Nutzungrecht statt Miteigentum

Der Verfassungsgerichtshof hat die Steilvorlagen gegeben, vollzogen wurde die Enteignung freilich in Tirol unter der Verantwortung von Landeshauptmann Günther Platter und seiner Regierung.
Zum Scheitern verurteilt sind die Versuche, die landesgesetzlichen Novellen zum TFLG 2010 und 2014, mit denen tausende Tirolerinnen und Tiroler von Miteigentümern zu Nutzungsberechtigten degradiert wurden, als unvermeidbares Pflichtprogramm hinzustellen. Das Gegenteil war der Fall.
Die Tiroler Landespolitik hat unglaublichen Druck auf die Behörde ausgeübt; die Enteignung tausender Bürgerinnen und Bürger konnte gar nicht schnell genug gehen. Das Mieders-Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes müsse auf „Punkt und Beistrich umgesetzt“ werden – so der Standardkommentar des Landeshauptmannes.
Und das bezeichnende ist: Österreichweit ist nur die Tiroler Politik den Weg der Enteignung ihrer Bürgerinnen und Bürger gegangen. Dafür trägt in erster Linie Landeshauptmann Günther Platter die Verantwortung.

 

Übersicht:
Verfassungsgerichtshof als Gesetzgeber?
Substanzrecht – erfunden zur Enteignung
Substanz für die Ortsgemeinde
Und was bleibt für die Agrargemeinschaft?
Die gesetzliche Entwicklung in Tirol
Das Pflach-Verkenntnis 2013
Agrarkolchosen im Herzen Europas
Entschädigungslose Enteignung im 21. Jhdt

 

Agrargemeinschaftsmitglieder („Teilgenossen“) besaßen – seit das Teilungs- und Regulierungs- Recht („Flurverfassungsrecht“) im Jahr 1883 geschaffen wurde  – grundsätzlich den Status von Miteigentümern. Dies mit der Einschränkung, dass für dieses spezielle Gemeinschaftseigentum teilweise anderes Recht gegolten hat als für „gewöhnliche  Miteigentümer“. Eine Agrargemeinschaft ist – anders als die Miteigentumsgemeinschaft nach ABGB – juristische Person (jP). Das Statut, nach dem diese jP existiert, wird von der Behörde im Bescheidwege installiert. Alle Organe entscheiden aufgrund eines einfachen Mehrheitsprinzips und gerade nicht nach Einstimmigkeitsprinzip wie in der Miteigentumsgemeinschaft nach ABGB. Anstelle des Zivilgerichts hatte in allen Angelegenheiten die „Commassionsbehörde“ (= heute: Agrarbehörde) zu entscheiden. Die Anwendung von Verjährung und Ersitzung wurde im Agrarrecht  ausgeschlossen – und anderes mehr.

Mit den beiden landesgesetzlichen Novellen zum Tiroler Flurverfassungsgesetz 2009 und 2014 hat der Tiroler Landesgesetzgeber die Tiroler Agrargemeinschaftsmitglieder enteignet. Aus Miteigentümern wurden „Nutzungsberechtigte mit beschränktem Status“! Der Verfassungsgerichtshof gibt in offensichtlich falschen Erkenntnissen die große Linie für diese Enteignungen vor; dies mit Erkenntnis VfSlg 9336/1982 als Grundsatz-Verkenntnis, VfSlg 18.446/2008, dem Mieders-Verkenntnis und VfSlg 19.802/2013 – dem Pflach-Verkenntnis. Bezeichnender Weise kümmern sich weder der Landesgesetzgeber, noch der Verfassungsgerichtshof um das Bundes-Grundsatzgesetz betreffend die Flurverfassung. Es besteht der Eindruck, dass der Verfassungsgerichtshof funktionell als neuer Grundsatz-Gesetzgeber agieren will. Der Verfassungsgerichtshof maßt sich an, eine völlig neue Erscheinungsform der Agrargemeinschaft erschaffen zu müssen: die atypische Gemeindegutsagrargemeinschaft, das ist eigentumslose Substanz der  Ortsgemeinde und substanzloses Eigentum der Agrargemeinschaft.

