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Theoretische Vorarbeiten der Kommunalisierer

Siegbert Morscher (* 29. April 1939 in Bludenz, Bild: Wikipedia. VfGH/Achim Bieniek 2003) ist ein österreichischer Jurist, emeritierter Universitätsprofessor und ehemaliger Verfassungsrichter. Morscher war von 1982 bis 2007 Professor für Öffentliches Recht am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck und von 1988 bis 2004 Richter am österreichischen Verfassungsgerichtshof.
Mit seiner Veröffentlichung „Gemeinnutzungsrechte am Gemeindegut“, Zeitschrift für Verwaltung, 1982,1ff, die aus einem Privatgutachten für die Stadtgemeinde Feldkirch/Vorarlberg, hervorging, hat Morscher an entscheidender Stelle mitgewirkt, das Märchen vom Gemeindegut als notwendiges Eigentum der politischen Ortsgemeinden salonfähig zu machen.

 

Theoretische Vorarbeiten

a) Anfang der 1980er Jahre: Siegbert Morscher entwickelt als Privatgutachter im Auftrag der Stadtgemeinde Feldkirch Rechtssätze zur Begründung der Verfassungswidrigkeit der „Gemeindegutsnutzungen“. Die Nutzungen der Stammliegenschaftsbesitzer am so genannten „Gemeindegut“ seinen gleichheitswidrig. Das „Gemeindegut“  sei eine überholte historische Einrichtung, die aufgrund des stattgefundenen Wandels in der Gesellschaft ihre Berechtigung verloren hätte.  Verfassungswidrig sei es deshalb, dass nur den Stammliegenschaftsbesitzern, in Vorarlberg auch „Aktivbürger“ genannt, Nutzungsrechte dem Gemeindegut zustehen. (Morscher, Gemeinnutzungsrechte am Gemeindegut, ZfV 1982, 1 ff). Als Grundlage für seine Behauptungen diente Morscher die Unterstellung, dass das Eigentumsrecht an den Allmenden von den historischen Realgemeinden (= Nachbarschaften) auf die heutigen politischen Ortsgemeinden übergegangen wäre. Rechtsgrundlage seien die Ausführungsgesetze zum Reichsgemeindegesetz von 1862 (RGG 1862).

Die gegenteilige positive Rechtslage (provisorisches Gemeindegesetz von 1849 [§ 26 prov. GemG 1849] sowie die ausdrücklichen Regelungen in den jeweiligen Ausführungsgesetzen zum RGG 1862 [zB: § 12 Tiroler Gemeindeordnung 1866; § 11 Vorarlberger Gemeindeordnung 1864 usw] , wonach die Privateigentumsverhältnisse vom politischen Gemeinderecht unberührt bleiben, wurde von Morscher ignoriert.

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Eigentumsübergang von Gesetzeswegen?

In seiner wesentlich auf Walter Schiff (Österreichs Agrarpolitik seit der Grundentlastung, 1898, Seiten 186 ff) gründenden Abhandlung bestätigt Morscher dessen Ergebnisse, um in der Sache diesen weit zu übertreffen „Die neuen gemeinderechtlichen Regelungen ab 1849, die die politische Ortsgemeinde moderner Prägung geschaffen haben, enthielten keine ausdrücklichen Bestimmungen über das Schicksal des Eigentums der bisherigen Gemeinden. … dieser Umstand wurde zu Anlass genommen, mit juristischen Finten mediokrer Art öffentlich-rechtliche Nutzungsrechte in volles Eigentum zu verwandeln, indem behauptet wurde, das bisherige Gemeindeeigentum bliebe im Eigentum der bisherigen Gemeinden, wodurch dann der neuen politischen Gemeinde nur noch ein Übermaß an Pflichten ohne jegliche Rechte übrig geblieben wäre. Diese durchaus einfältige Auffassung des bloßen Pflichten-, nicht jedoch auch Rechtsüberganges auf die neue politische Gemeinde konnte sich dementsprechend auch nicht durchsetzen, vielmehr wurde in Auslegung des § 63 des Patentes RGBl 1849/110, welcher den Übergang des Eigentums im Allgemeinen regelt, und des § 64, der die Weitergeltung der alten Nutzungsrechte anordnet, auch angenommen, dass damit das Eigentum am Gemeindegut auf die neue Gemeinde übertragen wurde.“ (Morscher, Gemeinnutzungsrechte am Gemeindegut, ZfV 1982, 1 ff, 5)

Mit diesem durchaus radikalen Interpretationsansatz begründet Morscher die Enteignung von sämtlichen historischen Agrargemeinden; irgendeine Unterscheidung wird nicht getroffen. Als Rechtsgrundlage wird § 63 des Patentes RGBl 1849/110 (welcher den Übergang des Eigentums im Allgemeinen regle), und des § 64 des Patentes RGBl 1849/110 (der die Weitergeltung der alten Nutzungsrechte anordne) genannt. Die Bestimmungen der § 26 prov. GemG 1849 bzw § 11 resp. § 10 und 12 der Gemeindeordnungen von 1863 – 1866 werden bei Morscher nicht erwähnt. Das Gegenteil ist der Fall, stellt er doch die falsche Behauptung auf: Die neuen gemeinderechtlichen Regelungen ab 1849, die die politische Ortsgemeinde moderner Prägung geschaffen haben, enthielten keine ausdrücklichen Bestimmungen über das Schicksal des Eigentums der bisherigen Gemeinden. …) Tatsächlich regelte die Bestimmung des § 26 prov. GemG 1849 bzw § 11 resp. § 10 und 12 der Gemeindeordnungen von 1863 – 1866 folgendes: „Die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigenthums- und Nutzungsrechte ganzer Classen oder einzelner Glieder der Gemeinde bleiben ungeändert.

Widerlegt ist damit das wichtigste Argument Morschers, wonach die historischen (Nachbarschafts-)Gemeinden die Gemain als Finanzquelle des politischen Verbandes gewidmet hätten, welche der politischen Ortsgemeinde im Wege einer Enteignung von Gesetzes wegen zugefallen wäre. Alle öffentlichen Einrichtungen finanzieren sich im Wesentlichen durch Beiträge der Verbandsmitglieder. Die neue politische Gemeinde konnte ihre diesbezügliche Basis durch Einbeziehung aller Gemeindeeinwohner verbreitert; ein Anlass dazu, das Gemeinschaftsvermögen der Grundbesitzer zu enteignen, bestand nicht. Selbstverständlich kann auch gar keine Rede davon sein, dass § 63 eines „Patentes RGBl 1849/110“ den „Übergang des Eigentums im Allgemeinen“ regelte (dh. eine Legalenteignung anordnete) und dass § 64 den Fortbestand der alte Nutzungsrechte anordnete. § 26 prov. GemG 1849 sowie die inhaltsgleiche Norm in den Ausführungsgesetzen zum RGG 1862 (beispielsweise §§ 11 VorarlbergerGO 1868 oder 12 TGO 1866). Danach blieben die Eigentumsverhältnisse im Allgemeinen und insbesondere das Eigentum ganzer Klassen im Besonderen unberührt. Für die von Morscher fingierte Legalenteignung sämtlicher historischer Privatgemeinden besteht keinerlei Rechtsgrundlage. Morscher übergeht die Besitzstandsgarantie der §§ 26 prov. GemG und § 12 TGO 1866 ohne irgendeinen Hinweis darauf.

TEXT VERBERGEN

Auch der rechtshistorische Hintergrund wurde von Morscher missverstanden oder ignoriert: Es ist von historischem „Obereigentum“ des Landesfürsten auszugehen, welches im Zuge des allgemeinen Auflösungsprozesses, dem das adelige und lehensrechtliche Obereigentum in Österreich ab Mitte des 19. Jahrhunderts unterworfen wurde, in ein Alleineigentum der ehemaligen Nutzungseigentümer überführt wurde. (Vgl insbes. Grundlastenablöse und sog. Lehens-Allodifikation) Wenn der Landesfürst, der „Lehensherr“, auf sein Obereigentum verzichten musste, dann hatte dies rechtliche Konsequenzen für den Status der bisherigen „Nutzungseigentümer“: Der Nutzungseigentümer wurden mit diesem Schritt Alleineigentümer. Das bedeutet: der Adelige wurde Eigentümer seines Adelssitzes, der Bauer wurde Eigentümer seines Bauerngutes  und die jeweilige Nachbarschaft als Ganzes wurde Eigentümerin des Nachbarschaftsgutes (= Allmende).

Dieser Prozess wurde von Morscher vollkommen verkannt oder bewusst ignoriert.

Morschers Rechtsauffassung läuft darauf hinaus, dass die feudalen Eigentumsstrukturen mit den geteilten Berechtigungen, hier Obereigentum beim Landesfürsten, dort Nutzungseigentum bei den „Untertanen“, im Fall der Gemeinschaftsgüter aufrecht erhalten worden seien: Das Obereigentum sei auf die politische Ortsgemeinde übertragen worden; das Jahrhunderte alte Nutzungseigentum der Stammliegenschaftsbesitzer sei auf die Qualität von öffentlich-rechtlichen Gemeindegutsnutzungen „herabgestuft“ worden; das Eigentum sei (vom Gesetzgeber?) zur Finanzierung der Gemeindelasten zu Gunsten der Ortsgemeinden eingezogen worden.
In diesem Zusammenhang entwickelte Moscher die These, dass die Agrarbehörden nicht einmal vor dem „Nonsense“ zurückschrecken würden, zugleich Eigentum der Ortsgemeinde („Gemeindegut“) und Eigentum der Agrargemeinschaft festzustellen.

b) 1991:  Anfang der 1990er publiziert Eberhard Lang erste Überlegungen zur „Rekommunalisierung“ der Agrargemeinschaften (Eberhard Lang, Tiroler Agrarrecht Bd II, 292. Zur „Rekommunalisierung der Agrargemeinschaften“ grundlegend: Lang, aaO, 275 f). Historisches Eigentum der politischen Ortsgemeinden an den Allmenden wird dabei ohne fundierte rechtliche Untersuchung unterstellt. Lang bemüht in diesem Zusammenhang einen völlig verfehlten Vergleich der Rechtsposition der Tiroler „Normalbevölkerung“ an ihren Gemeinschafts¬liegenschaften, den „Gemainen“, mit den Jagdgründen nomadisierender Völkerstämme. Die Tiroler Landbevölkerung war jedoch kein nomadisch lebendes Jägervolk; der Eigentumsanspruch auf die „Gemain“ gründet sich nicht auf das Jagdrecht; der Eigentumsanspruch auf die Gemain gründet sich auf Nutzung mit dem Willen, die Gemain für sich zu besitzen und den Ausschluss Dritter von diesen Nutzungen. Diese Rechtsposition der Tiroler Nachbarschaften war im Verhältnis zu anderen Privaten unbestritten und stand nur in Konkurrenz mit dem „Obereigentum“ des Landesfürsten. Ein Vergleich der historischen Rechtspositionen der Tiroler Nachbarschaften an den „Allmenden“ mit der Rechtsposition der Samer (Lappen) an den Rentierweidegründen in Schweden, ist deshalb grob verfehlt.

Zusätzlich unterstellte Lang eine weitere verfehlte Arbeitsthese, welche auf Stefan Falser, Wald und Weide im Tiroler Grundbuch (1932) zurückgeht, nämlich dass der Tiroler Landesherr im Jahr 1847 die heutigen politischen Ortsgemeinden mit dem Eigentumsrecht an den Allmend-Liegenschaften beschenkt hätte. Die Tatsache, dass die Agrarbehörden – entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag – die Eigentumsverhältnisse geklärt haben (§ 38 Abs 1 TFLG), wird von Lang verkannt. Aus diesem Grund überlegt Lang auch die „Rekommunalisierung“, womit suggeriert wird, die Ortsgemeinden seinen ehemals Eigentümerinnen gewesen – ungeachtet des jeweils gegenteiligen Ergebnisses des agrarbehördlichen Feststellungsverfahrens.

c) 1996: Als entscheidende Weichenstellung hat sich die Ernennung von Dr. Josef Guggenberger zum Leiter der Tiroler Agrarbehörde (mit Wirkung zum 1.4.1996 bis 31.12.2006) erwiesen. Guggenberger hatte am Anfang seiner Karriere als Behördenleiter eine deutlich „agrargemeinschaftsfreundliche“ Rechtspolitik vertreten; Guggenberger verantwortete wesentlich die TFLG-Novelle 1998, welche auf eine „Stärkung des Wirtschaftskörpers Agrargemeinschaft“ abzielte (Gestattung von Grundverkäufen bis 2.000 m² ohne agrarbehördliche Genehmigung; Gestattung von Ausschüttungen aus der Agrargemeinschaft ohne agrarbehördliche Genehmigung; Erleichterungen bei der Teilung von Anteilsrechten usw).

Als die um Hermann Arnold im Club der Hofräte gebildete Gruppe der Kommunalisierer an Guggenberger herantrat, um diesen als Ausführungsorgan innerhalb der Agrarbehörde zu gewinnen, konnte Guggenberger offensichtlich nicht widerstehen: Er, der Bauernbub aus Kärnten (Oberdrauburg), der im Heimatdorf einen großen Bauernhof samt mehreren großen Agrargemeinschaftsbeteiligungen dem Bruder überlassen musste, der über Osttirol nach Innsbruck gekommen und immer Außenseiter war, sollte als „Gleicher unter den Hofräten“ eine wichtige Geige spielen!? Guggenberger, der seinen Geltungsdrang schon als Leiter der Grundverkahrabteilung vielfach unter Beweis gestellt hatte, ergriff mit Freude die Partei der Kommunalisierer. Ujnd so wurde er zu einem entschiedenen Gegner der Agrarier.

d) 2002:  2002 erschien die 2. Arbeit von Siegbert Morscher, Neues vom Gemeindegut, FG für Kurt Ebert zum 60. Geburtstag, 167 ff, eine Abhandlung, in welcher Morscher seine Überlegungen zur angeblichen Verfassungswidrigkeit der Institution „Gemeindegut“ und der Nutzungsrechte einer „privilegierten Gemeindearistokratie“ weiter „vertiefte“.

e) Juli 2004: Josef Guggenberger,  Leiter der Tiroler Agrarbehörde, veröffentlichte in seiner Eigenschaft als Agrarbehördenleiter das „Merkblatt für die Gemeinde Tirols Nr. 25, Aktuelle Gedanken zu Gemeindegut und Agrargemeinschaft“, offensichtlich eine Gemeinschaftsarbeit jener Gruppe von Kommunalisiern, die sich um Hermann Arnold  im sogenannten „Club der Hofräte“ gebildet hatte. Es wurde hier jene Rechtsauffassung entwickelt, welche aus der Diskussion um das Agrareigentum einen Sturm entfachen sollte.

Theoretischer Ansatzpunkt ist wiederum eine für den historischen Tiroler Raum unterstellte kaiserliche Schenkung im Jahr 1847 an die „politische Gemeinde“; Gegenstand dieser Schenkung sei das landesfürstliche Obereigentum an den Gemeinschaftsliegenschaften der jeweiligen Nachbarschaften (= Allmenden) gewesen. Eine „Allmend-Allodifikation“ (= Entlastung der Gemeinschaftsliegenschaften vom landesfürstlichen Obereigentum) hätte demnach in Tirol nie stattgefunden. Das landesfürstliche Obereigentum an den Gemeinschaftsliegenschaften der Nachbarn sei nicht zu Gunsten der Nachbarschaften als Nutzungseigentümer aufgegeben worden. Vielmehr seien die feudalen Eigentumsstrukturen (hier Obereigentum, dort Nutzungseigentum) in Tirol in der Variante aufrecht erhalten worden, dass die heutigen Ortsgemeinden als neue Träger des ehemals landesfürstlichen Obereigentums eingeschaltet wurden.

Im Regulierungsverfahren sei – ganz im Sinne der These Morschers – Eigentum der Ortsgemeinde und Eigentum der Agrargemeinschaft festgestellt worden (Gemeindegutsfeststellung als Eigentumsfeststellung für die Ortsgemeinde neben der Eigentumsfeststellung für die Agrargemeinschaft).

f) 2005: Die Verfahren werden eröffnet!

aa) Auszugehen ist davon, dass bereits das von Guggenberger als Agrarbehördenleiter im Jahr 2004 veröffentlichte „Merkblatt für die Gemeinden Tirols – Aktuelle Gedanken zu Gemeindegut und Agrargemeinschaften“ eine Gemeinschaftsarbeit jener Gruppe von Kommunalisiern war, die sich um Hermann Arnold  im so ganannten „Club der Hofräte“ gebildet hatte. Als anwaltliches Ausführungsorgan hatte man Andreas Brugger ausgewählt, der als regelmäßiger Vertreter von Agrargemeinschaften über ein Naheverhältnis zur Sachmaterie verfügte. Gemeinschaftlich hatte man sich mehrere Varianten erdacht, wie mit dem Märchen vom gestohlenen Gemeindegut die Regulierungsarbeit der Tiroler Agrarbehörde unterlaufen werden könnte. Unter den Bürgermeistern war Peter Schönherr von Neustift, gerade in das Amt gekommen (2004), die Speerspitze!

bb) Anfang April 2005 stellte die Ortsgemeinde Neustift, vertreten durch Dr. Andreas Brugger,  beim Grundbuchgericht den Antrag, „das Grundbuch richtig zu stellen und bei den agrargemeinschaftlichen Liegenschaften in Neustift das Eigentumsrecht für die Ortsgemeinde Neustift einzutragen – ein Antrag, der bis zum Obersten Gerichtshof erfolglos blieb (mehr dazu).

bb) Noch im März 2005 hatte die Kommunalisierer für die Ortsgemeinde Neustift ein Verfahren beim VfGH anhängig gemacht. Unter den diversen Bescheiden, die im Regulierungsverfahren der AGM Neustift ergangen waren, hatte Guggenberger den einen herausgesucht, der keinem Rechtsmittel unterlag und deshalb unmittelbar dem Rechtszug an die Höchstgerichte unterlag: Der Bescheid vom Juli 1960, mit welchem die Gemeindeaufsicht bem Amt der Landesregierung für das Regulierungsverfahren einen Vertreter der Gemeinde bestellt hatte.  Im März 2006 hat der VfGH den Wiedereinsetzungsantrag samt der Verfassungsgerichtshofbeschwerde zurück gewiesen.  (mehr dazu)

Zeitlich später haben die Ortsgemeinde Mieders, die Ortsgemeinde Trins und die Stadtgemeinde Imst gleichlautende Anträge gestellt. Die verbrechen der Agrarbehörde sollten korrigiert werden. Im Jahr 2006 hat der  VfGH allen vier Verfahren den Erfolg versagt. Die Primär-Strategie der Kommunalisierer, Enteignung und Amtsmissbrauch zu behaupten, war gescheitert. (mehr dazu)

cc) Parallel zu den Anträgen an den Verfassungsgerichtshof wurden Anträge an die Agrarbehörde vorbereitet – jedenfalls für die Ortsgemeinde Mieders (gegen Agrargemeinschaft Mieders) und für die Ortsgemeinde Trins (gegen Agrargemeinschaft Trins). In diesen Anträgen wurde unter anderem Wiedereinsetzung in diverse Rechtsmittelfristen begehrt, die vor Jahrzehnten abgelaufen waren. Um den Bürgermeistern Anlass zu geben, Andreas Brugger  anwaltlich zu beauftragen, veranstalteten die Kommunalisierer Fake-News in der Tageszeitung: Hermann Arnold behauptete in der Tageszeitung, dass es ein neues Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes geben würde, wonach die Agrarier aufgrund eines Irrtums  Grundkaiser wären. Er hätte sich als junger Jurist missbrauchen lassen, die politischen Ortsgemeinden zu enteignen! (mehr dazu) Das Interview mit Hermann Arnols ist am 25.5.2005 in der Tageszeitung erschienen. Bezeichnend, dass sowohl die Ortsgemeinde Mieders, als auch die Ortsgemeinde Trins im jeweiligen Wiederaufnahmeantrag ausgerechnet am 08.06.2015 bei der Behörde eingebracht haben (binnen 14 Tagen) und sich darin darauf berufen, dass ihnen durch das Arnold-Interview erst bewusst wurde, das in der Vergangenheit versäumt worden sei.

dd) Diese verfahrensrechtliche Vorgehensweise wurde durch öffentlichkeitswirksame Maßnahmen unterstützt – allen voran mit politischen Statements, die Josef Guggenberger für Georg Willi, GRÜNE, vorbereitete. Beispielsweise forderte Georg Willi in einem KURIER-Interview am 23. April 2015, dass das „Eigentum zurück geht“ an die Ortsgemeinden. Im Auftrag des GRÜNEN Landtagsklubs erstellte Karl Weber, auf Grundlage der Thesen von Siegbert Morscher ein Rechtsgutachten; ein Entwurf für eine Änderung des TFLG wurde vorgelegt. Hannes Gschwentner, Tiroler SPÖ, blies in dasselbe Horn – soweit rechtlich möglich, sollte das Eigentum an die Ortsgemeinden „rückübertragen“ werden! Auch der Bürgermeister von Lans, Dr. Peter Riedmann, tat sich mit markigen Worten gegen das agrargemeischaftliche Eigentum hervor.

ee) Es folgten in Tirol öffentliche Diskussionsveranstaltungen zu diesem Thema, wobei auch die Juristen des Tiroler Bauernbundes die Idee vom Tiroler Landesherrn als historischem Wohltäter der politischen Ortsgemeinde bedauerlicher Weise übernommen haben. Oberste Bauernvertreter Tirols haben eine vermeintliche Verteidigungsposition derart formuliert, dass jedermann gewusst hätte, dass das Eigentum ursprünglich der „Gemeinde“ zugeordnet war; die rechtskräftige Eigentumszuordnung an die in den Agrargemeinschaften organisierten Nutzungsberechtigten sei deshalb allgemein akzeptiert gewesen.

Im Tiroler Bauernbund setzte man auf die Rechtskraft der betreffenden Bescheide.

g) 2007: Eine Anfrage von Tiroler Abgeordneten zum Nationalrat an den Landwirtschaftsminister betreffend „Beseitigung verfassungswidriger Vorrechte in Bezug auf Nutzung und Verwaltung des Gemeindegutes“, wurde im September 2007 mit einer Absage an den Gedanken der „Rückübertragung des Eigentumsrechtes“ unter Hinweis auf die unanfechtbaren Behördenakte erledigt (Anfragebeantwortung von Bundesminister Josef Pröll, 1233/AB 23. GP ).

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Max Paua

 

Guggenberger 2004: Merkblatt für die Gemeinden Tirols

Merkblatt für die Gemeinde Tirols
Nr. 25

Aktuelle Gedanken zu Gemeindegut und Agrargemeinschaften

Agrargemeinschaften sind moderne Wirtschaftsbetriebe, die historische Bindungen und öffentliche Interessen mitberücksichtigen müssen; für Agrargemeinschaften besteht eine gewisse Sozialpflichtigkeit.

Etwas zur Geschichte der agrarischen Nutzungen in Tirol

Agrarische Nutzungsrechte sind nur rechtsgeschichtlich und nur aus den früheren bäuerlichen Verhältnissen heraus verständlich. In der heutigen Agrarstruktur wirken noch Verhältnisse nach, die seit der vorgeschichtlichen Besiedlung und vor allem nach der Landnahme durch die Bajuwaren den Tiroler Alpenraum geprägt haben. Am Beginn der bajuwarischen Besiedlung im Tiroler Unterland kam sippenrechtlichen Verbänden eine große Bedeutung zu. An ihre Stelle oder neben sie trat später die Nachbarschaft, die Gemeinde oder die Markgenossenschaft mit Bindungen für die Feldbestellungen (Flurzwang), den Viehauftrieb, die Wegerhaltung und Rodungen. Die Formen der Bewirtschaftung blieben sich Jahrhunderte lang völlig gleich, auch wenn sich die Zusammensetzung der Bevölkerung änderte.

Der rätische Charakter prägt den Westen Tirols, der lange Zeit unter dem Einfluss des Bistums Churrätien stand. Dort findet man Siedlungen und Realteilungsgebiete. Alemannen oder Schwaben besiedelten das Außerfern; Weilersiedlungen und große Markgenossenschaften, die sich in gemeinsamer Dingstätte, Pfarrkirche und in gemeinsamem Besitz von Weiden, Almen und Wäldern (Pfarrgemeinden) äußerten, sind dort kennzeichnend.
Während gewisse hofnahe Flächen in Sondernutzung des jeweiligen Hofes standen, konnte in der Allmende („Gemain“) jeder Siedler Vieh auftreiben, Holz fällen, Jagd und Fischerei betreiben. Wenn in den Regulierungen eine Fixierung der Mitglieder auf den Kreis allein von Bauern erfolgt ist, wenn in den Agrargemeinschaften heute die praktizierenden Bauern nur mehr eine Minderheit darstellen und wenn andererseits heute sich die Gemeindebevölkerung durchwegs vervielfacht hat und sich aus verschiedenen anderen und im Vergleich mit der Geschichte auch neuen Berufsgruppen zusammensetzt, dann ist nicht ganz einsichtig, wie fallweise argumentiert wird, dass die Gemeinde und ihre verschiedenen Bewohner von der Gemeindegutsnutzung durch die erfolgte Regulierung mit Eigentumsübertragung an die Agrargemeinschaften und durch die Fixierung der Mitglieder auf einen historischen Mitgliederkreis ein für alle Mal und für alle Zukunft von jeder Nutzung an diesem historischen Gemeinschaftsgut abgeschnitten worden sind. Eine gewisse Durchlässigkeit in den Mitgliedschaften zu den heutigen Agrargemeinschaften erscheint daher geboten.

Die Besitzer der alten Höfe waren bemüht, neu Hinzukommende nicht in die Gemeinschaft zu lassen (Einkaufsregelungen!), mögliche Neue jedenfalls von der Allmendnutzung möglichst auszuschließen. Auch heute, trotz völlig veränderter wirtschaftlicher, vor allem landwirtschaftlicher Gegebenheiten zeigt sich solches Bemühen gleichermaßen, wenn es um den Erwerb von Mitgliedschaften in Agrargemeinschaften durch Nichtmitglieder geht. Leute, die keinen Grundbesitz oder kein richtiges Bauerngut besaßen, nannte man früher Söllleute (Ungenossen, Ingehäusen, Kleinhäusler). Sie verdienten ihren Unterhalt im Bergbau, als Handwerker oder als Tagelöhner. Der Durchschnitt, die Zahl der Haushalte (= Feuerstätten) haben sich in der Zeit von 1300 bis 1800 verdoppelt. Die Siedlungen wurden größer, immer mehr Flächen mussten gerodet werden, Höfe wurden in immer größere Höhen hin angelegt (besonders die Schwaighöfe mit vorwiegend Viehhaltung). Die Zunahme der Bevölkerung in Bergwerkszentren steigerte wiederum die Nachfrage nach Bau- und Brennholz. Immer wieder musste so zwischen verschiedenen Ansprüchen ein Ausgleich oder eine Abgrenzung gefunden werden. Solche Regelungen erfolgten teils durch die Dorfgenossen (die Gemeinde), teils durch die Gerichte und durch den Landesfürsten. In erster Linie galt es natürlich, den Haus- und Gutsbedarf der einzelnen Höfe zu sichern. Der Regelung der Weide- und Holznutzungen dienten typisch mittelalterliche Rechtsinstitute, nämlich Zwangsrechte wie Alpzwang, Hutzwang und das Weiterbestehen des Flurzwanges (einheitliche Bestellung der Ackerflur). Der Maßstab für die Teilnahme an der Weidenutzung war grundsätzlich die Zahl des auf dem Hof überwinterten Viehs, für die Holznutzung der Hausbedarf.

Die seinerzeitigen herrschaftlichen oder genossenschaftlichen Regelungen lassen sich nicht mit den modernen Begriffen des Eigentums, der Dienstbarkeiten und der staatlichen Gewalt klar abgrenzen und beschreiben. Die deutsch-rechtliche Gewere ließ eine Teilung der Sachherrschaft sowohl der Substanz wie auch der Nutzung zu (Obereigentum und Nutzungseigentum). Seit der Rezeption drang durch die römisch-rechtlich geschulten Juristen in den Kanzleien der Landesfürsten der unbeschränkte Eigentumsbegriff vor. Neben genossenschaftlichen Waldnutzungsregelungen bestanden solche des Landesfürsten. Das Forstregal gab dem Landesfürsten die Befugnis, sein Recht an der Substanz der Wälder geltend zu machen und den Dorfgenossen nur mehr ein Nutzungsrecht für ihren Haus- und Gutsbedarf zuzugestehen. Diese Streitigkeiten darüber dauerten bis ins 19. Jahrhundert. Bei der Bauernerhebung um 1525/26 wurde unter anderem die freie Jagd, der freie Fischfang, die Freiheit des Waldes, der Weide und der Gewässer gefordert.

Man muss davon ausgehen, dass die Gemeinde vor dem 19. Jahrhundert bereits ein Bündel von Verwaltungsaufgaben zu erledigen hatte. Auch die Forschungen zur Rechtsgeschichte der Gemeinde bestätigen, dass die Selbständigkeit der Gemeinde weit ins Mittelalter zurückreicht und nicht nur auf rein land- und forstwirtschaftliche Nutzungsregelungen beschränkt war. Die Zuordnung der Berechtigung zur Nutzung erfolgt als Ausfluss bajuwarischer Rechtsauffassung zu einem Hof (= Stammsitzliegenschaft), also nach dem Territorialitätsprinzip; heute ist dies die bücherliche Einlagezahl. In Vorarlberg ist – ähnlich wie im übrigen alemannischen Einflussbereich – die Berechtigung weitgehend nach der Abstammung einer bezugsberechtigten (zur Gemeinde gehörigen) Person, also nach dem Personalitätsprinzip bestimmt.

Vom Gemeindegut zu den Agrargemeinschaften

In Durchführung einer kaiserlichen Entschließung vom 6. Februar 1847 wurden in zahlreichen Vergleichsprotokollen (Waldpurifikationstabellen) zahlreiche Waldungen an die einzelnen Gemeinden übergeben. Den Gemeinden in Tirol wurden dadurch allein etwa 266.000 ha Wald ins volle Eigentum überlassen. Sogenannte Waldzuweisungskommissionen wurden mit den Verhandlungen dazu beauftragt. Diese Vergleichsprotokolle bildeten später den Titel für die Eintragung des Eigentums der Gemeinden an solchen Wäldern im Grundbuch. Diese Wälder dienten durchwegs zur Ablösung bestehender Holznutzungsrechte oder zur Bereinigung der Eigentumsstreitigkeiten der Gemeinden. Durch diese Urkunden (Vergleichsprotokolle, Waldzuweisungs-urkunden, Forsteigentumspurifikations-tabellen) erfasste Wälder sind als Gemeindegut anzusehen. Selbstverständlich gelten die Gemeindealmen, die späterhin in Tirol durchwegs ins Eigentum von Agrargemeinschaften übergingen, als Gemeindegut.

Aus dem Gemeindegut (Wälder, Almen und sonstige Liegenschaften) sind bei uns dann im Zuge agrarbehördlicher Regulierungen viele Agrargemeinschaften in Tirol hervorgegangen. Diesen Agrargemeinschaften ist von den politischen Gemeinden im Zuge der Regulierungen das grundbücherliche Eigentum übertragen worden. Diese Agrargemeinschaften sind heute „stolze“ Selbstverwaltungskörper; im öffentlichen Interesse, im Interesse der Mitglieder und im guten Zusammenwirken mit den Gemeinden werden Feld und Wald und Almen von vielen Agrargemeinschaften in unserem Land bewirtschaftet und verwaltet.

Das Gemeindegut nach der Tiroler Gemeindeordnung (§§ 68 ff)

Sachen und Rechte, über die die Gemeinde verfügungsberechtigt ist, und die Pflichten der Gemeinde bilden das Gemeindevermögen. Jener Teil des Gemeindevermögens, der der Deckung des Haus- oder Gutsbedarfes der nutzungsberechtigten Liegenschaften und der Bedürfnisse der Gemeinde dient, bildet das Gemeindegut. Die Nutzungsrechte am Gemeindegut haften an den berechtigten Liegenschaften. Die Gemeinde überwacht die Nutzungen nach der bisherigen Übung und sorgt für die ordnungsgemäße und zweckmäßige Ausübung der Nutzungen (§ 71 TGO). Die Gemeinde ist auch berechtigt, Ertragsfähigkeit u.a.) auf die berechtigten Liegenschaften nach sachlichen Merkmalen umzulegen. Die Gemeinde ist auch berechtigt, auf Grundstücken des Gemeindegutes lastende Nutzungsrechte aufzuheben, wenn dies für die Errichtung von infrastrukturellen Vorhaben oder von Anlagen, an deren Errichtung ein öffentliches Interesse besteht, erforderlich ist oder Verwirklichung von Zielen der örtlichen Raumordnung oder der Verbesserung der Agrarstruktur dient. Für die Aufhebung solcher Nutzungsrechte gebührt eine Entschädigung nur insoweit, als dadurch die Deckung des Haus- oder Gutsbedarfes nicht mehr gewährleistet erscheint. Die Bestimmungen über das Gemeindegut in der Tiroler Gemeindeordnung sind also eine geeignete Grundlage und gleichzeitig Verpflichtung der Gemeinden, Nutzungen am Gemeindegut weiterhin und auch ohne agrarbehördliche Regulierung mit Übertragung des bücherlichen Eigentums an neu zu gründende Agrargemeinschaften, sicher zu stellen.

In Vorarlberg ist mit 8. Juli 1998 ein Landesgesetz über das Gemeindegut (LGBl Nr. 49/1998) in Kraft getreten. Der Vorarlberger Landesgesetzgeber geht davon aus, dass das Gemeindegut im Eigentum der politischen Gemeinden steht und bleibt. Das Gemeindegut wird in der „Gemeindestube“ verwaltet. Die Gemeinde hat dafür zu sorgen, dass die Nutzung und Erhaltung des Gemeindegutes entsprechend den Bestimmungen dieses Gesetzes erfolgt. Die Gemeindevertretung kann durch Verordnung Satzungen über die Nutzung des Gemeindegutes erlassen. Die Regulierungen durch die Agrarbehörde mit Eigentumsübertragungen an neu gegründete Agrargemeinschaften wurden in den letzten Jahrzehnten in Tirol deshalb durchgeführt, weil man der Meinung war, so die Nutzungen für die Berechtigten am besten für alle Zukunft abzusichern.

Bedeutung und Zweck der Agrargemeinschaften

In Tirol gibt es zusammen rund 2.000 regulierte und nicht regulierte Agrargemeinschaften. In unserem Land sind an Agrargemeinschaften etwa 30.000 bis 40.000 Mitglieder (Stammsitzliegenschaften) beteiligt. Leider sind uns etwa 3/4 jener Bauern heute verloren gegangen, die noch zum Zeitpunkt der Regulierung unserer Agrargemeinschaften (vornehmlich in den Sechziger- und Siebzigerjahren) Bauern und Bewirtschafter einer Landwirtschaft waren. Die Agrargemeinschaften sind ungeachtet dessen bestrebt, „Neue nicht hereinzulassen“; hier musste der Gesetzgeber eingreifen. Wenn ein neuer Bauer die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, dann muss er auch ein Anteilsrecht an einer Agrargemeinschaft von einem verkaufswilligen Mitglied kaufen können, ohne dass er der manchmal willkürlichen Ablehnung und Ausgrenzung durch die bestehende Agrargemeinschaft bzw. durch die derzeitigen Mitglieder ausgesetzt ist. Die agrarbehördliche Bewilligung für eine Absonderung zu einem käuflichen Erwerb eines Anteilsrechtes und damit der Erwerb einer Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft hängt künftig hin nicht mehr auf „Gedeih und Verderb“ davon ab, ob eine Agrargemeinschaft dem Erwerb einer Mitgliedschaft durch ein Nichtmitglied ihre Zustimmung erteilt oder diese versagt. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen mussten den aktuellen geänderten Verhältnissen angepasst werden.

Die einzelne Agrargemeinschaft verfügt im Regelfall über mehrere Hundert Hektar und teilweise über mehrere Tausend Hektar vorwiegend Waldungen, Almen, landwirtschaftliche Nutzflächen und Sonstiges. Agrargemeinschaften stellen im Regelfall potente Wirtschaftspartner in der Land- und Forstwirtschaft und auch in anderen Wirtschaftsbereichen dar. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn Agrargemeinschaften zB in Fremdenverkehrsgebieten beachtliche laufende Einnahmen aus Dienstbarkeitsverträgen oder durch den Betrieb von Fremdenverkehrseinrichtungen (Restaurants und Schihütten) oder Flächen für Schotterabbau zur Verfügung stellen oder häufig über verwertbare Baulandliegenschaften verfügen.

Aufgabe der Agrargemeinschaften ist es, einerseits ihren Mitgliedern, aber auch den Interessen der Landeskultur durch Bewahrung des Vermögens der Agrargemeinschaften in einer den zeitgemäßen Interessen der Landeskultur entsprechenden Art und Weise sowie durch zweckmäßige Bewirtschaftung des Gemeinschaftsvermögens zu dienen. Über die Einrichtung und Tätigkeit der Agrargemeinschaften wurde durch die Tiroler Agrarbehörde eine Mustersatzung ausgearbeitet. Diese wird über Antrag den Agrargemeinschaften durch die Agrarbehörde verliehen. Über die Befriedigung der Ansprüche ihrer Mitglieder hinaus haben die Agrargemeinschaften Aufgaben vor allem auch im öffentlichen und im allgemeinen Interesse zu erfüllen; so liegt etwa die ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung nicht nur im Interesse der Agrargemeinschaftsmitglieder; die Schutz- und Erholungsfunktion kommt auch der Allgemeinheit zugute. Genauso ist es mit der Alpsbewirtschaftung; diese erfolgt auch im Interesse der Tiergesundheit, der Produktion gesunder Nahrungsmittel, des Schutzes vor Lawinen und Murbrüchen, der Erhaltung der Landschaft u.v.a.m. Aus dieser Funktion im öffentlichen Interesse heraus hat der Gesetzgeber Agrargemeinschaften eben nicht als private Vereine, sondern vielmehr als Körperschaften öffentlichen Rechtes eingerichtet.

Im Zuge von Regulierungsverfahren haben viele Agrargemeinschaften von den Gemeinden auch das grundbücherliche Eigentum am Gemeindegut erhalten; der Verfassungsgerichtshof sieht dies anders

Vor allem in den Sechziger-, Siebziger- und Achtzigerjahren wurde eine große Zahl von agrarbehördlichen Regulierungsverfahren durchgeführt; diese betrafen vornehmlich die frühere Allmendenutzung bzw. das spätere Gemeindegut. In den Regulierungsverfahren erfolgte die Fixierung auf einen historischen Benützerkreis als Mitglieder der neu gebildeten Agrargemeinschaften. Dieser Benützerkreis (Agrargemeinschaftsmitglieder) konnte seit dieser Zeit nicht mehr verändert und schon gar nicht erweitert werden. Im Zuge von Regulierungsverfahren haben viele Tiroler Gemeinden das Eigentum an ihrem Gemeinde(Fraktions-Ortschafts-)gut an die neu gegründeten Agrargemeinschaften übertragen. Noch im Jahre 1994 hat zB der Gemeinderat von Berwang im Bezirk Außerfern der Übertragung des gesamten grundbücherlichen Eigentums der politischen Gemeinde am Gemeindegut an Agrargemeinschaften in Berwang im Zuge des agrarbehördlichen Regulierungsverfahrens die Zustimmung gegeben. Die Zustimmung zur Eigentumsübertragung ist im Zusammenhang mit der damals bevorstehenden Gemeinderatswahl gestanden. Das Regulierungsverfahren bestand wesentlich darin, dass das Eigentum am Gemeindegut an die neu zu gründende Agrargemeinschaft in der Gemeinde Berwang übertragen wurde. Rindvieh haltende Bauern gibt es in Berwang keine mehr! Als Grundlage für die Eigentumsübertragungen in vielen Gemeinden diente die Überlegung, die politischen Gemeinden seien aus der Geschichte heraus nur Treuhänder des bücherlichen Eigentums am Gemeindegut für die Nutzungsberechtigten; in Wirklichkeit gehöre das Eigentum den Nutzungsberechtigten.

Der Verfassungsgerichtshof ist in seiner Entscheidung vom 1. März 1982, G35, 36/81-29, G83, 84/81-16, dieser Auffassung entgegengetreten, die politische Gemeinde fungiere aufgrund der geschichtlichen Entwicklung des Gemeindegutes gleichsam nur als Vertreter oder Treuhänder der Nutzungsberechtigten und diese, die Mitglieder der alten Realgemeinde oder die von ihnen gebildete Gemeinschaft seien die wahren (materiellen) Eigentümer des Gemeindegutes. Diese Auffassung, so die Argumentation des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), finde aber in der tatsächlichen Entwicklung des Gemeinderechtes keine Stütze. Es sei einzuräumen, so der Verfassungsgerichtshof weiter, dass im Zuge der Überleitung des alten Gemeindegutes in die neue Gemeindeverfassung nach 1848 aus dem Eigentum der alten Realgemeinde häufig Eigentum der Nutzungsberechtigten entstanden sei. Es mag dahingestellt bleiben, so führt der VfGH weiter aus, ob diese Vorgänge den damals geltenden Vorschriften entsprochen haben. Was nämlich zum Gemeindegut im Sinne der nach dem Reichsgemeindegesetz 1862 erlassenen Gemeindeordnung geworden sei, sei – bei allem Vorbehalt überkommender Nutzungsrechte – wahres Eigentum der neuen (politischen) Gemeinde geworden, die übrigens auch verschiedene Lasten übernommen habe, von denen die Realgemeinde betroffen gewesen sei. (vgl. dazu auch Siegbert Morscher. „Gemeindenutzungsrechte am Gemeindegut“, in der Zeitschrift für Verwaltung, Februar 1892, Heft 1, sowie Siegbert Morscher in FG Ebert (2002), 167-179, „Neues im Gemeindegut“). Heute sind Gemeinden nicht mehr bereit, ihr bücherliches Eigentum an Gemeindegutsflächen im Zuge von Regulierungsverfahren zugunsten von Agrargemeinschaften aufzugeben.

Durch die Abtretung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaften wurden nicht nur die Nutzungsansprüche zum Bezug von Brenn- und Nutzholz und zur Ausübung der Weide auf dem Gemeindegutsgebiet „sichergestellt“; dies müssten die Gemeinden, wären sie weiterhin bücherliche Eigentümer des Gemeindegutes geblieben, natürlich auch heute weiterhin gewährleisten; in den bereits angeführten Bestimmungen über das Gemeindegut in der Tiroler Gemeindeordnung, wie auch im Gesetz über das Gemeindegut in Vorarlberg ist dies eingehend geregelt.

Durch die Übertragung des Eigentums an Agrargemeinschaften kommen diesen Agrargemeinschaften neben den überkommenden Nutzungen in Weide und Holz für die Mitglieder auch die aus dem nunmehrigen (von den Gemeinden übertragenen) Eigentum fließenden weiteren Nutzungen zugute: Die Agrargemeinschaften verfügen über (frühere) Gemeindegutsflächen, die heute für Gewerbe- oder Industriegebiet, für Schottergruben, für die Schaffung von Bauland, für Wege- und Parkflächen und sonstige Anliegen der örtlichen oder überörtlichen Raumordnung in Anspruch genommen werden müssen. Verkaufserlöse, Pachtzins und andere Entschädigungen gehören den Agrargemeinschaften. Genauso kommen die Dienstbarkeitsentschädigungen für Liftanlagen und Schiabfahrten auf dem Eigentum der Agrargemeinschaften heute den Agrargemeinschaften zu, weil sie über das bücherliche Eigentum verfügen. Auf ihrem Eigentumsgebiet betrieben die Agrargemeinschaften in Tourismusgebieten fallweise gewerbliche Betriebe wie Restaurants und Schihütten. Die Einnahmen stehen den Agrargemeinschaften zu. Entschädigungen für Mountainbikerouten auf Agrargemeinschaftsgebieten kommen den Agrargemeinschaften zu. Das Jagdrecht ist ebenso Ausfluss des Eigentumsrechtes. Jagdpachterlöse für das Eigentumsgebiet von Agrargemeinschaften stehen den Agrargemeinschaften zu. Wenn Wege angelegt werden oder Schottergruben auf Agrargemeinschaftsgebiet errichtet werden, so stehen Entschädigungen und Verkaufserlöse daraus ebenso den Agrargemeinschaften zu; sie sind eben im Zuge von agrarbehördlichen Regulierungen volle Eigentümer des ehemals im bücherlichen Eigentum der politischen Gemeinden gestandenen Gemeindegutes geworden. Einzelne Gemeinden in Tirol haben im Zuge agrarbehördlicher Regulierungsverfahren zwar die Verwaltung der alten Nutzungen, nicht aber ihr Eigentumsrecht an Agrargemeinschaften übertragen; sie sind weiterhin bücherliche Eigentümer des Gemeindegutes geblieben. Dadurch stehen in diesen wenigen Gemeinden in Tirol die aus dem bücherlichen Eigentum her rührenden Eigentumsnutzungen am Gemeindegut auch heute noch der politischen Gemeinde zu. Einen Teil dieser Entschädigungen stellen die Gemeinden allerdings den Agrargemeinschaften, die die Verwaltung über die Gemeindegutsnutzungen übernehmen, zur Verfügung. Dadurch ersparen sich diese Gemeinden Verwaltungskosten, die die politische Gemeinde bei der Verwaltung und Bewirtschaftung ihres Gemeindegutes ohnehin hätte.

Soweit die Gemeinden in den Regulierungsverfahren mit einem Anteil an den Agrargemeinschaften beteiligt wurden, so war dies ein Ausgleich für die in ihrem Gemeindegutsgebiet, vornehmlich als Holzbezüge erfolgten Nutzungen, die auch die Gemeinden selber am Gemeindegut nach alter Übung vorgenommen haben. Eine Abgeltung für die Abtretung des bücherlichen Eigentums am Gemeindegut an Agrargemeinschaften war darin regelmäßig nicht enthalten, wurde damals doch davon ausgegangen, dass das bücherliche Eigentum durch die politischen Gemeinden lediglich treuhänderisch für die Nutzungsberechtigten gehalten würde und das Eigentum daher in den Regulierungsverfahren (von der Gemeinde weg) für die Nutzungsberechtigten festzustellen wäre. Der VfGH, wie bereits festgehalten, vertritt einen grundlegend anderen Rechtsstandpunkt.

Neuere Entwicklung

Die Situation ist nun heute so, dass große Teile der Wälder und Almen niemand mehr bewirtschaften will. Die Öffentlichkeit muss beachtliche Mittel aufwenden, um die Waldpflege und die Walderschließung zu fördern. Dasselbe gilt für die Bewirtschaftung der Almen, wenn nur durch Almwirtschaftsprämien und sonstige Beihilfen und Zuschüsse die Almbewirtschaftung, die Almgebäulichkeiten und die Almerschließung sichergestellt bzw. erhalten werden können. Im Grundverkehr hat man erkannt, dass aus der Sicht des öffentlichen Interesses an der Waldbewirtschaftung eine gewisse Liberalisierung beim Erwerb von Waldflächen nur zu begrüßen ist; wer einen Wald bewirtschaften kann und dies auch tatsächlich tun will, soll ihn auch erwerben können. Es gibt nur zu viele, die ihren Wald nicht und nur schlecht bewirtschaften! Deshalb ist man im Grundverkehr davon abgegangen, dass einen Wald nur ein praktizierender Bauer kaufen kann. Die jüngste Rechtsprechung des EuGH zwingt uns auch im Grundverkehr (zumindest in der Frage der Selbstbewirtschaftung und der Residenzpflicht) zu mehr Liberalität. Beim Teilwalderwerb wurde bei Teilwäldern auf Gemeindegrund eine Lösung gefunden, dass solche Teilwälder (ähnlich wie beim Waldkauf im Grundverkehr) auch von Nichtbauern erworben werden können. Es war nämlich oft nicht verständlich zu machen, wenn Interessenten beim Erwerb eines Teilwaldrechtes bei der Agrarbehörde „höheren Hürden“ ausgesetzt sein sollten, als beim Erwerb eines Privatwaldes im Grundverkehr. Vor allem bei reinen Waldagrargemeinschaften ist oft nicht verständlich zu machen, warum jemand vom Erwerb einer Beteiligung an einer Waldagrargemeinschaft ausgeschlossen bleiben soll, wenn ein Erwerber die für eine Waldbewirtschaftung nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten und den Willen zur Bewirtschaftung besitzt. Jedermann hat das Recht, so wurde in diesem Zusammenhang von Juristen oft argumentiert, in einem Gemeinschaftshaus eine Eigentumswohnung zu erwerben. Es stellt einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die freie Verfügung über das Eigentum und letztlich eine nicht sachlich gerechtfertigte Differenzierung dar, so die Argumentation weiter, wenn der Erwerb einer Agrarbeteiligung unabdingbar von einer Zustimmung oder von einem Vorkaufsrecht der Agrargemeinschaft oder gar deren einzelnen Mitgliedern abhängig gemacht würde. Wenn der Gesetzgeber nunmehr den Agrargemeinschaften lediglich ein Anhörungsrecht gibt, wenn Anteilsrechte erworben werden (siehe dazu später), so ist diese Lösung geradezu zwingend; das „Zusammenleben“ von Wohnungseigentümern in einen Wohnblock ist viel enger „verflochten“, wie dies etwa unter Mitgliedern einer Agrargemeinschaft ist. Es wäre aber schon verfassungsrechtlich nicht vertretbar, wenn der Gesetzgeber etwa bei einem Wohnungserwerb diesen Eigentumserwerb vom Zustimmungsrecht, von einem Anhörungsrecht oder von einem Vorkaufsrecht anderer Miteigentümer und Wohnungsbesitzer an bzw. in dieser Liegenschaft abhängig machen würde. Dasselbe muss natürlich auch für Agrargemeinschaften, bei einem Anteilserwerb an denselben, Geltung haben. Selbstverständlich soll und muss der Erwerber einer Agrarbeteiligung einen zumindest kleinen Landwirtschaftsbetrieb haben, womit das Anteilsrecht als künftige Stammsitzliegenschaft verbunden werden kann. Um jedem Irrtum vorzubeugen, eine agrarbehördliche Bewilligung zum Erwerb einer Agrarbeteiligung wird weiterhin erforderlich sein müssen. Nur so kann die Erreichung der gesetzlichen Zielsetzungen gewährleistet werden.

Die Regulierung brachte ein Abgehen vom Haus- und Gutsbedarf. Die Regulierung brachte eine Fixierung auf einen historischen Mitgliederkreis in den Agrargemeinschaften. Die Höhe des Anteiles jedes Mitgliedes wurde ebenso fixiert. Eine „Durchlässigkeit“ im Mitgliederkreis der Agrargemeinschaften ist seit der Regulierung nicht mehr gegeben. Eine gewisse Durchlässigkeit hingegen war bei den Nutzungen zur Zeit der Allmendenutzung wie bei der Nutzung am Gemeindegut noch durchaus üblich. Die praktizierenden Bauern in den Agrargemeinschaften sind heute leider oft nur mehr eine kleine Minderheit. Trotzdem wehrt man sich, dass neue Mitglieder als praktizierende Bauern in die Agrargemeinschaften kommen dürften. In diesem Ansinnen sind sich die Agrargemeinschaftsmitglieder, ob praktizierende Bauern oder nicht, durchwegs einig. Letztlich hat diese (heute gewiss verfehlte) Grundhaltung so mancher Agrargemeinschaften und ihrer Mitglieder ihre Überlegung darin, dass ihnen im Zuge der Regulierungsverfahren auch das Eigentumsrecht und damit alle die aus dem Eigentum ableitbaren weiteren Nutzungen an all diesen Liegenschaften in deren volle Verfügung übertragen wurden. Auf diesen Umstand scheint die heutige neue Generation von Agrargemeinschaftsvertretern und -Mitgliedern fallweise bei so manchen Entscheidungen, wenn etwas zu viel Egoismus zum Tragen kommt, eher zu wenig Bedacht zu nehmen.

Agrargemeinschaften auch in sozialer Verantwortung

Man muss aus der Sicht der Nutzungsberechtigten heute froh sein, dass die Tiroler Gemeinden im Zuge von agrarbehördlichen Regulierungsverfahren den Agrargemeinschaften ihr Gemeindegut ins Eigentum übertragen haben. Dadurch verfügen die Agrargemeinschaften in unserem Land über ansehnlichen Liegenschaftsbesitz. Dass diese Entwicklung in unserem Land möglich wurde, hatte den Grund darin, dass in der Politik wie auch in der Verwaltung im Interesse der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Betriebe, wenn man das im gegebenen Zusammenhang so formulieren darf, damals in den Jahrzehnten der Regulierungen weit voraus gedacht wurde. Die Agrargemeinschaften und damit der fixierte Kreis der Mitglieder wurden von der „Gemeindestube“ durch die Übertragung des Eigentumes am Gemeinde(Fraktions-, Ortschafts-)gut in das bücherliche Eigentum von Agrargemeinschaften gut „behandelt“. Gerade angesichts dieser Tatsache tun die Agrargemeinschaften gut daran, der Gemeinde und der Gemeindeöffentlichkeit gegenüber nicht kleinlich zu sein; dies vor allem dann, wenn es um Grundabtretungen für Wege, für einen Sportplatz, für öffentliche Einrichtungen (vom Kindergarten bis zur Schule und zu den Vereinen), für den sozialen Wohnbau, auch wenn es um die Einräumung von Dienstbarkeiten, um die Anlegung von Loipen oder von Mountainbikerouten auf Wegen und Flächen der Agrargemeinschaften geht. Dasselbe muss auch im öffentlichen Interesse gelten, wenn Agrargemeinschaften in der Lage sind, Flächen für Gewerbe- und Industriebetriebe zur Schaffung von Arbeitsplätzen in einer Gemeinde anzubieten. Den Agrargemeinschaften kann man nur zustimmen, wenn sie Bauflächen für die örtlichen Häuslbauer zu günstigen Preisen zur Verfügung stellen. Die Agrargemeinschaften „funktionieren“ dann gut, wenn Partnerschaft auch und vor allem mit den Gemeinden geübt wird. Agrargemeinschaften sind auch „Kinder“ im Dorf. Es ist daher in der Praxis üblich, dass Agrargemeinschaften sich am dörflichen Leben durch kleinere Spenden an Vereine, ja auch zur Erhaltung von Gemeinschaftseinrichtungen, Kirchen und Denkmälern beteiligen. Eine gewisse Großzügigkeit der Gemeinde gegenüber und im öffentlichen Interesse erscheint aus den dargelegten historischen „Wurzeln“ der sogenannten Gemeindeguts-Agrargemeinschaften heraus, soweit sie dazu in der Lage sind, naheliegend und gerechtfertigt.

Dem Rückgang der Bauern folgen neue Interessensgegensätze in den Agrargemeinschaften

Durch die Regulierungen mit der Übertragung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaften verfügen die Agrargemeinschaften nunmehr über beachtliche Vermögenswerte in unserem Land. Im Zuge der Regulierung von Gemeindeguts-Agrargemeinschaften, vornehmlich in den Sechziger-, Siebziger- und Achtzigerjahren ist die Übertragung des Eigentums an Agrargemeinschaften von den Gemeinderäten durchwegs auch deshalb für richtig befunden und beschlossen worden, weil sich damals die Gemeinderäte noch mehrheitlich aus Bauern zusammensetzten. Heute hat sich das Bild grundlegend geändert. In den Gemeinderäten sind die Bauern in der Minderzahl. Dasselbe Bild zeigt sich in der Bevölkerungsstruktur und leider auch in unseren Agrargemeinschaften; 3/4 und teilweise mehr von den in den Sechziger- und Siebzigerjahren noch vorhanden gewesenen Bauern sind uns „verloren“ gegangen; die Bewirtschaftung von Bauernschaften und die Viehhaltung wurden aufgegeben. Nur mehr ein kleiner Teil der Mitglieder in den Agrargemeinschaften bewirtschaftet noch selber eine Stammsitzliegenschaft, einen landwirtschaftlichen Betrieb. Vorwiegend in großen Agrargemeinschaften treten Interessensgegensätze auf: Die verbliebenen Bauern zB wollen die verfügbaren gemeinschaftlichen Mittel für Alpsgebäude, zur Wegerhaltung, zur Waldpflege, zur Zäunung, für Grund- und Maschinenankäufe und für andere Gemeinschaftsinvestitionen verwenden. Die Bauern sind daran interessiert, dass der Hirte aus der Gemeinschaftskasse bezahlt wird und dass der Alpszins möglichst gering gehalten wird. Wenn AMA-Zahlungen an die Agrargemeinschaft aufgeteilt werden sollen, dann sollten diese nur an die viehhaltenden Mitglieder erfolgen, ein aus bäuerlicher Sicht gewiss wünschenswerter Rechtsstandpunkt der leider nicht immer zu halten ist (Ausschüttungen müssen nach den fixierten Anteilen an alle Mitglieder erfolgen). Die Nichtbauern hingegen haben vorrangig Interesse daran, dass „aus der Agrargemeinschaft etwas heraus schauen müsse“. Sie wollen, dass ein Teil der Gemeinschaftsgelder zur Verteilung gelangt. Almförderungen seien für gemeinschaftliche Investitionen zu verwenden und nicht an die Viehhalter zu verteilen.

Neue Bauern müssen in den Agrargemeinschaften willkommen sein,
wenn von einem aufgelassenen Betrieb der entbehrlich gewordene Anteil durch einen Bauern erworben wird

Wenn nun in den, vornehmlich aus dem früheren Gemeindegut hervorgegangenen Agrargemeinschaften die Bauern häufig nur mehr eine Minderheit sind, dann muss man froh sein, wenn eine Mitgliedschaft zur Agrargemeinschaft von einem neuen landwirtschaftlichen Betrieb in derselben Gemeinde erworben wird, mag dieser Betrieb an der Agrargemeinschaft auch bisher noch nicht beteiligt sein. Wurden und werden die Bauern in den Agrargemeinschaften immer (noch) weniger, so muss man vom öffentlichen Interesse her um jeden Bauern mehr in den Agrargemeinschaften nur froh sein. Gerade bei der gegebenen Situation der Bauern in unseren Gemeinden kann es nun nicht „Aufgabe“ der Agrargemeinschaften sein, landwirtschaftliche Interessenten vom Erwerb einer Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft abzuwehren und sie als neues Mitglied auszusperren. Persönliche und oft nicht sachliche Motive, Konkurrenz- und Machtdenken führten in der Praxis leider oft dazu, „echte“ Bauern vom Erwerb eines Anteilsrechtes an dieser oder jener Agrargemeinschaft abzuhalten. Der Geist der Solidarität, der Hereinnahme und Aufnahme eines neuen Bauern soll und muss der Haltung zur Ausgrenzung und Aussperrung weichen. Agrargemeinschaften sind Körperschaften öffentlichen Rechtes. Sie sind nicht private Vereine oder Kapital- oder Personengesellschaften des Handelsrechtes. In Privatgesellschaften wäre es möglich, die Hereinnahme neuer Mitglieder gesellschaftsvertraglich an Bedingungen zu knüpfen oder gar zu unterbinden. Unter Einhaltung der geltenden gesetzlichen Bedingungen im Tiroler Flurverfassungslandesgesetz ist und muss es aber möglich sein, als Bauer durch Ankauf einer Mitgliedschaft Mitglied in einer Agrargemeinschaft, eben einer Körperschaft öffentlichen Rechtes zu werden; allein auf den Willen und die Meinung der Agrargemeinschaft kann und darf es hier nicht ankommen. Es sind andere gesetzliche Kriterien einzuhalten. Zur Zeit der Verwaltung des Gemeindegutes durch die Gemeinden war ein „Kommen und Gehen“ im Kreis der Nutzungen und der Berechtigten am Gemeindegut möglich und üblich. Warum soll eine gesetzlich ohnehin beschränkte (eine Agrarbehördenbewilligung ist zum Anteilserwerb erforderlich) Durchlässigkeit heute in den regulierten Agrargemeinschaften nicht genau so möglich sein? Dies umso mehr, wo doch die Bauern als Mitglieder in den Agrargemeinschaften heute durchwegs nur mehr eine Minderheit sind!

Die Agrargemeinschaft ist eine Sach- und Personengemeinschaft. Die Agrargemeinschaft, das agrargemeinschaftliche Vermögen sind zweckgebunden und das Vermögen ist unter Einhaltung der gesetzlichen Grundlagen zu verwenden. Die gesetzliche Einrichtung der Agrargemeinschaften als Körperschaften öffentlichen Rechtes ist auch als sehr wesentlich im öffentlichen Interesse gelegen. Wenn ein bisheriges Mitglied sein Anteilsrecht nicht mehr braucht und dieses verkauft, dann muss es für einen erwerbenden landwirtschaftlichen Betrieb dieser Gemeinde auch möglich sein, eine solche Mitgliedschaft zur Verbesserung seines landwirtschaftlichen Betriebes erwerben zu können. Ein solcher Anteilserwerb bedarf ohnehin einer agrarbehördlichen Bewilligung. Die Agrarbehörde hat die Bewilligungsvoraussetzungen zu prüfen. In der dargestellten heutigen Situation kann es nicht Aufgabe der Agrargemeinschaften sein (die Viehhalter und Bauern sind dort überwiegend in der Minderheit), durch Rechtsmittel gegen Agrarbehördenbewilligungen und durch Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes (aus durchwegs nur egoistischen Motiven!) ansässige Bauern als mögliche neue Mitglieder in der Agrargemeinschaft auszusperren.

Das Zustimmungsrecht der Agrargemeinschaft zur Aufnahme
neuer Mitglieder ist überholt

Das Zustimmungsrecht der Agrargemeinschaft zum Erwerbe einer Mitgliedschaft wird zu Zeiten eine Bedeutung gehabt haben, als die Agrargemeinschaften von ihren Mitgliedern her noch ein „geschlossener Kreis“ von Bauern waren. Das trifft heute weit nicht mehr zu. Deshalb hat der Tiroler Landesgesetzgeber der nunmehr geänderten Situation für die Bauern in unseren Agrargemeinschaften Rechnung getragen mit der Novelle LGBl Nr. 77/1998 zum Tiroler Flurverfassungslandesgesetz wurde das Zustimmungsrecht der Agrargemeinschaft zum Erwerb einer Mitgliedschaft durch einen neuen Bauern derselben Gemeinde aufgehoben. In der weiteren Novelle LGBl Nr. 55/2001 hat der Tiroler Landesgesetzgeber klargestellt, dass die Agrargemeinschaft beim Erwerb eines Anteilsrechtes im agrarbehördlichen Bewilligungsverfahren lediglich anzuhören ist. Eine Agrargemeinschaft kann also einen von der Agrarbehörde bewilligten Anteilserwerb nicht mehr verhindern und auch nicht mehr durch Berufungs- oder Beschwerdeverfahren die Behördenbewilligung zum vereinbarten Anteilserwerb hinauszögern. Die Agrargemeinschaft ist im agrarbehördlichen Bewilligungsverfahren in jenen Fällen anzuhören, wenn aus der Sicht der betroffenen Agrargemeinschaft bei einem Anteilserwerb die Gefahr einer Anhäufung der Agrarbeteiligung beim Erwerber oder die Gefahr einer Zersplitterung des bestehenden Anteilsrechtes zum Nachteil der Agrargemeinschaft gegeben wäre. Von einer Anhäufung wird man aus der Sicht der Agrargemeinschaft dann sprechen müssen, wenn durch einen Hinzuerwerb einer Agrarbeteiligung die Gefahr besteht, dass der Erwerber nach dem Hinzuerwerb über ein so großes Anteilsrecht verfügte und damit die Agrargemeinschaft in den Versammlungen, aber auch bei der Verwaltung und Bewirtschaftung „dominieren“ könnte. Von einer für die Agrargemeinschaft abträglichen Zersplitterung könnte man dann reden, wenn ein Anteilsrecht so aufgesplittert würde, dass mit einem kleinen Anteilsrecht kaum mehr das Recht zur Teilnahme an der Weideausübung für ein Stück Rind gegeben wäre oder dass der Holzbezug für eine Stammsitzliegenschaft so verkleinert bzw. aufgesplittert würde, dass der Aufwand für die Verwaltung bei der Abwicklung des Holzbezuges zum Wert des Holzbezuges nicht in angemessenem Verhältnis stünde. Die Agrargemeinschaft hätte mehr mit ihrer Verwaltung Arbeit, als ein Holzbezug nach Aufsplitterung und wegen dessen Geringfügigkeit einer Stammsitzliegenschaft noch dienlich sein könnte. Solche Zersplitterungssituationen treten in der Praxis nicht auf; kleine Anteile werden schon nach den Vereinbarungen in Verträgen nicht noch weiter aufgeteilt. Die Gefahr der Anhäufung einer Agrarbeteiligung ist in der Praxis höchst selten vorkommend. Aus der Sicht der Bauernschaft, aber auch aus der Sicht des öffentlichen Interesses, muss man um jeden Bauern als neues Mitglied froh sein, wodurch der Kreis der – durch die wirtschaftliche Entwicklung ohnehin auf sehr wenige geschrumpften – praktizierenden Bauern in einer Agrargemeinschaft (durch Ausscheiden eines die Mitgliedschaft verkaufenden Nichtbauern) erweitert würde. Als die Gemeinde das Gemeindegut verwaltete, war es selbst damals durchaus üblich, dass nutzungsberechtigte Betriebe durch Zersplitterung untergegangen und damit ihre Nutzung im Gemeindegut verloren ging, andererseits aber neu entstandene Betriebe in der Gemeinde zu den Nutzungen im Gemeindegut zugelassen wurden.

Mit agrarbehördlicher Bewilligung müssen Anteilsrechte handelbar bleiben; die Agrargemeinschaft soll ihren Mitgliedern nicht ein Vorkaufsrecht für die Agrargemeinschaft „verordnen“, um so neue Mitglieder vom Anteilskauf abzudrängen

Unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und Voraussetzungen sollen agrargemeinschaftliche Anteilsrechte verkauft und gekauft werden können. Es kann nicht Aufgabe einer Agrargemeinschaft sein, für alle ihre Mitglieder bindend einen Mehrheitsbeschluss zu fassen, wonach im Falle eines Abverkaufes eines Anteilsrechtes, dieses Anteilsrecht der Agrargemeinschaft und/oder ihren Mitgliedern zur Ausübung eines Vorkaufsrechtes angeboten werden müsste. In den Bestimmungen des Tiroler Flurverfassungsgesetzes ist die Begründung eines Vorkaufsrechtes durch die Beschlussfassung in einem Organ der Agrargemeinschaft nicht vorgesehen. Ein Vorkaufsrecht könnte zwar vereinbart werden, das Vorkaufsrecht kann aber nicht im Wege eines Beschlusses erzwungen und so jedem Mitgliede im Verkaufsfall auf das „Aug“ gedrückt werden. Ein Mindestmitgliederstand in den Agrargemeinschaften muss erhalten bleiben! Es kann nicht Aufgabe der Agrargemeinschaften sein, den Mitgliederstand „zwangsweise“ in jedem Verkaufsfall zu reduzieren, wenn jeweils die Agrargemeinschaft aufkauft (nur das könnte ein durch die Gemeinschaft verordnetes Vorkaufsrecht zum Ziel haben), wenn andererseits ein tüchtiger Bauer anstelle des verkaufenden Mitgliedes in die Agrargemeinschaft hineinkommen möchte.

Agrargemeinschaften sind gut funktionierende Wirtschaftsbetriebe; die Ausschüsse sollen nach der Mustersatzung „Geschäftsführer“ der Agrargemeinschaften sein

Die Agrargemeinschaften müssen sich als Wirtschaftsbetriebe den rasant sich ändernden Gegebenheiten anpassen. Unsere Agrargemeinschaften sind selbstständig und eigenverantwortlich arbeitende Betrieb.

Im Rahmen von Gesetz und Satzung kommt den Agrargemeinschaften Selbstverwaltung, Autonomie und Eigenverantwortung zu. Als Wirtschaftsbetriebe müssen die Agrargemeinschaften gut organisiert sein. Agrargemeinschaften müssen oft rasch Entscheidungen treffen können, wie dies in der heutigen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung von Wirtschaftsbetrieben am Markt gefordert wird. Vor allem bei größeren Agrargemeinschaften muss daher dem Ausschuss dieser Agrargemeinschaften die Geschäftsführungsbefugnis für die Agrargemeinschaft zukommen. Die Vollversammlung hat die Ausschussmitglieder und die Rechnungsprüfer zu wählen. Die Wahl ist Vertrauens-, Verantwortungs- und Kompetenzübertragung an den Obmann, an die Ausschussmitglieder und sonstigen Funktionäre für die Gemeinschaft zu arbeiten und zu entscheiden. Dessen muss sich jedes Mitglied bei der (Aus)Wahl der Organe bewusst sein. Nur wenn man den Ausschussmitgliedern Verantwortung zutraut, dann sind erfahrene ältere und vor allem auch tüchtige jüngere Funktionäre zu haben. Die Mustersatzung der Agrarbehörde in Tirol beabsichtigt im Wesentlichen, dass der gewählte Ausschuss der Agrargemeinschaft als wichtiger Entscheidungsträger für die Agrargemeinschaft aufgewertet wird. Neben der Wahl sind wichtige Aufgaben, wie die Verteilung von Ertragsüberschüssen, die Entschädigung der Funktionäre, die Errichtung von und die Beteiligung an erwerbswirtschaftlichen Unternehmen, die größeren Grundverkäufe, die zB über eine Bauplatzgröße hinausgehen, solche Angelegenheiten sollen von der Vollversammlung besorgt werden. Im Übrigen hat aber der Ausschuss als geschäftsführendes Organ der Agrargemeinschaft zu entscheiden. Der Obmann hat der Vollversammlung über die Wirtschaftsführung und Gebarung der Agrargemeinschaft genau Bericht zu geben; dieses Informationsrecht der Mitglieder in der Vollversammlung über die Wirtschaftsführung und die Gebarung der Agrargemeinschaften ist in der Satzung ausdrücklich festgeschrieben.

