2006. Strategie II:
Märchen vom
Gemeindegut

Märchenstunde bei den Kommunalsiern: Die Agrarbehörde als Verbrecherbande

In den vier Verfahren, die die Komunalisierer schon 2005 beim Verfassungsgerichtshof anhängig gemacht hatten, hatten diese wirklich dick aufgetragen: Insbesondere ab dem Zeitpunkt, nachdem die erste zurückweisende Entscheidung des VfGH zugestellt war (Neustift), gab es im Verfahren über den Wiedereinsetzungsantrag für die Ortsgemeinde Mieders kein Halten mehr: Die Agrarbehörde wurde als Verbrecherbande hingestellt!

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Der VfGH sollte durch drastische Falschbehauptungen dazu bewogen werden, das Institiut der Rechtskraft zu durchbrechen. Die Ortsgemeinde Mieders: „Das Institut der Rechtskraft soll Fehler sanieren, die trotz Bemühen um gesetzmäßige Entscheidungen unvermeidlich sind und nicht skrupellosen Gesetzesbrechern den Erfolg ihrer verwerflichen Bemühungen sichern.“ Und weiter: „Die rechtsgrundlagenlosen Eigentumsfeststellungsbescheide einerseits und die gezielte Desinformation der Betroffenen andererseits bildeten untrennbare Bestandteile einer insgesamt sowohl aus politischer als auch aus rechtsstaatlicher Sicht höchst verwerflichen Vorgangsweise der Tiroler Landesregierung. Diese beiden – sich gegenseitig ergänzenden – Aktivitäten der Tiroler Landesregierung dürfen daher nicht isoliert betrachtet werden, weil die gezielte Desinformation die gezielte Schädigung der Allgemeinheit durch die gesetzwidrigen Eigentumsfeststellungsbescheide erst möglich machte.“

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Skrupellose Gesetzesbrecher seinen am Werk gewesen; deren verwerfliches Bemühen dürfe keinen Erfolg haben – so die Kommunalisierer im ersten Verfahren gegen Agrargemeinschaft Mieders beim VfGH im Jahr 2006.

Erfolglos war diese Strategie, weil eine Agrarbehörde, die die politischen Ortsgemeinden enteignen wollte, rechtskräftige Verhältnisse geschaffen hätte – egal mit welchem bösartigen Hintergedanken die Bescheide ausgestellt wurden.

Deshalb musste eine neue Strategie her! Aus einer bösartigen Enteignungsbehörde wurde über Nacht die fürsorgliche Behörde gemacht, die das Gemeindegut als Eigentum der Ortsgemeinden bewahren und erhalten wollte! Für die Kommunalisierer mit Schutzpatron im VfGH alles kein Problem!

Märchenstunde bei den Kommunalsiern: Die Agrarbehörde als fürsorgliche Hüterin des Gemeindeguts

Wer immer die Kommunalisierer instruiert hatte – der hatte ganze Arbeit geleistet. Plötzlich hatten die Kommunalisierer eine ganz neue Agrarbehörde entdeckt: Keine skrupellosen Gesetzesbrecher, die den Ortsgemeinden den Grund und Boden wegregulieren wollten! Keine Diebesbande, die sich am Gemeindegut zu schaffen machte! Über nacht hatten die Kommunalisierer eine gänzlich andere Agrarbehörde aus dem Hut gezaubert: Die fürsorgliche Agrarbehörde, die das Gemeindegut für immer den Gemeinden sichern und erhalten wollte.

Und auf Basis dieser Festellungen hat der VfGH im Mieders-Erkenntnis die Thesen vom Substanzrecht der Ortsgemeinde hervorgezaubert.

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Im Guggenberger-Bescheid vom vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 der gegen Agrargemeinschaft Mieders ergangen ist, liest sich das wörtlich so:

„Gerade diese beiden Feststellungen im Regulierungsplan zeigen aber, nach Auffassung der Agrarbehörde, deutlich, dass im Zuge von Regulierungsverfahren über das Gemeindegut der politischen Gemeinde – rechtlich gesehen – in der Landesvollziehung agrargemeinschaftliche Sondergebilde geschaffen wurden. Den Regulierungsurkunden zum Gemeindegut kann nicht (gegen das Gesetz und gegen die Verfassung) eine Bedeutung und jener Inhalt unterlegt werden, dass Aufgabe und Inhalt der Gemeindegutsregulierung gewesen wäre, Gemeindegut nach den Regelungen der Bodenreform rechtlich zu beenden und zu vernichten. Das Gegenteil ist der Fall, das Vorliegen von Gemeindegut war rechtliche Voraussetzung, dass an diesem Gemeindegut die alten öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen und Nutzungsverhältnisse in einem Regulierungsplan der Agrarbehörde festgeschrieben werden konnten, lediglich die Verwaltung und Bewirtschaftung des Gemeindegutes sollte durch Regulierung mehr geordnet und gesichert werden.

