A) Die Leitsätze des Unterlangkampfen-Erk
Nach der Veröffentlichung des Unterlangkampfen-Erk 2010 verharrte die Tiroler Agrarbehörde einige Monate in Schockstarre. Was waren die wesentlichen Aussagen dieses Erkenntnisses, die es zu verarbeiten galt:
1. Die Eigentumsverhältnisse am Regulierungsgebiet sind im Einzelfall zu prüfen
VfSlg 19.262/2010 Pkt II A 2.3.6.1. der Begründung (Unterlangkampfen-Erk): „Die Agrarbehörden sind bei Verfahren wie diesem mithin gehalten, die Eigentumsverhältnisse im Zeitpunkt der Regulierung zu klären und dabei alle zur Verfügung stehenden Mittel auszuschöpfen.“
2. Die historische Grundbucheintragung kann unrichtig gewesen sein
VfSlg 19.262/2010 Pkt II A 2.3.6.1. (Unterlangkampfen-Erk): „Weiters ist allerdings einerseits zu berücksichtigen, dass Grundbuchseintragungen unrichtig sein können, […] weswegen der Grundbuchsstand nicht zwingend die wahren Eigentumsverhältnisse wiedergeben muss.“
3. Die historische Agrarbehörde kann mit dem Begriff „Gemeindegut“ Eigentum einer Ortsgemeinde oder Eigentum einer Agrargemeinschaft gemeint haben
VfSlg 19.262/2010 Pkt II A 2.3.6.3 Abs 1 (Unterlangkampfen-Erk):
„…– der Bescheid könnte durchaus auch dahin ausgelegt werden, dass die bescheiderlassende Behörde auf den in §36 Abs2 litd des Flurverfassungslandesgesetzes vom 6. Juni 1935, LGBl. Nr. 42, angeführten Begriff „Gemeindegut“ im Sinne von „Eigentum der Agrargemeinschaft“ abstellte (vgl. hiezu Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler [Hrsg], Die Agrargemeinschaften in Tirol, 250f) –“
4. Aus der Tatsache der heutigen grundbücherlichen Eintragung der Agrargemeinschaft ist die Rechtsvermutung abzuleiten, dass der jeweilige Bescheid, mit dem über die Eigentumsverhältnisse entschieden wurde, mit dem Begriff „Gemeindegut/Fraktionsgut“ Eigentum einer Agrargemeinschaft gemeint hat.
VfGH VfSlg 19.262/2010 Pkt A II. 2.3.3. (1) (Unterlangkampfen-Erk): „Sie [Anm: die Agrargemeinschaft] ist in Ansehung der von der Regulierung erfassten Liegenschaften im Sinne des §431 ABGB als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Die Tatsache der Eintragung begründet zugleich die – widerlegbare, aber vorliegend nicht widerlegte – Vermutung, dass die Eintragung auf einem gültigen Titel beruht (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 [2006] 352).“
B) Anwendung der Leitsätze des Unterlangkampfen-Erk
Ein einziges Mal hat die Tiroler Agrarbehörde in Anwendung dieser Grundsätze eine Agrargemeinschaft beurteilt. Es handelte sich um Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg, Schönwies.
Die Agrarbehörde erkannte danach, dass das historische Grundbuch unrichtig war und dass die historische Agrarbehörde mit dem Begriff „Gemeindegut“ ein Eigentum der Agrargemeinschaft erfasst hatte.
C) Der Bescheid Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg, Schönwies
AgrB-R578/105-2011
12.05.2011
Bescheid
Das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz (Abteilung Agrargemeinschaften) entscheidet gemäß § 56 AVG iVm §§ 33, 38 und 69 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996, LGBl. Nr. 74/1996 idF LGBl. Nr. 7/2010 (TFLG 1996), über die Anträge der Gemeinde Schönwies vom 10.12.2010 sowie der Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg vom 21.02.2011 wie folgt:
I.
