25.09.847: Graun

Gem. Graun (14)
Protokoll
welches in Folge Instruktionsbestimmung litt. c. mit sämtlichen Komissionsgliedern über die Annehmbarkeit des mit der Gemeinde Graun unterm 25ten September 1847 abgeschlossenen Vergleiches aufgenommen wurde.

Der Herr Bergrath
Gottlieb Zötl
Ich bin mit dem mit der Gemeinde Graun abgeschlossenen Vergleiche bis zu dem Punkte vollkommen einverstanden, in welchem der Gem. Graun von dem zwar unter den reservirten Staatswaldungen aufgeführten, bisher jedoch von der Gem. Langtaufers benüzten Riegelwald ein Theil in das volle Eigenthum gegeben wurde.
Ich glaube deshalb mit dieser Übergabe nicht einverstanden sein zu dürfen,

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weil ich die Überzeugung eines Holzüberschusses in den der Gem. Langtaufers zur Bedeckung gelegenen Waldungen nicht gewinnen konnte, und weil ich wegen den eigenthümlichen forstlichen Verhältnissen in diesem armen lawinenreichen Alpenthale den Abschluß des Vergleiches über die Waldservituten Ablösung als vorausgehend wünschenswerth halte.
Zötl k.k. Bergrath

Der kk Gubernial
Sekretär H Jakob Gasser
Nach der Ansicht des Gefertigten ist der vorliegende Vergleich zur H. Genehmigung vollkomen geeignet, sofern die Gem. Langtaufers nicht auf den der Gem. Graun zugetheilten Riegelwaldtheil ein

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ausschließliches Servitutsrecht nachweisen kann.
Gasser Gub. Sekr.

Der kk Sekretär der
Haller Bg. u. Sal. Direktion
H. Anton Ebner
Ich bin mit dem mit der Gem. Graun abgeschlossenen Vergleiche vollkommen einverstanden, weil jedoch bei der mit der Nachbar Gemeinde Langtaufers versuchten Vergleichs Verhandlung sich zeigte, daß die Gemeindeglieder von Langtaufers auf den der Gem. Graun zugedachten Theil des Riegelwaldes rechtliche Nuzungsansprüche zu haben glauben, und ohne denselben ihre Holzbedeckung durchaus nicht genügend erhalten zu haben wähnen, weil die Gemeindeglieder von Langtaufers ferner sich bereit erklärten statt dem der Gem. Graun zugedachten Theil des Riegelwaldes

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lieber auf den Untermadwald, welcher ein belasteter Staatswald ist zu Gunsten der Gem. Graun zu verzichten, so dürfte es nach meiner unmaßgeblichen Meinung vielleicht gerathen sein, den mit der Gem. Graun abgeschlossenen Vergleich vor der Hand nicht zu ratificiren, um bei der allenfalls nötigen Reassumirung der Vergleichsverhandlung mit der Gem. Langtaufers freiere Hand zu haben.
Ebner Sekrtr.
Der Hl Aushilfsreferent
der tirol. Kamerprokuratur
Dor Anton Janiczek
Die Gemeinde Graun hat gleich den Gemeinden Reschen und Haid ihre Holzbezugsrechte zu deren Ablösung ihr die bezüglichen Wälder ins Eigenthum überlassen wurden, gehörig nachgewiesen. Der Umstand daß der Gem. Graun

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ein Theil des Riegel Waldes, welcher im Gemeinde Bezirke Langtaufers liegt, und nach der Waldbereitung zu den reservirten Staatswaldungen gehört, überlassen wurde, hindert an und für sich die hohe Ratifikation des vorliegenden Vergleiches nicht. Wenn nemlich auch angenommen wird, daß die Gem. Langtaufers das Servitutsrecht besitze, aus allen in ihrem Bezirke liegenden Staatswäldern das zum Haus u. Gutsbedarf nöthige Holz zu beziehen, so dürfen doch nach dem § 484 des allg. b. G. B. Servitutsrechte nicht erweitert werden, sondern sind vielmehr nach der Natur und dem Zweck der Servitut einzuschränken.
Da nun nach der Ansicht des Herrn Komissionsleiters jene Wälder, welche ausser dem Riegelwalde der Gem.

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Langtaufers zugedacht wurden noch immer zureichen, um die bisherigen Holzbezüge der letztern Gemeinde zu decken, so muß sich dieselbe nach der obenangeführten Gesetzesstelle die Einschränkung ihres Holzservitutsrechtes auf die ihr zugedachten Wälder gefallen lassen. Die Gem. Langtaufers hat zwar Urkunden vorgelegt, worauf sie einen Anspruch auf die ausschließliche Benützung aller in ihrem Bezirke gelegenen Staatswälder mit Einschluß des Riegelwaldes stüzt, allein dieser Anspruch ist nach der Ansicht des Gefertigten ganz ungegründet, indem durch die vorgelegten Urkunden nicht nachgewiesen wird, daß der Gem.