Auf diese Art und Weise werden nicht nur tausende Tirolerinnen und Tiroler rechtswidrig um ihr Eigentum gebracht. Der Verfassungsgerichtshof schwingt sich zum Bundes-Grundsatzgesetzgeber auf und ändert grundlegend das Flurverfassungsrecht; dies alles außerhalb der Verfassung und vorbei an den gesetzgebenden Organen Nationalrat und Bundesrat. Und der Tiroler Landesgesetzgeber, angeführt von Landeshauptmann Günther Platter und der ganzen Landesregierung  sorgt für die radikale Umsetzung des Gemeindegutsirrsinns in Tirol, obwohl alle anderen Landesgesetzgeber die Idee der atypischen Gemeindegutsagrargemeinschaft und das angebliche Substanzrecht der Ortsgemeinden schlicht ignorieren.

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VERFASSUNGSGERICHTSHOF ALS GESETZGEBER?

Nach den Vorgaben des „Mieders-Verkenntnisses“ 2008 sowie des „Pflach-Verkenntnisses“ 2013 soll ein „atypisches Gemeindegut“ existieren, wo die Substanz und der Nutzen daraus der politischen Ortsgemeinde zustehen soll. Die Agrargemeinschaftsmitglieder (= die „Privaten“), die bisher einen Status wie Miteigentümer hatten und das agrargemeinschaftliche Vermögen durch ihre gewählten organschaftlichen Vertreter verwaltet haben (Obmann und Ausschuss sowie Vollversammlung), werden zu Statisten degradiert. De facto ist ihr Status heute derjenigen von „Nutzern Gnaden halber“!

Natürlich existiert für diese Form der Agrargemeinschaft keine Vorgabe im Flurverfassungs-Grundsatzgesetz. Wenn der Verfassungsgerichtshof für diese Erscheinung den Begriff „atypisches Gemeindegut“ verwendet, wird fälschlich der Eindruck erzeugt, es handle sich um eine Erscheinung des Gemeinderechts.

SUBSTANZRECHT – ERFUNDEN ZUR ENTEIGNUNG

Die heutigen Eingriffe in das bäuerliche Gemeinschaftseigentum, werden mit Hilfe eines bisher unbekannten Anteilrechts exekutiert. Der Ortsgemeinde soll ein „Substanzrecht“ zustehen. Freilich hat seit den Anfängen des Flurverfassungsrechts im Jahr 1883 niemand jemals von einem „Substanzrecht“ gehört!

Ergänzend hat der Landesgesetzgeber das Organisationsrecht der Agrargemeinschaften geändert: Erfunden wurde ein neues Organ der Agrargemeinschaft, ein Staatskommissar mit der Bezeichnung „Substanzverwalter“. Dieser soll als neues Organ der Agrargemeinschaft die Geschäftsführung und Vertretung für die „Substanz“ übernehmen. Natürlich bei voller Weisungsgebundenheit gegenüber der Ortsgemeinde.

Insbesondere vertritt dieser Staatskommissar in allen Angelegenheiten betreffend das Eigentum (= „Substanz“). Und selbstverständlich kommen alle Nutzungen aus dem Eigentum ebenfalls dem Staat zu, wiederum konkret der Ortsgemeinde. Der Agrargemeinschaft verbleibt NICHTS.

Nur die Agrargemeinschaftsmitglieder behalten diffuse Nutzungsrechte, die gesetzlich (vorsichtshalber) im Tiroler Flurverfassungs- Landesgesetz nicht näher geregelt wurden. Im Rahmen der so genannten Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage für die TFLG-Novelle 2014 wird die Behauptung aufgestellt, dass die Nutzungsrechte der Mitglieder in zweierlei Hinsicht begrenzt wären:
a) es muss ein aktueller Bedarf nachgewiesen werden;
b) ein „historischer“ Hof- und Gutsbedarf bilde jedenfalls die Obergrenze.
Wie dieser „historische“ Hof- und Gutsbedarf bemessen wird, weiß nur die Agrarbehörde.
Angeblich wird auf Liegenschaftserträge abgestellt, die (zufällig) im Zeitpunkt der Regulierung erzielt wurden.
Alle Arbeitsergebnisse der Vergangenheit, alle unternehmerischen Initiativen, die Ertragssteigerungen usw werden ignoriert!