Der auf § 69 Abs 1 lit b TFLG 1996 gestützte Antrag der Gemeinde Schönwies vom 10.12.2010, den Regulierungsplan der Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg im Gefolge des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 18.446 abzuändern, insbesondere auf Aufnahme der Regelungsinhalte, dass
1. der Gemeinde Schönwies die Substanz aller agrargemeinschaftlichen Grundstücke des Regulierungsgebietes sowie alle Erträge aus den Substanzgütern zustehen sowie dass alle Einnahmen und Erträe aus den agrargemeinschaftlichen Grundstücken des Regulierungsgebietes, welche über die Holz- und Weidenutzung hinausgehen, als Substanzertrag zur Gänze der Gemeinde gehören, insbesondere der Jagdpachtschilling aus den beiden Jagden in der Höhe von ca. € 22.000,–,
2. der Erlös aus dem Überling der Holzbewirtschaftung aus Wäldern am ehemaligen Gemeindegut, sohin der Holzertrag der über die Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der Nutzungsberechtigten hinausgeht, der Gemeinde zusteht,
3. vom Gemeindegut eine Bedarfsdeckung an Holz nur für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Stammsitzliegenschaften der Agrargemeinschaftsmitglieder erfolgen kann und darf, insofern bei einzelnen Mitgliedern der seinerzeit 1961 festgestellten Berechtigten heute keine Landwirtschaft mehr besteht, dieser Bezug an Holz erloschen ist und künftighin auch keine Holzzuweisung vom Gemeindegut zur Bedarfsdeckung mehr erfolgen kann,
4. die Kosten der Bewirtschaftung des Gemeindegutes in der Hand der Agrargemeinschaft auf die Mitglieder zumindest einmal jährlich umzulegen sind, die Umlage auf die Mitglieder nach Maßgabe des ihr verbleibenden Holzeinschlages teilzunehmen hat und für die Bewirtschaftungskosten nicht auf die (allein der Gemeinde Schönwies gehörigen) Substanzerträge zurückgegriffen werden darf,
5. Substanzerlöse, die in der Vergangenheit – seit Gründung der Agrargemeinschaft – ohne rechtliche Deckung und im Widerspruch zu den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom 11.06.2008, B464/07 und VfSlg. 9336/1982 an Agrarmitglieder verteilt wurden, von der Agrargemeinschaft der Gemeinde zu ersetzen sind, wobei Agrarbehörde den Betrag ermitteln und bescheidmäßig der Agrargemeinschaft zur Ausgleichszahlung an die Gemeinde auftragen wolle und hiebei – auf ausdrücklichen Wunsch der Gemeinde – von sich aus berücksichtigen wolle, dass landwirtschaftliche Betriebe der Agrarmitglieder durch derartige Rückzahlungen an die Gemeinde nicht in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet werden,
6. die Agrargemeinschaft verpflichtet ist, die bestehenden Rücklagen binnen 2 Wochen bei sonstigen Zwange an die Gemeinde Schönwies zu bezahlen,
7. jene Grundstücke des Regulierungsgebietes, die für die Errichtung von infrastrukturellen Vorhaben und Anlagen an deren Errichtung ein öffentliches Interesse besteht, benötigt werden, gemäß § 40 Abs 3 TFLG 1996 idF LGBl. Nr. 7/2010 der Gemeinde Schönwies gegen Entschädigung der darauf lastenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen für den Haus- und Gutsbedarf von der Agrargemeinschaft ins bücherliche Eigentum zu übertragen sind, wobei bei Weigerung und Unterlassung der Beschlussfassung durch die Agrargemeinschaft binnen Monatsfrist die Übertragung bei sonstiger Ersatzvornahme durch Bescheid seitens der Agrarbehörde erfolgt,
sowie auf Erlassung einer der TFLG Novelle LGBl. Nr. 7/2010 entsprechenden Verwaltungssatzung,
wird zurückgewiesen.
II.
