Gouverneurs zum Trotz, dass die Einführung des neuen Katasters keine Erhöhung der Grundsteuer zur Folge haben werde, der Landtag konsequent gegen eine Änderung des herrschenden Katastersystems aus.

1830 „erkannte“ der hohe Kongress einstimmig die Zweckmäßigkeit der Bitte um Verwendung für die Beibehaltung des damaligen tirolischen Steuersystems, welches den Verhältnissen dieses Gebirgslandes mit sorgfältiger Erwägung aller Umstände genau angepasst sei und seine Vorzüge durch den entsprechenden Erfolg der Steuerbehebung von jeher bewährt habe.
Einer Änderung der Schätzung und Katastereintragungen wollte man nur unter der Bedingung der Zustimmung der Beteiligten gestatten.

Wiener Zentralregierung knickt ein

Obwohl die damalige Verfassung die Wiener Regierung zur Einführung des neuen Katasters ohne positiven Beschluss der Tiroler Stände berechtigt hätte – eine naheliegende Lösung, zumal die Arbeiten am neuen Kataster beispielsweise in Niederösterreich schon im Jahr 1834 abgeschlossen werden konnten -, wagte es die Staatsführung doch nicht, eine so einschneidende Maßnahme gegen den Willen des Landes einfach anzuordnen.

Aus diesem Grund ließ die Regierung nach der ständischen Ablehnung von 1830 das Katasterproblem eineinhalb Jahrzehnte auf sich beruhen. Als sie jedoch im Jahr 1845 einen neuerlichen Versuch wagte, drohte auch dieser am Widerstand der Stände zu scheitern.

In seiner Postulatsbeantwortung von 1846 sprach sich der (Tiroler) Ausschusskongress erneut vehement gegen jede Änderung des Steuersystems aus. Seine Reaktion war so heftig, dass selbst der Gouverneur, Graf Clemens von Brandis, welcher sich eines besonders guten Verhältnisses zu den Ständen rühmen konnte, an der Möglichkeit, den Ausschusskongress umzustimmen, zweifelte. Entscheidend für die Ablehnung des neuen Katasters in Tirol war nach wie vor die allgemeine Furcht der Besitzenden vor einer Erhöhung des Steuerausmaßes.

Nachgeben nach Jahrzehnten

Auf dem Kongress von 1847 gelang es dem Gouverneur wohl, einen großen Teil der Herren und Ritter und auch einige Städte für den Plan zu gewinnen; schließlich entschied sich eine knappe Mehrheit (26:24) jedoch für eine Adresse an den Kaiser, in der dem Kaiser die ständische Ablehnung erläutert werden sollte. Mit Müh und Not konnte der Gouverneur in der nächsten Sitzung des Ausschusskongresses eine Modifikation der beschlossenen Adresse insofern erreichen, als die Stände nun prinzipiell unter der Bedingung, dass es zu keiner Steuererhöhung komme, doch zustimmten.

Die Debatten auf dem Kongress hatten der Regierung erneut den hinhaltenden Widerstand der Besitzenden des Landes gegenüber ihren Katasterplänen gezeigt. Deshalb und vielleicht auch wegen der Unmöglichkeit nach einer Neubewertung und Neuvermessung Grundsteuererhöhungen auszuschließen, nützte Wien den Beschluss des Ausschusskongresses nicht sofort aus, sondern erklärte, dass die Einführung des stabilen Katasters erst in 12 bis 15 Jahren spruchreif werden würde.

Einführung in den 1850er Jahren

Tatsächlich wurde der stabile Kataster in Tirol erst in den 1850er Jahren geschaffen, Jahrzehnte nach Abschluss der Arbeiten beispielsweise in Niederösterreich oder Kärnten.

Grundlage der Besteuerung wurde der neue „stabile Kataster“, auch „Franzisteischer Grundstückskataster“ genannt, erst im Jahr 1880, als eine allgemeine Grundsteuerregelung für alle Länder der österreichischen Reichshälfte auch eine grundlegende Änderung für Tirol und Vorarlberg mit sich brachte.