Der Namen dieses juristischen Novums, geschaffen zur Enteignung der Privaten, lautet „atypisches Gemeindegut“.

SUBSTANZ FÜR DIE GEMEINDE

Das neue Anteilrecht des Staates, konkret der politischen Ortsgemeinde, soll angeblich die gesamte „Substanz“ des agrargemeinschaftlichen Vermögens umfassen – samt allen Lasten und Vorteilen daraus und die Verfügungsbefugnis darüber.

Hinzu kommen alle in der Agrargemeinschaft seit der „Regulierung“ geschaffenen zusätzlichen Vermögenswerte, samt den zugekauften Liegenschaften und allen errichteten Baulichkeiten sowie allen angesparten Barmitteln. Der Agrargemeinschaft als solcher verbleibt NICHTS.

Die Mitglieder der Agrargemeinschaft, die Privaten, die nach bisherigem Recht vergleichbar Aktionären oder GmbH-Gesellschaftern aliquote Anteilrechte am gesamten Vermögen besaßen, wurden auf bloße Nutzungsrechte reduziert. Bisher waren diese Miteigentümer; nun soll aus Miteigentum ein Nutzungsrecht werden.

UND WAS BLEIBT DER AGRARGEMEINSCHAFT?

Damit nicht genug: Die Nutzungsrechte wurden auf einen jeweils nachzuweisenden „Hof- und Gutsbedarf“ an Weide und Holz beschränkt. Ein Holz- oder Weideertrag, der die Summe der Mitgliederansprüche übersteigt (= „Überling“), soll ebenfalls dem Staat, sprich der Ortsgemeinde, zustehen. So jedenfalls lautet der Succus des Pflach-Verkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 19.802/2013.

Damit ist auch schon eines klar: Der Agrargemeinschaft als solcher verbleibt gar nichts: Alles was nicht Mitgliederrecht ist, ist (angeblich) Substanzrecht der Ortsgemeinde..

DIE GESETZLICHE ENTWICKLUNG IN TIROL

Mit dem Gesetzesbeschluss vom 17. Dezember 2009, LGBl 7/2010 (TFLG-Novelle 2009) reagierte der Tiroler Landesgesetzgeber auf das „Mieders-Verkenntnis“ des Verfassungsgerichtshofes aus 2008. Das Eigentumsrecht und die Vorteile daraus wurden geteilt: hier die „Substanz“, dort die landwirtschaftliche Nutzung.

Das „Substanzrecht“ sollte der jeweiligen Ortsgemeinde zustehen, die landwirtschaftliche Nutzung den übrigen Agrargemeinschaftsmitgliedern, organisiert als Agrargemeinschaft. Dabei hatte der Landesgesetzgeber jedoch daran gedacht, dass alle agrarischen Nutzungen (sprich: alles, wo kein Substanzverbrauch stattfindet) der Agrargemeinschaft verbleiben. Zusätzlich wurde darauf spekuliert, dass die Gerichte die Erträgnisse aus der Jagdwirtschaft ebenfalls der Agrargemeinschaft und nicht der Ortsgemeinde zusprechen.

Im Gesetzesvollzug wurde den Privaten ein gewisser „Investitionsschutz“ zugestanden: Einnahmequellen, die durch die Wirtschaftsführung in der Vergangenheit neu erschlossen waren, wurden – wenn auch „zögerlich“ – den Agrargemeinschaftsmitgliedern zuerkannt. Augenscheinlich wurde dieser Gedanke umgesetzt mit einer Gesetzesvorschrift, die zwei „Rechnungskreise“ angeordnet hat: einen für die Privaten, einen für die Ortsgemeinde.

Der Tiroler Landesgesetzgeber ging bei der TFLG-Novelle 2009 noch davon aus, dass sämtliche land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen der Agrargemeinschaft verbleiben. Neben den „berechtigten Ansprüchen“ der Agrargemeinschaftsmitglieder auf Deckung des Hof- und Gutsbedarfes war ein land- und forstwirtschaftliches Wirtschaftspotenzial aus dem Eigentumsrecht anerkannt, welches der Agrargemeinschaft als Summe der Nutzungsberechtigten zugeordnet war.