Dem Antrag der Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg vom 21.02.2011, die Agrarbehörde möge feststellen, dass das Regulierungsgebiet kein Gemeindegut gemäß § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 darstellt, wird Folge gegeben und festgestellt, dass die Grundstücke des Regulierungsgebietes der Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg Nr. 1498, 1500, 1501, 2011/1, 2011/2, 2011/4, 2011/5, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017, 2018/2, 2018/3 und 961 (KG Zamserberg) in EZ 406 GB Schönwies, kein Gemeindegut im Sinne des § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996, LGBl. Nr. 74/1996 idF LGBl. Nr. 7/2010, darstellen.
Der Antrag der Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg auf Feststellung, dass der Ortsgemeinde Schönwies kein Restitutionsanspruch gemäß Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11.06.2008, Slg. 18.446/2008 zusteht, wird zurückgewiesen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von zwei Wochen ab der Zustellung das Rechtsmittel der Berufung beim Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz (Abteilung Agrargemeinschaften) in Innsbruck, Landhaus, eingebracht werden. Die Berufung ist schriftlich, telegrafisch, mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder auf andere technisch mögliche Weise einzubringen. sie hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründenden Berufungsantrag zu enthalten.
Begründung:
Mit Vorbringen an die Agrarbehörde vom 10.12.2010 zeigte die Gemeinde Schönwies vertreten durch ihren Bürgermeister auf, dass für die Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg am 25.07.1961, Zl. IIIb1-1153/36, der Regulierungsplan für die Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte erlassen wurde. Der Bescheid enthalte bereits die Feststellung, dass eine so genannte Gemeindegutsagrargemeinschaft vorliege. Für ein Feststellungsverfahren bestehe daher kein weiterer Anlass, als bücherliche Voreigentümerin sei die Gemeinde Schönwies zu EZ 112 GB Schönwies ausgewiesen. Die Haupturkunde ordne lediglich die Holz- und Weidenutzung, zu den Erträgen aus der Jagd und den Substanznutzungen enthalte der Beschied keine Regelung. Seit Erlassung des Regulierungsplanes hätten sich die für die Festschreibung der Nutzungen relevanten Umstände gravierend geändert. Viele ehemals landwirtschaftlich tätige Mitglieder würden heute keine Land- oder Forstwirtschaft mehr betreiben. Vielmehr herrsche jetzt eine Art Aktionärsmentalität vor, geschaffen dadurch, dass von der Agrargemeinschaft Ertragszuweisungen und Sachzuweisungen (Holzzuweisung) an Nichtbauern vorgenommen würden. Der Verfassungsgerichtshof habe mit den Erkenntnissen VfSlg. 9336 und VfSlg. 18.446 klar gestellt, dass die Substanzwerte und sämtliche Erträge daraus, sofern sie nicht der Bedarfsdeckung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke der Stammsitzliegenschaft dienen, allein der Gemeinde gehören. Die Grundsätze seien in der TFLG Novelle LGBl. Nr. 7/2010 niedergelegt. Diesen geänderten Verhältnissen sowie der geänderten Gesetzeslage könne nur durch eine Anpassung der seinerzeitigen Regulierung, im Wesentlichen durch eine vollständige Neuregulierung der Benützungs- und Verwaltungsrechte Rechnung getragen werden. Hiebei seien auch Änderungen hinsichtlich der Anteilsrechte, allenfalls Ruhendstellungen oder – bei vorliegenden Voraussetzungen des § 54 Abs 6 TFLG 1996 – Löschungen derselben vorzunehmen. Die Gemeinde begehrte daher die Abänderung des Regulierungsplanes für die Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg und beantragte wie zu Spruchpunkt I.
Diesen Antrag übermittelte die Agrarbehörde der Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg, verbunden mit der Aufforderung, hiezu Stellung zu nehmen.