Die Agrarbehörde ist Streitinstanz, die Funktionäre der Agrargemeinschaften arbeiten durchwegs sehr verantwortungsvoll

Ausschussbeschlüsse müssen ordnungsgemäß kundgemacht werden. Gegen jeden Ausschuss- wie auch Vollversammlungsbeschluss kann ein Agrargemeinschaftsmitglied eine an die Agrarbehörde gerichtete Aufsichtsbeschwerde beim Obmann der Agrargemeinschaft einbringen. Die Agrarbehörde führt die Aufsicht über die Agrargemeinschaften. Das Mitglied kann aber auch Gemeinschaftsbeschlüsse bei der Agrarbehörde beeinspruchen. Über Einsprüche hat die Agrarbehörde im Streit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zwischen der Gemeinschaft und einem Einspruchswerber zu entscheiden. In der Praxis zeigt sich, dass die Agrargemeinschaften schon in der Lage sind, ihre Dinge selber zu ordnen und gegensätzliche Meinungen in eigenen Reihen und ohne den ständigen „Ruf“ nach Streitentscheidungen durch die Agrarbehörde auszukommen.

Insgesamt ist festzuhalten, dass die Funktionäre in den Agrargemeinschaften in unserem Land durchwegs verantwortungsbewusst ihre Aufgaben im Interesse der vielen Agrargemeinschaften, aber auch im landeskulturellen Interesse wahrnehmen. Die agrargemeinschaftliche Verwaltung wird effizient und für die Mitglieder zumeist reibungslos durchgeführt. Dafür gilt allen Funktionären und vor allem den Obleuten unserer Agrargemeinschaften Dank und Anerkennung.

Zusammenfassung

An der Allmendenutzung waren alle Siedler nach Haus- und Gutsbedarf beteiligt. Eine ähnliche Durchlässigkeit war bei der Verwaltung des Gemeindegutes durch die Gemeinden gegeben. Nach Haus- und Gutsbedarf konnte an den Nutzungen im Gemeindegutswald- und in den Gemeindegutsalmen, von den landwirtschaftlichen Betrieben der Gemeinde aus, teilgenommen werden. Freilich waren neben den landwirtschaftlichen Betrieben damals zB auch der Förster, der Schlosser, der Wirt, Kleinhäusler u. a. an der Gemeindegutsnutzung beteiligt. Als grundbücherliche Eigentümerin und Verwalterin des Gemeindegutes war die Gemeinde in der Lage, aus dem Gemeindegut auch eine gewisse Armenverwaltung zu besorgen. So konnte die Gemeinde Brennholz an Bedürftige oder auch einen Bauplatz und entsprechende Holzbezüge zum Hausbau an diejenigen vergeben, die es nötig hatten. Die Regelungen über das Gemeindegut in der Tiroler Gemeindeordnung, also im geltenden Gesetz, würden schon ausreichen, um das Gemeindegut weiterhin durch die politischen Gemeinden zu verwalten.

Bei uns wurden Regulierungsverfahren hinsichtlich des Gemeindegutes durch die Agrarbehörde durchgeführt. Man ging davon aus, durch Regulierungen für die Zukunft die Nutzungen für die Berechtigten in Regulierungsplänen festzuschreiben. Gleichzeitig wurde fast immer auch das bücherliche Eigentum von den politischen Gemeinden weg an die neu gegründeten Agrargemeinschaften übertragen. Damit sind die Agrargemeinschaften heute in die Lage versetzt, alle aus dem Eigentumsrecht am Grund und Boden fließenden Nutzungen und Erträge für sich zu vereinnahmen. Zur Zeit der Regulierung war in den Agrargemeinschaften noch ein geschlossener Kreis fast ausschließlich Bauern. In der späteren Entwicklung ist es allerdings anders gekommen: Heute sind in den Agrargemeinschaften leider oft nur mehr ein geringer Teil der Berechtigten tatsächlich auch Bauern. Die Agrargemeinschaften sind sich wohl auch bewusst, dass sie durchwegs über sehr große Immobilienwerte verfügen. Ihr Eigentumsgebiet reicht oft bis in die Dörfer und Siedlungen. Die Agrargemeinschaften verfügen auch über wichtige verwertbare Siedlungs- und Gewerbeflächen. In der örtlichen Raumordnung, in der Entwicklung der Raumordnung haben die Agrargemeinschaften bestimmenden Einfluss. Die Agrargemeinschaften sind fallweise bestrebt, neue Mitglieder nicht hereinzulassen. Fallweise soll dies mit allen Mitteln verhindert werden; Agrargemeinschaften streiten oft bis zu den Höchstgerichten, um neue Mitglieder in der Teilhabe an den agrargemeinschaftlichen Vermögenswerten abzuhalten.

Agrargemeinschaften versuchen, Vorkaufsrechte zugunsten der Agrargemeinschaft oder zugunsten jedes anderen Mitgliedes zu beschließen, wenn ein Anteilsrecht angeboten, d.h. verkauft werden wollte. So ist der Kreis von möglichen Anbietern von außen gleich null, weil sich niemand mit der Agrargemeinschaft als wirtschaftlich potenter Partnerin im Ankauf von Anteilen anlegen kann und möchte. Wollte man eine solche Entscheidung gutheißen, so könnte man hochrechnen, wann es so weit sein würde, dass nur mehr wenige (überwiegend nicht mehr Bauern!) in unseren Agrargemeinschaften „sitzen“ und diese wenigen und einzelnen über die doch beachtlichen Vermögenswerte der heutigen Agrargemeinschaften, über die ehemalige Allmende und über das ehemalige Gemeindegut, das früher noch für viele und alle in der politischen Gemeinde da war, alleine verfügen werden. Der Gesetzgeber hat hier versucht, etwas gegenzusteuern. Die Agrargemeinschaften werden in Zukunft nicht mehr in der Lage sein, nur durch Rechtsmittel eine agrarbehördliche Bewilligung zum Anteilserwerb hinauszuzögern. Es kann auch nicht Aufgabe der Agrargemeinschaften sein, im Wege von Mehrheitsbeschlüssen ihren Mitgliedern ein im Verkaufsfall für den Verkäufer nachteiliges Vorkaufsrecht aufzuzwingen.

Die Agrargemeinschaften sind interessante und wirtschaftlich durchwegs gut lebensfähige Personen-, Vermögens- und Sachgemeinschaften in unseren ländlichen Gemeinden. Die Agrargemeinschaften arbeiten als gut organisierte Wirtschaftskörper. Die Agrargemeinschaften sollen und müssen nicht „gratis“ tun. Die Agrargemeinschaften tragen aber in der örtlichen Gemeinschaft, „im Dorf“, in der Gemeinde ein gewisses Maß an sozialer Verantwortung. Wenn man die Wurzeln und das Herkommen der Gemeindeguts-Agrargemeinschaften etwas in Betracht zieht, dann wird dies zu tun, verantwortungsbewussten Funktionären und Mitgliedern in den vielen Agrargemeinschaften in unseren Gemeinden auch möglich sein.

Dr. Josef Guggenberger, Vorstand der Abteilung Agrarbehörde im Amt der Tiroler Landesregierung

2005. Hermann Arnold: Wir haben die Gemeinden enteignet!

Höhepunkt der Vorbereitungsarbeiten für den Schlag gegen die Tiroler Agrarier war zweifelsohne die öffentliche Selbstbezichtigung der Agrarjuristen aus der „Generation  nach Albert Mair“ – allen voran Hermann Arnold.

Um in einer konzertierten Aktion handlungswilligen Gemeinden – damals Imst, Mieders, Neustift und Trins (alle vertreten durch Dr. Andreas Brugger) einen Anlass zu liefern, die historischen Regulirungsverfahren wieder aufzunehmen, wurde ein Interview mit Hermann Arnold in der Tiroler Tageszeitung veröffentlicht, wo an ein erfundenes (!) neues Urteil des Verfassungsgerichtshofes angeknüpft wurde: Als junger, unerfahrener Jurist sei er (und seine Kollegen) von der Landespolitik missbraucht worden, im die politischen Ortsgemeinden zu bestehlen. Das Verfassungsgericht hätte die Rechtswidrigkeit der Vorgehensweise festgestellt.

TT 25.5.2005, Seite 2. „Neues Urteil des Verfassungsgerichtshofs. Agrarier nur durch Irrtum Grundkaiser.“

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TT 25.5.2005, Seite 2. „Neues Urteil des Verfassungsgerichtshofs. Agrarier nur durch Irrtum Grundkaiser.“ Hermann Arnold lässt jetzt in Sachen Agrargemeinschaften aufhorchen: „Es war ein massiver Rechtsirrtum, der die Gemeinden um ihr Gut gebracht hat!“ Innsbruck (ms). Dass Tiroler Agrargemeinschaften heute über ein Viertel des Landes verfügen, dafür soll ein massiver Rechtsirrtum der Agrarbehörde verantwortlich gewesen sein: Diese Meinung vertritt Gemeindeverbandspräsident aD Hermann Arnold von 1966 bis 1974 selbst Mitarbeiter der Agrarbehörde im Landhaus.“
Falsche Rechtsansicht. In der Zeit der Regulierungen des Gemeindeguts an die Agrargemeinschaften habe die Rechtsansicht geherrscht, dass die Gemeinden nur als Treuhänder von Grund und Boden im Grundbuch seien, die wahren Eigentümer aber wären die Bauern. „Doch das war falsch, wie der Verfassungsgerichtshof 1982 eindeutig aber leider zu spät festgestellt hat.“
Ein brandaktuelles Urteil vom März würde diese Auffassung bestätigen. Fehler beheben. „Ich war selbst beteiligt, ich war ein Täter“, räumt Arnold heute bereitwillig ein. Denn auch er sei einer der jungen Juristen gewesen, der die Philosophie von der treuhändischen Übertragung des Gemeindegutes ungeprüft nachgebetet habe. „Das war einfach so, da muss man einmal die Wahrheit sagen!“ Rückblickend ist für ihn vor allem eine Sache wesentlich: „ Ich sehe kein Problem darin, sich im Rechtsirrtum zu befinden, aber wissentlich darin zu beharren ist sehr wohl eines.“ Deshalb lautet seine Forderung an die Politiker des Landes eindeutig: „Wer erkennt, dass falsche Entscheidungen getroffen wurden, muss als gewissenhafter Volksvertreter Schritte setzen, diese Fehler zu beseitigen.“ Seite 4.

TT 25.5.2005, Seite 4: „Alle Bürger sollen wieder gleich sein.“ Bei der Regulierung des Gemeindeguts hat das Land übers Ziel hinaus geschossen: Eigentlich sollte es nur um Weide- und Holznutzung gehen. Von Michaela Spirk-Paulmichl. Mutters, Innsbruck. Er war Gemeindeverbandspräsident, Landesamtsdirektor, Bürgermeister von Mutters, Eduard Wallnöfers rechte Hand und auch Beamter der Agrarbehörde. Jetzt erhebt Hermann Arnold seine Stimme um im Zusammenhang mit der Diskussion über die Agrargemeinschaften klar festzustellen: „Wir haben mit der Übertragung des Gemeindeguts weit übers Ziel hinausgeschossen!“
„Eine Katastrophe“. Das sei nur durch einen Rechtsirrtum möglich gewesen und durch junge Juristen, welche die Regelung der Weide- und Holznutzungsrechte, sowie die Übertragung des Gemeindeguts an die Agrargemeinschaften fast als Evangelium betrachteten. Bei einem Blick zurück, klärt er auf, worum es seinerzeit eigentlich gegangen ist:
„In der Nachkriegszeit ergab sich eine Änderung im Baugeschehen. Dabei ist die Frage aufgetaucht, wer Ansprüche auf Holz hat und Holz hatte damals eine große Bedeutung.“ Bei einer Regulierung sollte der Anspruch pro Haus und Gut festgelegt werden. „Doch dass die Agrargemeinschaften dabei gleichzeitig das Eigentum der Gemeinde übernommen haben, ist aus heutiger Sicht eine Katastrophe!“
Außerdem gab es nur für die Reglung der Weide- und Holznutzung eine Grundlage im Gesetz. Arnold kritisiert, dass die Agrarbehörde, die auch als Gemeindeaufsichtsbehörde im Regulierungsverfahren fungiert hat, die Interessen der Gemeinden zu wenig vertreten habe: „Sie hat die Gratisabtretungen sang- und klanglos zur Kenntnis genommen.“
Kommissar ging um. Auch der eigentliche als Gemeindevertreter bestellte Kommissar akzeptierte die Grundabtretung widerspruchslos, wenn er ihr überhaupt nicht zustimmte.
Wäre es nie zur Übertragung des Gemeindeguts an einen kleinen Teil der Bevölkerung gekommen, dann wären alle Bürger gleich: „Dann würden alle Tiroler für den Skilift zahlen, auch die Mitglieder der Agrargemeinschaften, die derzeit Gratiskarten bekommen. Dann würden alle das Wasser um sonst bekommen. Und dann könnte eine Gemeinde wieder einen Sportplatz bauen, weil sie nicht zuvor der Agrargemeinschaft den Grund abkaufen muss.“

TEXT VERBERGEN

Kaum zu glauben, aber ein historisches Faktum: Das „brandaktuelle Urteil vom März 2005 existiert nicht!

Naheliegend ist, dass mit diesen fake news vier handlungswilligen Bürgermeistern Anlass verschafft werden sollte, gegen ihre jeweilige Agrargemeinschaft rechtlich vorzugehen!

Dies ist in der Folge auch tatsächlich geschehen. In den Anträgen, die kurz nach dem Erscheinen dieser beiden Zeitungsartikel bei der Agrarbehörde anhängig gemacht wurden, wurde tatsächlich behauptet, dass diese Artikel vom 25.05.2005 maßgeblich waren, dass man von dem (angeblichen) Unrecht Kenntnis erlangt habe.

 

Max Paua

Wiederaufnahme- und Wiedereinsetzungsversuche

Raub am Gemeindegut?

Verfahrensrechtliche Vorarbeiten der Kommunalisierer

Verständlicher Weise verbreiten die Kommunalisierer nicht, welche verfahrensrechtlichen Schritte sie insgesamt geplant und unternommen haben, bis ihnen von wem immer die richtige Strategie gewiesen wurde.  (zum grundlegenden Strategiewechsel der Rekomunalisierer nach dem ersten Scheitern beim Verfassungsgerichtshof: Strategie II: Märchen vom Gemeindegut)

Die Selbstbezichtigung des Hermann Arnold in der Tageszeitung vom 25.5.2005 (Hermann Arnold 2005: Wie haben die Gemeinden enteignet) war offensichtlich Teil Strategie: Der Schriftsatz der Ortsgemeinde Mieders mit Rechtsmitteln und Anträgen an das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 8. Juni 2005, wurde binnen 14 Tagen nach Erscheinen der Selbstbezichtigungen von Arnold bei der Behörde anhängig gemacht. Die Idee dahinter: Die Veröffentlichte Selbstbezichtigung hätte die Bürgermeister aufgescheucht, Erkundigungen über ihr Gemeindegut einzuholen. Widereinsetzung in diverse Rechtsmittelfristen im Regulierungsverfahren war dann binnen 14 Tagen zu beantragen. Die Anträge und das Vorbringen dazu am Beispiel Gemeinde Trins können nachgelesen werden. Zusätzlich wude behauptet, dass das gesamte Verfahren nichtig sein, weil die Bescheide falsch zugestellt wurden oder die Gemeinde gar nicht wirksam vertreten war. (mehr dazu)

Betroffen waren jedenfalls die Agrargemeinschaften Neustift im Stubaital (Gemeinde Neustift), Mieders (Gemeinde Mieders), Oberstädter und Unterstädter Melkalpe (Imst) und Agrargemeinschaft Trins (Gemeinde Trins).

In einem Musterverfahren vor dem Grundbuchgericht, das die Kommunalisierer für die Gemeinde Neustift durchgeführt haben, wurde bis zum Obersten gerichtshof erfolglos der erfundene Anspruch auf Grundbuchbercihtigung durchgefochten (mehr dazu).

Das Verfahren Neustift im Stubai wurde mit Erkenntnis des VfGH Slg 17.779/2006 zum Abschluss gebracht; dasjenige gegen Agrargemeinschaft Mieders mit demjenigen vom 8.6.2006 B 619/05, dasjenige gegen Agrargemeinschaft Trins mit Erkenntnis B 686/05 sowie gegen die Agrargemeinschaften Oberstädter und Unterstädter Melkalpe mit Erkenntnis B 790/05, jeweils vom 21.6.2006. Alle diese Verfahren endeten mit der Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung bzw der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als verspätet.

Im Erkenntnis VfSlg 17.779/2006 (Agrargemeinschaft Neustift im Stubai) hatte der VfGH klargestellt, dass eine Entscheidung der Agrarbehörde über die Eigentumsverhältnisse – selbstverständlich – Gültigkeit besitze: Da die „Eigentumsübertragung“ im Bescheid „wörtlich ausgesprochen“ worden war, die Berufungsfrist längst verstrichen war und weil ein Wiederaufnahmsgrund nicht vorlag, wurde die Beschwerde verworfen.

Allerdings wurde mit völlig verzerrten Darstellungen des Sachverhaltes beim VfGH Stimmung gegen die Agrargemeinschaften und gegen eine vermeintliche „historische Agrar-Seilschaften“ (unter Führung des Altlandeshauptmannes Eduard Wallnöfer) gemacht. Bezeichnend sind die Ausführungen der beschwerdeführenden Gemeinde Neustift im Verfahren gegen AGM Neustift (Slg 17.779/2006), wo durch verzerrte Darstellung diverser Äußerungen im Regulierungsverfahren der Eindruck vermittelt wurde, die Agrarbehörde hätte die Bürgermeister der politischen Ortsgemeinden getäuscht.
Die historische Rechtsauffassung der Agrarjuristen, dass die zu regulierenden Grundstücke auch vor der Regulierung kein Eigentum der politischen Ortsgemeinden waren, wurde dem VfGH so „verkauft“, als hätten die Juristen der Agrarbehörde den Bürgermeistern zugesagt, die Gemeinde sei und bliebe Eigentümer. Das Gegenteil ist der Fall: Die historischen Agrarjuristen haben den Bürgermeistern vielmehr erklärt, dass die Ortsgemeinde bis zur Regulierung kein Eigentümer war und dass die Gemeinde dies nach der Regulierung genauso wenig sei – insofern würde die Regulierung an den Eigentumsverhältnissen nichts ändern! (Wer als „nackter [Schein-]Tabularbesitzer“ einverleibt ist, hat nun einmal kein Eigentumsrecht!) Genau so hatten dies die historischen Agrarjuristen gesehen; genau so wurde dies den Bürgermeistern und bestellten Gemeindevertretern erklärt.

Albert Mair, langjähriger Leiter der Tiroler Agrarbehörde, ging zwar von einer Vertretungskompetenz der politischen Ortsgemeinde für die nicht regulierte Agrargemeinschaft aus, stellte jedoch im übrigen klar: „Dieser Gemeinde ist aber kraft öffentlich-rechtlicher Norm jede Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis entzogen und hätte die Gemeinde, obwohl sie im Grundbuch als Eigentümerin aufscheint, keinerlei Möglichkeit, das Eigentum irgendwie zur Geltung zu bringen.“
Was Albert Mair hier beschreibt ist schlichter nackter (Schein-)Buchbesitz, der von der Gemeinde verwaltet wurde! Konsequenter Weise sind die Agrarjuristen davon ausgegangen, dass die politische Ortsgemeinde eben keinesfalls die Rechte eines Eigentümers besitze – dies ungeachtet der Tatsache, dass solche Liegenschaften als „Gemeindegut“ bezeichnet wurden. Insbesondere dann, wenn das agrargemeinschaftliche Eigentum zur Gänze als Ablösefläche aus der Tiroler Forstservitutenregulierung 1847 hervorgegangen ist (so der Fall von AGM Neustift, AGM Mieders, AGM Trins ua), war für Albert Mair völlig klar, dass diese Liegenschaften niemals Eigentum der Ortsgemeinde sein könnten.

Man wird deshalb den historischen Sachverhalten nicht gerecht, wenn man von einer „Eigentumsübertragung“ durch die Agrarbehörde spricht; tatsächlich war die Agrarbehörde für die Entscheidung darüber zuständig, wer Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft gewesen ist und wer gerade nicht. In Wahrnehmung dieser Zuständigkeit hat die Agrarbehörde entschieden.

Nicht weniger tendenziös sind die Ausführungen der beschwerdeführenden politischen Ortsgemeinde Mieders, welche im Erkenntnis Erk B 619/05 vom 8.6.2006 nachgelesen werden können. Wörtlich zitiert der VfGH die beschwerdeführende Ortsgemeinde im Erkenntnis wie folgt:

„Aufgrund des von der Landesregierung aus politischen Gründen vertretenen völlig unhaltbaren und rechtswidrigen Standpunktes wurden die Gemeinden durchwegs falsch aufgeklärt. Selbstverständlich wurden ihnen die höchstgerichtlichen Erkenntnisse verschwiegen, nach denen sie Anspruch darauf gehabt hätten, das Eigentum am Gemeindegut zu behalten. Nur durch diese falsche Aufklärung ist es erklärbar, dass es gelingen konnte, in derart vielen Fällen den Gemeinden in rechtswidriger Weise das Eigentum am Gemeindegut wegzunehmen und an bäuerliche Gemeinschaften zu übertragen, denen es nicht zustand. Der gefertigte Vertreter (der Rechtsfreund der politischen Ortsgemeinde Mieders) hat seit Jahrzehnten sehr viel mit Gemeinden zu tun und zwar auch als Vertreter von Bauern, wobei die Gemeinden nicht selten von bäuerlichen Bürgermeistern vertreten wurden. Dabei konnte aber noch nie festgestellt werden, dass ein Bürgermeister bereit gewesen wäre, auch nur einen Quadratmeter aus dem Gemeindevermögen zu verschenken. Es ist daher davon auszugehen, dass die Bürgermeister der Gemeinden in keinem oder zumindest fast keinem Fall bereit gewesen wären, an einer Verschiebung des Eigentums am Gemeindevermögen auf weinige Bauern mitzuwirken, wenn ihnen die Unrechtmäßigkeit dieser Vorgangsweise bewusst gewesen wäre. …
Der Antragstellerin ist durchaus bewusst, dass es vermutlich bisher noch nie da gewesen ist, dass nach so langer Zeit einem Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben wurde. Andererseits haben sich die Gerichte – soweit ersichtlich – auch noch nie damit befassen müssen, dass sich praktisch alle zuständigen Sachbearbeiter einer ganzen Behörde in derart eklatanter Weise über die Gesetzeslage hinweggesetzt haben.“

Zusätzlich werden in diesem Erkenntnis weitere Behauptungen der antragstellenden politischen Ortsgemeinde Mieders wiedergegeben, wonach die Landesregierung aktiv und vorsätzlich die Gemeinde Mieders falsch informiert hätte, die Landesregierung so geschickt „Desinformation“ betrieben habe, dass es gelang, einen Teil der eigenen Beamtenschaft in Irrtum zu führen.
Schließlich wird unter Berufung auf Stefan Falser (Wald und Weide im tirolischen Grundbuch [1932]) und Walter Schiff (Österreichs Agrarpolitik seid der Grundentlastung [1898]) die Behauptung aufgestellt, Albert Mair, langjähriger Leiter der Tiroler Agrarbehörde, habe in seiner Abhandlung „Probleme der Regulierung des Gemeindeguts“ (1958) bewusst eine Falschmeinung zur Irreführung der politischen Ortsgemeinden erarbeitet und in der Folge verbreitet. Grundlage dieser falschen Unterstellung ist die Behauptung, dass als Ergebnis der Tiroler Forstregulierung 1847 wahres Eigentum der politischen Ortsgemeinden entstanden sei, wobei die Maßnahmen im so genannten Regalitätsforstbezirk (das heutige Nordtirol) und im restlichen Tirol dabei nicht unterschieden werden und auch nicht offen gelegt wurde, dass im gesamten Nordtiroler Raum im wesentlichen „Forstservituten-Ablösung“ vereinbart und umgesetzt wurde.
Die gesamte Tiroler Landesregierung und die leitenden Beamten der Agrarbehörde, allen voran Dr. Albert Mair, werden als „berufsmäßige Täter“ im Sinn einer Entreicherung der politischen Ortsgemeinde hingestellt.

b) Bedauerlicher Weise konnte der VfGH aufgrund seiner Zusammensetzung aus „Nichthistorikern“ die wahren Hintergründe der Regulierungsverfahren, die wahren historischen Eigentumsverhältnisse im Regalitätsforstbezirk und die wahren historischen Absichten der Agrarbehörde und deren gesetzlichen Auftrag zur Klärung der Eigentumsverhältnisse nicht mehr nachvollziehen. Die These der Gemeindelobby, wonach die Agrarbehörde die Bürgermeister in die Irre geführt hätte, wurde deshalb vom Gerichtshof übernommen und bei der Interpretation des im Verfahren Slg 18.446/2008 vorliegenden „Sachverhaltes Guggenberger“ zum Nachteil der Agrargemeinschaft zur Anwendung gebracht. Der VfGH im Erk Slg 18.446/2008:

„… oder dass (rechtswidriger Weise) beabsichtigt [gewesen] sei, aus dem Gemeindegut eine reine Agrargemeinschaft zu machen (ist doch der Anteil von 10% der Gemeinde als solcher ausdrücklich eingeräumt worden); wie dem Verfassungsgerichtshof aus anderen Regulierungsfällen bekannt ist (zB VfSlg 17.779/2006) wurde die Absicht an den rechtlichen Verhältnissen (abgesehen von der Regulierung) etwas zu ändern, vielmehr ausdrücklich in Abrede gestellt.“ (VfSlg 18.446/2008 Pkt II B Z 3 Abs 2 der Begründung, Seite 19 unten des Originalerkenntnisses).

c) Das Verfahren „Neustift im Stubaital“ wurde mit Erkenntnis des VfGH Slg 17.779/2006 zum Abschluss gebracht; ein Verfahren gegen AGM Mieders mit dem Erk B 619/05. Im Erkenntnis VfSlg 17.779/2006 (Agrargemeinschaft Neustift) hatte der VfGH klargestellt, dass eine Eigentumsübertragung durch die Agrarbehörde – selbstverständlich – Gültigkeit besitze: Da die Eigentumsübertragung im Bescheid „wörtlich ausgesprochen“ worden war, die Berufungsfrist längst verstrichen war und weil ein Wiederaufnahmegrund nicht vorlag, wurde die Beschwerde verworfen. Die (Re-)Kommunalisierungsbemühungen der Gemeindefraktion waren in diesem Anlauf noch gescheitert).

Die Gemeindefraktion hatte aus diesen Verfahren jedoch wichtige Schlussfolgerungen gezogen: Ungeachtet völlig enthemmter Unterstellungen (Quasi-Bandenbildung „im Amt“ unter Führung von Altlandeshauptmann Eduard Wallnöfer, systematischer Quasi-Betrug in Bereicherungsabsicht zu Gunsten des Bauernstandes usw) war es nicht gelungen, den Verfassungsgerichtshof für eine Widereinsetzung zu gewinnen, weil die Eigentumsübertragung im Bescheid „wörtlich ausgesprochen“ worden war.

Zudem war die FALSCHE Darstellung der historischen Verhältnisse nicht ohne Wirkung beim VfGH geblieben. Der VfGH hatte bereits die These übernommen, dass das Eigentumsrecht gemäß Behördenwillen ÜBERTRAGEN worden sei. Dass lediglich die wahren Rechtsverhältnisse festgestellt und die Grundbücher RICHTIG GESTELLT wurden, konnte der Gerichtshof, mangels Besetzung mit zumindest einem Rechtshistoriker bedauerlicher Weise nicht (mehr) nachvollziehen. Die Abhandlung von Carl Peyrer, der als k.k. Ministerialrat im Ackerbau-Ministerium aufgrund seiner umfangreichen beruflichen Tätigkeit tiefgehende Einblicke in die damaligen agrarischen Verhältnisse in den diversen Österreichischen Ländern besaß (Carl Peyrer, Die Regelung der Grundeigentums-Verhältnisse, 7), der „Bericht des niederösterreichischen Landesausschusses betreffend die Regelung der Besitz- und Nutzungsverhältnisse des Gemeindeeigentums“ aus dem Jahr 1878 (XXVII der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des niederösterreichischen Landtages, 5. Wahlperiode ), der Bericht des Commassionsausschusses aus dem Jahr 1882 (582 der Beilagen zu den sten. Prot. des Abgeordnetenhauses, IX. Session) und die Debattenbeiträge der Abgeordneten des Österreichischen Reichstages bei Verabschiedung des TRRG 1883 waren den Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes offensichtlich unbekannt.

 

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Max Paua

Versuch beim Grundbuchgericht scheitert

Anfang April 2005 stellte die Ortsgemeinde Neustift, vertreten durch Dr. Andreas Brugger,  beim Grundbuchgericht den Antrag, „das Grundbuch richtig zu stellen und bei den agrargemeinschaftlichen Liegenschaften in Neustift das Eigentumsrecht für die Ortsgemeinde Neustift einzutragen – ein Antrag, der bis zum Obersten Gerichtshof erfolglos blieb. der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 04.11.2005 entschieden:

• OGH
Geschäftszahl: 5Ob164/05m; E vom 04.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Gemeinde ***** N*****, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in Innsbruck wegen Berichtigung des Grundbuchs ob den Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** je Grundbuch *****, Bezirksgericht I*****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 30. Mai 2005, AZ 54 R 49/05k, mit welchem der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 4. April 2005, TZ 3729/05, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst: Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung:
Ob den Liegenschaften EZ ***** und EZ *****, je Grundbuch ***** N*****, Bezirksgericht I*****, ist jeweils zu TZ 305/1961 die Einleitung des Regulierungsverfahrens angemerkt und zu TZ 5183/1964 ist jeweils auf Grund des Bescheids des Amts der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 17. 11. 1961, IIIb1-1169/17, das Eigentumsrecht der Agrargemeinschaft N***** einverleibt. In diesem Bescheid des Amts der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 17. 11. 1961, IIIb1-1169/17, wurden das gemeinschaftlich genutzte Gebiet bestehend aus bezeichneten Grundparzellen der EZ ***** und EZ ***** je GB N***** (das Regulierungsgebiet) sowie – gemäß § 60 iVm § 79 TFLG, LGBl 1952/32, – die Parteien festgestellt und deren Namen zu einer Liste der Parteien zusammengestellt. Als am gemeinschaftlich genutzten Gebiet anteilsberechtigte Parteien wurden „die politische Gemeinde N***** als solche“ und die jeweiligen Eigentümer näher bezeichneter Liegenschaften (Stammsitzliegenschaften) in der Gemeinde N***** angeführt.
Mit ihrer beim Erstgericht am 1. April 2005 eingelangten Eingabe hat die Antragstellerin „beantragt bzw angeregt“, „das Grundbuch richtigzustellen und auf den Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** je GB ***** N***** …. das Eigentumsrecht für die Gemeinde N***** einzuverleiben“. Der Einverleibung des Eigentumsrechts ob den genannten Liegenschaften zu Gunsten der Agrargemeinschaft N***** habe der im Zuge einer agrarischen Operation erlassene Bescheid des Amts der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 17. 11. 1961, IIIb1-1169/17, zugrunde gelegen. In einem solchen Fall sei die Eingabe der Agrarbehörde nicht als Grundbuchsgesuch, sondern nur als bloße Anregung zu werten; die Richtigstellung des Grundbuchs habe dagegen schon nach § 107 Abs 2 TFLG, LGBl 1952/32, und auch nunmehr nach § 84 Abs 2 TFLG 1996 von Amts wegen zu erfolgen. Die Einverleibung des Eigentumsrechts zu Gunsten der Agrargemeinschaft N***** sei durch den genannten Bescheid in keiner Weise gedeckt gewesen, weil darin nur die agrargemeinschaftlichen Grundstücke festgestellt worden sein. Dazu zählte gemäß § 36 Abs 2 lit d) TFLG, LGBl 1952/32, und zähle nach § 33 Abs 2 lit c) TFLG 1996 das Gemeindegebiet, obwohl dieses gemäß § 73 Abs 3 TGO, LGBl 1949/24, bzw § 68 Abs 3 TGO 2001 im Eigentum der Gemeinde stehe. Die Einverleibung des Eigentumsrechts der Agrargemeinschaft N***** ob den Liegenschaften EZ ***** und EZ *****, je Grundbuch ***** N*****, sei daher falsch gewesen und richtig zu stellen, in dem wieder das Eigentum der Antragstellerin einverleibt werde. Die Richtigstellung werde nur im laufenden Rang beantragt, sodass Rechte Dritter dadurch nicht berührt würden. Überdies habe gemäß § 84 Abs 2 TFLG 1996 im Falle einer Richtigstellung des Grundbuchs aufgrund von Bescheiden der Agrarbehörde die sonst vorgesehene Einvernehmung allfälliger dritter Personen, für die dingliche Rechte haften, zu entfallen.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Einverleibung des Eigentumsrechts der Antragstellerin ob den Liegenschaften EZ ***** und EZ *****, je Grundbuch ***** N*****, ab. Ob diesen Liegenschaften sei seit über 40 Jahren das Eigentumsrecht der Agrargemeinschaft N***** rechtskräftig einverleibt und eine Berichtigung des Grundbuchs daher nicht mehr möglich. Da in allen drei Liegenschaften die Einleitung des Regulierungsverfahrens angemerkt sei, sei für eine Änderung des Eigentumsrechts die agrarbehördliche Genehmigung erforderlich. Für die Änderung des Eigentumsrechts bedürfe es weiters der Vorlage eines gültigen Rechtstitels samt agrarbehördlicher Genehmigung, eines Bescheides der Agrarbehörde oder einer gesetzlichen Regelung; Urkunden dazu enthalte der Antrag nicht, weshalb das Gesuch abzuweisen gewesen sei.
In ihrem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs machte die Antragstellerin – zusammengefasst – geltend, dass für den Bereich der dem öffentlichen Recht zugehörenden Nutzungsrechte an Agrargemeinschaften die Eintragung im Grundbuch nicht konstitutiven, sondern lediglich deklarativen Charakter habe und dass der Bestand dieser Rechte vom Grundbuchsstand unabhängig sei; der grundbuchsrechtliche Publizitäts- und Eintragungsgrundsatz gelte in diesen Fällen nicht, weshalb die Frage nach der tatsächlichen Eigentümerschaft an den genannten Grundstücken nicht nach dem Grundbuchsstand, sondern nach der wahren Rechtslage bzw nach den agrarbehördlichen Entscheidungen zu beurteilen sei. Die Antragstellerin habe das Eigentum an den fraglichen Liegenschaften auf Grund eines Vergleichsprotokolls vom 30. 6. 1848 vom K.u.K. Äerar erworben und sei im Zuge der Grundbuchsanlegung in den Jahren 1920 bis 1923 als Eigentümerin einverleibt worden. Der Bescheid des Amts der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 17. 11. 1961, IIIb1-1169/17, habe dagegen keine Grundlage für die Einverleibung des Eigentumsrechts der Agrargemeinschaft N***** sein können, weil darin nicht über das Eigentum am agrargemeinschaftlichen Gebiet abgesprochen worden sei. Die im gegebenen Fall bloß deklaratorisch wirkende Grundbuchseintragung habe der Agrargemeinschaft ebenfalls nicht das Eigentum verschaffen können und die ursprünglich in § 1467 ABGB geregelte Tabularersitzung sei durch die III. TN zum ABGB abgeschafft worden. Der begehrten grundbücherlichen Richtigstellung durch Wiederherstellung des Eigentumsrechts der Antragstellerin stehe daher nichts im Wege.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Die Antragstellerin habe richtig erkannt, dass Anträgen von Beteiligten – selbst der Agrarbehörde – in Grundbuchsverfahren nach agrarischen Operationen nur die Bedeutung von Anregungen zukämen, die bei Rechtsänderungen auf Grund von Anordnungen der Agrarbehörde ein amtswegiges Berichtigungsverfahren in sinngemäßer Anwendung des § 136 GBG auslösten. Wegen der Amtswegigkeit solcher Richtigstellungsverfahren sei in der Rechtsprechung teilweise auch die Ansicht vertreten worden, dass einem Einschreiter mangels Antragslegitimation auch die Rekurslegitimation fehle. Jedenfalls beruhten derartige Verfahren nicht auf einem Grundbuchsgesuch, sondern richteten sich nach den §§ 130 bis 136 GBG, welche Bestimmungen aber im vorliegenden Fall allesamt auch dann nicht anwendbar seien, wenn der als Eintragungsgrundlage angeführte Bescheid die Eigentumseinverleibung zu Gunsten der Agrargemeinschaft N***** nicht trage. § 130 GBG beziehe sich auf den Fall, dass sich bereits aus der betreffenden Eintragung selbst ergebe, deren Inhalt könne nach dem Gesetz nicht Gegenstand einer grundbücherlichen Eintragung sein; dies treffe für die Einverleibung des Eigentumsrechts der Agrargemeinschaft Neustift aber nicht zu. Auch der Fall einer gegenstandslosen Eintragung im Sinne des § 131 Abs 1 GBG liege nicht vor. Die Anwendung des § 136 GBG setze eine nachträgliche außerbücherliche Rechtsänderung voraus, komme aber nicht in Frage, wenn sich nachträglich herausstelle, dass der die Eintragung bewilligende Beschluss auf fehlerhafter Grundlage beruhte und der angenommene Rechtstitel mangelhaft oder gar ungültig gewesen sei. Eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 136 GBG erfordere überdies den Nachweis der Unrichtigkeit einer Grundbuchseintragung durch eine öffentliche Urkunde; ein solcher Nachweis liege nicht vor, doch könnte bei einer zielführenden Initiative der Agrarbehörde künftig eine Berichtigung in Betracht kommen. Eine Berichtigung nach § 104 Abs 3 GBG setzte schließlich einen Vollzugsfehler, also ein Abweichen der Eintragung vom anordnenden richterlichen Beschluss voraus, was im Hinblick auf die bereits skartierten Grundbuchsakten nicht verifizierbar sei. Da die von der Antragstellerin gewünschte Berichtigung nach allen erwogenen Bestimmungen nicht in Frage komme, müsse deren Rekurs erfolglos bleiben.
Diese Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 Euro und der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der Frage, wie allenfalls unrichtige Eintragungen bei in ein Regulierungsverfahren einbezogenen Liegenschaften berichtigt werden könnten, grundsätzliche Bedeutung zukomme.
Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Begehren auf Berichtigung des Grundbuchs der KG N***** durch Löschung des Eigentumsrechts der Agrargemeinschaft Neustift und Wiederherstellung des Eigentumsrechts der Antragstellerin ob den Liegenschaften EZ ***** und EZ *****, je Grundbuch ***** N*****. Das Rekursgericht habe verkannt, dass Agrarverfahren vom Eintragungsgrundsatz ausgenommen seien. Im Rahmen eines aus einem Agrarverfahren resultierenden „Richtigstellungsverfahren“ könnten durch eine grundbücherliche Eintragung weder Rechte erworben werden noch verloren gehen, weil über die sachenrechtliche Position der Parteien ausschließlich die Agrarbehörde entscheide. Die grundbücherliche Eintragung sei in solchen Fälle nicht als Ergebnis einer richterlichen Entscheidung, sondern als bloße Information im Sinne einer Tatsachenfeststellung ohne Bindungswirkung zu werten. Komme aber einer Eintragung nur Informationscharakter zu, dann müsse diese gerade an die sachenrechtlich richtige Rechtslage angepasst werden können, um Fehlinformationen Dritten zu vermeiden. Das Rekursgericht habe selbst erkannt, dass der Bescheid des Amts der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 17. 11. 1961, IIIb1-1169/17, die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Agrargemeinschaft N***** nicht trage, weshalb die Grundbuchsberichtigung auch ohne eine weitere Initiative der Agrarbehörde vorzunehmen gewesen wäre.
Die Agrargemeinschaft N***** stellte den Antrag auf Zustellung einer Ausfertigung des Revisionsrekurses zwecks Abgabe einer Gegenäußerung innerhalb aufzutragender Frist.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage der Berichtigung einer unrichtigen Eintragung auf Grund einer agrarischen Operation bislang nur einmal in 5 Ob 2/03k zu einem nicht vergleichbaren Sachverhalt Stellung genommen hat. Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.
Die von der Agrargemeinschaft N***** als verbücherte Liegenschaftseigentümerin angestrebte Gegenäußerung zum Revisionsrekurs der Antragstellerin ist im Grundbuchsverfahren nicht vorgesehen.
1. Vorauszuschicken ist zunächst, dass sich die bisweilen erfolgte – vom Rekursgericht angesprochene – Verneinung der Rechtsmittellegitimation nach amtswegiger Richtigstellung des Grundbuchs auf Grund agrarischer Operationen auf Rechtsmittel der Agrarbehörde bzw des Vermessungsamts (5 Ob 51/00m) oder der Agrargemeinschaft bezog (5 Ob 50/62 = SZ 35/60 = EvBl 1963/14, 19; zu Fällen gegebenen Rechtsmittellegitimation der Agrarbehörde vgl aber auch 5 Ob 25/02s; 5 Ob 61/02k; vgl ferner RIS-Justiz RS0116135; RS0006663; RS0006805); ein damit vergleichbarer Fall liegt hier aber nicht vor, strebt doch die Antragstellerin mit der beantragten (angeregten) Richtigstellung des Grundbuchs die Wahrung ihres vermeintlich materiellrechtlich noch bestehenden Liegenschaftseigentums an.
2. Ob den Liegenschaften EZ ***** und EZ *****, je Grundbuch ***** N*****, Bezirksgericht I*****, ist jeweils zu TZ 305/1961 die Einleitung des Regulierungsverfahrens aufrecht angemerkt. Gemäß § 43 Abs 1 FlVfGG darf vom Einlangen der Mitteilung über die Einleitung des Zusammenlegungs-, Teilungs- oder Regulierungsverfahrens bis zum Abschluss des Verfahrens in den Grundbuchseinlagen über die das Zusammenlegungs- (Teilungs-, Regulierungs-)gebiet bildenden Grundbuchskörper keinerlei bücherliche Eintragung vorgenommen werden, die mit der durchzuführenden Zusammenlegung (Teilung, Regulierung) unvereinbar ist. Aus dieser Bestimmung und den in deren Ausführung ergangenen seinerzeitigen § 105 TFLG, LGBl 1952/32, und nunmehrigen § 82 TFLG 1996 folgt klar, dass die Beurteilung, ob eine bestimmte Eintragung mit dem durchzuführenden Regulierungsverfahren vereinbar ist oder nicht, allein der Entscheidung der Agrarbehörde vorbehalten und das Grundbuchsgericht daran gebunden ist. Schon aus diesem Grund sind daher die Vorinstanzen im Ergebnis mit Recht von der Entscheidungskompetenz der Agrarbehörde ausgegangen.
3. Das Rekursgericht hat weiters zutreffend begründet, dass in casu kein Anwendungsfall der §§ 130, 131 und 104 Abs 3 GBG vorliegt. Es genügt dazu der Verweis auf die richtige Beurteilung des Gerichts zweiter Instanz, weil dieser im Revisionsrekurs nicht entgegen getreten wird.
4. Zur Frage, wie die allenfalls fehlerhafte Verbücherung der Ergebnisse agrarischer Operationen zu korrigieren ist, finden sich weder im FlVfGG 1951 noch im TFLG, LGBl 1952/32, oder im TFLG 1996 einschlägige Bestimmungen. Auch die im GBG vorgesehen Möglichkeiten der Grundbuchsberichtigung (§ 104 Abs 3 GBG sowie §§ 130 bis 136 GBG) sind – wie schon vom Rekursgericht dargestellt – nicht (unmittelbar) anwendbar, wenn es nicht um die Korrektur von Fehlern beim Vollzug an sich richtiger Eintragungsanordnungen (§ 104 Abs 3 GBG), um die Beseitigung unzulässiger bzw gegenstandsloser Eintragungen (§§ 130, 131 GBG) oder – wie in § 136 GBG vorgesehen – um die Nachführung des Grundbuchsstands an eine außerbücherlich veränderte Rechtslage geht. Der erkennende Senat hat aber schon zu 5 Ob 2/03k = AGS 2003/578 [Hoyer] näher begründet, die ähnliche Problemstellung – durch eine deklarative Berichtigung des Grundbuchs dafür zu sorgen, dass es die wirkliche Rechtslage wiedergibt – ermögliche eine weitgehend analoge Anwendung des § 136 GBG im Fall einer unrichtigen Verbücherung der Ergebnisse agrarischer Operationen. Anzupassen ist die Regelung aber an den die Verbücherung der Ergebnisse agrarischer Operationen kennzeichnenden Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens. Es wird daher, worauf das Rekursgericht ebenfalls schon richtig hingewiesen hat, in der Regel eine Anregung der Agrarbehörde der Anlass sein, um amtswegig das Grundbuch so zu berichtigen, dass es die außerbücherliche Rechtslage richtig wiedergibt. Außerdem hat die Einschränkung zu entfallen, dass nur nachträglich (nach der unrichtigen Grundbuchseintragung) eingetretene Rechtsänderungen berücksichtigt werden dürfen und es genügt für eine Richtigstellung des Grundbuchs, dass die Unrichtigkeit einer Eintragung offenkundig ist oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen wird (§ 136 Abs 1 GBG); würden durch die Berichtigung bestehende bücherliche Rechte Dritter betroffen, kann die Berichtigung nur unter Wahrung dieser Rechte bewilligt werden (§ 136 Abs 2 GBG).
5. Im vorliegenden Fall mag zweifelhaft sein, ob der Bescheid des Amts der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 17. 11. 1961, IIIb1-1169/17, tragende Grundlage für die Einverleibung des Eigentums der Agrargemeinschaft N***** ob den Liegenschaften EZ ***** und EZ *****, je Grundbuch ***** N***** sein konnte. Auch von der Antragstellerin wird aber die seinerzeitige Einbeziehung der genannten Liegenschaften in das Regulierungsgebiet nicht bezweifelt und es kann dann bei überdies aufrechter Anmerkung des Regulierungsverfahrens nicht davon ausgegangen werden, dass die – derzeitige – materiellrechtliche Eigentümerstellung der Antragstellerin im Sinne des § 136 Abs 1 GBG offenkundig sei. Die von der Antragstellerin beantragte (angeregte) Berichtigung kommt daher zur Zeit ohne eine Initiative der Agrarbehörde nicht in Frage; der Revsionsrekurs ist daher unberechtigt.
6. Nach § 124 GBG idF des AußStrBegleitG, BGBl I Nr. 112/2003, ist das Rechtsmittelverfahren in Grundbuchssachen einseitig; es war daher nicht geboten, der Agrargemeinschaft Neustift die Möglichkeit einer Gegenäußerung zum Revisionsrekurs der Antragstellerin zu eröffnen

Wiedereinsetzung in Rechtsmittelfristen?

In erster Linie behaupteten die Kommunalisierer, dass die Gemeinde im Regulierungsverfahren nicht (ordnungsgemäß) vertreten war, dass die Bescheide somit als nicht zugestellt zu gelten hätten. Sozusagen „hilfsweise“ wurde beantragt
13. Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfristen,
14. Wiederaufnahme des Verfahrens,
15. Neuregulierung und
16.  Abänderung der Bescheide im Sinn der Ortsgemeinde.

WEITERLESEN

13. Sollte die Agrarbehörde wider Erwarten zur Ansicht gelangen, dass der eine oder andere Bescheid der Gemeinde rechtsgültig zugestellt worden sei, so beantrage die Gemeinde Trins die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Berufung gegen folgende Bescheide zu bewilligen:
a) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 27.03.1961, Zl. IIIb1-305/43, Einleitung des Regulierungsverfahrens
b) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 28.06.1962, Zl. IIIb1-659/62, Liste der Parteien
c) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 26.11.1962, Zl.-2127/67, Verzeichnis des der Gemeinde Trins am Regulierungsgebiet zustehenden Anteilsrechtes
d) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 16.05.1967, Zl. IIIb1-537/95, Verzeichnis der Anteilsrechte
e) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 17.04.1969, Zl. IIIb1-150/113, zumindest soweit mit diesem Bescheid vorläufige Verwaltungssatzungen erlassen wurden
f) Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969, LAS-104/17, zumindest soweit damit der Berufung gegen die Erlassung von Verwaltungssatzungen keine Folge gegeben wurde
g) Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Trins vom 22.10.1971, Zl. IIIb1-97/97
h) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 23.10.1972, Zl. IIIb1- 4519/111, mit der das Regulierungsverfahren abgeschlossen wurde.

14. Die Gemeinde Trins stellt den (ausdrücklichen) Antrag, das Regulierungsverfahren für das Gemeindegut Trins gemäß § 69 Abs. 1 Zif. 1 AVG vollständig wieder aufzunehmen; dieser Antrag erfasse alle nach dessen Einleitung gesetzten Rechtsakte, insbesondere folgende Bescheide:
a) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 27.03.1961, Zl. IIIb1-305/43, Einleitung des Regulierungsverfahrens
b) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 28.06.1962, Zl. IIIb1-659/62, Liste der Parteien
c) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 26.11.1962, Zl.-2127/67, Verzeichnis des der Gemeinde Trins am Regulierungsgebiet zustehenden Anteilsrechtes
d) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 16.05.1967, Zl. IIIb1-537/95, Verzeichnis der Anteilsrechte
e) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 17.04.1969, Zl. IIIb1-150/113, zumindest soweit mit diesem Bescheid vorläufige Verwaltungssatzungen erlassen wurden
f) Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969, LAS-104/17, zumindest soweit damit der Berufung gegen die Erlassung von Verwaltungssatzungen keine Folge gegeben wurde
g) Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Trins vom 22.10.1971, Zl. IIIb1-97/97
h) Bescheid (der Agrarbehörde I. Instanz) vom 23.10.1972, Zl. IIIb1- 4519/111, mit der das Regulierungsverfahren abgeschlossen wurde.

15. Die Gemeinde Trins stellt den Antrag, das Regulierungsverfahren für das Gemeindegut Trins neu einzuleiten (Antrag auf Neuregulierung).

16. Die Gemeinde stellt den Antrag auf Abänderung folgender Bescheide gemäß § 68 Abs. 3 AVG:
a) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 26.11.1962, Zl.-2127/67, Verzeichnis des der Gemeinde Trins am Regulierungsgebiet des Gemeindegutes zustehenden Anteilsrechtes
b) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 16.05.1967, Zl. IIIb1-537/95, Verzeichnis der Anteilsrechte
c) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 17.04.1969, Zl. IIIb1-150/113
d) Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969, LAS-104/17
e) Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Trins vom 22.10.1971, Zl. IIIb1-97/97

TEXT VERBERGEN

Die Kommunalisierer begründeten diese Begehren wie folgt:

Zum Antrag 13.
Dem gefertigten Rechtsanwalt der Gemeinde Trins sei immer mehr klar geworden, dass sich hochrangige Beamte der Landesregierung entweder über politischen Wunsch, möglicherweise einer mündlichen Weisung des Landesrates und späteren Landeshauptmannes Wallnöfer dazu entschlossen hätten, den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit im Bereich der Regulierung der Gemeindegüter vollkommen über Bord zu werfen und Gemeindegut an aus den Nutzungsberechtigten gebildete agrarische Gemeinschaften zu übertragen. Die zu diesem Zweck zusammengezimmerte Argumentation habe weitgehend aus juristischen und geschichtlichen Erfindungen und im übrigen bestenfalls aus Halbwahrheiten bestanden. Von dieser rechtsbrüchigen Vorgangsweise habe sich die Landesregierung nicht einmal durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 01.03.1982, G 35/81, abbringen lassen. In den Erläuternden Bemerkungen zur TFLG-Novelle LGBl. 18/1984 habe die Tiroler Landesregierung entgegen dem zitierten VfGH-Erkenntnis betont, der Bodenreformgesetzgeber sei seit 1883 davon ausgegangen, den Agrargemeinschaften sei die Selbstverwaltung in der Form einzuräumen, dass ihnen das grundbücherliche Eigentum „als rechtlicher Nachfolgerin der altbäuerlichen Realgemeinde“ übertragen werden würde. Ein unter den Agrarjuristen des Landes herumgereichter Aufsatz des Hofrat Dr. Albert Mair werde beigelegt, wobei dem gefertigten Anwalt nicht bekannt sei, inwieweit die dargelegten Ansichten eine Erfindung des Autors sei oder ob des sich um die Wiedergabe von Behauptungen anderer Agrarjuristen handle. Auch werde die Regierungsvorlage samt Erläuternden Bemerkungen zum Gesetz vom 16.12.1983, LGBl. 18/1984, vorgelegt. Zu beiden Ausführungen habe der gefertigte Vertreter Stellungnahmen verfasst, die als Anhang und als deren Bestandteil vorgelegt werden.
Am 25.05.2005 habe Hofrat Dr. Hermann Arnold, ehemals Mitarbeiter der Agrarbehörde, Präsident der Gemeindeverbandes und Landesamtsdirektor in einem von der Tiroler Tageszeitung veröffentlichten Interview erklärt: „Wir haben bei der Übertragung des Gemeindegutes weit über das Ziel hinausgeschossen! Es sei nur durch einen Rechtsirrtum möglich gewesen und durch junge Juristen, welche die Regelung der Weide- und Holznutzungsrechte sowie die Übertragung des Gemeindegutes an die Agrargemeinschaften fast als Evangelium betrachteten. Doch dass die Agrargemeinschaften dabei gleichzeitig auch das Eigentum der Gemeinde übernommen hätten, sei aus heutiger Sicht eine Katastrophe!“
Am 02.06.2005 habe die Bauernzeitung Bauernbundobmann Anton Steixner wie folgt zitiert: „Nicht mehr zu überbieten ist … LAD Hermann Arnold. Dieser tut nun so, als hätte bei der Grundübertragung an die Agrargemeinschaften niemand gewusst, dass es sich um Gemeindegut handelte. Damit erklärte er nicht nur die damals politisch Verantwortlichen auf Landes- und Gemeindeebene für dumm, sondern sämtliche Beamte der Agrarbehörde für unfähig. Jedem war sonnenklar, dass es sich um Gemeindegründe handelt …“
Es möge wohl so sein, dass es Juristen gab, die sich in Irrtum führen haben lassen. Es sei aber unvorstellbar, dass alle Juristen der Landesregierung die Rechtslage derart verkannt hätten und die schon damals ergangene Judikatur der Höchstgerichte nicht kannten. Es könne nicht sein, dass alle Beamten gemeint hätten, das Waldzuweisungspatent vom 06.02.1847 habe mit der Formulierung „an die Gemeinden als solche“ bzw. „… in das volle Eigentum, und zwar nicht der einzelnen Unterthanen, sondern der betreffenden Gemeinden“ eine als Realgemeinde bezeichnete Vorläuferin der Agrargemeinschaften gemeint, die in dieser Form niemals existiert habe, sondern nur erfunden wurde. Auch könne es nicht sein, dass niemand nachgelesen habe, dass es zum Beispiel schon 1819 eine Gemeindeordnung gegeben habe, worin den Gemeinden Hoheitsgewalt übertragen wurde, obwohl Falser schon 1932 darauf verwiesen habe. Es müsse auch Leute gegeben haben, die diesen „Irrtum“ erfunden hätten. Jene Beamte, denen klar war, dass es sich um Gemeindegründe gehandelt habe und trotzdem feststellten, dass die Grundstücke im Eigentum einer Agrargemeinschaft stehen würden, hätten einen Amtsmissbrauch, also ein Verbrechen begangen. Diejenigen, die wussten, dass die politische Gemeinde 1847 längst existierte, dass die Tiroler Wälder den Gemeinden als solches zugewiesen worden seien und dass schon 1819 keineswegs nur die Bauern zu den Gemeindemitgliedern zählten, sozusagen die wissenden Beamten hätten die jungen Juristen, die ahnungslosen Bürgermeister und Gemeindevertreter als Werkzeuge für ihren Rechtsbruch benutzt. Sie würden nach heutigem Strafrecht Amtsmissbrauch durch Bestimmungstäterschaft gemäß § 12 StGB verantworten. Auch wenn nicht jeder einzelne Beamte von der Rechtswidrigkeit dieser gesetzlosen Vorgangsweise gewusst haben dürfte, sei diese Praxis als solche Folge eines anstiftenden Amtsmissbrauches und in ihrer Gesamtheit als verbrecherisch zu beurteilen. Da es sich beim Agrarrecht um ein äußerst komplexes Spezialgebiet handle, hätten die Gemeinden (die Bürgermeister seien nur in seltenen Fällen Juristen) auch bei Befragung eines nur allgemein ausgebildeten Juristen keine Hilfe erhalten können. Die gesetzlose Verwaltungspraxis und die dadurch verursachte Fehlinformation stelle ein unabwendbares und unvorhersehbares Ereignis dar, ihre Rechte geltend zu machen, wie es ihre gesetzliche und verfassungsmäßige Pflicht gewesen wäre.
Die Gemeinde Trins habe sich in einem Irrtum befunden. Erst im Zuge der öffentlichen Diskussion über die Auseinandersetzungen in Neustift seien dem Bürgermeister und der Gemeinde Trins Zweifel gekommen, ob nicht auch in seiner Gemeinde die Übertragung des Eigentums an die Agrargemeinschaft unrechtmäßig gewesen sein könnte.
Der gefertigte Rechtsanwalt sei am 07.06.2005 schriftlich und in der Folge – aufgrund eines am 13.06.2005 gefassten Gemeinderatsbeschlusses – nochmals am 21.06.2005 durch den Bürgermeister und zwei Mitgliedern des Gemeindevorstandes von Trins mit der Prüfung beauftragt worden, ob noch Rechtsmittel möglich seien. Am ersten Tag der Bevollmächtigung habe der gefertigte Rechtsanwalt Akteneinsicht genommen, wobei an diesem Tag die Aktenstücke nur überflogen und Kopien bestellt werden konnten. Ein ausführliches Studium der bestellten Kopien sei erst am 19.06.2005 möglich gewesen. Frühestens ab 07.06.2005, zutreffender am 19.06.2005, sei dem Vertreter der Gemeinde Trins bekannt gewesen, welche Bescheide gegen die Gemeinde Trins erlassen worden seien, dass diese rechtwidrig gewesen seien und welche Rechtsmittel erhoben werden könnten.
Die Agrargemeinschaft Trins führt zu diesem Antrag der Gemeinde Trins auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im wesentlichen aus, dass auf diesen Antrag vor dem Hintergrund der eingetretenen Rechtskraft der einzelnen Bescheide einzugehen sei. Der Mangel an Verschulden am unterlaufenen Versäumnis sei als Voraussetzung streng zu prüfen, um Missbrauch und Benachteiligungen anderer Parteien zu verhindern. Fahrlässigkeit schließe die Wiedereinsetzung ebenso aus wie die bloße Unkenntnis rechtlicher Vorschriften, Rechtsirrtum oder falsche Rechtsauskünfte über die Anfechtbarkeit von Bescheiden.
Dem Antrag sei entgegenzuhalten, die Behauptung, dass Beamte über politischen Wunsch oder über bloße mündliche Weisung – und daher rechtswidrig – sich verhalten hätten, eine freie durch nichts bewiesene Erfindung darstelle. In allen Fällen handle es sich um Geschehnisse außerhalb der eigentlichen, dem Verwaltungsverfahren entsprechenden Anwendung eines verfassungsmäßig zustande gekommenen Landesgesetzes bei der Erlassung der hier gegenständlichen Bescheide. Der Wiedereinsetzungsantrag vermöge nicht glaubhaft zu machen, wie weit ein herumgereichter Aufsatz von Dr. Albert Mayr oder die angeprangerte Indoktrinierung in der Rechtsauffassung der tätigen Beamten die Bescheide kausal bestimmt oder darin ihren Niederschlag gefunden oder ein Verschulden der Gemeinde an der Versäumung der Rechtsmittelfrist beseitigt hätte.
Der Hinweis auf ein Presseinterview eines pensionierten Landesamtsdirektors erscheine nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern wende sich gegen die eigene Argumentation. Die Antragstellerin räume ein, dass es – nach ihrer freien Vermutung – unter den Juristen der Landesregierung eine Meinungsvielfalt über das Wesen des agrarischen Grundbesitzes gegeben habe. Folglich habe sich auch Dr. Arnold, ehemals als Referent des Landeshauptmannes, als Beamter der Agrarbehörde, als Landesamtsdirektor und Vorsitzender des Landesagrarsenates zugemutet und zugebilligt werden müssen, vom Meinungsstreit Kenntnis gehabt und sich selbst eine Meinung gebildet zu haben. Sollte Dr. Arnold sich der von der Gemeinde erwünschten Rechtsmeinung angeschlossen haben, erhebe sich die Frage, weshalb er sich ungeachtet seiner leitenden Funktionen in der Verwaltung verschwiegen habe. Sollte er hingegen das Gegenteil zu seiner heutigen Auffassung vertreten haben, dürfe unterstellt werden, dass dieser Gesinnungswandel die Vertretbarkeit und Seriosität seiner damaligen Auffassung nicht ausschloss sondern implizierte. Schließlich sei zu fragen, zu welchem Zeitpunkt bei Dr. Arnold der Gesinnungswandel eingetreten sei, er selbst habe sich „aus heutiger Sicht“ bekannt, demnach wäre ihm in seinen erwähnten Funktionen die Bezug nehmende Entwicklungen nicht zur Kenntnis gelangt. Schließlich sei unerheblich, welcher Auffassung der jeweilige Beamte anhing, insoferne ein Sachverhalt unter die Tatbestandsmäßigkeit agrarrechtlicher Normen subsumiert werden konnte, musste oder wurde.
Die polemische und inkriminierende, letztlich als verantwortungslos erscheinende Anprangerung von Beamten solle über einen Trugschluss in der Argumentation der Gemeinde hinwegtäuschen. Der Wiedereinsetzungsantrag mache nicht glaubhaft, dass und wie allfällige begriffliche Meinungsverschiedenheiten konkret eine Irreführung des Bescheidadressaten hinsichtlich der Wahrnehmung von Rechtmitteln herbeigeführt haben sollte. Selbst wenn man Rechtsirrtum als Wiedereinsetzungsgrund bejahte, müsste die Verschuldensfrage geprüft werden. Der Gemeinde bzw. ihren Organen als Träger(in) hoheitlicher Befugnisse und Privatrechten seien die Vorgänge um die Eigentumsübertragung aufgrund des Verfahrensablaufes und angesichts zugestellter Bescheide und Grundbuchsbeschlüsse bewusst und die Tragweite gegenwärtig gewesen. Die Kritik des Dr. Arnold an der rechtspolitischen Zielsetzung des TFLG nehme nicht zur Frage Stellung, ob die hier bekämpften Bescheide meritorisch richtig auf dem TFLG beruhten. Schließlich bleibe der Wiedereinsetzungsantrag die Antwort schuldig, ob Dr. Arnold in den Reihen jener Agrarjuristen des Landes war, die sich auffordern ließen, rechtswidrig oder strafrechtlich relevant zu handeln, oder zu denen die die Rechtslage verkannt hätten. Insgesamt handle es sich um reine Schutzbehauptungen.
Mit dem Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 23.06.1950, LAS 24/2, sei unter dem damaligen Vorsitz des Landesrates Eduard Wallnöfer einer Berufung der Gemeinde Trins stattgegeben worden. Damit sei das im Antrag behauptete Bestreben des Landeshauptmannes Eduard Wallnöfer „den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit im Bereich der Regulierung vollkommen über Bord zu werfen und den Tiroler Gemeinden wann immer möglich das Eigentum am Gemeindegut wegzunehmen“ nachdrücklich widerlegt. Am 21.05.1969 habe der Landesagrarsenat unter dem Vorsitz von Dr. Andreas Saxer, stimmführendes Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, in einem Berufungsverfahren beraten wobei an der Beratung ferner der Vizepräsident des OLG Innsbruck und Präsident des OGH des Fürstentums Lichtenstein, der Präsident des LG Innsbruck, der Vorsteher des BG Schwaz und 3 leitende Beamte des Amtes der Landesregierung teilgenommen. Angesichts einer solchen Besetzung des Rechtsmittelsenates könne nicht unterstellt werden, die Rechtslage der für die Bescheide zugrunde liegenden Rechtslage verkannt zu haben, oder einer Beeinflussung nicht entgegen getreten zu sein. Die im bezüglichen Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969 geäußerte – vom Obersten Agrarsenat bestätigte – Rechtsansicht sei für den angefochtenen Zeitraum geltende Rechtslage gewesen und sei das Erkenntnis sowohl dem Gemeindevertreter wie auch dem Bürgermeister der Gemeinde Trins zugestellt worden. Ein Irrtum „über die wahre Rechtslage“ scheide aus. Die fachlichen Bedrängnisse in der Beamtenschaft der Agrarbehörde seien unnachvollziehbare Spekulationen. Die bekämpften Bescheide seien vor Jahrzehnten in Rechtskraft erwachsen. Es mangle das zwingend erforderliche Tatbestandselement des unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses. Im übrigen vermöge sich die Gemeinde nicht auf die Aufwendung der geforderten Sorgfalt zu berufen.

Zum Antrag 14.
Wie von der Gemeinde Trins schon unter Punkt 13 ausgeführt, müsse sich die Tiroler Landesregierung auch im Zusammenhang mit dem Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG den Vorwurf des Amtsmissbrauches gefallen lassen, wobei es dahingestellt bleiben könne, welcher Beamte irrtümlich amtshandelte und wer wissentlich. Es genüge wenn ein Amtsmissbrauch oder eine vergleichbar schwere Missachtung der Rechtsordnung zum Zustandekommen des betreffenden Bescheides beigetragen habe. Für die strafrechtliche Qualifikation sei es unerheblich, ob der Bescheiderlasser selbst irre und insoferne als Werkzeug missbraucht werde, wenn der Bestimmungstäter die Rechtslage kenne. Bezogen auf die Regulierung des Gemeindegutes sei es nun praktisch den Tätern anheim gestellt, ob sie zur Wiederherstellung des amtsmissbräuchlich herbeigeführten Schadens bereit seien, während dem Opfer der strafbaren Handlung jeder Anspruch auf Beseitigung schon sehr früh genommen würde. Dies sei unbillig.
Demgegenüber führt die Agrargemeinschaft Trins aus, der auf § 69 Abs. 1 Zif. 1 AVG gestützte Antrag könne nach Ablauf von 3 Jahren ab Erlassung des Bescheides nicht mehr gestellt werden. Nach der Aktenlage seien die von der Gemeinde bekämpften Bescheide jedenfalls nicht durch Fälschung einer Urkunde oder durch ein falsches Zeugnis herbeigeführt worden. Ungeachtet aller Kriminalisierung von Politikern und Beamten könne das Vorbringen der Gemeinde in dem Sinne verstanden werden, dass sie die Erschleichung von Bescheiden behauptet oder in Betracht zieht. Insoweit sich die Anwürfe der Gemeinde gegen weisungsbefugte oder beamtete Organe richte, werde der verstorbene ehemalige Landeshauptmann Eduard Wallnöfer diskreditiert, der sich gegen den frei erfundenen Vorwurf des Amtsmissbrauches nicht mehr wehren könne. Soweit sich die Anschuldigungen gegen Beamte richte, spekuliere die Gemeinde offensichtlich mit der Annahme, dass die Opfer der Diskreditierung bereits im Ruhestand oder sogar nicht mehr am Leben seien und sich nicht mehr zur Wehr setzten könnten und sich das Vorbringen der Gemeinde im Rahmen undifferenzierter pauschaler Anschuldigungen bewege. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens könne nur als polemisches Experiment angesehen werden und erübrige es sich, auf die der ständig wiederholten Stimmungsmache und Skandalisierung dienenden Ausführungen weiter einzugehen.

Zum Antrag 15.
Gemäß § 68 Abs. 3 TGO diene das Gemeindegut einerseits der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der nutzungsberechtigten Liegenschaften andererseits den Bedürfnissen der Gemeinde. Aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes wäre es erforderlich, dass die Gemeinde zumindest die Möglichkeit hätte, bei geänderter Sach- und Rechtslage einen Antrag auf Neuregulierung zu stellen, ohne dafür die Zustimmung zahlreicher anderer Nutzungsberechtigter einholen zu müssen. Tatsächlich seien inzwischen ganz wesentliche andere Nutzungsmöglichkeiten entstanden, insbesondere sei der Jagdpachtzins seit der Zeit unverhältnismäßig gestiegen. Es würden Einnahmen aus dem Schotterverkauf erzielt und die Agrargemeinschaft verfüge über Baulandreserven, die mittel- bis langfristig mobilisiert werden dürften. Durch eine Neuregulierung müsste dafür gesorgt werden, dass die auf die Substanz fallenden Nutzungen im Innenverhältnis der Gemeinde Trins zufallen.