Allfällige Ertragsüberschüsse, aber auch das Wirtschaftsrisiko daraus, waren Sache der Privaten. Insofern ist in den „Rechnungskreis I“ nicht nur all das eingeflossen, was historisches Mitgliederrecht war, sondern zusätzlich der Erfolg/Misserfolg der Wirtschaftsführung der Agrargemeinschaft während der vergangenen Jahrzehnte.
Zu denken ist insbesondere an eine Ertragssteigerung der Waldwirtschaft durch Aufforstung von historischen Weideflächen nach Wald- Weidetrennung oder nach innerer Erschließung durch Forstwegebau usw; genauso an die Erträge aus einem Bergrestaurant, das die Agrargemeinschaft errichtet hatte oder an die Erträge aus einem Baurechtsvertrag, den die Agrargemeinschaft mit einem Unternehmen abgeschlossen hatte, das am Agrargrund angesiedelt wurde.

DAS PFLACH-VERKENNTNIS 2013

Mit zwei weiteren „Verkenntnissen“ vom 2. Oktober 2013 zu den Beschwerden der Ortsgemeinden Pflach und Unterperfuss („Pflach-Verkenntnis“ – VfSlg 19.802/2013) entschied der Verfassungsgerichtshof jedoch, dass das „Substanzrecht der Ortsgemeinde“ auch alle Rechte auf die land- und forstwirtschaftliche Nutzung umfasse. Dies insoweit, als nicht die (Natural-)Nutzungsrechte der Mitglieder entgegenstehen.

Der Gerichtshof übernahm in diesen Erkenntnissen anschaulich den neu von den Agrargemeinschaftsenteignern erfundenen Begriff des „Überlings“. Diesen „Überling-Begriff“ hat der Verfassungsgerichtshof vorbehaltlos gegen die Privaten angewandt. Das „Substanzrecht“ umfasse nach dem Pflach-Erkenntnis sämtliche Verfügungs- und Nutzungsbefugnisse an der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft. Ausgespart sei nur die Summe der (historischen) Individualrechte der Mitglieder.

Ein Anspruch der Agrargemeinschaft als solcher kraft Eigentumsrecht (zumindest) über die land- und forstwirtschaftliche Nutzung zu verfügen, wurde nicht gesehen.

Damit waren alle seit 2008 aufgewandten Bemühungen betreffend die Abgrenzung eines Anteils der Privaten an irgendwelchen Einnahmensteigerungen obsolet. Alles, was historisch kein Mitgliederrecht ist, hatte der Gerichtshof als Teil des Substanzrechts deklariert und dem Staat zugesprochen. Der VfGH: Einnahmen und Ausgaben aus der „land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit der Agrargemeinschaft“ sind nur im Ausmaß der bestehenden Nutzungsrechte – also des Haus- und Gutsbedarfes – in Rechnungskreis I zu verbuchen.

AGRARKOLCHOSEN IM HERZEN EUROPAS 

Wegen des „Pflach-Erkenntnisses“ des Verfassungsgerichtshofes wurden mit der Novelle zum Tiroler Flurverfassungsgesetz vom 14. Mai 2014 LGBl 70/2014 alle Gedanken an private Wirtschaftsführung und Investitionsschutz für Vergangenes bei Seite geschoben.

Ohne jede Ausnahme wurde der gesamte Ertrag aus den Gemeinschaftsliegenschaften dem Staat zugewiesen. Anstelle der gewählten organschaftlichen Vertreter verfügt seit 1. Juli 2014 ein Staatskommissar als neues Organ der Agrargemeinschaft.

Dieser Staatskommissar, der „Substanzverwalter“, disponiert über das agrargemeinschaftliche Vermögen als ein Eigentum der Ortsgemeinde. Er wird vom Gemeinderat als neues, monokratisches Leitungsorgan der Agrargemeinschaft bestellt und er ist der Ortsgemeinde gegenüber weisungsgebunden.

Der Tiroler Landesgesetzgeber ging sogar so weit, dass er auch alle in den vergangenen Jahrzehnten neu geschaffenen Vermögenswerte und alle Erträgnisse daraus, einschließlich der Ersparnisse, der Verfügungsbefugnis des neuen Staatskommissars unterworfen hat. Ausdrücklich definiert das Gesetz, dass alles, was in den Agrargemeinschaften seit der Regulierung neu geschaffen wurde, ein Eigentum der Ortsgemeinde sei.