Die Agrargemeinschaft führte ihrerseits aus, im Jahre 1739 sei eine so genannte „Küh-Alpe im Larsenn“ den Parteien von Untersaurs ins Privateigentum purifiziert worden. Die in der Purifikationstabelle definierten Grenzen der Alpe seien identisch mt den heutigen Liegenschaftsgrenzen. Nie sei die Ortsöffentlichkeit auftriebsberechtigt gewesen, vielmehr hätten die Alpe allen die Viehzüchter von Saurs genutzt und diese ohnehin nach einer Ersitzungszeit von mehr als 40 Jahren ersessen. Mit Regulierungsplan von 1961 habe die Agrarbehörde lediglich das Grundbuch richtig gestellt. Der historische Grundbuchsstand präjudizierte keinesfalls die wahren Eigentumsverhältnisse. Allfällige Änderungen in der Sachlage seien im Übrigen nicht bei den Mitgliedern der Antragsgegnerin festzumachen sondern bei der Nutzung des Regulierungsgebietes. Daran habe sich seit vielen Jahrhunderten nichts geändert. Die Agrargemeinschaft beantragte die Feststellung wie zu Spruchpunkt II.
Die Agrarbehörde hat wie folgt erwogen:
a)
Wesentliche Vorfrage (vgl. OAS vom 06.04.2011, Zl. OAS 1.1.1/0032-OAS/2011) des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens ist, ob und welche Grundstücke der Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg aus Gemeindegut hervorgegangen sind. Die Agrarbehörde hat diese Feststellung zu treffen. Eine derartige Feststellung liegt im öffentlichen Interesse (vgl. LAS vom 27.05.2010, Zl. LAS-1001/11-10) und kann auch von Amts wegen erfolgen. Entgegen den Ausführungen der Gemeinde Schönwies ist die Feststellung zur Gemeindegutseigenschaft der Grundstücke des Regulierungsgebietes zulässig und geboten, erhellt doch aus den Vorbringen von Antragsstellerin und Antragsgegnerin, dass diese Frage im Zweifel steht und einer Klärung harrt. Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis B 1645/10-9 vom 28.02.2011 verdeutlicht, gebietet das Gesetz im Zweifelsfalls die bescheidförmige Feststellung darüber, ob ein Grundstück ein agrargemeinschaftliches Grundstück gemäß § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 ist.
Am 19.02.2010 trat die Novelle LGBl. Nr. 7/2010 zum Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 in Kraft. Aus den erläuternden Bemerkungen zur Novelle erhellt, dass der Tiroler Landtag die Gesetzesänderung im Gefolge des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 11.06.2008, VfSlg. 18.446 erließ, um die Umsetzung der vom Verfassungsgerichtshof neu geschaffenen Rechtslage zu gewährleisten. Der Gesetzgeber bringt zum Ausdruck, dass im neu gefassten § 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 eine Anpassung des Begriffes Gemeindegut an die Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes laut Erkenntnis vom 11.06.2008 erfolgte.
§ 33 Abs 2 lit c Z 2 TFLG 1996 idF der Novelle LGBl. Nr. 7/2010, definiert als zum Gemeindegut zählend jene Grundstücke, welche vormals im Eigentum einer Gemeinde gestanden sind, durch Regulierungsplan in das Eigentum einer Agrargemeinschaft übertragen wurden, vor dieser Übertragung der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften gedient haben und nicht Gegenstand einer Hauptteilung waren (Gemeindegut).
Zufolge dieser Begriffsbestimmung hat die Agrarbehörde zu prüfen, ob die Grundstücke des Regulierungsgebietes der Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg vor deren Übertragung in ihr bücherliches Eigentum durch Regulierungsbescheid im Eigentum der Gemeinde Schönwies standen und der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften dienten. Dass diese Grundstücke nicht Gegenstand einer Hauptteilung waren, ergibt sich aus dem Regulierungsakt.