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Langtaufers die persönliche Servitut der Nutzniessung (§ 509) aller fraglichen Wälder zustehe, und es muß daher, da die Holzbezugsrechte in der Regel zu den Grunddienstbarkeiten, nicht aber zu den persönlichen Servituten gehören, bei dem Umstande, als nach dem § 479 des allg. b. G. B. eine Abweichung von der gewöhnlichen Natur einer Servitut nicht vermuthet wird, sondern bewiesen werden muß, solange angenommen werden, daß das Holzbezugsrecht der Gem. Langtaufers bloß eine nach dem § 484 des allg. b. G. B. zu beschränkende Gemeindedienstbarkeit, nicht aber eine persönliche Dienstbarkeit der ausschließlichen Nutzniessung sei, bis von der Gem. Langtaufers das Gegentheil bewiesen wird.
Übrigens kann der

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Komission nicht zugemuthet werden, einen Vergleich mit der Gem. Graun deshalb nicht abzuschließen, weil die Gem. Langtaufers Ansprüche auf einen der erstern Gemeinde zugedachten Theil erhebt, welche Ansprüche sie bisher durch Nichts nachgewiesen hat, weil es sonst in der Willkür einer Gemeinde läge, durch ungegründete Ansprüche die Wirksamkeit der Komission zu hemmen. Sollte übrigens auch die Gem. Langtaufers später im Stande sein für ihre Ansprüche auf die ausschließliche Benüzung des Riegelwaldes Beweise beizubringen, so hätte dies keine andere Folge, als daß die Gem. Graun ihr diese Benützung ge-
statten

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statten müßte, weil derselben die bezüglichen Wälder in dem vorliegenden Vergleiche bloß unbeschadet der Rechte Dritter / und ohne Gewährleistung/ überlassen wurden.
Bei der Gem. Graun ist auch vorgekommen, daß mehrere Gemeinde Mitglieder von Graun Eigenthumsansprüche auf einige Forsttheile und Alpen erheben u. bei der kk. Forsteigenthums Purifikations Komission angemeldet hat. Diese Forsttheile u. Alpen befinden sich zwar ebenfalls unter den der Gem. Graun ins Eigenthum überlassenen Waldungen, es wurde jedoch in Bezug auf dieselben die Gem. Graun ausdrücklich verpflichtet für den Fall, als sich im Bezirke der an

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sie überlassenen Waldungen Forsttheile oder Alpen befänden, bezüglich welcher das Eigenthum von der obbezeichneten Komission oder im Falle eines Rechtsstreites von dem Civilrichter Dritten Personen zuerkannt werden sollte, diesen die erwähnten Forsttheile oder Alpen ohne Anspruch auf eine Entschädigung ins Eigenthum zu überlassen, wodurch es der Komission möglich gemacht würde, über die fraglichen Forsttheile, welche zur Deckung der Holzbezugsrechte der Gemeinde nothwendig sind, zweckmässig zu verfügen, ohne den Eigenthumswerbern die Wohlthat ihr angebliches Eigenthum mit Beseitigung eines Rechtsstreites von der Eigenthumspurifikations Komission im gütlichen Wege anerkannt zu er-

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halten, zu beeinträchtigen.
Nur insofern beabsichtigt wird mit der Gem. Langtaufers wo möglich einen Vergleich in der Art abzuschließen, daß der Gem. Graun statt des Riegelwaldes der von der Gem. Langtaufers bisher benützte Theil des Unterendwaldes ins Eigenthum überlassen werde, dürfte vielleicht der vorliegende Vergleich vorläufig noch nicht ratificirt, sondern man eine nochmalige Verhandlung mit den beiden Gemeinden in der angedeuteten Richtung angeordnet werden.
Dr Janiczek

Der k.k. Landrichter
zu Nauders Herr
Joh. Mich. Patscheider
Da die der Gem. Graun in das Eigenthum überlassenen Waldungen zur Bedeckung ihres nothwendigen Bedarfes

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an Bau und Brennholz bei der grossen Bevölkerung kaum zureichen, so glaubt der Unterzeichnete, dem mit besagter Gemeinde abgeschlossenen Vergleiche beistimmen zu dürfen, jedoch nur in soferne, als das von der Gem. Langtaufers auf Grund der vorgewiesenen alten Urkunden angesprochene ausschließliche Nuzungsrecht auf den Riegelwald nicht als rechtlich bestehend anerkannt werden sollte. Zugleich findet aber der Unterzeichnete zu bemerken, daß bei der Überzeugung der Gem. Langtaufers der Riegelwald könne ihr der alten Urkunden wegen nicht benommen werden, und bei dem Umstande, daß der der Gem. Graun überlassene Theil des Riegelwaldes zwischen dem der Gem.

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Langtaufers zu überlassenden Waldungen liegt, sicher viele Holzdiebstähle erfolgen, und zwischen diesen zwei ohnehin nicht auf dem freundschäftlichsten Fuße einander gegenüberstehenden zu einer Pfarre gehörigen Nachbarsgemeinden grosse Feindschaften entstehen werden, daher es wünschenswerth wäre, wenn in der Folge noch einmal ein Vergleich zwischen den fraglichen 2 Gemeinden versucht und allenfalls durch Austausch der einen oder anderen Waldung erzielt werden würde, indem sich die Bevollmächtigten der Gemeinde Langtaufers erklärt haben, daß es ihnen lieber sei, es bei dem alten, bloßen Bezugsrechten zu belassen, als auf den Riegelwald zu verzichten.
Patscheider Ldrchtr

am 26ten September 1847
Aktuirt v. Kempelen