Landesgemeinde-
gesetze

Auf Grundlage dieses Rahmengesetzes von 1862 wurden in den folgenden Jahren von den einzelnen Landtagen die Landes-Gemeindeordnungen und Gemeindewahlordnungen geschaffen. (Eine Übersicht dieser Gemeindeordnungen findet sich bei MISCHLER-ULBRICH, Staatswörterbuch, 2. Bd., S. 314 f.; ULBRICH, Lehrbuch, S. 246 ff.; Dazu vgl. KLABOUCH, Gemeindeselbstverwaltung, S. 73) Für Tirol wurden schließlich mit dem Gesetz vom 9. Jänner 1866 die diesbezüglichen Regelungen erlassen – für alle Tiroler Gemeinden ohne eigenes Statut. („Gesetz, wirksam für die gefürstete Grafschaft Tirol, womit eine Gemeindeordnung und eine Gemeinde-Wahlordnung erlassen werden.“ Gesetz- und Verordnungsblatt für die gefürstete Grafschaft Tirol und das Land Vorarlberg Nr. 1/1866. Eine kommentierte Ausgabe findet sich bei HOFLACHER, Handbuch, S. 3 ff)

I. Die Tiroler Gemeindeordnung 1866

An der Einteilung der damaligen Tiroler Ortsgemeinden wurde zwar grundsätzlich festgehalten, doch es war sowohl eine Zusammenlegung als auch eine Trennung von Gemeinden desselben Bezirkes möglich. § 7 differenzierte die Bewohner in Gemeindemitglieder und Auswärtige. Die Eigenschaft eines Gemeindemitglieds konnte man entweder durch den Erwerb einer Immobilie eines nahe verwandten Gemeindemitglieds oder durch die ausdrückliche Aufnahme in die Gemeinde erwerben – ebenso durch die Erlangung des Heimatrechts der Gemeinde. (Die Erfordernisse des Heimatrechts waren festgelegt im „Gesetz vom 3. Dezember 1863, betreffend die Regelung der Heimatverhältnisse.“ RGBl.Nr. 105/1863. Dazu vgl. GUMPLOWICZ, Staatsrecht, S. 232 ff.; ULBRICH, Lehrbuch, S. 257 ff) Als Gemeindemitglied hatte man insbesondere Anspruch auf Armenförderung sowie das Wahlrecht.

Die Gemeindevertretung bestand aus einem Gemeindeausschuss, der je nach Anzahl der Wahlberechtigten acht bis 30 Personen umfasste. Dieser wählte aus seiner Mitte die Gemeindevorstehung mit einen Gemeindevorsteher, der in Städten und Märkten als Bürgermeister tituliert wurde, und mindestens zwei Gemeinderäten, deren Anzahl vom Ausschuss entsprechend erhöht werden konnte. Der Gemeindevorsteher vertrat die Gemeinde nach außen und leitete die ordentlichen Geschäfte. Zu seinen Aufgaben gehörten insbesondere die Verwaltung des Gemeindevermögens, die Handhabung der Ortspolizei sowie die Besorgung der Geschäfte des übertragenen Wirkungsbereiches. Er war für seine Amtshandlungen der Gemeinde und, was den übertragenen Wirkungsbereich anbelangt, auch der Regierung verantwortlich.

Der selbstständige Wirkungsbereich, in welchem die Gemeinde unter Beachtung der bestehenden Reichs- und Landesgesetze selbst frei verfügen konnte, umfasste alle ihre Interessen, die innerhalb der Gemeindegrenzen selbst besorgt und durchgeführt werden konnten – wie etwa die Erhaltung der Straßen, das Armenwesen sowie die Ortspolizei. Hingegen wurden die Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches durch die allgemeinen Reichs- und Landesgesetze zugewiesen.

In Bezug auf den Gemeindehaushalt war unter anderem festgelegt, dass das gesamte Eigentum der Gemeinde in Übersicht zu halten und das Stammvermögen ungeschmälert zu erhalten war. Wie schon im Provisorischen Gesetz von 1849 wurde beim Gemeindeeigentum unterschieden zwischen Gemeindevermögen und Gemeindegut. Aus den einzelnen Bestimmungen konnte man nun entnehmen, dass das Gemeindevermögen aus dem ertragsfähigen Vermögen bestand, während das Gemeindegut zur Nutzung aller oder berechtigter Gemeindemitglieder bestimmt war. Was das Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes anbelangt, sollte gemäß § 63 die bisherige Übung beibehalten werden. Jedoch durfte kein Berechtigter aus dem Gemeindegut einen größeren Nutzen ziehen als zur Deckung seines Haus- und Gutsbedarfs notwendig war. In Ermangelung einer solchen gültigen Übung hatte der Ausschuss die entsprechenden Bestimmungen zu treffen. Den einzelnen Gemeinden eines Bezirkes war es – sowohl im selbstständigen als auch im übertragenen Wirkungsbereich – freigestellt, sich zu einer gemeinschaftlichen Geschäftsführung zu vereinigen.

Im Bereich der Gemeindeaufsicht hatte die Bezirksvertretung vor allem hinsichtlich der Vermögensverwaltung und des Gemeindehaushalts gewisse Eingriffsrechte. Ansonsten oblag der politischen Bezirksbehörde die Aufsicht bezüglich der Einhaltung der Gesetze und der Grenzen des Wirkungsbereiches der Gemeinden. Dazu konnten etwa rechtswidrige Beschlüsse des Gemeindeausschusses aufgehoben und die Gemeindevorsteher mit Ordnungsstrafen belegt werden. Als Rechtsmittelinstanz fungierten die Statthalterei und das übergeordnete Staatsministerium.

Diese Tiroler Gemeindeordnung wurde dann noch ergänzt durch ein Gesetz über die Gemeindeumlagen („Gesetz, wirksam für die gefürstete Grafschaft Tirol, betreffend die Umlegung der Gemeindezuschläge“ vom 25. Jänner 1886, LGBl.Nr. 7/1886), ein Gesetz betreffend die Verwaltung des Gemeindeeigentums und der Gemeinde-Einkünfte (Gesetze vom 8. Juni 1892, LGBl. Nr. 17/1892), das Gesetz betreffend die Wahl der Gemeindevertretung („Gesetz vom 1. August 1893, betreffend die Wahl der Gemeindevertretung“, LGBl.Nr. 23/1893) sowie schließlich durch ein Gesetz betreffend die Vertretung der Fraktionen in den Gemeinden. (Gesetz vom 14. Oktober 1893, LGBl.Nr. 32/1893) Eine Liste der ergänzenden Tiroler Gesetze findet sich bei HOFMANN, Handbuch, I. Bd., S. 30 f

Außerdem wurde die Gemeindeordnung in der Folge insgesamt drei Mal novelliert (Novellen vom 30. Juni 1910, LGBl.Nr. 65/1910, vom 26. Jänner 1924, LGBl.Nr. 12/1924 und vom 10. März 1926, LGBl.Nr. 26/1926). Diese war aber insgesamt über sechzig Jahre in Geltung und wurde erst in der Ersten Republik durch die Gemeindeordnung für das Land Tirol vom 18. Mai 1928 abgelöst. („Gesetz vom 18. Mai 1928 betreffend die Gemeindeordnung (G.O.) für das Land Tirol.“ Landes-Gesetz- und Verordnungsblatt für Tirol Nr. 36/1928)

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II. Die Tiroler Gemeindewahlordnung von 1866

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