b)
Das Regulierungsgebiet der Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg besteht gemäß Abschnitt II. der Haupturkunde des Regulierungsplanes vom 25.07.1961, Zl. IIIb1-1153/36, aus den agrargemeinschaftlichen Grundstücken des Grundbuchskörpers EZ 406 GB Schönwies. Die agrargemeinschaftlichen Grundstücke waren ehedem – vor Regulierung – in der EZ 112 II GB Schönwies vorgetragen und wurden mit Regulierungsplan vom 25.07.1961, Zl. IIIb1-1153/36, in die neu gebildete EZ 406 GB Schönwies abgeschrieben. Bei Grundbuchsanlegung wurde in der EZ 112 II GB Schönwies das Eigentumsrecht für die Gemeinde Schönwies aufgrund Ersitzung und des Vergleichs der Waldservitutenausgleichskommission vom 15.12.1847, verfacht am 05.08.1852 sub folio 1385, hinsichtlich der hier relevanten Grundstücke, einverleibt (Grundbuchsanlegungsprotokoll Nr. 150).
c)
Im November 1953 beantragten nutzungsberechtigte Interessenten der Larsenn – Langesbergalpe die Regelung der Besitz- und Auftriebsverhältnisse. Am 29.01.1954 fand in der Volksschule Schönwies die Verhandlung der Agrarbehörde zur Instruierung dieses Antrages statt, an welcher für die Gemeinde der mit Erlass der Gemeindeaufsichtsbehörde vom 12.01.1954, Abt. Ib-Zl.874/49-53, bevollmächtigte Vertreter teilnahm. Bereits in dieser Verhandlung traf der Verhandlungsleiter die einvernehmlichen Feststellungen, dass das Regulierungsgebiet zum damaligen Zeitpunkt im grundbücherlichen Eigentum der Gemeinde stand und als Gemeindegut von gewissen bekannten Anteilsberechtigten der Gemeinde, welche seit jeher zur Alpinteressentschaft Larsenn –Langesbergalpe zusammengeschlossen waren allein und ausschließlich genutzt wurde. Ebenso, dass die Gemeinde Schönwies weder irgendwelche Lasten des Regulierungsgebietes trug, noch an der Verwaltung desselben teilnahm. Weiters, dass sämtliche Steuern einschließlich der Grundsteuer der Interessentschaft zur Vorschreibung gelangten und von dieser allein bezahlt wurden. Alle Verbesserungsmaßnahmen wie zB der Neubau von Almhütten, seien von den Beteiligten allein und ohne Beihilfe der Gemeinde finanziell bestritten worden. Die Teilhaber der Larsenn – Langesbergalpe seien seit jeher zu einer Interessentschaft zusammengefasst gewesen, welche sich selbständig verwaltete.
Mit Bescheid vom 02.02.1954, Zl. IIIb-155/5, leitete die Agrarbehörde das Verfahren zur Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte an der Larsenn- und Langesbergalpe in EZ 112 II GB Schönwies ein.
Am 08.06.1954 erging zu Zl. IIIb-391/12, der Bescheid „Liste der Parteien“, am 30.10.1954 zu Zl. IIIb-1095/15, der Bescheid „Verzeichnis der Anteilsrechte“. Ein Anteilsrecht der Gemeinde Schönwies im Sinne des § 62 FLG 1952 iVm § 51 Abs 2 FLG 1952 wurde nicht ermittelt.
Der Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Larsenn– und Langesbergalpe (nunmehr Agrargemeinschaft Larsenn – Langesberg, vlg. hiezu die mit Bescheid vom 09.11.1998, IIIb1-R578/91-1998, erlassenen Verwaltungssatzungen) erging mit Bescheid vom 25.07.1961, Zl. IIIb1-1153/36. Er enthält unter Pkt. IV. „Rechtliche Verhältnisse“ nach der Bezeichnung des Regulierungsgebietes als Gemeindegut im Sinne des § 36 Abs 2 lit d FLG 1952 wörtlich wiedergegeben die Festlegung:
„Gestützt auf das Anerkenntnis des Bürgermeisters der Gemeinde Schönwies als im Verfahren bestellter Gemeindevertreter wird gemäß § 38 Abs 1 FLG hiemit agrarbehördlich festgestellt, dass das Regulierungsgebiet im Eigentum der Agrargemeinschaft Larsenn- und Langesbergalpe steht, die mit den einen wesentlichen Bestanteil dieses Regulierungsplanes bildenden Verwaltungssatzungen körperschaftlich eingerichtet wird und die gemäß § 37 Abs 1 FLG daher rechtsfähig ist.
