Anpassung der Gemeindeordnung in
Vorarlberg

Inhalt:
Einleitung
Anpassung der Gemeindeordnung in Voralberg
Die Entwicklung des Gemeinderechts in Vlbg

I. Einleitung

Im grundlegenden Verkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, VfSlg 9336/1982, Feldkirch-Eggenwald-Erkenntnis 1982“, Pkt III. 1. (Abs 4) hat der Verfassungsgerichtshof seine These, dass das Gemeindegut der „alten Realgemeinde“ kein Eigentum der Agargemeinschaft sei, sondern zum Eigentum der (neuen) politischen Ortsgemeinde mutierte, mit dem Inhalt der historischen Gemeindegesetze begründet.

Der VfGH: „Die der Äußerung der Tir. Landesregierung zugrundeliegende Ansicht, die Gemeinde fungiere (auch) in diesen Fällen (Anmerkung. gemeint: den Gemeindeguts-Liegenschaften) gleichsam nur als Vertreter oder Treuhänder der Nutzungsberechtigten und diese – die Mitglieder der alten Realgemeinde oder die von ihnen gebildete Gemeinschaft – seien die wahren (materiellen) Eigentümer des Gemeindegutes, findet in der tatsächlichen Entwicklung des Gemeinderechts keine Stütze….  Was nämlich zum Gemeindegut iS der nach dem Reichsgemeindegesetz 1862 erlassenen Gemeindeordnungen geworden ist, wurde damit – bei allem Vorbehalt überkommener Nutzungsrechte – wahres Eigentum der neuen (politischen) Gemeinde, , die übrigens auch verschiedene Lasten übernommen hatte, von denen früher die Realgemeinde betroffen gewesen war. So sprach schon §74 des Provisorischen Gemeindegesetzes 1849 ausdrücklich davon, daß „… das Gemeindevermögen und Gemeindegut Eigentum der Gemeinde als moralischer Person, und nicht der jeweiligen Gemeindeglieder ist, …“, und die gleiche Konzeption liegt der im Einleitungsbeschluß hervorgehobenen Systematik und den einzelnen Regelungen der im Rahmen des Reichsgemeindegesetzes erlassenen Gemeindeordnungen zugrunde (vgl. auch VfSlg. 1383/1931, 4229/1962 S 352 und 5666/1968 S 59). Ganz deutlich wird die Beschränkung der Nutzungsberechtigten auf die widmungsgemäße Nutzung und die Zuordnung des bei widmungsfremder Verwendung zutage tretenden Substanzwerts an die Gemeinde auch in der von der Vbg. Landesregierung ins Treffen geführten Bestimmung des §107 Abs1 und 2 der Vbg. Gemeindeordnung 1935: …“

 Gerade anhand der Entwicklung des Gemeinderechts in Vorarlberg ist leicht erkennbar, wie schwerwiegend und wie direkt der Gesetzesbruch ist, den der VfGH mit der im „Feldkirch-Eggenwald-Erkenntnis 1982“ zementierten These verantwortet, dass das Eigentumsrecht der historischen Realgemeinde – entgegen dem eindeutigen Gesetzestext (§ 26 prov. Gemeindegesetz, § 11 Vorarlberger Gemeindeordnung 1864) auf die neue, politische Ortsgemeinde übergegangen sei.

 

II. Anpassung der Gemeindeordnung in Voralberg

Das Erkenntnis „Feldkich-Eggenwald 1982“, VfSlg 9336/1982 des Verfassungsgerichtshofes gründet auf der Fiktion, dass das agrargemeinschaftliche Gemeindegut in den (Landes-)Gemeindeordnungen als ein Eigentum der politischen Ortsgemeinden definiert sei. Diese Rechtseigenschaft, die in den Landegemeindegesetzen  geregelt sei, müsse – so das Verfassungsgericht – auch für das Bundes-Flurverfassungs-grundsatzgesetz gelten.

Was sich so überzeugend anhört, nämlich: „Ein Gemeindegut muss ein Eigentum der Ortsgemeinde sein“, ist in Wahrheit falsch. Der Satz ist falsch für das Flurverfassungsrecht; und der Satz ist falsch für das Gemeinderecht der Länder.