Damit ist aber die rechtliche Qualifikation als Gemeindegut keineswegs untergegangen! Dies war den leitenden Beamten der Agrarbehörde und den an solchen Gemeindeguts-Agrargemeinschaften Beteiligten, vorrangig den jeweiligen Gemeinden, natürlich bewusst. Dies ergibt sich im Vergleich der verschiedenen Aktenvorgänge zu Gemeindegutsregulierungen bei der Agrarbehörde. Nur beispielhaft sei darauf hingewiesen, wie etwa im agrarbehördlichen Regulierungsverfahren zu 702 R in einer agrarbehördlichen Verhandlung am 11.11.1958 zur Regulierung des Gemeindegutes, das damals der Agrarbehördenleiter laut Verhandlungsniederschrift Auskunft erteilt hat, dass es in einem bestimmten dort relevanten Fall [sich] nicht um eine Gemeinde-, sondern um eine reine Agrargemeinschafts- bzw. Interessentschaftsalpe handle. Auch von Agrarbehördenseite war man sich also bewusst, dass ein qualifizierter Unterschied zwischen Gemeindeguts-Agrargemeinschaften zu sonstigen typischen (arg. reine Agrargemeinschaften) Agrargemeinschaften besteht.

In diesem Zusammenhang sei noch darauf hingewiesen, dass der VfGH im Flurverfassungsgrundsatzgesetz des Bundes das Gemeindegut, wegen undifferenzierter Einbeziehung im Vergleich zu anderen agrargemeinschaftlichen Grundstücken, dh im Vergleich zu den anderen typischen bodenreformatorischen Agrargemeinschaften, als verfassungswidrig erkannt hat; der VfGH hat das Gemeindegut im FGG in seiner Entscheidung VfSlg. 9336 behoben. Der Bundesgrundsatzgesetzgeber ist bisher nicht neuerlich tätig geworden und um so das Gemeindegut, etwa durch eine Novelle zum FGG, in veränderter Form wieder vom Grundsatz her – also bodenreformatorisch – regulierbar zu machen. Auch daraus leitet sich ab, dass Gemeindeguts-Agrargemeinschaften (ungeachtet der landesgesetzlichen Nov. zum TFLG im Jahr 1984) mehr als landesrechtliche Sondergebilde zu verstehen sind.

Die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme – noch im Gesetzesprüfungsverfahren VfSlg. 9336/1982 wurde durch die Tiroler Landesregierung die Auffassung vertreten, eine Gesetzesprüfung sei nicht notwendig, weil nach der gesetzlichen Bestimmung im TFLG (§ 38 Abs. 1 TFLG) die Feststellung des Eigentums an agrargemeinschaftlichen Grundstücken im Regulierungsverfahren, ohnehin nie eine Eigentumsänderung bewirken könne (vgl. in diesem VfGH-Erkenntnis im RIS, Seite 13, oben 2. Absatz) – erfolgte ohnehin als nudum ius, als nacktes Recht, weil der Regulierungsplan für Gemeindegut regelmäßig nur die damals (allein zulässige!) agrargemeinschaftliche Wald- und Weidenutzung festschrieb. Mehr Recht sollte und wurde auch durch die Zuordnung von Eigentum an die AG als Regulierungsmaßnahme der Agrarbehörde nicht vermittelt (vgl. dazu die rechtliche Abhandlung des Agrarbehördenleiters in der Veröffentlichung Probleme der Regulierung des Gemeindegutes im Tiroler Bauernkalender 1966, Seite 251 ff). Hohe Substanznutzungen sind erst lange nach der Regulierung der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut hervorgekommen. Ausschließlich damit, mit der gemeinschaftlichen Holz- und Weidenutzung, haben sich das Regulierungsverfahren und der Regulierungsplan Mieders befasst!