AgrB-R578/105-2011 12.05.2011, Mag. Bernhard Walser
d)
Zur Feststellung, ob agrargemeinschaftliche Grundstücke Gemeindegut im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 18.446 sind, traf der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung in mehreren Erkenntnissen (vgl. LAS vom 26.06.2009, Zl. 859/22-06, vom 08.04.2010, Zlen. 944/18-08, 987/9-09) grundlegende Äußerungen. Demnach kommt einem Feststellungsbescheid, dass Gemeindegut vorliegt, maßgebliche Bedeutung zu. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10.12.2010, B 639/10 u. B 640/10, aufgezeigt, ist diese Folgerung allerdings nicht zwingend, der Bescheid (Anm.: Regulierungsplan) könnte durchaus auch dahin ausgelegt werden, dass die bescheiderlassende Behörde auf den in § 36 Abs 2 lit d des Flurverfassungsgesetzes vom 06.06.1935, LGB. Nr. 42 (Anm.: Diese Norm ist entspricht der hier relevanten Bestimmung des § 36 Abs 2 lit d FLG 1952), angeführten Begriff „Gemeindegut“ im Sinne von „Eigentum der Agrargemeinschaft“ abstellte. Der Gerichtshof stellt weiters klar, dass es in erster Linie auf die Eigentumsverhältnisse im Zeitpunkt der Regulierung ankommt, woraus folgt, dass die Agrarbehörde in einem Verfahren zur Feststellung von Gemeindegut gehalten ist, die Eigentumsverhältnisse im Zeitpunkt der Regulierung zu klären. Zu berücksichtigen ist, dass Grundbuchseintragungen unrichtig sein können und das Grundbuch Rechtsänderungen nur deklarativ nachvollzieht. Der Grundbuchsstand muss daher nicht zwingend alle wahren Eigentumsverhältnises wiedergeben (vgl nochmals VfGH v. 10.12.2010, B 639/10, B 640/10).
Diese Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes lassen bei einer Gesamtschau der geprüften Umstände einzig den Schluss zu, dass das Regulierungsgebiet der Agrargemeinschaft Larsenn-Langesberg zum Zeitpunkt der Regulierung nicht im wahren Eigentum der Gemeinde Schönwies stand, sondern vielmehr im Eigentum der als unregulierte Interessentschaft Larsenn-Langesbergalpe organisierten Nutzungsberechtigten. Hiefür sprechen die vom Gemeindevertreter gemäß § 110 FLG 1952 in der Instruierungsverhandlung vom 29.01.1954 anerkannten Feststellungen, wonach das Regulierungsgebiet zwar grundbücherlich der Gemeinde Schönwies zugewiesen war (vgl hiezu auch die Ausführungen unter Pkt b), jedoch von gewissen Anteilsberechtigten allein und ausschließlich genutzt wurde, welche seit jeher zur Alpinteressentschaft Larsenn-Langesbergalpe zusammengeschlossen waren. Wenn sich aktenkundig ergibt, dass die Gemeinde Schönwies weder an den Lasten des Regulierungsgebietes noch an der Verwaltung desselben teilnahm, so festigt dies die Wahrscheinlichkeit der Eigentümerposition der unregulierten Agrargemeinschaft bzw deren Interessenten. Dass auch die Grundsteuer für das Regulierungsgebiet von den Alpsinteressenten zu entrichten war zeigt, dass die Gemeinde vom Eigentum der Nutzungsberechtigten ausging. Hiefür spricht zugleich der Umstand, dass sich die Gemeinde in keiner Weise an den Verbesserungen auf der Alm beteiligte. Dem gesamten Verfahrensakt ist keine Eigentümerhandlung der Gemeinde Schönwies zu entnehmen.