Mit dem Kernsatz, dass die Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung in den Gemeindeordnungen der Länder als ein notwendiges Eigentum der Ortsgemeinde definiert seien, wird auch das Gemeinderecht verletzt. Der Rechtssatz ist in jeder Hinsicht falsch.

Dies kann am Beispiel des Vorarlberger Gemeinderechts nachvollzogen werden.

DIE GEMEINDEORDNUNGEN VORARLBERGS UND TIROLS

Das Verfassungsgerichtshoferkenntnis VfSlg 9336/1982 hatte die Gemeindeordnungen von Vorarlberg und von Tirol zum Gegenstand. Man könnte deshalb den Standpunkt vertreten, dass die Nichtbeachtung der Gemeindeordnungen von Steiermark und Oberösterreich eine lässliche Sünde sei. Verfassungsrichter können nicht die Gemeindeordnungen aller Bundesländer kennen!

Die Frage ist, wie das Gemeinderecht Vorarlbergs und das Gemeinderecht Tirols das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung im Zeitpunkt der Entscheidung, dh im Jahr 1982 geregelt hatten. Zur Klärung dieser Frage hatte sich der Verfassungsgerichtshof im Erk VfSlg 9336/1982 umfangreich mit der Vorarlberger Gemeindeordnung 1864 (!) auseinandergesetzt; ebenso mit der Tiroler Gemeindeordnung 1866 (!). Die Frage ist: Warum setzt sich der Verfassungsgerichtshof mit den Gemeindeordnungen aus der Zeit des Kaiserthums Österreich auseinander? Warum werden Gemeindeordnungen analysiert, welche aus einer Zeit stammen, als das „moderne“ Flurverfassungsrecht, welches in seinen Ursprüngen auf das TRRG 1883 zurückgeht, noch nicht existierte? Warum werden Gemeindeordnungen analysiert, welche nicht auf der Grundlage der Österreichischen Bundes-Verfassung geschaffen wurden?

Die verfassungsrechtliche Grundlage des Teilungs- und Regulierungsrechts, in der Terminologie der geltenden Bundesverfassung „Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen“ stammt von 1920; das Bundes-Grundsatzgesetz dazu stammt von 1931. Die relevanten Regelungen in den Gemeindeordnungen der Länder müssen deshalb aus der Zeit ab 1931 stammen! Diese relevanten Regelungen des Gemeinderechts, welche voll und ganz mit dem Flurverfassungsrecht harmonisiert wurden, lauten wir folgt:

DAS GEMEINDERECHT VORARLBERGS IM SPEZIELLEN

a1) Gem § 102 Abs 3 Vlbg Gemeindeordnung 1935 LGBl 1935/25 wurde die Konkurrenz zwischen Gemeinderecht und Flurverfassung nicht weniger klar geregelt:

§ 102 Abs 3 Vlvg GO 1935 LGBl 1935/25: „Die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinn des § 15 Absatz 2 Punkt d des Bundesgesetzes betreffend Grundsätze für die Flurverfassung BGBl Nr 256/1932 geltenden Teile des Gemeindegutes, werden durch das Ausführungsgesetz zu diesem Bundesgesetz geregelt; bis dahin bleiben die bisher geltenden Vorschriften in Kraft.“

b1) § 91 Abs 4 Vlbg Gemeindegesetz 1965 ordnete deshalb folgendes an: § 91 Abs 4 Vlbg GG 1965, LGBl LGBl 1965/45. „Die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten ist verpflichtet, Gemeindegut, dessen rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch nicht nach den Bestimmungen des II Hauptstückes des Flurverfassungsgesetzes, LGBl Nr 4/1951, geordnet sind, vorläufig nach den Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes zu verwalten.“ [1]