Zum Antrag 16.
In Wahrung des öffentlichen Wohles sei eine Abänderung der Regulierungsbescheide zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich. Der Antrag werde als formaler Antrag und nicht nur als Anregung gestellt und zwar auch in diesem Fall aus der Überlegung heraus, dass es unbillig wäre, wenn in einer solchen Frage die geschädigte Gebietskörperschaft keinerlei Antragsrecht hätte und die Wiederaufnahme ins Belieben jener Behörde gestellt wäre, die den Schaden durch parteiisches und offenkundig krass rechtswidriges Vorgehen (unter Hinweis auf Morscher in „Nutzungsrechte am Gemeindegut“, Zeitschrift für Verwaltung, Heft 1, 1982) verursacht habe. Der schwere volkswirtschaftliche Schaden bestehe darin, dass die Gemeinde Trins kaum Steuereinnahmen habe und daher schon seit vielen Jahren bei fast allen öffentlichen Vorhaben auf Zuschüsse des Landes angewiesen sei, während die Agrargemeinschaft aus dem ehemaligen Gemeindegut hohe Einnahmen erzielt habe und weiterhin erzielen werde. Die Bescheide seien dahingehend zu ändern, dass der Agrargemeinschaft lediglich die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen belassen werden, während vor allem die nicht land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen der Gemeinde Trins zuzuweisen seien.
Demgegenüber führt die Agrargemeinschaft Trins aus, dass die Gemeinde ihren Antrag nicht auf schwere wirtschaftliche Schädigung, sondern auf einen schweren wirtschaftlichen Schaden stütze. Die Unterscheidung dieser Begriffe „Schädigung“ und „Schaden“ entspreche keinesfalls semantischer Willkür oder Rabulistik. Aus der von der Gemeinde herangezogenen Argumentation zeige sich, dass der thematisierte Schade nicht dem Schädigungsbegriff der herangezogenen Gesetzesstelle entspreche, weil es sich um Folgen einer zum Zeitpunkt der Erlassung der bekämpften Bescheide nicht absehbaren, von vielerlei Umständen abhängigen wirtschaftlichen Entwicklung über Jahrzehnte hinweg handle. Dies gelte für die Gemeinde wie auch für die Agrargemeinschaft selbst. Welche wirtschaftlichen Vorteile die Agrargemeinschaft heute und in Zukunft genieße, habe mit der ursprünglichen Eigentumsfeststellung wenig zu tun, sondern sei das Ergebnis vielerlei nicht kausaler Faktoren über Jahrzehnte hinweg. Der unbestimmte Gesetzesbegriff „volkswirtschaftliche Schädigung“ könne zwanglos nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung nur im Sinne des Schadenersatzrechtes (§§ 1293 ff ABGB) verstanden werden, welcher terminologisch Verschulden, Rechtswidrigkeit, Kausalität und Rechtswidrigkeit voraussetze. Demnach könne „Schädigung“ nicht in der mittelbaren bloßen Verursachung eines Nachteiles liegen.
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Abänderung oder Aufhebung von Bescheiden nach § 68 Abs. 2 AVG sei streng zu prüfen, weil es sich um eine Ausnahme von der materiellen Rechtskraft handle. Die durch die bekämpften Bescheide herbeigeführte Rechtslage wirke sich nicht schon für sich nachteilig für die Gemeindewirtschaft aus. Es ergäbe sich ein unlösbarer Widerspruch zwischen der von der Gemeinde angestrebten Enteignung landwirtschaftlichen Grundes und der Pflicht der Behörde zu möglichster Schonung erworbener Rechte, wobei auch die Agrargemeinschaft im Rahmen ihrer Wirtschaftspläne seit Jahrzehnten Bewirtschaftungsziele programmatisch verfolge. Auch könne jederzeit nachgewiesen werden, dass sich Gewinne der Agrargemeinschaft in bescheidenem Rahmen bewegen. Beim agrargemeinschaftlichen Liegenschaftseigentum handle es sich um Wald, Weide, Almgrundstücke und landwirtschaftliche Grundstücke, welcher einer von der Gemeinde ins Auge gefassten Grundverwertungspolitik nicht zugänglich sei. Abzulehnen sei die Auffassung, dass knappe Steuereinnahmen der Gemeinde den Tatbestand schwerer volkswirtschaftlicher Schädigung erfüllen. Dieses Ungleichgewicht zwischen Abgabenerhebung und übernommenen Verpflichtungen sei häufig auf mangelnde wirtschaftliche Planung zurückzuführen.

 

2006. Strategie I
scheitert beim VfGH

Eine Strategie der Kommunalisierer war es, im Jahr 2005 direkt an den Verfassungsgerichtshof heran zu treten. Beteiligt waren jedenfalls die Agrargemeinschaft Neustift im Stubaital (Gemeinde Neustift), Agrargemeinschaft Mieders (Gemeinde Mieders), die Agrargemeinschaften Oberstädter und Unterstädter Melkalpe (Stadtgemeinde Imst) und Agrargemeinschaft Trins (Gemeinde Trins). Primäres „Angriffsziel“ waren die Bescheide der Gemeindeaufsicht, mit denen eine Gemeindevertreter für das Regulierungsverfahren bestellt wurde (§ 110 Abs 1 lit f TFLG 1952). Im Fall der Regulierung der Gemeinschaftsliegenschaften von Trins haben die Kommunalisierer zusätzlich einen Bescheid des Landesagrarsenats  angefochten.

In dem für die Ortsgemeinde Neustift anhängig gemachten Verfahren wandten sich die Kommunalisierer (vertreten durch RA. Dr. Andreas Brugger) gegen einen offenkundigen rechtspolitischen Schwachpunkt in verschiedenen historischen  Regulierungsverfahren: die behördliche Bestellung eines Gemeindevertreters. (Gem § 110 Abs 1 lit f TFLG 1952 wird die Ortsgemeinde im Agrarverfahren vertreten durch eine Person, die die Landesregierung als Aufsichtsbehörde – wenn auch nach Anhörung der Gemeinde – bestellt.)  Den Bescheid vom Juli 1960, mit dem der Altbürgermeister der Gemeinde Neustift zum  Gemeindevertreter für das Regulierungsverfahren bestellt wurde, machten die Komunalisierer im Jahr 2005 zum Gegenstand eines Verfahrens vor dem VfGH: Im Verfahren sei der Gemeinde arglistig ein Vermögen im Wert von mehreren Millionen Euro entzogen worden; die Gemeinde sei in ihrem Recht verletzt, sich selbst durch demokratisch legitimierte Vertreter im Verfahren zu vertreten. In Verbindung mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist wurde Verfassungsgerichtshofbeschwerde erhoben.

45 Jahre nach Rechtskraft hat der VfGH den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und die Beschwerde wegen Verspätung ebenfalls.

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Sammlungsnummer: 17779
Geschäftszahl: B334/05
Entscheidungsdatum: 04.03.2006

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen. Begründung:

I. In der ersten Juli-Hälfte 1960 richtete die Tiroler Landesregierung unter dem Betreff „Regulierung des Gemeindegutes“ zu Ib-Zl.-55/29 folgendes undatiertes Schreiben an die Gemeinde Neustift: „Herrn Bürgermeister A D, Neustift i.St. Die Mehrheit der Nutzungsberechtigten am Gemeindegut der Gemeinde Neustift hat bei der Agrarbehörde die Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte an diesem Gemeindegut beantragt. Für dieses Verfahren werden Sie gemäß §110 des Flurverfassungs-Landesgesetzes vom 16.7.1952, LGBl. Nr. 32, zum Vertreter der Gemeinde Neustift bestellt. Sie haben in diesem Verfahren die Interessen der Gemeinde nach bestem Wissen und Gewissen zu vertreten. Für die Landesregierung: Dr. K“ Eine Abschrift ist der Agrarbehörde zu ZI Ib1-710/3 v. 21.3.1960 zugegangen.

In weiterer Folge wurden unter anderem mit Bescheiden der Agrarbehörde vom 30. April 1963 die Anteilsrechte der Gemeinde Neustift am Regulierungsgebiet des Gemeindegutes mit 15 % verzeichnet und festgestellt, dass die Grundstücke im Eigentum der Agrargemeinschaft Neustift stehen, an der die jeweiligen Eigentümer der in einer Liste der Parteien aufgezählten Liegenschaften und die politische Gemeinde Neustift anteilsberechtigt seien. Beide Bescheide stützen sich auf einen mit der Verzeichnung des Anteils zugleich genehmigten Vergleich (Übereinkommen mit dem bestellten Gemeindevertreter). Das Regulierungsverfahren ist noch anhängig. Unter anderem gegen die zuletzt genannten Bescheide der Agrarbehörde hat die Gemeinde Neustift im März 2005 Berufung erhoben. Der diese Berufung zurückweisende Bescheid des Landesagrarsenates ist beim Verfassungsgerichtshof zu B949/05 bekämpft. Aus diesem Bescheid ergibt sich, dass A D im April 1962 als Bürgermeister von J P, als Gemeindevertreter im Regulierungsverfahren aber erst 1965 von H G abgelöst wurde, und aufgrund des Feststellungsbescheides aus 1963 an den betroffenen Liegenschaften im Jahre 1964 das Eigentumsrecht der Agrargemeinschaft Neustift einverleibt wurde.
Richtigstellungsanträge vom April 2005 mit dem Begehren, wiederum das Eigentumsrecht der Gemeinde einzuverleiben, wurden mit einem vom Landesgericht Innsbruck bestätigten Beschluss des Grundbuchsgerichtes abgewiesen. Mit dem vorliegenden Antrag begehrt die Gemeinde Neustift die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung der Beschwerde gegen das eingangs genannte, als Bescheid gewertete Schreiben der Tiroler Landesregierung und erhebt zugleich Beschwerde wegen Verletzung des dieser Gemeinde verfassungsgesetzlich zustehenden Rechts, ihre Organe selbst bestellen zu dürfen und dies durch Wahlen zu tun. Als Wiedereinsetzungsgrund wird das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung und der Umstand geltend gemacht, dass A D nicht in der Lage gewesen sei, die Rechtswirkungen und Tragweite der Vertreterbestellung zu erkennen. Die im Verfahren getroffene Entscheidung (der Bescheid aus 1963) habe der Gemeinde ein Vermögen im Wert von mehreren Millionen Euro arglistig entzogen.

Dazu legt die beschwerdeführende Gemeinde die Niederschrift einer die Regelung des Gemeindegutes betreffenden Besprechung vom 29. September 1964 vor, an der seitens der Gemeinde neben dem Bürgermeister P und dem Vizebürgermeister acht Gemeinderäte, der Gemeindevertreter A D und für die Agrarbehörde I. Instanz ORR Dr. B teilgenommen hatten; dabei hatte Dr. B eine Darstellung des Verwaltungsgeschehens gegeben, deren Schluss wie folgt protokolliert ist: „11. 23.4.1963 Parteienübereinkommen mit dem Gemeindevertreter A D auf 15 % gemäß Verhandlungsschrift. Übereinkommen: a) der pol. Gemeinde Neustift kommt an den Holznutzungen des Gemeinschaftsgebietes ein Anteilrecht von 15 % zu. b) die zu bildende Agrargemeinschaft Neustift kommt darüber hinaus noch zur Gänze für das bei Katastrophenfällen an Brücken und Wegen zur Sicherung dieser Anlagen und zur Wiederherstellung derselben erforderlichen Holz nach den tatsächlichen Holzbedarf auf. c) Weiters wird vereinbart, daß eine Agrargemeinschaft Neustift körperschaftl. mit Wirkung vom 1.1.64 eingerichtet werden soll. Der Vertreter der Agrarbehörde, ORR. Dr. B ist der Meinung, daß die Besitzverhältnisse durch die Bildung der Agrargemeinschaft allgemein klargestellt sind, zumal alle Gemeinden des Stubeitales gleich durchgeführt wurden. Der Gemeindevertreter D erklärte hiezu, daß am 23.4.63 über die Besitzverhältnisse nicht gesprochen wurde. Dr. B konnte am 29.9.64 nicht mehr unbedingt sagen, ob am 23.4.1963 über das Eigentumsrecht gesprochen wurde.
12. 30.4.63 Regulierungsbescheid erlassen durch Agrarbehörde. Übertragung des Eigentums auf die Agrargemeinschaft Neustift. Einspruchsmöglichkeit vom 13.5.63 – 10.6.63. 13. 29.9.64: Gde.Vertreter A D betont, daß er am 23.4.63 an den Vertreter der Agrarbehörde (Dr. B) folgende Frage zur körperschaftl. Einrichtung richtete: Wollen die Eingeforsteten den Nichteingeforsteten etwas wegnehmen oder umgekehrt? Antwort d. Dr. B: Niemanden wird etwas weggenommen. Damit war der Gemeindevertreter D der Auffassung, daß die Grundstücke in Eigentum der Gemeinde bleiben.“ Eine Ergänzung zum (vorstehend nicht wiedergegebenen) ersten Punkt des Verfahrensablaufes (Antragstellung) mündet in die Wiedergabe folgenden Wortwechsels: „H: Herr Bürgermeister, welche Behörde hat Dir den Rat gegeben, daß unsere Anträge nicht auf die Tagesordnung kamen? H: Warum Herr Bürgermeister und Vertreter der Gemeinde hast Du bis heute es noch nie gewagt, die Gemeinde als solche bei der Agrarbehörde zu vertreten. Bürgermeister P: Weil ich laut Auskunft der Gde.-Aufsichtsbehörde der Meinung war, daß Altbürgermeister D bis zum Abschluß des Regulierungsverfahrens alleiniger Vertreter der Gemeinde Neustift ist.
Dr. B: Vertreter der Gemeinde ist Altbürgermeister D bis das Verfahren abgeschlossen ist. H: an Dr. B: Dr. M gab uns am 30. Juli 1964 nach langen Verlangen den Bürgermeister als Vertreter der Gemeinde bekannt. Altbgm. D: Wenn man bei der Verhandlung über den Grund auch verhandeln hätte wollen, wäre es nie so weit gekommen. Vizebgm. S: Vizebgm. S fragt GR. S ob er wirklich gewußt hat, daß der Grund an die Agrargem. übergeht. S A GR: Das haben sie schon gewußt, daß der Grund auch mitgeht. Altbgm. D sagt, dort dürfte er nichts mehr glauben, wenn es so ist, sonst würde ich mich vor der Verantwortung fürchten. Bgm. P fragt Dr. B: Wieso die Aufsichtsbehörde nichts dagegen unternahm, kann ich nicht verstehen, wo es doch um Millionenbeträge ging. Dr. B gab hiezu keine Erklärung ab. H: R A und R J haben am 30.7.1964 vor dem Gemeinderat und Dr. M erklärt, daß über Grund bei der Verhandlung nicht gesprochen wurde. H: Also Herr Dr. B hat man es doch bewußt gemacht, daß man der Gemeinde den Grund enteignen kann, weil niemand aufgeklärt wurde. Verweis von Dr. B.“

Daraus folgert der Wiedereinsetzungsantrag, dass A D nicht gewusst habe, dass mit den einzelnen Teilbescheiden des Regulierungsverfahrens der Gemeinde Neustift das Recht auf die Substanz entzogen werden sollte bzw. entzogen wurde, und dass er es nur aus diesem Grund unterlassen hat, die Bescheide anzufechten: „Weder Herrn Bürgermeister A D noch den nachfolgenden Bürgermeistern kann es zum Vorwurf gemacht werden, dass sie den Beamten der Tiroler Landesregierung vertraut haben. Die Bürgermeister der Tiroler Landgemeinden sind von wenigen Ausnahmefällen abgesehen selbst nicht juristisch ausgebildet. Die bescheidenen Finanzmittel der Gemeinden lassen es auch nicht zu, ständig einen Juristen zu beschäftigen oder in allen auftauchenden Fragen Rechtsanwälte kontaktieren. Es ist daher auch heute noch absolut üblich, dass sich die Bürgermeister der Tiroler Landgemeinden bei den in der Gemeinde auftauchenden Rechtsfragen von den Beamten der Bezirkshauptmannschaften und der Landesregierung beraten lassen. Sie sind darauf angewiesen, dass diese ihnen das Richtige sagen.

Darauf dürfen die Organe der Gemeinden auch vertrauen: Nach der Verfassung hat das Land gegenüber den Gemeinden die Stellung einer Aufsichtsbehörde. Daraus resultieren für das Land Tirol nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Ähnlich wie Eltern ihrem Kind gegenüber und ähnlich wie ein Vormund gegenüber dem Mündel verpflichtet sind, bei der Ausübung ihrer ‚Leitungsfunktion‘ die Interessen des Kindes besonders wahrzunehmen, ergibt sich dieselbe Verpflichtung auch für die Beamten der Tiroler Landesregierung aus der verfassungsmäßigen Stellung des Landes Tirol als Aufsichtsbehörde der Gemeinden. Die Beamten des Landes Tirol wären daher von Rechts wegen verpflichtet gewesen, sich in ganz besonderem Maße um das Wohl der ihnen zur Aufsicht anbefohlenen Gemeinden zu kümmern. Aufgrund der Bestimmung des §89 Abs4 FLG, wonach die Agrarbehörde jene Normen anzuwenden hatte, die auch sonst für die von ihr entschiedenen Angelegenheiten galten, wäre sie verpflichtet gewesen, auch die Funktion der Gemeindeaufsichtsbehörde wahrzunehmen.
Wenn überhaupt ließe sich der in §96 FLG normierte Wegfall der aufsichtsbehördlichen Genehmigungspflicht für die in einem Agrarverfahren abgegebenen Erklärungen und abgeschlossenen Vergleiche nur damit rechtfertigen, dass im Agrarverfahren eben die Agrarbehörde die Aufgaben der Gemeindeaufsichtsbehörde wahrnehmen muss und daher verpflichtet wäre, darauf zu achten, dass die von einer Gemeinde abgegebenen Erklärungen und abgeschlossenen Vergleiche nicht die Interessen der Gemeinde verletzen. Weder Altbürgermeister A D noch seinen Rechtsnachfolgern kann daher die Tatsache, dass sie den Beamten des Landes Tirol vertrauten, als Verschulden angelastet werden.

Man mag sich vielleicht fragen, worin genau der Rechtsirrtum der Gemeindevertreter bestanden haben soll, doch muss man diese Frage ganzheitlich betrachten: Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. Nr. 9336 richtig aufzeigte, geht es letztlich darum, dass der Gemeinde das Recht auf die Substanz des Gemeindevermögens nicht entzogen werden hätte dürfen. Inhaltlich wurde zum damaligen Zeitpunkt dieses Recht auf die Substanz des Gemeindegutes durch das komplexe Zusammenwirken verschiedenster Rechtsvorschriften ausgestaltet. Um diese Zusammenhänge zu verstehen, hätten die Bürgermeister der Gemeinde Neustift zunächst wissen müssen, dass aus dem Umstand, dass ein Grundstück ein agrargemeinschaftliches Grundstück im Sinne des §36 TFLG idF LGBl. Nr. 32/1952 darstellt, noch keineswegs folgt, dass die Agrargemeinschaft zugleich auch Eigentümerin dieses Grundstückes sein muss. Dies ergibt sich daraus, dass gemäß §36 Abs2 litd FLG die zum Gemeindegut gehörigen Grundflächen jedenfalls als agrargemeinschaftliche Grundstücke zu gelten hatten, dass aber das Gemeindegut regelmäßig im Eigentum der Gemeinde stand (vgl. §51 Abs2 FLG idF LGBl. Nr. 32/1952 und §73 TGO idF LGBl. Nr. 24/1949). Um den Inhalt und den Umfang des der Gemeinde vorbehaltenen Rechtes an der Substanz des Gemeindegutes beurteilen zu können, hätten die Bürgermeister daher das Nebeneinander des Grundeigentums der Gemeinden mit den Vorschriften der Flurverfassungsgesetze betreffend die Agrargemeinschaften verstehen müssen, was vollkommen unmöglich war, da aufgrund der nur unvollständigen gesetzlichen Ausgestaltung die damit zusammenhängenden Fragen auch heute noch von keinem Juristen erschöpfend und verlässlich beantwortet werden können.

Aus dem Akt ergibt sich, dass die einzelnen Besprechungen vor allem die Holznutzung zum Thema hatten. Für die Beteiligung der Gemeinde an der Holznutzung spielte es keine wesentliche Rolle, ob der Gemeinde Neustift ihr Anteil an der Holznutzung in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin des Gemeindegutes oder als Anteilsberechtigte an der Agrargemeinschaft Neustift zugute kam. Dass allerdings beispielsweise das Recht zur Aufhebung von Nutzungsrechten im Sinne des verloren gehen könnte, wenn die Gemeinde nicht mehr Eigentümerin des Gemeindegutes wäre, hätte schon qualifizierterer Überlegungen bedurft. Schließlich hat ja niemals jemand bestritten, dass das gegenständliche Gebiet (bzw. zumindest der allergrößte Teil davon) das Gemeindegut von Neustift darstellt, und ist – zumindest nach dem unmittelbaren Gesetzeswortlaut – die Ausübung der in §81 TGO idF LGBl. Nr. 24/1949 genannten Befugnisse nicht davon abhängig, dass die Gemeinde auch im Grundbuch als Eigentümerin des Gemeindegutes aufscheint. Tatsächlich stellt sich nach den im Regulierungsverfahren ergangenen Bescheiden freilich die Frage, ob das gegenständliche Gebiet überhaupt noch als Gemeindegut der Gemeinde Neustift anzusehen ist und wenn ja, was die Folge einer Aufhebung von Nutzungsrechten gemäß §81 TGO LGBl. Nr. 24/1949 bzw. gemäß §73 TGO 2001 sein soll.

Es ist klar, dass ein juristisch nicht gebildeter Bürgermeister diese komplexen Zusammenhänge ohne entsprechende Aufklärung nicht verstehen kann. Anstatt den damaligen Bürgermeister aufzuklären, hat ihm die Agrarbehörde I. Instanz jedoch vorgemacht, bei den erlassenen Bescheiden handle es sich um reine Formsache, es würde sich nichts ändern. Dies ergibt sich nicht nur aus den Darstellungen von Altbürgermeister A D in der Niederschrift vom 29.9.1964, sondern beispielsweise auch aus der Begründung des Bescheides vom 30.4.1963, GZl. IIIb 1-1019/159, mit dem festgestellt wurde, dass die zum Gemeindegut Neustift gehörigen Grundflächen im Eigentum der Agrargemeinschaft Neustift stehen würden. In der Begründung dieses Bescheides wurde behauptet, die im Spruch dieses Bescheides genannten Rechtsverhältnisse seien ohnehin bereits durch frühere Bescheide der Agrarbehörde entschieden worden, bzw. es werde nur eine getroffene Vereinbarung bescheidmäßig beurkundet, was beides in keinster Weise der Wahrheit entsprach. Da überdies laut Niederschrift vom 29.9.1964 der damalige Leiter der Agrarbehörde der Behauptung von Altbürgermeister D und der Gemeinderäte A R und des Herrn J R nicht widersprochen hat, wonach bei den Regulierungsverhandlungen über die Eigentumsfrage nicht geredet worden sei, steht auch objektiv fest, dass die damaligen Gemeindevertreter teils durch unterlassene Aufklärung und teils dadurch, dass ihnen die Unwahrheit gesagt wurde, außerstande gesetzt wurden, die Rechte der Gemeinde Neustift so zu vertreten, wie es deren gesetzliche Pflicht gewesen wäre. Als die Gemeindevertreter schließlich im September 1964 merkten, was geschehen war, wurde Ihnen erklärt, jetzt sei es zu spät, Rechtsmittel seien nicht erhoben worden, man könne nichts mehr machen (vgl. Amtsvermerk vom 31.7.1964 und Niederschrift vom 29.9.1964). Als sie dann dem damaligen Leiter der Agrarbehörde I. Instanz vorwarfen, dass er die Gemeinde ‚bewusst enteignet‘ und deshalb niemand aufgeklärt habe, erhielten sie einen scharfen Verweis (vgl. Niederschrift vom 29.9.1964) und haben sich dadurch einschüchtern lassen und den Eindruck gewonnen, sie seien der Behörde machtlos ausgeliefert. Dadurch ist die Sache schließlich auch offensichtlich in Vergessenheit geraten. Spätere Bürgermeister haben gar nichts mehr von der hier angesprochenen Problematik gewusst. Dadurch war die Gemeinde Neustift bis heute verhindert, gegen den Einleitungsbescheid Beschwerde zu erheben. Erst jetzt durch die Einsichtnahme ihres Rechtsanwaltes am 10.03.2005 und am 18.03.2005 hat der gefertigte Vertreter der Gemeinde Neustift Kenntnis vom geschilderten Sachverhalt erlangt und erkannt, dass Rechtsmittel gegen die in diesem Schriftsatz angefochtenen Bescheide in Verbindung mit Anträgen auf Wiedereinsetzung möglich sind, sowie dass diese Bescheide rechtswidrig sind, und welche Tragweite sie für die Gemeinde Neustift hatten und noch haben.“

II. Der Wiedereinsetzungsantrag ist verspätet. Gegenstand des Wiedereinsetzungsantrages ist ausschließlich die Bestellung des A D zum Vertreter der Gemeinde Neustift in dem 1960 eingeleiteten Regulierungsverfahren. A D war damals Bürgermeister dieser Gemeinde. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, dass er die Bedeutung dieser Bestellung nicht verstanden haben sollte. Wovon ihn oder die Gemeinde die fehlende Rechtsmittelbelehrung unter diesen Umständen abgehalten haben soll, ist gleichfalls unerfindlich. Ein Irrtum über die Bedeutung dieses Aktes konnte erst entstanden sein, als allmählich klar wurde, welche Folgen das Verfahren für die Gemeinde haben sollte. Im Übrigen ist der Hinweis auf die Möglichkeit der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof keine Rechtsmittelbelehrung und sein Fehlen als solches kein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund (VfSlg. 10.813/1986, 14.120/1995, 14.229/1995). Dass das Eigentum am Gemeindegrund der Agrargemeinschaft zugeordnet und der Gemeinde Neustift nur ein Anteil von 15 % zugesprochen wurde, musste den Vertretern der Gemeinde seit Erlassung der Bescheide vom 30. April 1963 klar sein, weil diese Bescheide es wörtlich aussprechen. Spätestens zugleich mit diesen Bescheiden hätte auch – mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung verbunden – die Bestellung des Gemeindevertreters angefochten werden müssen. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass auch die neu bestellten Gemeindeorgane nicht verstanden haben, dass die Rechtslage früher anders gewesen war, war die Bedeutung des Geschehens nach bücherlicher Übertragung des Eigentums auf die Agrargemeinschaft mit Zustellung des Beschlusses des Grundbuchgerichtes klar und lag bei der Besprechung am 29. September 1964 offen zutage: Das mögliche Missverständnis A D kam zur Sprache, der Vertreter der Agrarbehörde hatte selbst von einer „Übertragung des Eigentums auf die Agrargemeinschaft“ gesprochen und er hatte auf die (versäumte) „Einspruchsmöglichkeit“ hingewiesen. Es musste zu diesem Zeitpunkt auch klar sein, dass A D die am Schluss des Protokolls wiedergegebene Antwort des Dr. B am 23. April (dem Tag des Parteiübereinkommens) missverstanden haben musste.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten die damaligen Gemeindeorgane – sei es durch den Bürgermeister, sei es durch A D, der ja nur Vertreter der Gemeinde und daher Beschlüssen der zuständigen Gemeindeorgane unterworfen war -, angesichts der Bedeutung der Angelegenheit die Möglichkeit des Ergreifens von Rechtsmitteln überlegen müssen und mangels Rechtskenntnis einen Fachmann zuziehen können. Dass eine rechtsunkundige Partei den Fehler der Behörde nicht erkennt und die Möglichkeit, einen Rechtsbehelf zu ergreifen, falsch einschätzt, rechtfertigt keine Wiedereinsetzung. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass das Mitglied der Agrarbehörde deren – hier nicht zu beurteilenden – Bescheide verteidigt und auf deren Unangreifbarkeit wegen Versäumung einer Rechtsmittelfrist hingewiesen hat. Das behauptete Hindernis, das der Erhebung der Verfassungsgerichtshofsbeschwerde gegen die Bestellung des A D als Gemeindevertreter allenfalls im Wege gestanden ist, war daher spätestens seit 29. September 1964 weggefallen. Ob es einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund gebildet hätte, kann daher dahingestellt bleiben. Die mit diesem Tag begonnene Frist des §45 Abs2 ZPO ist ungenützt verstrichen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist ist daher als verspätet zurückzuweisen (§33 VfGG iVm §148 Abs3 ZPO und §35 Abs1 VfGG).

III. Infolgedessen ist auch die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen (§82 Abs1 VfGG).

TEXT VERBERGEN

Auch in dem für die Ortsgemeinde Mieders anhängig gemachten Verfahren wandten sich die Kommunalisierer (vertreten durch RA. Dr. Andreas Brugger) gegen die behördliche Bestellung eines Gemeindevertreters gem § 110 Abs 1 lit f ArbVG 1952. Mit Bescheid vom 23. Juni 1961 der Tiroler Landesregierung als Gemeindeaufsicht war der Bürgermeistervon Mieders, Herr A.Z., zum Gemeindevertreter bestellt worden. 44 Jahre später machten die Komunalisierer diesen Bescheid zum Gegenstand eines Verfahrens vor dem VfGH:  In Verbindung mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist wurde Verfassungsgerichtshofbeschwerde erhoben.

44 Jahre nach Rechtskraft hat der VfGH den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und die Beschwerde wegen Verspätung ebenfalls.

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Geschäftszahl
B619/05
Entscheidungsdatum
08.06.2006

Spruch
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

Begründung:
I. Mit Datum vom 23. Juni 1961 richtete die Tiroler Landesregierung unter dem Betreff „Gemeinde Mieders; Regulierung“ zu Ib-Zl.-110/28 folgendes Schreiben an die Gemeinde Mieders: „Herrn A Z Bürgermeister, M i e d e r s/Stubai. Beim Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde 1. Instanz behängt ein Verfahren zur Regulierung des Gemeindewaldes von Mieders. Gemäß §110 Abs1 litf des Flurverfassungslandesgesetzes, LGBl. Nr. 32/1952 werden Sie in diesem Verfahren zum Vertreter der Gemeinde Mieders bestellt. Für die Landesregierung: Dr. S“ Eine Abschrift ist der Agrarbehörde zu Zl IIIb 1 . 679/1 vom 11. März 1961 zugegangen.

Mit dem vorliegenden Antrag begehrt die Gemeinde Mieders die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung der Beschwerde gegen dieses als Bescheid gewertete Schreiben und erhebt zugleich Beschwerde wegen Verletzung des der Gemeinde verfassungsgesetzlich zustehenden Rechts, ihre Organe selbst bestellen zu dürfen und dies durch Wahlen zu tun. Wie der beigelegten Kopie eines Schriftsatzes der antragstellenden Gemeinde mit Rechtsmitteln und Anträgen an das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 8. Juni 2005 – über welche Anträge offenbar noch nicht entschieden wurde – zu entnehmen ist, wurde im Regulierungsverfahren nach einer Verhandlung am 20. Feber 1962, bei der ein Gemeindeanteil von 10 % an der Agrargemeinschaft in Aussicht genommen wurde, welchen – nachdem die Frage der Höhe des Gemeindeanteils in einer Gemeinderatssitzung vom 13. März 1962 (mit dem Beschluss „Wird vertagt. Wurde vom Gemeindevertreter geregelt“) erledigt worden war – in einer weiteren Verhandlung am 13. April 1962 A Z als Gemeindevertreter „als verbindlich anerkannt“ hatte, am 17. August 1962 eine Liste der Parteien mit dem Verzeichnis der Anteilsrechte ausgefertigt und schließlich am 9. Jänner 1963 ein Regulierungsplan für das Gemeindegut erlassen. Darin wird unter anderem festgestellt, im Einzelnen angeführte Grundstücke stellten das Gemeindegut dar und dieses stehe im Eigentum der Agrargemeinschaft Mieders.

Zu diesem Bescheid heißt es im genannten beigelegten Schriftsatz an die Agrarbehörde:
„Der Bescheid wurde durch Auflage in der Gemeindekanzlei Mieders in der Zeit zwischen 19.01.1963 und 02.02.1963 erlassen. Aus dem Zustellbogen ergibt sich, dass die Verständigung von der Auflage Herrn A Z als Vertreter der politischen Gemeinde Mieders in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin von Stammsitzliegenschaften und an Herrn A Z persönlich (offenbar in dessen Eigenschaft als Eigentümer der Liegenschaft EZ 194) zugestellt wurde.“

Der Wiedereinsetzungsantrag betreffend die Vertreterbestellung ist nach Schilderung der Verwaltungspraxis bei den Gemeindegutsregulierungen wie folgt begründet:
„Aufgrund des von der Landesregierung aus politischen Gründen vertretenen völlig unhaltbaren und rechtswidrigen Standpunktes wurden die Gemeinden durchwegs falsch aufgeklärt. Selbstverständlich wurden ihnen die höchstgerichtlichen Erkenntnisse verschwiegen, nach denen sie Anspruch darauf gehabt hätten, das Eigentum am Gemeindegut zu behalten. Nur durch diese falsche Aufklärung ist es erklärbar, dass es gelingen konnte, in derart vielen Fällen den Gemeinden in rechtswidriger Weise das Eigentum am Gemeindegut wegzunehmen und an bäuerliche Gemeinschaften zu übertragen, denen es nicht zustand.

„Der gefertigte Vertreter hat seit Jahrzehnten sehr viel mit Gemeinden zu tun und zwar auch als Vertreter von Bauern, wobei die Gemeinden nicht selten von bäuerlichen Bürgermeistern vertreten wurden. Dabei konnte aber noch nie festgestellt werden, dass ein Bürgermeister bereit gewesen wäre, auch nur einen Quadratmeter aus dem Gemeindevermögen zu verschenken. Es ist daher davon auszugehen, dass die Bürgermeister der Gemeinden in keinem oder zumindest fast keinem Fall bereit gewesen wären, an einer Verschiebung des Eigentums am Gemeindevermögen auf wenige Bauern mitzuwirken, wenn ihnen die Unrechtmäßigkeit dieser Vorgangsweise bewusst gewesen wäre.“
In der Rechtssprechung ist insofern ein Wandel eingetreten, als die ältere Rechtssprechung in einer unrichtigen Beurteilung der Rechtslage keinesfalls und sogar auch dann keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund erblickt hat, wenn dieser Irrtum durch eine unrichtige Rechtsauskunft eines behördlichen Organs veranlasst oder bestärkt wurde (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6.Auflage, E 17b zu §71 Abs1 AVG). In jüngerer Zeit hat die Rechtssprechung jedoch wiederholt die Auffassung vertreten, auch ein Rechtsirrtum könne als Wiedereinsetzungsgrund in Betracht kommen. Wenn ein solcher Irrtum als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht werde, sei im Einzelfall die Verschuldensfrage zu prüfen (Hauer/Leukauf, aao, E 2b zu §71 Abs1 AVG).

„Im konkreten Fall hat sich die Gemeinde Mieders in einem solchen Irrtum befunden. Es war ihr einerseits nicht bewusst, dass ihr und nicht der Agrargemeinschaft Mieders das Eigentum am Gemeindegut Mieders zugestanden wäre und es war ihr andererseits auch nicht klar, dass es noch möglich wäre, die seinerzeit ergangenen Bescheide zu bekämpfen. Aufgrund der öffentlichen Diskussion über die Auseinandersetzung zwischen der Gemeinde Neustift und der Agrargemeinschaft Neustift kamen der Gemeinde Mieders zwar allmählich Zweifel, ob nicht auch in ihrer Gemeinde die Übertragung des Eigentums an die Agrargemeinschaft Mieders unrechtmäßig gewesen sein könnte. Erst nachdem der gefertigte Rechtsanwalt am 1.6.2005 Einsicht in den Akt der Agrarbehörde genommen hat, hat sie jedoch erfahren, dass und mit welchen Bescheiden ihr in rechtswidriger Weise das Eigentum am Gemeindegut genommen wurde.“
Der Antragstellerin ist durchaus bewusst, dass es vermutlich bisher noch nie da gewesen ist, dass nach so langer Zeit einem Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben wurde. Andererseits haben sich die Gerichte – soweit ersichtlich – auch noch nie damit befassen müssen, dass sich praktisch alle zuständigen Sachbearbeiter einer ganze[n] Behörde in derart eklatanter Weise über die Gesetzeslage hinweggesetzt haben.

Wenn gemäß §71 Abs1 Zif.2 AVG schon eine fehlende oder unrichtige Rechtsmittelbelehrung einen Wiedereinsetzungsgrund bildet, muss es erst recht als Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht werden können, wenn aus politischen Gründen alle zuständigen Sachbearbeiter einer Behörde (und zwar nicht nur der Agrarbehörden sondern offenbar auch der Gemeindeaufsichtsabteilungen, die ja ansonsten die Gemeinden warnen und aufklären hätten müssen) eine Rechtsansicht vertreten, die im wesentlichen auf Erfindungen beruht, zahlreiche höchstgerichtliche Erkenntnisse ignoriert und den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen Inhalte zugeschrieben hat, die daraus auch bei äußerster Strapazierung des äußersten Wortsinnes nicht herausgelesen werden können. So etwas ist – soweit ersichtlich – noch nie da gewesen bzw. musste von den Gerichten noch nie beurteilt werden, weshalb die bisher ergangene Judikatur auch nur bedingt Auskunft darüber geben kann, ob eine derartige gezielte Aushebelung unseres Rechtsstaates noch dazu in einer so wichtigen Frage einen Wiedereinsetzungsgrund bildet.

Jedenfalls darf in diesem Zusammenhang daran erinnert werden, dass der Verfassungsgerichtshof in seiner jüngeren Judikatur die Auffassung vertreten hat, das rechtsstaatliche Prinzip gebiete, dass Rechtsschutzeinrichtungen ein bestimmtes Mindestmaß an faktischer Effizienz aufweisen müssten, woraus nach Meinung des gefertigten Rechtsanwaltes auch zu folgern wäre, dass ein derart eklatanter Verstoß gegen das Rechtsstaatlichkeitsprinzip auch noch nach sehr langer Zeit als Wiedereinsetzungsgrund zugelassen werden muss, da ansonsten – wie schon erwähnt – die Gemeinden derartigen Machenschaften völlig hilflos ausgesetzt wären.
Durch den Artikel in der TT vom 25.05.2005 haben sich die Bedenken der Gemeinde Mieders an der Rechtmäßigkeit der Regulierung ihres Gemeindegutes verstärkt. Anschließend hat sie den gefertigten Rechtsanwalt damit beauftragt, zu überprüfen, ob in ihrem Fall noch ein Rechtsmittel möglich sei. Die Beauftragung und Bevollmächtigung des gefertigten Rechtsanwaltes erfolgte am 03.06.2005. Der gefertigte Rechtsanwalt hat am 01.06.2005 (zunächst aufgrund eines mündlichen Auftrages) Akteneinsicht genommen. Erst ab diesem Zeitpunkt (1.6.2005) war der Gemeinde Mieders bekannt, welche Bescheide gegen sie erlassen wurden, dass diese rechtswidrig waren und dass gegen diese noch ein Rechtsmittel mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann. Die 14-tägige Wiedereinsetzungsfrist hat daher frühestes mit der Akteneinsicht am 01.06.2005 zu laufen begonnen.“

Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über einen gleichartigen Wiedereinsetzungsantrag der Gemeinde Neustift vom 4. März 2006, B334/05, nimmt die antragstellende Gemeinde zum Anlass eines ergänzenden Vorbringens, das an den in diesen Beschluss enthaltenen Satz „Dass eine rechtsunkundige Partei den Fehler der Behörde nicht erkennt und die Möglichkeit, einen Rechtsbehelf zu ergreifen, falsch einschätzt, rechtfertigt keine Wiedereinsetzung“ wie folgt anknüpft:
„1. Gilt dies auch dann, wenn eine Partei den Fehler der Behörde nicht etwa zufällig oder aufgrund ihres eigenen Unvermögens sondern deshalb nicht erkannt hat, weil sie von der Behörde aktiv und vorsätzlich falsch informiert wurde?
2. Gilt dies auch dann, wenn Desinformation so geschickt erfolgte, dass es der Landesregierung sogar gelang, einen Teil der eigenen Beamtenschaft in Irrtum zu führen?“
und dazu ausführt: „Erst nach der Verfassung des mit der zitierten Entscheidung abgewiesenen Wiedereinsetzungsantrages für die Gemeinde Neustift wurde dem gefertigten Vertreter bekannt, dass dieses Nichterkennen nicht bloß auf die Rechtsunkundigkeit (und womöglich Gleichgültigkeit) der damaligen Bürgermeister, sondern vor allem darauf zurückzuführen war, dass Hofrat Dr. A M, der damalige Leiter der Agrarbehörde I. Instanz ganz gezielt und aus politischen Gründen rechtsgeschichtliche Irrtümer verbreitet hatte (vgl. in diesem Zusammenhang auch Univ. Prof. Dr. Siegbert Morscher, der in ZfV Feber 1982, Seite 3 unten ausführt, die rechtshistorische Entwicklung des Gemeindegutes sei durch juristische Kunstgriffe zum Teil absichtlich verdunkelt worden).
So ist zum Beispiel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die im zitierten Aufsatz enthaltene Behauptung, Tirols Wälder seien 1847 nicht etwa den Gemeinden, sondern nur einer Handvoll alteingesessener Bauern übergeben worden, wider besseres Wissen erhoben wurde.

* Ein ausgebildeter Jurist kann nicht annehmen, mit der in Zif. 6 des Waldzuweisungspatentes vom 06.02.1847 verwendeten Formulierung ‚Seine Majestät geruhten, …. anzubefehlen, dass … alle übrigen Wälder Tirols … den … Gemeinden als solchen in das volle Eigentum zu überlassen seien‘ seien nur einige wenige in den Gemeinden seit altersher ansässige Bauern gemeint.

* Ein ausgebildeter Jurist kann nicht annehmen, die
politische Gemeinde habe 1847 noch gar nicht existiert, wo die Gemeinde doch schon in zahlreichen Paragraphen des am 01.01.1812 in Kraft getretenen ABGB zitiert und als juristische Person behandelt wurde (vgl. §§27, 286, 288, 290, 337, 529, 559, 867, 1454 und 1472 ABGB).

* Ebensowenig kann ein ausgebildeter Jurist annehmen,
die Gemeindeordnung bezeichne mit dem Begriff Gemeindegut nur Bibliotheken und Schottergruben, wo doch schon damals in der Gemeindeordnung vom Haus- und Gutsbedarf und von Holzbezugs- und Weidenutzungsrechten die Rede war (vgl. §78 Abs3 TGO 1949).

Nun könnte man natürlich fragen, warum etwa Hofrat Dr. Albert Mair nicht genauso einem Irrtum unterliegen habe können, wie beispielsweise Hofrat Dr. Hermann Arnold, der genau dies (nämlich einem Irrtum erlegen zu sein) gegenüber der Tiroler Tageszeitung behauptete. Der Unterschied zwischen Hofrat Dr. Hermann Arnold und Hofrat Dr. Albert Mair liegt jedoch darin, dass letzterer Vorträge hielt und das Manuskript seines Vortrages wie ein Skriptum verbreitete. Dadurch erweckte er den Anschein, er habe sich mit der Rechtsgeschichte des Gemeindegutes befasst und wisse daher Bescheid. Er muss das auch getan haben, sonst hätte er vom Waldzuweisungspatent des Jahres 1847, vom provisorischen Gemeindegesetz 1849, vom Reichsrahmengesetz 1862 und von der Tiroler Gemeindeordnung von 1866 ja gar nichts wissen können. Wer sich aber mit diesen Quellen befasste, konnte keinesfalls meinen, das Gemeindegut der Tiroler Gemeinden stehe nur im Eigentum einiger weniger Bauern.

Dazu kommt, dass Hofrat Dr. Albert Mair  aus den Akten der Agrarbehörde ja zweifellos wusste, dass noch in der Zwischenkriegszeit auch die Tiroler Landesregierung davon ausging, dass das Gemeindegut im Eigentum der Gemeinde steht (vgl. Generalakt aus dem Jahre 1925 für die Agrargemeinschaft Imst-Oberstädter-Melkalpe, Bescheid der Tiroler Landesregierung betreffend die Genehmigung der Vereinigung der Fraktionen Imst-Unterstadt und Imst-Oberstadt; Erkenntnis des Landesagrarsenates Innsbruck vom 02.06.1933, Zahl 17-605/149).
Darüber hinaus hat sich aus der Literatur die Unrichtigkeit des von Hofrat Dr. A M publizierten Standpunktes ergeben (vgl. z.B. Stefan Falser, Wald und Weide im tirolischen Grundbuch, Innsbruck 1932, Seite 20 unten; Walter Schiff, Österreichs Agrarpolitik seit der Grundentlastung, Tübingen 1898, Seite 203 mit weiteren Nachweisen). Es ist kaum denkbar, dass jemand, der über die Geschichte des Gemeindeguts so viel recherchiert hat, dass er die Mitte des 19. Jahrhunderts von einigen Rustikalisten vertretene Falschmeinung aufgreifen konnte, das Gemeindeeigentum stünde nicht im Eigentum der Gemeinde als juristischer Person sondern im Eigentum der Gemeindemitglieder, nicht auch auf die Literatur gestoßen ist, in der die Unrichtigkeit dieser Behauptung dargelegt und bewiesen wurde.

Die im Aufsatz von Dr. Albert Mair verbreitete Rechtsansicht widersprach auch den einschlägigen Entscheidungen der Höchstgerichte (siehe die Entscheidung des Reichsverwaltungsgerichtes vom 23.09.1892, Slg. Budwinski, Nr.6762; Entscheidung des OGH vom 26.07.1905, Nr.12149; Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 17.03.1931, GZl. B41/30 = VfSlg. 1383; VwSlg. Nr. 3560/1954 Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 25.06.1962, B282/61 und Entscheidung des Obersten Agrarsenates GZl. 43-OAS/66). Auch dies war Hofrat Dr. Albert Mair zweifellos bekannt, sonst hätte er nicht geschrieben, man müsse sich streng davor hüten, die (aufgrund seiner Publikation gewonnenen) historischen Erkenntnisse an den vielfach verfehlten Entscheidungen einer rein römisch rechtlich denkenden Jurisprudenz scheitern zu lassen.
„Es spricht also alles dafür, dass die Tiroler Landesregierung aus verwerflichen politischen Gründen ganz gezielte Desinformation verbreitete.“

Dieser Sachverhalt ist keineswegs mit dem Fall vergleichbar, in dem jemand – etwa aus Unkenntnis oder Gleichgültigkeit – einen Fehler eines Bescheides nicht erkennt, der einem um Gesetzmäßigkeit seines Bescheides bemühten Beamten unabsichtlich unterlaufen ist.
„Die rechtsgrundlagenlosen Eigentumsfeststellungsbescheide einerseits und die gezielte Desinformation der Betroffenen andererseits bildeten untrennbare Bestandteile einer insgesamt sowohl aus politischer als auch aus rechtsstaatlicher Sicht höchst verwerflichen Vorgangsweise der Tiroler Landesregierung. Diese beiden – sich gegenseitig ergänzenden – Aktivitäten der Tiroler Landesregierung dürfen daher nicht isoliert betrachtet werden, weil die gezielte Desinformation die gezielte Schädigung der Allgemeinheit durch die gesetzwidrigen Eigentumsfeststellungsbescheide erst möglich machte.“
Warum sollte ein derartiger Sachverhalt keinen Wiedereinsetzungsgrund bilden?

„Das Institut der Rechtskraft soll Fehler sanieren, die trotz Bemühen um gesetzmäßige Entscheidungen unvermeidlich sind und nicht skrupellosen Gesetzesbrechern den Erfolg ihrer verwerflichen Bemühungen sichern.“
„Wenn das AVG eine strafbare Handlung als Grund für eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens anerkennt, warum sollte eine solche nicht auch einen Wiedereinsetzungsgrund bilden können?“
Jedenfalls schränken weder das AVG noch die ZPO die Gründe für eine Wiedereinsetzung so ein, dass darunter nicht auch innere Tatsachen verstanden werden könnten.
„Maßgeblich für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag sollte daher nur sein, ob der Verfassungsgerichtshof glaubt, dass die damaligen Gemeindevertreter wirklich durch die Desinformation und den dadurch verursachten Irrtum davon abgehalten wurden, sich mit Rechtsmitteln zu wehren.“
Aber warum sonst sollten fast alle Vertreter der Tiroler Gemeinden untätig zugesehen haben, wie die Tiroler Landesregierung den von ihnen vertretenden Gemeinden das Gemeindegut nimmt? Nimmt denn der Verfassungsgerichtshof an, die Gemeindevertreter hätten sich alle am geschehenen Unrecht beteiligen und die von ihnen zu vertretenden Gemeinden schädigen wollen?
Es mag wohl sein, dass beim einen oder anderen Gemeindevertreter auch dieses Motiv eine Rolle gespielt haben mag, aber doch nicht bei allen.

Es muss doch angenommen werden, dass der Großteil der Gemeindevertreter wirklich meinte, die Landesregierung berichtige mit den in Rede stehenden Bescheiden nur einen Irrtum, der den Grundbuchsführern unterlaufen sei. Warum sonst sollten sie sich nicht gegen die Bescheide gewehrt haben.
Bei der Entscheidung über die noch offenen Wiedereinsetzungsanträge sollte auch bedacht werden, dass nicht nur rechtlich ungebildete Bürgermeister dieser gezielten Desinformation zum Opfer gefallen sind, sondern auch hochkarätige Juristen. So erklärte zum Beispiel Hofrat Dr. H A, Agrarjurist, Landesamtsdirektor und Gemeindeverbandspräsident in einem Interview gegenüber der Tiroler Tageszeitung, er sei selbst – als junger Jurist – einem Rechtsirrtum erlegen. Erst nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 9336/1982 sei ihm die wahre Rechtslage klar geworden. Wenn aber selbst ausgebildete Juristen auf die gezielte Desinformation der Landesregierung hereingefallen sind, kann man dann einem Bürgermeister oder einem Gemeindevertreter einen Vorwurf machen, dass ihm dasselbe passierte?

„Wenn man aber davon ausgeht, dass ein Gemeindevertreter die Fehlerhaftigkeit der im Regulierungsverfahren getroffenen Eigentumsfeststellung deshalb nicht erkannt hat, weil er Opfer einer gezielten Desinformation geworden ist, wann hätte sich dann dieser Sachverhalt geändert? Doch nicht schon dann, wenn der betreffende Gemeindevertreter von der Eigentumsfeststellung erfahren hat, die er ja aufgrund der von der Agrarbehörde verbreiteten Desinformation für richtig halten musste. Dieser Wiedereinsetzungsgrund wäre doch wohl frühestens dann weggefallen, wenn ein Gemeindeorgan erfahren hat, dass die seinerzeitigen Bescheide falsch waren. Nun mag man vielleicht meinen, dieser Zeitpunkt sei vielleicht 1982 gekommen, als der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 9336 die wahre Rechtslage darlegte. Aber damals ist es der Tiroler Landesregierung sogar gelungen, den Landtag in Irrtum zu führen und zwar wiederum mit einer gezielten Desinformation und zwar auch die SPÖ, die durch diese unrechtmäßige Eigentumsverschiebung politisch geschädigt werden sollte. Kann man daher den Gemeindevertretern einen Vorwurf daraus machen, dass sie damals die wahre Rechtslage nicht erkannt haben? Wohl kaum. Dann ist aber das Hindernis im Sinne der Wiedereinsetzungsvorschriften durch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 9336/1982 noch nicht weggefallen.“
Allenfalls wird man sagen können, die Gemeindevertreter müssten ab der Medienberichterstattung über die von der Gemeinde Neustift angestrengten Verfahren im Laufe des Jahres 2005 erkannt haben, dass die seinerzeitigen Eigentumsfeststellungsbescheide fehlerhaft waren. Aber muss eine Gemeinde wirklich binnen 14 Tagen nach einem Bericht in der Zeitung oder im Fernsehen bereits einen Wiedereinsetzungsantrag machen. Sie muss ja mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumten Rechtsmittel nachholen. Zu diesem Zweck muss erst einmal der Akt eingesehen und studiert werden etc.

Weiters ist zu bedenken, dass die Tiroler Landesregierung die Gemeinden ja heute noch über die Erfolgsaussichten allfälliger Rechtsmittel ganz bewusst falsch informiert. So behaupten jetzt Landesrätin Dr. H und Landesrat gegenüber der Tiroler Tageszeitung, der Verfassungsgerichtshof hätte mit seinem Erkenntnis vom 04.03.2006, B334/05-5, entschieden, das Eigentum am Gemeindegut der Tiroler Gemeinden stehe den Agrargemeinschaften zu, obwohl der Verfassungsgerichtshof zu dieser Frage bisher nur mit dem Erkenntnis VfSlg 9336/1982 Stellung genommen hat und zwar gegenteilig. Welchen Sinn sollte eine solche unrichtige Wiedergabe des zitierten Erkenntnisses vom 04.03.2006 haben, wenn nicht den, bei den Vertretern der Gemeinden falsche Vorstellungen über die Aussichten allfälliger rechtlicher Schritte zu erzeugen.

Es ist einzuräumen, dass all diese Argumente auf die bloße Bestellung eines Gemeindevertreters schlecht zu passen scheinen, weil die oben erwähnte Desinformation durch den damaligen Leiter der Agrarbehörde I. Instanz HR Dr. Albert  Mair ja vor allem das Eigentum am Gemeindegut betroffen hat.
Allerdings war die Bestellung eines (durchwegs rechtlich nicht gebildeten und meist den Absichten der Behörden wohlgesonnenen) Gemeindevertreters oft ein ganz wesentlicher Beitrag, der die nachfolgende gesetzlose Enteignung der Gemeinden oft erst möglich gemacht haben dürfte.
Welche rechtlichen Wirkungen die Bestellung eines Gemeindevertreters im Sinne des §110 Abs1 litf) FLG 1952 hatte, dürfte den Bürgermeistern keineswegs so klar gewesen sein, wie dies der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 04.03.2006, B334/05-5, angenommen hat. Der Umfang der Vertretungsmacht des aufsichtsbehördlich bestellten Gemeindevertreters ergibt sich aus dem letzten Satz des §110 Abs6 FLG 1952 welcher lautet: ‚Dieser Vertreter ist auch befugt, Übereinkommen und Vergleiche, an welchen diese Körperschaften teilzunehmen haben, in deren Namen rechtsgültig abzuschließen.‘ Da diese Bestimmung die Vertretungsmacht nicht vom Vorliegen der sonst in der Gemeindeordnung vorgesehenen Organbeschlüsse abhängig machte, dürften die Gemeinden wohl auch aus jenen Vertretungshandlungen verpflichtet worden sein, die der aufsichtsbehördlich bestellte Gemeindevertreter ohne Deckung durch einen Organbeschluss vorgenommen hat. Möglicherweise war auch die für den gewillkürten Vertreter geltende Bestimmung des §110 Abs5 hinsichtlich des Umfanges der Vertretungsmacht zumindest sinngemäß auf den Gemeindevertreter anzuwenden. Wenn ja, wäre dieser auch bevollmächtigt gewesen, ‚Rechte unentgeltlich aufzugeben‘. Dazu kommt schließlich, dass die Bestimmung des §110 Abs1 FLG 1952 von der Rechtssprechung so verstanden wurde, dass nur die in dieser Bestimmung genannten Personen berechtigt waren, die Ge-meinde zu vertreten (vgl. das beiliegende Erkenntnis des Tiroler Landesagrarsenates vom 16.9.1964 LAS-103/3). Es scheint daher, dass sich möglicherweise sogar der Verfassungsgerichtshof anlässlich seiner zu B334/05-5 am 04.03.2006 getroffenen Entscheidung über die vollständigen Folgen einer aufsichtsbehördlichen Bestellung eines Gemeindevertreters im Sinne des §110 FLG 1952 nicht im Klaren gewesen sein könnte, nämlich
* dass durch eine aufsichtsbehördliche
Vertreterbestellung der sonst nach der Gemeindeordnung zuständige – demokratisch gewählte – Bürgermeister in den das Gemeindegut betreffenden Angelegenheiten das Recht zur Vertretung der Gemeinde verlor,
* dass der obrigkeitlich bestellte Gemeindevertreter
(anders als etwa der Bürgermeister) nicht an Beschlüsse des Gemeinderates gebunden war, ja die von ihm vertretene Gemeinde sogar ohne oder gegen einen Beschluss des Gemeinderates rechtswirksam verpflichten konnte und
* dass der bestellte Gemeindevertreter womöglich sogar
bevollmächtigt war, Rechte der Gemeinde unentgeltlich aufzugeben.

Es zeigt sich also, dass schon die bloße Bestellung eines Gemeindevertreters gemäß §110 FLG 1952 das Gemeindegut praktisch vollständig der Disposition der demokratisch gewählten Gemeindeorgane entzog und somit eine ähnliche Wirkung entfaltete, wie die spätere gesetzlose Enteignung. Es wird daher der Sache nicht gerecht, die Bestellung des Gemeindevertreters völlig isoliert von der späteren gesetzlosen Enteignung zu betrachten.“

II. Der Wiedereinsetzungsantrag ist verspätet.
Im Zeitpunkt seiner Bestellung zum Gemeindevertreter im Regulierungsverfahren war A Z Bürgermeister der Gemeinde Mieders. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die verantwortlichen Organe der Gemeinde zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen konnten, welche Folgen das Regulierungsverfahren haben würde, musste ihnen mit Erlassung des Regulierungsplanes vom 9. Jänner 1963 klar sein, dass die Eigentumslage geändert werden sollte. Spätestens mit der Übertragung des bücherlichen Eigentums von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft mussten sie erkennen, dass das Regulierungsverfahren zur überschießenden Rechtsfolge einer Eigentumsübertragung geführt hatte. Sie hätten die Möglichkeit des Ergreifens von Rechtsmitteln – in Verbindung mit einem Wiedereinsetzungsantrag und gegen die Vertreterbestellung – überlegen müssen und mangels Rechtskenntnis einen Fachmann zuziehen können. Dass eine rechtsunkundige Partei den Fehler der Behörde nicht erkennt und die Möglichkeit, ein Rechtsmittel zu ergreifen, falsch einschätzt, rechtfertigt auch dann keine Wiedereinsetzung, wenn zu diesem Zeitpunkt eine irrige Rechtsansicht verbreitet war oder wurde. Die These, die Gemeinde sei gleichsam nur Treuhänderin einer Realgemeinde und ihr bisheriges bücherliches Eigentum nuda proprietas gewesen, hätte nämlich ungeachtet ihrer Verbreitung in Zweifel gezogen werden können (und wäre nach den eigenen Ausführungen der antragstellenden Gemeinde von beigezogenen Fachleuten auch unschwer als zumindest zweifelhaft erkannt worden). Über die Möglichkeit, Rechtsbehelfe zu ergreifen, war die Gemeinde nicht in Irrtum geführt worden.

Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof schon im genannten Beschluss vom 4. März 2006 die Bestellung des Gemeindevertreters nicht etwa „isoliert von der späteren Enteignung“ betrachtet. Als den Zeitpunkt, zu dem das behauptete Hindernis weggefallen ist, das der Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde allenfalls im Wege stand, hat er vielmehr unter den gegebenen besonderen Verhältnissen – wie im vorliegenden Fall – ohnehin den Zeitpunkt der Kenntnis der eingetretenen Folgen angesehen.
Wiedereinsetzungsantrag und Beschwerde sind daher als verspätet zurückzuweisen.

TEXT VERBERGEN

Nachdem der VfGH im Verfahren der Ortsgemeinde Neustift gegen die Kommunalisierer entschieden hatte, gab es im Verfahren über den Wiedereinsetzungsantrag für die Ortsgemeinde Mieders kein Halten mehr: Die Agrarbehörde wurde als Verbrecherbande hingestellt! Der VfGH sollte durch drastische Falschbehauptungen dazu bewogen werden, das Institiut der Rechtskraft zu durchbrechen.

Die Ortsgemeinde Mieders: „Das Institut der Rechtskraft soll Fehler sanieren, die trotz Bemühen um gesetzmäßige Entscheidungen unvermeidlich sind und nicht skrupellosen Gesetzesbrechern den Erfolg ihrer verwerflichen Bemühungen sichern.“

„Die rechtsgrundlagenlosen Eigentumsfeststellungsbescheide einerseits und die gezielte Desinformation der Betroffenen andererseits bildeten untrennbare Bestandteile einer insgesamt sowohl aus politischer als auch aus rechtsstaatlicher Sicht höchst verwerflichen Vorgangsweise der Tiroler Landesregierung. Diese beiden – sich gegenseitig ergänzenden – Aktivitäten der Tiroler Landesregierung dürfen daher nicht isoliert betrachtet werden, weil die gezielte Desinformation die gezielte Schädigung der Allgemeinheit durch die gesetzwidrigen Eigentumsfeststellungsbescheide erst möglich machte.“

Im Fall der Ortsgemeinde Trins wurde ein Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 5. August 1969 angefochten, mit dem der erstinstanzliche Bescheid bestätigt wurde, wonach die Agrargemeinschaft Trins die wahre Eigentümetrin der Agrarliegenschaften sei. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde – ähnlich den bereits entschiedenen Fällen der Gemeinde Neustift (B334/05 vom 4. März 2006) und der Gemeinde Mieders (B619/05 vom 8. Juni 2006) – mit einem Irrtum der antragstellenden Gemeinde über die Rechtslage und Bedeutung der Eigentumsübertragung von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft begründet. Die Agrarbehörde hätte diesen Irrtum bei den ahnungslosen Bürgermeistern und Gemeindevertretern geradezu arglistig herbeigeführt.

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Entscheidungsdatum
21.06.2006
Geschäftszahl
B686/05

Spruch
Der Wiedereinsetzungsantrag wird abgewiesen. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

I. Der vorliegende Antrag begehrt die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 5. August 1969, der einer Berufung des P T und anderer Nutzungsberechtigter gegen den Bescheid der Agrarbehörde vom 17. April 1969 keine Folge gibt, womit festgestellt wird, dass bestimmte Liegenschaften im Eigentum der Agrargemeinschaft Trins stünden, dieser die Verwaltung des Regulierungsgebietes übertragen werde und Verwaltungssatzungen erlassen werden. Der Bescheid enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass gemäß §7 Abs2 AgrBehG die Berufung nur hinsichtlich der Frage zulässig ist, ob eine Agrargemeinschaft vorhanden ist, auf welches Gebiet sie sich erstreckt und wer Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke ist.

In der Begründung des Bescheides wird unter anderem ausgeführt:

„Obwohl aus den Berufungsausführungen nicht zu erkennen ist, ob die Berufungswerber sich auch durch die Übertragung des Eigentums am Regulierungsgebiet an die Agrargemeinschaft beschwert erachten, hatte sich der Landesagrarsenat aus Anlaß der Berufung auch der Frage zugewendet, ob für die Feststellung des Eigentumsrechtes zugunsten der Agrargemeinschaft im Zuge des Regulierungsverfahrens eine gesetzliche Grundlage besteht. Diesbezüglich nimmt der Landesagrarsenat folgenden Rechtsstandpunkt ein:

Das zweite Hauptstück des FLG. enthält unter der Überschrift ‚Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken ‚einleitende Bestimmungen, die im Zuge aller nach diesem Hauptstück durchzuführenden Bodenreformmaßnahmen anzuwenden sind. Im §75 FLG, der den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens bei der Regulierung beschreibt, ist zwar die Feststellung des Eigentumsrechtes zugunsten der Agrargemeinschaft nicht angeführt; es ergibt sich aber aus den erwähnten einleitenden Normen des zweiten Hauptstückes (§36 Abs2 litd und §38 Abs1 und 7 FLG.) die Aufgabe, im Zuge des Verfahrens festzustellen, welche Grundparzellen Gemeindegut und damit agrargemeinschaftliche Liegenschaften sind, und wem sie gehören, insbesondere ob das Eigentum den Nutzungsberechtigten als Miteigentümer oder einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft zusteht. Da die Nutzung des Gemeindegutes rechtshistorisch gesehen aus der gemeinschaftlichen Allmendnutzung hervorgegangen ist, ist die Form des Miteigentums ausgeschlossen und das Eigentum der Rechtsnachfolgerin der auf Gewohnheitsrecht beruhenden Realgemeinde, nämlich der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft, einzuräumen.

Die Frage, ob im Lichte der Gemeindeverfassungsnovelle, BGBl. Nr. 205/1962, die Zustimmung des Gemeindevertreters zur Eigentumsübertragung ausreicht, ist problematisch. Der Landesagrarsenat hält jedoch dafür, daß eine allfällige Willensbildung des zur Privatwirtschaftsverwaltung berufenen Gemeindeorganes keine Voraussetzung für die von der Agrarbehörde nach dem Prinzip der Amtswegigkeit des Agrarverfahrens zu treffenden Entscheidung darstellt.“

Der Bescheid wurde den Berufungswerbern, dem (laut Wiedereinsetzungsantrag für das am 4. Jänner 1960 neu eingeleitete Regulierungsverfahren mit Beschluss vom 25. Feber 1961 für das Verfahren bestellten) Vertreter der Gemeinde Trins, dem Bürgermeister der Gemeinde Trins und (offenbar für die Nutzungsberechtigten) an E.H. zugestellt.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung wird – ähnlich den bereits entschiedenen Fällen der Gemeinde Neustift (B334/05 vom 4. März 2006) und der Gemeinde Mieders (B619/05 vom 8. Juni 2006) – mit einem Irrtum der antragstellenden Gemeinde über die Rechtslage und Bedeutung der Eigentumsübertragung von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft begründet, den die Behörden bei den ahnungslosen Bürgermeistern und Gemeindevertretern geradezu arglistig herbeigeführt hätten.

Die gleichzeitig erhobene Beschwerde, nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen bestätigender Entscheidung der II. Instanz für zulässig erachtet, rügt die Verletzung im Eigentumsrecht und in der Gleichheit vor dem Gesetz und macht Verfahrensmängel und verfassungswidrige Veränderung der Eigentumsverhältnisse geltend.

II. Der Wiedereinsetzungsantrag ist nicht begründet.

Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit die antragstellende Gemeinde durch einen Bescheid, der die Berufung am Gemeindegut Nutzungsberechtigter gegen die Feststellung des Eigentums der Agrargemeinschaft, die Übertragung der Verwaltung auf die Agrargemeinschaft und die Erlassung von Verwaltungssatzungen abweist, beschwert sein könnte. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wäre jedenfalls nur zu bewilligen, wenn die Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde (§33 VfGG iVm §146 Abs1 ZPO und §35 Abs1 VfGG). Dass eine rechtsunkundige Partei den Fehler der Behörde nicht erkennt und die Möglichkeit, einen Rechtsbehelf zu ergreifen, falsch einschätzt, rechtfertigt auch dann keine Wiedereinsetzung, wenn zu diesem Zeitpunkt eine irrige Rechtsansicht verbreitet war oder wurde. Die These, die Gemeinde sei gleichsam nur Treuhänderin einer Realgemeinde und ihr bisheriges bücherliches Eigentum nuda proprietas gewesen, hätte nämlich ungeachtet ihrer Verbreitung in Zweifel gezogen werden können (und wäre nach den eigenen Ausführungen der antragstellenden Gemeinde von beigezogenen Fachleuten auch unschwer als zumindest zweifelhaft erkannt worden). Über die Möglichkeit, Rechtsbehelfe zu ergreifen, war die Gemeinde nicht in Irrtum geführt worden. Selbst wenn die Behörde bei Bescheiderlassung wider besseres Wissen gehandelt hätte, wäre dies kein Wiedereinsetzungsgrund (vgl. B619/05 vom 8. Juni 2006).

Der Antrag ist daher als unbegründet abzuweisen (§7 Abs2 litd VfGG).

III. Infolgedessen ist auch die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen (§82 Abs1 VfGG).

TEXT VERBERGEN

Zu guter Letzt haben die Kommunalisierer gegen Unterstädter Melkalpe und Oberstädter Melkalpe für Stadtgemeinde Imst den Versuch unternommen, mit Wiedereinsetzungsantrag und Verfassungsgerichtshofbeschwerde gegen die Bestellung des Gemeindevertreters zu einem Erfolg zu gelangen. Auch dieser Versuch scheiterte!

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Entscheidungsdatum
21.06.2006
Geschäftszahl
B790/05 ua

Spruch
Die Anträge auf Wiedereinsetzung betreffs der Vertreterbestellung werden zurückgewiesen.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in Bezug auf das Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 16. September 1964 wird abgewiesen.

Die Beschwerden werden als verspätet zurückgewiesen.

Begründung

I. Mit Datum vom 4. Juni 1956 erging vom Amt der Tiroler Landesregierung folgendes Schreiben: „Herrn Stadtrat E L, Postamtsdirektor in I m s t. Beim Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde 1. Instanz behängt ein Verfahren zur Revision des Wirtschaftsplanes und der Verwaltungssatzungen zur Haupturkunde für die Oberstädter Melkalpe in Imst, sowie zur Feststellung der Parteien gem. §88 Abs2 des Flurverfassungs-Landesgesetzes. Für diese Verfahren werden Sie als Vertreter der Stadtgemeinde Imst gem. §110 Abs1 litf des Flurverfassungs-Landesgesetzes LGBl. Nr. 32/1952 bestellt. Für die Landesregierung: Dr. K“

Vom 13. September 1956 ist folgendes weiteres Schreiben an denselben Adressaten datiert: „Für die Unterstädter Melkalpe in Imst ist bei der Agrarbehörde ein Verfahren zur Revision des Generalaktes der Agrarbezirksbehörde aus dem Jahre 1926 anhängig. Für dieses Verfahren werden Sie als Vertreter der Stadtgemeinde Imst gem. §110 Abs1 litf des Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 32/1952, bestellt. Die Landesregierung hat Sie auch deswegen für dieses Verfahren zum Vertreter der Stadtgemeinde bestellt, weil Sie in der Sache bestens informiert sind und die beiden Verfahren für die Oberstädter- und Unterstädter Melkalpe womöglich gleichartig erledigt werden sollen. Für die Landesregierung: Dr. K“

Mit dem zu B790/05 protokollierten Antrag wird die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde gegen das zweitgenannte, als Bescheid gewertete Schreiben beantragt, mit dem zu B3508/05 protokollierten Antrag dasselbe Begehren in Bezug auf das erstgenannte Schreiben gestellt. Die Anträge sind – wie in den vom Verfassungsgerichtshof bereits behandelten Fällen der Gemeinden Neustift (B334/05), Mieders (B619/05) und Trins (B686/05) – mit der Irreführung der Gemeindeorgane über die Bedeutung und die Folgen der Vertreterbestellung durch die Behörde begründet. Zugleich mit den Anträgen wird jeweils die versäumte Beschwerde nachgeholt.