Ein weiteres Indiz, welches dafür spricht, dass auch die historische Regulierungsbehörde (richtig) nicht von Gemeindeeigentum am Regulierungsgebiet ausging ist, dass die Agrarbehörde im Regulierungsverfahren keinen Gemeindeanteil gemäß § 61 FLG 1952 für erforderlich befand und ein solcher von der Gemeinde auch nicht beansprucht wurde.
Wesentlich für den Nachweis des bereits zum Zeitpunkt der Regulierung nicht mehr vorhandenen Gemeindeeigentums ist letztlich die Tatsache, dass sich die Agrarbehörde im Jahre 1961 bei der Feststellung des Eigentums zugunsten der Agrargemeinschaft auf ein Anerkenntnis des Bürgermeisters der Gemeinde Schönwies berief, sohin de facto keine Eigentumsübertragung am Regulierungsgebiet auf die Agrargemeinschaft vornahm. Zum Anerkenntnis führte der Landesagrarsenat in seiner Entscheidung vom 27.05.2010, Zl LAS-701/15, unter Verweis auf Dittrich/Tades, § 1375 ABGB aus, dass die Anerkennungserklärung, welche in der Haupturkunde des Regulierungsplanes als Eigentumstitel der Agrargemeinschaft genannt wird, mit einem konstitutiven Anerkenntnis vergleichbar ist. Somit kann den Ausführungen der Antragsgegnerin nicht entgegengetreten werden, wonach die Agrarbehörde im Regulierungsplan 1991 lediglich das Grundbuch richtig stellte.
Aus den dargelegten Gründen gelangt die Agrarbehörde zur Ansicht, dass die Grundstücke, welche im grundbücherlichen Eigentum der Antragsgegnerin stehen nicht Gemeindegut sind und die Agrargemeinschaft Larsenn-Langesberg nicht aus der Regulierung von Gemeindegut stammt.
e)
Zum Antrag der Gemeinde Schönwies bleibt auszuführen, dass die Antragslegitimation nach § 69 Abs 1 lit b TFLG 1996 – auf welche sich die Gemeinde explizit stützt – das Vorhandensein von Gemeindegut voraussetzt. Diese Rechtsansicht vertrat zuletzt auch der Oberste Agrarsenat in seiner Entscheidung vom 06.04.2011 zu Zl OAS 1.1.1/0032-OAS/2011, indem er klar stellte, dass diese Frage im Hinblick auf die Antragslegitimation der Gemeinde nach § 69 Abs 1 lit b iVm § 33 Abs 2 lit c TFLG 1996 zu prüfen ist. Wie gezeigt wurde, besteht die Agrargemeinschaft Larsenn-Langesberg nicht auf Gemeindegut, weshalb der Antrag der Gemeinde zurückzuweisen war.
Im Übrigen ist mit der Feststellung des Nichtvorliegens von Gemeindegut im Spruchabschnitt II. dieses Bescheides auch der Antrag der Agrargemeinschaft betreffend einen allfälligen Restitutionsanspruch der Gemeinde im Sinne des Erkenntnisses VfSlg 18.446 miterledigt. Ein gesonderter Abspruch hierüber ist entbehrlich und nicht zulässig. Die aus der getroffenen Feststellung entstehenden Rechtsfolgen ergeben sich aus dem Gesetz und sind daher keiner weiteren Feststellung zugänglich (vgl VwGH Zl 2008/12/0209, 2000/17/0229). Das Fehlen von Gemeindegut indiziert die Nichtanwendbarkeit des Erkenntnisses VfSlg 18.446 auf den vorliegenden Sachverhalt. Der diesbezügliche Antrag der Agrargemeinschaft Larsenn-Langesberg war daher zurückzuweisen.
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MP