c1) Den Gesetzesmaterialien zur Vlbg Gemeindeordnung 1965 ist dazu Folgendes zu entnehmen: Der Vorarlberger Gemeindegesetzgeber geht davon aus, dass „das bisher in den §§ 72 bis 77 und 102 bis 108 der GO 1935 genannte Gemeindegut ausschließlich aus agrargemeinschaftlich genutzten Grundstücken“ bestehe. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung seien inzwischen im Flurverfassungsgesetz, LGBl. Nr. 4/1951, geregelt. […] Die Ordnung der Verhältnisse des Gemeindegutes im Einzelnen ist zwar schon weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen. Um für die Übergangszeit für eine geordnete Verwaltung vorzusorgen, erweise es sich als zweckmäßig, den Gemeinden die Verpflichtung aufzuerlegen, die bisher geübte vorläufige Verwaltung bis zur Regulierung weiterzuführen. § 91 Abs 4 Vlbg Gemeindegesetz 1965 ordnete deshalb folgendes an: „Die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten ist verpflichtet, Gemeindegut, dessen rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse noch nicht nach den Bestimmungen des II Hauptstückes des Flurverfassungsgesetzes, LGBl Nr 4/1951, geordnet sind, vorläufig nach den Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes zu verwalten.“

Das Erkenntnis VfSlg 9336/1982 ignoriert diese Bestimmungen und setzt sich stattdessen mit dem Vorarlberger Gemeinderecht ex 1864 auseinander! Dass der Verfassungsgerichtshof im Erk VfSlg 9336/1982 solche Gesetzesstellen ignoriert und stattdessen das Gemeindegesetz von Vorarlberg aus dem Jahr 1864 (!) analysiert, ist skandalös.

 

III. Die Entwicklung des Gemeinderechts in Vlbg
(von Josef Kühne)

Wie schon zum TRLG 1921 von Landeshauptmann Dr. Otto Ender im Bericht zur Gesetzesvorlage dargelegt, beschränkten sich die prov. Gemeindeordnung von 1849 und die Ausführungsgesetze zum Reichsgemeindegesetz 1862, für Vorarlberg, die Gemeindeordnung 1864 (VGO, LGuVBl 22/1864), betreffend das Gemeinschaftsgut auf die lakonisch-summarische Bestimmung, dass es bezüglich dieser alten Rechte bei den bisherigen Übungen zu verbleiben habe (§ 63 VGO 1864 – Vorarlberger Gemeindeordnung). Trefflich bemerkte der Niederösterreichische Landesausschuss im Bericht vom 21. September 1878 zu den Verhältnissen am Gemeindeeigentum, dass die wenigen Bestimmungen der Gemeindeordnungen mit einer Leuchte zu vergleichen seien, „welche die Gegenstände nicht erhellt, sondern nur die tiefe Dunkelheit, in welche sie gehüllt sind, erst recht erkennen lässt“ (XXVII Blg.sten.Prot. NÖ Landtag, 5. WP 11). Trotzdem hat die Vorarlberger Gemeindeordnung 1904, LGuVBl 87, den Wortlaut des § 63 VGO 1864 unverändert fortgeführt.

Gemeinderecht bricht kein Eigentum

Zu Grunde zu legen sind freilich zusätzlich die Bestimmungen der §§ 11 VGO 1864 und 11 VGO 1904, fortführend die Anordnung des § 26 prov. GemG 1849, wonach die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigentums- und Nutzungsrechte ganzer Klassen oder einzelner Glieder der Gemeinde ungeändert bleiben. Ein Eigentumsübergang am Gemeinschaftsguts von der bestehenden realgemeindlichen Nutzungsgemeinschaft (§ 26f ABGB) auf die neue „politische Gemeinde“ ist nie getroffen worden; der politischen Gemeinde obliegt jedoch dessen Verwaltung, bis zu einer „Regelung“ im Sinne des TRLG 1921 als Ausführungsgesetz zum Reichsrahmengesetz 1883.