II. Im Verfahren betreffs die Oberstädter Melkalpe wurde – wie sich aus dem Antrag ergibt – unter anderem mit Bescheid der Agrarbehörde vom 28. Jänner 1963 der Generalakt revidiert. Dabei wurde festgestellt, dass Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke die Agrargemeinschaft ist. Gegen diese Revision erhob die Stadtgemeinde Imst, vertreten durch den Bürgermeister J K, Berufung. Mit Bescheid des Landesagrarsenats beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 16. September 1964 wurde diese Berufung im Wesentlichen mit folgender Begründung als unzulässig zurückgewiesen: „Zur Vertretung der Stadtgemeinde Imst im Verfahren zur Revision des Regulierungsplanes für die Oberstädter Melkalpe wurde gemäß §110 Abs1 litf FLG, LGBl. Nr. 32/1952, von der Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde der Stadtrat E L, Postamtsdirektor in Imst, bestellt. Es ist daher nur dieser zur Vertretung der Gemeinde Imst im vorliegenden Verfahren gemäß §110 Abs1 FLG. berufen. Der Bürgermeister ist nicht legitimiert für die Gemeinde eine Berufung einzubringen. Es hätte dies vielmehr in Ausführung des Gemeinderatsbeschlusses vom 13.3.1963 der bestellte Gemeindevertreter Stadtrat L tun müssen. Der Umstand, daß L zur Zeit der Berufungserhebung nicht mehr dem Stadtrat angehörte, hat darauf keinen Einfluß, da seine Bestellung als Gemeindevertreter von der Gemeindeaufsichtsbehörde nicht rückgängig gemacht worden ist und daher seine Vollmacht weiterhin aufrecht blieb.

Abgesehen von der mangelnden Beschwerdelegitimation des Herrn Bürgermeisters muß aber festgestellt werden, daß bei der Verhandlung am 7.6.1956 das Eigentumsgebiet der Agrargemeinschaft Oberstädter Melkalpe zwischen dem Gemeindevertreter und den Vertretern der Agrargemeinschaft vor der Agrarbehörde vereinbart wurde. Die Wiedergabe des vereinbarten Gebietes im angefochtenen Generalakt stellt nichts anderes als die Genehmigung dieses Übereinkommens dar, in welchem die in der Berufung verlangte Dienstbarkeit nicht enthalten ist. Gegen die Genehmigung dieses Übereinkommens steht jedoch gemäß §94 Abs3 FLG. eine Berufung nicht offen.“

Gegen diesen zurückweisenden Bescheid richtet sich der zu B3507/05 gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde, verbunden mit der nachgeholten Beschwerde.

III. Die Wiedereinsetzungsanträge punkto Vertreterbestellung sind verspätet. Es kann dahingestellt bleiben, ob – wie die Anträge selbst in Abrede stellen – und wann die anscheinend nur an den bestellten Vertreter adressierten (und zugestellten) Bestellungsakte der Stadtgemeinde Imst gegenüber wirksam geworden sind. Das Verfahren wurde jedenfalls mit den Vertretern durchgeführt. Ebenso kann dahingestellt bleiben, inwieweit ein Irrtum über die Bedeutung der Vertreterbestellung, der erst infolge des weiteren Verfahrensgeschehens erkennbar wurde, überhaupt einen Wiedereinsetzungsgrund darstellt. Spätestens mit Erlassung des revidierten Generalplanes für die Oberstädter Melkalpe im Jahre 1963 waren den Organen der Stadtgemeinde Imst jedenfalls die Folgen klar. Sie hätten daher spätestens zu diesem Zeitpunkt neben der Berufung gegen den Sachbescheid auch die Vertreterbestellung bekämpfen und zu diesem Zweck eine Wiedereinsetzung begehren können. (Für die Unterstädter Melkalpe hat im Übrigen gleiches der revidierte Generalplan vom 4. März 1964 bewirkt.)

Im Einzelnen genügt es dazu auf die oben genannten bisherigen Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofs zu verweisen.

Die 2005 erhobenen Wiedereinsetzungsanträge sind daher verspätet und ebenso wie die nachgeholten Beschwerden zurückzuweisen.

IV. Der Wiedereinsetzungsantrag gegen den Zurückweisungsbescheid des Landesagrarsenates ist unbegründet.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wäre nur zu bewilligen, wenn die Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde (§33 VfGG iVm §146 Abs1 ZPO und §35 Abs1 VfGG). Dass eine rechtsunkundige Partei den Fehler der Behörde nicht erkennt und die Möglichkeit, einen Rechtsbehelf zu ergreifen, falsch einschätzt, rechtfertigt auch dann keine Wiedereinsetzung, wenn zu diesem Zeitpunkt eine irrige Rechtansicht verbreitet war oder wurde. Über die Möglichkeit, Rechtsbehelfe zu ergreifen, insbesondere auch, eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde einzubringen, war die Gemeinde nicht in Irrtum geführt worden (vgl. B619/05 vom 8. Juni 2006).

Daher waren die Anträge abzuweisen und die nachgeholten Beschwerden als verspätet zurückzuweisen (§7 Abs2 litd VfGG).

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Das Verfahren Neustift im Stubai wurde mit Erkenntnis des VfGH Slg 17.779/2006 zum Abschluss gebracht; dasjenige gegen Agrargemeinschaft Mieders mit demjenigen vom 8.6.2006 B 619/05, dasjenige gegen Agrargemeinschaft Trins mit Erkenntnis B 686/05 sowie gegen die Agrargemeinschaften Oberstädter und Unterstädter Melkalpe mit Erkenntnis B 790/05, jeweils vom 21.6.2006. Alle diese Verfahren endeten mit der Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung bzw der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als verspätet.

Der Grund dafür, warum diese erste Antragsserie zur Komunalisierung erfolglos war, leuchtet aus der ersten Entscheidung betreffend Neustift im Stubaital hervor: „Dass das Eigentum am Gemeindegrund der Agrargemeinschaft zugeordnet und der Gemeinde Neustift nur ein Anteil von 15 % zugesprochen wurde, musste den Vertretern der Gemeinde seit Erlassung der Bescheide vom 30. April 1963 klar sein, weil diese Bescheide es wörtlich aussprechen. “

Der wörtlich Ausspruch über die Eigentumsfrage – an dieser sollten die größten Grauslichkeiten, die die Kommunalisierer erfunden hatten, abprallen!

Vorbringen der Ortsgemeinde Mieders im Verfahren VfGH B 619/05 vom 08.06.2006 (Mieders I): „Das Institut der Rechtskraft soll Fehler sanieren, die trotz Bemühen um gesetzmäßige Entscheidungen unvermeidlich sind und nicht skrupellosen Gesetzesbrechern den Erfolg ihrer verwerflichen Bemühungen sichern.“

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Und weiter im Vorbringen der Komunalisierer für Ortsgemeinde Mieders: „Die rechtsgrundlagenlosen Eigentumsfeststellungsbescheide einerseits und die gezielte Desinformation der Betroffenen andererseits, bildeten untrennbare Bestandteile einer insgesamt sowohl aus politischer als auch aus rechtsstaatlicher Sicht höchst verwerflichen Vorgangsweise der Tiroler Landesregierung. Diese beiden – sich gegenseitig ergänzenden – Aktivitäten der Tiroler Landesregierung dürfen daher nicht isoliert betrachtet werden, weil die gezielte Desinformation die gezielte Schädigung der Allgemeinheit durch die gesetzwidrigen Eigentumsfeststellungsbescheide erst möglich machte.“ und schließlich: „Maßgeblich für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag sollte daher nur sein, ob der Verfassungsgerichtshof glaubt, dass die damaligen Gemeindevertreter wirklich durch die Desinformation und den dadurch verursachten Irrtum davon abgehalten wurden, sich mit Rechtsmitteln zu wehren.“ … „Wenn man aber davon ausgeht, dass ein Gemeindevertreter die Fehlerhaftigkeit der im Regulierungsverfahren getroffenen Eigentumsfeststellung deshalb nicht erkannt hat, weil er Opfer einer gezielten Desinformation geworden ist, wann hätte sich dann dieser Sachverhalt geändert? Doch nicht schon dann, wenn der betreffende Gemeindevertreter von der Eigentumsfeststellung erfahren hat, die er ja aufgrund der von der Agrarbehörde verbreiteten Desinformation für richtig halten musste. Dieser Wiedereinsetzungsgrund wäre doch wohl frühestens dann weggefallen, wenn ein Gemeindeorgan erfahren hat, dass die seinerzeitigen Bescheide falsch waren. Nun mag man vielleicht meinen, dieser Zeitpunkt sei vielleicht 1982 gekommen, als der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 9336 die wahre Rechtslage darlegte. Aber damals ist es der Tiroler Landesregierung sogar gelungen, den Landtag in Irrtum zu führen und zwar wiederum mit einer gezielten Desinformation und zwar auch die SPÖ, die durch diese unrechtmäßige Eigentumsverschiebung politisch geschädigt werden sollte. Kann man daher den Gemeindevertretern einen Vorwurf daraus machen, dass sie damals die wahre Rechtslage nicht erkannt haben? Wohl kaum. Dann ist aber das Hindernis im Sinne der Wiedereinsetzungsvorschriften durch die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 9336/1982 noch nicht weggefallen.“
„Die rechtsgrundlagenlosen Eigentumsfeststellungsbescheide einerseits und die gezielte Desinformation der Betroffenen andererseits bildeten untrennbare Bestandteile einer insgesamt sowohl aus politischer als auch aus rechtsstaatlicher Sicht höchst verwerflichen Vorgangsweise der Tiroler Landesregierung. Diese beiden – sich gegenseitig ergänzenden – Aktivitäten der Tiroler Landesregierung dürfen daher nicht isoliert betrachtet werden, weil die gezielte Desinformation die gezielte Schädigung der Allgemeinheit durch die gesetzwidrigen Eigentumsfeststellungsbescheide erst möglich machte.“

TEXT VERBERGEN

Märchenstunden bei den Komunalsiern – aber der falsche Weg! 

Dazu der VfGH: Auch wenn die Agrarbehörde die politischen Ortsgemeinden enteignen wollte, so hätte diese doch rechtskräftige Verhältnisse geschaffen – egal mit welchem bösartigen Hintergedanken die Bescheide ausgestellt wurden.

Was haben die Kommunalisierer unternommen? Eine neue Strategie musste her! Aus einer bösartigen Enteignungsbehörde wurde über Nacht die fürsorgliche Behörde gemacht, die das Gemeindegut als Eigentum der Ortsgemeinden bewahren und erhalten wollte!

Über Nacht die Meinung um 180 Grad geändert – aus bösartigen Walddieben, fürsorgliche  Beschützer des Gemeindeguts gemacht! Für die Kommunalisierer mit Schutzpatron im VfGH alles kein Problem.

Strategie II: Märchen vom Gemeindegut

Strategie I scheitert bei der Agrarbehörde

Die Kommunalisierer hatten sorgfältig geplant: Dass alle Bescheide in den Regulierungsverfahren rechtskräftig waren, war das Zentrale Problem. mehrere Jahrzehnte später musste ein Anlass gesucht werden, der den ürgermeister zu nachforschungen und Anwaltsaufträgen motivierte: Die „Arnold´sche Selbstbeszichtigung“ in der Tageszeitung (25.5.2005, mehr dazu).

 

 

 

 

Agrargemeinschaft Trins, Regulierung; Anträge der Gemeinde Trins
AgrB-R451/286-2009, 02.11.2009. Amt der Tiroler Landesregierung, Agrarbehörde, Dr. Karl Nöbl.

Mit Eingaben vom 08./21.06.2005, bei der Agrarbehörde eingelangt am 23.06.2005, hat die Gemeinde Trins, vertreten durch RA Dr. Andreas Brugger, Salurner Straße 16, 6020 Innsbruck, im Verfahren zur Regulierung der Agrargemeinschaft Trins (EZ 65 GB Trins), diese vertreten durch RA Mag. HW, 6020 Innsbruck, folgende Anträge gestellt bzw. folgende Berufungen erhoben:

1. Es wird beantragt festzustellen, dass die mit Bescheid vom 27.03.1961, Zl. IIIb1-305/43, verfügte Einleitung des Verfahrens zur Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte für das Gemeindegut Trins absolut nichtig ist und zumindest gegenüber der Gemeinde Trins keine rechtliche Wirkung entfaltet.

2. Es wird weiters beantragt festzustellen, dass auch folgende Bescheide absolut nichtig sind:
a) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 28.06.1962, Zl. IIIb1-659/62, Liste der Parteien
b) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 26.11.1962, Zl. 2127/67, Verzeichnis des der Gemeinde Trins am Regulierungsgebiet zustehenden Anteilsrechtes
c) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 16.05.1967, Zl. IIIb1-537/95, Verzeichnis der Anteilsrechte
d) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 17.04.1969, Zl. IIIb1-150/113, zumindest soweit mit diesem Bescheid vorläufige Verwaltungssatzungen erlassen wurden
e) Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969, LAS-104/17, zumindest soweit damit der Berufung gegen die Erlassung von Verwaltungssatzungen keine Folge gegeben wurde
f) Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Trins vom 22.10.1971, Zl. IIIb1-97/97
g) Bescheid (der Agrarbehörde I. Instanz) vom 23.10.1972, Zl. IIIb1- 4519/111, mit dem das Regulierungsverfahren abgeschlossen wurde.

3. Für den Fall, dass dieser Erledigung doch Bescheidqualität zukommen sollte, erhebt die Gemeinde Trins gegen den Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 27.03.1961, Zl. IIIb1-305/43, Berufung mit dem Antrag, diesen Bescheid wie auch die darauf aufbauenden Bescheide, nämlich
a) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 28.06.1962, Zl. IIIb1-659/62, Liste der Parteien
b) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 26.11.1962, Zl.-2127/67, Verzeichnis des der Gemeinde Trins am Regulierungsgebiet zustehenden Anteilsrechtes
c) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 16.05.1967, Zl. IIIb1-537/95, Verzeichnis der Anteilsrechte
d) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 17.04.1969, Zl. IIIb1-150/113, zumindest soweit mit diesem Bescheid vorläufige Verwaltungssatzungen erlassen wurden
e) Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969, LAS-104/17, zumindest soweit damit der Berufung gegen die Erlassung von Verwaltungssatzungen keine Folge gegeben wurde
f) Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Trins vom 22.10.1971, Zl. IIIb1-97/97
g) Bescheid (der Agrarbehörde I. Instanz) vom 23.10.1972, Zl. IIIb1- 4519/111, mit der das Regulierungsverfahren abgeschlossen wurde
ersatzlos aufzuheben.

4. Hinsichtlich des Bescheides vom 28.06.1962, Zl. IIIb1-659/62, Liste der Parteien, wird die Feststellung beantragt, dass dieser Bescheid absolut nichtig ist und als Folge davon die Feststellung beantragt, dass auch folgende Bescheide nichtig sind, nämlich
a) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 26.11.1962, Zl.-2127/67, Verzeichnis des der Gemeinde Trins am Regulierungsgebiet zustehenden Anteilsrechtes
b) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 16.05.1967, Zl. IIIb1-537/95, Verzeichnis der Anteilsrechte
c) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 17.04.1969, Zl. IIIb1-150/113, zumindest soweit mit diesem Bescheid vorläufige Verwaltungssatzungen erlassen wurden
d) Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969, LAS-104/17, zumindest soweit damit der Berufung gegen die Erlassung von Verwaltungssatzungen keine Folge gegeben wurde
e) Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Trins vom 22.10.1971, Zl. IIIb1-97/97
f) Bescheid (der Agrarbehörde I. Instanz) vom 23.10.1972, Zl. IIIb1- 4519/111, mit der das Regulierungsverfahren abgeschlossen wurde.

5. Die Gemeinde Trins erhebt gegen den Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 28.06.1962, Zl. IIIb1-659/62, Berufung und beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, in eventu festzustellen, dass die Agrargemeinschaftsmitglieder nicht am Regulierungsgebiet anteilsberechtigt sind, sondern nur an den land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen.

6. Hinsichtlich des Bescheides vom 26.11.1962, IIIb1-2127/67, wird beantragt festzustellen, dass dieser absolut nichtig ist und dass demgemäß die auf ihm aufbauenden Bescheide ebenfalls nichtig sind, nämlich
a) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 16.05.1967, Zl. IIIb1-537/95, Verzeichnis der Anteilsrechte
b) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 17.04.1969, Zl. IIIb1-150/113, zumindest soweit mit diesem Bescheid vorläufige Verwaltungssatzungen erlassen wurden
c) Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969, LAS-104/17, zumindest soweit damit der Berufung gegen die Erlassung von Verwaltungssatzungen keine Folge gegeben wurde
d) Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Trins vom 22.10.1971, Zl. IIIb1-97/97
e) Bescheid (der Agrarbehörde I. Instanz) vom 23.10.1972, Zl. IIIb1- 4519/111, mit der das Regulierungsverfahren abgeschlossen wurde.

7. Die Gemeinde Trins erhebt gegen den Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 26.11.1962, Zl. IIIb1-2127/67, Berufung mit dem Antrag, der Anteil an den der Agrargemeinschaft zustehenden Nutzungen der Gemeinde Trins möge so festgestellt werden, dass der Gemeinde Trins alle Nutzungen zustehen, die nicht ausdrücklich einem anderen Agrargemeinschaftsmitglied zustehen, mindestens aber 20% aller gemeinschaftlichen Nutzungen.

8. Hinsichtlich des Bescheides vom 16.05.1967, IIIb1-537/95, Verzeichnis der Anteilsrechte, wird die Feststellung beantragt, dass er absolut nichtig ist, gegenüber der Gemeinde Trins keine Rechtswirkungen entfaltet, sowie der darauf aufbauende Regulierungsplan vom 22.10.1971, Zl. IIIb1-97/97, ebenfalls nichtig sein muss.

9. Die Gemeinde Trins erhebt gegen diesen Bescheid (Verzeichnis der Anteilsrechte) Berufung und beantragt, das angefochtene Verzeichnis der Anteilsrechte aufzuheben, in eventu dahingehend abzuändern, dass klargestellt wird, dass die jeweiligen Eigentümer der aufgezählten Stammsitzliegenschaft nicht am Regulierungsgebiet, sondern nur an den der Agrargemeinschaft zustehenden Nutzungen anteilsberechtigt sind, dass ihr alle Nutzungen des Gemeindegutes zustehen, welche nicht ausdrücklich einem anderen Agrargemeinschaftsmitglied zugewiesen sind, mindestens jedoch 20%.

10. Vorsichtshalber erhebt die Gemeinde Trins gegen den Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 17.04.1969, Zl. IIIb1-1050/113, Berufung, es wird der Bescheid zur Gänze angefochten und beantragt, diesen ersatzlos aufzuheben und in eventu festzustellen, dass die Liegenschaft EZ 65 KG Trins im Eigentum der Gemeinde Trins steht.

11. Hinsichtlich des Bescheides vom 22.10.1971, Zl. IIIb1-97/97, Regulierungsplan, wird die Feststellung beantragt, dass dieser absolut nichtig ist.

12. Vorsichtshalber wird gegen diesen Bescheid (Regulierungsplan) berufen und beantragt, den angefochtenen Regulierungsplan ersatzlos aufzuheben, in eventu festzustellen, dass das Regulierungsgebiet im Eigentum der Gemeinde Trins steht und dass der Gemeinde Trins alle Nutzungen am Gemeinschaftsgebiet zukommen, die nicht ausdrücklich anderen Agrargemeinschaftsmitgliedern zugewiesen wurden, mindestens jedoch 20 %.

13. Sollte die Agrarbehörde wider Erwarten zur Ansicht gelangen, dass der eine oder andere Bescheid der Gemeinde rechtsgültig zugestellt worden sei, so beantrage die Gemeinde Trins die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Berufung gegen folgende Bescheide zu bewilligen:
a) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 27.03.1961, Zl. IIIb1-305/43, Einleitung des Regulierungsverfahrens
b) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 28.06.1962, Zl. IIIb1-659/62, Liste der Parteien
c) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 26.11.1962, Zl.-2127/67, Verzeichnis des der Gemeinde Trins am Regulierungsgebiet zustehenden Anteilsrechtes
d) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 16.05.1967, Zl. IIIb1-537/95, Verzeichnis der Anteilsrechte
e) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 17.04.1969, Zl. IIIb1-150/113, zumindest soweit mit diesem Bescheid vorläufige Verwaltungssatzungen erlassen wurden
f) Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969, LAS-104/17, zumindest soweit damit der Berufung gegen die Erlassung von Verwaltungssatzungen keine Folge gegeben wurde
g) Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Trins vom 22.10.1971, Zl. IIIb1-97/97
h) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 23.10.1972, Zl. IIIb1- 4519/111, mit der das Regulierungsverfahren abgeschlossen wurde.

14. Die Gemeinde Trins stellt den (ausdrücklichen) Antrag, das Regulierungsverfahren für das Gemeindegut Trins gemäß § 69 Abs. 1 Zif. 1 AVG vollständig wieder aufzunehmen; dieser Antrag erfasse alle nach dessen Einleitung gesetzten Rechtsakte, insbesondere folgende Bescheide:
a) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 27.03.1961, Zl. IIIb1-305/43, Einleitung des Regulierungsverfahrens
b) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 28.06.1962, Zl. IIIb1-659/62, Liste der Parteien
c) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 26.11.1962, Zl.-2127/67, Verzeichnis des der Gemeinde Trins am Regulierungsgebiet zustehenden Anteilsrechtes
d) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 16.05.1967, Zl. IIIb1-537/95, Verzeichnis der Anteilsrechte
e) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 17.04.1969, Zl. IIIb1-150/113, zumindest soweit mit diesem Bescheid vorläufige Verwaltungssatzungen erlassen wurden
f) Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969, LAS-104/17, zumindest soweit damit der Berufung gegen die Erlassung von Verwaltungssatzungen keine Folge gegeben wurde
g) Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Trins vom 22.10.1971, Zl. IIIb1-97/97
h) Bescheid (der Agrarbehörde I. Instanz) vom 23.10.1972, Zl. IIIb1- 4519/111, mit der das Regulierungsverfahren abgeschlossen wurde.

15. Die Gemeinde Trins stellt den Antrag, das Regulierungsverfahren für das Gemeindegut Trins neu einzuleiten (Antrag auf Neuregulierung).

16. Die Gemeinde stellt den Antrag auf Abänderung folgender Bescheide gemäß § 68 Abs. 3 AVG:
a) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 26.11.1962, Zl.-2127/67, Verzeichnis des der Gemeinde Trins am Regulierungsgebiet des Gemeindegutes zustehenden Anteilsrechtes
b) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 16.05.1967, Zl. IIIb1-537/95, Verzeichnis der Anteilsrechte
c) Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 17.04.1969, Zl. IIIb1-150/113
d) Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969, LAS-104/17
e) Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Trins vom 22.10.1971, Zl. IIIb1-97/97

S P R U C H

I. Den Anträgen 1., 2. a) b) c) d) f) g), 4. a) b) c) e) f), 6. a) b) d) e)
8. und 11. wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG nicht stattgegeben.

II. Der Antrag 13. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Abs 4 AVG wegen die Versäumung von Fristen gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG wird als unzulässig zurückgewiesen (§ 71 Abs. 4 AVG).

III. Der Antrag 14. a) b) c) d) g) h) auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Zif. 1 AVG wird als unzulässig zurückgewiesen.

IV. Der Antrag 15., das Regulierungsverfahren für das Gemeindegut Trins in EZ 65 GB Trins neu einzuleiten (Antrag auf Neuregulierung), wird gemäß § 69 Abs. 1 TFLG in Verbindung mit § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen.

V. Der Antrag 16. auf Abänderung der Bescheide a) b) c) e) gemäß § 68 Abs. 3 AVG wird zurückgewiesen.

B E G R Ü N D U N G

Mit Eingabe vom 21.06.2005 hat die Gemeinde Trins, vertreten durch RA Dr. Andreas Brugger, die eingangs dieses Bescheides erwähnten Anträge gestellt. Neben weiteren Beilagen sind der Eingabe u.a. zwei Stellungnahmen des gefertigten Vertreters jeweils vom 08.06.2005 angeschlossen. Die Ausführungen zu den Anträgen der Gemeinde Trins werden im Folgenden in einer Übersicht zusammengefasst:

Die Gemeinde Trins führt „Erstens“ aus, Josef Jäger sei bereits mit Bescheid vom 25.01.1950 zum Vertreter der Gemeinde bestellt worden, wobei diese Bestellung für die Eigentumsfrage als auch für ein Regulierungsverfahren erfolgte sei. Es sei keineswegs selbstverständlich davon auszugehen, dass die spätere Vertreterbestellung (gemeint Georg Hörtnagl) mangels eines gegenteiligen Aktes die frühere Vertreterbestellung außer Kraft gesetzt hätte. Für das Regulierungsverfahren seien daher zwei Vertreter bestellt worden. Zustellungen hätten nur wirksam an beide Vertreter erfolgen können. „Zweitens“ stellte die Entscheidung über das Eigentum am Regulierungsgebiet damals noch keinen Bestandteil des Regulierungsverfahrens (§ 48 TFLG LGBl.Nr. 32/1952) dar. Was Gegenstand des Regulierungsverfahrens sei, ergebe sich aus § 41 Abs. 7 und aus § 78 Abs. 1 FLG 1952. Die Bestellung des Georg Hörtnagl konnte sich daher auch nicht auf die Frage des Eigentums am Regulierungsgebiet erstrecken, für diese Frage wäre ausschließlich Josef Jäger berechtigt gewesen, die Gemeinde zu vertreten. Es sei davon auszugehen, dass Georg Hörtnagl bis zum Bescheid der Agrarbehörde vom 23.10.1972 berechtigt war, die Gemeinde zu vertreten. Im Hinblick darauf seien alle Zustellungen an die vertretene Gemeinde Trins, also etwa an Bürgermeister oder Vizebürgermeister unwirksam. Lediglich das Erkenntnis des LAS vom 05.08.1969 sei dem Gemeindevertreter Georg Hörtnagl zugestellt worden. Josef Jäger sei auch Eigentümer einer Stammsitzliegenschaft gewesen. Josef Jäger seien in seiner Eigenschaft als Gemeindevertreter keine agrarbehördlichen Erkenntnisse zugestellt worden.

zum Antrag 1.
Die Antrag stellende Gemeinde führt aus, dass die Agrarbehörde I. Instanz am 27.03.1961 zu Zl. IIIb1-305/43 das Verfahren zur Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte für das Gemeindegut der Gemeinde Trins bestehend aus der Liegenschaft EZ 65 II KG Trins zum zweiten Mal eingeleitet habe. Mangels Zustellverfügung handle es sich bei dieser behördlichen Erledigung um einen absolut nichtigen Scheinbescheid, zumal der Adressatenkreis vollkommen unbestimmt sei. Ein Bescheid richte sich im Unterschied zur Verordnung an individuell bestimmte Personen und sei diesen gegenüber zu erlassen. Bei jenen Merkmalen, deren Fehlen einen Bescheid erst gar nicht entstehen lassen, werde die Nennung eines Adressaten gezählt. Der Zustellnachweis bilde keinen Bestandteil des Bescheides. Das Fehlen eines individuell bestimmten Adressaten als Träger der bescheidmäßig gegründeten Rechte und Pflichten führe zur absoluten Nichtigkeit eines so erlassenen Bescheides. Einem solchen Schriftstück komme keine Bescheidqualität zu und entfalte eine derartige Erledigung keine rechtlichen Wirkungen.

zum Antrag 2.
Die Gemeinde Trins führt weiter aus, das Agrarverfahren sei ein Mehrstufenverfahren. Erweise sich eine grundlegende Stufe, auf der spätere Stufen aufbauen, als nicht rechtswirksam gesetzt, so verlören demzufolge auch die nachfolgenden Verwaltungsakte ihre Grundlage. Die Nichtigkeit des Einleitungsbescheides habe zur Folge, dass auch den im Regulierungsverfahren gesetzten Entscheidungen die Rechtsgrundlage entzogen sei. Daher seien auch die unter Antrag 2. angeführten Bescheide absolut nichtig.

zum Antrag 3.
Die Gemeinde Trins führt aus, dass die Bescheide im Regulierungsverfahren nur an den bestellten Gemeindevertreter rechtswirksam zugestellt hätten werden können. Dies wäre je nach Meinung entweder Herr Josef Jäger oder Herr Georg Hörtnagl oder allenfalls beide zusammen gewesen. Nach dem Zustellbogen sei jedoch der betreffende Bescheid vom damaligen Bürgermeister Herrn Peter Tost übernommen worden, an den der Bescheid nach § 110 FLG 1952 nicht mehr rechtswirksam hätte zugestellt werden können. Inhaltlich stehe der Einleitung des Regulierungsverfahrens auch die Rechtskraft des Erkenntnisses des Landesagrarsenates vom 23.06.1950, LAS-24/2, entgegen. Dass am 04.01.1960 nur mehr 48 (statt vorher 55) von 92 bekannten Nutzungsberechtigten einen Regulierungsantrag stellten, bedeute keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes. Daher werde beantragt, den angefochtenen Bescheid und die darauf aufbauenden Bescheide ersatzlos aufzuheben.
Dazu führt die Agrargemeinschaft Trins aus, eine Beschwer werde nur von der Gemeinde geltend gemacht und zwar nicht aus der Interessenlage ihrer Zugehörigkeit zur zu bildenden Agrargemeinschaft Trins, sondern ausschließlich als politische Gemeinde, weil nach ihrem Vorbringen Vermögen der Gemeinde zu Unrecht in das Eigentum der Agrargemeinschaft überführt worden sei. Wenn der bestellte Gemeindevertreter im Regulierungsverfahren Erklärungen abgegeben habe, so setzten diese die Entgegennahme des Einleitungsbescheides voraus, sodass die Zustellung als vollzogen anzusehen sei. Nach dem eigenen Vorbringen der Gemeinde am 04.01.1960 hätten 48 von 92 bekannten Nutzungsberechtigten die Einleitung des Regulierungsverfahrens beantragt. Jedenfalls sei der Behörde das Mittel der öffentlichen Bekanntmachung durch Anschlag an der Amtstafel zur Verfügung gestanden. Die Berufungen vermögen nicht aufzuzeigen, dass auch nur in einem Fall ein bekämpfter Bescheid nicht zumindest durch öffentliche Bekanntgabe in gesetzeskonformer Weise zugestellt worden wäre. Bei alledem sei auch zu bedenken, dass seit den für die Einleitung und Weiterführung des bekämpften Regulierungsverfahrens maßgebenden Bescheiden mehr als 40 Jahre verstrichen seien, sodass ein im Laufe von Jahrzehnten niemals völlig ausschließbarer Verlust eines Aktenstückes nicht mala fide zu Lasten der Behörde erst nach Jahrzehnten geltend gemacht werden könne in der Hoffnung, der Dokumentationstatbestand könnte nicht mehr ausreichen, um einer willkürlichen Behauptung eines Verfahrensmangels standzuhalten.

zum Antrag 4.
Zu der mit Bescheid der Agrarbehörde vom 28.06.1962, IIIb1-659/62, erlassenen Liste der Parteien führt die Gemeinde Trins aus, als anteilsberechtigte Parteien sei u.a. die Gemeinde Trins als solche und die Gemeinde Trins als Eigentümerin der Stammsitzliegenschaft „Müllergall“ EZ 289 II und des Gemeindehauses EZ 62 II festgestellt worden. Auch dieses Verzeichnis enthalte keine Zustellverfügung, weswegen die Feststellung der Nichtigkeit, auch für die nachfolgenden Bescheide im Regulierungsverfahren beantragt werde.

zum Antrag 5.
Die Liste der Parteien sei lediglich im Gemeindeamt zur Einsichtnahme aufgelegt worden, was für eine rechtswirksame Zustellung nicht ausreiche. Die mangelnde Zustellung müsse zur Folge haben, dass die Berufung noch offen sei, welche hiemit nachgeholt werde.
Dem hält die Agrargemeinschaft Trins entgegen, dass die Antragstellerin übersehe, dass zum Zeitpunkt der Ermittlung der Parteien im Sinne des § 44 Abs. 2 FLG 1952 noch nicht feststehe, wem endgültig welche Anteilsrechte im Sinne des § 62 zustünden. Tatsächlich sei der Bescheid über die Liste der Parteien dem Gemeindeamt Trins zur Bekanntmachung zugeleitet und der Gemeinde Trins auch ad personam zugestellt worden. Die Gemeinde Trins habe genaue Weisungen über die Durchführung der Zustellung erhalten, worauf Bürgermeister Tost nach Ablauf der Auflage bestätigt habe, dass kein Einspruch erfolgt sei.

zum Antrag 6.
Mit Bescheid vom 26.11.1962, IIIb1-2172/67, habe die Agrarbehörde ein Verzeichnis des der Gemeinde Trins am Regulierungsgebiet des Gemeindegutes zustehenden Anteilsrechtes erlassen. Darin seien die Anteilsrechte so festgesetzt worden, wie bei der Verhandlung am 15.11.1962 vereinbart worden war. Auch dieser Bescheid enthalte keine Zustellverfügung, weswegen dieser – wie auch die darauf aufbauenden Bescheide – absolut nichtig seien.

zum Antrag 7.
Aus dem Zustellbogen zum Bescheid vom 26.11.1962, IIIb1-2172/67, ergebe sich, dass dieser nicht dem bestellten Gemeindevertreter Georg Hörtnagl zugestellt worden sei, weswegen die Gemeinde berufe. Die Gemeinde Trins habe an den Holznutzungen in einem Ausmaß teilgenommen, das den Holzbedarf der eingeforsteten Objekte bei weitem übersteige. Die Gemeinde hätte einen Anspruch auf einen Anteil von mindestens 20 % der gemeinschaftlichen Nutzungen und Anspruch auf alle Nutzungen gehabt, die nicht anderen Mitgliedern ausdrücklich zugewiesen worden wären.

zum Antrag 8.
Mit Bescheid vom 16.05.1967, IIIb1-537/95, habe die Agrarbehörde das Verzeichnis der Anteilsrechte erlassen, welches hinsichtlich der Gemeinde Trins nur die bisher beschriebenen Festlegungen wiederholte. Die Gemeinde führt dazu weiter aus, dem Grundsatz „ne bis in idem“ folgend, habe die Wiederholung bereis rechtskräftiger Entscheidungen keinen normativen Charakter sondern lediglich Informationscharakter. Durch die Zustellung eines solchen Wiederholungsbescheides könne eine fehlerhafte Zustellung früherer Bescheide nicht saniert werden. Der Bescheid beinhalte keine Zustellverfügung und sei dem bestellten Gemeindevertreter Georg Hörtnagl nicht zugestellt worden. Auch dieser Bescheid sei, wie der darauf folgende Regulierungsplan vom 22.10.1971, IIIb1-97/97, nichtig.

zum Antrag 9.
Der Bescheid der Agrarbehörde vom 16.05.1967, IIIb1-537/95, sei dem bestellten Gemeindevertreter Georg Hörtnagl nicht zugestellt worden, weshalb die Gemeinde Trins nun dagegen Berufung erhebe. Der Gemeinde müssten alle Nutzungen zukommen, die nicht anderen Mitgliedern zugewiesen seien, mindestens jedoch 20 %. Die Bewertung nach § 55 TFLG sei lediglich eine Einschätzung beispielsweise für das Stimmrecht.

zum Antrag 10.
Die Gemeinde Trins führt dazu aus, am 16.04.1969 habe sich Herr Georg Hörtnagl als bestellter Gemeindevertreter damit einverstanden erklärt, dass das Regulierungsgebiet einer zu bildenden Agrargemeinschaft Trins ins Eigentum übertragen werde und diese Agrargemeinschaft die Selbstverwaltung des Gebietes übernehme. Georg Hörtnagl sei aber nie Bürgermeister der Gemeinde Trins gewesen. Über die Frage, wem das Gebiet des Gemeindegutes gehöre, sei nie ein Vertreter bestellt worden. Dafür sei vielmehr am 25.01.1950 der damalige Bürgermeister Josef Jäger bestellt und niemals enthoben worden. Dieser sei zwar am 15.04.1969 verstorben, was aber nicht zur Folge haben konnte, dass dadurch automatisch Georg Hörtnagl im Umfang der ehemaligen Vertretungsmacht des verstorbenen Josef Jäger berechtigt geworden wäre, die Gemeinde zu vertreten. Bei der Erklärung vom 16.04.1969 habe es sich nicht um eine Mitwirkung bei der Eigentumsfeststellung gehandelt und war diese Erklärung nicht auf die Klärung der zum Erklärungszeitpunkt bestehenden Rechtsverhältnisse, sondern auf deren Veränderung gerichtet. Zu einer Änderung der Eigentumsverhältnisse seien aber weder Georg Hörtnagl noch die Agrarbehörde berechtigt gewesen. Die Erklärung konnte keinerlei Rechtswirkung entfalten und sei nichtig. Wäre Georg Hörtnagl berechtigt gewesen, die Gemeinde Trins in dieser Frage zu vertreten, hätte er mit seiner Erklärung den äußeren Tatbestand der Untreue im Sinne des allerdings erst ab 1974 geltenden StGB verwirklicht. Soferne der Vertreter der Agrarbehörde gewusst haben sollte, dass das Gemeindegut im Eigentum der Gemeinde stehe und Herrn Georg Hörtnagl bei der Abgabe seiner Erklärung unterstützt haben sollte, hätte dieser nach heutigem Strafrecht Beitragstäterschaft zu dieser Untreue zu verantworten. Dabei käme es nicht darauf an, dass Georg Hörtnagl durch seine Erklärung selbst gewusst habe, dass er die Gemeinde schädige und die Agrargemeinschaft unrechtsmäßig bereichere. Eine nähere Untersuchung der strafrechtlichen Relevanz dieser Erklärung und des Beitrages der Agrarbehörde könne allerdings im Rahmen dieser Eingabe unterbleiben, es solle nur aufgezeigt werden, dass die Agrarbehörde damit die rechtlich geschützten Werte unseres Rechtsstaates aufs gröblichste verletzt habe, dies auch und gerade dann, wenn die Gemeindevertreter ahnungslos gewesen sein sollten.
Eine Gemeinde dürfe nichts verschenken. Geschädigte solcher Vereinbarungen, mit denen wenige Gemeindebürger bereichert würden, seien die benachteiligten Bürger, denen die Gemeinde z.B. keine Baugrundstücke günstig verkaufen könne, weil sie selbst keine habe, und welche den mit diesen Vereinbarungen mit verursachten chronischen Geldmangel in den Tiroler Landgemeinden mit zu tragen hätten.
Mit Bescheid vom 17.04.1969, IIIb1-150/113, habe die Agrarbehörde festgestellt, dass die im Bescheid vom 16.05.1967, unter Punkt I. angeführten Parzellen der Liegenschaft EZ 65 II Trins im Eigentum der Agrargemeinschaft Trins stünden. Gleichzeitig sei die Verwaltung der Agrargemeinschaft Trins vorläufig geregelt worden. Der Bescheid enthalte zwar eine Zustellverfügung u.a. an die Gemeinde Trins zu Handen des Gemeindevertreters Georg Hörtnagl. Dieser sei aber nicht berechtigt gewesen, in der Eigentumsfrage die Gemeinde zu vertreten. Tatsächlich habe Georg Hörtnagl diesen Bescheid nie erhalten, vielmehr sei der Bescheid von Vizebürgermeister Nagele übernommen worden. Der Bescheid sei auch nicht dadurch wirksam, dass er dem tatsächlichen Vertreter der Gemeinde zugekommen sei. Auch stehe gar nicht fest, ob zum Zeitpunkt der Zustellung der damalige Bürgermeister verhindert gewesen sei. Die Agrargemeinschaft könne aus dem Bescheid keine Rechte ableiten, weil sie in der Zustellverfügung nicht angeführt worden sei.
Vorsichtshalber werde gegen den Bescheid der Agrarbehörde vom 17.04.1969 Berufung erhoben, der Bescheid werde zur Gänze angefochten. Der Bescheid liefere keine Begründung für das Eigentumsrecht zugunsten der Agrargemeinschaft Trins. Es müsse ein Aufsatz von Dr. Mair als eine Art interne Geheimbegründung betrachtet werden auf welchen samt den Stellungnahmen des gefertigten Vertreters verwiesen werde. Es gebe weder die zur Rechtfertigung herangezogenen Realgemeinden, noch ein Gewohnheitsrecht gegen das Gesetz. Auch der Landesagrarsenat habe in seiner Entscheidung eine ausgesprochen kurze Begründung geliefert. Das Eigentum der Gemeinde am Gemeindegut ergebe sich auch aus den Gemeindeordnungen.
Dass der Landesagrarsenat sein Erkenntnis vom 05.08.1969 auch der Gemeinde Trins zugestellt habe, saniere die mangelnde Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides nicht, dieser sei bis heute nicht rechtswirksam zugestellt worden. Die Gemeinde Trins hätte gegen dieses Erkenntnis nicht berufen können, weil sie gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht berufen habe.

Zum Antrag 11.
Mit Bescheid vom 22.10.1971 sei der Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Trins erlassen worden. Auch dieser Bescheid enthalte keine Zustellverfügung, er sei in der Gemeinde Trins zur Einsichtnahme durch die Parteien des Verfahrens aufgelegen. Von dieser Auflage hätte der bestellte Gemeindevertreter Georg Hörtnagl verständigt werden müssen, weil die durch die TFLG-Novelle 1969 herbeigeführte Änderung der Rechtslage lediglich zur Folge hatte, dass ein Gemeindevertreter nicht mehr neu bestellt werden konnte. Eine auf geltender Rechtslage erfolgte und durchgeführte Vertreterbestellung sei damit keineswegs ungültig gemacht. Der Regulierungsplan enthalte keine neuen Verfügungen sondern nur Wiederholungen mit informativem Charakter („ne bis in idem“) und keine Zustellverfügung.

Zum Antrag 12.
Gegen den Regulierungsplan vom 22.10.1971 werde auch berufen mit dem Antrag, den Bescheid ersatzlos aufzuheben. Das Regulierungsverfahren sei nicht ordnungsgemäß eingeleitet und die vorangehenden Bescheide nicht ordnungsgemäß erlassen worden. Der Regulierungsplan stehe mit sich selbst im Widerspruch. Auf Seite 4 sei festgestellt, „das Regulierungsgebiet ist als Gemeindegut der Gemeinde Trins agrargemeinschaftliches Grundstück … und steht im Eigentum der Agrargemeinschaft Trins.“ Gemeindegut stelle klarerweise nach der Gemeindeordnung ein im Eigentum der Gemeinde stehendes Sondervermögen dar. Im übrigen werde auf die Begründung der Berufungen gegen jene Bescheide verwiesen, die im Regulierungsplan wiederholt wurden. Insbesondere werde geltend gemacht, dass die angeführten Eigentümer der Stammsitzliegenschaften nicht am Regulierungsgebiet, sondern an den der Agrargemeinschaft zustehenden Nutzungen anteilsberechtigt seien, das Anteilsrecht der Gemeinde so beschrieben werden müsse, dass der Gemeinde alle Nutzungen am Regulierungsgebiet zustehen, die nicht einem anderen Agrargemeinschaftsmitglied zugewiesen seien, mindestens aber 20%. Weiters werde beanstandet, dass die unter Punkt IV. Nutzungsrichtlinien A) Betriebs- und Holzbezugsordnung 3b) verfügt werde, dass die aus den Nebennutzungen (Jagd, Schotterverkauf, Verpachtungen oder Gewerbebetrieben) erzielten Einnahmen zur Deckung des Forstbetriebes verwendet werden sollten, weil diese Nebennutzungen ausschließlich der Gemeinde Trins zukommen würden.
Es werde daher beantragt, den Regulierungsplan ersatzlos aufzuheben, in eventu festzustellen, dass das Regulierungsgebiet im Eigentum der Gemeinde Trins stehe und dass der Gemeinde Trins alle Nutzungen zukommen, die nicht ausdrücklich anderen Agrargemeinschaftsmitgliedern zugewiesen worden seien, mindestens jedoch 20 %. Die Gemeinde Trins habe gegen den Regulierungsplan Berufung erhoben und sei über diese Berufung noch nie entschieden worden. Das Berufungsvorbringen und der Berufungsantrag werde daher im obigen Sinne ergänzt.

Zum Antrag 13.
Dem gefertigten Rechtsanwalt der Gemeinde Trins sei immer mehr klar geworden, dass sich hochrangige Beamte der Landesregierung entweder über politischen Wunsch, möglicherweise einer mündlichen Weisung des Landesrates und späteren Landeshauptmannes Wallnöfer dazu entschlossen hätten, den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit im Bereich der Regulierung der Gemeindegüter vollkommen über Bord zu werfen und Gemeindegut an aus den Nutzungsberechtigten gebildete agrarische Gemeinschaften zu übertragen. Die zu diesem Zweck zusammengezimmerte Argumentation habe weitgehend aus juristischen und geschichtlichen Erfindungen und im übrigen bestenfalls aus Halbwahrheiten bestanden. Von dieser rechtsbrüchigen Vorgangsweise habe sich die Landesregierung nicht einmal durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 01.03.1982, G 35/81, abbringen lassen. In den Erläuternden Bemerkungen zur TFLG-Novelle LGBl. 18/1984 habe die Tiroler Landesregierung entgegen dem zitierten VfGH-Erkenntnis betont, der Bodenreformgesetzgeber sei seit 1883 davon ausgegangen, den Agrargemeinschaften sei die Selbstverwaltung in der Form einzuräumen, dass ihnen das grundbücherliche Eigentum „als rechtlicher Nachfolgerin der altbäuerlichen Realgemeinde“ übertragen werden würde. Ein unter den Agrarjuristen des Landes herumgereichter Aufsatz des Hofrat Dr. Albert Mair werde beigelegt, wobei dem gefertigten Anwalt nicht bekannt sei, inwieweit die dargelegten Ansichten eine Erfindung des Autors sei oder ob des sich um die Wiedergabe von Behauptungen anderer Agrarjuristen handle. Auch werde die Regierungsvorlage samt Erläuternden Bemerkungen zum Gesetz vom 16.12.1983, LGBl. 18/1984, vorgelegt. Zu beiden Ausführungen habe der gefertigte Vertreter Stellungnahmen verfasst, die als Anhang und als deren Bestandteil vorgelegt werden.
Am 25.05.2005 habe Hofrat Dr. Hermann Arnold, ehemals Mitarbeiter der Agrarbehörde, Präsident der Gemeindeverbandes und Landesamtsdirektor in einem von der Tiroler Tageszeitung veröffentlichten Interview erklärt: „Wir haben bei der Übertragung des Gemeindegutes weit über das Ziel hinausgeschossen! Es sei nur durch einen Rechtsirrtum möglich gewesen und durch junge Juristen, welche die Regelung der Weide- und Holznutzungsrechte sowie die Übertragung des Gemeindegutes an die Agrargemeinschaften fast als Evangelium betrachteten. Doch dass die Agrargemeinschaften dabei gleichzeitig auch das Eigentum der Gemeinde übernommen hätten, sei aus heutiger Sicht eine Katastrophe!“
Am 02.06.2005 habe die Bauernzeitung Bauernbundobmann Anton Steixner wie folgt zitiert: „Nicht mehr zu überbieten ist … LAD Hermann Arnold. Dieser tut nun so, als hätte bei der Grundübertragung an die Agrargemeinschaften niemand gewusst, dass es sich um Gemeindegut handelte. Damit erklärte er nicht nur die damals politisch Verantwortlichen auf Landes- und Gemeindeebene für dumm, sondern sämtliche Beamte der Agrarbehörde für unfähig. Jedem war sonnenklar, dass es sich um Gemeindegründe handelt …“
Es möge wohl so sein, dass es Juristen gab, die sich in Irrtum führen haben lassen. Es sei aber unvorstellbar, dass alle Juristen der Landesregierung die Rechtslage derart verkannt hätten und die schon damals ergangene Judikatur der Höchstgerichte nicht kannten. Es könne nicht sein, dass alle Beamten gemeint hätten, das Waldzuweisungspatent vom 06.02.1847 habe mit der Formulierung „an die Gemeinden als solche“ bzw. „… in das volle Eigentum, und zwar nicht der einzelnen Unterthanen, sondern der betreffenden Gemeinden“ eine als Realgemeinde bezeichnete Vorläuferin der Agrargemeinschaften gemeint, die in dieser Form niemals existiert habe, sondern nur erfunden wurde. Auch könne es nicht sein, dass niemand nachgelesen habe, dass es zum Beispiel schon 1819 eine Gemeindeordnung gegeben habe, worin den Gemeinden Hoheitsgewalt übertragen wurde, obwohl Falser schon 1932 darauf verwiesen habe. Es müsse auch Leute gegeben haben, die diesen „Irrtum“ erfunden hätten. Jene Beamte, denen klar war, dass es sich um Gemeindegründe gehandelt habe und trotzdem feststellten, dass die Grundstücke im Eigentum einer Agrargemeinschaft stehen würden, hätten einen Amtsmissbrauch, also ein Verbrechen begangen. Diejenigen, die wussten, dass die politische Gemeinde 1847 längst existierte, dass die Tiroler Wälder den Gemeinden als solches zugewiesen worden seien und dass schon 1819 keineswegs nur die Bauern zu den Gemeindemitgliedern zählten, sozusagen die wissenden Beamten hätten die jungen Juristen, die ahnungslosen Bürgermeister und Gemeindevertreter als Werkzeuge für ihren Rechtsbruch benutzt. Sie würden nach heutigem Strafrecht Amtsmissbrauch durch Bestimmungstäterschaft gemäß § 12 StGB verantworten. Auch wenn nicht jeder einzelne Beamte von der Rechtswidrigkeit dieser gesetzlosen Vorgangsweise gewusst haben dürfte, sei diese Praxis als solche Folge eines anstiftenden Amtsmissbrauches und in ihrer Gesamtheit als verbrecherisch zu beurteilen. Da es sich beim Agrarrecht um ein äußerst komplexes Spezialgebiet handle, hätten die Gemeinden (die Bürgermeister seien nur in seltenen Fällen Juristen) auch bei Befragung eines nur allgemein ausgebildeten Juristen keine Hilfe erhalten können. Die gesetzlose Verwaltungspraxis und die dadurch verursachte Fehlinformation stelle ein unabwendbares und unvorhersehbares Ereignis dar, ihre Rechte geltend zu machen, wie es ihre gesetzliche und verfassungsmäßige Pflicht gewesen wäre.
Die Gemeinde Trins habe sich in einem Irrtum befunden. Erst im Zuge der öffentlichen Diskussion über die Auseinandersetzungen in Neustift seien dem Bürgermeister und der Gemeinde Trins Zweifel gekommen, ob nicht auch in seiner Gemeinde die Übertragung des Eigentums an die Agrargemeinschaft unrechtmäßig gewesen sein könnte.
Der gefertigte Rechtsanwalt sei am 07.06.2005 schriftlich und in der Folge – aufgrund eines am 13.06.2005 gefassten Gemeinderatsbeschlusses – nochmals am 21.06.2005 durch den Bürgermeister und zwei Mitgliedern des Gemeindevorstandes von Trins mit der Prüfung beauftragt worden, ob noch Rechtsmittel möglich seien. Am ersten Tag der Bevollmächtigung habe der gefertigte Rechtsanwalt Akteneinsicht genommen, wobei an diesem Tag die Aktenstücke nur überflogen und Kopien bestellt werden konnten. Ein ausführliches Studium der bestellten Kopien sei erst am 19.06.2005 möglich gewesen. Frühestens ab 07.06.2005, zutreffender am 19.06.2005, sei dem Vertreter der Gemeinde Trins bekannt gewesen, welche Bescheide gegen die Gemeinde Trins erlassen worden seien, dass diese rechtwidrig gewesen seien und welche Rechtsmittel erhoben werden könnten.
Die Agrargemeinschaft Trins führt zu diesem Antrag der Gemeinde Trins auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im wesentlichen aus, dass auf diesen Antrag vor dem Hintergrund der eingetretenen Rechtskraft der einzelnen Bescheide einzugehen sei. Der Mangel an Verschulden am unterlaufenen Versäumnis sei als Voraussetzung streng zu prüfen, um Missbrauch und Benachteiligungen anderer Parteien zu verhindern. Fahrlässigkeit schließe die Wiedereinsetzung ebenso aus wie die bloße Unkenntnis rechtlicher Vorschriften, Rechtsirrtum oder falsche Rechtsauskünfte über die Anfechtbarkeit von Bescheiden.
Dem Antrag sei entgegenzuhalten, die Behauptung, dass Beamte über politischen Wunsch oder über bloße mündliche Weisung – und daher rechtswidrig – sich verhalten hätten, eine freie durch nichts bewiesene Erfindung darstelle. In allen Fällen handle es sich um Geschehnisse außerhalb der eigentlichen, dem Verwaltungsverfahren entsprechenden Anwendung eines verfassungsmäßig zustande gekommenen Landesgesetzes bei der Erlassung der hier gegenständlichen Bescheide. Der Wiedereinsetzungsantrag vermöge nicht glaubhaft zu machen, wie weit ein herumgereichter Aufsatz von Dr. Albert Mayr oder die angeprangerte Indoktrinierung in der Rechtsauffassung der tätigen Beamten die Bescheide kausal bestimmt oder darin ihren Niederschlag gefunden oder ein Verschulden der Gemeinde an der Versäumung der Rechtsmittelfrist beseitigt hätte.
Der Hinweis auf ein Presseinterview eines pensionierten Landesamtsdirektors erscheine nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern wende sich gegen die eigene Argumentation. Die Antragstellerin räume ein, dass es – nach ihrer freien Vermutung – unter den Juristen der Landesregierung eine Meinungsvielfalt über das Wesen des agrarischen Grundbesitzes gegeben habe. Folglich habe sich auch Dr. Arnold, ehemals als Referent des Landeshauptmannes, als Beamter der Agrarbehörde, als Landesamtsdirektor und Vorsitzender des Landesagrarsenates zugemutet und zugebilligt werden müssen, vom Meinungsstreit Kenntnis gehabt und sich selbst eine Meinung gebildet zu haben. Sollte Dr. Arnold sich der von der Gemeinde erwünschten Rechtsmeinung angeschlossen haben, erhebe sich die Frage, weshalb er sich ungeachtet seiner leitenden Funktionen in der Verwaltung verschwiegen habe. Sollte er hingegen das Gegenteil zu seiner heutigen Auffassung vertreten haben, dürfe unterstellt werden, dass dieser Gesinnungswandel die Vertretbarkeit und Seriosität seiner damaligen Auffassung nicht ausschloss sondern implizierte. Schließlich sei zu fragen, zu welchem Zeitpunkt bei Dr. Arnold der Gesinnungswandel eingetreten sei, er selbst habe sich „aus heutiger Sicht“ bekannt, demnach wäre ihm in seinen erwähnten Funktionen die Bezug nehmende Entwicklungen nicht zur Kenntnis gelangt. Schließlich sei unerheblich, welcher Auffassung der jeweilige Beamte anhing, insoferne ein Sachverhalt unter die Tatbestandsmäßigkeit agrarrechtlicher Normen subsumiert werden konnte, musste oder wurde.
Die polemische und inkriminierende, letztlich als verantwortungslos erscheinende Anprangerung von Beamten solle über einen Trugschluss in der Argumentation der Gemeinde hinwegtäuschen. Der Wiedereinsetzungsantrag mache nicht glaubhaft, dass und wie allfällige begriffliche Meinungsverschiedenheiten konkret eine Irreführung des Bescheidadressaten hinsichtlich der Wahrnehmung von Rechtmitteln herbeigeführt haben sollte. Selbst wenn man Rechtsirrtum als Wiedereinsetzungsgrund bejahte, müsste die Verschuldensfrage geprüft werden. Der Gemeinde bzw. ihren Organen als Träger(in) hoheitlicher Befugnisse und Privatrechten seien die Vorgänge um die Eigentumsübertragung aufgrund des Verfahrensablaufes und angesichts zugestellter Bescheide und Grundbuchsbeschlüsse bewusst und die Tragweite gegenwärtig gewesen. Die Kritik des Dr. Arnold an der rechtspolitischen Zielsetzung des TFLG nehme nicht zur Frage Stellung, ob die hier bekämpften Bescheide meritorisch richtig auf dem TFLG beruhten. Schließlich bleibe der Wiedereinsetzungsantrag die Antwort schuldig, ob Dr. Arnold in den Reihen jener Agrarjuristen des Landes war, die sich auffordern ließen, rechtswidrig oder strafrechtlich relevant zu handeln, oder zu denen die die Rechtslage verkannt hätten. Insgesamt handle es sich um reine Schutzbehauptungen.
Mit dem Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 23.06.1950, LAS 24/2, sei unter dem damaligen Vorsitz des Landesrates Eduard Wallnöfer einer Berufung der Gemeinde Trins stattgegeben worden. Damit sei das im Antrag behauptete Bestreben des Landeshauptmannes Eduard Wallnöfer „den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit im Bereich der Regulierung vollkommen über Bord zu werfen und den Tiroler Gemeinden wann immer möglich das Eigentum am Gemeindegut wegzunehmen“ nachdrücklich widerlegt. Am 21.05.1969 habe der Landesagrarsenat unter dem Vorsitz von Dr. Andreas Saxer, stimmführendes Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, in einem Berufungsverfahren beraten wobei an der Beratung ferner der Vizepräsident des OLG Innsbruck und Präsident des OGH des Fürstentums Lichtenstein, der Präsident des LG Innsbruck, der Vorsteher des BG Schwaz und 3 leitende Beamte des Amtes der Landesregierung teilgenommen. Angesichts einer solchen Besetzung des Rechtsmittelsenates könne nicht unterstellt werden, die Rechtslage der für die Bescheide zugrunde liegenden Rechtslage verkannt zu haben, oder einer Beeinflussung nicht entgegen getreten zu sein. Die im bezüglichen Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969 geäußerte – vom Obersten Agrarsenat bestätigte – Rechtsansicht sei für den angefochtenen Zeitraum geltende Rechtslage gewesen und sei das Erkenntnis sowohl dem Gemeindevertreter wie auch dem Bürgermeister der Gemeinde Trins zugestellt worden. Ein Irrtum „über die wahre Rechtslage“ scheide aus. Die fachlichen Bedrängnisse in der Beamtenschaft der Agrarbehörde seien unnachvollziehbare Spekulationen. Die bekämpften Bescheide seien vor Jahrzehnten in Rechtskraft erwachsen. Es mangle das zwingend erforderliche Tatbestandselement des unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses. Im übrigen vermöge sich die Gemeinde nicht auf die Aufwendung der geforderten Sorgfalt zu berufen.

Zum Antrag 14.
Wie von der Gemeinde Trins schon unter Punkt 13 ausgeführt, müsse sich die Tiroler Landesregierung auch im Zusammenhang mit dem Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG den Vorwurf des Amtsmissbrauches gefallen lassen, wobei es dahingestellt bleiben könne, welcher Beamte irrtümlich amtshandelte und wer wissentlich. Es genüge wenn ein Amtsmissbrauch oder eine vergleichbar schwere Missachtung der Rechtsordnung zum Zustandekommen des betreffenden Bescheides beigetragen habe. Für die strafrechtliche Qualifikation sei es unerheblich, ob der Bescheiderlasser selbst irre und insoferne als Werkzeug missbraucht werde, wenn der Bestimmungstäter die Rechtslage kenne. Bezogen auf die Regulierung des Gemeindegutes sei es nun praktisch den Tätern anheim gestellt, ob sie zur Wiederherstellung des amtsmissbräuchlich herbeigeführten Schadens bereit seien, während dem Opfer der strafbaren Handlung jeder Anspruch auf Beseitigung schon sehr früh genommen würde. Dies sei unbillig.
Demgegenüber führt die Agrargemeinschaft Trins aus, der auf § 69 Abs. 1 Zif. 1 AVG gestützte Antrag könne nach Ablauf von 3 Jahren ab Erlassung des Bescheides nicht mehr gestellt werden. Nach der Aktenlage seien die von der Gemeinde bekämpften Bescheide jedenfalls nicht durch Fälschung einer Urkunde oder durch ein falsches Zeugnis herbeigeführt worden. Ungeachtet aller Kriminalisierung von Politikern und Beamten könne das Vorbringen der Gemeinde in dem Sinne verstanden werden, dass sie die Erschleichung von Bescheiden behauptet oder in Betracht zieht. Insoweit sich die Anwürfe der Gemeinde gegen weisungsbefugte oder beamtete Organe richte, werde der verstorbene ehemalige Landeshauptmann Eduard Wallnöfer diskreditiert, der sich gegen den frei erfundenen Vorwurf des Amtsmissbrauches nicht mehr wehren könne. Soweit sich die Anschuldigungen gegen Beamte richte, spekuliere die Gemeinde offensichtlich mit der Annahme, dass die Opfer der Diskreditierung bereits im Ruhestand oder sogar nicht mehr am Leben seien und sich nicht mehr zur Wehr setzten könnten und sich das Vorbringen der Gemeinde im Rahmen undifferenzierter pauschaler Anschuldigungen bewege. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens könne nur als polemisches Experiment angesehen werden und erübrige es sich, auf die der ständig wiederholten Stimmungsmache und Skandalisierung dienenden Ausführungen weiter einzugehen.

Zum Antrag 15.
Gemäß § 68 Abs. 3 TGO diene das Gemeindegut einerseits der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der nutzungsberechtigten Liegenschaften andererseits den Bedürfnissen der Gemeinde. Aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes wäre es erforderlich, dass die Gemeinde zumindest die Möglichkeit hätte, bei geänderter Sach- und Rechtslage einen Antrag auf Neuregulierung zu stellen, ohne dafür die Zustimmung zahlreicher anderer Nutzungsberechtigter einholen zu müssen. Tatsächlich seien inzwischen ganz wesentliche andere Nutzungsmöglichkeiten entstanden, insbesondere sei der Jagdpachtzins seit der Zeit unverhältnismäßig gestiegen. Es würden Einnahmen aus dem Schotterverkauf erzielt und die Agrargemeinschaft verfüge über Baulandreserven, die mittel- bis langfristig mobilisiert werden dürften. Durch eine Neuregulierung müsste dafür gesorgt werden, dass die auf die Substanz fallenden Nutzungen im Innenverhältnis der Gemeinde Trins zufallen.

Zum Antrag 16.
In Wahrung des öffentlichen Wohles sei eine Abänderung der Regulierungsbescheide zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich. Der Antrag werde als formaler Antrag und nicht nur als Anregung gestellt und zwar auch in diesem Fall aus der Überlegung heraus, dass es unbillig wäre, wenn in einer solchen Frage die geschädigte Gebietskörperschaft keinerlei Antragsrecht hätte und die Wiederaufnahme ins Belieben jener Behörde gestellt wäre, die den Schaden durch parteiisches und offenkundig krass rechtswidriges Vorgehen (unter Hinweis auf Morscher in „Nutzungsrechte am Gemeindegut“, Zeitschrift für Verwaltung, Heft 1, 1982) verursacht habe. Der schwere volkswirtschaftliche Schaden bestehe darin, dass die Gemeinde Trins kaum Steuereinnahmen habe und daher schon seit vielen Jahren bei fast allen öffentlichen Vorhaben auf Zuschüsse des Landes angewiesen sei, während die Agrargemeinschaft aus dem ehemaligen Gemeindegut hohe Einnahmen erzielt habe und weiterhin erzielen werde. Die Bescheide seien dahingehend zu ändern, dass der Agrargemeinschaft lediglich die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen belassen werden, während vor allem die nicht land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen der Gemeinde Trins zuzuweisen seien.
Demgegenüber führt die Agrargemeinschaft Trins aus, dass die Gemeinde ihren Antrag nicht auf schwere wirtschaftliche Schädigung, sondern auf einen schweren wirtschaftlichen Schaden stütze. Die Unterscheidung dieser Begriffe „Schädigung“ und „Schaden“ entspreche keinesfalls semantischer Willkür oder Rabulistik. Aus der von der Gemeinde herangezogenen Argumentation zeige sich, dass der thematisierte Schade nicht dem Schädigungsbegriff der herangezogenen Gesetzesstelle entspreche, weil es sich um Folgen einer zum Zeitpunkt der Erlassung der bekämpften Bescheide nicht absehbaren, von vielerlei Umständen abhängigen wirtschaftlichen Entwicklung über Jahrzehnte hinweg handle. Dies gelte für die Gemeinde wie auch für die Agrargemeinschaft selbst. Welche wirtschaftlichen Vorteile die Agrargemeinschaft heute und in Zukunft genieße, habe mit der ursprünglichen Eigentumsfeststellung wenig zu tun, sondern sei das Ergebnis vielerlei nicht kausaler Faktoren über Jahrzehnte hinweg. Der unbestimmte Gesetzesbegriff „volkswirtschaftliche Schädigung“ könne zwanglos nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung nur im Sinne des Schadenersatzrechtes (§§ 1293 ff ABGB) verstanden werden, welcher terminologisch Verschulden, Rechtswidrigkeit, Kausalität und Rechtswidrigkeit voraussetze. Demnach könne „Schädigung“ nicht in der mittelbaren bloßen Verursachung eines Nachteiles liegen.
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Abänderung oder Aufhebung von Bescheiden nach § 68 Abs. 2 AVG sei streng zu prüfen, weil es sich um eine Ausnahme von der materiellen Rechtskraft handle. Die durch die bekämpften Bescheide herbeigeführte Rechtslage wirke sich nicht schon für sich nachteilig für die Gemeindewirtschaft aus. Es ergäbe sich ein unlösbarer Widerspruch zwischen der von der Gemeinde angestrebten Enteignung landwirtschaftlichen Grundes und der Pflicht der Behörde zu möglichster Schonung erworbener Rechte, wobei auch die Agrargemeinschaft im Rahmen ihrer Wirtschaftspläne seit Jahrzehnten Bewirtschaftungsziele programmatisch verfolge. Auch könne jederzeit nachgewiesen werden, dass sich Gewinne der Agrargemeinschaft in bescheidenem Rahmen bewegen. Beim agrargemeinschaftlichen Liegenschaftseigentum handle es sich um Wald, Weide, Almgrundstücke und landwirtschaftliche Grundstücke, welcher einer von der Gemeinde ins Auge gefassten Grundverwertungspolitik nicht zugänglich sei. Abzulehnen sei die Auffassung, dass knappe Steuereinnahmen der Gemeinde den Tatbestand schwerer volkswirtschaftlicher Schädigung erfüllen. Dieses Ungleichgewicht zwischen Abgabenerhebung und übernommenen Verpflichtungen sei häufig auf mangelnde wirtschaftliche Planung zurückzuführen.

Die Agrarbehörde hat über diese Anträge Folgendes erwogen:

Nach den vorliegenden Verwaltungsakten (R 451, AZ 2577) zur Regulierung des Gemeindegutes Trins ergibt sich rücksichtlich des Verfahrensganges bzw. der angefochtenen und hier prüfungsgegenständlichen Bescheide u.a. folgender Sachverhalt:

1. Mit Schreiben des Amtes der Landesregierung vom 25.01.1950, Ib-422/2, wurde Bürgermeister Josef Jäger gemäß § 110 (5) Flurverfassungslandesgesetz 1935, LGBl. Nr. 42, „zum Vertreter der Gemeinde Trins in obigem Verfahren bestellt“ und darin beigefügt: „Als solcher sind Sie befugt, Übereinkommen und Vergleiche, an welchen die Gemeinde Trins teilzunehmen hat, in deren Namen abzuschließen“. Das erwähnte Schreiben nimmt Bezug auf die agrarbehördliche Verhandlungssausschreibung vom 24.01.1950 „um festzustellen, welche Teile des Gemeindevermögens agrargemeinschaftlich genutzt werden, ob die Voraussetzungen für die Einleitung eines Regulierungsverfahrens gegeben sind, wer Eigentümer der agrargemeinschaftlich genutzten Grundstücke ist und gegebenenfalls um die Verwaltung dieser Grundstücke vorläufig zu regeln.“

2. Mit Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 14.02.1950, IIIb – 104/4, wurde das Verfahren zur Regelung der Benützung und Verwaltung von Wald und Weide von Trins in Grundbuchseinlage 65 II KG Trins, soweit sie agrargemeinschaftlich genutzt werden, auf Antrag vom 19. August 1949 eingeleitet. Der Bescheid „Ergeht an: die am Gemeindegut von Trins Nutzungsberechtigten“ und enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass die Berufung offen steht, die binnen der Verlautbarung desselben und weiterer zwei Wochen, das ist bis 20.03.1950, einzubringen ist.
Der zugrunde liegende Antrag vom 19. August 1949 findet sich, seit wann auch immer, nicht mehr im Verwaltungsakt. Nachdem die Verhandlungssausschreibung vom 24.01.1950 als Protokollausgang die OZl. 2 aufweist, liegt die Vermutung nahe, dass der Antrag als Eingangsstück die OZl. 1 aufweist. Der Antrag musste sich also ursprünglich im Akt befunden haben.
Der Bescheid mit Anschlagsklausel und 1 Bescheid mit Verständigungsbogen mit Namen, Hausnamen und Wohnort der genannten 86 nutzungsberechtigten Parteien sind laut am 16.02.1950 unterfertigten Zustellnachweis (Rückschein) im Gemeindeamt Trins eingelangt, mit der Weisung, diesen (Bescheid) „vom Einlangen bis zum 6.März 1950 an der Gemeindeamtstafel ortsüblich zu verlautbaren. Die bekannten Teilgenossen sind weiters mit beigegebenem Verständigungsbogen vom Inhalt des Bescheides zu verständigen. Die Parteien haben zum Nachweis der erfolgten Verständigung Datum und Unterschrift auf dem Bogen beizusetzen.
Am 7.März ist die Anschlagsklausel auf dem verlautbarten Bescheid durch den Bürgermeister zu unterschreiben und derselbe mit dem Verständigungsbogen anher zurückzusenden.“
Mit Schreiben vom 06.03.1950 hat Bürgermeister Jäger den Verständigungsbogen mit den Unterschriften der Agrarbehörde übermittelt. Bürgermeister Tost hat mit vom 3.4.1950 datierten Schreiben den Bescheid mit dem Anschlagsvermerk „Im Gemeindeamt Trins vom 20. Februar 1950 bis 6.März 1950 ortsüblich verlautbart. Der Bürgermeister: Tost“ der Agrarbehörde rück übermittelt.
Begründend wird im Bescheid ausgeführt, dass die Grundstücke in EZl. 65 II KG Trins mit Ausnahme Gp. 715 Weide, 1858 und 1859 Wege und Bp. 186 Wasserreservoir, in der Weise landwirtschaftlich genutzt wurden, dass rund 90 beteiligte Güter daraus Holz und Streu bezogen und ihr überwintertes Vieh darauf weiden ließen. Auch die Gemeinde Trins nahm als solche an den Nutzungen in der Natur teil.
Die Gemeinde Trins und 62 Nutzungsberechtigte haben gegen diesen Bescheid mit vom 11.03.1950 datierten Schreiben berufen. Die Begründung lautet, „Sämtliche Interessenten die die Agrargemeinschaft in der Gemeinde bilden sollen sind über dieses Regelungsverfahren zu wenig aufgeklärt und informiert sie sehen die Sache zu verfrüht an und erheben daher Einspruch.“
Der Landesagrarsenat hat mit seinem Erkenntnis vom 23.Juni 1950, Zl. LAS 24/2, den Berufungen Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid behoben mit der wesentlichen Begründung, dass der Senat es für unzweckmäßig halte, die Bildung einer Agrargemeinschaft gegen den Willen der überwiegenden Mehrheit der Nutzungsberechtigten vorzunehmen.