Gesetzestechnisch ist von „Substanz“ die Rede; der Sache nach ist von einem Staatseigentum auszugehen: Die öffentliche Hand trifft alle Verfügungen und wendet sich den Ertrag zu.

Viele Millionen Euro an liquiden Mitteln, die Ersparnisse aus Jahrzehnten, sind so zum Stichtag 1. Juli 2014 von den Privaten in die Verfügungsbefugnis der öffentlichen Hand gekommen. Hinzu kommen andere „Arbeitsergebnisse“ aus Jahrzehnte langer Verwaltung, alle errichteten Weganlagen, alle errichteten Gebäude und sonstigen Einrichtungen, alle Vorteile aus einer nachhaltigen Waldwirtschaft.

Der Staat verfügt darüber durch seine Staatskommissare, die Substanzverwalter, die den Weisungen der Ortsgemeinden unterstehen. Letztere unterliegt der staatlichen Gemeindeaufsicht und den Landesgesetzen.

ENTSCHÄDIGUNGSLOSE ENTEIGNUNG IM 21. JHDT

Und das alles geschieht im 21. Jahrhundert. Nicht etwa in den Zeiten der Adelsherrschaft, als die Vertreibung und Enteignung „gewöhnlicher“ Bürgerinnen und Bürger immer wieder vorgekommen ist.

Die Tatsache, dass eine Entschädigung der Agrargemeinschaftsmitglieder weder gesetzlich vorgesehen, noch politisch angedacht ist, verwundert. Einer vom Lokal-Boulevard motivierte Lobby der Ortsgemeinden ist auch das noch zu wenig. Alle wertsteigernden Investitionen sollen den Ortsgemeinden verbleiben; zusätzlich sollen die Agrarier den in der Vergangenheit gezogenen Nutzen erstatten. Die Tiroler Landespolitik – angeführt von Landeshauptmann Günther Platter – ist weder Willens, noch in der Lage, seit Jahrtausenden anerkannte Rechtsgrundsätze, etwa denjenigen vom Recht des Besitzers an den Früchten , auf die Tiroler Besitzer von Grund und Boden anzuwenden.

An­geblich soll sich Unternehmerrisiko und Arbeitsleistung der Mitglieder mit vermehrten Geldausschüttungen und verstärkter Individualnutzung in der Vergangenheit kompensieren. Die Mitglieder der Agrargemeinschaft, die diese Ertragssteigerung durch Aufforstungsmaßnahmen, „Wald-Weide-Trennung“, Forstwegebau usw. erarbeitet haben, wären durch Zusatzerträge in der Vergangenheit bereits entschädigt.

Dass Investitionen sich erst in der Zukunft amortisieren oder dass Zusatzerträge nicht ausgeschüttet wurden, sondern als Bankguthaben in der Agrargemeinschaft verblieben sein könnten, ficht den Landesgesetzgeber nicht an. Für alle in der Agrargemeinschaft angesparten liquiden Mittel wurde eine (unwiderlegliche) Gesetzesvermutung aufgestellt, dass diese aus Substanzerlösen entstanden seien. Die eklatante Benachteiligung jener, die die Überschüsse in der Agrargemeinschaft angespart haben, wird hingenommen.

Einzig der Sonderfall, dass die Ortsgemeinde aus neu geschaffenen, agrarbehördlich genehmigten, „erwerbswirtschaftlichen Unternehmen“ auch in Zukunft nachhaltige „Substanzerlöse“ erzielt, berechtigt zur Entschädigungsforderung. Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage für die Gesetzesnovelle ist an „wenige Härtefälle“ gedacht. Nachhaltige Forstwirtschaft und die daraus erwachsene Ertragssteigerung wird vom Tiroler Landesgesetzgeber ausdrücklich als nicht entschädigungswürdig beurteilt. In der Praxis denkt die Agrarbehörde freilich nicht daran, eine solche Entschädigung auch nur in einem einzigen Fall zuzuerkennen.

 

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MP

 

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