Die Vorarlberger Gemeindeordnung 1935, LGBl 25/1935, bestätigt wie die Gemeindeordnungen von 1864 und 1904 den Bestand der gemeinschaftlichen Nutzung des Gemeinschaftsguts und regelt die Verwaltung durch die Gemeinde (§ 102 VGO 1935). In § 102 Abs. 3 VGO 1935 wird im Übergang zur 1925 geschaffenen „Bodenreformkompetenz“ (Art 12 B-VG) die künftige Regelung durch das Flurverfassungs-Ausführungsgesetz bestimmt: “Die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 15 Abs 2 Pkt d des Bundesgesetzes betreffend Grundsätze für die Flurverfassung BGBl.Nr. 256/1932 geltenden Teile des Gemeindegutes werden durch das Ausführungsgesetz zu diesem Bundesgesetz geregelt; bis dahin bleiben die bisher geltenden Vorschriften in Kraft”.

Als „bisher geltenden Vorschriften” blieben für die Verwaltung durch die Gemeinde, die auf das „Gemeindegut“ bezüglichen Bestimmungen der VGO 1935 sowie das Teilungs- und Regulierungsgesetz 1921 bis zum Erlass des Vorarlberger Flurverfassungs-Landesgesetzes LGBl 1951/4 (VFLG 1951) in Geltung. Mit Inkrafttreten des VFLG 1951 galten für das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung ausschließlich die Bestimmungen dieses Gesetzes.

Gemeinderecht als Übergangsrecht

Schließlich trifft das Vorarlberger Gemeindegesetz 1965 (GG 1965), das im V. Hauptstück, Wirtschaft der Gemeinde, keine Regelungen zum „Gemeindegut enthalten hat, im VIII. Hauptstück, Straf-, Übergangs- und Schlussbestimmungen, als Übergangsregelung die Bestimmung in § 91 (4) – unverändert § 99 Gemeindegesetz 1985: „Die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten ist verpflichtet, Gemeindegut, dessen rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse noch nicht nach den Bestimmungen des II. Hauptstückes des Flurverfassungsgesetzes, LGBl Nr 4/1951, geordnet sind, vorläufig nach den Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes zu verwalten.“

Der Motivenbericht zum Vorarlberger Gemeindegesetzt 1965 erläutert hiezu: “Dazu ist darauf hinzuweisen, daß das bisher in den §§ 72 bis 77 und 102 bis 108 der GO. 1935 genannte Gemeindegut ausschließlich aus agrargemeinschaftlich genutzten Grundstücken besteht. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der agrargemeinschaftlich genutzten Grundstücke wurden jedoch inzwischen im Flurverfassungsgesetz, LGBl. Nr. 4/1951, geregelt. Die das Gemeindegut betreffenden Bestimmungen der GO. 1935 sind daher gemäß § 102 Abs. 3 GO 1935 mit dem Wirksamwerden des Flurverfassungsgesetzes außer Kraft getreten. Die Ordnung der Verhältnisse des Gemeindegutes im einzelnen ist zwar schon weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen. Um für die Übergangszeit für eine geordnete Verwaltung vorzusorgen, erweist es sich als zweckmäßig, den Gemeinden die Verpflichtung aufzuerlegen, die bisher geübte vorläufige Verwaltung bis zur Regulierung weiterzuführen. Die Tätigkeit betrifft nicht den hoheitlichen Bereich der Gemeinde, sondern stellt eine privatrechtliche Funktion dar, was ausdrücklich hervorgehoben werden soll.”

 Diese Übergangsbestimmung ist auch nach dem VfGH-Erk Slg 9336/1982, die Rechtsgrundlage der „vorläufigen” Verwaltung des Gemeinschaftsgutes durch die Gemeinde, bis zu deren Aufhebung durch das “Gemeindegutsgesetz 1998“ geblieben. Obwohl der Gesetzgeber des Gemeinderechts, das „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ (= Gemeinschaftsgut) eindeutig als eine Materie der Flurverfassung qualifizierte, von den bislang rechtens durchgeführten Regulierungen ausgehend, mit der Übergangsbestimmung den Weg der Regulierungen bis zum Abschluss vorzeichnete, wird diese „eindeutige“ Bestimmung der Gemeindegesetze 1965 und 1985, durch das (Vorarlberger) Gemeindegutsgesetz (GGG) mit folgender Begründung aufgehoben: „Der § 99 des Gemeindegesetzes [1985] verweist auf die – mittlerweile nicht mehr existenten – Regelungen des Flurverfassungsgesetzes über das Gemeindegut. Die Vorschrift ist obsolet und daher aufzuheben.“ (EB).