3. Mit Schreiben vom 04.01.1960 beantragten 48 Nutzungsberechtigte am Gemeindegut Trins bei der Agrarbehörde die Einleitung eines Regulierungsverfahrens am Gemeindegut Trins, um damit die Nutzungsrechte nach Bestand und Umfang genau festzulegen und die Voraussetzung einer grundbücherlichen Eintragung dieser Rechte zu schaffen. Am Gemeindegut seien ca. 94 Nutzungsberechtigte. Als Erstunterfertiger scheint „für Gem. Peter Tost Bgm.“ auf.

4. Mit Schreiben der Tiroler Landesregierung vom 25.02.1961 wurde Herr Georg Hörtnagl gemäß § 110 Abs. 1 lit. f des Flurverfassungslandesgesetzes LGBl. Nr. 32/1952 im einzuleitenden Verfahren zur Regulierung des Gemeindegutes, in dem der Gemeinde Parteistellung zukommt, „zum Vertreter der Gemeinde Trins bestellt und verpflichtet, die Interessen der Gemeinde in diesem Verfahren nach bestem Wissen und Gewissen wahrzunehmen.“ Eine Abschrift dieses Schreibens wurde der Agrarbehörde zur Kenntnisnahme übermittelt.

5. Mit Bescheid vom 27.03.1961, IIIb1-305/43, wurde das Verfahren zur Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte für das Gemeindegut Trins bestehend aus den Liegenschaften EZl. 65 II KG Trins auf Antrag eingeleitet. Der Bescheid mit der Rechtsmittelbelehrung, dass die Berufung offen steht, die während der Anschlagsfrist, das ist vom 17.04.1961 bis 02.05.1961 und weiterer zwei Wochen, das ist bis spätestens 15.05.1961 eingebracht werden kann, wurde der Gemeinde Trins zur Kenntnis mit der Weisung übermittelt, u.a.
a) beiliegende Bescheidausfertigung mit vorgeschriebener Anschlagsklausel vom 17.04.1961 bis 02.05.1961 an der Gemeindetafel anzuschlagen und allenfalls auch in anderer ortsüblicher Weise zu verlautbaren,
b) beiliegende Bescheidausfertigungen den im angeschlossenen Zustellbogen – 119 namentlich und mit Hausnamen und Wohnort – angeführten Parteien gemäß §§ 21 bis 23 AVG 1950 nachweislich zuzustellen,
c) nach Ablauf obiger Anschlagsfrist die Anschlagsklausel auf der angeschlagenen Bescheidausfertigung gemeindeamtlich zu unterfertigen …
Diese Sendung wurde nach dem am 12.IV.1961 unterfertigten Zustellnachweis (Rückschein) der Gemeinde Trins zugestellt.
Die Gemeinde Trins scheint auch im Zustellbogen unter den lfd. Nr. 34 und 75 (Gemeindehaus) als Empfängerin auf, als Tag der Zustellung ist in beiden Zeilen der 14. April 1961 angeführt, Bürgermeister Tost hat die Übernahme mit seiner Unterschrift bestätigt.

6. Laut Kundmachung der Agrarbehörde vom 20.05.1961, IIIb1-305/45, ist der obgenannte Bescheid am 15.05.1961 rechtskräftig geworden, gemäß § 89 Abs. 1 FLG.1932 wurde die Kundmachung vom 21.06.1961 bis 21.07.1961 im Gemeindeamt Trins öffentlich angeschlagen.

7. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Steinach vom 23.06.1961, GZl. 388/61, wurde die Einleitung des Regulierungsverfahrens in EZl. 65 II KG Trins angemerkt, vom Beschluss wurde die Gemeinde Trins sowie das Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung IIIb1, verständigt.

8. Mit Bescheid vom 28.06.1962, IIIb1-659/62, wurde gemäß § 76 des Flurverfassungslandesgesetzes vom 16.07.1952 (FLG.) im Spruchteil I. das Regulierungsgebiet, bestehend aus den in EZl. 65 II KG Trins vorgetragenen – mit Ausnahme der im Schreiben von 26.11.1962 (siehe unten) angeführten – Parzellen, als Gemeindegut gemäß § 36 Abs. 2 lit. d FLG. 1952 festgestellt und im Spruchteil II. die Liste der Parteien für die Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte für den Gemeindegutswald der Gemeinde Trins erlassen. Als anteilsberechtigt festgestellt wurden demnach die Gemeinde Trins als solche sowie die jeweiligen Eigentümer von 91 Stammsitzliegenschaften der KG Trins. Die Bescheiderlassung erfolgte nach Maßgabe der ebenfalls als Bescheid bezeichneten Kundmachung gemäß § 60 und § 65 in Verbindung mit § 76 FLG. durch Auflage zur allgemeinen Einsichtnahme im Gemeindeamt Trins vom 16. Juni 1962 bis 30. Juli 1962. Die Kundmachung vom 28.06.1962, IIIb1-659/62, enthält bei der Rechtsmittelbelehrung auch den Hinweis, dass gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit dieses Bescheides „Liste der Parteien“ die Berufung offen steht, die innerhalb der Auflagefrist und weiterer zwei Wochen, das ist bis einschließlich 13. August 1962 … schriftlich einzubringen ist. Eine Kundmachung mit der vorgeschriebenen Anschlagsklausel, eine Bescheidausfertigung “Liste der Parteien“ mit vorgeschriebener Auflageklausel und 120 Kundmachungen mit Zustellbogen wurde der Gemeinde Trins zur Kenntnis mit der Weisung übermittelt
a) beiliegende Kundmachung mit vorgeschriebener Anschlagsklausel in der Zeit vom 13.07.1962 bis 30.07.1962 an der Gemeindetafel anzuschlagen und allenfalls auch in anderer ortsüblicher Weise zu verlautbaren,
b) beiliegende Bescheidausfertigung „Liste der Parteien“ in der Zeit vom 16.07.1962 bis 30.07.1962 in der Gemeindekanzlei zur allgemeinen Einsicht aufzulegen,
c) beiliegende Kundmachungsausfertigungen den im angeschlossenen Zustellbogen – 120 mit Namen, Hausnamen und Adresse – angeführten Parteien im Sinne der Bestimmungen der §§ 21 bis 23 AVG 1950 nachweislich zuzustellen …
d) nach Ablauf obiger Anschlags- bzw. Auflagefrist die Anschlags- bzw. Auflageklausel auf der angeschlagenen Kundmachung und dem aufgelegenen Bescheid … gemeindeamtlich zu unterfertigen.
Auch nach dem Zustellbogen hat die Gemeinde Trins diesen „Bescheid – Kundmachung“ am 20.07.1962 bzw. am 25.07.1962 – unter lfd. Nr. 34 und 75 unterschriftlich bestätigt von Bürgermeister Tost – übernommen. Die Kundmachung war im Gemeindeamt Trins vom 13.07.1962 bis 30.07.1962 öffentlich angeschlagen. Der Bescheid ist im Gemeindeamt vom 16.Juli 1962 bis 30. Juli 1962 öffentlich aufgelegen.
Eine gegen diesen Bescheid am 06.Juli 1964 bei der Agrarbehörde I. Instanz eingebrachte Berufung des Dr. Theodor Rittler hat der Landesagrarsenat mit Erkenntnis vom 17.02.1965, LAS-22/14, als unbegründet abgewiesen. Die Berufung gegen dieses Erkenntnis hat der Oberste Agrarsenat mit seinem Erkenntnis vom 01.04.1970, Zl. 77-OAS/70, als unbegründet abgewiesen.

9. Mit Bescheid vom 26.11.1962, IIIb1-2127/67, wurde ein Verzeichnis des der Gemeinde Trins am Regulierungsgebiet des Gemeindegutes zustehenden Anteilsrechtes gemäß § 65 des Flurverfassungslandesgesetzes vom 16.07.1952 erlassen. Die als Bescheid bezeichnete Kundmachung vom 26.22.1962, IIIb1-2127/67, über die Bescheidauflage mit der Rechtsmittelbelehrung, dass gegen diesen Bescheid gemäß § 94 Abs. 3 FLG. 1952 kein Rechtsmittel zulässig ist, wurde der Gemeinde Trins zur Kenntnis mit der Weisung übermittelt u.a.
a) beiliegende Kundmachung mit vorgeschriebener Anschlagsklausel in der Zeit vom 03.12.1962 bis 19.12.1962 an der Gemeindetafel Trins anzuschlagen und allenfalls auch in anderer ortsüblicher Weise zu verlautbaren,
b) beiliegende Bescheidausfertigung „Verzeichnis der Anteilsrechte der Gemeinde Trins“ in der Zeit vom 05.12.1962 bis 19.12.1962 in der Gemeindekanzlei zur allgemeinen Einsicht aufzulegen,
c) beiliegende Kundmachungsausfertigungen den im angeschlossenen Zustellbogen – mit 119 mit Namen, Hausnamen und Wohnort – angeführten Parteien im Sinne der Bestimmungen der §§ 21 bis 23 AVG 1950 nachweislich zuzustellen,
d) nach Ablauf obiger Anschlags- bzw. Auflagefrist die Anschlags- bzw. Auflageklausel auf der angeschlossenen Kundmachung und dem aufgelegten Bescheid gemeindeamtlich zu unterfertigen
Der Bescheid ist im Gemeindeamt Trins vom 05.12.1962 bis 19.12.1962 zur Einsicht aufgelegen, die öffentliche Kundmachung über die Auflage erfolgte vom 03.12.1962 bis 19.12.1962. Die Gemeinde Trins hat diesen „Bescheid – Kundmachung“ am 07.12.1962 – auch unter lfd. Nr. 34 und 73 des Zustellbogens unterschriftlich bestätigt von Bürgermeister Tost – übernommen.
Dem Bescheid liegt ein zwischen dem gewählten Ausschuss der Nutzungsberechtigten am Regulierungsgebiet einerseits und der Gemeinde Trins, diese vertreten durch den bestellten Vertreter der Gemeinde Trins Georg Hörtnagl, andererseits, bei der örtlichen Verhandlung am 15.11.1962 geschlossenes Übereinkommen zugrunde. Diesem Vergleich wurde gemäß § 94 Abs. 3 FLG. 1952 die agrarbehördliche Genehmigung erteilt.
Eine Begründung dieses Teilverzeichnisses der Anteilsrechte, das sich vollinhaltlich auf einen Vergleich stützt, dem hiemit gemäß § 94 Abs. 3 FLG. die agrarbehördliche Genehmigung erteilt wird, kann gemäß § 58 Abs. 2 AVG und § 93 FLG. entfallen.

10. Mit Schreiben der Agrarbehörde vom 26.11.1962 wurden dem bestellten Vertreter der Gemeinde Trins über sein Ersuchen anlässlich der örtlichen Verhandlung vom 15.11.1962 jene Grundparzellen bekanntgegeben, die bei der örtlichen Verhandlung am 23.3.1961 als Gemeindevermögen festgestellt wurden, nämlich Gp. 544 Wald, Gp. 715 Weide, Bp. 170 Bauarea, Gp. 1642/1 Wald, Gp. 1647 Weide, Gp. 1858 Weg, Gp. 1659/2, Bp. 173 Bauarea, Bp. 186 Wasserreservoire, Gp. 646/1 Wald, Gp. 646/2 Garten, Bp. 212 Baufläche.

11. Mit am 21.02.1963 vom Vertreter der Agrarbehörde Dr. H. Bucher aufgenommener Niederschrift hat Georg Hörtnagl als bestellter Gemeindevertreter folgendes vorgebracht:
„Mit Schreiben vom 26.11.1962 … wurde mir mitgeteilt, welche Grundstücke Gemeindevermögen der Gemeinde Trins darstellen. Hiezu möchte ich anführen dass laut übereinstimmender Ansicht der Nutzungsberechtigten und des Gemeindevertreters auch die Gp. 254/1, 254/2 und 255 (Venetzegrube ca. 2 ha) offenkundig Gemeindevermögen sind. Es ist wohl in keiner Verhandlungsniederschrift davon die Rede, aber die Nutzungsberechtigten und der Verhandlungsleiter werden sich daran erinnern, dass ich dem Gemeindeanteil von 8% nur unter der Bedingung zugestimmt habe, dass die Gemeindeweiden der Gemeinde verbleiben. Dazu gehören auch die angeführten Gp. Andere gemeinschaftliche Nutzungen als die Weide waren meines Wissens nicht vorhanden.
Ich bitte daher die nötigen Schritte zu unternehmen, dass die o.a. Parzellen noch nachträglich als Gemeindevermögen ausgeschieden werden.“

12. Mit Bescheid vom 16.05.1967, IIIb1-537/95, wurde das Verzeichnis der Anteilsrechte für die Regulierung des Gemeindegutes Trins gemäß § 65 in Verbindung mit § 76 FLG. erlassen. Die Auflagekundmachung über die Bescheidauflage enthält u.a. den Hinweis, dass der Bescheid in der Zeit vom 29.05.1967 bis 12.06.1967 in der Gemeindekanzlei zur Einsicht durch die Parteien aufliegt sowie die Rechtsmittelbelehrung, dass die Frist für die Einbringung von Berufungen mit dem Tag der Auflage des Bescheides, im Falle einer späteren Zustellung dieser Kundmachung mit dem Zustelltag beginnt, und wurde der Gemeinde Trins am 24.V.1967 (laut unterfertigtem Rückschein) zur Kenntnis mit dem Ersuchen übermittelt u.a.
a) beiliegende Kundmachung während der Auflagefrist im Gemeindeamt zur Einsichtnahme durch die Parteien des Verfahrens aufzulegen,
b) die beiliegenden Kundmachungen den im angeschlossenen Zustellbogen – 90 mit Namen, Hausnamen und Wohnort – angeführten Personen nachweislich zuzustellen.
Die Gemeinde Trins hat die Auflagekundmachung am 27.05.1967 – auch unter lfd. Nr. 90 des Zustellbogens (unterschriftlich bestätigt von Bürgermeister Tost) – übernommen. Die Auflagekundmachung wurde am 24.05.1967 an der Gemeindetafel angeschlagen und am 12.06.1967 abgenommen, der Bescheid ist im Gemeindeamt Trins vom 29.Mai bis 12. Juni 1967 zur Einsicht aufgelegen.
Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Johann Hofer hat der Landesagrarsenat mit Erkenntnis vom 26.04.1971, LAS-57/19, keine Folge gegeben.

13. Mit am 16.04.1969 vom Vertreter der Agrarbehörde Dr. Wilhelm Beck aufgenommener Niederschrift hat Georg Hörtnagl folgendes vorgebracht:
„Als bestellter Vertreter der Gemeinde Trins im Regulierungsverfahren des Gemeindegutes der Gde. Trins erkläre ich mich hiemit einverstanden, dass das Regulierungsgebiet einer zu bildenden Agrargemeinschaft Trins ins Eigentum übertragen wird und die Agrargemeinschaft die Selbstverwaltung des Gebietes übernimmt.
Für die Feststellung des Regulierungsgebietes gelten die seinerzeitigen Abmachungen und möchte ich darauf hinweisen, dass seinerzeit bestimmte Parzellen als Gemeindevermögen festgestellt wurden und bleibt diese Feststellung nach wie vor aufrecht. Zusätzlich sind die Parzellen 254/2 und 255, das ist die Fläche, auf der immer das Waldfest stattfindet, als Gemeindevermögen in der Gemeinde Trins festzustellen und aus dem Regulierungsgebiet auszuscheiden. Weiters ist der Gemeinde Trins das unentgeltliche Recht zur Schotterentnahme aus der bestehenden Schottergrube einzuräumen und zwar in dem Umfang, wie die Gemeinde Schotter für ihren Bedarf benötigt.“

14. Mit Bescheid vom 17.04.1969, IIIb1-150/113, wurde gemäß § 38 Abs. 1 FLG. 1952 die Feststellung getroffen, dass die im Bescheid vom 16.5.1967 unter Pkt. I. Gebiet angeführten Parzellen der Liegenschaft EZl. 65 II KG. Trins im Eigentum der Agrargemeinschaft Trins stehen und gleichzeitig gemäß § 87 Abs. 1 lit. b) FLG. 1952 die Verwaltung der Agrargemeinschaft Trins mit Verwaltungssatzungen vorläufig geregelt. Der Gemeinde Trins wird die Dienstbarkeit der unentgeltlichen Schotterentnahme aus der bestehenden Schottergrube für den Eigenbedarf eingeräumt. Der Bescheid enthält die Zustellverfügung „Ergeht an: 1. die Gemeinde Trins z.Hd. des bestellten Gemeindevertreters Georg Hörtnagl, Trins 119, 2. die Nutzungsberechtigten am Gemeindegut der Gemeinde Trins“ Die Auflagekundmachung vom 17.04.1969, Zl. IIIb1-150/113, über die Bescheidauflage enthält den Hinweis, dass der Bescheid in der Zeit vom 23.04.1969 bis 07.05.1969 in der Gemeindekanzlei von Trins zur Einsichtnahme aufliegt sowie die Rechtsmittelbelehrung, dass Berufung binnen zwei Wochen eingebracht werden kann, die Frist beginnt mit dem Tag der Auflage, im Falle einer späteren Zustellung dieser Kundmachung mit dem Zustelltag, und wurde der Gemeinde Trins zur Kenntnis mit dem Ersuchen u.a.
a) beiliegende Auflagekundmachung während der Auflagefrist zur Einsichtnahme durch die Parteien des Verfahrens aufzulegen,
b) die beiliegenden Kundmachungen den im angeschlossenen Zustellbogen – 90 mit Namen, Hausnamen und Wohnort – angeführten Personen nachweislich zuzustellen.
Die Gemeinde Trins hat die Auflagekundmachung am 22.04.1969 – auch unter lfd Nr. 90 des Zustellbogens (unterschriftlich bestätigt von „Nagele Bgm: i.V.“) – übernommen. Der Bescheid ist im Gemeindeamt Trins vom 23.04.1969 bis 09.05.1969 zur Einsicht aufgelegen.
Herr Peter Tost als Erst- und 14 Mitunterfertiger haben gegen diesen Bescheid berufen. Der Landesagrarsenat hat mit Erkenntnis vom 05.08.1969, LAS-104/17, gemäß § 66 Abs. 4 AVG der Berufung keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid bestätigt. Das Berufungserkenntnis ist im wesentlichen wie folgt begründet:
„… Obwohl aus den Berufungsausführungen nicht zu erkennen ist, ob die Berufungswerber sich auch durch die Übertragung des Eigentums am Regulierungsgebiet an die Agrargemeinschaft beschwert erachten, hatte sich der Landesagrarsenat aus Anlass der Berufung auch der Frage zugewendet, ob für die Feststellung des Eigentumsrechtes zugunsten der Agrargemeinschaft im Zuge des Regulierungsverfahrens eine gesetzliche Grundlage besteht. Diesbezüglich nimmt der Landesagrarsenat folgenden Rechtsstandpunkt ein:
Das zweite Hauptstück des FLG. enthält unter der Überschrift „Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken“ einleitende Bestimmungen, die im Zuge aller nach diesem Hauptstück durchzuführenden Bodenreformmaßnahmen anzuwenden sind. Im § 75 FLG, der den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens bei der Regulierung beschreibt, ist zwar die Feststellung des Eigentumsrechtes zugunsten der Agrargemeinschaft nicht angeführt; es ergibt sich aber aus den erwähnten einleitenden Normen des zweiten Hauptstückes … die Aufgabe, im Zuge des Verfahrens festzustellen, welche Grundparzellen Gemeindegut und damit agrargemeinschaftliche Liegenschaften sind, und wem sie gehören, insbesondere ob das Eigentum den Nutzungsberechtigten als Miteigentümern oder einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft zusteht. Da die Nutzung des Gemeindegutes rechtshistorisch gesehen aus der gemeinschaftlichen Allmendnutzung hervorgegangen ist, ist die Form des Miteigentums ausgeschlossen und das Eigentum der Rechtsnachfolgerin der auf Gewohnheitsrecht beruhenden Realgemeinde, nämlich der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft, einzuräumen.
Die Frage, ob im Lichte der Gemeindeverfassungsnovelle, BGBl. Nr. 205/1962, die Zustimmung des Gemeindevertreters zur Eigentumsübertragung ausreicht, ist problematisch. Der Landesagrarsenat hält jedoch dafür, dass eine allfällige Willensbildung des zur Privatwirtschaftsverwaltung berufenen Gemeindeorganes keine Voraussetzung für die von der Agrarbehörde nach dem Prinzip der Amtswegigkeit des Agrarverfahrens zu treffenden Entscheidungen darstellt.
Der Landesagrarsenat ist sohin nach umfassender Prüfung des zur Entscheidung vorliegenden Fragenkomplexes zur Ansicht gelangt, dass der angefochtene Bescheid gesetzmäßig ist. Der Berufung musste daher der Erfolg versagt werden.“
Nach der Rechtsmittelbelehrung war gegen diesen Bescheid gemäß § 7 Abs. 2 des Agrarbehördengesetzes, BGBl. Nr. 1/1951, nur hinsichtlich der Frage die Berufung zulässig, ob im gegebenen Falle eine Agrargemeinschaft vorhanden ist, auf welches Gebiet sie sich erstreckt und wer Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke ist.
Dieses Erkenntnis wurde neben den Berufungswerben dem Gemeindevertreter Georg Hörtnagl sowie auch dem Bürgermeister der Gemeinde Trins nachweislich zugestellt. Eine Berufung wurde nicht erhoben.

15. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Steinach vom 10. Februar 1971, GZl. 81/71, wurden aufgrund des rechtskräftigen Bescheides vom 16.05.1967 und vom 17.04.1969 im Grundbuch der KG Trins zur Richtigstellung des Grundbuches u.a. nachstehende Eintragungen von Amts wegen bewilligt:
In EZl. 65 II:
1. die Abschreibung des Bp. 170, 173, 186, 212 und der Gp. 254/1, 255, 544, 715, 1642/1, 1858, 1859/2, 646/1, 646/2, 1642/23, 1642/39, 1647/1, 1647/6, 1647/7 und 1647/10 … unter Mitübertragung des Eigentumsrechtes der Gemeinde Trins und Eröffnung der neuen EZl. 416 II hiefür,
2. die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Agrargemeinschaft Trins.
Von diesem Beschluss wurden laut Verteiler u.a. die Gemeinde Trins und die Agrargemeinschaft Trins verständigt.

16. Mit Bescheid vom 22.10.1971, IIIb1-97/97, wurde der Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Trins gemäß § 64 TFLG.1969 erlassen. Die Auflagekundmachung vom 22.10.1971, IIIb1-97/97, über die Bescheidauflage enthält den Hinweis, dass der Bescheid in der Zeit vom 29.11.1971 bis 13.12.1971 in der Gemeindekanzlei Trins zur Einsichtnahme durch die Parteien aufliegt sowie die Rechtsmittelbelehrung, dass gegen diesen Bescheid binnen zwei Wochen Berufung eingebracht werden kann, die Frist beginnt mit dem Tag der Auflage des Bescheides, im Falle einer späteren Zustellung dieser Kundmachung mit dem Zustelltag, und wurde der Gemeinde Trins zur Kenntnis mit dem Ersuchen übermittelt u.a.
c) beiliegenden Regulierungsplan während der Auflagefrist in der Gemeindekanzlei zur Einsichtnahme durch die Parteien des Verfahrens aufzulegen,
d) die beiliegenden Kundmachungen den im angeschlossenen Zustellbogen – 90 mit Namen, Hausnamen und Wohnort – angeführten Personen nachweislich zuzustellen.
Die Gemeinde Trins hat die Auflagekundmachung am 24.11.1971 – auch unter lfd. Nr. 90 des Zustellbogens (unterschriftlich bestätigt von „Nagele“) – übernommen. Der Regulierungsplan ist vom 25.11.1971 bis 14.12.1971 im Gemeindeamt Trins zur Einsicht aufgelegen.
Die Berufungen des Norbert Schlierenzauer und des Eduard Hörtnagl gegen den Regulierungsplan wurden vom Landesagrarsenat mit Erkenntnis vom 26.01.1972, LAS-8/20, wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) zurückgewiesen.

17. Gegen den „in der Gemeinde Trins aufliegenden Regulierungsplan“ vom 22.10.1971 hat die Gemeinde Trins Berufung mit folgender Begründung erhoben:
„Die nachstehend angeführten Gp. 254/2, 311/1, 252/3, 253, 252/4, 252/2, 252/1, 251, 648, 647, 572, 318, 285, 284, wurden bei der damaligen Teilung zwischen der Agrargemeinschaft und der Gemeinde, die offensichtlich der Gemeinde belassen werden sollen, irrtümlich in den Bestand der Agrargemeinschaft aufgenommen.
Gegen die Aufnahme der angeführten Grundparzellen in die Agrargemeinschaft erhebt die Gemeinde Berufung, wobei sie erwähnt, dass diese Grundparzellen infolge der kleinen Ausmaße und der vom geschlossenen Agrargebiet weit entfernt gelegenen Grundstücke für die Agrargemeinschaft unwirtschaftlich sind.
Anläßlich einer einvernehmlichen Aussprache zwischen Agrargemeinschaft und Gemeinde wurde diese jetzige Teilung zu Gunsten der Gemeinde getroffen um diese Grundstücke weiterhin der Gemeinde zu ihrer Nutzung zu belassen.
Die Gemeinde bittet daher der Berufung Folge zu geben und die angeführten Grundparzellen für die Gemeinde umzuschreiben.
Der Bürgermeister: Nagele“
Rücksichtlich dieser von der Gemeinde Trins (und von Frau Maria Jäger) erhobenen Berufung vom 07.12.1971 wurde mit Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 13.07.1972, IIIb1-451/R/109, Spruchpunkt 1., in Abänderung des Regulierungsplanes gemäß § 7 Abs. 4 Agrarverfahrensgesetz 1967, BGBl. Nr. 77/67, aufgrund Parteienübereinkommens nach Einholung der Zustimmung der Agrargemeinschaft Trins (Ausschussbeschluss vom 28.03.1972) folgendes ergänzt:
„1. Aus dem Regulierungsgebiet sind die Gpn.254/2, 311/1, 252/3, 253, 252/4, 252/2, 252/1, 648, 647, 572, 318, 285, 284, 721/1, 721/2, 793, 794, 803, 282, 283 lastenfrei ab- und der der Gemeinde Trins gehörigen Liegenschaft in EZl. 416 KG. Trins zuzuschreiben.
Das auf den Gpn. 793, 794 und 803 stockende schlagfähige Holz kann von der Agrargemeinschaft Trins innerhalb der nächsten fünf Jahre geschlägert werden.“
Dieser Bescheid wurde der u.a. Gemeinde Trins sowie der Agrargemeinschaft Trins nachweislich zugestellt. Der Bescheid enthält die Rechtsmittelbelehrung, dass die Berufung offen steht und binnen zwei Wochen ab Zustellung eingebracht werden kann. Eine Berufung wurde nicht eingebracht.

18. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Steinach vom 04.10.1972, GZl. 609/72, wurde der Regulierungsplan vom 22.10.1971 sowie der Bescheid vom 13.07.1972 grundbücherlich durchgeführt.

19. Mit Bescheid vom 23.10.1972, IIIb1-4519/111, wurde das Verfahren zur Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte des Gemeindegutes Trins abgeschlossen. Der Bescheid wurde laut Zustellverfügung der Gemeinde Trins und der Agrargemeinschaft Trins zugestellt. Gemäß § 71 Abs. 2 TFLG. 1969 wurde der Abschluss des Verfahrens mit Kundmachung vom 13.11.1972, IIIb1-451 R/112, kundgemacht.

Das Ermittlungsverfahren wurde ergänzt durch Erhebungen personen- und dienstbezogener Daten rücksichtlich derer Personen, denen seitens des gefertigten Rechtsvertreters strafbare Handlungen unterstellt werden; weiters durch Erhebungen des Grundbuchsstandes hinsichtlich EZ 62 63 65 66 und 416 je GB Trins (Grundbuchsauszüge vom 10./11.08.2009 und jeweils vom 15.10.2009), Einsichtnahme in die digitale Katastralmappe der Liegenschaft EZ 416 GB Trins (tiris-Online Ausdruck vom 18.08.2009), durch Einholung des Grundbuchsanlegungsprotokolles Post-Nr. 100 des Gerichtsbezirkes Steinach, durch Einholung der Forst-Eigentums-Purifikations-Tabellen und des Vergleichs-Protokolles aus dem Verfachbuch Steinach III. Teil 35/776 fol 287 fol 306 und fol 443 (jeweils Ablichtungen) aus dem Tiroler Landesarchiv. Weiters werden Presseausschnitte zum Akt genommen, nämlich profil 15 vom 6. April 2009 in „Bauernregeln“, ECHO 09/2009 in „Im Fadenkreuz der Mächte“ und „Die Oberkatastrophe“, Kronen Zeitung vom 23.09.2009 Nr. 17.744 in „Agrar-Raubzug geht mit Hilfe der Landhausjuristen weiter“).

Rechtliche Erwägungen

Der von der Gemeinde Trins aufgestellte These der Vertretungsbefugnis beider bestellter Gemeindevertreter Josef Jäger und Georg Hörtnagl für das mit Bescheid vom 27.03.1961 eingeleitete Regulierungsverfahren schließt sich die Agrarbehörde nicht an.
Es steht nämlich fest, dass der Bescheid vom 14.02.1950 zur Einleitung des Regulierungsverfahrens über Antrag, und zwar von 55 der 90 Nutzungsberechtigten erfolgte. Für dieses „obige“ in der Folge von der Agrarbehörde eingeleitete Verfahren wurde der damalige Bürgermeister Josef Jäger zum Vertreter der Gemeinde bestellt. Gegen den Einleitungsbescheid haben die Gemeinde Trins und 62 Nutzungsberechtigte berufen, der Landesagrarsenates hat mit Erkenntnis vom 23.06.1950 dieser Berufung Folge gegeben und damit meritorisch über den Antrag vom 19. August 1949 entschieden, auch wenn der erstinstanzliche Bescheid behoben wurde. Dies mit der Folge, dass auch die Vertretungsbefugnisse des Herrn Josef Jäger faktisch und rechtlich ihr Ende gefunden hatten. Es war nach dem Erkenntnis des Landesagrarsenates kein Regulierungsverfahren mehr anhängig. Für ein neuerliches Verfahren bedurfte es eines neuen Antrages, welcher tatsächlich ca. 10 Jahre später mit Schreiben vom 04.01.1960 bei der Agrarbehörde eingebracht wurde. Für dieses neue Verfahren wurde gemäß § 110 Abs. 1 lit. f) Flurverfassungs-Landesgesetzes vom 16.07.1952 (FLG. 1952) Herr Georg Hörtnagl zum Vertreter der Gemeinde bestellt. Nach dieser Gesetzesstelle sind „für Ortsgemeinden (ohne eigenes Statut) … der hiefür von der Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde nach Anhörung der Gemeinde bestellte Vertreter“ zur Vertretung im Verfahren berufen. Damit war Georg Hörtnagl der alleinige Vertreter der Gemeinde Trins im Regulierungsverfahren, welches mit Bescheid vom 27.03.1961 eingeleitet wurde.

zu Spruchabschnitt I.

Das Vorbringen zu den im Spruchabschnitt I. entschiedenen Anträgen der Gemeinde Trins wird auf die Rechtsansicht gestützt, dass die Bescheide der Agrarbehörde I. Instanz in Ermangelung einer Zustellverfügung allesamt nicht rechtswirksam zugestellt worden seien und daher – zumindest der Gemeinde Trins gegenüber – nichtig seien und keine rechtlichen Wirkungen entfalten könnten. Der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit sämtlicher Bescheide wird auf eine einschlägige Rechtssprechung des VwGH gestützt.
Die Agrarbehörde stellt dazu fest, dass die bodenreformatorischen Verfahren typischerweise Mehrparteienverfahren mit einer großen Zahl an mitbeteiligten Parteien sind. Bescheide in solchen Verfahren werden bereits dadurch rechtlich existent, dass sie gegenüber einer Partei erlassen wurden. Wurde der Bescheid einer Partei des Verfahrens hingegen weder schriftlich zugestellt (ausgefolgt) noch mündlich verkündet, kann er ihr gegenüber auch nicht formell rechtskräftig werden. Der Eintritt der formellen Rechtskraft ist demnach bei Bescheiden in Mehrparteienverfahren für jede Partei gesondert zu beurteilen.
Außer Zweifel steht, dass die Gemeinde Trins im gegenständlichen Regulierungsverfahren Partei war. Aufgrund der oben aufgezeigten Aktenvorgänge in Bezug auf die im Regulierungsverfahren für die Liegenschaft EZ 65 GB Trins erlassenen Bescheide geht die Agrarbehörde indes von einer formellen Rechtskraft der erwähnten Bescheide – auch gegenüber der Gemeinde Trins – aus. Die aufgezeigte Sachverhaltsdarstellung zeigt, dass die angeführten Bescheide der Gemeinde Trins allesamt zugestellt bzw. ausgefolgt wurden.
Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt zwar das Fehlen eines individuell bestimmten Adressaten als Träger der bescheidmäßig begründeten Rechte und Pflichten zur absoluten Nichtigkeit eines so erlassenen Bescheides (vgl. Beschlüsse vom 17.11.1992, 91/08/0193, und vom 01.07.1993, 90/17/0385). Nun fehlt im Einleitungsbescheid vom 27.03.1961 selbst sowie auch in weiteren Bescheiden im Regulierungsverfahren des Gemeindegutes Trins ein sog. Verteiler im herkömmlichen Sinn, jedoch ergibt sich in Zusammenschau mit der Zustellverfügung und dem Zustellbogen, auf welche physischen oder juristischen Personen sich der Spruch bezieht (vgl. VwGH vom 09.11.2006, 2005/07/0123). Damit ist ein individuell bestimmter Adressatenkreis mit ausreichender Individualisierung für eine Bescheidqualität gegeben. Die behauptete Rechtsverletzung liegt nicht vor. Dasselbe trifft auch auf alle weiteren Bescheide vom 28.06.1962, vom 26.11.1962, vom 16.05.1967, vom 17.04.1969 und vom 22.10.1971 zu. In allen Fällen ist davon auszugehen, dass durch die jeweils angeschlossenen Zustellbögen mit der Benennung der physischen oder juristischen Personen mit Namen, Hausnamen und Wohnort die Bescheide ausreichend individualisiert sind.
Die Zustellung eines schriftlichen Bescheides erfordert, dass dem Empfänger die für ihn bestimmte Ausfertigung übermittelt (ausgefolgt) wird. Konkret ist daher der Frage nachzugehen, ob für die Gemeinde Trins die gegenständlichen Bescheide als erlassen angesehen werden können. Nach der obigen Sachverhaltsdarstellung wurden der Gemeinde Trins, sofern sie nicht schon in Bescheiden als Bescheidadressatin im einzelnen angeführt ist, Bescheide „zur Kenntnis“ übermittelt. Dass ein Bescheid einer Partei mit dem Beisatz „zur Kenntnis“ zugestellt wird, schadet dabei nicht (vgl. VwGH vom 09.11.2006, 2005/07/0123). Die Gemeinde Trins geht weiters davon aus, dass Zustellungen an die vertretene Gemeinde also etwa an den Bürgermeister oder an den Vizebürgermeister unwirksam waren und nur an den bestellten Gemeindevertreter rechtswirksam hätten erfolgen können. Bei dieser Argumentation wird allerdings übersehen, dass es sich bei der Vertretung der Gemeinde durch den gemäß § 110 FLG. 1952 bestellten Gemeindevertreter nicht um eine gewillkürte Vertretung nach § 10 AVG handelt, sondern dass diese Vertretungsbefugnis auf einem im öffentlich Recht (FLG. 1952) beruhenden Bestellungsakt gründet. Abgesehen davon, dass die Gemeinde im Bestellungsverfahren gemäß § 11 FLG. 1952 zu hören war, trat Georg Hörtnagl bei allen Verhandlungen (so u.a. bei den Verhandlungen am 23.03.1961, am 15.11.1962, am 15.12.1966, am 19.01.1967) als Vertreter der Gemeinde auf. Mit Sicherheit waren sich sowohl die Organe der Gemeinde Trins wie auch alle Verfahrensparteien der Bestellung des Georg Hörtnagl zum Gemeindevertreter bewusst. So schadet es eines rechtmäßigen Zustellvorganges auch nicht, dass Bescheide der Gemeinde zum Teil „zur Kenntnis“ zugestellt wurden, ohne dass auf die Vertretungsbefugnis des Georg Hörtnagl ausdrücklich hingewiesen worden wäre.
Die Gemeinde Trins war nicht nur „als solche“ Partei im Regulierungsverfahren, sondern auch als Eigentümerin zweier Stammsitzliegenschaften. Diesem Umstand wurde soweit auch Rechnung getragen, als in den jeweiligen Zustellbögen diese Stammssitzliegenschaften als eigene laufende Nummern angeschrieben wurden und der Gemeinde Trins alle Bescheide zudem zugestellt wurden.
Die Gemeinde Trins rügt weiters, dass der Bescheid „Liste der Parteien“ lediglich im Gemeindeamt zur Einsichtnahme aufgelegt wurde, von einer ordnungsgemäßen Zustellung dieses Bescheides könne keine Rede sein.
Dabei übersieht die Gemeinde Trins, dass § 60 FLG. 1952 im Abs. 2 (Einzelteilungsverfahren) vorsieht, dass die Liste der Parteien an einem geeigneten Ort mit Bescheid durch zwei Wochen zur allgemeinen Einsicht aufzulegen ist. Diese materiengesetzliche Kundmachungsform gilt gemäß § 76 FLG. 1952 auch für das Ermittlungsverfahren in Regulierungsverfahren; die Bestimmungen der §§ 57 bis 65 gelten gleichermaßen. Diese Form der Bescheiderlassung der allgemeinen Einsicht zielt darauf ab, dass gegen die Liste der Parteien auch bisher unbekannte Parteien ein Rechtsmittel ergreifen können, um so einem allfälligen Rechtsanspruch auf Aufnahme in der Liste der Parteien oder deren Richtigstellung zum Durchbruch helfen zu können. Die Auflegung der Liste und Kundmachung kann entfallen, wenn hinsichtlich der richtigen und vollständigen Ermittlung der Parteien kein Zweifel besteht.

Im Ergebnis erweisen sich die Anträge der Gemeinde Trins auf Feststellung, dass alle Bescheide im Regulierungsverfahren des Gemeindegutes Trins mangels ordnungsgemäßer Zustellung nichtig sind, als unzutreffend und unzulässig. Alle Bescheide wurden auch der Gemeinde Trins ordnungsgemäß zugestellt.
Nach der Lehre ist unbestritten, dass § 68 Abs. 4 AVG keine Antwort darauf gibt, aufgrund welcher formellen und materiellen Fehler ein Verwaltungsakt keine Bescheidqualität erlangt, also als Nichtbescheid anzusehen ist (vgl. Hengstschläger – Leeb, AVG, Rz 104 zu § 68). Eine Nichtigerklärung von Bescheiden, die nicht alle konstitutiven Bescheidmerkmale aufweisen dh von absolut nichtigen Bescheiden, kommt gemäß § 68 Abs. 4 AVG nicht in Betracht, da sie voraussetzungsgemäß auf bereits in Rechtskraft erwachsene Bescheide beschränkt ist (VwGH 06.07.1981, 2112/79). Sämtlichen hier gegenständlichen Bescheiden ist Bescheidqualität auch insofern zugekommen, als sie unter Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften wirksam erlassen wurden.
Die Rechtskraft der Bescheide auch gegenüber der Gemeinde Trins steht dem nunmehrigen Begehren der Gemeinde Trins jedenfalls entgegen, weshalb diesen Anträgen gemäß § 68 Abs. 1 AVG nicht stattgegeben werden kann.

zum Spruchabschnitt II.

Gemäß § 71 Abs. (1) des Allgemeinen Verwaltungsverfahrengesetzes 1991 (AVG) ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder
2. die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
(2) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.
(3) Im Fall der Versäumung einer Frist hat die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag nachzuholen.
(4) Zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die versäumte Handlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.
(5) … (6) … (7) …

Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins führt in diesem Zusammenhang aus, dass eine gesetzlose und krass gesetzwidrige Vorgangsweise der Agrarbehörde, die „als Folge eines anstiftenden Amtsmissbrauches und daher in ihrer Gesamtheit als verbrecherisch“ zu beurteilen sei, und die dadurch natürlich verursachte Fehlinformation der Agrarbehörde für die Gemeinde Trins ein unabwendbares und zweifelsohne auch unvorhersehbares Ereignis darstellte. Es sei den Gemeindevertretern bisher nicht bewusst gewesen, dass das Eigentum am Gemeindegut von Trins der Gemeinde Trins und nicht der Agrargemeinschaft Trins zugestanden wäre. Die Gemeinde Trins habe sich in der Frage der Übertragung des Eigentums an die Agrargemeinschaft Trins in einen Irrtum befunden. Ein Tatbeststand eines Verbrechens im Sinne des Strafgesetzbuches (StGB) wäre nach diesen Ausführungen ursächlich für diesen Rechtsirrtum, wobei neben einer unmittelbaren Täterschaft auch Anstiftung gemäß § 12 StGB zu verantworten sei.
Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins macht damit den Wiedereinsetzungsgrund eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG geltend. Der (behauptete) Rechtsirrtum der Gemeinde Trins bezieht sich nicht auf Zustellvorgänge oder auf die Wirkung solcher. Die Agrarbehörde geht dabei in Anbetracht der obigen Darstellung der einzelnen Verfahrensschritte und der Zustellvorgänge sowie der Ausführungen zu Spruchpunkt I. davon aus, dass der Gemeinde Trins alle Bescheide sowie auch alle Grundbuchsbeschlüsse in den 60-iger und 70-iger Jahren des letzten Jahrhunderts zugestellt wurden.

Weiters steht zum Sachverhalt konkret fest, dass mit Bescheid der Agrarbehörde vom 17.04.1969 hinsichtlich der Liegenschaft EZ 65 II KG Trins das Eigentum der Agrargemeinschaft Trins festgestellt und gleichzeitig die Verwaltung der Agrargemeinschaft Trins vorläufig geregelt wurde. Gegen diesen Bescheid haben Peter Tost und weitere Mitunterfertiger Berufung erhoben. Der Landesagrarsenat hat mit seinem Erkenntnis vom 05.08.1969 dieser Berufung keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid bestätigt.
Der erstinstanzliche Bescheid erging auf Grundlage des § 38 Abs. 1 FLG. 1952 im 2. Hauptstück über die „Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken“. Begründend wird u.a. ausgeführt, dass der für das Regulierungsverfahren bestellte Vertreter der Gemeinde Trins sich mit der Feststellung des Eigentumsrechtes für die Agrargemeinschaft und mit der Selbstverwaltung einverstanden erklärt habe.

Zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages:
§ 71 AVG und die dazu ergangene Judikatur des VwGH gibt vor, dass der Wiedereinsetzungsantrag genaue Angaben darüber zu enthalten hat, aus welchem Grund die Partei den Wiedereinsetzungsantrag als rechtzeitig ansieht (vgl. VwGH 18.05.1994, 94/03/0096). Es obliegt somit der Partei, die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages zu behaupten und glaubhaft zu machen (vgl. Hengstschläger – Leeb, AVG, Rz 111 zu § 71). Im Wiedereinsetzungsantrag müssen sohin die Angaben über den Zeitpunkt des behaupteten Wegfalles des Hindernisses (vorliegend § 71 Abs. 1 Zif. 1 AVG) die Behörde in die Lage versetzen, die Rechtzeitigkeit überprüfen zu können. Die Frist zur Erhebung des Wiedereinsetzungsantrages ist nach dem Zeitpunkt des Wegfalles des Hindernisses zu berechnen, das ihrer Einhaltung entgegenstand.
Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins nennt als Zeitpunkt – des die zweiwöchige Frist auslösenden Datums – den 07.06.2005 und zwar als Tag der schriftlichen Beauftragung des gefertigten Rechtsanwaltes und als Tag der Akteneinsicht; ein ausführliches Studium der bestellten Kopien sei erst am 19.06.2005 möglich gewesen. Ab dem 07.06.2005 bzw. 19.06.2005 sei dem Vertreter der Gemeinde Trins bekannt gewesen, welche Bescheide gegen die Gemeinde Trins erlassen wurden, dass diese rechtswidrig waren und dass und mit welchen Rechtsmitteln vorgegangen werden konnte. Erst damit sei das Hindernis, eine Berufung zu erheben, weggefallen. Zum einen sei dem Rechtsvertreter erst ab dem 07.06.2005 bekannt gewesen, welche Bescheide gegen die Gemeinde Trins erlassen wurden und zum anderen, dass diese Bescheide rechtswidrig gewesen seien.

Dazu konnte im Ermittlungsverfahren festgestellt werden, dass in der Abt. Agrarbehörde zum Zeitpunkt 07.06.2005 der Regulierungsakt R 451 „Agrargemeinschaft Trins“ nur im Teil III ab OZl. 255 (Eingangsstück vom 14.09.1998) greifbar war. In diesem Aktenteil lässt sich der angegebene Tag der Akteneinsicht 07.06.2005 durch den gefertigten Rechtsvertreter der Gemeinde Trins nicht nachvollziehen, es findet sich nämlich kein entsprechender Aktenvermerk, auch nicht über den Umstand, dass Kopien angefertigt wurden. Erst am 14.06.2005 wurden von der Abt. Agrarbehörde – ohne erkennbaren Grund – die bereits archivierten Regulierungsakten, nämlich Teil I (Archiv-Zahl 2577) sowie Teil II (OZl. 113 bis 254) aus dem Tiroler Landesarchiv angefordert. Auch nach dem Einlagen der Akten in der Abt. Agrarbehörde hat der gefertigte Rechtsvertreter die Regulierungsakten in der Agrarbehörde nicht eingesehen. Nach einem vorliegenden Bestellschein hat Dr. Brugger die Archivalie Zl. 2577 „Gemeindewald Trins“ am 07.06.2005 im Tiroler Landesarchiv bestellt und dort vermutlich eingesehen. Die Archivakten wurden gemäß einer entsprechenden Notiz am 09.06.2005 wiederum in die Archivbestände zurückgegeben.
Die Akteneinsicht durch den Rechtsvertreter der Agrargemeinschaft Trins am 20.07.2005 und am 04.08.2005 ist hingegen in einem Aktenvermerk festgehalten.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang weiters, dass Teile der Eingabe der Gemeine Trins vom 21.06.005, nämlich die „eigenen“ Stellungnahmen ihres Rechtsvertreters Dr. Andreas Brugger zum Aufsatz von Dr. Albert Mair und zu den Erläuternden Bemerkungen zur TFLG Novelle 1984, jeweils mit 08.06.2005 datiert sind. Offenkundig hat der gefertigte Rechtsvertreter auch schon vor dem 07.06.2005 an einem Teil der Eingabe („der Begründung dieser Berufung“) gearbeitet. Insofern sind die Angaben zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages widersprüchlich.
Ungeachtet dessen entbehrt die vom Rechtsvertreter der Gemeinde Trins hier vorgebrachte Argumentation einer inneren und äußeren Logik. Es ist schon gewissermaßen fern einer Realität, dass die Gemeinde Trins erst 36 Jahre seit der (vorläufigen) Einrichtung der Agrargemeinschaft Trins (1969) und 34 Jahre nach Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Agrargemeinschaft Trins (1971) aufgrund einer Akteneinsicht ihres Rechtsvertreters von den hier maßgeblichen Bescheiden Kenntnis erlangt haben soll und deren Rechtswirkungen erkannt hat. So gesehen bedurfte es nicht einer Akteneinsicht, um in Erfahrung zu bringen, welche Bescheide im Regulierungsverfahren erlassen wurden.
Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang vielmehr der Zeitpunkt der seinerzeit erfolgten Zustellung und Ausfolgung der Bescheide und Beschlüsse an die Gemeinde Trins und die damit hergestellte Rechtslage. Dass dem Bürgermeister der Gemeinde Trins „allmählich Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit der Eigentumsübertragung gekommen seien und dem gefertigten Rechtsanwalt „allmählich immer mehr klar“ geworden sei, dass über politische Weisungen und verbrecherische Vorgänge in der Agrarbehörde der Gemeinde Trins das Eigentum am Gemeindegut weggenommen worden sei, kann nicht als Rechtfertigung für den „Wegfall eines Hindernisses“ und damit für die Wiederaufnahme des Regulierungsverfahrens im Sinne des § 71 Abs. 2 AVG geltend gemacht werden. Ein derart in behaupteter Weise zustande gekommener „allmählicher“ Meinungsbildungsprozess zu einer verfahrensrelevanten Rechtsfrage kann nicht – in einer überprüfbaren Weise – an einem bestimmten Tag festgemacht werden und für sich als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Wiederaufnahme nicht rechtfertigen. Das Ereignis müsste auch für das Versäumen der Frist kausal sein.
In diesem Zusammenhang muss an tatsächliche Vorgänge erinnert werden, dass nämlich u.a. der Gemeinde Trins sowohl der Bescheid der Agrarbehörde vom 17.04.1969, als auch das Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969 zugestellt wurde. Mit diesem Erkenntnis hat der Landesagrarsenat eine meritorisch gleich lautende Entscheidung getroffen, was so zu werten ist, dass ein mit dem angefochtenen Bescheid übereinstimmender Bescheid erlassen wurde. Die Begründung des Erkenntnisses wendet sich dezidiert der Frage der Feststellung (nicht der Übertragung) des Eigentumsrechtes zugunsten der Agrargemeinschaft und den damaligen Rechtsgrundlagen zu. Auch der Beschluss des Bezirksgerichtes Steinach über die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Agrargemeinschaft Trins in EZ 56 KG Trins wurde der Gemeinde Trins zugestellt.
Geradezu in einem Widerspruch zum nunmehrigen Wiedereinsetzungsantrag steht die Tatsache, dass die Gemeinde Trins selbst gegen den Regulierungsplan vom 22.10.1971 innerhalb der Rechtsmittelfrist Berufung erhoben hat und zwar dezidiert zum Eigentum an agrargemeinschaftlichen Grundstücken. Aus den Berufungsausführungen „anläßich einer einvernehmlichen Aussprache zwischen Agrargemeinschaft und Gemeinde wurde diese jetzige Teilung zu Gunsten der Gemeinde getroffen …“ ist entgegen den Behauptungen des Rechtsvertreters zweifelsfrei abzuleiten, dass den seinerzeitigen Vertretern der Gemeinde Trins die Tragweite ihres Vorgehens nicht nur bewusst war, sie haben auch die Interessen der Gemeinde wahrgenommen und hiefür Rechtsmittel erhoben. Die Erhebung der Berufung scheidet zudem die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begriffsnotwendig aus, da eine Frist nicht versäumt wurde. Die Berufung der Gemeinde Trins hat – im Wege einer Berufungsbereinigung gemäß § 7 Abs. 4 AgrVG 1967 – zu einer bescheidmäßigen Abänderung des Regulierungsplanes geführt. Der Änderungsbescheid vom 13.07.1972 eröffnete in seiner Rechtsmittelbelehrung allerdings wiederum die Möglichkeit einer Berufung, sodass ein Wiedereinsetzungsantrag bei einer Fristversäumung wiederum zulässig sein konnte.
Offenbar hatte es im Zuge der Regulierung des Gemeindegutes der Gemeinde Trins nicht nur über die Höhe des Anteilsrechtes der Gemeinde Trins einen Konsens (Vergleich) gegeben, es wurden auch in Bezug auf Gebietsfestlegungen (Regulierungsgebiet) und der Feststellung der Eigentumsverhältnisse Grundflächen (Parzellen) aus dem Regulierungsgebiet ausgeschieden und diese Flächen als Gemeindevermögen in einer neuen Grundbuchseinlage (EZ 416 GB Trins) zusammengefasst. Somit hat zwischen der Gemeinde Trins, ihrem Vertreter, und der (später) körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft Trins bzw. (vorher) ihren Mitgliedern dezidiert auch eine einvernehmliche Vermögensauseinandersetzung stattgefunden, welche in der Berufung der Gemeinde Trins gegen den Regulierungsplan vom 22.10.1971 als „jetzige Teilung zugunsten der Gemeinde“ bezeichnet wird. Diese Vermögensauseinandersetzung, welche in mehreren agrarbehördlichen Bescheiden ihren Niederschlag gefunden hat, wurde mit den übrigen Ergebnissen des Regulierungsverfahrens grundbücherlich durchgeführt. Dass sich bei diesen Vorgängen alle Beteiligten in einem Rechtsirrtum befunden hätten, ist eine reine Unterstellung der Rechtsvertreters der Gemeinde Trins.
Aufgrund der aufgezeigten Umstände und Vorgänge kann als Zeitpunkt des Wegfalles des behaupteten Hindernisses, das der Erhebung von Rechtsbehelfen im Wege stand bzw. stehen hätte können, nur der Zeitpunkt der Kenntnis der eingetretenen Folgen (aufgrund der Regulierungs- Feststellungs-, Abänderungsbescheide, Grundbuchsbeschlüsse) angesehen werden (vgl. VfGH 08.06.2006, B 619/05-4).
Der Wiedereinsetzungsantrag ist verspätet und daher als unzulässig anzusehen.

Nach seiner Rechtsmittelbelehrung war gegen den Bescheid vom 26.11.1962 kein Rechtsmittel zulässig. Somit kann in diesem Fall auch keine Säumnis einer Rechtsmittelfrist eintreten. Der Wiedereinsetzungsantrag scheidet damit schon begrifflich aus und erweist sich aus diesem Grunde unzulässig. Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins bezeichnet auch den Einleitungsbescheid vom 27.03.1961 als „gegen die Gemeinde“ erlassen. Dies obwohl auch die Gemeinde Trins durch den damaligen Bgm. Peter Tost die Regulierung beantragt hatte. Andere Wiedereinsetzungsgründe als jenen des Irrtums der Gemeinde Trins in der Eigentumsfrage hat der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins auch bezüglich der Bescheide, die nicht unmittelbar zu dieser Frage ergingen, nicht vorgebracht. Die Behörde ist aufgrund der Antragsbedürftigkeit des Wiedereinsetzungsverfahrens an die tatsächlich vorgebrachten Gründe gebunden.
Weiters ist in diesem Zusammenhang von rechtlicher Bedeutung, dass die Regulierungsverfahren als bodenreformatorische Verfahren durch einen stufenförmigen Aufbau gekennzeichnet sind, in denen jede einzelne Etappe durch einen rechtskräftigen Bescheid abgeschlossen wird. Ein rechtskräftiger Bescheid einer früheren Verfahrensetappe kann anlässlich der Bekämpfung eines Bescheides einer späteren Stufe nicht mehr angefochten werden (vgl. Hengstschläger – Leeb, AVG, § 69 Rz 19). Aus diesem Grunde scheiden die vorliegenden Wiedereinsetzungsanträge auch als unbegründet aus, soweit sie Bescheide betreffen, die in einer früheren Verfahrensetappe eine formal und materiell rechtskräftige Entscheidungsgrundlage bildeten.

Die übrigen sich in inkriminierenden Äußerungen des Rechtsvertreters der Gemeinde Trins erschöpfenden Ausführungen stellen nach Ansicht der Agrarbehörde reine Behauptungen dar. Reine Behauptungen reichen für das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes nicht aus. Umstände, die den Wiedereinsetzungsgrund begründen sollen, sind nicht nur glaubhaft darzulegen, sondern durch taugliche Bescheinigungsmittel zu ihrer Glaubhaftmachung anzuführen, dh die Behörde muss zur Ansicht gelangt sein, die Tatsachenbehauptung sei wahrscheinlich für wahr zu halten (vgl. Hengstschläger – Leeb, AVG, Rz 116 zu § 71). Der gefertigte Rechtsvertreter der Gemeinde Trins stellt in diesem Zusammenhang ohnedies keinerlei Tatsachenbehauptungen auf, sondern spricht von „Rechtsirrtümern“ und – behaupteterweise – von amtsmissbräuchlich herbeigeführten Hoheitsakten. Zu den behaupteten strafrechtlich relevanten Umständen im Regulierungsverfahren des Gemeindegutes Trins darf hier auf die Ausführungen im Begründungsteil zum Spruchabschnitt III. verwiesen werden.

Zur Untermauerung seines Antrages verweist im Zusammenhang der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins auf ein mit Hofrat Dr. Hermann Arnold in der Ausgabe Tiroler Tageszeitung vom 25.05.2005 geführtes und veröffentlichtes Interview, dessen Inhalt auszugsweise folgender ist: „Wir haben bei der Übertragung des Gemeindegutes weit über das Ziel hinausgeschossen. … Das sei nur durch einen Rechtsirrtum möglich gewesen und durch junge Juristen … Doch dass die Agrargemeinschaften dabei gleichzeitig auch das Eigentum der Gemeinde übernommen hätten, sei aus heutiger Sicht eine Katastrophe!“
Zu diesem medialen Auftreten des seit 01.01.2004 in Pension befindlichen Landesamtsdirektors Hofrat Dr. Hermann Arnold wurde zum einen festgestellt, dass Dr. Arnold zwar in der Zeit von Jänner 1967 bis April 1975 der Agrarbehörde dienstlich zugeteilt war, allerdings war er an der Sachbearbeitung im Aktenvorgang des Verfahrens zur Regulierung des Gemeindegutes Trins nicht involviert. Der zeitliche Zusammenhang des Zeitungsartikels 25.05.2005 und zum vorliegenden Antrag vom 21.06.2005 dürfte dabei nicht ganz zufällig sein, denn es konnte festgestellt werden, dass Dr. Arnold in der Zwischenzeit auch gemeinsam mit dem in diesem Verfahren gefertigten Rechtsanwalt Dr. Andreas Brugger Presseinterviews gibt (vgl. Zeitschrift „profil“ Ausgabe 15 vom 06.04.2009). Die mediale Inszenierung einer behaupteten „Unrechtsgeschichte“, an der der gefertigte Rechtsvertreter offenkundig selbst beteiligt ist, führt sich in zahlreichen Presseinterviews fort (vgl. Zeitschrift ECHO 09/2009 in „Im Fadenkreuz der Mächte“ und „Die Oberkatastrophe“, oder Kronen Zeitung vom 23.09.2009 Nr. 17.744 in „Agrar-Raubzug geht mit Hilfe der Landhausjuristen weiter“).
Die Agrarbehörde geht davon aus, dass Hofrat Dr. Arnold nicht – auf erkennbare Weise – legitimiert ist, seine persönliche Meinung stellvertretend für andere Organwalter des Amtes der Tiroler Landesregierung (vgl. die Wortwahl „wir haben“, „durch junge Juristen“) kundzutun. Aus diesem grundsätzlichen Rechtsverständnis heraus ist auch die von Dr. Arnold – vergleichbar einer unzulässigen Popularklage – geäußerte pauschale Kritik an der Agrarbehörde und an den, nach den Bestimmungen des TFLG 1952 bestellten Vertretern der Gemeinden (von Dr. Arnold als „Kommissare“ bezeichnet) in diesem Verfahren ebenso wenig verwertbar, wie seine heutige persönliche Sichtweise. Folglich wird diesem Vorbringen des Rechtsvertreters der Gemeinde Trins kein verwertbarer Gehalt beigemessen.

zum Spruchabschnitt III.

Im Antrag 14. beantragt die Gemeinde Trins die Wiederaufnahme des Regulierungsverfahrens für das Gemeindegut Trins gemäß § 69 Abs. 1 Zif. 1 AVG und zwar aller nach dessen Einleitung gesetzter Rechtsakte.
Die Bestimmung des § 69 AVG lautet wie folgt:
§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. … 3. …
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit dem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen und nur mehr aus Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem.
Die Agrarbehörde geht – wie schon zum Spruchabschnitt II. – davon aus, dass alle antragsgegenständlichen Bescheide rechtsgültig erlassen und rechtskräftig sind. Voraussetzung der Wiederaufnahme ist nämlich, dass ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist, dh, dass bereits die höchste erreichbare Instanz den Bescheid erlassen hat oder dass die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist; das Verfahren muss also mit formell rechtskräftigem Bescheid beendet sein.

Zur Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrages
Die zweiwöchige „subjektive“ Frist gemäß § 69 Abs. 2 AVG beginnt mit dem Zeitpunkt bzw. an dem Tag zu laufen, an dem der Antragsteller vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat. Wie auch beim Antrag über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind die Umstände zur Frage der Rechtzeitigkeit dh der Einhaltung der subjektiven und objektiven Frist vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Nachdem der Wiederaufnahmeantrag der Gemeinde Trins keine diesbezüglichen Ausführungen enthält, geht die Agrarbehörde davon aus, dass die Ausführungen zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages auch für den Wiederaufnahmeantrag gedacht und damit heranzuziehen sind. Somit wäre dem Rechtsvertreter der Gemeinde Trins am 07.06.2005 bekannt geworden, dass die Regulierungsbescheide durch gerichtlich strafbare Handlungen der handelnden Verwaltungsbeamten („amtsmissbräuchlich bzw. in vergleichbar schwerwiegender Missachtung der Rechtsordnung“) und/oder des bestellten Gemeindevertreters herbeigeführt worden seien. Auf die tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen und Ausführungen zur Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages wird verwiesen.
Die Agrarbehörde geht auch beim Wiederaufnahmeantrag davon aus, dass als Zeitpunkt des bekannt Werdens der Wiederaufnahmegründe nur der Zeitpunkt der – aufgrund im Regulierungsverfahren erlassener Regulierungs- Feststellungs-, Änderungsbescheide, Grundbuchsbeschlüsse – eingetretenen Rechtfolgen angesehen werden kann. Selbst wenn man im Sinne der Eingabe der Gemeinde Trins (Seite 24 unten) davon ausgeht, dass ihr gegen das Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969 ein Rechtsmittel nicht offen stand, hätte sie schon nach bekannt Werden des genannten Berufungserkenntnisses aus den Gründen, die sie nunmehr ins Treffen führt, die Wiederaufnahme des mit Bescheid der Agrarbehörde vom 17.04.1969 abgeschlossenen Verfahrensschrittes beantragen können. Die in der Bescheidbegründung ausgeführte Rechtsansicht hätte auch damals in Zweifel gezogen werden können. Mit Sicherheit hat es auch zur Zeit der Erlassung der Regulierungsbescheide zwischen 1962 und 1972 Juristen im anwaltlichen Berufsstand gegeben, die mit der Rechtsmaterie Agrarrecht (hier Bodenreformrecht) vertraut waren. Dabei Die behauptete „gesetzlose Vorgangsweise“ der Agrarbeamten wäre ihnen dabei auch sicher aufgefallen. Die Behauptungen des gefertigten Rechtsvertreters, die Gemeinden hätten durch Befragung eines nur allgemein ausgebildeten Juristen keine Hilfe erhalten können, gleicht hier eher einer haltlosen Diskreditierung eines Berufsstandes. Er selbst räumt nur ein, er halte es für unvorstellbar, dass alle Juristen der Landesregierung „in derart eklatanter und gehäufter Weise die Rechtslage verkannt hätten“.

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist damit verspätet; auch die objektive Frist von drei Jahren nach Erlassung der Regulierungsbescheide ist jedenfalls seit mehr als 30 Jahren verstrichen, sodass der Wiederaufnahmeantrag unzulässig ist.

Unter der Voraussetzung des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG kann
die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen,
ohne zeitliche Beschränkung verfügt werden (§ 69 Abs. 3 AVG). Einen Rechtsanspruch auf eine Wiederaufnahme von Amts wegen hat die Partei nicht.
In Anbetracht der inkriminierenden und schwerwiegenden Vorwürfe des Rechtsvertreters der Gemeinde Trins gegen – zum Teil – namentlich genannte Organwalter des Amtes der Tiroler Landesregierung und (möglicherweise) gegen den bestellten Vertreter der Gemeinde Trins hält die erkennende Agrarbehörde eine Beurteilung angebracht, ob gerichtlich strafbare Handlungen als erwiesen angenommen werden können und ob in der Folge eine Wiederaufnahme von Amts wegen zu verfügen wäre. Der vom Rechtsvertreter der Gemeinde Trins geltend gemachte Wiederaufnahmegrund läge in einer gerichtlich strafbaren Handlungen der Behörde selbst (Verbrechen des Amtsmissbrauches), möglicherweise auch des bestellten Gemeindevertreters Georg Hörtnagl (Untreue).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes ist eine rechtskräftige gerichtliche Verurteilung nicht gleichsam Voraussetzung für die Annahme des Wiederaufnahmegrundes; allenfalls ist als Vorfrage von der zur Wiederaufnahme des Verfahrens berufenen (Agrar)Behörde zu prüfen und zu beurteilen, ob eine „gerichtlich strafbare Handlung“ vorliegt (VwGH vom 18.02.2002, 99/10/0238). Die Begehung der Straftat muss aufgrund vorliegender Unterlagen als erwiesen angenommen werden können, ein bloßer Verdacht, dass eine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt, reicht nicht aus (VwGH 19.04.1994, 93/11/0271, vgl. Hengstschläger-Leeb, AVG, § 69 Rz 11). Es muss feststehen, dass die objektive und die subjektive Tatseite der strafbaren Handlung erfüllt ist, die Tat muss objektiv feststellbar sein (vgl. auch Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, Manz, Wien 1999, Rz 585).
In seiner Eingabe vom 21.06.2005 führt der gefertigte Rechtsvertreter die Bestimmung des § 12 StGB ins Treffen, weiters den Tatbestand der Untreue (nach dem ab 1974 geltenden StGB) sowie das Verbrechen des Amtsmissbrauches.
§ 12 StGB und die Bestimmung zur Untreue im seit 1974 geltenden StGB lauten wie folgt:
Behandlung aller Beteiligten als Täter
§ 12. Nicht nur der unmittelbare Täter begeht die strafbare Handlung, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, sie auszuführen, oder der sonst zu ihrer Ausführung beiträgt.
Untreue
§ 153. (1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch dem anderen einen Vermögensnachteil zufügt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.
(2) …
Unter den im Regulierungsverfahren des Gemeindegutes Trins ergangenen Bescheiden (siehe Antrag 14.) ist im Besonderen bezüglich jenes Hoheitsaktes das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen zu prüfen, welcher das Eigentumsrecht am Gemeindegut für die Agrargemeinschaft feststellte. Im Sinne der obigen Ausführungen ist dies der Bescheid vom 17.04.1969. Mehreren gegen diesen Bescheid erhobenen Berufungen hat der Landesagrarsenat mit seinem Erkenntnis vom 05.08.1969 als Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid „bestätigt“. In der hier entscheidenden Eigentumsfrage erging somit zum erstinstanzlichen Bescheid ein meritorisch gleich lautender Bescheid. Es wird damit der Inhalt des mittels Berufung bekämpften erstinstanzlichen Bescheides rezipiert, dh sowohl der Spruch als auch die Begründung werden zum Inhalt des Berufungsbescheides (VwGH 08.10.1996, 96/04/0064). Im Sinne der Ausführungen des Rechtsvertreters Gemeinde Trins bedeutet dies so viel, dass sich die angeblich „rechtsbrüchige Vorgangsweise“ und „gesetzlose bzw. verbrecherische Verwaltungspraxis“ der erstinstanzlichen Agrarbehörde auch auf den Bescheid des Landesagrarsenates erstreckt und bezöge.
Die Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens fällt gemäß § 69 Abs. 4 AVG in die Zuständigkeit jener Behörde, die den im wieder aufzunehmenden Verfahren ergangenen Bescheid in letzter Instanz erlassen hat. Stammt der Bescheid letzter Instanz – wie vorliegend – von einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag, wobei es gleichgültig ist, ob sie in erster Instanz oder als Rechtmittelbehörde entschieden hat, kann das Verfahren von ihr wieder aufgenommen werden. Zuständig zur Wiederaufnahme über den Wiederaufnahmeantrag ist dann die Kollegialbehörde selbst. Dies gilt auch für die amtswegige Wiederaufnahme.
Aus dieser Rechtslage heraus ist abzuleiten, dass die Agrarbehörde I. Instanz zur Entscheidung über die Wiederaufnahme rücksichtlich des Bescheides vom 17.04.1969 einschließlich des Erkenntnisses des Landesagrarsenates vom 05.08.1969 nicht zuständig ist. Der Antrag 14. geht allerdings in die Richtung einer vollständigen Wiederaufnahme des Regulierungsverfahrens, somit auch der sonst noch angeführten Bescheide. Der den bodenreformatorischen Verfahren immanente stufenförmige Verfahrensaufbau erfordert allerdings insoweit auch eine Mitberücksichtigung der Ergebnisse und Erwägungen auch dieser Bescheide, da sie formal und meritorisch in einem unzertrennlichen Zusammenhang zueinander stehen, da die mit Bescheid erledigte vorausgehende Verfahrensstufe jeweils rechtskräftig abgeschlossen sein muss.