Diese Tatsache spiegelt sich ebenso in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten wieder, wenn es um die Regulierung von Gemeindegut ging. Die Gemeindegutsregulierungen sind aktenkundig (dies kann in den Gemeindegutsregulierungsakten bei der Agrarbehörde so nachgelesen werden) regelmäßig deshalb erfolgt, weil Nutzungsberechtigte bei der Agrarbehörde Beschwerde führten, dass die jeweilige Gemeinde als Verwalterin des Gemeindegutes mit dem Holz aus dem Gemeindewald, nach Meinung der Beschwerdeführer bei der Agrarbehörde, nicht richtig umgegangen war, sei es dass andere als angeblich Nutzungsberechtigte am Gemeindegut von der Gemeinde Holz bekommen hatten, sei es, dass die Gemeinde selber für sich zuviel Holz entnommen und veräußert hatte, sei es, dass die Gemeinde neu errichtete Objekte in der Gemeinde als berechtigt ansah und dafür Holz abgegeben hatte uam. Es ging also nur um Streitigkeiten bei der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut. Diese Fragen und diese Streitigkeiten wurden durch die Gemeindegutsregulierungen einer Lösung zugeführt. In den Regulierungsverfahren wurden die Nutzungsberechtigten für Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut – in seltenen Fällen auch die Jagdnutzung, weil die Jagd fallweise auch als agrargemeinschaftliche Bewirtschaftung von Feld und Wald gesehen wurde – und der Umfang der Nutzungen und die Ausübungsmodalitäten festgestellt und die Überwachung und Einhaltung der Gemeinschaftsregeln bzw. der Gemeinschaftsbewirtschaftung für Holz und Weide für das Gemeindegut einer Agrargemeinschaft zugeordnet.
Keine Rede ist in den Regulierungsakten davon, dass die Verwendung von Flächen des Gemeindegutes für einen regelmäßigen Grundstücksverkauf als Bauland, für Abschluss von Baurechtsverträgen zur Betriebsansiedlung im Gewerbegebiet, für die Errichtung und Verpachtung gewerblicher Betriebe, für die Verpachtung von Gemeindegutsflächen für Skiabfahrten, wie zur Errichtung von Campingplätzen, Gastronomiebetrieben, Golfplätzen, Tankstellen uam verwendet und damit reguliert hätte werden müssen und somit für diese Zwecke der jeweiligen politischen Gemeinde auch deren Eigentum am Gemeindegut und damit weitere daraus fließende Substanzwerte – als jene für die Holz- und Weidewirtschaft am Gemeindegut – im Regulierungsweg zu entziehen gewesen wäre. Für solche Zwecke das Gemeindegut zu verwenden, dies war natürlich nicht – weder nach Gesetz noch nach dem Inhalt der Regulierungsakten! – Grundlage, also Anlass und Zweck der Gemeindegutsregulierungen bei der Agrarbehörde.

Um heute der Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an Agrargemeinschaften eine andere Deutung als die Zuordnung als nacktes Recht und nur für agrargemeinschaftliche Holz- und Weidenutzung, wie dies der Regulierungsplan ausdrückt, zu geben, würde einerseits der historischen Wahrheit (der damals durch die Behörde formulierten Argumentation, siehe auch die Veröffentlichung Probleme der Regulierung des Gemeindegutes im Tiroler Bauernkalender 1966, Seite 251 ff) in diesen häufig praktizierten Regulierungsmaßnahmen und andererseits jeder verfassungskonformen Auslegung der Gemeindegutsregulierungsurkunden widersprechen. Die Rechtsauffassung, die jeweilige politische Gemeinde habe historisch (als Realgemeinde) aufgrund des Waldzuweisungspatentes vom 06.02.1847 lediglich treuhänderisch Eigentum für Nutzungsberechtigten erworben, diese Rechtsauffassung wurde nicht nur im grundlegenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs VfSlg. 9336/1982 verworfen. Schon viel früher hatte nämlich der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung VwSlg. Nr. 3560/1954, also im Jahre 1954, diese Treuhandtheorie am Gemeindegut als Versuch einer juristischen Konstruktion bezeichnet, die im Gesetz keinerlei Deckung findet.

Zur Zeit der Waldzuweisung im Jahre 1847 hat es die politische Gemeinde schon gegeben. Im Jahr 1811 ist das ABGB in Kraft getreten. Schon nach dem ABGB vom Jahr 1811 ist die Gemeinde in etwa 10 Fällen von rechtlichen Sonderregelungen im ABGB erfasst.

Unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Judikatur und des bestehenden Gesetzes – und vor allem bei Berücksichtigung der Verfassungslage (siehe die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs VfSlg. 9336/1982 und die darin zitierte Vorjudikatur) – kann eine verfassungstreue Auslegung der Regulierungsurkunde für die Agrargemeinschaft Mieders nur dazu führen, dass dieser Regulierungsplan lediglich eine Regulierung der öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung bei der Wald- und Weidenutzung auf dem Gemeindegutsgebiet der Gemeinde Mieders gebracht hat. Eine verfassungskonforme Interpretation von Gesetz und Regulierungsplan kann nach Überzeugung der Agrarbehörde nur dazu führen, dass im Regulierungsplan für das Gemeindegut der Gemeinde Mieders vom 09.01.1963 – über die Holz- und Weidebewirtschaftung hinaus – keinerlei Vermögensauseinandersetzung zwischen der politischen Gemeinde Mieders einerseits und der neu gegründeten Agrargemeinschaft Mieders andererseits erfolgt ist. An dieser Tatsache ändert auch nichts der Umstand, dass im Zuge dieser Regulierung – mit gleichzeitiger Feststellung im Regulierungsplan als Gemeindegut – das Eigentum am Gemeindegut der Agrargemeinschaft Mieders zugeordnet wurde. Der Regulierungsplan Mieders legt ausdrücklich fest, dass sich diese Behördenentscheidung auf die agrargemeinschaftliche Nutzung in Holz und Weide bezieht … Die Zuregulierung des Eigentums am Gemeindegut an die AG Mieders konnte daher nur für diesen, im Regulierungsbescheid festgelegten Zweck erfolgt sein. Dies ist eine wichtige Besonderheit, die in den Regulierungsplänen zum Gemeindegut regelmäßig steckt. Als rechtliche Besonderheit unterscheiden sich Gemeindeguts-Agrargemeinschaftsgebilde eben von üblichen Agrargemeinschaften.“

Soweit die Feststellungen der Kommunalisierer, die der VfGH seinem „Mieders-Erkenntnis 2008“ wörtlich zu Grunde legte.

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Kaum zu glauben, aber wahr: Nachdem die Kommunalisierer im Frühsommer 2006 in der Agrarbehörde skrupellose Gesetzesbrecher festgestellt hatten, die den Ortsgemeinden den Grund und Boden wegregulieren wollten, wurde nun das gegenteil davon behauptet:

1. Im Zuge von Regulierungsverfahren über das Gemeindegut der politischen Gemeinden wurden in der Landesvollziehung agrargemeinschaftliche Sondergebilde geschaffen;

2. den Regulierungsurkunden zum Gemeindegut könne nicht gegen das Gesetz und die Verfassung der Inhalt unterlegt werden, dass die Gemeindegutsregulierung Gemeindegut nach den Regelungen der Bodenreform rechtlich zu beenden und zu vernichten beabsichtigte;

3. ausschließlich mit der gemeinschaftlichen Holz- und Weidenutzung habe sich das Regulierungsverfahren befasst;

4. die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme erfolgte als nudum jus;

5. der Regulierungsplan für Gemeindegut habe nur die damals (allein zulässige!) agrargemeinschaftliche Wald- und Weidenutzung festgeschrieben; mehr Recht sollte und konnte durch die Zuordnung von Eigentum an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme nicht vermittelt werden;

6. hohe Substanznutzungen seien erst lange nach der Regulierung der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut hervorgekommen;

7. diese Tatsachen spiegelten sich so in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten wieder, wenn es um die Regulierung von Gemeindegut ging; es ging nur um Streitigkeiten bei der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut und nur diese Fragen wurden einer Lösung zugeführt;

8. dies sei allen an der Regulierung Beteiligten bewusst gewesen.

Und diese Litanei an Falschbehauptungen erhielt plötzlich Relevanz – aus einem Grund: Die Kommunalisierer hatten – neu instruiert von einem unbekannten Starjuristen – die Feststellung des Regulierungsplans von Agrargemeinschaft Mieders, beim Regulierungsgebiet handle es sich um „Gemeindegut“, das im Eigentum der Agrargemeinschaft Mieders steht,  neu interpretiert.

Diese rechtskräftige Feststellung soll angeblich bedeuten, dass angebliche „Substanz der Ortsgemeinde“ im Eigentum der Agrargemeinschaft stehe. Daraus entwickelte der VfGH im so genannten „Mieders-Erkenntnis“ diejenigen Grundsätze, anhand derer die Tiroler Agrarier in der Folge enteignet wurden.

mehr dazu:

Ein falscher Bescheid