 Wieso diese Bestimmung „obsolet“ sein soll, wird nicht näher begründet; das Erkenntnis Slg 9336/1982 hebt sie nicht auf; sie wäre für rechtskräftige Regulierungen wie für künftige nach VFLG 1979 LGBl 1979/2 Grundlage gewesen. Die in §§ 102 (3) VGO 1935 bzw und das Gemeindegesetz 1965 für Regelungen des Gemeinschaftsgutes (Gemeindegutes) erfolgte Zuordnung zur Kompetenzmaterie „Bodenreform“ ist, wie dargelegt, durch das genannte VfGH-Erkenntnis nicht geändert, eine Zuständigkeit nach Art 15 (Landesgesetzgebung für Gemeinderecht) nicht begründet. Auch hierzu findet in den erläuternden Bemerkungen zum Gemeindegutsgesetz das Referat LH Dr. Otto Ender ebenso wenig Beachtung, wie die kompetente Rechtsansicht von Landesamtsdirektor Dr. Grabherr: “Gemeindegut zählt zur Bodenreformkompetenz in der Vollziehung der Agrarbehörden und keineswegs zum Gemeinderecht, ebenso wenig wie zum Zivilrecht” (Korporationen und Agrargemeinschaften in St. Gallen und Vorarlberg – ihre rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen und heutige Bedeutung, 1964; ders. Vorarlberger Geschichte, 1988, 286).

 Die Gemeinde als Verwalterin der Agrargemeinschaft

Damit ist in der Abfolge des Gemeinderechtes seit dem Provisorischen Gemeinde-Gesetz 1849, dem Reichsgemeindegesetz 1862, ebenso wie in den Gemeindeordnungen des Landes 1864 und 1904, 1935 und 1965 bestimmt: “an jenen besonderen Rechten, welche nach bisheriger gültiger Übung oder Statuten den Bürgern einer Gemeinde vorbehalten waren, wird nichts geändert”. In Vorarlberg stellt überdies die zitierte Bestimmung der Gemeindeordnung 1935 die Verbindung zum Bodenreformrecht her und das Gemeindegesetz 1965 sieht die endgültige Regelung der Reste des Gemeinschaftsgutes vor, indem deren Regulierung als Agrargemeinschaften nach Flurverfassungsgesetz zum Abschluss gebracht wird und betont den privatrechtlichen Status der selbstverwalteten Gemeinschaftsnutzung.

Mit der nach GGG erfolgten Aufhebung dieser zukunftsweisenden Regelung in § 99 Gemeindegesetz 1965 und der ex lege „Kommunalisierung = Verstaatlichung“ der „restlichen“ 23 Gemeinschaftsgüter mit deren Reduktion auf längst überholte „Servitutsnutzung“, wird die völlig gleichheitswidrige Zweiteilung und Dauerbelastung der betroffenen Gemeinden mit Verwaltung und jederzeit möglichen Anträgen auf Servitutenregulierung „versteinert“.

In keiner der gesetzlichen Regelungen zur Schaffung der „Politischen Gemeinde“ von und seit 1849/1862 ist ein „automatischer“ Eigentumsübergang des Gemeinschaftsgutes von den „alten Realgemeinden – Nutzungsgemeinschaften“ auf eben die „politische Gemeinde“ bestimmt; genauso wenig kann diese Rechtsfolge aus der verfassungsgerichtlichen Judikatur abgeleitet werden (hiezu: Heinz Mayer, „Politische Ortsgemeinde versus Realgemeinde: Zur Frage des Überganges des historischen Gemeindevermögens“ in „ Die Agrargemeinschaften in Tirol“ S. 187 ff). Kann ein solcher gleichheitswidriger „Rechtsbruch“ wie nun mit dem Vorarlberger „Gesetz über das Gemeindegut“ unter Verletzung von Kompetenzbestimmungen und Eigentumsgarantie der Verfassung mit allen Implikationen für die betroffenen Gemeinden und Berechtigten, auf Dauer „versteinert“ Bestand behalten?

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MP