Nun erfordert die Prüfung der subjektiven und objektiven Tatseite gewissermaßen eine Personifizierung der behaupteten strafbaren Handlungen. Nach der Aktenlage waren im Regulierungsverfahren des Gemeindegutes Trins im wesentlichen Hofrat Dr. Albert Mair, Hofrat Dr. Wilhelm Beck und Dr. H. Bucher als Beamte im rechtskundigen Dienst, somit als handelnde Organwalter des Amtes der Tiroler Landesregierung tätig gewesen. Hofrat Dr. Albert Mair war in der Zeit von Ende des Jahres 1952 bis Dezember 1966 der Agrarbehörde zugeteilt, davon ab Dezember 1958 bis Dezember 1966 als deren Leiter. Hofrat Dr. Wilhelm Beck scheint überwiegend als Sachbearbeiter im Regulierungsverfahren auf. Hofrat Dr. Beck war vom Mai 1959 bis August 1988 der Agrarbehörde zugeteilt, davon ab Jänner 1967 bis August 1988 als deren Vorstand. Er ist am 12.04.2006 80-jährig verstorben. Dr. Hansjörg Bucher war in der Zeit von Februar 1963 bis Jänner 1965 der Agrarbehörde zugeteilt. Er ist am 12.12.2004 80-jährig verstorben.
Die dem Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969 zugrunde liegende Sitzung des Landesagrarsenates fand unter dem Vorsitz von Hofrat Dr. Andreas Saxer statt. Als Mitglieder aus dem Richterstande gehörten dem Landesagrarsenat Dr. Walter Murr, Vizepräsident des OLG, DDr. Willibald Seifert, Präsident des Landesgerichtes, und OLGR Dr. Ernst Gögl, Gerichtsvorsteher des BG Schwaz, an. Als Berichterstatter fungierte Dr. Günther Sterzinger. Weiters gehörte dem Landesagrarsenat Hofrat Dipl. Ing. Norbert Mair als Forstdirektor, Hofrat Dipl. Ing. Hans Weingartner als Beamter des höheren technischen Agrardienstes und Ök.-Rat Anton Grad als landwirtschaftlicher Sachverständiger an.
Hofrat Dr. Andreas Saxer war zum Zeitpunkt 1969 Vorstand der Gruppe Präsidium und als Vorstand der Präsidialabteilung II (Anm. Abteilung Legistik, nunmehr Verfassungsdienst). In der Zeit vom April 1974 bis Mai 1987 war Hofrat Dr. Saxer Mitglied des Verfassungsgerichtshofes. Er ist am 12.04.1995 im 79. Lebensjahr verstorben.
Auch die gegenwärtigen Organwalter des Amtes der Landesregierung, welche zur Entscheidung über diesen Wiederaufnahmeantrag berufen sind, seien im Sinne des Vorbringens des Rechtsvertreters der Gemeinde Trins „Täter“.
Der erkennenden Agrarbehörde liegen rücksichtlich der genannten Personen als handelnde Organwalter des Amtes der Tiroler Landesregierung keine Urteile eines in der Hauptfrage zuständigen Gerichtes zum Vorliegen strafbarer Handlungen vor. Eine gerichtliche Verurteilung hätte unter Umständen Tatbestandswirkung für ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG.

Im Sinne obiger Ausführungen nimmt die zuständige Agrarbehörde sohin eine Vorfragenbeurteilung gemäß § 38 AVG vor:

Dabei ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der behaupteten Tathandlungen, also für den Zeitraum des Regulierungsverfahrens für das Gemeindegut Trins von dessen Einleitung 1961 bis zum Abschluss 1972 zugrunde zu legen. Dieser Aspekt des zeitlichen Geltungsbereiches betrifft nicht nur die materienrechtlichen sondern auch die strafgesetzlichen Rahmenbedingungen.

Zum Vorwurf des Amtsmissbrauches
Das alte Strafgesetz (StG) vom 27.Mai 1852, RGBl. Nr. 117, samt Kundmachungspatent nennt im zehnten Hauptstück das Delikt „Von dem den Mißbrauche der Amtsgewalt“, welches da lautet wie folgt:
„§ 101. Jeder Staats- oder Gemeindebeamte, welcher in dem Amte, in dem er sich verpflichtet ist, von der ihm anvertrauten Gewalt, um Jemanden, sei es der Staat, eine Gemeinde oder eine andere Person, Schaden zuzufügen, was immer für einen Missbrauch macht, begeht durch einen solchen Missbrauch ein Verbrechen; er mag sich durch Eigennutz, oder sonst durch Leidenschaft oder Nebenabsicht dazu haben verleiten lassen.
Als Beamter ist derjenige anzusehen, welcher vermöge unmittelbaren oder mittelbaren öffentlichen Auftrages, mit oder ohne Beeidigung, Geschäfte der Regierung zu besorgen verpflichtet ist“
§ 103. Die Strafe dieses Verbrechens ist schwerer Kerker von einem bis auf fünf Jahre. Nach der Größe der Bosheit und des Schadens kann derselbe auch bis auf zehn Jahre verlängert werden.“
Die Bestimmung des § 101 wurde im „Österreichischen Strafgesetz 1945, A.Slg. Nr. 2“ übernommen und erst im Strafgesetzbuch 1975, BGBl. Nr. 60/1974, durch die neu gefasste Bestimmung des „§ 302 Missbrauch der Amtsgewalt“ ersetzt. Dem § 103 des Österreichischen Strafgesetzes 1945 wurde durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1971, BGBl. 273, folgender Satz angefügt:
„Auch ist ein etwa erhaltenes Geschenk oder dessen Wert zugunsten des Staates für verfallen zu erklären.“
Im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme gemäß § 69 AVG kommt als „gerichtlich strafbare Handlung“ nur eine solche in Betracht, die die objektive und subjektive Tatseite einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt (vgl. Walter/Mayer aaO. Rz 585).
Im gegenständlichen Fall müssten der/die Täter, seien es die monokratischen Organe der erstinstanzlichen Agrarbehörde oder – im Kollektiv – das Kollegialorgan Landesagrarsenat, als Ausführungshandlungen die ihm/ihnen übertragenen Befugnisse missbrauchen, um – im Konkreten – der Gemeinde Trins eine Schädigung/Vermögensnachteil zuzufügen. Auf der objektiven Tatseite kann ein Befugnismissbrauch tatsächlicher Art darin bestehen, dass der Täter einen Hoheitsakt vornimmt,
1) der materiellem Recht widerspricht,
2) er bei Erlassung von Hoheitsakten Verfahrensvorschriften missachtet oder
3) der einem rechtlich unvertretbaren Verhalten gleichkommt
(vgl. Bertel/Schwaighofer, Österreichisches Strafrecht, Besonderer Teil II, 8. Auflage 2008, § 302 Rz 7, 8 und 11).

ad 1)
Bei der Frage eines Widerspruches zum materiellem Recht ist der Maßstab an den anzuwendenden Vollzugsmaterien, nämlich primär an den Bestimmungen des Flurverfassungslandesgesetzes, FLG. 1952, LGBl. Nr. 32, sowie des (Nachfolge)Gesetzes Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1969, TFLG. 1969, LGBl. 34, anzulegen. Umfänglich der beantragten vollständigen Wiederaufnahme des Regulierungsverfahrens ist in Bezug auf die im Verfahren ergangenen Regulierungsbescheide (siehe Antrag 14.) im Einzelnen in Erinnerung zu rufen:
Der Einleitungsbescheid vom 27.03.1961 nimmt ausdrücklich auf die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 47 Abs. 3 FLG. 1952 Bezug, dass nämlich mehr als ein Viertel der bekannten Teilgenossen den Antrag auf Einleitung stellten (auch die Gemeinde Trins unterfertigte den Antrag). Der Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides wurde gemäß § 89 Abs. 1 FLG. 1952 kundgemacht.
Die Liste der Parteien im Bescheid vom 28.06.1962 erging gemäß § 76 FLG. 1952 mit Feststellungen zum Regulierungsgebiet aufgrund der Ergebnisse einer örtlichen Verhandlung vom 23.03.1961, bei welcher der Rechtsbestand (mit Ausnahme lfd. Nr. 88 Widum) als bestehend anerkannt wurde (§ 60 Abs. 1), auch der Bürgermeister der Gemeinde Trins und der bestellte Gemeindevertreter waren bei dieser Verhandlung anwesend.
Mit dem Bescheid vom 26.11.1962 zur Festlegung des der Gemeinde zustehenden Anteilsrechtes wurde ein bei der örtlichen Verhandlung am 15.11.1962 abgeschlossener Vergleich zwischen dem gewählten Ausschuss der Nutzungsberechtigten und dem bestellten Vertreter der Gemeinde Trins gemäß § 94 Abs. 3 FLG. genehmigt, sodass eine Begründung gemäß § 58 Abs. 2 AVG und gemäß § 93 entfallen konnte. Gemäß § 62 Abs. 1 FLG 1952 ist zur Feststellung der Anteilsrechte der einzelnen Teilgenossen zunächst ein Übereinkommen anzustreben.
Der Bescheid vom 16.05.1967 (Verzeichnis der Anteilsrechte) wurde mit weiteren Festlegungen zum Regulierungsgebiet gemäß § 65 in Verbindung mit § 76 FLG. 1952 erlassen.
Der mit Bescheid vom 22.10.1971 erlassene Regulierungsplan wurde gemäß § 64 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes vom 15.07.1969, LGBl. Nr. 34 (TFLG. 1969) erlassen. Eine Berufung der Gemeinde Trins gegen diesen Regulierungsplan wurde gemäß § 7 Abs. 4 AgrVG (bei vollinhaltlicher Stattgegebung) bereinigt und der Regulierungsplan ergänzt.
Mit Bescheid vom 23.10.1972 wurde gemäß § 67 TFLG. 1969 das Regulierungsverfahren abgeschlossen, nachdem der Regulierungsplan in Rechtskraft erwachsen und die grundbücherliche Durchführung erfolgt war. Der Abschluss des Regulierungsverfahrens wurde gemäß § 71 Abs. 2 TFLG. 1996 kundgemacht.

Nach dem gesamten Vorbringen der Gemeinde Trins bezieht sich der Vorwurf des Amtsmissbrauches vor allem auf den Bescheid vom 17.04.1969, welcher das Eigentum für die Agrargemeinschaft Trins feststellte, sowie – rechtsnotwendig – auf das bestätigende Berufungserkenntnis des Landesagrarsenates vom 05.08.1969. Wenn auch – im Sinne der obigen Ausführungen – das meritorisch gleich lautende Erkenntnis der Berufungsbehörde an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides getreten ist, ist doch seitens der erkennenden Behörde im Wiederaufnahmeverfahren auch in Bezug auf den Bescheid vom 17.04.1969 einer allfälligen Tatbildverwirklichung nachzugehen.
Dazu ist festzuhalten, dass der Bescheid vom 17.04.1969 und das Erkenntnis des Landesagrarsenates auf § 38 Abs. 1 sowie auf § 87 Abs. 1 lit. b) FLG 1952 gestützt sind; die erstere Bestimmung findet sich im 2. Hauptstück des FLG 1952, welches mit „Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken“ übertitelt ist; sie hat folgenden Wortlaut:
„ (1) Die Agrarbehörde hat festzustellen, welche Liegenschaften agrargemeinschaftliche Liegenschaften sind und wem sie gehören, insbesondere ob das Eigentum daran mehreren Teilgenossen als Miteigentümern oder einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft zusteht.“
Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins erblickt einen Widerspruch darin, dass die Entscheidung über das Eigentum keinen Bestandteil des Regulierungsverfahrens darstelle, was sich aus § 48, § 41 Abs. 7 und § 78 Abs. 1 FLG 1952 ergebe.
§ 48 lautet wie folgt:
„Entsteht vor Erlassung des Bescheides der Agrarbehörde auf Einleitung eines … Regulierungsverfahrens ein Streit darüber, ob im gegebenen Fall eine Agrargemeinschaft im Sinne dieses Gesetzes besteht, wer Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke ist, oder ob Gemeindegut oder sonstiges Gemeindevermögen vorliegt, so ist zunächst dieser Streit abgesondert und instanzenmäßig zu entscheiden.“
§ 41 Abs. 7 lautet:
„(7) Die Regulierung der gemeinschaftlichen Benutzungs- und Verwaltungsrechte erfolgt durch Feststellung des nachhaltigen Ertrages der gemeinschaftlichen Grundstücke, durch Feststellung der Anteilsrechte der einzelnen Berechtigten, durch Aufstellung oder Genehmigung des Wirtschaftsplanes und der Verwaltungssatzungen; …“
§ 78 Abs. 1 sieht eine taxative Aufzählung dessen vor, was die Haupturkunde des Regulierungsplanes, der gemäß § 77 „nach Klarstellung der Verhältnisse“ zu verfassen ist, zum Inhalt haben muss.

Die Agrarbehörde geht davon aus, dass § 38 Abs. 1 FLG. 1952 einerseits eine normative Regelung für eine bescheidmäßige Feststellung von Rechten oder Rechtsverhältnissen beinhaltet, andererseits gibt die Textierung „hat festzustellen“ nicht nur eine Möglichkeit für die entscheidende Behörde, sondern einen gesetzlichen (amtswegigen) Auftrag für eine solche Feststellung zu erkennen.
Dazu im Zusammenhang trifft § 88 Abs. 2 FLG 1952 die weitere Klarstellung, dass der Agrarbehörde „auch außerhalb eines Regulierungsverfahrens“ die Entscheidung über die Frage zusteht, ob in einem gegebenen Fall eine Agrargemeinschaft im Sinne dieses Gesetzes vorhanden ist, auf welches Gebiet sie sich erstreckt, wer Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke ist, ferner die Entscheidung über den Bestand sowie den Umfang von Anteilsrechten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken und über die Frage, ob Gemeindegut oder Gemeindevermögen vorliegt. Die inhaltlich und grammatikalisch nahezu gleich lautende Bestimmungen findet sich im § 35 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 02.08.1932 betreffend die Grundsätze für die Flurverfassung, BGBl. 256, ebenso wie im § 35 Abs. 1 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl. Nr. 103 Anlage 1. Rücksichtlich dieser gesetzlichen Zuständigkeitsregelung liegt der Schluss auf der Hand, dass die im § 38 Abs. 1 begründete Entscheidungskompetenz erst recht im Regulierungsverfahren ihren Platz hat. § 48 regelt nur den normierten Fall, dass vor Erlassung des Einleitungsbescheides zum Regulierungsverfahren ein Streit über die genannten Rechte oder Rechtsverhältnisse entsteht, während sich § 41 Abs. 7 der (inhaltlichen) Regulierung der Benutzungs- und Verwaltungsrechte zuwendet. Beide Bestimmungen schließen die im § 38 Abs. 1 FLG 1952 normierte Zuständigkeit ebenso wenig aus, wie § 78 Abs. 1 FLG. Diese letztgenannte Bestimmung ist auch in Verbindung mit § 77 zu sehen, welche vorsieht, dass „nach Klarstellung der Verhältnisse“ der Regulierungsplan zu verfassen ist. Diese „Klarstellung der Verhältnisse“ impliziert auch die im § 38 Abs. 1 normierten Feststellungen der Rechte und Rechtsverhältnisse im 2. Hauptstück des FLG 1952 im Sinne einer Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken. Eine Klarstellung der Verhältnisse war etwa auch in jenen vom Landesgesetzgeber des Jahres 1909 bedachten Fällen erforderlich, als das Gesetz vom 19. Juni 1909, LGBl. 61, für die Grafschaft Tirol betreffend die Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulierung der hierauf bezüglichen Benützungs- und Verwaltungsrechte von irrtümlichen Eintragungen in den öffentlichen Büchern spricht. Darin ist im 2. Absatz des § 70 vorgesehen, dass der Gemeinde aufgrund der Teilgenossenschaft nach § 26 Abs. 4 kein Anteilsrecht zusteht, wenn die Eintragung der Gemeinde als Eigentümerin der gemeinschaftlichen Grundstücke im öffentlichen Buche irrtümliche erfolgt sein sollte.

Als Ergebnis ist hier festzuhalten, dass sämtliche Bescheide aufgrund der maßgeblichen Bestimmungen der jeweils in Geltung stehenden materienrechtlichen Vorschriften des FLG. 1952 bzw. des Nachfolgegesetzes TFLG. 1969 erlassen wurden, sodass von einer materiellen Rechtswidrigkeiten offenkundig nicht ausgegangen werden kann. Vor allem vermögen auch die vom Rechtsvertreter der Gemeinde Trins zitierten gesetzlichen Bestimmungen eine materielle Rechtswidrigkeit, im Besonderen einen Widerspruch in Bezug auf die Verwaltungsvorschrift des § 38 Abs. 1 FLG 1952 als gesetzliche Grundlage für den Bescheid vom 17.04.1968 nicht heraufzubeschwören.
Teils wurden erstinstanzliche Bescheide aufgrund von Berufungen von den in Angelegenheiten der Bodenreform im Instanzenzug zuständigen Agrarsenaten, welche nach den Grundsätzen der Art. 133 Z 4 B-VG und Art. 20 Abs. 2 B-VG eingerichtet sind, einer Kontrolle unterzogen. Die Entscheidungen der Agrarsenate unterliegen nicht der Aufhebung und Abänderung im Verwaltungsweg, gegen ihre Entscheidungen ist Beschwerde an den VwGH und an den VfGH zulässig. Allfällige materielle Rechtswidrigkeiten hätten jedenfalls im Instanzenzug und vor den Höchstgerichten bekämpft werden können, soweit dies nicht ohnedies geschehen ist.

ad 2)
Die Missachtung von Verfahrensvorschriften, welche uU. eine Nichtigerklärung gemäß § 68 Abs. 4 Z 4 AVG in Verbindung mit einer materiellrechtlichen Norm (FLG 1952) rechtfertigen würden, kann ebenso nicht festgestellt werden. In diesem Zusammenhang sind keine Bedenken hervorgekommen, dass Bestimmungen des AVG bzw. des Agrarverfahrensgesetzes in einer Art und Weise verletzt worden wären, dass die Bescheide gemäß § 68 Abs. 4 AVG einer Vernichtbarkeit ausgesetzt wären. Alle Regulierungsbescheide erfüllen die für die Qualifikation einer Erledigung als Bescheid geforderten konsitutiven Merkmale im Sinne des § 58 AVG.
Im Speziellen ist auch hier auf den Bescheid vom 17.04.1969 zur Eigentumsfeststellung für die Agrargemeinschaft Trins bzw. auf dessen Begründung einzugehen. Neben dem Spruchinhalt beinhaltet dieser die Zitate der gesetzlichen Grundlagen. Der Bescheid enthält eine Rechtsmittelbelehrung und in der Begründung wird auf das Zustandekommen des Bescheides, nämlich dass den im Spruch getroffenen Feststellungen die Zustimmung bzw. das Einverständnis des Vertreters der Gemeinde Trins zugrunde liegt, verwiesen. Zwar ist in der Begründung des Bescheides auf § 58 Abs. 2 AVG, dass die Begründung entfallen kann, wenn dem Standpunkt der Parteien vollinhaltlich Rechnung getragen wird, kein ausdrücklicher Bezug genommen, doch vermag eine Berücksichtigung dieser Bestimmung des AVG das Unterbleiben einer weitergehenden Begründung bei der gegebenen Sach- und Rechtslage zu rechtfertigen. Ein Begründungsmangel wäre als Verfahrensfehler nur anzunehmen, wenn dieser entweder die Parteien des Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den VwGH an der Überprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit hinderte (vgl. Hengstschläger – Leeb, AVG, § 60 Rz35). Der Umstand, dass mehrere Parteien gegen den Bescheid vom 17.04.1969 von der Möglichkeit eine Berufung zu erheben Gebrauch machten, zeugt gerade vom Gegenteil. Somit weist auch dieser Bescheid alle wesentlichen formellen und inhaltlichen Kriterien eines Bescheides auf.
In diesem Zusammenhang stellt der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins die These auf, ein Aufsatz von Hofrat Dr. Mair habe als „interne Geheimbegründung“ für diese Art von Entscheidungen in der Agrarbehörde gegolten. Auf welche Wissensquellen sich der gefertigte Rechtsvertreter bei dieser Vermutung stützt, ist dem Antragsvorbringen nicht zu entnehmen.
Tatsächlich hat Hofrat Dr. Albert Mair bei der österreichischen Agrarbehördenleitertagung 1958 in Begenz ein Referat zum Thema „Probleme der Regulierung des Gemeindegutes“ gehalten, der Beitrag wurde auch im Tiroler Bauernkalender des Jahres 1966 veröffentlicht. Der Beitrag zeigt offenbar die von Dr. Mair als damaligem Behördenleiter erkannte umfassende Problematik bei Gemeindeguts-Regulierungsverfahren auf. Der Beitrag wurde einer qualifizierten und breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht, sodass sich die These einer „Geheimbegründung“ als reine Behauptung/Vermutung darstellt. Für die weitere Vorfragenbeurteilung wird dieses Vorbringen als nicht beachtliche Anmerkung gewertet.

ad 3)
Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins spricht wiederholt von wissentlich herbeigeführten „unrechtmäßigen Ergebnissen“, von „Rechtsirrtum“ und von „Missachtung der Rechtsordnung“, sodass er damit wohl auch die Tathandlung des Missbrauches einer Befugnis durch ein rechtlich unvertretbares Verhalten oder Unterlassen anspricht.
Maßgeblich ist auch bei dieser Beurteilung (wie oben) die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung der in den wieder aufzunehmenden Verfahren ergangenen Bescheiden und nicht die Rechtslage zum Zeitpunkt der Bewilligung oder amtswegigen Verfügung der Aufnahme. Auch haben inzwischen eingetretene Änderungen unberücksichtigt zu bleiben (vgl. Hengstschläger – Leeb, AVG, § 69 Rz 43).
Nun kann ein solcherart gekennzeichnetes Verhalten von Organwaltern wohl nur dort in eine Rechtswidrigkeit umschlagen, wo sie mit dem materiellen Recht oder mit dessen ausdrücklich erklärter oder doch erkennbarer Absicht des Gesetzes in Widerspruch gerät. In Anbetracht der obigen Ausführungen ist nicht erkennbar, welche materiellen Normen des FLG verletzt worden wären. Dazu ist zu replizieren, dass die Bescheide in der hier relevanten Frage der Feststellung des Eigentumsrechtes an den Gemeindegutsflächen von Trins für die Agrargemeinschaft Trins zum einen auf die Bestimmung des § 38 Abs. 1 FLG 1952 gestützt waren und zum anderen auch von einvernehmlichen Festlegungen zwischen den Nutzungsberechtigten am Gemeindegut, der (später) körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft, dem bestellten Vertreter der Gemeinde Trins, sowie auch der Gemeinde Trins selbst (siehe die Berufung gegen den Regulierungsplan vom 22.10.1971) ausgegangen werden konnte. Der Bescheid vom 17.04.1969 verweist auf eine entsprechende Erklärung des bestellten Vertreters der Gemeinde. Es ist darüber hinaus aktenkundig, dass auch eine konkrete Vermögensauseinandersetzung mit immer neuen einvernehmlichen Festlegungen im gesamten Zeitraum des Regulierungsverfahrens und anlässlich verschiedener Verfahrensschritte offenbar junktimiert war, aufgrund welcher z.B. Flächen aus dem Regulierungsgebiet ausgeschieden und der Gemeinde Trins ins Gemeindevermögen überstellt wurden, auch in der Frage der Feststellung des Anteilsrechtes für die Gemeinde Trins wurde dieser einvernehmliche Weg gewählt, welcher gemäß § 62 FLG 1952 „zunächst“ anzustreben ist. Die u.a. gewählten Formulierungen „dazu gehören auch die angeführten Gp.“, „seinerzeitige Abmachungen“ oder „jetzige Teilung“ sind zu beachten.
Die nach Ansicht des Rechtsvertreters der Gemeinde Trins „rechtsbrüchige Vorgangsweise“ wurde infolge einer Berufung von 14 Parteien gegen den Bescheid vom 17.04.1969 im Rechtswege einer Prüfung unterzogen. Der im Instanzenzug übergeordnete Landesagrarsenat hat sich im Erkenntnis vom 05.08.1969 ausdrücklich und „nach umfassender Prüfung“ u.a. der gesetzlichen Grundlage § 38 Abs. 1 FLG. 1952 zur Feststellung des Eigentumsechtes für die Agrargemeinschaft Trins zugewendet und weiters in Abänderung der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides aus einer rechtshistorischen Betrachtung heraus begründend ausgeführt, dass die Nutzung des Gemeindegutes aus der gemeinschaftlichen Allmendnutzung hervorgegangen ist und das Eigentum der Rechtsnachfolgerin – nämlich der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft – der auf Gewohnheitsrecht beruhenden Realgemeinde einzuräumen ist. Aufbauend auf diesen Begründungsteil kehrt der Landesagrarsenat in der Eigentumsfrage auch hervor, dass die Zustimmung (allfällige Willensbildung) des dazu berufenen Gemeindeorganes für die von der Agrarbehörde nach dem Prinzip der Amtswegigkeit des Agrarverfahrens (vgl. § 38 Abs. 1) zu treffenden Entscheidung keine Voraussetzung darstellt. Im Ergebnis wurde den Berufungen keine Folge gegeben.
Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins bestreitet, es gebe keine Realgemeinde bzw. keine solche in dem Sinn, wie sie „zur Rechtfertigung der rechtswidrigen Regulierungstätigkeit der Agrarbehörde in den letzten Jahrzehnten behauptete wurde“, hier sei die Rechtlage in eklatanter Weise verkannt worden.

An dieser Stelle ist seitens der erkennenden Behörde klar zu stellen, dass der Prüfungsumfang im Wiederaufnahmeverfahren in diesem Begründungsteil nicht dergestalt umrissen ist, Begründungen von Bescheiden, die – im allenfalls wieder aufzunehmenden Verfahren – ergangen sind, einer Rechtfertigung oder einer neuen Würdigung zu unterziehen. Im hier strafrechtlichen relevanten Prüfungsrahmen ist auf deren rechtliche Vertretbarkeit innerhalb der maßgeblichen Rechtsordnung allgemein einzugehen. Wenn dabei die Übereinstimmung der individuellen Hoheitsakte mit der Rechtslage nicht schon unzweifelhaft ist, sind für gesetzlich nicht determinierte Begriffe wie vorliegend „Allmende“ oder „Realgemeinde“ historische oder Verbal- Interpretationen erforderlich. Die Anknüpfung an rechtshistorische Verhältnisse erscheint im Zusammenhang unverzichtbar, da offenkundig auch im Falle des Gemeindegutes Trins die (agrar)gemeinschaftlichen Rechtsverhältnisse aus einer Allmendnutzung hervorgegangen sind.

Das FLG. 1952 definiert im I. Abschnitt über „Agrargemeinschaftliche Grundstücke, Agrargemeinschaften“ des 2. Hauptstückes im § 36 Abs. 1 agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes u.a. als solche,
„a) an welchen zwischen bestandenen Obrigkeiten und Ortsgemeinden (Ortschaften) oder ehemaligen Untertanen sowie zwischen zwei oder mehreren Gemeinden (Ortschaften) gemeinschaftliche Besitz- und Benutzungsrechte bestehen oder
b) welche von allen oder gewissen Mitgliedern einer Ortsgemeinde (Ortschaft), eines oder mehrerer Gemeindeteile (Ortsteile), einer oder mehrerer Nachbarschaften oder ähnlicher agrarischer Gemeinschaften kraft ihrer persönlichen oder mit einem Besitz verbundenen Mitgliedschaft oder von den Mitberechtigten an Wechsel- oder Wandelgründen gemeinschaftlich oder wechselweise benutzt werden.“
Im Sinne des Abs. 2 dieser Bestimmung zählen zu diesen Grundstücken, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung u.a.
d) das einer gemeinschaftlichen Benutzung nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung unterliegende Gemeindegut, bzw. ehemalige Ortschafts- oder Fraktionsgut;
Nach Abs. 3 gehören zu diesen Grundstücken
„nicht die zum Stammvermögen der Ortsgemeinde (Ortschaft) gehörigen Grundstücke, die nicht unmittelbar von den Gemeindegliedern benutzt, sondern durch Verpachtung oder auf andere Art zu Gunsten des Gemeinde- (Ortschafts-)vermögens verwertet werden.“
Gemäß § 37 Abs. 1 FLG. 1952 bildet „die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaften, an deren Eigentum ein Anteilsrecht an agrargemeinschaftlichen Grundstücken gebunden ist (Stammsitzliegenschaften), … einschließlich jener Personen, denen persönliche (walzende) Anteilsrechte zustehen, eine Agrargemeinschaft.“

Die Begrifflichkeiten der „Allmende“ und der „Realgemeinde“ finden sich im hier relevanten gesetzlichen Kontext nicht expressis verbis; allerdings ist – in einem unbestimmten Gesetzesbegriff – allgemein von „agrarischen Gemeinschaften“ die Rede und bildet die Gesamtheit von Eigentümern berechtigter Güter eine Agrargemeinschaft im Sinne des FLG. 1952.
Das für die historische (Verbal)Interpretation herangezogene einschlägige Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG), I. Band, Erich Schmidt Verlag, Berlin 1971, beschreibt die Entwicklung und den Begriff der „Allmende“ (S 108 ff) sowie auch den Begriff der „Realgemeinde“. Nach dieser Quelle geht die Allmend-Verfassung und die rechtliche Regelung der Allmend-Nutzungen in den österreichischen Alpenländern und in den Nachbargebieten (Schweiz, Oberbayern) bis in das 10. Jhd. zurück. Sie tritt vornehmlich in Süd- und Westdeutschland, in der Schweiz und in Österreich in verschiedenen Formen auf. Das verteilte Land stand im Einzelbesitz (Sondereigentum) der sog. Mark(Dorf)genossen, sie bildeten die Mark- oder Dorfgenossenschaft.
„… Daneben aber benötigte der einzelne landwirtschaftliche Betrieb für seine Wirtschaft noch verschiedene andere Hilfen, welche der einzelne Besitz nicht immer in ausreichendem Maße zur Verfügung hatte, so unter anderem Liegenschaften für die Viehweide und Holz aus den Wäldern. Diese Nutzungen stellen die Allmende dar. Sie machten ebenfalls eine Regelung im Interesse sämtlicher Markgenossen notwendig.“ (vgl. HRG aaO. S 110).
„Formen des Nutzungsrechts. Das Nutzungsrecht bestand meist unter der Voraussetzung, dass man Mitglied der Markgenossenschaft (Dorfgenossenschaft) war und einen Bauernhof besaß; nur dann war man ein vollberechtigter Markgenosse: man musste in der Gemeinde mit einem Haushalt (Herd) eingesessen sein und als Mitglied der Gemeinde hat man auch Allmend-Nutzungen bezogen, … – Es kam aber auch vor, dass die Allmend-Nutzung nur von dem Besitz einer Hufe in der Gemeinde oder von einer im Sondereigentum stehenden entsprechenden größeren landwirtschaftlichen Betriebsfläche abhängig war; damit wurde das Recht auf die Allmend-Nutzung zu einem dinglichen Recht; es wurde von dem Besitz eines Hauses, einer Liegenschaft (Hufe) eines größeren Grundeigentums innerhalb der Mark abhängig, und so war aus einem persönlichen Recht ein dingliches Recht für den Allmend-Bezug geworden (Realgemeinde). …“ (vgl. HRG aaO. S 118 f).

Nun steht rücksichtlich der Rechtsverhältnisse in Trins schon aufgrund des Bescheides vom 28.06.1962 (Liste der Parteien) fest, dass am Regulierungsgebiet des Gemeindegutes Trins neben der Gemeinde Trins als solche 91 sog. Stammsitzliegenschaften anteilsberechtigt waren. Begründend wird dazu weiter ausgeführt, dass die Parteistellungen als bestehend anerkannt wurden, mit Ausnahme der laufenden Nr. 88 Widum. Zu dieser strittigen Frage wurde u.a. dargelegt, dass die Gemeinde Trins als Verwalterin des Gemeindegutes der Gemeinde Trins im Jahr 1958 die Abgabe von Holz für das Wohnhaus Nr. 83 verweigert habe, weil dieses Haus im Gemeindewald nicht eingeforstet sei und weil das Holzbezugsrecht auf den „neuen Widum“ übertragen wurde. Der Gemeinderat habe die vom damaligen Bürgermeister in Aussicht gestellte Einforstung des Widums abgelehnt. Gegen diesen Bescheid hat der (damalige) Eigentümer des „Alten Widums“ Univ.-Prof. DDr. Theodor Rittler, wohnhaft in Trins 83, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hugo Dollenz, mit der wesentlichen Begründung Berufung erhoben, dass auch der „alte Widum“ in EZ. 198 II KG. Trins eingeforstet sein müsse, er habe das Wohnhaus Nr. 83 mit Kaufvertrag ex 1919 mit allen Rechten und Pflichten, also auch mit der Einforstung, erworben. Der Landesagrarsenat hat mit seinem Erkenntnis vom 17.02.1965, LAS–22/14, die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründet wird, dass die Übertragung auf dieses landwirtschaftsfremde Objekt nach der damaligen Rechtslage einer Bewilligung der Agrarbehörde bedurft hätte, welche jedoch nicht vorliege. Es sei unbestritten, dass der „alte Widum“ bis zum Jahr 1919 eingeforstet war, in einem Buch sei das gleichseitige Dreieck als Hofmarch für den „alten Widum“ verzeichnet. Schließlich hat auch der Oberste Agrarsenat mit seinem Erkenntnis vom 01.04.1970, Zl. 77-OAS/70, die Berufung des Herrn Dr. Rittler gegen das Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 17.02.1965 abgewiesen. Der OAS begründet die Entscheidung im wesentlichen damit, dass der „alte Widum“ seit alters her und unangefochten zu den eingeforsteten Stammsitzliegenschaften im Gemeindewald Trins gezählt habe, dass aber im Jahre 1913/1914 anstelle des alten Widums auf der Gp. 177 in EZ. 212 II KG Trins ein neuer Widum errichtet wurde und das Einforstungsrecht weiterhin bei der alten mit landw. Gründen ausgestatteten Stammsitzliegenschaft geblieben ist.
In einer weiteren streitigen Angelegenheit der Einforstung eines Sägewerkes ist die Agrarbehörde im Bescheid vom 14.02.1953, IIIb–682/16-1952, zum Ergebnis gekommen, dass für die „Tostsäge“ im Gemeindewald Trins keine Einforstung besteht. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Großteil der ca. 90 holzbezugsberechtigten Güter rein landwirtschaftliche Betriebe sind und die Tostsäge als ausschließlich gewerblicher Betrieb nicht an der Gemeindegutsnutzung teilnehmen könne, dies obwohl die Tostsäge im Bauholzkataster der Gemeinde aufscheine. Ein Privatrechtstitel, der zur rechtlichen Deckung des gegenständlichen Holzbezuges aus dem Gemeindewald hätte dienen können, habe vom Eigentümer der „Tostsäge“ ebenfalls nicht erbracht werden können. Der Landesagrarsenat hat mit Erkenntnis vom 19.10.1953, LAS-31/4, die Berufung des Eigentümers der „Tostsäge“ abgewiesen und den Bescheid der I. Instanz bestätigt.

Diese aktenkundigen Vorgänge zeigen deutlich genug, dass auch in Trins prinzipiell die landwirtschaftlichen Anwesen bzw. Güter mit Behausungen an der örtlichen – später als Gemeindewaldung bezeichneten – Allmende nutzungsberechtigt waren und deren Berechtigung auf eine althergebrachte Übung zurückging. Die offenbar in Trins – als „Hofmarchen“ – bis noch in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts gebräuchlichen graphischen Symbole bezeugten diese Tatsache eines realen Verbundes zwischen den berechtigten Gütern (Höfen) und der als Allmende bezeichneten „gemeinen Mark“. Der Kreis der Berechtigten war dabei seit alters offenkundig und unterlag wohl der genossenschaftlichen, später der gemeindlichen Kontrolle, in streitigen Fällen wurden (in jüngerer Zeit) in aktenkundiger Weise Behörden zur Entscheidung angerufen. Ein Hausbesitz genügte somit nicht für die Teilnahme an der Allmend (Gemain), ebenso wenig die Ausübung eines Gewerbes.
Der ausgewiesene Rechtsvertreter der Gemeinde spricht in diesem Zusammenhang von einer „Erfindung“ und „gleichheitswidrigen Erschaffung eines privilegierten Standes der alteingesessenen Bauern“. Diese Ansicht beruht wohl auf einer völligen Verkennung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse.
Der Kreis der Berechtigten und deren umfängliche Nutzungsrechte wurde zu keiner Zeit erfunden oder geschaffen, er stellt vielmehr eine, auch dem geltenden rechtsstaatlichen Bestimmtheitserfordernis Rechnung tragende Rechtstatsache dar. Eine solche hat die Agrarbehörde bei der Regulierung in Trins in den 60-iger Jahren des letzten Jahrhunderts offenkundig so vorgefunden. Exakt die Tatsachenelemente, dass der fest stehende Kreis der Nutzungsberechtigten über Behausungen mit landwirtschaftlichen Gütern definiert war und diese Realitäten somit dingliche Voraussetzung für die Teilnahme an der gemeinsamen Allmende (Gemain) waren, stehen in einer völligen Kongruenz zu den oben erwähnten Kriterien einer „Realgemeinde“ als Form einer agrarischen Gemeinschaft. Schließlich definiert sodann das sog. Reichs-Rahmengesetz vom 7. Juni 1883, RGBl. 94, „betreffend die Theilung agrargemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulierung der hierauf bezüglichen gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte“ im § 1 lit a) den Begriff „ähnlicher agrarischer Gemeinschaften“ im Klammerausdruck mit der Aufzählung „Classen der Bauern, Bestifteten, Singularisten und dergl.“ kraft ihrer persönlichen oder mit dem Besitze verbundenen Mitgliedschaft.
Die Ansicht des gefertigten Rechtsvertreters, es gebe weder ein Gewohnheitsrecht noch eine Realgemeinde, wonach Nutzungsrechte dem Kreis „alteingesessener Bauern“ vorbehalten seien, trifft schon nach dem bisher Gesagten nicht zu. Vielmehr ist die Existenz und das Wesen der sog. Realgemeinden begrifflich wie auch historisch – allgemein und für die „Gemain“ von Trins – belegt und nicht eine Erfindung der Agrarbehörde mit verbrecherischen Hintergrund.
In diesem Zusammenhang darf erinnert werden, dass Herrn Univ.-Prof. DDr. Theodor Rittler als Eigentümer einer Behausung in Trins („alter Widum“) im Regulierungsverfahren durch alle Berufungsinstanzen (Landesagrarsenat und dem beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft eingerichteten Obersten Agrarsenat) die Parteistellung rechtskräftig aberkannt wurde, weil er mit dem „alten Widum“ nicht (mehr) zum Kreis der Berechtigten gehörte. DDr. Rittler galt und gilt bekanntlich als einer der renomiertesten Experten des österreichischen Strafrechtes. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kann davon ausgegangen werden, dass Herrn Prof. DDr. Rittler und auch seinem Rechtsfreund als Beteiligte in diesem Verfahren die vom Rechtsvertreter der Gemeinde Trins behauptete „verbrecherische Verwaltungspraxis“ oder „gleichheitswidrige Erschaffung eines privilegierten Standes der alteingesessenen Bauern“ aufgefallen wäre.

Als charakteristisch lässt sich demnach für den Begriff der Allmende festhalten, dass die gemeinsame Nutzung und Verwaltung der Allmende historisch gesehen nicht aufgrund staatlicher Delegation, sondern über lokale Gewohnheitsrechte und/oder Rechtsüberzeugungen definiert war. Damit zusammenhängende Berechtigungen und Verpflichtungen waren – in der Regel – auf berechtigte Güter bzw. auf deren jeweilige Eigentümer radiziert (Pertinenzen). Die daraus hervorgegangenen Markgenossenschaften gehen bereits in die frühfränkische Zeit zurück und zwar als Verband in der Form der Dorfmarkgenossenschaft. Es bestand ein Verfügungsrecht an Wald und Weide, das vielfach bereits zu einem Gesamteigentumsrecht geworden war (vgl. Wopfner, Beiträge zur Geschichte der älteren Markgenossenschaft, Sonderabdruck aus den Mitteilungen des Instituts für österr. Geschichtsforschung, Druck der Wagner`schen k.k. Universitätsdruckerei, Innsbruck 1912, S 80). Die Folge dieser dezentralen Besitz- und Verwaltungsstrukturen waren differenzierte Rechtsverhältnisse unter Ländern, Regionen und von Dorf zu Dorf. Die Allmend-Nutzung trat in der Folge in verschiedenen Ausprägungen guts- oder grundherrschaftlicher Subordination (landesfürstliches Almend-Regal) oder markgenossenschaftlicher Selbstverwaltung auf. Dabei waren in Tirol die Landgemeinden seit dem 17. Jahrhundert weniger als im übrigen Österreich von Gutsherrschaften abhängig (vgl. Ermacora, Handbuch der Grundfreiheiten und der Menschenrechte, Manz`sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien 1963, S 586). Aus der Allmendnutzung hervorgegangene Mark- und Dorfgenossenschaften als agrarische Gemeinschaften im oben beschriebenen Sinne haben sich ihrerseits zu vielgestaltigen agrarischen Gemeinschaften, zuletzt nach bodenreformatorischen Bestrebungen zu Agrargemeinschaften als Körperschaften öffentlichen Rechts entwickelt. Für Tirol darf als Amts bekannt vorausgesetzt werden, dass z.B. auch überörtliche Allmenden als markgenossenschaftlich geprägte in Talgemeinschaften oder in alten Pfarr- oder Gerichtssprengeln bis heute erhalten sind.

Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins hält dieser rechtshistorischen Begriffsdeutung weiters entgegen, es gebe auch keine Realgemeinde, wie sie zur rechtswidrigen Regulierungstätigkeit der Agrarbehörde behauptet wurde und gar das Eigentum am Gemeindegut dem Kreis der alteingesessenen Bauern vorbehalten wäre.
In diesem Zusammenhang erscheint es unverzichtbar, gewissermaßen in einem zeitlichen Parallelismus mit der Geschichte der Allmende auch auf die historische Entwicklung der politischen Gemeinde einzugehen. Das oben erwähnte HRG führt unter dem Begriff „Gemeinde“ aaO. aus:
„Die moderne politische Gemeinde als eine dem Staat eingegliederte Gebietskörperschaft mit dem Recht der selbständigen und eigenverantwortlichen Verwaltung ihrer eigenen örtlichen Angelegenheiten ist aus den mittelalterlichen Stadt- und Dorfgemeinden (Stadt, Dorf, Landgemeinde) erwachsen, in denen die städtische bzw. dörfliche Selbstverwaltung in reicher Differenzierung mehr oder weniger verwirklicht war. Die Skala reichte von der sich auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens erstreckenden, nahezu uneingeschränkten Autonomie der Reichsstädte bis zu der im wesentlichen auf den wirtschaftlichen Sektor begrenzten Selbstverwaltung der bäuerlichen Landgemeinden, deren Hauptaufgabe in der Verwaltung von bayerischen und österreichischen Weistümern bezeichnenderweise Gemain genannten Allmende bestand. …“ (S 1494).
Die politische Gemeinde, die Ortsgemeinde, wie wir sie heute vor uns haben, die einerseits eine staatliche Verwaltungseinheit, andererseits eine autonome Körperschaft bildet, ist ein Verfassungskonstrukt des 19. Jahrhunderts. Der in die wissenschaftliche Terminologie übergegangene Begriff Allmende heißt in Tirol durchgehend Gemain(d). Unter Gemain (im Zusammenhang mit Grund und Boden auch als Adjektiv „gemain“ verwendet) ist somit jener Grund und Boden zu verstehen, der von Siedlungsgemeinschaften gemeinsam genutzt und bewirtschaftet wird, wobei diese Nutzungsrechte an Haus und Hof haften (vgl. Beimrohr, Die ländliche Gemeinde in Tirol aus rechtsgeschichtlicher Perspektive, Tiroler Heimat, Jahrbuch für Geschichte und Volkskunde Nord-, Ost- und Südtirols, 72. Band 2008, Universitätsverlag Wagner Innsbruck, Seite 162 f).
Nach weiterer einschlägiger Literatur geht die geschichtliche Entwicklung des Gemeinderechtes auf die Revolution von 1848 zurück. Mit weitgehenden Befugnissen der Selbstverwaltung (selbständige Verwaltung ihrer Angelegenheiten als Grundrecht) wurden die Gemeinden erstmals durch die oktroyierte Märzverfassung vom 4. März 1849, RGBl. Nr. 150, und durch das in ihrer Ausführung erlassene Provisorische Gemeindegesetz vom 17. März 1849, RGBl. Nr. 170, ausgestattet. Bis dahin unterstanden die Gemeinden den Grundherrn, zu dessen Dominium sie gehörten, sie führten unter seiner Aufsicht die ökonomische Verwaltung des Gemeindevermögens und des Gemeindegutes. Das prov. Gemeindegesetz 1849 befreite die Gemeinden von der Unterstellung unter den Grundherrn. Im Jahr 1862 kam es dann in Ausführung des Februarpatentes 1861 zur Erlassung des Reichsgemeindegesetzes vom 5.3.1862, RGBl. Nr. 18/1862 (RGG), das merklich auf dem prov. Gemeindegesetz aufgebaut war. In Durchführung des RGG wurde die Einrichtung der Gemeinden in den einzelnen Ländern durch allgemeine Gemeindeordnungen geregelt, die Gemeindeordnung für Tirol wurde mit Gesetz vom 09.01.1866, LGBl. Nr. 1, erlassen. Das RGG 1862 blieb im wesentlichen auch nach dem Wirksamkeitsbeginn des Bundes-Verfassungsgesetzes in weiterer Geltung (vgl. Adamovich, Handbuch des österreichischen Verfassungsrechts, 5 Auflage bearbeitet und ergänzt von Dr. Hans Spanner, Springer-Verlag, Wien 1957, S 267 f).
Nach dieser so erzeugten Rechtslage können Aufgaben der Gemeinden einem selbständigen und einem übertragenen Wirkungskreis zugeordnet werden. Das entspricht Art. IV des RGG (bzw. dem Art. 118 B-VG). Der Gesetzgeber des Jahres 1862 war offenbar bemüht, im Art. V des RGG den selbständigen Wirkungsbereich der Gemeinden in einer der Rechtserkenntnis entsprechenden Weise zu definieren (vgl. Ermacora aaO., S 598 f). Die freie Verwaltung ihres Vermögens zählt demnach zum selbständigen Wirkungskreis der Gemeinde (Art. V. Z. 1).
Im § 26 ist ausgeführt:
„Die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigenthums- und Nutzungsrechte ganzer Classen oder einzelner Glieder der Gemeinde bleiben ungeändert.“
Die gleich lautende Bestimmung enthält auch die Gemeindeordnung für Tirol 1866 im § 12, wonach „die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigentums- und Nutzungsrechte ganzer Klassen oder einzelner Glieder der Gemeinde … ungeändert“ bleiben.

Neben der umfänglichen Beschreibung des selbständigen („natürlichen“) bzw. des übertragenen Wirkungskreises gewährt das kaiserliche Patent vom 17. März 1849 Gemeinde-Angehörigen und Gemeindebürgern überdies u.a. das Recht auf Benützung des Gemeindegutes nach bestehenden Einrichtungen (vgl. § 22 Zif. 2 und § 23).
§ 74 des Patentes 1849 führt weiter aus:
„Da das Gemeindevermögen und Gemeindegut Eigentum der Gemeinde als moralische Person, und nicht der jeweiligen Gemeindeglieder ist, so ist jede Veräußerung des Gemeindevermögens und Gutes und jede Verteilung desselben untersagt, und nur ausnahmsweise kann unter gehöriger Begründung die Bewilligung hiezu von dem Landtage erteilt werden.“

Das prov. Gemeindegesetz 1849 sowie auch in dessen Ausführung die Gemeindeordnung für Tirol 1866 nimmt demnach eine Unterscheidung zwischen Gemeindeeigentum (Gemeindevermögen und Gemeindegut) einerseits und dem Eigentum einzelner Gesellschaften (Klassen oder einzelne Glieder der Gemeinde) andererseits vor. Die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und bestehende Eigentums- und Nutzungsrechte solcherart etwa von einer „Realgemeinde“ gemeinschaftlich genutzter Liegenschaften (da und dort auch als gemeine Güter oder Gemeindegüter bezeichnet) sind nach dieser Rechtslage weder vom gemeindlichen Grundrecht auf Selbstverwaltung erfasst, noch wurde diesbezüglich in Eigentumsrechte erweislich eingegriffen.
Dazu erläutert der Erlass des Ministeriums des Inneren vom 11. Dezember 1850, Z. 13353, betreffend die Anleitung der Verwaltung des Gemeindeeigentums im § 2, dass Gemeindeeigentum entweder Gemeindevermögen oder Gemeindegut ist. Alle der Gemeinde eigentümlichen Sachen, die entweder zum Gebrauch eines Jeden in der Gemeinde, oder ausschließend nur zum Gebrauche der Gemeindeglieder dienen, bilden das Gemeindegut im weiteren Sinne (§ 4 f). Zu dem Gemeindegute der ersten Art gehören Gemeindewege, Gemeindebrücken, Brunnen, Spaziergänge etc., kurz alle Objekte, deren Natur und Zweck einen ausschließenden Gebrauch im Interesse der Gemeinde, oder auch selbst nur der einzelnen Gemeindeglieder nicht zulassen (§ 5 1. Absatz). Jene der Gemeinde eigentümlichen Sachen, welche bloß zum Gebrauch der Gemeindeglieder (Gemeindebürger oder Gemeindeangehörige) dienen, bilden das Gemeindegut im engeren Sinn. Dazu gehören z.B. Viehweiden, insoweit jedes Gemeindeglied berechtigt ist, sein Vieh darauf zu treiben; ebenso sind die der Gemeinde gehörigen Wälder, Auen, Wiesen usw. Gemeindegut, wenn deren Nutzen unter die einzelnen Gemeindemitglieder verteilt wird (§ 6, Absätze 1 bis 3). Weitere Bestimmungen sind:
„§ 7. Gewisse Objekte des Gemeindevermögens haben eine bestimmte Widmung, der sie nicht entzogen werden dürfen. Sie sind zur Erhaltung von gemeinnützigen Anstalten, oder für besondere gemeinsame Zwecke, z.B. für Kranken- Waisen-, Armen-, Versorgungshäuser, Sparcassen, Gemeindespeicher usw. bestimmt.
Diese Objekte bilden das gewidmete, oder gestiftete Gemeindevermögen.
§ 8. Zum Gemeindeeigenthume können nicht jene Sachen gerechnet werden, welche gewissen Classen von Gemeindegliedern angehören.
So haben in manchen Gemeinden bloß die Bauern mit Ausschluß der Häusler den Genuß gewisser Waldungen, Weiden etc.; so haben in anderen Orten Zünfte, Innungen, die Besitzer gewisser Häuser , wie z.B. die brauberechtigten Bürger, ein eigenes Vermögen oder besondere Rechte.
Hierauf bezieht sich der § 26 des Gemeindegesetzes, der verfügt, dass die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigenthums- und Nutzungsrechte ganzer Classen, oder einzelner Glieder der Gemeinde ungeändert bleiben.“
(vgl. Taschenausgabe der österreichischen Gesetze, 9. Band, Die Gemeinde-Gesetze und das Heimat-Gesetz, Verlag der Manz`schen Buchhandlung, Wien 1869).

Als Gemeindegut in diesem gemeinderechtlichen Sinne ist somit jener Teil des unbeweglichen Gemeindeigentums zu verstehen, welches dem Gebrauch aller Gemeindeglieder dient. Bei diesem Verständnis ist der Hinweis des Rechtsvertreters der Gemeinde Trins auf § 74 des prov. Gemeindegesetzes 1849 hier nicht weiter beachtlich. Nach dem bisher Gesagten handelt es sich bei der „Gemain“ von Trins weder um Gemeindevermögen noch um Gemeindegut im Eigentum der Gemeinde Trins. Vielmehr liegen hier privatrechtliche Verhältnisse einer agrarischen Gemeinschaft und Eigentumsrechte/Nutzungsverhältnisse an einer agrargemeinschaftlichen Liegenschaft im Sinne des § 26 des kaiserlichen Patentes 1849 vor, welche von der gemeinderechtlichen Terminologie des Gemeindevermögens und Gemeindegutes de lege lata nicht erfasst sind. Die skizzierte Gemeindegesetzgebung hatte in Bezug auf Rechtsverhältnisse an Liegenschaften im Sinne des § 26 des Patentes 1849 keine rechtserzeugende oder rechtsabändernde Wirkungen. Zudem waren, wie bereits oben dargelegt, bloß bäuerliche Güter unter Ausschluss der übrigen Gemeindeglieder an der Allmende beteiligt.
Die Eigentumsrechte an solchen Liegenschaften ergeben sich aber nicht ipso iure aus dem Gesetzestext, wie der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins mit einem lapidaren Hinweis „auch schon aus dem Gesetzestext“ es zu begründen versucht. Vielmehr sind auch hier Rechtstitel jeweils im Einzelfall und individuell in der Form von privatrechtlichen Rechts- bzw. Besitztiteln wie Kontrakten, Forsteigentums-Purifikations-Tabellen, Holzbezugs-Ablösungs-Vergleichen, Ersitzung, respektive in Form von Rechtsakten der gesetzlich eingerichteten Eigentums-Purifikations-Kommission, der Servituts-Ablösungs-Kommission, der „beeideten Lokalcommissären“ und „Landescommissionen“ und später (in deren Nachfolge) der Agrarbehörden zu suchen. Auf diese ist nun in Bezug auf die Allmend-Liegenschaften von Trins näher einzugehen.

Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins sieht dabei eine „eklatante und gehäufte“ Verkennung der Rechtlage durch Juristen der Tiroler Landesregierung, indem sie gemeint hätten, das Waldzuweisungspatent 1847 habe mit der Formulierung „an die Gemeinden als solche“ bzw. „… in das volle Eigentum, und zwar nicht der einzelnen Untertanen, sondern der betreffenden Gemeinden“ eine Realgemeinde gemeint, die in dieser Form nie existiert habe. Damit habe nur die politische Gemeinde gemeint sein können.
Diese Ansicht ist nach Meinung der erkennenden Behörde aus folgenden Erwägungen unzutreffend:
Aufgrund der Allerhöchsten Entschließung vom 06.02.1847 zur Regulierung der Tiroler Forstangelegenheiten, Gub. 1847, Forst Z. 9357, (sog. Waldzuweisungspatent 1847) wurden – mit Ausschluss Vorarlbergs – „zum Behufe der Eigentumspurifikation, als zum Behufe der Ablösung und Richtigstellung der Holzbezugs- und sonstigen Rechte in den künftig vorbehaltenen Staatswäldern“ die erforderlichen Kommissionen zusammengestellt und ausgesendet (sub. Z.4). Zum einen ging es dabei um die Anerkennung bestehenden privaten Eigentums (Forst-Eigentums-Purifikation), zum anderen um die Extradierung von Flächen aus künftig vorbehaltenen Staatswäldern an die bisher zum Holzbezug Berechtigten, oder mit Gnadenholz beteilten Gemeinden in das volle Eigentum (Grundentlastung).
Bei Beurteilung der Eigentumsansprüche von einzelnen Privaten oder Gemeinden gestattete die „Hoheit“ „in huldvoller Berücksichtigung der eingetretenen Verhältnisse für das Vergangene“ die Ansprüche dann und in so ferne anzuerkennen, als diese Ansprüche schon gerichtlich festgestellt sind oder binnen 3 Monaten bei eben dieser Kommission angemeldet wurden (sub. Z. 2). Zudem bewilligte die „Hoheit“, dass in den künftig vorbehaltenen Staatswäldern die Holzbezugsrechte oder Gnadenholzbezüge der Untertanen, in so ferne ihnen solche nach den alten Waldordnungen zukommen, „durch Ausscheidung und Überweisung einzelner Forstteile in das volle Eigentum und zwar nicht der einzelnen Untertanen, sondern der betreffenden Gemeinden, so weit es nur immer zulässig ist, abgelöst werden.“ (sub. Z. 3).

Aufgrund dieser a.h. Entschließung ex 1847 hat „die Gemeinde Trins durch ihren Vorsteher“ bei der k.k. tirolischen Privatforsteigentums-Purifikations-Kommission des Landgerichtsbezirkes Steinach
a) die Alpe in Falschuna aufgrund und nach Maßgabe des mit dem Aerar abgeschlossenen Vergleiches vom 28. Juli 1843, Verf. Buch fol 17 de 1845, sowie das Bergmahd Regenschrofen bei dem kleinen Alpel Kaserle (Cat. Nr. 1237 Lit C der Gemeinde Gschnitz),
b) die Alpe Truna, die Alpen Hinterrenns, Padaster und Martayer, aufgrund Theilbrief vom Jahre 1566 und Mahdordnung 1646, das in der Gemeinde Gschnitz gelegene kleine Alpl das Kaserle heissend,
angemeldet und wurden diese zufolge der Hofkammer-Präsidial Genehmigung vom 12. April 1848 Z. 216
ad a) gemäß Forst-Eigentums-Purifikations-Tabelle Nr. 287 das Nutzungseigentum von Grund und Boden samt dem darin befindlichen Waldboden
ad b) gemäß Forst-Eigentums-Purifikations-Tabelle Nr. 306 das Eigentum an Grund und Boden jeweils als „Privateigenthum“ anerkannt.
Die Tabelle Nr. 306 enthält in der Spalte 4 den besonderen Beisatz „es bleiben indessen den Alpenbesitzern ihre bisherigen Servitutsrechte auf dem gedachten Landesfürstlichen Waldboden, incorporiert dieselben rechtlich vorbehalten“.
Weiteres in Folge der Entschließung ex 1847 überlässt das k.k. Aerar aufgrund Vergleiches, geschehen zu Steinach am 10. Dezember 1849, verf. 11. Mai 1851 Verf. Buch III. Teil Steinach 35/775, fol 433, der Gemeinde Trins das volle Eigentum an näher beschriebenen Wäldern und weiteren Gründen, die nicht zum Gebrauch des k.k. Aerars dienen (sub. Erstens). Die Ausübung der Weide in den der Gemeinde überlassenen Waldungen und der Bezug der Alpennotdurft für die in, oder an denselben liegenden, wem immer gehörigen Alpen hat nach der bisherigen Übung fortzubestehen (sub. Zweitens). Die Ausübung der Weide wird der Gemeinde auch in den vorbehaltenen Staatswaldungen nach der bisherigen Übung, jedoch ausschließlich jeden fremden Viehes, dann der Ziegen, Schafe und Pferde und mit Beschränkung auf jenen Viehstand, welchen die Gemeinde auf ihren eigenen Gütern zu überwintern vermag, … gestattet … (sub. Drittens).
Die Gemeinde Trins leistet für sich und sämtliche Gemeindeglieder auf alle ihr im gegenwärtigen Vergleichsprotokolle nicht ausdrücklich vorbehaltenen Nutzungen und Bezüge, also auch auf das Streurechen, Grasmähen etc. aus den vorbehaltenen Staatswäldern sowohl aus den anderen Gemeinden überlassenen Wäldern feierlichst Verzicht (sub. Siebtens).

Besonders und gerade in Ansehung der gewählten Textierung im obigen Vergleich, welcher zwischen den eigens für diese Verhandlungen von den nutzungsberechtigten Gemeindegliedern gewählten Bevollmächtigten der Gemeinde Trins auf der einen Seite und der k.k. Forstservituten-Ablösungs-Kommission auf der anderen Seite, abgeschlossen wurde, erhellt sich Gegenteiliges. So nimmt die Regelung der Weideverhältnisse sub. Drittens ausdrücklich Bezug auf jenen Viehbestand, „welchen die Gemeinde auf ihren eigenen Gütern zu überwintern vermag“. Mit dieser Art „Gemeinde“ kann begriffsnotwendig nur der Kreis jener Gemeindeglieder gemeint sein, welchem im Einzelfall Güter eigen sind, auf welchen Vieh gehalten bzw. überwintert werden kann. Nur aus diesem Personenkreis bildet sich im Sinne der a.h. Entschließung 1847 die betreffende Gemeinde, welche wiederum als Realgemeinde im obigen Sinne konzipiert ist. Auch hier wurde nicht ein „Stand der alteingesessener Bauern“ erfunden, wie der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins wiederholt vermeint, sondern wurde auf Rechtstatsachen („eigene Güter“) – gleichermaßen wie bei den Holzbezugsrechten – und auf sich beruhende Rechtsverhältnisse abgestellt. Dass „Untertanen“ mit ihren eigentümlichen Gütern am lf. Wald und Weide berechtigt waren, war vielmehr geradezu die Voraussetzung dafür, dass diese Berechtigungen in volles Eigentum umgewandelt werden konnten. Die Ausscheidung und Übertragung der Flächen durfte nicht an die einzelnen Untertanen, sondern an deren Gesamtheit, eben die betreffende Gemeinde erfolgen. Die Realgemeinde („holzbezugsberechtigte Gemeinde“) tritt hier für sich – in Unterscheidung zur Gesamtheit der Gemeindeglieder – in Erscheinung. Der Begriff dieser „Gemeinde“ war nicht jener der Gesamtheit der Bewohner oder aller Gemeindeglieder.
Abgesehen von diesen aufgezeigten Begriffsmerkmalen geht die erkennende Agrarbehörde weiter davon aus, dass die im Sinne des Kaiserlichen Patentes 1849 bzw. aufgrund der Gemeindeordnung für Tirol 1866 eingerichtete politische Gemeinde Trins zum Zeitpunkt der erwähnten hier maßgeblichen und geschehenen Eigentums-Purifikationen 1848 sowie des Servituten-Ablösungs-Vergleiches 1849 noch nicht existierte. Zudem ist zu konstatieren, dass die auf diesem Fundament des Waldzuweisungspatentes 1847 „produzierten“ Besitztitel als solche nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts erkannt wurden. Privateigentum wurde zum einen anerkannt, zum anderen wurden vom k.k. Aerar Ablösungsflächen an die betreffende Gemeinde in das volle Eigentum abgetreten. Damit wurden, im Sinne des normativen Gehaltes des Waldzuweisungspatentes 1847, privatrechtliche Besitz- und Eigentumsrechte für die oben beschriebene Realgemeinde als agrarische Gemeinschaft geschaffen. Im Sinne des gemeinderechtlichen Rechtsbestandes sind die privatrechtlichen Verhältnisse aber überhaupt von der Gemeindegesetzgebung nicht berührt und bleiben ungeändert.

Auf dem aufgezeigten Weg der Bildung der politischen Gemeinden im heutigen Sinn durch das prov. Gemeindegesetz 1849 und in dessen Ausführung das RGG, sowie der Gemeindeordnung für Tirol 1866 wurden solcherart bestehende Rechtsverhältnisse an Eigentums- und Nutzungsrechten bestimmter (nicht aller) Gemeindeglieder keinesfalls irreversibel beseitigt, auch wenn sie in einzelnen Gemeinden auf welche Art immer in Verbindung mit dem Gemeindewesen gestanden sein mögen. Die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigentums- und Nutzungsrechte wie die der oben beschriebenen Realgemeinden waren vom Gemeindevermögen bzw. Gemeindegut im gemeinderechtlichen Sinne zu unterscheiden.
Als Befund ist festzuhalten, dass die Gemeinde Trins zum Zeitpunkt der Erlassung der Gemeindeordnung für Tirol am 9.1.1866 und damit zum Zeitpunkt ihrer politischen Einrichtung nicht Eigentümerin der vorerwähnten Liegenschaften war. Zum beweglichen und unbeweglichen Eigentum der pol. Gemeinde Trins gehörte demnach nicht jenes, welches der als Realgemeinde konzipierten „Gemeinde“ zuvor aufgrund der erwähnten Rechtstitel ex 1848 und 1849 in das volle private Eigentum übertragen bzw. für welche Privateigentum anerkannt wurde.
In der Gemeinde Trins hat eine Verbindung der agrarischen Eigentums- und Nutzungsverhältnisse an der „Gemain“ zum politischen Gemeindewesen offenbar in der Folge darin bestanden haben, dass Organe der politischen Gemeinde auch die Verwaltung an der „Gemain“ tätigten. Aus den Unterlagen ist nicht ersichtlich, seit wann dies so erfolgte, jedenfalls war diese Situation bereits zu Beginn des (ersten) Regulierungsverfahrens 1950 so anzutreffen.

Bei der im Jahre 1909 erfolgten Grundbuchsanlegung in der Katastralgemeinde von Trins wurde unter der Post Nr. 100 dem 1. Grundbuchskörper (EZl. 62) das Gemeindehaus, dem 2. Grundbuchskörper (EZl. 63) die Kapellen, dem 3. Grundbuchskörper (EZl. 64) die Spritzenhalle, dem 4. Grundbuchskörper (EZl. 65) die Gemeindegründe, und dem 5. Grundbuchskörper (EZl. 66 II) Schulhaus zugeschrieben. Rücksichtlich der Liegenschaft EZl. 65 wurde u.a. auf jene im bürgerlichen Recht begründeten Besitztitel zurückgegriffen, welche im Zuge der Forst-Eigentums-Purifikation 1848 bzw. des Ablösungsvergleiches 1849 „produziert“ wurden und bereits verfacht waren (vgl. Grundbuchsanlegungsprotokoll 1906 Post Nr. 100):
Vergleich vom 10.12.1849, verf. 11.3.1851 Fol. 433 für die Gpn. 1489, 1626, 1627, 1629, 1484, 1642, 1643, 1780/1, 1781, 1782, 1837 (Waldungen)
Forst-Eigentums-Purifikations-Tabelle vom 24.3. verf. 19.7.1949 Fol. 287 für die Gp. 1568
Forst-Eigentums-Purifikations-Tabelle vom 24.3. verf. 19.7.1949 Fol. 306 für die Gp. 1584, 1587, 1773, 1774, 1783 (u.a.Trunaalm)
Als Eigentümer wurde jeweils „Gemeinde Trins“ angeschrieben. Diese Grundbuchseintragung lässt erstmals die Rechtsfrage aufkommen, ob damit Gemeindegut der Gemeinde Trins entstanden ist. Diese Frage lässt sich auf den ersten Blick durchaus kontrovers beantworten.
Zu deren Beantwortung darf aber keinesfalls übersehen werden, dass bei der Anlegung des Grundbuches jene – bereits verfachten – Rechtstitel zugrunde gelegt wurden, welche die oben beschriebene Realgemeinde als privatrechtliche und volle Eigentümerin auswiesen, nämlich die Forst-Eigentums-Purifikationstabellen Nr. 287 und Nr. 306 sowie der Vergleich ex 1849 fol 433. Die genannten Rechtstitel weisen nicht die politische Gemeinde als Eigentümerin aus, sondern die Real- oder Altgemeinde. Insoferne konnte die historische Realgemeinde als Rechtssubjekt im oben beschriebenen Sinne auch bei der Grundbuchsanlegung nicht „untergehen“ zumal es sich bei der politischen Gemeinde Trins um eine andere, eigene Rechtspersönlichkeit handelt. Dies muss in Anbetracht einer möglichen Namensgleichheit zwischen der politischen Gemeinde Trins und jener der „Gemeinde“ der nutzungsberechtigten Untertanen im Sinne des Waldzuweisungspatentes 1847 hervorgehoben werden. Für die politische Gemeinde Trins wäre bei diesem Befund nur ein Tabularbesitz entstanden.
Es war auch in der Folgezeit nachweislich nicht so, dass nun alle Gemeindeglieder an den gemeinschaftlichen Gemeindegründen nutzungsberechtigt gewesen wären, was aber Wesensgehalt des Gemeindegutes im oben ausgeführten gemeinderechtlichen Sinn wäre.
Das Bundesgesetz vom 2. August 1932, BGBl. Nr. 256, betreffend die Grundsätze für die Flurverfassung, werden im II. Abschnitt „Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Verhältnissen“ im § 15 Abs. 2 lit. c) Grundstücke, die in Ausführung der Gesetze über die Regulierung und Ablösung der Servituten einer Gemeinde (Ortschaft) oder Gesamtheit von Berechtigten zu gemeinsamer Benutzung und gemeinsamem Besitz abgetreten wurden, als agrargemeinschaftliche Grundstücke sui generis, nicht aber als Gemeindegut in Sinne lit. d) qualifiziert. Die Gemeindeordnung für das Land Tirol vom 18. Mai 1928, LGBl. Nr. 36, sieht in Anlehnung an frühere Gemeindegesetzes im § 136 vor, dass die Bestimmungen „Von den Nutzungen des Gemeindegutes“ (§§ 127 bis 135) keine Anwendung finden auf Gemeinschaftsgüter privatrechtlicher Körperschaften.
Die Rechtfertigung, dass in dem mit Bescheid vom 27.03.1961 eingeleiteten Regulierungsverfahren die Liegenschaft EZ. 65 II KG Trins als Gemeindegut gemäß § 36 Abs. 2 lit. d FLG. 1952 festgestellt wurde, ist somit nicht im tatsächlichen Eigentum bzw. in rechtsbegründenden maßgeblichen Rechtstiteln zu finden, sondern lediglich in der geschichtlichen Verflechtung der agrarischen Verhältnisse rund um die historische Almende mit dem politischen Gemeindewesen, insbesondere eben durch die konstatierte gemeinsame Verwaltung. Aus diesem Verständnis heraus lässt sich nicht ableiten, die Agrargemeinschaft Trins wäre aus Gemeindegut der Gemeinde Trins entstanden. Die historische Realgemeinde war möglicherweise aus der subjektiven Erinnerung da und dort verschwunden, nicht aber im rechtlichen Sinne als Rechtssubjekt (agrarische Gemeinschaft). Als Ergebnis ist im Regulierungsverfahren weiters hervorgekommen, dass die Liegenschaften in EZl. 65 II KG. Trins offenbar ohne Unterbrechung auf unmittelbare Weise von einem abgegrenzten Kreis von Gemeindegliedern tatsächlich gemeinschaftlich als Wald und Weide genutzt wurden und dass die Gemeinde Trins als solche an den Nutzungen in der Natur teilgenommen hat.
Mit Recht durfte die Agrarbehörde im Bescheid über die Festestellung des Eigentumsrechtes für die Agrargemeinschaft Trins davon ausgehen, dass die Nutzungsberechtigten einschließlich der Gemeinde als Realgemeinde ex lege eine Agrargemeinschaft bildeten und die Agrargemeinschaft Trins als Rechtsnachfolgerin dieser Realgemeinde ansehen. Auch nach der Rechtssprechung des Obersten Agrarsenates kann aus der Tatsache der Eintragung einer Gemeinde als Eigentümerin im Grundbuch allein nicht geschlossen werden, dass damit die politische Gemeinde tatsächlich Eigentümer sei. Auch wenn die aufgrund der Gemeindegesetzgebung für Tirol 1866 entstandene neue politische Gemeinde Trins die Verwaltung der alten Realgemeinde getätigt hat (Verwaltungsgemeinschaft), oder wie es vielfach bei der Grundbuchsanlegung erfolgte, man sich der aus ganz verschiedenen Wurzeln entstandenen getrennten Rechtspersönlichkeiten mangels Erforschung der geschichtlichen Entwicklung nicht bewusst wurde, hat auch das FLG. 1952 (§§ 36 bis 38) an diesen geschichtlich gewordenen Rechtszustand angeknüpft und hat die von Mitgliedern der alten Realgemeinde genutzten Grundstücke als agrargemeinschaftliche Grundstücke und die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer der berechtigten Liegenschaften als Agrargemeinschaft qualifiziert (vgl. OAS vom 6. Oktober 1958, Zl. 245 – OAS/58). Dabei ist anzumerken, dass durch die Bestimmungen der Tiroler Gemeindeordnung vom 31. März 1949, LGBl. Nr. 24, die gesetzlichen Vorschriften über die Flurverfassung nicht berührt wurden (§ 82). Der Landesagrarsenat hat im Erkenntnis vom 05.08.1969 auch mit der Bemerkung in der Begründung, dass die Form des Miteigentums ausgeschlossen ist, den Bogen zum Waldzuweisungspatent 1947 gespannt, als die Ablösungsflächen nicht in das Eigentum der „einzelnen Untertanen“, sondern in deren volles Eigentum (als Realgemeinde) extradiert werden müssen.

Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins spricht davon, dass die Argumentation der Agrarbehörde generell und im Speziellen für die Regulierung Trins „weitgehend aus juristischen und geschichtlichen Erfindungen und im übrigen bestenfalls aus Halbwahrheiten“ bestehe, die daraus entstandene Verwaltungspraxis der „Übertragung der Gemeindegüter an Agrargemeinschaften“ in ihrer Gesamtheit als „verbrecherisch“ zu beurteilen sei.
Der geschilderte Sach- und Rechtsbefund zeigt für die erkennende Behörde gegenteilig, dass die genannten Hoheitsakte auf dem Boden der jeweils geltenden Rechtslage zustande gekommen sind und dabei ein umfassendes und ganzheitliches Rechtsverständnis unter Mitberücksichtigung differenzierter historischer Rechtsverhältnisse zugrunde gelegt wurde. Bei dieser geschilderten Rechtsfindung kann bei der zum Zeitpunkt der Erlassung der Regulierungsbescheide jeweils geltenden Rechtslage den erkennenden Organwaltern des Amtes der Tiroler Landesregierung im Zusammenhang mit den prüfungsgegenständlichen Hoheitsakten kein rechtlich unvertretbares Handeln unterstellt werden. Diese Erkenntnis lässt sich in Hinblick auf die Weitläufigkeit der Rechtsproblematik auch durch einen einzelnen Literaturhinweis (Falser) nicht entkräften. Auch muss die zitierte höchstgerichtliche Judikatur nicht schon a priori auf die für das Gemeindegut Trins zu differenzierenden und hier zugrunde liegenden Sachverhalte anwendbar sein.

Aus gegebenem Anlass zeigt auch ein Hinweis zum vergleichbaren deutschen Rechtskreis, dass der Begriff und der Wesensinhalt der „Realgemeinde“ nicht eine Erfindung der Tiroler Gesetzgebung und der Tiroler Landesverwaltung mit verbrecherischem Hintergrund ist. Eine wissenschaftliche Abhandlung ex 1960 „Die Hannoverschen Realgemeinden“ widmet sich diesem Rechtsthema. Danach war der Ursprung dieser Realgemeinden – in Übereinstimmung mit dem oben Gesagten – die Allmende oder die gemeine Mark. In der Neuzeit bildeten sich mit der Vermehrung der Aufgaben die sog. politischen Gemeinden, die alle Dorfbewohner ohne Ausnahme erfassten. Daneben aber gab es dann noch weiter die Gruppe der nutzungsberechtigten Hofbesitzer, die nun eine besondere Gemeinschaft mit eigener Verwaltung, ja früher mit eigener Gerichtsbarkeit bildeten. Das sind die heutigen Realgemeinden (vgl. in Recht der Landwirtschaft, Zeitschrift für Landwirtschaftsrecht, Abhandlung von Oberlandesgerichtsrat Dr. Figge in der Celle, Agricola-Verlag GMBH, A 5800 E, April 1960, S 85).

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die objektive Tatseite eines Amtsmissbrauches nicht erfüllt ist. Wie bereits oben ausgeführt, müsste die Begehung der Straftat aufgrund vorliegender Unterlagen als erwiesen angenommen werden können. Eine Begehung einer mit Strafe bedrohten Tathandlungen im oben erwähnten Sinne kann aufgrund der aufgezeigten Sach- und Rechtslage sowie auch aufgrund der vorliegenden Unterlagen weder als erwiesen angesehen und noch angenommen werden.

Somit geht die erkennende Agrarbehörde noch auf eine Beurteilung der subjektiven Tatseite ein. Das österreichische Strafgesetz 1945 verlangt für Verbrechen bei der subjektiven Tatseite (allgemein) die Schuldform des bösen Vorsatzes (§ 1) und demnach – bezogen auf § 101 StG – einen „in Schädigungsabsicht geschehenen Mißbrauch der Befugnis, im Namen der öffentlichen Gewalt Rechtshandlungen … zu setzen“ (vgl. Foregger/Serini, Das österreichische Strafgesetz, Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien 1962, Anm. A zu § 101). Böser Vorsatz aber fällt gemäß dem § 1 nicht nur dann zur Schuld, wenn vor oder bei der Unternehmung oder Unterlassung das Übel, welches mit dem Verbrechen verbunden ist, geradezu bedacht und beschlossen; sondern auch, wenn aus einer anderen bösen Absicht etwas unternommen, oder unterlassen worden, woraus das Übel, welches dadurch entstanden ist, „gemeiniglich“ erfolgt, oder doch leicht erfolgen kann. Der (direkte) Vorsatz muss sich grundsätzlich auf alle Tatbildmerkmale erstrecken und vor oder bei der Tat vorliegen. Der Täter muss sich das Übel vorstellen (intellektuelles Element) und es wollen (emotionelles Element). Nach dem Grade dieses Wollens unterscheidet man (böse) Absicht, prinzipalen Vorsatz und bedingten Vorsatz (dolus eventualis), (vgl. Foregger/Serini aaO., Anm. I. zu § 1).
Vorwerfbar handelt nur, wer mit Unrechtsbewusstsein handelt. Das Unrechtsbewusstsein ist erst seit dem StGB allgemein anerkannter Bestandteil der strafrechtlichen Schuld und zwar als selbständiges Schuldelement im systematischen Aufbau der Vorsatzschuld. Unrechtsbewusstsein (= Bewusstsein der Rechtswidrigkeit) ist das Bewusstsein, dass die Tat gegen die Rechtsordnung verstößt. Gestützt auf den Wortlaut des § 1 StG betrachtete hingegen das StG und die frühere hM das Unrechtsbewusstsein als wesentlichen (=integrierenden) Bestandteil des Vorsatzes, gingen mithin vom „bösen Vorsatz“ aus. Fehlte das Unrechtsbewusstsein, entfiel der Vorsatz (vgl. Kienapfel/Höpfel, Strafrecht Allgemeiner Teil, 12. überarbeitete und erweiterte Auflage, Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien 2007, Z 17 Rz 1 und 14).
Bei diesem rechtsdogmatischen Verständnis muss sich die (böse) Absicht auf alle Tatbestandmerkmale, neben der Zufügung eines Schadens also auch auf „was immer für einen“ Missbrauch der hoheitlichen Befugnis beziehen, wobei dieses dem Vorsatz immanente Element auf die rechtliche Bewertung der Tat als Unrecht reduziert ist. Bei den Ausführungen über objektive Tatseite ist hervorgekommen, dass die vom Rechtsvertreter der Gemeinde Trins aufgestellte These einer missbräuchlichen Verwaltungspraxis im Zusammenhang mit dem Regulierungsverfahren des Gemeindegutes von Trins eben nur eine These ist und nicht mehr als eine Behauptung darstellt. Alle Bescheide, hinsichtlich derer die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt wird, sind auf dem Boden der damals geltenden Rechtlage zustande gekommen. Im Sinne des im Art. 18 Abs. 1 B-VG normierten Legalitätsprinzips war die Gesetzmäßigkeit sämtlicher verwaltungsbehördlicher Hoheitsakte gewahrt. Die oben angeführten Organwalter des Amtes der Tiroler Landesregierung haben der Rechtlage nicht nur im materiellen Recht, sondern auch in den einzuhaltenden Verfahrensvorschriften und in den Behördenzuständigkeiten entsprochen. Sie handelten auch nicht irrtümlich. Für die erkennende Behörde führt dies zum (weiteren) Schluss, dass den Organwaltern die subjektive Tatbildmäßigkeit der vorsätzlichen Herbeiführung eines rechtswidrigen Ergebnisses – vom Rechtsvertreter der Gemeinde Trins zwar unterstellt – in keinem individuellen Fall vorlag. Rechtsdogmatisch zwingend fehlt auf der subjektiven Tatseite der/die Vorsatz/Absicht.
Eine weitere Beurteilung der subjektiven Tatseite erfordert noch einen Blick auf gesetzlich differenzierte Elemente der Absicht. Die zum Tatbestand des § 101 StG notwendige Schädigungsabsicht umfasst auch die Absicht, sich oder einem anderen einen rechtswidrigen Vorteil zu schaffen, aus dem ein Schaden für einen Dritten entspringt (vgl. Foregger/Serini aaO., Anm. 4) zu § 101). Als besondere Schuldmerkmale nennt das StG dazu Eigennutz, Leidenschaft oder Nebenabsicht. Schon aufgrund der fehlenden Tatbildverwirklichung des Amtsmissbrauches scheidet der Bereicherungsvorsatz als subjektives Tatbestandmerkmal im Prüfungsschema gleichermaßen aus, wie damit – ebenfalls rechtsdogmatisch zwingend – die Absichtlichkeit auf der subjektiven Tatseite.

Insgesamt ist zum Vorwurf des Amtsmissbrauches weder von einer Tatbildverwirklichung auf der objektiven Tatseite noch einer subjektiven Vorwerfbarkeit einer strafbaren Handlung auch nur ansatzweise auszugehen. In Ansehung der hier nur gerafften Zusammenschau rechtshistorischer Verhältnisse und relevanter Rechtsmaterien aus den jeweiligen Zeitepochen erweisen sich die vom Rechtsvertreter der Gemeinde Trins unterstellten Vorwürfe des Amtsmissbrauches als haltloser Versuch einer Kriminalisierung.

Vorwurf der Untreue
Im Weiteren unterstellt der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins dem im Regulierungsverfahren bestellten Vertreter der Gemeinde Herrn Georg Hörtnagl in Bezug auf die niederschriftliche Erklärung vom 16.04.1969 den äußeren Tatbestand des Vergehens der Untreue im Sinne des („allerdings erst ab 1974 geltenden“) StGB, sofern er berechtigt gewesen sein sollte, die Gemeinde in der Frage der Eigentumsfeststellung zu vertreten. Sofern der Vertreter der Agrarbehörde gewusst haben sollte, dass das Gemeindegut im Eigentum der Gemeinde Trins stehe und er Georg Hörtnagl bei der Abgabe der Erklärung am 16.04.1969 unterstützt haben sollte, so hätte er nach heutigem Strafrecht Beitragstäterschaft zu dieser Untreue zu verantworten.

Seitens der erkennenden Agrarbehörde ist zur Entstehungsgeschichte des Tatbestandes der Untreue im österreichischen Strafrecht, soweit dies hier von Relevanz ist, einzugehen. Der durch die Strafgesetznovelle 1931, BGBl. 365, eingeführte § 205 c „Untreue“ hatte folgenden Wortlaut:
„Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, in gewinnsüchtiger Absicht geflissentlich missbraucht und dadurch dem anderen einen Vermögensnachteil zufügt, macht sich der Untreue schuldig.
Die Untreue wird zum Verbrechen, wenn der Schade, der verursacht worden ist oder auf den die böse Absicht gerichtet war, 1500 S übersteigt. Die Strafe dieses Verbrechens ist insgemein Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahre, bei erschwerenden Umständen aber Kerker zwischen einem und fünf Jahren; wenn jedoch der Schade 10.000 S übersteigt, ist die Strafe schwerer Kerker von fünf bis zu zehn Jahren.“
Untreue begeht demnach, wer die ihm eingeräumte Befugnis, ein fremdes Vermögen zu verwalten oder sonst mit Wirkung für das Vermögen eines anderen Rechtshandlungen zu setzen, in gewinnsüchtiger Absicht geflissentlich (dolus eventualis genügt nicht) missbraucht und dadurch dem Vertretenen einen zumindest vorübergehenden Vermögensnachteil zufügt. Beamte im Sinne des § 101 haften dafür wegen Missbrauch der Amtsgewalt. Die Untreue ist eine Übertretung, sie wird aber aus einem Schadensbetrag von mehr als 1500 S ein Verbrechen (vgl. Foregger/Serini aaO., Anm. I. und II. zu § 205 c). Nach der Rechtssprechung ist die Untreue kein reines Vermögensdelikt, das Gesetz bezweckt auch den Schutz der besonderen dem Bevollmächtigten obliegenden Treuepflicht [(vgl. Tlapek/Serini, das österreichische Strafgesetz (Strafgesetz 1945), Wien 1951, Manz, Anm. 1) zu § 205 c)]. Das subjektive Tatbestandmerkmal der gewinnsüchtigen Absicht wurde im Rahmen des Antikorruptionsgesetzes vom 29.04.1964 BGBl. 116 gestrichen, das Adverb „geflissentlich“ wurde in § 153 des öStGB durch das Wort „wissentlich“ ersetzt und hatte dieselbe Bedeutung.
Der Hinweis des Rechtsvertreters der Gemeinde Trins auf die Verwirklichung des Tatbestandes der Untreue im Sinne des „allerdings erst ab 1974 geltenden StGB“ erscheint bei dieser Rechtslage unverständlich. Er führt in diesem Zusammenhang weiter aus, dass eine nähere Untersuchung der strafrechtlichen Relevanz der Erklärung (des Georg Hörtnagl) und des Beitrages der Agrarbehörde hiezu unterbleiben könne, es solle nur aufgezeigt werden, dass die Agrarbehörde „die rechtlich geschützten Werte unseres Rechtsstaates aufs Gröblichste verletzt habe“.
Im Rahmen der amtswegigen Prüfung, ob der Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 vorliegt, ist auch dieser Unterstellung einer gerichtlich strafbaren Handlung nachzugehen.
Das Vergehen der Untreue verlangt auf der subjektiven Tatseite Geflissentlichkeit/Wissentlichkeit, setzt somit Vorsatz voraus. Als tatbestandsmäßige Handlungen sind zum einen der Missbrauch einer eingeräumten Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen, zum anderen „dadurch“ die Zufügung eines Vermögensnachteiles. Mit dem Vorsatz verbindet sich die gewinnsüchtige Absicht. Der Täter will „sich durch die Tat einen Vermögensnachteil verschaffen oder erhalten oder sich Ausgaben ersparen“ (vgl. Rittler, Lehrbuch des österreichischen Strafrechts, 2. Auflage, Zweiter Band, Besonderer Teil, Springer-Verlag, Wien 1962, Anm. III. § 46).
In diesem Zusammenhang ist in Erinnerung zu rufen, dass Herr Georg Hörtnagl mit Schreiben der Agrarbehörde vom 25.02.1961 zum Vertreter der Gemeinde Trins im einzuleitenden Regulierungsverfahren bestellt und dabei verpflichtet wurde, die Interessen der Gemeinde in diesem Verfahren nach bestem Wissen und Gewissen wahrzunehmen. Herr Georg Hörtnagl, von Beruf Landarbeiter und wohnhaft gewesen in Trins 119, ist am 04.12.2002 80-Jährig verstorben. Herr Hörtnagl war selbst nicht Mitglied der Agrargemeinschaft.
Der Agrarbehörde liegen rücksichtlich des Herrn Georg Hörtnagl keine Urteile eines in der Hauptfrage zuständigen Gerichtes zum Vorliegen einer strafbaren Handlung und auch keine Hinweise darauf vor.
Für die Agrarbehörde – nicht zuletzt aufgrund der im Regulierungsverfahren durchgeführten Vermögensauseinandersetzung – bestehen keine Zweifel, dass Herrn Georg Hörtnagl die Eigentumsverhältnisse um das Gemeindegut bewusst waren und ein Rechtsirrtum nicht unterstellt werden kann. Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins stellt den Sachverhalt in unzutreffender Weise und verengend so dar, dass die alleinige „Erklärung“ vom 16.04.1969 zur Eigentumsfeststellung für die Agrargemeinschaft Trins ausschlaggebend war. Der oben aufgezeigte Gang des Verfahrens zeigt vielmehr, dass neben der Klärung der Eigentumsverhältnisse auch eine Vermögensauseinandersetzung zwischen Herrn Hörtnagl als bestelltem Gemeindevertreter, den Nutzungsberechtigten am Gemeindegut und letztlich der Gemeinde Trins selbst, während des gesamten Regulierungsverfahrens von 1961 bis 1972 geführt wurde. Alle im Regulierungsverfahren von Herrn Hörtnagl abgegebenen Erklärungen fanden letztlich in agrarbehördlichen Bescheiden, an deren Gesetzmäßigkeit keine Zweifel hervorgekommen sind (vgl. dazu obige Ausführungen) ihren Niederschlag. Zudem ist hervorzuheben, dass eben der Bescheid vom 17.04.1969 im Instanzenzug für gesetzmäßig befunden wurde. Der Landesagrarsenat führt in seinem Erkenntnis vom 05.08.1969 u.a. aus, dass die Erklärung des berufenen Gemeindeorganes in der Eigentumsfrage gar keine Voraussetzung für die Behördenentscheidung darstellte. Damit ist auch hier – wie oben beim Amtsmissbrauch – die Tatbildmäßigkeit des Missbrauches einer eingeräumten Befugnis ebenso wenig verwirklicht, wie auf der subjektiven Tatseite ein Vorsatz einer missbräuchlichen Verfügungsbefugnis angenommen werden kann. Wenn ein Missbrauch einer Verfügungsbefugnis tatbildmäßig nicht verwirklicht ist, kann auch die im Kausalzusammenhang („dadurch“) stehende Zufügung eines Vermögensnachteiles rechtsdogmatisch auf der objektiven Tatseite nicht verwirklicht sein.
Verdachtsmomenten, dass Herr Georg Hörtnagl in gewinnsüchtiger Absicht gehandelt hätte (subjektives Tatbestandsmerkmal bis zur Rechtslage 1964) können nach der Aktenlage genau so wenig als erwiesen angenommen werden, wie die wissentliche Zufügung eines Vermögensnachteiles für die Gemeinde Trins. Das Vorbringen des Rechtsvertreters der Gemeinde Trins ist auf reine Behauptungen gestützt und geht ins Leere.

Behauptete Weisung
Dasselbe trifft auf eine vom Rechtsvertreter der Gemeinde Trins behauptete, mündlich erteilte Weisung des Landesrates und späteren Landeshauptmannes Eduard Wallnöfer zu. Mit seiner Andeutung dass „möglicherweise“ damit ein oberstes Organ der Verwaltung eine Weisung erteilt habe, schöpft der Rechtsvertreter allerdings nur einen Verdacht, den er selbst offenbar nicht für erwiesen hält.
Dazu darf als amtsbekannt vorausgesetzt werden, dass Herr Eduard Wallnöfer in der Zeit vom 25.10.1949 bis 13.7.1963 als Landesrat der Tiroler Landesregierung angehörte und vom 13.7.1963 bis 2.3.1987 Landeshauptmann von Tirol war. Eduard Wallnöfer ist am 15.03.1989 76-jährig verstorben. Er dürfte zumindest im Zeitraum der Verfahrens zur Regulierung des Gemeindegutes Trins von 1961 bis 1972 auch für die Angelegenheiten der Bodenreform politisch zuständig gewesen sein.
Von einem rechtsstaatlich fundamentalen Verständnis auszugehend ist festzuhalten, dass gemäß Art. 20 Abs. 1 B-VG die Verwaltung unter der Leitung der obersten Organe des Bundes und der Länder geführt wird, soweit nicht verfassungsgesetzlich anderes bestimmt wird. Diese Weisungsberechtigung lässt keinesfalls einen Schluss auf eine tatsächlich gegebene Weisungen zu. Aus den vorliegenden Aktenunterlagen ergibt sich kein einziger Hinweis, dass Landesrat/Landeshauptmann Eduard Wallnöfer im Regulierungsverfahren Trins eine Weisung gegenüber handelnden Organen der Agrarbehörde erteilt hätte. Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins spricht aus und behauptet, dass dieser Weisung möglicherweise der politische Wunsch zugrunde liege, den „Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit im Bereich der Regulierung der Gemeindegüter vollkommen über Bord zu werfen“.
Ein als solche Weisung erlassener Verwaltungsakt würde insgesamt die Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellen sind, in so erheblichem Maße verletzen, dass in ihm ein maßgeblicher Staatswille überhaupt nicht mehr erblickt werden kann. Eine solche Weisung wäre für den Adressaten überhaupt unverbindlich (vgl. Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, Manz, Wien 1996, S 348). Auch die Befolgung einer Weisung mit einem derartig rechtswidrigen Inhalt – wenn es sie gäbe – würde jedenfalls gegen strafgesetzliche Vorschriften (z.B. Missbrauch der Amtsgewalt) verstoßen und müsste vom angewiesenen Organ ablehnt werden (Art. 20 Abs. 1 B-VG), wofür es ebenfalls keinen Hinweis gibt.
Der Landesagrarsenat ist gemäß § 5 des Agrarbehördengesetzes 1950, BGBl. Nr. 1/1951, eingerichtet und sind die Mitglieder in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden (§ 8). Als solche sind Landesagrarsenate (wie auch der Oberste Agrarsenat) Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag im Sinne des Art. 133 Z 4 B-VG und unabhängige und unparteiliche Tribunale nach Art. 6 EMRK. Gemäß Art. 20 Abs. 2 B-VG sind die Mitglieder dieser Kollegialbehörden an keine Weisungen gebunden. Diese in bodenreformatorischen Angelegenheiten gegebene Organisationsstruktur schließt ein Weisungsverhältnis zum jeweils für Angelegenheiten der Bodenreform politischen Referenten überhaupt aus.

Die vom Rechtsvertreter der Gemeinde Trins aufgestellte These „einer mündlichen Weisung des Landesrates und späteren Landeshauptmannes“ ist nach der Aktenlage durch nichts erwiesen und stellt eine reine Behauptung dar. In den allgemeinen und in jede Richtung weisenden unsubstanziierten Verdachtsreigen des gefertigten Rechtsvertreters der Gemeinde gegenüber der Verwaltung des Amtes der Tiroler Landesregierung sollte offenbar auch dessen oberstes Organ mit einbezogen werden.

Vorwurf der Beitragstäterschaft zur Untreue und der Bestimmungstäterschaft zum Amtsmissbrauch
Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins führt aus, in Bezug auf die mit Herrn Georg Hörtnagl aufgenommene Niederschrift vom 16.04.1969 hätte der Vertreter der Agrarbehörde die Beitragstäterschaft der Untreue zu verantworten, falls er gewusst haben sollte, dass das Gemeindegut im Eigentum der Gemeinde Trins stehe und er trotzdem Herrn Hörtnagl bei der Abgabe dieser Erklärung unterstützt haben sollte. Weiters hätten diejenigen Beamten, die wussten, dass die politische Gemeinde 1847 längst existierte und dass die Tiroler Wälder den Gemeinden als solches zugewiesen wurden, dass schon 1819 keineswegs nur Bauern zu den Gemeindemitgliedern zählten, die jungen Juristen, die ahnungslosen Bürgermeister und Gemeindevertreter als Werkzeug für ihren Rechtsbruch benutzt. Sie hätten (anstiftenden) Amtsmissbrauch durch Bestimmungstäterschaft zu verantworten. Diese Tatformen seien nach dem geltenden StGB § 12 zu verantworten.
Gemäß § 12 StGB begeht nicht nur der unmittelbare Täter die strafbare Handlung, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, sie auszuführen, oder sonst zu ihrer Ausführung beiträgt (Einheitstäterschaft). Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins geht hier von der fälschlichen Ansicht aus, dass für diese zum Vorwurf erhobenen Tatformen das StGB anzuwenden wäre. Wie schon bei den obigen Deliktsformen ist selbstverständlich auch hier für die Beurteilung der subjektiven und objektiven Tatseite von der damaligen Rechtlage (1961 bis 1972), nämlich der des StG auszugehen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass von der Einheitstäterschaft als Form des Zusammenwirkens mehrerer zu einer Tat nach dem damals geltenden StG auszugehen ist, dh. dass alle Beteiligten denselben Bestimmungen über die Täterschaft unterstellt werden. Das StG behandelt im § 5 die Zusammenwirkenden gleich (vgl. die EB zur Regierungsvorlage des StGB, 30 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates der XIII GP vom 16.11.1971).
Nach der obigen Sachverhaltsdarstellung hat Hofrat Dr. Wilhelm Beck als Vertreter der Agrarbehörde am 16.04.1969 eine Niederschrift mit Herrn Georg Hörtnagl aufgenommen. Bereits am 21.02.1963 hat Dr. Hansjörg Bucher als Vertreter der Agrarbehörde mit Herrn Georg Hörtnagl eine Niederschrift aufgenommen.
§ 5 des österreichischen Strafgesetzes 1945 hat folgenden Wortlaut:
„Nicht der unmittelbare Täter allein wird des Verbrechens schuldig, sondern auch jeder, der durch Befehl, Anraten, Unterricht, Lob, die Übeltat einleitet, vorsätzlich veranlaßt, zu ihrer Ausübung durch absichtliche Herbeischaffung der Mittel, Hintanhaltung der Hindernisse, oder auf was immer für eine Art, Vorschub gegeben, Hilfe geleistet, zu ihrer sicheren Vollstreckung beigetragen; auch wer nur vorläufig sich mit dem Täter über die nach vollbrachter Tat ihm zu leistende Hilfe und Beistand, oder über einen Anteil am Gewinn und Vorteil einverstanden hat.
Entschuldigungsumstände, welche die Strafbarkeit eines Verbrechens für den Täter oder für einen der Mitschuldigen oder Teilnehmer nur vermöge persönlicher Verhältnisse desselben aufheben, sind auf die übrigen Mitschuldigen und Teilnehmer nicht auszudehnen.“
§ 5 fasst Anstiftung und Beihilfe als Mitschuld zusammen und bezeichnet als Teilnahme das mit dem Täter vor der Tat getroffene Einverständnis über nachträgliche Hilfeleistung oder einen Anteil an Gewinn und Vorteil. Anstifter ist, wer einen anderen vorsätzlich zur vorsätzlichen Begehung eines Verbrechens bestimmt; Gehilfe ist, wer den Täter vorsätzlich bei der vorsätzlichen Begehung eines Verbrechens psychisch oder physisch unterstützt (vgl. Foregger/Serini aaO., Anm. I und III. zu § 5).
Festzuhalten ist, dass § 5 nur eine Erscheinungsform des Verbrechens regelt, zu dem angestiftet oder Beihilfe geleistet werden soll, nicht etwa ein delictum sui generis. Mitschuld und Teilnahme setzen voraus, dass der unmittelbare Täter ein tatbildmäßiges, rechtswidriges, den Strafdrohungsbedingungen genügendes Verhalten getätigt hat. Die Haupttat muss jedenfalls tatbildmäßig und rechtswidrig sein. Die objektive Seite ist wie für den unmittelbaren Täter, so auch für alle übrigen Beteiligten von grundlegender Bedeutung (vgl. Rittler, Lehrbuch des österreichischen Strafrechts, 2. Auflage, 1. Band, Allgemeiner Teil, Anm. § 40).
Nun ist schon bei den obigen Ausführungen zum Vorwurf der Untreue hervorgekommen, dass Herr Georg Hörtnagl ein tatbildmäßiges Verhalten in Bezug auf Untreue gemäß § 205 c StG nicht gesetzt hat. Er hat keine eingeräumten Befugnisse missbraucht und „dadurch“ der Gemeinde Trins folglich keinen Vermögensnachteil zugefügt. Auch gibt es keine wie immer gearteten Hinweise, dass Herr Hörtnagl in gewinnsüchtiger Absicht (Rechtlage bis 1964) gehandelt hätte. Rechtsdogmatisch ist damit im Sinne der obigen Ausführungen eine einheitstäterschaftliche Tatbildverwirklichung gemäß § 5 StG durch die erwähnten Organwaltern des Amtes der Tiroler Landesregierung ausgeschlossen.
Ähnlich verhält es sich bei der zum Vorwurf gemachten Anstiftung zum Amtsmissbrauch durch Bestimmungstäterschaft. Die Anstiftung setzt zum einen die Bestimmung eines anderen zu rechtswidrigem tatbildmäßigem Verhalten voraus, also die Hervorrufung eines Handlungsentschlusses, und zum anderen die Ausführung der Haupttat selbst (vgl. Rittler aaO. S 291). Es ist auf Seiten der, der unmittelbaren Täterschaft bezichtigten Personen (vgl. Zitat „junge Juristen, ahnungslose Bürgermeister und Gemeindevertreter) schon nach dem bisher Gesagten zu keiner behaupteten Tatbildverwirklichung des Amtsmissbrauches gemäß § 101 StG gekommen. Während des Regulierungsverfahrens waren Herr Peter Tost von 13.05.1959 bis 16.05.1969, Herr Andreas Hilber vom 16.05.1969 bis 01.05.1971 und Herr Josef Nagele vom 01.05.1971 bis zum 20.04.1978 jeweils Bürgermeister der Gemeinde Trins. Herr Peter Tost ist am 08.09.1977 53-jährig, Herr Josef Nagele am 20.04.1978 61-jährig verstorben. Dass es sich um ahnungslose Bürgermeister handelte, ist die Diktion des gefertigten Rechtsvertreters.
Auch der Vorwurf der mittelbaren Täterschaft (vgl. Zitat „diejenigen Beamten, die wussten“) geht ins Leere, da im Sinne der obigen Ausführungen zum Amtsmissbrauch weder von einer subjektiven noch von einer objektiven Tatbildverwirklichung ausgegangen werden kann; damit scheidet auch jede vorsätzliche Bestimmung „anderer“ zu einem rechtswidrigen tatbildmäßigem Verhalten aus.
Abgesehen davon stellt auch dieser Vorwurf der Beitragstäterschaft zur Untreue und die Bestimmungstäterschaft zum Amtsmissbrauch wiederum als reine Behauptung der Rechtsvertreters der Gemeinde Trins dar, welche durch nichts erwiesen ist. Insgesamt geht auch dieser Vorwurf ins Leere.

Vorwurf der Täterschaft der gegenwärtigen Beamten
Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins erhebt den Vorwurf der Täterschaft auch gegen nunmehr erkennende Organwalter des Amtes der Tiroler Landesregierung, da es ihnen anheim gestellt sei, ob sie zur Wiederherstellung des amtsmissbräuchlich herbeigeführten Schadens bereit seien oder nicht. Nach Ansicht des ausgewiesenen Rechtsvertreters setze sich der behauptete Amtsmissbrauch in der gegenwärtigen Beamtenschaft fort.
Zu diesem Vorwurf der Täterschaft gegenüber den derzeitigen Organwaltern, welche nicht imperativ im Sinne der Anträge des gefertigten Rechtsvertreters entscheiden, ist zu entgegnen, dass die gestellten Anträge auf dem Boden des Legalitätsprinzips an den Bestimmungen der §§ 68, 69 und 71 AVG zu messen sind. Unter Verweis auf die gesamten Ausführungen in diesem Bescheid ist von der formellen und materiellen Rechtskraft (§ 68 Abs. 1 AVG) der Regulierungsbescheide für das Gemeindegut Trins auszugehen. Eine die Durchbrechung der Rechtkraft rechtfertigende Eingriffsnorm ist nicht verwirklicht, womit einer anders lautenden Entscheidung eine rechtliche Grundlage jedenfalls entzogen ist. Der Vorwurf einer Täterschaft geht damit ins Leere. Vielmehr wäre der Tatbestand eines Amtsmissbrauches darin verwirklicht, wenn die derzeitigen Organwalter unter Missachtung des rechtlich vorgegebenen Prüfungsmaßstabes die Bindung an die durch behördliche Hoheitsakte geschaffene Rechtslage aufgeben würden.

Zusammenfassung
Rücksichtlich dieser Gesamtschau der Sach- und Rechtslage zum Regulierungsverfahren des Gemeindegutes Trins sieht die Agrarbehörde weder eine Veranlassung noch eine Möglichkeit, eine Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der im Spruch dieses Bescheides angeführten – im Regulierungsverfahren des Gemeindegutes Trins ergangenen – Bescheide amtswegig zu verfügen. Der behauptete Wiederaufnahmegrund gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG („gerichtlich strafbare Handlung“) liegt nicht vor. Nach Ansicht der der erkennenden Behörde ist das gesamte Vorbringen des Rechtsvertreters der Gemeinde Trins darauf gerichtet, eigene prozessuale und materiellrechtliche Bedrängnisse zu verdunkeln, indem zum einen rechtliche Gegebenheiten außer acht gelassen werden und zum anderen, früheren sowie gegenwärtigen Organwaltern des Amtes der Tiroler Landesregierung sowie damaligen Vertretern der Gemeinde Trins, die teilweise schon verstorben sind, ein verbrecherisches Verhalten unterstellt wird.

Zum Spruchabschnitt V.

Die Gemeinde Trins beantragt überdies im Antrag 16., die erwähnten Bescheide gemäß (nachstehend zitiertem) § 68 Abs. 3 AVG in Wahrung des öffentlichen Wohles insoweit abzuändern, als dies zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich sei.

Abänderung und Behebung von Bescheiden
§ 68 (1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
(2) Von Amts können wegen Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde oder vom unabhängigen Verwaltungssenat, die oder der den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.
(3) Andere Bescheide kann in Wahrung des öffentlichen Wohles die Behörde, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, dieser, oder die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde insoweit abändern, als dies zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Missständen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich ist. In allen Fällen hat die Behörde mit möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen.

(7) Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechtes steht niemandem ein Anspruch zu. Mutwillige Aufsichtsbeschwerden und Abänderungsanträge sind nach § 35 zu ahnden.

Von der Ermächtigung zur Aufhebung oder Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides darf nur bei einer schweren Schädigung der gesamten Volkswirtschaft Gebrauch gemacht werden, die für eine gedeihliche wirtschaftliche Entwicklung und damit die allgemeine Wohlfahrt von ernster Bedeutung ist. Es muss sich um eine konkrete Schädigung der Volkswirtschaft handeln, die entweder schon eingetreten ist oder noch reversibel oder unmittelbar zu befürchten ist (vgl. Walter/Thienel AVG § 68 Anm 22, ).
Dabei ist zunächst im gemeinderechtlichen Sinne davon auszugehen, dass die Gemeinde Trins Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstverwaltung und Verwaltungssprengel, und als solche selbständiger Wirtschaftskörper ist. Sie hat das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen, wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben sowie im Rahmen der Finanzverfassung ihren Haushalt selbständig zu führen und Abgaben auszuschreiben (vgl. § 2 Tiroler Gemeindeordnung 2001 TGO). Die Agrargemeinschaft Trins ist als Körperschaft öffentlichen Rechtes nach den Bestimmungen des TFLG eingerichtet ist. Ihr satzungsgemäßer Zweck besteht darin, durch pflegliche Bewirtschaftung und Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens die bestmögliche und andauernde Erfüllung der berechtigten Ansprüche ihrer Mitglieder sicherzustellen, das Gemeinschaftsvermögen zu erhalten und verbessern und zu diesem Zweck auch die erforderlichen gewerblichen Unternehmen zu betreiben. Somit handelt es sich um zwei selbständige Wirtschaftskörper.

Der Rechtsvertreter der Gemeinde Trins findet in der angeblich fehlenden subjektiven Leistungsfähigkeit („kaum Steuereinnahmen“) der Gemeinde und im Umstand, dass die Gemeinde bei öffentlichen Vorhaben auf Zuschüsse des Landes angewiesen sei, den Grund für die angestrebte Änderung der Regulierungsbescheide.
Eine solcherart versuchte Darstellung einer volkswirtschaftlichen Schädigung stellt jedoch eine völlig abstrakte und undifferenzierte Behauptung dar. Im Sinne des obigen Literaturhinweises muss es sich um eine konkrete Schädigung der Volkswirtschaft handeln. Als solche ist diese vorgebrachte Behauptung nicht geeignet, rechtskräftige Behördenentscheidungen im Wege des § 68 AVG außer Kraft zu setzen. Zum anderen müssten die zu treffenden Maßnahmen bzw. Bescheidänderungen „notwendig und unvermeidlich“ sein. In diesem Zusammenhang ist der Frage nachzugehen, ob oder in welchem Umfang für die politische Gemeinde ein Rechtsanspruch auf Einnahmen der Agrargemeinschaft Trins besteht, nämlich im Sinne des Antrages auf Jagdpachtzins, Erlöse aus Schotterverkauf und voraussichtlich mittel- bis langfristig auch wieder auf Kaufpreise aus Siedlungsverkäufen.
Dazu muss zunächst auf die Novelle zum Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996, LGBl. Nr. 74, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. Nr. 55/2001, nämlich auf das Gesetz vom 14. Dezember 2006, LGBl. Nr. 13, verwiesen werden. Mit dieser Gesetzesnovelle wurde ein Antragsrecht für die Gemeinden als Mitglied einer Agrargemeinschaft, die aus Gemeindegut hervorgegangen sind, auf Abänderung von Regulierungsplänen ausdrücklich eingeräumt.
In diesem Zusammenhang ist weiters auf das Erkenntnis des VfGH vom 11. Juni 2008, B 464/07-30, einzugehen. Mit diesem Erkenntnis wird in einer Beschwerdesache der Gemeinde Mieders die entsprechende Fragestellung dahingehend beantwortet, dass die Notwendigkeit, der Gemeinde Mieders die Antragstellung für eine Änderung des Regulierungsplanes der Agrargemeinschaft Mieders zu eröffnen, daraus folgt, dass seit VfSlg. 9336/1982 das Gemeindegut nicht mehr wie ein sonstiges agrargemeinschaftliches Grundstück behandelt werden darf. Die (oben erwähnte) Novelle 2007 zum TFLG 1996 hat dem verfassungsrechtlichen Gebot einer verfassungskonformen Auslegung nur noch ausdrücklich Rechnung getragen. Die Ausführungen des gefertigten Rechtsvertreters, die Gemeinde Trins hätte kein Antragsrecht auf Änderung des Regulierungsplanes, trifft nicht zu.
Somit hat sich die Rechtsposition der politischen Gemeinde Trins in Bezug auf die Möglichkeit einer Antragstellung auf Änderung des Regulierungsplanes für die Agrargemeinschaft Trins vom 22.10.1971 grundsätzlich geändert. Damit kann sich die beantragte Änderung von Regulierungsplänen gemäß § 68 Abs. 3 AVG nicht als notwendig oder unvermeidlich herausstellen, wenn zweckentsprechende Möglichkeiten in den Materiengesetzen – wie vorliegend im TFLG 1996 idgF – dem Grunde nach vorgesehen sind. Auch aus diesem Grunde kann dem Antrag 16. keine Folge gegeben werden.

Nach weiteren Ausführungen im Sinne des erwähnten Erkenntnisses des VfGH vom 11. Juni 2008 ist bei der Zuordnung des Substanzwertes von Gemeindegutsliegenschaften an die Gemeinde auf den Umstand Bedacht zu nehmen, dass bei der Regulierung in den 60-iger Jahren das Eigentum am Gemeindegut Mieders der Agrargemeinschaft zuordnet wurde und der Gemeinde offenbar nur ein Anteil nach Maßgabe der Nutzungen zugebilligt wurde. Dies führte tendenziell dazu, dass die Gemeinde die Substanz zu Gänze an die Nutzungsberechtigten verloren habe, was aber einer verfassungskonform verstandenen Rechtslage widerspricht.
Dem Erkenntnis des VfGH liegt der Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 09.11.2006, AgrB-R741/362-2006, zugrunde, mit welchem über Anträge der beschwerdeführenden Gemeinde Mieders in Bezug auf das als Agrargemeinschaft regulierte Gemeindegut entschieden worden war. Begründend wird in diesem Bescheid ausgeführt, dass nach Auffassung der Agrarbehörde I. Instanz im Zuge von Regulierungsverfahren über Gemeindegut der politischen Gemeinden das „Gemeindegut nicht vernichtet“ worden sei, sowie weiters (Hervorhebungen nicht im Orginal):
„… Hohe Substanznutzungen sind erst lange nach der Regulierung der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut hervor gekommen. Ausschließlich damit, mit der gemeinschaftlichen Holz- und Weidenutzung, haben sich das Regulierungsverfahren und der Regulierungsplan Mieders befasst.
Diese Tatsache spiegelt sich ebenso in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten wider, wenn es um die Regulierung von Gemeindegut ging. Die Gemeindegutsregulierungen sind aktenkundig (dies kann in den Gemeindegutsregulierungsakten bei der Agrarbehörde so nachgelesen werden) regelmäßig deshalb erfolgt, weil Nutzungsberechtigte bei der Agrarbehörde Beschwerde führten, dass die jeweilige Gemeinde als Verwalterin des Gemeindegutes mit dem Holz aus dem Gemeindewald, nach Meinung der Beschwerdeführer bei der Agrarbehörde nicht richtig umgegangen war, sei es, dass andere als angeblich Nutzungsberechtigte am Gemeindegut von der Gemeinde Holz bekommen hatten, sei es, dass die Gemeinde selber für sich zu viel Holz entnommen und veräußert hatte, sei es, dass die Gemeinde neu errichtete Objekte in der Gemeinde als berechtigt ansah und dafür Holz abgegeben hatte u.a.m. Es ging also nur um Streitigkeiten bei der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut. Diese Fragen und diese Streitigkeiten wurden durch die Gemeindegutsregulierungen einer Lösung zugeführt. …
Eine verfassungskonforme Interpretation von Gesetz und Regulierungsplan kann nach Überzeugung der Agrarbehörde nur dazu führen, dass im Regulierungsplan für das Gemeindegut der Gemeinde Mieders … – über die Holz- und Weidebewirtschaftung hinaus – keinerlei Vermögensauseinandersetzung zwischen der politischen Gemeinde Mieders einerseits und der neu gegründeten Agrargemeinschaft Mieders andererseits erfolgt ist. … Die Zuregulierung des Eigentums am Gemeindegut an die ASG Mieders konnte daher nur für diesen … Zweck erfolgt sein. Dies ist eine wichtige Besonderheit, die in den Regulierungsplänen zum Gemeindegut regelmäßig steckt. …“

Nun steht bereits aufgrund eingangs erwähnter Ausführungen zum Sachverhalt fest, dass schon der Antrag auf Einleitung des Regulierungsverfahrens vom 4.1.1960 nicht nur darauf gerichtet war, Bestand und Umfang der Nutzungsrechte festzulegen, sondern auch die Voraussetzungen einer grundbücherlichen Eintragung dieser Rechte zu schaffen. Es ging also im Regulierungsverfahren nicht – wie dies im Bescheid vom 09.11.2006 verengend dargestellt wird – nur um Streitigkeiten bei der Holz- und Weidnutzung. Vermutlich hatte der Antrag vom 19.8.1949, welcher sich nicht mehr im Akt befindet, u.a. auch die Frage zum Inhalt, wer Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Grundstücke ist, was nämlich dem Gegenstand der Verhandlungsausschreibung vom 24.1.1950 entnommen werden kann.
Im weiteren Regulierungsverfahren ging es u.a. auch um Festlegungen bezüglich des Regulierungsgebietes, welche in einer Vermögensauseinandersetzung im Sinne der niederschriftlichen Vorbringen des bestellten Gemeindevertreters Georg Hörtnagl vom 21.2.1963 und vom 16.4.1969, in welchen er auf „Abmachungen“ und „übereinstimmende Ansichten“ verweist, sowie schließlich aufgrund der Berufung der Gemeinde Trins gegen den Regulierungsplan vom 22.10.1971 in aktenkundiger Weise stattgefunden hat. Mit der Bereinigung dieser Berufung im Wege eines Parteienübereinkommens (Bescheid vom 13.07.1972) wurde – im Sinne der Berufung – die „jetzige Teilung zugunsten der Gemeinde“ im Regulierungsverfahren bescheidmäßig und damit in einer der Rechtskraft fähigen Form finalisiert und das Grundbuch im Sinne der rechtskräftigen Ergebnisse richtig gestellt. Zudem kann gar hier nicht ausgeschlossen werden, dass über die, der Agrarbehörde bekannten Vorgänge hinaus, noch weiter reichende Vereinbarungen zwischen dem bestellten Vertreter der Gemeinde, den jeweils gewählten Organen der politischen Gemeinde, und den am Gemeindegut Nutzungsberechtigten geschlossen wurden und eine Vermögensauseinandersetzung darüber hinaus stattgefunden hat.
Rücksichtlich dieser Sach- und Rechtslage muss erkannt werden, dass der Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 09.11.2006, AgrB-R741/362-2006, im Begründungsteil, wie er auch im Erkenntnis des VfGH vom 11.06.2008 wiedergegeben ist, einen unrichtigen Kern aufweist. Die Regulierungsergebnisse zum Gemeindegut Trins zeigen nämlich, dass die im Bescheid vom 09.11.2006 erhobenen Prämissen, es sei bei Gemeindegutsregulierungen (insgesamt und überall) nur um die Regelung der Holz- und Weidenutzung gegangen und weiters, dass sich diese „Tatsache“ in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten spiegle (vgl. Zitat „dies kann in den Gemeindegutsregulierungsakten so nachgelesen werden“) nicht zutreffend sind.

Die Anträge auf Abänderung im Sinne des § 68 Abs. 3 AVG seien nach Meinung des gefertigten Rechtsvertreters weiters gerechtfertigt, da die Wiederaufnahme des Verfahrens ins Belieben jener Behörde gestellt sei, die den Schaden durch parteiisches und offenkundig krass rechtswidriges Vorgehen verursacht habe. Dazu wird auf Morscher mit seinem Aufsatz „Nutzungsrechte am Gemeindegut“, Zeitschrift für Verwaltung, Heft 1, Februar 1982, verwiesen.
In diesem Aufsatz wird zunächst (sub. II. S 2) der Begriff des Gemeindegutes als jenes Gemeindeeigentum definiert, das durch Nutzungsrechte aller Gemeindeangehörigen oder – wie es immer umschrieben wurde – bestimmter „Klassen“ derselben beschränkt ist. Bei den Bemerkungen zum rechtshistorischen Hintergrund (sub. IV. S 5) wird weiter u.a. sinngemäß ausgeführt, die neuen gemeinderechtlichen Regelungen ab 1849, die die politische Gemeinde moderner Prägung geschaffen hätten, keine ausdrücklichen Bestimmungen über das Schicksal des Eigentums der bisherigen Gemeinden enthielten. Auch gerade dieser Umstand sei zum Anlass genommen worden, mit juristischen Finten und mediokrer Art öffentlich-rechtliche Nutzungsrechte in volles Eigentum zu verwandeln, indem behauptet wurde, das bisherige Gemeindeeigentum bleibe im Eigentum der bisherigen Gemeinden. Diese einfältige Auffassung des bloßen Pflichten-, nicht jedoch auch Rechtsüberganges auf die neue politische Gemeinde habe sich dementsprechend auch nicht durchsetzen können, vielmehr sei in Auslegung des § 63 des Patentes RGBl. 1849/110 welcher den Übergang des Eigentums im allgemeinen regle, und des § 64, der die Weitergeltung des alten Nutzungsrechte anordne, auch angenommen worden, dass damit das Eigentum am Gemeindegut auf die neue Gemeinde übertragen wurde.
Diese Schlussfolgerungen von Morscher werden der tatsächlichen gemeinderechtlichen Rechtlage jedenfalls für Tirol nicht gerecht. Wie bereits oben ausgeführt, lag der Gemeindegesetzgebung 1849 und in der Folge des RGG und der Gemeindeordnung für Tirol 1862 ein anderes Verständnis von Gemeindegut zugrunde, wie es im Aufsatz skizziert wird. Zum einen zählte das Eigentum, welches „gewissen Classen von Gemeindegliedern“ gehörte, nicht zum Gemeindeigentum. Zum anderen verfügte § 26 des prov. Gemeindegesetzes und der Folge auch die Gemeindeordnung für Tirol (§ 12), dass „die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigenthums- und Nutzungsrechte ganzer Classen oder einzelner Glieder der Gemeinde ungeändert bleiben.“ Damit steht vielmehr außer Zweifel, dass Eigentum der sog. Alt- oder Realgemeinden nicht auf die politischen Gemeinden übergegangen ist. Schon im Sinne des Waldzuweisungspatentes 1847 wurden, soweit – wie in Trins – Ablösungsvergleiche abgeschlossen wurden, Nutzungsrechte in volles Eigentum der Berechtigten als betreffende (Alt)Gemeinde an den Ablösungsflächen umgewandelt.

Gemäß § 68 Abs. 7 AVG steht auf die Ausübung des der Behörde nach Abs. 3 zustehenden Abänderungsrechtes niemandem ein Anspruch zu. Der Antrag ist daher zurückzuweisen. Aufgrund der obigen Ausführungen sieht die Agrarbehörde auch keine Veranlassung für ein Vorgehen gemäß § 68 Abs. 3 AVG.

Zum Spruchabschnitt IV.

Die Gemeinde Trins beantragt im Antrag 15., das Regulierungsverfahren für das Gemeindegut, also für die Liegenschaft EZ 65 GB Trins neu einzuleiten. Im konkreten Fall sei es so, dass mit dem geltenden Regulierungsplan nur die Nutzung aus Holzbezug und Weide geregelt wurde. Die Gemeinde gehe davon aus, dass der rechtswidrige und missbräuchliche Entzug des Eigentums keinen Grund darstelle, die Gemeinde Trins anders zu behandeln als jene Gemeinden, denen das Eigentum noch nicht genommen worden sei.
Die Agrarbehörde führt dazu, wie schon zum Spruchabschnitt V., aus, dass die Abänderung von Regulierungsplänen durch die Agrarbehörde u.a. auf Antrag einer Gemeinde als Mitglied einer Agrargemeinschaft, die aus Gemeindegut hervorgegangen ist, erfolgen kann (§ 69 Abs. 1 lit b). Diese Antragslegitimation ist jedenfalls auch in Verbindung mit dem Erkenntnis des VfGH vom 11. Juni 2008, B 464/07-30, zu sehen.

Der Begründung im Spruchabschnitt III. ist bereits zu entnehmen, dass „der rechtswidrige und missbräuchliche Entzug des Eigentums“, wie behauptet, nicht stattgefunden hat; auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen. Unzutreffend ist auch der Hinweis, dass mit den geltenden Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Trins nur die Nutzung aus Holzbezug und Weide geregelt worden sei; dazu wird auf die Darstellung des Verfahrensganges in diesem Bescheid und auf die Ausführungen in der Begründung zum Spruchabschnitt V. verwiesen. Insoweit geht die Antragsbegründung ins Leere.
Wie bereits eingehend dargelegt, ist die Agrargemeinschaft Trins im wesentlichen aus der historischen Trinser Almende und dem daraus hervorgegangenen privatrechtlich begründeten Eigentum der Realgemeinde als Rechtsvorgängerin entstanden. Die Feststellung des Eigentumsrechtes für die Agrargemeinschaft Trins mit Bescheid der Agrarbehörde vom 17.4.1969 bzw. dem Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 5.8.1969 erfolgte unter diesem konditionalen Blickwinkel.
Das 1961 eingeleitete und 1972 abgeschlossene Regulierungsverfahren wurde im Weiteren in einer Art und Weise geführt, dass zwischen der Realgemeinde/Agrargemeinschaft Trins und der politischen Gemeinde Trins eine Vermögensauseinandersetzung über die Substanz selbst geführt wurde, welche dadurch geprägt war, dass sie einvernehmlich (Vereinbarungen und Parteienübereinkommen) erfolgt ist und im Ergebnis als „jetzige Teilung“ in einer formell und materiell rechtskräftigen Form von der Agrarbehörde beschieden wurde. Das Substanzielle dieser Vermögensauseinandersetzung bestand zum einen in der Vereinbarung des Anteilsrechtes für die politische Gemeinde Trins an der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft Trins, zum anderen, indem Flächen (Grundstücke) aus der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft EZl. 65 KG Trins ausgeschieden und als Gemeindevermögen (in EZ 416 GB Trins) festgestellt wurden. Diese differenzierte Vorgangsweise in Bezug auf die Stellung der Gemeinde im Regulierungsverfahren kann – zwar nicht formell – im Ergebnis als Art einer Einzelteilung für die Gemeinde (§ 42 Abs. 3 lit. c TFLG) angesehen werden.
In den 80-iger Jahren wurde in der Gemeinde Trins ein Grundzusammenlegungsverfahren durch die Agrarbehörde durchgeführt. Nach einem vorliegenden Besitzstandsausweis „Alter Stand“ (IIId3-1024/1711) handelt es sich bei diesen ausgeschiedenen Grundstücken um Flächen im Gesamtausmaß von ca. 14 ha. Ein Blick auf ein Orthofoto der digitalen Katastralmappe (tiris-Online-Ausdruck vom 18.08.2009) zeigt, dass es sich bei den Liegenschaften in EZ 416 GB Trins im wesentlichen um ortsnahe Flächen im Gemeindegebiet von Trins handelt.

Damit liegen aber für die Agrargemeinschaft Trins völlig andere tatsächliche und rechtliche Verhältnisse vor und sind diese mit dem, dem Erkenntnis des VfGH vom 11. Juni 2008, B 464/07-30, zugrunde liegenden Sachverhalt betreffend das Regulierungsverfahren in Mieders nicht vergleichbar. Insbesondere muss nochmals konstatiert werden, dass anlässlich des Regulierungsverfahrens des Gemeindegutes Trins eine substantielle Vermögensauseinandersetzung einschließlich des Anteilsrechtes für die pol. Gemeinde Trins im Vereinbarungswege stattgefunden hat, welche in einer der materiellen und formellen Rechtskraft fähigen Form umgesetzt wurde. Im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG war spruchgemäß zu entscheiden.

2006. Strategie II:
Märchen vom
Gemeindegut

Märchenstunde bei den Kommunalsiern: Die Agrarbehörde als Verbrecherbande

In den vier Verfahren, die die Komunalisierer schon 2005 beim Verfassungsgerichtshof anhängig gemacht hatten, hatten diese wirklich dick aufgetragen: Insbesondere ab dem Zeitpunkt, nachdem die erste zurückweisende Entscheidung des VfGH zugestellt war (Neustift), gab es im Verfahren über den Wiedereinsetzungsantrag für die Ortsgemeinde Mieders kein Halten mehr: Die Agrarbehörde wurde als Verbrecherbande hingestellt!

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Der VfGH sollte durch drastische Falschbehauptungen dazu bewogen werden, das Institiut der Rechtskraft zu durchbrechen. Die Ortsgemeinde Mieders: „Das Institut der Rechtskraft soll Fehler sanieren, die trotz Bemühen um gesetzmäßige Entscheidungen unvermeidlich sind und nicht skrupellosen Gesetzesbrechern den Erfolg ihrer verwerflichen Bemühungen sichern.“ Und weiter: „Die rechtsgrundlagenlosen Eigentumsfeststellungsbescheide einerseits und die gezielte Desinformation der Betroffenen andererseits bildeten untrennbare Bestandteile einer insgesamt sowohl aus politischer als auch aus rechtsstaatlicher Sicht höchst verwerflichen Vorgangsweise der Tiroler Landesregierung. Diese beiden – sich gegenseitig ergänzenden – Aktivitäten der Tiroler Landesregierung dürfen daher nicht isoliert betrachtet werden, weil die gezielte Desinformation die gezielte Schädigung der Allgemeinheit durch die gesetzwidrigen Eigentumsfeststellungsbescheide erst möglich machte.“

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Skrupellose Gesetzesbrecher seinen am Werk gewesen; deren verwerfliches Bemühen dürfe keinen Erfolg haben – so die Kommunalisierer im ersten Verfahren gegen Agrargemeinschaft Mieders beim VfGH im Jahr 2006.

Erfolglos war diese Strategie, weil eine Agrarbehörde, die die politischen Ortsgemeinden enteignen wollte, rechtskräftige Verhältnisse geschaffen hätte – egal mit welchem bösartigen Hintergedanken die Bescheide ausgestellt wurden.

Deshalb musste eine neue Strategie her! Aus einer bösartigen Enteignungsbehörde wurde über Nacht die fürsorgliche Behörde gemacht, die das Gemeindegut als Eigentum der Ortsgemeinden bewahren und erhalten wollte! Für die Kommunalisierer mit Schutzpatron im VfGH alles kein Problem!

Märchenstunde bei den Kommunalsiern: Die Agrarbehörde als fürsorgliche Hüterin des Gemeindeguts

Wer immer die Kommunalisierer instruiert hatte – der hatte ganze Arbeit geleistet. Plötzlich hatten die Kommunalisierer eine ganz neue Agrarbehörde entdeckt: Keine skrupellosen Gesetzesbrecher, die den Ortsgemeinden den Grund und Boden wegregulieren wollten! Keine Diebesbande, die sich am Gemeindegut zu schaffen machte! Über nacht hatten die Kommunalisierer eine gänzlich andere Agrarbehörde aus dem Hut gezaubert: Die fürsorgliche Agrarbehörde, die das Gemeindegut für immer den Gemeinden sichern und erhalten wollte.

Und auf Basis dieser Festellungen hat der VfGH im Mieders-Erkenntnis die Thesen vom Substanzrecht der Ortsgemeinde hervorgezaubert.

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Im Guggenberger-Bescheid vom vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 der gegen Agrargemeinschaft Mieders ergangen ist, liest sich das wörtlich so:

„Gerade diese beiden Feststellungen im Regulierungsplan zeigen aber, nach Auffassung der Agrarbehörde, deutlich, dass im Zuge von Regulierungsverfahren über das Gemeindegut der politischen Gemeinde – rechtlich gesehen – in der Landesvollziehung agrargemeinschaftliche Sondergebilde geschaffen wurden. Den Regulierungsurkunden zum Gemeindegut kann nicht (gegen das Gesetz und gegen die Verfassung) eine Bedeutung und jener Inhalt unterlegt werden, dass Aufgabe und Inhalt der Gemeindegutsregulierung gewesen wäre, Gemeindegut nach den Regelungen der Bodenreform rechtlich zu beenden und zu vernichten. Das Gegenteil ist der Fall, das Vorliegen von Gemeindegut war rechtliche Voraussetzung, dass an diesem Gemeindegut die alten öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen und Nutzungsverhältnisse in einem Regulierungsplan der Agrarbehörde festgeschrieben werden konnten, lediglich die Verwaltung und Bewirtschaftung des Gemeindegutes sollte durch Regulierung mehr geordnet und gesichert werden.

Damit ist aber die rechtliche Qualifikation als Gemeindegut keineswegs untergegangen! Dies war den leitenden Beamten der Agrarbehörde und den an solchen Gemeindeguts-Agrargemeinschaften Beteiligten, vorrangig den jeweiligen Gemeinden, natürlich bewusst. Dies ergibt sich im Vergleich der verschiedenen Aktenvorgänge zu Gemeindegutsregulierungen bei der Agrarbehörde. Nur beispielhaft sei darauf hingewiesen, wie etwa im agrarbehördlichen Regulierungsverfahren zu 702 R in einer agrarbehördlichen Verhandlung am 11.11.1958 zur Regulierung des Gemeindegutes, das damals der Agrarbehördenleiter laut Verhandlungsniederschrift Auskunft erteilt hat, dass es in einem bestimmten dort relevanten Fall [sich] nicht um eine Gemeinde-, sondern um eine reine Agrargemeinschafts- bzw. Interessentschaftsalpe handle. Auch von Agrarbehördenseite war man sich also bewusst, dass ein qualifizierter Unterschied zwischen Gemeindeguts-Agrargemeinschaften zu sonstigen typischen (arg. reine Agrargemeinschaften) Agrargemeinschaften besteht.

In diesem Zusammenhang sei noch darauf hingewiesen, dass der VfGH im Flurverfassungsgrundsatzgesetz des Bundes das Gemeindegut, wegen undifferenzierter Einbeziehung im Vergleich zu anderen agrargemeinschaftlichen Grundstücken, dh im Vergleich zu den anderen typischen bodenreformatorischen Agrargemeinschaften, als verfassungswidrig erkannt hat; der VfGH hat das Gemeindegut im FGG in seiner Entscheidung VfSlg. 9336 behoben. Der Bundesgrundsatzgesetzgeber ist bisher nicht neuerlich tätig geworden und um so das Gemeindegut, etwa durch eine Novelle zum FGG, in veränderter Form wieder vom Grundsatz her – also bodenreformatorisch – regulierbar zu machen. Auch daraus leitet sich ab, dass Gemeindeguts-Agrargemeinschaften (ungeachtet der landesgesetzlichen Nov. zum TFLG im Jahr 1984) mehr als landesrechtliche Sondergebilde zu verstehen sind.

Die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme – noch im Gesetzesprüfungsverfahren VfSlg. 9336/1982 wurde durch die Tiroler Landesregierung die Auffassung vertreten, eine Gesetzesprüfung sei nicht notwendig, weil nach der gesetzlichen Bestimmung im TFLG (§ 38 Abs. 1 TFLG) die Feststellung des Eigentums an agrargemeinschaftlichen Grundstücken im Regulierungsverfahren, ohnehin nie eine Eigentumsänderung bewirken könne (vgl. in diesem VfGH-Erkenntnis im RIS, Seite 13, oben 2. Absatz) – erfolgte ohnehin als nudum ius, als nacktes Recht, weil der Regulierungsplan für Gemeindegut regelmäßig nur die damals (allein zulässige!) agrargemeinschaftliche Wald- und Weidenutzung festschrieb. Mehr Recht sollte und wurde auch durch die Zuordnung von Eigentum an die AG als Regulierungsmaßnahme der Agrarbehörde nicht vermittelt (vgl. dazu die rechtliche Abhandlung des Agrarbehördenleiters in der Veröffentlichung Probleme der Regulierung des Gemeindegutes im Tiroler Bauernkalender 1966, Seite 251 ff). Hohe Substanznutzungen sind erst lange nach der Regulierung der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut hervorgekommen. Ausschließlich damit, mit der gemeinschaftlichen Holz- und Weidenutzung, haben sich das Regulierungsverfahren und der Regulierungsplan Mieders befasst!

Diese Tatsache spiegelt sich ebenso in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten wieder, wenn es um die Regulierung von Gemeindegut ging. Die Gemeindegutsregulierungen sind aktenkundig (dies kann in den Gemeindegutsregulierungsakten bei der Agrarbehörde so nachgelesen werden) regelmäßig deshalb erfolgt, weil Nutzungsberechtigte bei der Agrarbehörde Beschwerde führten, dass die jeweilige Gemeinde als Verwalterin des Gemeindegutes mit dem Holz aus dem Gemeindewald, nach Meinung der Beschwerdeführer bei der Agrarbehörde, nicht richtig umgegangen war, sei es dass andere als angeblich Nutzungsberechtigte am Gemeindegut von der Gemeinde Holz bekommen hatten, sei es, dass die Gemeinde selber für sich zuviel Holz entnommen und veräußert hatte, sei es, dass die Gemeinde neu errichtete Objekte in der Gemeinde als berechtigt ansah und dafür Holz abgegeben hatte uam. Es ging also nur um Streitigkeiten bei der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut. Diese Fragen und diese Streitigkeiten wurden durch die Gemeindegutsregulierungen einer Lösung zugeführt. In den Regulierungsverfahren wurden die Nutzungsberechtigten für Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut – in seltenen Fällen auch die Jagdnutzung, weil die Jagd fallweise auch als agrargemeinschaftliche Bewirtschaftung von Feld und Wald gesehen wurde – und der Umfang der Nutzungen und die Ausübungsmodalitäten festgestellt und die Überwachung und Einhaltung der Gemeinschaftsregeln bzw. der Gemeinschaftsbewirtschaftung für Holz und Weide für das Gemeindegut einer Agrargemeinschaft zugeordnet.
Keine Rede ist in den Regulierungsakten davon, dass die Verwendung von Flächen des Gemeindegutes für einen regelmäßigen Grundstücksverkauf als Bauland, für Abschluss von Baurechtsverträgen zur Betriebsansiedlung im Gewerbegebiet, für die Errichtung und Verpachtung gewerblicher Betriebe, für die Verpachtung von Gemeindegutsflächen für Skiabfahrten, wie zur Errichtung von Campingplätzen, Gastronomiebetrieben, Golfplätzen, Tankstellen uam verwendet und damit reguliert hätte werden müssen und somit für diese Zwecke der jeweiligen politischen Gemeinde auch deren Eigentum am Gemeindegut und damit weitere daraus fließende Substanzwerte – als jene für die Holz- und Weidewirtschaft am Gemeindegut – im Regulierungsweg zu entziehen gewesen wäre. Für solche Zwecke das Gemeindegut zu verwenden, dies war natürlich nicht – weder nach Gesetz noch nach dem Inhalt der Regulierungsakten! – Grundlage, also Anlass und Zweck der Gemeindegutsregulierungen bei der Agrarbehörde.

Um heute der Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an Agrargemeinschaften eine andere Deutung als die Zuordnung als nacktes Recht und nur für agrargemeinschaftliche Holz- und Weidenutzung, wie dies der Regulierungsplan ausdrückt, zu geben, würde einerseits der historischen Wahrheit (der damals durch die Behörde formulierten Argumentation, siehe auch die Veröffentlichung Probleme der Regulierung des Gemeindegutes im Tiroler Bauernkalender 1966, Seite 251 ff) in diesen häufig praktizierten Regulierungsmaßnahmen und andererseits jeder verfassungskonformen Auslegung der Gemeindegutsregulierungsurkunden widersprechen. Die Rechtsauffassung, die jeweilige politische Gemeinde habe historisch (als Realgemeinde) aufgrund des Waldzuweisungspatentes vom 06.02.1847 lediglich treuhänderisch Eigentum für Nutzungsberechtigten erworben, diese Rechtsauffassung wurde nicht nur im grundlegenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs VfSlg. 9336/1982 verworfen. Schon viel früher hatte nämlich der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung VwSlg. Nr. 3560/1954, also im Jahre 1954, diese Treuhandtheorie am Gemeindegut als Versuch einer juristischen Konstruktion bezeichnet, die im Gesetz keinerlei Deckung findet.

Zur Zeit der Waldzuweisung im Jahre 1847 hat es die politische Gemeinde schon gegeben. Im Jahr 1811 ist das ABGB in Kraft getreten. Schon nach dem ABGB vom Jahr 1811 ist die Gemeinde in etwa 10 Fällen von rechtlichen Sonderregelungen im ABGB erfasst.

Unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Judikatur und des bestehenden Gesetzes – und vor allem bei Berücksichtigung der Verfassungslage (siehe die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs VfSlg. 9336/1982 und die darin zitierte Vorjudikatur) – kann eine verfassungstreue Auslegung der Regulierungsurkunde für die Agrargemeinschaft Mieders nur dazu führen, dass dieser Regulierungsplan lediglich eine Regulierung der öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung bei der Wald- und Weidenutzung auf dem Gemeindegutsgebiet der Gemeinde Mieders gebracht hat. Eine verfassungskonforme Interpretation von Gesetz und Regulierungsplan kann nach Überzeugung der Agrarbehörde nur dazu führen, dass im Regulierungsplan für das Gemeindegut der Gemeinde Mieders vom 09.01.1963 – über die Holz- und Weidebewirtschaftung hinaus – keinerlei Vermögensauseinandersetzung zwischen der politischen Gemeinde Mieders einerseits und der neu gegründeten Agrargemeinschaft Mieders andererseits erfolgt ist. An dieser Tatsache ändert auch nichts der Umstand, dass im Zuge dieser Regulierung – mit gleichzeitiger Feststellung im Regulierungsplan als Gemeindegut – das Eigentum am Gemeindegut der Agrargemeinschaft Mieders zugeordnet wurde. Der Regulierungsplan Mieders legt ausdrücklich fest, dass sich diese Behördenentscheidung auf die agrargemeinschaftliche Nutzung in Holz und Weide bezieht … Die Zuregulierung des Eigentums am Gemeindegut an die AG Mieders konnte daher nur für diesen, im Regulierungsbescheid festgelegten Zweck erfolgt sein. Dies ist eine wichtige Besonderheit, die in den Regulierungsplänen zum Gemeindegut regelmäßig steckt. Als rechtliche Besonderheit unterscheiden sich Gemeindeguts-Agrargemeinschaftsgebilde eben von üblichen Agrargemeinschaften.“

Soweit die Feststellungen der Kommunalisierer, die der VfGH seinem „Mieders-Erkenntnis 2008“ wörtlich zu Grunde legte.

TEXT VERBERGEN

Kaum zu glauben, aber wahr: Nachdem die Kommunalisierer im Frühsommer 2006 in der Agrarbehörde skrupellose Gesetzesbrecher festgestellt hatten, die den Ortsgemeinden den Grund und Boden wegregulieren wollten, wurde nun das gegenteil davon behauptet:

1. Im Zuge von Regulierungsverfahren über das Gemeindegut der politischen Gemeinden wurden in der Landesvollziehung agrargemeinschaftliche Sondergebilde geschaffen;

2. den Regulierungsurkunden zum Gemeindegut könne nicht gegen das Gesetz und die Verfassung der Inhalt unterlegt werden, dass die Gemeindegutsregulierung Gemeindegut nach den Regelungen der Bodenreform rechtlich zu beenden und zu vernichten beabsichtigte;

3. ausschließlich mit der gemeinschaftlichen Holz- und Weidenutzung habe sich das Regulierungsverfahren befasst;

4. die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme erfolgte als nudum jus;

5. der Regulierungsplan für Gemeindegut habe nur die damals (allein zulässige!) agrargemeinschaftliche Wald- und Weidenutzung festgeschrieben; mehr Recht sollte und konnte durch die Zuordnung von Eigentum an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme nicht vermittelt werden;

6. hohe Substanznutzungen seien erst lange nach der Regulierung der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut hervorgekommen;

7. diese Tatsachen spiegelten sich so in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten wieder, wenn es um die Regulierung von Gemeindegut ging; es ging nur um Streitigkeiten bei der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut und nur diese Fragen wurden einer Lösung zugeführt;

8. dies sei allen an der Regulierung Beteiligten bewusst gewesen.

Und diese Litanei an Falschbehauptungen erhielt plötzlich Relevanz – aus einem Grund: Die Kommunalisierer hatten – neu instruiert von einem unbekannten Starjuristen – die Feststellung des Regulierungsplans von Agrargemeinschaft Mieders, beim Regulierungsgebiet handle es sich um „Gemeindegut“, das im Eigentum der Agrargemeinschaft Mieders steht,  neu interpretiert.

Diese rechtskräftige Feststellung soll angeblich bedeuten, dass angebliche „Substanz der Ortsgemeinde“ im Eigentum der Agrargemeinschaft stehe. Daraus entwickelte der VfGH im so genannten „Mieders-Erkenntnis“ diejenigen Grundsätze, anhand derer die Tiroler Agrarier in der Folge enteignet wurden.

mehr dazu:

Ein falscher Bescheid

 

Guggenberger schreibt das
Märchen vom Gemeindegut

Aus den Verfahren VfSlg 17.779/2006, 8.6.2006 B 619/05 und B 686/05 sowie B 790/05, jeweils vom 21.6.2006, gegen die Agrargemeinschaften Neustift, Mieders sowie Imst Unter- und Oberstadt (mehr dazu), hatten die Komunalisierer wichtige Schlussfolgerungen gezogen: Weil die Eigentumsübertragung im Bescheid „wörtlich ausgesprochen“ worden war, waren die Anträge gescheitert.

Als Knackpunkt war erkannt worden, dass den Regulierungsbescheiden ein neuer Inhalt unterstellt werden musste. Nicht auf Enteignung der Gemeinden durfte der Behördenwille gerichtet sein, sondern „auf den Erhalt und Sicherung von Gemeindegut“!

Wer immer diesen vollkommenen Strategiewechsel  erdacht und den Komunalisierern empfohlen hatte – im Verfassungsgrichtshof hat hat Verfassungsrichter Univ.-Prof. Dr. Karl Spielbüchler auf die Ergebnisse dieses vollkommenen Strategiewechsels gewartet!

Das Guggenberger´sche Märchen vom Tiroler Gemeindegut lautet wie folgt:

1. Im Zuge von Regulierungsverfahren über das Gemeindegut der politischen Gemeinden seinen in der Landesvollziehung agrargemeinschaftliche Sondergebilde geschaffen worden;

2. den Regulierungsurkunden zum Gemeindegut könne nicht gegen das Gesetz und gegen die Verfassung der Inhalt unterlegt werden, dass die Gemeindegutsregulierung Gemeindegut nach den Regelungen der Bodenreform rechtlich zu beenden und zu vernichten beabsichtigt hätte;

3. ausschließlich mit der gemeinschaftlichen Holz- und Weidenutzung hätte sich das Regulierungsverfahren befasst; über die Eigentumsverhältnisse sei nie gesprochen und nie entschieden worden;

4. die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme erfolgte als nudum jus; das „Substanzrecht“ sei der Ortsgemeinde gesichert worden;

5. der Regulierungsplan für Gemeindegut habe nur die damals (allein zulässige!) agrargemeinschaftliche Wald- und Weidenutzung festgeschrieben; mehr Recht sollte und konnte durch die Zuordnung von Eigentum an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme nicht vermittelt werden;

6. hohe Substanznutzungen seien erst lange nach der Regulierung der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut hervorgekommen;

7. diese Tatsachen spiegelten sich so in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten wieder, wenn es um die Regulierung von Gemeindegut ging; es ging nur um Streitigkeiten bei der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut und nur diese Fragen wurden einer Lösung zugeführt;

8. dies sei allen an der Regulierung Beteiligten bewusst gewesen.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen konnte der VfGH das Mieder-Erkenntnis fällen und das agrargemeinschaftliche Eigentum in Tirol zu Fall zu bringen!

WEITERLESEN

I. Gegen Agrargemeinschaft Mieders

1. Am 16. Oktober 2006 bringt die Gemeinde Mieders einen neuen, gänzlich geänderten Antrag gegen Agrargemeinschaft Mieders ein, gerichtet auf Änderung des Regulierungsplans und Zahlung. Ca. 3 ½ Wochen später hat Dr. Josef Guggenberger den 42-seitigen erstinstanzlichen Bescheid ausgefertigt. Aus dem Bescheidinhalt stammen jene Feststellungen, welche – im weiteren Verfahren unbekämpft – dem Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 zugrunde gelegt wurden.

2. Folgendes hatte die Tiroler Landesregierung im erstinstanzlichen Bescheid vom 9. November 2006, AgrB-R741/362-2006) festgestellt:

Ausgehend von den zwei Feststellungen des Regulierungsplans, nämlich a) beim Regulierungsgebiet handle es sich um „Gemeindegut“ und b) dieses „Gemeindegut“ stehe im Eigentum der Agrargemeinschaft, wurde (im Wesentlichen) Folgendes im erstinstanzlichen Bescheid vom 9. November 2006, AgrB-R741/362-2006 der Tiroler Landesregierung behauptet:

a) Das Regulierungsbiet habe vor dem agrarbehördlichen Eingreifen im wahren Eigentum der politischen Ortsgemeinde gestanden;

b) den Regulierungsurkunden zum Gemeindegut könne nicht entgegen dem Gesetz und der Verfassung der Inhalt unterlegt werden, dass die Gemeindegutsregulierung Gemeindegut nach den Regelungen der Bodenreform rechtlich zu beenden und zu vernichten beabsichtigt hätten;

c) ausschließlich mit der gemeinschaftlichen Holz- und Weidenutzung habe sich das Regulierungsverfahren befasst; hohe Substanznutzungen seien erst lange nach der Regulierung der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut hervorgekommen;

d) die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme sei als nudum jus (nacktes Eigentum) erfolgt; („Substanzvorbehalt zu Gunsten der politischen Ortsgemeinde“);

e) der Regulierungsplan für Gemeindegut habe nur die damals (allein zulässige!) agrargemeinschaftliche Wald- und Weidenutzung festgeschrieben; mehr Recht habe durch die Zuordnung von Eigentum an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme nicht vermittelt werden sollen und können;

f) Im Zuge von Regulierungsverfahren über das Gemeindegut der politischen Gemeinden seien in der Landesvollziehung agrargemeinschaftliche Sondergebilde geschaffen worden;

g) diese Tatsachen spiegelten sich so in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten wieder, wenn es um die Regulierung von Gemeindegut ging; es sei nur um Streitigkeiten bei der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut gegangen und nur diese Fragen seien einer Lösung zugeführt worden;

h) dies sei allen an der Regulierung Beteiligten bewusst gewesen.

3. Im erstinstanzlichen Bescheid des Dr. Josef Guggenberger vom 9. November 2006, AgrB-R741/362-2006, wurde somit die These Morschers aufgegriffen, wonach die Agrarbehörde im Ergebnis „Nonsense“ festgestellt hätte, nämlich Eigentum der Ortsgemeinde und Eigentum der Agrargemeinschaft. (Dies ausgehend von der falschen Behauptung, „Gemeindegut“ müsse zwingend ein Eigentum der Ortsgemeinde sein. Zusätzlich wurde ein entsprechender Wille der Agrarbehörde zur Eigentumsspaltung festgestellt – hier „Substanz“, dort „substanzloses Eigentum“.

Die Gemeindefraktion hatte damit ihr Ziel erreicht: Die Eigentumsfeststellung im Agrarbehördenbescheid zur Regulierung der Gemeindegutes von Mieders war plötzlich unklar!

4. Auf der Grundlage dieser – im weiteren Verfahren unbestrittenen erstinstanzlichen Feststellungen – entwickelte der VfGH im Erkenntnis Slg 18.446/2008, dem „Mieders-Erkenntnis“, den Restitutionsanspruch der politischen Ortsgemeinde (= die Enteignung der Agrargemeinschaften) wie folgt:

a) Ungeachtet einer förmlichen Eigentumsübertragung auf die Agrargemeinschaft Mieders, welche unanfechtbar sei, würde am Regulierungsgebiet gemeinsames Eigentum der politischen Ortsgemeinde und der Nutzungsberechtigten bestehen (Seite 15 oben des Originalerkenntnisses); diese Aussage sei jedoch nicht wörtlich zu verstehen, sondern äußere sich dieses gemeinschaftliche Eigentum (im verfassungsrechtlichen Sinn) in den Anteilsrechten der politischen Ortsgemeinde und der nutzungsberechtigten Mitglieder der Agrargemeinschaft (Seite 18 f des Originalerkenntnisses).

b) Die Eigentumsübertragung stelle einen behördlichen Eingriff in das Eigentumsrecht der Ortsgemeinde dar, der gegen das Eigentumsrecht und gegen den Gleichheitssatz verstoßen habe.

c) Aus dem Eingriff in das Eigentumsrecht (unter Verletzung des Gleichheitssatzes) resultiere der Restitutionsanspruch der Ortsgemeinde (als ehemalige Eigentümerin), welcher sich in einem Rechtsanspruch auf Anpassung des Regulierungsplanes äußere.

II. Es war einmal ein Gemeindegut …

Die im Agrarverfahren gegen Agrargemeinschaft Mieders zu AgrB-R741/362-2006 im Bescheid I. Instanz vom 09.11.2006 durch Josef Guggenberger getroffenen falschen Feststellungen, die unbestritten blieben und dem Erk VfSlg 18.446/2008 zu Grunde lagen (wiedergegeben auf den Seiten 4 bis 8 des Originalerkenntnisses), knüpfen bei den Feststellungen des Regulierungsplans an, beim Regulierungsgebiet handle es sich um „Gemeindegut“ und dieses stehe im Eigentum der Agrargemeinschaft.

Ausgehend davon hat Josef Guggenberger folgenden weitere falsche Überlegungen und falsche Feststellungen; die mit einem einzigen Ziel: eine neue Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu provozieren (Interview mit Josef Guggenberger):

1. Im Zuge von Regulierungsverfahren über das Gemeindegut der politischen Gemeinden seinen in der Landesvollziehung agrargemeinschaftliche Sondergebilde geschaffen worden;
2. den Regulierungsurkunden zum Gemeindegut könne nicht gegen das Gesetz und gegen die Verfassung der Inhalt unterlegt werden, dass die Gemeindegutsregulierung Gemeindegut nach den Regelungen der Bodenreform rechtlich zu beenden und zu vernichten beabsichtigt hätte;
3. ausschließlich mit der gemeinschaftlichen Holz- und Weidenutzung hätte sich das Regulierungsverfahren befasst; über die Eigentumsverhältnisse sei nie gesprochen und nie entschieden worden;
4. die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme erfolgte als nudum jus; das „Substanzrecht“ sei der Ortsgemeinde gesichert worden;
5. der Regulierungsplan für Gemeindegut habe nur die damals (allein zulässige!) agrargemeinschaftliche Wald- und Weidenutzung festgeschrieben; mehr Recht sollte und konnte durch die Zuordnung von Eigentum an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme nicht vermittelt werden;
6. hohe Substanznutzungen seien erst lange nach der Regulierung der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut hervorgekommen;
7. diese Tatsachen spiegelten sich so in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten wieder, wenn es um die Regulierung von Gemeindegut ging; es ging nur um Streitigkeiten bei der Holz- und Weidenutzung am Gemeindegut und nur diese Fragen wurden einer Lösung zugeführt;
8. dies sei allen an der Regulierung Beteiligten bewusst gewesen.

Auf Grundlage dieser Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid vom 9. November 2006 durch Josef Guggenberger – die im aufhebenden Erkenntnis des Landesagrarsenates als Berufungsbehörde nicht weiter hinterfragt wurden – hatte der VfGH im Erk Slg 18.446/2008 davon auszugehen, dass in dem zu beurteilenden Fall (Regulierung des Gemeindegutes von Mieders), die Agrarbehörde – trotz förmlicher Eigentumsübertragung – kein Eigentum im zivilrechtlichen Sinn übertragen wollte, sondern nur das „nudum jus“ und dass die ursprünglichen Rechtsverhältnisse, insbesondere die Qualifikation „Gemeindegut“ (als wahres Eigentum der politischen Ortsgemeinde), durch den Regulierungsbescheid gerade aufrecht erhalten werden sollte. Trotzdem verwies der Gerichtshof auf die Unanfechtbarkeit der Eigentumsübertragung und definierte (enge) Voraussetzungen für einen Anpassungsanspruch der Anteilsrechte im Wege einer unter solchen Umständen gerechtfertigten „Quasi-Fortsetzung“ des Regulierungsverfahrens wegen nunmehr erforderlicher Berücksichtigung der Substanz des Eigentumsrechts.

Im fortzusetzenden Verfahren könnte sich allerdings auch herausstellen, dass die Prämissen des erstinstanzlichen Bescheides vom 9. November 2006 und die getroffenen Feststellungen zur historischen Absicht der Agrarbehörde nicht zutreffend sind, nachdem zwischenzeitlich das Amt der Tiroler Landesregierung im Bescheid vom 2. November 2009 AgrB-R451/286-2009 (Seite 62 des Originalbescheides) festgestellt hatte, dass der Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 09.11.2006, AgrB-R741/362-2006, „im Begründungsteil, wie er auch im Erkenntnis des VfGH vom 11.06.2008 wiedergegeben ist, einen unrichtigen Kern“ aufweise.“

Begründend führt der Bescheid aus, dass die Regulierungsergebnisse zum Gemeindegut Trins zeigen würden, dass die im Bescheid vom 09.11.2006 erhobenen Prämissen, es sei bei Gemeindegutsregulierungen (insgesamt und überall) nur um die Regelung der Holz- und Weidenutzung gegangen und weiters, dass sich diese „Tatsache“ in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten spiegle (vgl. Zitat „dies kann in den Gemeindegutsregulierungsakten so nachgelesen werden“) nicht zutreffend seien. „Das 1961 eingeleitete und 1972 abgeschlossene Regulierungsverfahren wurde im Weiteren in einer Art und Weise geführt, dass zwischen der Realgemeinde/Agrargemeinschaft Trins und der politischen Gemeinde Trins eine Vermögensauseinandersetzung über die Substanz selbst geführt wurde, welche dadurch geprägt war, dass sie einvernehmlich (Vereinbarungen und Parteienübereinkommen) erfolgt ist und im Ergebnis als ´jetzige Teilung´ in einer formell und materiell rechtskräftigen Form von der Agrarbehörde beschieden wurde. Das Substanzielle dieser Vermögensauseinandersetzung bestand zum einen in der Vereinbarung des Anteilsrechtes für die politische Gemeinde Trins an der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft Trins, zum anderen, indem Flächen (Grundstücke) aus der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft EZl. 65 KG Trins ausgeschieden und als Gemeindevermögen (in EZ 416 GB Trins) festgestellt wurden. Diese differenzierte Vorgangsweise in Bezug auf die Stellung der Gemeinde im Regulierungsverfahren kann – zwar nicht formell – im Ergebnis als Art einer Einzelteilung für die Gemeinde (§ 42 Abs. 3 lit. c TFLG) angesehen werden.“

In der Tat scheinen die Sachverhaltsgrundlagen für das Erk VfSlg 18.446/2008 im Vergleich zu anderen Regulierungsverfahren geradezu untypisch. So wurde beispielsweise im Zuge der Regulierung des „Gemeindegutes“ von Breitenwang im Rahmen des Bescheides III b 1 – 506/14 vom 18. Juli 1857 im Detail über das Eigentum an den historischen „Gemeindeliegenschaften“ entschieden. Der politischen Ortsgemeinde wurden in Summe 52 Grundstücke als unbelastetes „Gemeindevermögen“ zugewiesen, darunter 2 Kapellen, 3 Spritzenhäuser, 1 Armenhaus, 1 Krankenbaracke, 1 Gemeindehaus, 2 Transformatorenhäuser, 1 Pumpwerk, 1 Pumpenwärterhaus, 1 Schleusenwärterhaus, 1 Ruine, 2 Wohnhäuser, 1 Garage, 1 Heustadl, diverse Weide-, Wald- und Wegparzellen. Das übrige Regulierungsgebiet wurde als „Gemeindegut“ festgestellt. Der Regulierungsplan III b 1 – 572/59 vom 2.4.1963 knüpft bei dieser Unterscheidung an und verfügt hinsichtlich der als Gemeindevermögen „festgestellten“ Grundstücke die Abschreibung von den jeweiligen Grundbuchskörpern und Zuschreibung zu der hierfür neu zu eröffnenden Grundbuchseinlagezahl im Eigentum der politischen Ortsgemeinde Breitenwang.

Nur hinsichtlich des verbleibenden Regulierungsgebietes (des „Gemeindeguts“) wurde das Eigentumsrecht für Agrargemeinschaft Breitenwang festgestellt. Alles spricht deshalb dafür, dass die den Bescheid vom 09.11.2006, AgrB-R741/362-2006 (Sachverhalt, zu welchem das Erk Slg 18.446/2008 ergangen ist) verantwortende Behörde, wie bereits vom Amt der Tiroler Landesregierung im Bescheid vom 2. November 2009 AgrB-R451/286-2009 „festgestellt“, zu unrichtigen Feststellungen hinsichtlich des historischen Bescheidinhalts gelangte. Dies deshalb, weil der durch das Erk VfSlg 9336/1982 geprägte „eindimensionale Gemeindegutsbegriff“ unkritisch auf die Vergangenheit projiziert und das historische Verständnis der Tiroler Agrarjuristen vom Begriff „Gemeindegut“ fälschlicher Weise vernachlässigt wurde – ausführlich dazu: Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH.

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TEXT VERBERGEN

MP

Ein falscher Bescheid

 

Gesetzlicher Auftrag der Agrarbehörden

Anders als im Guggenberger´schen Bescheid gegen Agrargemeinschaft Mieders festgestellt, hatte die Agrarbehörde den gesetzlichen Auftrag, in jedem Regulierungsfall zu prüfen und zu entscheiden, wessen Eigentum ein agrargemeinschsaftliches Grundstück ist.

Die Bemühungen der  „Kommunalisierer“, das Eigentum der Tiroler Agrarier mit dem Vorwurf zu Fall zu bringen, dass einer Bande von „skrupellosen Gesetzesbrechern den Erfolg ihrer verwerflichen Bemühungen“ gesichert würde (gemeint war das Alt-Landeshauptmann und seine mafiöse Agrarjuristen), war kläglich an der fundamentalen Kraft rechtskräftiger Bescheide gescheitert. (mehr dazu)

Die Erfindung der „Kommunalisierer“ von der Bande von srupellosen Gesetzesbrechern, die die Gemeinden enteignet hätten, hatte sich als Irrweg herausgestellt.  Skrupellose Gesetzesbrecher, die den politischen Ortsgemeiden das Eigentum entziehen wollen, entscheiden in einer der Rechtskraft fähigen Art und Weise per Bescheid über den wahren Eigentümer. Erwachsen solche Bescheide in Rechtskraft gilt Rechtskraft.

Um die Rechtskraft der historischen Regulierungen auszuhebeln, hatten die Komunalisierer neuen Imput erhalten:  Irgendein Spitzenjurist hatte die Kommunalsierer veranlasst, die Tiroler Gemeindegutsregulierungen  völlig neu darzustellen: Die Agrarbehörde sollte als Bewahrer des Gemeimndguts hingestellt werden; die Agrarbehörde sollte als eine Behörde hingestellt werden, die niemals über strittige Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut entscheiden wollte; die Agrarbehörde sollte als eine Behörde hingestellt werden, die immer nur über die Nutzungsrechte der Bauern entscheiden wollte, während die Substanz (= Gemeindegut)  unberührt der Gemeinde erhalten werden sollte. (mehr dazu)

Dieses vollkommen neu erfundene „Märchen vom Gemeindegut“ hat Guggenberger in seinem Bescheid gegen Agrargemeinschaft Mieders vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 niedergeschrieben. Die Agrargemeinschaft Mieders hat die Sprengkraft des Sachverhalts nicht erkannt; der Landesagrarsenat unter der Leitung von HR Dr. Hubert Sponring hat diesen Sachverhalt unbeanstandet als Verfahrensergebnis passieren lassen. Der VfGH konnte so – ausgehend vom falschen „Sachverhalt Guggenberger“, den Gemeindeguts-Irrtum (= das Mieders-Erkenntnis 2008) in die Welt setzen. Die Tatsache, dass  der Landesagrarsenat nachträglich den „Sachverhalt Guggenberger“ als Fantasieprodukt aufgedeckt hat (mehr dazu), wollte die Politik nicht wahrhaben, weil die Enteignung der Agrarier in Tirol politisch gewollt war!

Das Beispiel des Erkenntnisses des Landesagrarsenates vom 5.8.1969 LAS-104/17 (Gemeindegut Trins, Regulierung) unter dem Vorsitz des späteren Richters am Verfassungsgerichtshof, Dr. Andreas Saxer, entlarvt das Guggenberger´sche Märchen vom Gemeindegut schonungslos.  Der Landesagrarsenat macht in diesem erkenntnis deutlich, dass es die gesetzliche Aufgabe der Agrarbehörde war, im Zuge einer jeden Regulierung zu beurteilen und zu entscheiden, wer Eigentümer eines Gemeindegutes war und wer nicht.

LAS Tirol vom 5.8.1969 LAS-104/17 (Gemeindegut Trins, Regulierung) unter dem Vorsitz des späteren Richters am Verfassungsgerichtshof, Dr. Andreas Saxer:

„Das zweite Hauptstück des FLG enthält unter der Überschrift `Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken´, einleitende Bestimmungen, die im Zuge aller nach diesem Hauptstück durchzuführenden Bodenreformmaßnahmen anzuwenden sind. In § 75 FLG, der den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens bei der Regulierung beschreibt, ist zwar die Feststellung des Eigentumsrechts zugunsten einer Agrargemeinschaft nicht angeführt; es ergibt sich aber aus den erwähnten einleitenden Normen des 2. Hauptstückes (§ 36 Abs. 2 lit. d und § 38 Abs. 1 und 7 FLG) die Aufgabe, im Zuge des Verfahrens festzustellen, welche Grundparzellen Gemeindegut und damit agrargemeinschaftliche Liegenschaften sind, und wem sie gehören, insbesondere ob das Eigentum den Nutzungsberechtigten als Miteigentümern oder einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft zusteht.“

LAS Tirol vom 5.8.1969 LAS-104/17: „Da die Nutzung des Gemeindegutes rechtshistorisch gesehen aus der gemeinschaftlichen Allmendnutzung hervorgegangen ist, ist die Form des Miteigentums ausgeschlossen und das Eigentum der Rechtsnachfolgerin der auf Gewohnheitsrecht beruhenden Realgemeinde, nämlich der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft, einzuräumen.“

Der dem Erkenntnis Slg 18.446/2008 zugrunde liegende Sachverhalt (wiedergegeben auf den Seiten 4 – 8 des Originalerkenntnisses) geht davon aus, dass es gerade nicht Absicht der historischen Agrarbehörde gewesen wäre, wahres Eigentum der politischen Ortsgemeinde „zu vernichten“ und wirkliches Eigentum zugunsten der Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten, organisiert als körperschaftlich eingerichtete Agrargemeinschaft, „festzustellen“. Diese Absicht der historischen Agrarbehörde habe sich in der bescheidmäßigen Feststellung von „Gemeindegut“ manifestiert. ) Die historische Agrarbehörde hätte die Absicht gehabt, ausschließlich Holz- und Weidenutzung zu regulieren und das Eigentumsrecht als nacktes Recht, als nudum jus, zuzuweisen. Ungeachtet der uno actu vollzogenen, rechtskräftig gewordenen Eigentumsübertragung, gewährleiste eine solche Behördenabsicht – manifestiert in der bescheidmäßigen Deklaration des Regulierungsgebietes als „Gemeindegut“ – den Rechtsanspruch der Ortsgemeinde (als dasjenige Mitglied der Agrargemeinschaft, welches das Eigentum ursprünglich beigesteuert hätte) auf Anpassung der Regulierungsakte wegen geänderter Verhältnisse.

Tatsächlich hatte die Agrarbehörde die Eigentumsverhältnisse zu prüfen unddarüber zu entscheiden!  S § 34 Abs 4 FlVerfGG 1951 und § 35 Abs 1 FlVerfGG 1951; zur Ermittlungspflicht betreffend die Eigentumsverhältnisse am „Operationsgebiet“: s § 31 FlVerfGG 1951; vgl § 10 Abs 3 FlVerfGG 1951. Übereinstimmend verpflichten die Landesausführungsgesetze zum Flurverfassungs-Grundsatzgesetz die Agrarbehörden, über die Eigentumsverhältnisse am Operationsgebiet zu entscheiden: vgl §§ 38 Abs 1 NÖ FLG 1934; 38 Abs 1 Tiroler FLG 1935, 37 Vlbg FLG 1951.

Pernthaler/Oberhofer, Die Agrargemeinschaften und die „agrarische Operation“, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (2011) 429ff [444ff]:  „[…] die Bestimmungen der §§ 33 – 40 TFLG 1996, des Allgemeinen Teiles, enthalten „einleitende Bestimmungen“, „die im Zuge aller nach diesem Hauptstück durchzuführenden Bodenreformmaßnahmen anzuwenden sind.“ [LAS Tirol vom 5.8.1969 LAS-104/17 (Gemeindegut Trins, Regulierung)]. Als Grundlage des Regulierungsverfahrens hat die Agrarbehörde die agrargemeinschaftlichen Liegenschaften festzustellen (§ 38 Abs 1 erster Tatbestand TFLG 1996). Spätestens im Zuge der Entscheidung über den Regulierungsplan hat die Agrarbehörde auch über die Eigentumsverhältnisse am Regulierungsgebiet zu entscheiden (§§ 65 Abs 2 lit b iVm 38 Abs 1 zweiter Tatbestand TFLG 1996). Im Fall eines Teilungsverfahrens – sei es Hauptteilung oder Einzelteilung – gilt grundsätzlich nichts anderes: Die Agrarbehörde hat die Aufgabe, im Zuge des Verfahrens festzustellen, wem die agrargemeinschaftliche Liegenschaften gehören (§ 38 Abs 1 zweiter Tatbestand TFLG 1996). Diese Entscheidungspflicht der Agrarbehörde über die wahren Eigentumsverhältnisse darf keinesfalls als Ermächtigung zur Eigentumsübertragung missverstanden werden. Gerade für ein Teilungsverfahren gem §§ 44 ff bzw §§ 50 ff TFLG 1996 ist nach der allgemeinen Gesetzessystematik und schon als Ergebnis einer Interpretation des Begriffes „Teilung“ nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch vorauszusetzen, dass das zu Teilende „gemeinschaftlich“ ist. Eine Behördenentscheidung auf „Teilung“ setzt die Vorfragenbeurteilung über die Eigentumsverhältnisse zwingend in dem Sinn voraus, dass die Parteien überhaupt gemeinschaftlich verfügungsberechtigt sind.“

„Diese Kompetenz der Agrarbehörde, alle Rechtsverhältnisse am Regulierungsgebiet durch Feststellungsentscheidung einer rechtlichen Klarstellung zu unterziehen, ist keinesfalls eine Innovation des Grundsatzgesetzgebers des Jahres 1932. Vielmehr entsprach eine solche Vorgehensweise der Agrarbehörden voll und ganz dem zentrale Anliegen des Reichsgesetzesgebers 1883. Auf der Grundlage des TRRG 1883 sollten in den Kronländern Behörden eingerichtet werden, welche insbesondere strittige Eigentums- und Besitzverhältnisse an den unter der Bezeichnung „Gemeindehutweiden“ und „Gemeindewaldungen“ existierenden Gemeinschaftsliegenschaften klären sollten (Bericht des Commassionsausschusses, 582 der Beilagen zu den sten Prot des Abgeordnetenhauses IX. Session, 12). Bezeichnend ist der Hinweis im Bericht des Commassionsausschusses, dass zwar in praktisch allen Gemeindeordnungen die Bestimmung enthalten sei, dass die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigentums- und Nutzungsrechte ganzer Klassen oder einzelner Glieder der Gemeinde ungeändert zu bleiben hätten (§§ 11 bzw 12 der Ausführungsgesetze zum RGG 1862). Allein mit diesem Satze würden die Streitfragen nach Meinung der Ausschussmitglieder überhaupt nicht gelöst, noch weniger würde das Verhältnis der Genossenschaft zur Gemeinde richtig gestellt. (Bericht des Commassionsausschusses, 582 der Beilagen zu den sten Prot des Abgeordnetenhauses IX. Session, 12). Auch die weiteren Bestimmungen der Gemeindeordnung, dass in Bezug auf die Teilnahme an den Erträgnissen und Nutzungen des Gemeindeeigentums und auf das Maß derselben „sich nach der bisherigen Übung zu benehmen“ sei, wären nicht geeignet, in die „bekanntlich äußerst verworrenen Eigentums- und Nutzungsverhältnisse Klarheit und Ordnung zu bringen, noch weniger aber geeignet, eine rationelle Verwaltung und die möglichst größte Rentabilität herbeizuführen“. (Bericht des Commassionsausschusses, 582 der Beilagen zu den sten Prot des Abgeordnetenhauses IX. Session, 12) Deshalb wurde eine eigenständige gesetzliche Grundlage zur Klärung und Ordnung der Rechtsverhältnisse an Gemeinschaftsliegenschaften für nötig erachtet.“

Zusammenfassung: Die Agrarbehörden waren verpflichtet, über das Eigentumsrecht in jedem einzelnen Regulierungsfall zu entscheiden. Das Beispiel des Erkenntnisses des Landesagrarsenates vom 5.8.1969 LAS-104/17 (Gemeindegut Trins, Regulierung) unter dem Vorsitz des späteren Richters am Verfassungsgerichtshof, Dr. Andreas Saxer,mach deutlich, dass die Agrarbehörde das gesetzt tatsächlich in dciesem Sinn verstanden hat und dass in diesem Sinn auch tatsächlich entschieden wurde.

 

Guggenberger: Ein falscher Bescheid

Abstract:

Es ist offensichtlich, dass das Mieders-Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes 2008 nur möglich war, weil im Agrarbehördenbescheid vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 unrichtige Feststellungen zum Inhalt und zum Gegenstand der historischen Regulierungsverfahren getroffen wurden.  (siehe dazu „Gegen Agrargemeinschaft Mieders„)

Im Fernsehinterview erklärt der Bescheidverfasser ganz unverholen, was die Absicht war, die er mit dem Bescheid vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 verfolgt hätte:  Er hätte im Auftrag des Landeshauptmannes von Tirol einen Bescheid verfassen sollen, mit welchem ein neues Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes „provoziert“ werden sollte.

Diese, das Mieders-Erk des Verfassungsgerrichtshofes „provozierenden“, erstinstanzlichen „Feststellungen“ im Agrarbehörden-Bescheid der Tiroler Agrarbehörde vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 sind schlich falsch.

In diesem Bescheid wurde ein neuer, historischer Behördenwillen erfunden. Entgegen dem Wortlaut der „alten Bescheide“ und entgegen dem Gesetz, wonach über den wahren Eigentümer zu entscheiden war, soll die Agrarbehörde etwas anderes getan haben: Die Behörde soll im Regulierungsverfahren entschieden haben, das Gemeindegut als solches zu erhalten!

Über die Eigentumsverhältnisse hätte die Behörde dagegen gar nie entscheiden wollen. Jeder Gedanke daran sei absurd, weil ein Gemeindegut zwingend ein Eigentum der Ortsgemeinde sei. Es sei in den Regulierungsverfahren deshalb gar nie um die Eigentumsfrage gegangen, sondern immer nur  um das (landwirtschaftliche) Nutzungsrecht.

Somit hätte die Agrarbehörde im Regulierungsverfahren ein „Gemeindegut“ im Sinn von einem Eigentum der Ortsgemeinde erhalten wollen. In der Agrargemeinschaft sei ein Eigentum der Ortsgemeinde „konserviert“ worden. Der Bescheidwortlaut, wonach ein Eigentum der Agrargemeinschaft festgestellt worden ist, wurde so umgedeutet in eine Feststellung von Gemeindeeigentum.  

Diese Absicht sei bei allen Regulierungen von „Gemeindegut“ umgesetzt worden.  Und diese Absicht der Agrarbehörde lasse sich bei allen derartigen Regulierungen nachweisen.  Und diese Absicht der Agrarbehörde sei allen Beteiligten bekannt gewesen.

Un die Konsequenz daraus: Die Agrargemeinschaften wurden unvermutet als Sondergebilde in der Landesverwaltung hingestellt, deren Zweck es sei, Gemeindeeigentum zu verwalten.


Für Agrargemeinschaft Mieders bedeutete das Folgendes:

Der historische Zweck des Regulierungsplans für Agrargemeinschaft Mieders aus dem Jahr 1963 sei es gewesen, Gemeindeeigentum für die Zukunft konservieren („festzustellen“) und daran zu Gunsten der Agrargemeinschaft (nur) ein „nacktes Recht“ zu begründen.

Im Übrigen sei im Regulierungsverfahren nur geregelt worden, welche Nutzungsrechte die Agrargemeinschaftsmitglieder hätten.

Kurz: Die Agrargemeinschaft sollte nur eine spezielle Organisationsform für Gemeindeeigentum sein, was alle Beteiligten gewusst hätten und was von allen Beteiligten so gewollt war.

 

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BESCHEIDINHALT IN´S GEGENTEIL VERKEHRT

Der Mieders-Bescheid vom 09.11.2006 des Amtes der Tiroler Landesregierung, entfaltet seine enteignungswirksame Kraft dadurch, dass Agrarbehördenentscheidungen, die auf eine rechtskräftige Feststellung des Eigentums einer Agrargemeinschaft abzielten, in das Gegenteil verkehrt wurden:

a) Es liege ein rechtkräftig festgestelltes „Gemeindegut“ (= nunmehr Eigentum der Ortsgemeinde) vor, das seine „Eigenschaften als Gemeindegut“ behalten sollte. Die gleichzeitige Feststellung eines Eigentums der Agrargemeinschaft sei nur als eine organisatorische Maßnahme zu verstehen. Gemeindeeigentum sollte als Agrargemeinschaft organisiert werden.

b) Verfassungskonform interpretiert würde sich ein „atypisches Gemeindegut“ ergeben: Substanz der Ortsgemeinde, ein inhaltsleeres Recht der Agrargemeinschaft und Nutzungsrechte der Agrargemeinschaftsmitglieder, die inhaltlich auf einen historischen Hof- und Gutsbedarf beschränkt seien.

c) Immer, wenn ein „Gemeindegut“ reguliert wurde, hätte die Tiroler Agrarbehörde so entschieden: Es sei „atypisches Gemeindegut“ geschaffen worden;  „Substanz der Ortsgemeinde“ und „nacktes Recht der Agrargemeinschaft“. 

d) Die Agrargemeinschaft sollte organisatorische Hülle sein für eine wahres Eigentum der Ortsgemeinde.


ALS FALSCH ERKANNT

In einem Bescheid der Tiroler Agrarbehörde vom 02.11.2009 wurden diese Behauptungen anhand des Beispielfalls der Regulierung des Gemeindeguts Trins auf die Probe gestellt. Die Agrarbehörde kam zum Ergebnis, dass wesentliche Prämissen des Mieders-Bescheides vom 09.11.2006, welche dem Erk VfSlg 18.446/2008 zu Grunde gelegt worden waren, nicht zutreffend sind (Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 02.11.2009, AgrB-R451/286).

Bereits der Landesagrarsenat als Berufungsbehörde hatte im Bescheid LAS-889/28-06 vom 16.10.2008 schwere Mängel am Mieders-Bescheid vom 09.11.2006 beanstandet:

„Gemäß § 56 AVG hat der Erlassung eines Bescheides, […] die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, soweit er nicht von vorn herein klar gegeben ist, nach den §§ 37 und 39 voranzugehen. Gemäß § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Diese elementaren Verfahrensgrundsätze wurden bei Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 09.11.2006 gröblich missachtet. Dem Bescheid vom 09.11.2006 ging kein geeignetes Ermittlungsverfahren voraus, weder zur Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes, noch im Hinblick auf das Gebot des rechtlichen Gehörs der Parteien.“

Es scheint, als hätte sich die Sachverhaltsgrundlage des Bescheides vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 in Behauptungen erschöpft, welche gerade nicht auf einem Ermittlungsverfahren und Parteiengehör, sondern auf einer Idee gegründet waren, nämlich der Idee, dass „Gemeindegut“ notwendiger Weise Eigentum einer Ortsgemeinde sein müsse. Die offenkundige Verpflichtung der Agrarbehörde, von Fall zu Fall zu prüfen, wessen Eigentum das jeweilige Gemeindegut tatsächlich sei, wurde erst gar nicht in Betracht gezogen.

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EIN BEAMTER SCHAFFT NEUE TATSACHEN

Das so genannte „Mieders-Erkenntnis“ des Verfassungsgerichtshofes, VfSlg 18.446/2008, beruht auf schwerwiegenden, unrichtigen Sachverhaltsfeststellungen im erstinstanzlichen Bescheid der Tiroler Agrarbehörde vom 9.11.2006, AgrB-R741/362-2006, welche vom VfGH dem Mieders-Erk zu Grunde gelegt werden mussten. Diese Feststellungen wurden nämlich im Verfahren seitens Agrargemeinschaft Mieders – wegen fehlender Kenntnis über die Unrichtigkeit – nicht bestritten wurden. Es handelt sich dabei um ein Sammelsurium unrichtiger Behauptungen, allesamt erfunden, um eine Änderung des Regulierungsplanes gegen Agrargemeinschaft Mieders  zu rechtfertigen. Das Tiroler Flurverfassungsrecht und die Geschichte der Tiroler Agrargemeinschaften wurde in der Sache auf den Kopf gestellt. Verantwortlicher Jurist, der diesen unrichtigen Bescheid erstellt hat, ist Dr. Josef Guggenberger, damals Leiter der Tiroler Agrarbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung.

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Drei „Guggenberger´sche Erfindungen“ zum „Gemeindegut“

1. Erfindung:  „Den Regulierungsurkunden zum Gemeindegut kann nicht (gegen das Gesetz und gegen die Verfassung) eine Bedeutung und jener Inhalt unterlegt werden, dass Aufgabe und Inhalt der Gemeindegutsregulierung gewesen wäre, Gemeindegut nach den Regelungen der Bodenreform rechtlich zu beenden und zu vernichten.“

2. Erfindung: „Die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme … erfolgte ohnehin als nudum jus, als nacktes Recht, weil der Regulierungsplan für Gemeindegut regelmäßig nur die damals (allein zulässige!) agrargemeinschaftliche Wald- und Weidenutzung festschrieb. Mehr Recht sollte und wurde auch durch die Zuordnung von Eigentum an die AG als Regulierungsmaßnahme der Agrarbehörde nicht vermittelt.“

3. Erfindung:  „Dies [gemeint: die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als nudum jus, als nacktes Recht] war den leitenden Beamten der Agrarbehörde und den an solchen Gemeindeguts-Agrargemeinschaften Beteiligten, vorrangig den jeweiligen Gemeinden, natürlich bewusst.“

Diese als Sachverhalt und „festgestellter historischer Behördenwillen“ und „festgestellter historischer Wille der übrigen Beteiligten“ Erfindungen bilden das Fundament des Erk Slg 18.446/2008. Diese drei „Kern-Thesen“ des Dr. Josef Guggenberger, auf denen das Mieders-Erk VfSlg 18.446/2008 vom 30.06.2008 gründet, sind FALSCH.

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Dies erste Erfindung: „Gemeindegut“ bleibt erhalten?

Die erste These des Dr. Josef Guggenberger lautet: „Den Regulierungsurkunden zum Gemeindegut kann nicht (gegen das Gesetz und gegen die Verfassung) eine Bedeutung und jener Inhalt unterlegt werden, dass Aufgabe und Inhalt der Gemeindegutsregulierung gewesen wäre, Gemeindegut nach den Regelungen der Bodenreform rechtlich zu beenden und zu vernichten.“

Diese „Feststellung“ geht von völlig falschen Prämissen aus: Die historische Agrarbehörde musste – entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag seit in Krafttreten des Flurverfassungsgesetzes in Tirol (TFLG 1935) – im Zuge eines jeden Verfahrens zur Regulierung der Benützungs- und Verwaltungsrechte die Eigentumsverhältnisse am Regulierungsgebiet zwingend abklären und darüber bescheidmäßig absprechen. „Die Agrarbehörde hat im Sinn der Rechtssicherheit klare Verhältnisse zu schaffen, also erforderlichenfalls rechtsgestaltend `festzustellen´. Wenn die Agrarbehörde das Eigentum eines Rechtsträgers `feststellt´ und wenn diese Feststellung unangefochten bleibt, dann ist dieser Rechtsträger Eigentümer im Rechtssinn.

Nicht anders hat die Agrarbehörde ihren Auftrag betreffend „Feststellung der Eigentumsverhältnisse“ verstanden. Dies zeigt unter anderem ein Bescheid des Tiroler Landesagrarsenates aus dem Jahr 1969 (Regulierung des „Gemeindegutes Trins“) unter dem Vorsitz des späteren Verfassungsrichters Dr. Andreas Saxer:

„Das zweite Hauptstück des FLG enthält unter der Überschrift „Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken“, einleitende Bestimmungen, die im Zuge aller nach diesem Hauptstück durchzuführenden Bodenreformmaßnahmen anzuwenden sind. In § 75 FLG, der den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens bei der Regulierung beschreibt, ist zwar die Feststellung des Eigentumsrechts zugunsten einer Agrargemeinschaft nicht angeführt; es ergibt sich aber aus den erwähnten einleitenden Normen des 2. Hauptstückes (§ 36 Abs. 2 lit. d und § 38 Abs. 1 und 7 FLG) die Aufgabe, im Zuge des Verfahrens festzustellen, welche Grundparzellen Gemeindegut und damit agrargemeinschaftliche Liegenschaften sind, und wem sie gehören, insbesondere ob das Eigentum den Nutzungsberechtigten als Miteigentümern oder einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft zusteht.“

Diese Klärung der Eigentumsverhältnisse durch die Agrarbehörde – entsprechend dem ausdrücklichen gesetzlichen Auftrag – ist so zu verstehen, dass dann, wenn das Eigentumsrecht zugunsten der Agrargemeinschaft festgestellt wurde, darunter die noch nicht regulierte Agrargemeinschaft zu verstehen war. Die Agrarbehörde hat dementsprechend nicht das Eigentum auf irgendjemanden übertragen, sondern die Agrarbehörde hat entschieden, wer Eigentümer war.

Mit der körperschaftlichen Einrichtung der Agrargemeinschaft wurde das Vermögen in der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft umgegründet. Diese Umgründung (Raschauer) war erforderlich, weil den unregulierten Agrargemeinden kein gesetzlich anerkanntes verbandsrechtliches Organisationsmodell entsprochen hat bzw entspricht. Die historische Agrarbehörde hatte dementsprechend in keinem Fall die Absicht, Eigentum von der politischen Ortsgemeinde auf die körperschaftlich eingerichtete Agrargemeinschaft zu übertragen, sondern die historische Agrarbehörde hat – entsprechend dem gesetzlichen Auftrag – die Eigentumsverhältnisse geklärt, d.h. in einer der Rechtskraft fähigen Art und Weise darüber abgesprochen, wer Eigentümer des Regulierungsgebietes ist. Dies entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung und im Rahmen der gesetzlichen Behördenkompetenz. Pernthaler spricht von einer distinktiven Entscheidungskompetenz, mit der Konsequenz, dass derjenige Rechtsträger, zu dessen Gunsten diese Entscheidung ausfällt, in der Folge der zivilrechtliche Eigentümer ist. Der Adressat der Eigentumsfeststellung ist Eigentümer im Rechtssinn.

Zusammenfassung:

Die Eigentumsfestsstellung zu Gunsten der Agrargemeinschaft bedeutete somit in Wahrheit, dass die Behörde eben nicht die heutige Ortsgemeinde, sondern die historische Agrargemeinde gleichen Namens als Eigentümerin identifiziert hatte. Zu klären, wer der wahre Eigentümer von agrarisch genutzten Liegenschaften war (und ist) – genau das war die Aufgabe der Agrarbehörde; genau zu diesem Zweck wurden die Agrarbehörden 1883 geschaffen.

Wegen der politischen Brisanz der Entscheidungen sollte diese endgültige Klärung der Rechtsverhältnisse nicht durch die Zivilgerichte erfolgen, sondern durch eine politische Behörden, damit die neuen Ortsgemeinden nicht durch Alles-oder-Nichts-Entscheidungen unter die Räder kämen. (Die Zivilgerichte hatten in Böhmen in „Serienentscheidungen“ aus dem Titel der Ersitzung das Eigentumsrecht an den Gemeinschaftsgründen ausnahmslos den Agrargemeinden = Gesellschaften der alten Grundbesitzer zugesprochen). Selbstverständlich sollte „Gemeindegut“ nicht vernichtet werden (wie Dr. Josef Guggenberger formuliert) – hat doch die historische Agrarbehörde unter „Gemeindegut“ wahres Eigentum der nicht regulierten Agrargemeinschaft verstanden.

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Die zweite Erfindung: Nudum jus für die Agrargemeinschaft, Eigentum für die Ortsgemeinde?

Die zweite These des Dr. Josef Guggenberger lautet: „Die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme … erfolgte ohnehin als nudum jus, als nacktes Recht weil der Regulierungsplan für Gemeindegut regelmäßig nur die damals (allein zulässige!) agrargemeinschaftliche Wald- und Weidenutzung festschrieb. Mehr Recht sollte und wurde auch durch die Zuordnung von Eigentum an die AG als Regulierungsmaßnahme der Agrarbehörde nicht vermittelt.“

a) Jeder Satz dieser Kernaussagen der Feststellungen des Dr. Josef Guggenberger ist FALSCH Es handelt sich um den von Dr. Karl Nöbl herausgearbeiteten „unrichtigen Kern“ des Bescheides vom 9.11.2006:

„Rücksichtlich dieser Sach- und Rechtslage muss erkannt werden, dass der Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 09.11.2006, AgrB-R741/362-2006, im Begründungsteil, wie er auch im Erkenntnis des VfGH vom 11.06.2008 wiedergegeben ist, einen unrichtigen Kern aufweist. Die Regulierungsergebnisse zum Gemeindegut Trins zeigen nämlich, dass die im Bescheid vom 09.11.2006 erhobenen Prämissen, es sei bei Gemeindegutsregulierungen (insgesamt und überall) nur um die Regelung der Holz- und Weidenutzung gegangen und weiters, dass sich diese „Tatsache“ in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten spiegle (vgl. Zitat „dies kann in den Gemeindegutsregulierungsakten so nachgelesen werden“) nicht zutreffend sind.“ 

b) Albert Mair erklärt in seiner Abhandlung „Probleme der Regulierung des Gemeindegutes“ (1958) ausführlich, warum das Eigentum der Agrargemeinschaft (wohl gemerkt der „nicht regulierten Agrargemeinschaft“) zusteht: Die nicht regulierte Agrargemeinschaft ist eine Nutzungs- und Eigentums-(!)Gemeinschaft. Albert Mair stellte (aus seiner Sicht) klar: Die Gemeinde besaß [in Tirol] bis zur Umgründung in der Agrargemeinschaft nur nudum jus – und das meist zu Unrecht; das Nudum Jus, das nackte Recht, gehöre jedoch auch der Agrargemeinschaft – zusätzlich zur Substanz.

Zuzugeben ist, dass Albert Mairs Abhandlung hier dogmatische Schwächen aufweist. In Wahrheit behandelt Mair hier Fallkonstellationen, bei welchen gar kein Gemeindeeigentum (auch kein „nacktes Eigentum“ der Ortsgemeinde) anzunehmen ist, sondern „nackter Tabularbesitz“ bzw „Schein-Tabularbesitz“, sohin „missverstandene Grundbucheintragungen“, weil lediglich Namensgleichheit der Ortsgemeinde mit der „alten Agrargemeinde“ bestanden hatte und weil der Eigentumstitel gerade nicht auf die politische Ortsgemeinde, sondern eben auf die „alte Agrargemeinde“ verwiesen hat. Albert Mair hat dies in späteren „Arbeiten“, zB im Bescheid betreffend die Einleitung des Regulierungsverfahrens betreffend das Gemeindegut von Fügen-Fügenberg“ aus dem Jahr 1962 wie folgt klargestellt:

„Das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz hatte sich nach der Feststellung, dass die Antragsvoraussetzungen im Sinn des § 37 Abs 3 FLG vorliegen, mit der Frage zu befassen, ob die beiden im Spruch angeführten Einlagezahlen mit deren Gutsbestand überhaupt Gemeindegut und damit agrargemeinschaftliche Grundstücke darstellen.

Für die Klärung dieser Frage ist im Sinn des § 36 Abs 2 lit d FLG maßgebend, ob feststeht, dass die in den EZl vorgetragenen Grundparzellen bisher einer gemeinschaftlichen Nutzung nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung unterlagen. Gemäß § 38 der Tiroler Gemeindeordnung liegt Gemeindegut dann vor, wenn die daraus entsprechenden Nutzungen in erster Linie Nutzungsberechtigten zur Deckung ihres Haus- und Gutsbedarfs und in zweiter Linie den Bedürfnissen der Gemeinde zukommen. Berücksichtigt man aufgrund der in den Gemeinden Fügen und Fügenberg bestehenden herrschenden Übung, wie sie anlässlich der eigens zu dieser Frage einberufenen Sitzung des gewählten und bestellten Parteienausschusses am 6. November 1962 einhellig dargelegt wurde, die Tatsache, dass die der Gemeinde Fügen und Fügenberg je zur Hälfte im Jahre 1853 grundbücherlich zugewiesenen Wälder zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der in den seinerzeitigen landesfürstlichen Wäldern eingeforsteten Gemeindemitgliedern bestimmt waren, so steht zweifelsfrei fest, dass diese unverteilten Gemeindewälder als Gemeindegut im Sinn der Gemeindeordnung und damit als agrargemeinschaftliches Grundstück im Sinn des Flurverfassungslandesgesetzes anzusehen sind.

In diesem Zusammenhang scheint im Interesse der Information der am Regulierungsverfahren Beteiligten eine kurze Darlegung der geschichtlichen Entwicklung des Gemeindegutes von Nöten, womit der Nachweis erbracht wird, dass den Gemeinden, die bislang die Stellung einer treuhändischen Verwaltung des Gemeindegutes zur Sicherung der Nutzungsansprüche der Beteiligten hatten, nicht entzogen wird, was sie bisher unbeschränkt in ihrem Eigentum besessen hätten.

Nach Erlass XXXVI „Regulierung der Tiroler Forstangelegenheiten, kundgemacht in der Provinzialgesetzessammlung für Tirol und Vorarlberg vom Jahr 1847, Seite 253, wurde bewilligt, dass die künftig den Untertanen vorbehaltenen, in den landesfürstlichen Staatswaldungen zustehenden Holzbezugsrechte durch Ausscheidung und Überweisung einzelner Forstteile in das Eigentum der betreffenden Gemeinden, denen sie angehören, abgelöst werden.

Hiebei ist von Bedeutung, dass sich der heutige Gemeindebegriff von dem damaligen wesentlich unterscheidet. Die Gemeinden, die im Jahre 1847 noch nicht körperschaftlich eingerichtet waren, wurden als Wirtschaftsgemeinden, als die Gesamtheit der Nutzungsberechtigten verstanden. Man wollte durch die Abtretung der landesfürstlichen Wälder an diese Gesamtheit, den Bestand großer Waldkomplexe sichern, Aufsplitterung auf die einzelnen Berechtigten vermeiden. Die Lawine der Gerichtsprozesse zwischen Eingeforsteten und dem Landesfürsten mindern und über diese dem Fürsten die Grundsteuer für die übertragenden Waldkomplexe sichern.

Der Wortlaut der kaiserlichen Entschließung lässt keinen Zweifel aufkommen, dass die Nutzungsrechte der einzelnen Bezugsberechtigten voll anerkannt wurden. Aus diesem Grund bestand weder die Möglichkeit noch die Absicht diesen die Nutzungsrechte zu nehmen und das Waldeigentum einer damals rechtlich noch gar nicht bestehenden, mit der Gesamtheit der Nutzungsberechtigten nicht identischen politischen Gemeinde geschenksweise zu überlassen. Der oberste Agrarsenat hat in mehrfacher Entscheidung diese historischen Darlegungen bekräftigt und ausgesprochen, dass das Grundvermögen im Eigentum der Gemeinde, auf dem Nutzungsrechte bestimmter Realitäten lasten, dieses Grundeigentum zum Gemeindegut stempeln und die Agrarbehörden verpflichten, über Antrag eines Viertels der Anteilsberechtigten solche gemeinschaftlichen Benutzungsrechte einem Regulierungsverfahren zu unterziehen. Aus den erwähnten Gründen war antragsgemäß die Einleitung des Verfahrens zu verfügen.“ Die Landesregierung, 12.12.1962 III B1-1768/9. Dr. Albert Mair“

c) Dass Mair hier keine Außenseitermeinung vertreten hat, zeigt unter anderem der bereits zitierte Bescheid des Tiroler Landesagrarsenates unter dem Vorsitz des späteren Verfassungsrichters Dr. Andreas Saxer aus dem Jahr 1969: „Da die Nutzung des Gemeindegutes rechtshistorisch gesehen aus der gemeinschaftlichen Allmendnutzung hervorgegangen ist, ist die Form des Miteigentums ausgeschlossen und das Eigentum der Rechtsnachfolgerin der auf Gewohnheitsrecht beruhenden Realgemeinde, nämlich der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft, einzuräumen.“ (LAS Tirol vom 5.8.1969 LAS-104/17 – Gemeindegut Trins, Regulierung)

Nicht nur in den 60er Jahren wurde derartiges in Tirol judiziert. Aus Anlass der Regulierung des Gemeindegutes von Höfen – einem Verfahren an welchem Dr. Josef Guggenberger als junger Beamter zur Unterstützung des Verhandlungsleiters sogar persönlich teilgenommen hatte, wurde von der Tiroler Agrarbehörde folgendes judiziert:

Tiroler Agrarbehörde, Bescheid III b1- 1029 R/47 vom 31. August 1978 (Regulierung des Gemeindegutes von Höfen): „Ein Regulierungsverfahren hatte den Sinn, die seit alters her üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen der einzelnen berechtigten Stammliegenschaften festzustellen und zu fixieren. Da die Grundstücke, auf denen die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen ausgeübt wurden, bisher von der (politischen) Gemeinde als Verwalterin der früher sog „Allmende“ verwaltet wurden, ist es besonders notwendig, zwischen den Grundstücken, auf denen solche Nutzungen ausgeübt werden konnten (= Gemeindegut) und solchen Grundstücken, die der Gemeinde gehören, aber auf denen keine Nutzungen stattgefunden haben, zu trennen. Diesem Zweck dient der vorliegende Bescheid.

Einige Unklarheiten ergaben sich lediglich für die in der KG Höfen vorgetragenen Flächen: EZ 122 II (Schulhaus), 123 II (Spritzenhaus), EZl 31 II, 53 II (Park bei der Kirche), 794 II, 148 II und 336 II war die Qualifikation als Gemeindevermögen entweder infolge der Widmung oder aufgrund erst in jüngster Zeit getätigter Kaufverträge durch die Gemeinde Höfen unbestritten und es sind diese Liegenschaften aus diesem Regulierungsverfahren völlig auszuscheiden. Bei der EZl 330 II KG Höfen war zu entscheiden, ob die Gpn 136, 1362, 1363, 1364 und 1376 als Gemeindevermögen oder als agrargemeinschaftliche Grundstücke anzusehen sind. Dies deshalb, da diese Parzellen erst nach 1958 von der Gemeinde erworben wurden, nach Ansicht des Regulierungsausschusses jedoch als Ersatzflächen für die der Bergbahn Reutte zur Verfügung gestellten Flächen. Die Gemeinde stellte dazu fest, „dass diese Flächen nicht aus den Geldern, die von der Reuttener Bergbahn gezahlt wurden, erworben worden seien.“

… „Üblicherweise wird von der Gemeinde zwischen dem sog. Gemeindegut (= agrargemeinschaftliche Grundstücke) und Gemeindevermögen verwaltungstechnisch nicht getrennt. Diese Trennung bzw. diese bedeutsame Unterscheidung tritt erst dann auf, wenn ein Regulierungsverfahren anhängig gemacht wird und möglicherweise eine Agrargemeinschaft gegründet werden soll. Daher ist aus der Tatsache, dass keine Trennung in der Verwaltung oder in der grundbuchstechnischen Zuschreibung erfolgte, kein Indiz für die Zuordnung zu erkennen. Aber auch aus der Feststellung, welche Gelder genau für den Erwerb verwendet wurden, kann bei einem so großen Budget, wie es das einer Gemeinde wie Höfen ist, keine eindeutige Folgerung gezogen werden. Die maßgeblichen Indizien für die Agrarbehörde sind, dass der Erwerb der Gpn 1362, 1363, 1364 und 1376 offensichtlich in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit den Verkäufen an die Reuttener Bergbahn erfolgte (1955-1958): Erwerb laut Gemeinderatsbeschluss vom 2. Mai 1958 als Grundkauf „Hochmähberg“, und dass offensichtlich diese Flächen weiterhin der land- bzw. forstwirtschaftlichen Nutzung zur Verfügung gestellt wurden. Maßgeblich erscheint hier vor allem noch die Feststellung seitens der Bezirksforstinspektion Reutte, dass für die Aufforstung dieser angekauften Flächen im Jahr 1959 Beihilfen aus öffentlichen Mitteln ausbezahlt wurden, nämliche eine Neuaufforstung mit ca. 7.000 Pflanzen, wofür eine Beihilfe von ATS 4.700,00 (ca. 30 % der Gesamtkosten) gewährt wurde. Da Beihilfen aus Bundesmitteln für Gemeindevermögenswälder verboten sind, kann man nur der Ansicht gewesen sein, dass es sich um agrargemeinschaftliche Grundstücke, also um Gemeindegut handle. Die Gp 1360 wurde zwar erst aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses vom 3.12.1970 erworben; es fehlt daher die zeitliche Verbindung mit den Verkäufen an die Reuttener Bergbahn. Daher wäre diesbezüglich eine Qualifikation als Gemeindevermögen zu bestreiten, wenn nicht aufgrund der Servitutenregulierungs-Urkunde vom 9.8.1878 auf dieser Gp 1360 die Dienstbarkeit der Weide zugunsten der Gemeinde (= frühere Realgemeinde) als agrargemeinschaftliches Grundstück spricht.“

d) Die zweite These Guggenbergers ist frei erfunden, wie die aufgezeigten Beispiele zeigen. Wer daran zweifelt, möge weitere in den diversen Regulierungsvereinbarungen errichteten Parteienübereinkommen nachlesen. Bezeichnender Weise verschweigt Guggenberger diese Parteienübereinkommen im Bescheid vom 9.11.2006 vollkommen. Dies mit gutem Grund:

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Beispiel a: Regulierung des Gemeindegutes Schönwies:

In der mündlichen Verhandlung am 26. Mai 1966 haben die Parteien (die politische Ortsgemeinde war vertreten durch Bürgermeister Franz Gabl, Gemeindevorstandsmitglied Vizebgm. Josef Zürcher, Gemeinderat Erich Rudig und Gemeinderat Josef Schuler) im Wege eines Parteienübereinkommens Folgendes festgelegt:

„1. Der Gemeinde werden diverse Liegenschaften in das freie Eigentum übertragen (in Summe 14 ha Bauland und ein Schotterabbaugebiet im Ausmaß von 92 ha).

2. Die Gemeinde Schönwies nimmt an den Nutzungen des Regulierungsgebietes mit 8 % des jeweiligen Ertrages teil, wobei jedoch ausdrücklich festgehalten wird, dass die Gemeinde am jährlich anfallenden Jagdpachtschilling 20 % zustehen, während die Gemeinde an den Erträgnissen des Ziegel- und Schotterwerkes Goidinger nicht beteiligt ist.

3. Die Gemeindehäuser Nr. 1 und 2a (altes Widum und altes Schulhaus), die bisher anteilsberechtigt waren, scheiden zukünftig aus der Nutzungsberechtigung endgültig aus.

4. Es herrscht Übereinstimmung darüber, dass die oben genannten Leistungen und Rechtsfestlegungen an bzw. für die Gemeinde wertmäßig einen Prozentsatz von ca. 20 % jedenfalls erreichen und nimmt die Gemeinde zukünftig als Mitglied der Agrargemeinschaft an der Lastentragung mit jeweils 20 % teil.

5. Zwischen den Parteien ist vereinbart, dass die körperschaftliche Einrichtung der Agrargemeinschaft und die Überschreibung des Eigentums am Regulierungsgebiet mit Erlassung des Regulierungsplans erfolgt, wobei die Übernahme der Verwaltung womöglich mit 1.1.1967 erfolgen soll.

6. … Es wird beurkundet, dass der gegenständliche Vergleich in Anwesenheit der Parteien einstimmig abgeschlossen wurde und dass sich die nichtunterfertigten Parteien vor Schluss der Protokollierung zustimmend entfernt haben.“

Das betreffende Parteienübereinkommen wurde mit Regulierungsplan zu IIIb1-852/130 vom 23.8.1966 ausdrücklich genehmigt. Auf den Seiten 7 und 8 enthält der betreffende Bescheid Verfügungen über Eigentum, nämlich einerseits nutzungsfreies Alleineigentum für die Ortsgemeinde, andererseits die Eigentumsfeststellung zugunsten der nicht regulierten Agrargemeinschaft.

Gemäß Seite 13a des Regulierungsplans zu IIIb1-852/130 vom 23.8.1966 wird das Anteilsrecht der Ortsgemeinde Schönwies wie folgt definiert: Der Ortsgemeinde Schönwies sind die im Abschnitt I als „Gemeindevermögen“ bezeichneten Grund- und Bauparzellen ins Eigentum zu übertragen. Ferner steht ihr von den aus den Nutzungen des Regulierungsgebietes resultierenden Erträgnissen jeweils 8 % zu, wobei ausdrücklich festgehalten wird, dass der Gemeinde vom jährlich anfallenden Jagdpachtschilling 20 % zustehen, während ihr eine Beteiligung an den Erträgnissen des Ziegel- und Schotterwerkes Goidinger nicht zukommt. Der Ertrag der Schotternutzung am „Fallenden Bach“ gebührt der Gemeinde Schönwies und der Agrargemeinschaft Schönwies je zur Hälfte, im Fall einer Verpachtung der Schotterentnahme ist der Pächter durch übereinstimmende Beschlüsse der Organe der Gemeinde und der Agrargemeinschaft zu bestellen […] Mit Rücksicht darauf, dass der oben beschriebene Gemeindeanteil wertmäßig 20 % des Gemeinschaftsbesitzes darstellt, hat sich die Gemeinde Schönwies an den jeweils anfallenden Lasten des Gemeinschaftsbetriebes mit 20 % zu beteiligen. Auf den Seiten 23 ff enthält der Bescheid umfangreiche grundbücherliche Verfügungen, sohin offenkundige Dispositionen über Liegenschaftseigentum.

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Beispiel b: Regulierung des Gemeindegutes von Musau:

Am 16.9.1995 fand eine Besprechung vor der Bezirksforstinspektion statt; Herr Bürgermeister Dirrhammer äußerte sich aus diesem Anlass zur Frage der Eigentumsverhältnisse nach Regulierung. Der Aktenvermerk dazu hält folgendes fest:

„Der Gemeindevertreter wünscht die grundbücherliche Durchführung der Regulierung in der Weise, dass neben der Gemeinde im B-Blatt die Nutzungsberechtigten mit ihren Anteilsrechten ersichtlich gemacht werden, wobei keine Agrargemeinschaft als eigene Rechtspersönlichkeit grundbücherlich aufscheinen soll.“

Entsprechend diesem Wunsch des Gemeindevertreters erließ die Agrarbehörde am 20.1.1966 IIIb1-1276/32 einen Bescheid betreffend „Verzeichnis der Anteilsrechte für die Regulierung“. Auf Seite 6 f enthält der Bescheid folgende Regelung betreffend „Gemeindeanteil der politischen Gemeinde Musau“:

1. Der politischen Gemeinde Musau steht gem. § 62 Abs 1 FLG aufgrund des zwischen dem bestellten Gemeindevertreter und dem gewählten Regulierungsausschuss abgeschlossenen Parteienübereinkommens vom 13. Oktober 1965 ab 1. Jänner 1967 ein Anteilsrecht von 20 % am Regulierungsgebiet in EZl 49 II KG Musau zu. Die Gemeinde nimmt in obigem Verhältnis an allen Erträgnissen und Lasten des Regulierungsgebietes in EZl 49 II KG Musau teil.

Der Bescheid enthält schließlich auf Seite 9 f eine Verfügung betreffend die grundbücherliche Durchführung: Diese sollte in der Form erfolgen, dass die politische Gemeinde Musau zu 20 % Anteilen als Eigentümerin einverleibt wird, die Gesamtheit der jeweiligen Eigentümer von Stammsitzliegenschaften zu 80 %.

In der Haupturkunde vom 19. September 1967 IIIb1-989/41 wurde diese Vereinbarung wie folgt weiter durchgeführt: Als „Gemeindevermögen“ wurden vom Regulierungsgebiet die Bauparzellen 34 Spritzenhaus und 49 Armenhaus abgeschrieben; unter Einem wurde verfügt, dass im B-Blatt der Liegenschaft in EZl 49 II KG Musau die Miteigentumsanteile wie folgt festzusetzen wären: a) der politischen Gemeinde Musau mit 20 %, b) die jeweiligen Eigentümer der Stammsitzliegenschaften mit zusammen 80 %.

Im Zuge der agrarbehördlichen Verhandlung vom 16. November 1967 vereinbarten sich politische Ortsgemeinde Musau und die inzwischen körperschaftlich eingerichtete Agrargemeinschaft wegen einer Änderung dieser Rechtsverhältnisse wie folgt:

„3.) Ab 1.1.1970 hat die Agrargemeinschaft Musau die Selbstverwaltung zu übernehmen. Der Regulierungsplan ist dahingehend abzuändern, dass der Agrargemeinschaft das Grundeigentum zu übertragen ist. Ausdrücklich wird klargestellt, dass auch die Sennhütte mit Gasthaus Agrargemeinschaftseigentum wird.“

Mit Bescheid vom 5.12.1967 IIIb1-1656/48 wurde diese Änderung bei den Eigentumsverhältnissen bescheidmäßig genehmigt und umgesetzt. Gemäß Seite 4 des Bescheides vom 5.12.1967 wird Folgendes festgestellt: „An vorangeführten Grund- bzw. Bauparzellen ist das Eigentumsrecht zugunsten der Agrargemeinschaft Musau einzuverleiben. Demgemäß sind die nicht zum Regulierungsgebiet gehörenden Bauparzellen 34 und 49 vom Grundbuchskörper in EZl 49 II KG Musau unter Mitübertragung der auf sie entfallenden Lasten abzuschreiben; hiefür ist eine neue Einlagezahl zu eröffnen und zugunsten der politischen Gemeinde Musau das Eigentum daran einzuverleiben.“

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Beispiel c: Regulierung des Gemeindegutes von Pflach:

Aufgrund übereinstimmender Parteienangaben wurde anlässlich der agrarbehördlichen Verhandlung am 25. Juni 1954 eine Liste der Parteien erstellt sowie ein Verzeichnis der Anteilsrechte. Das betreffende Verzeichnis wurde in der politischen Ortsgemeinde Pflach aufgelegt. Nach Verstreichen der Einspruchsfrist wurde darüber ein Bescheid betreffend die Parteien und das Verzeichnis der Anteilsrechte zu Z. IIIb-1040/18 erlassen; dies unter dem 30. September 1954. Dieser Bescheid wurde auch der politischen Ortsgemeinde Pflach zugestellt. Die Entscheidung ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

Dieser Bescheid beruhte auf dem allseitigen Wollen aller Beteiligten, dass die Ortsgemeinde Pflach im Besitz der Liegenschaft verbleiben sollte und damit die Verantwortung und Last aus dem Eigentum tragen sollte.

5 Jahre nach einer ursprünglichen Festsetzung der Anteilsrechte auf der Basis, dass es zu keiner körperschaftlichen Einrichtung der Agrargemeinschaft komme, wurde aus Anlass der agrarbehördlichen Verhandlung am 4. Dezember 1959 zwischen sämtlichen nutzungsberechtigten Parteien einerseits und der politischen Ortsgemeinde Pflach, vertreten durch den bestellten Gemeindevertreter Bgm. Franz Zobl, andererseits, ein Vergleich (Parteienübereinkommen) errichtet.

Einleitend wurde vom Verhandlungsleiter festgestellt, dass sich eine wesentliche Änderung ergeben würde, weil der Gemeinde die Verwaltung und das Eigentum am Reg. Gebiet nicht verbleibt, sondern auf die Agrargemeinschaft übergehe.

In diesem Vergleich vom 4. Dezember 1959 wurden deshalb unter völlig neuen Bedingungen, die Beteiligungsrechte der politischen Ortsgemeinde Pflach und der übrigen Mitglieder der Agrargemeinschaft an der körperschaftlich einzurichtenden Agrargemeinschaft Pflach insbesondere folgendes vereinbart:

1. Der politischen Ortsgemeinde Pflach steht am Regulierungsgebiet ein walzendes Anteilsrecht von 13 % der anfallenden Gesamtnutzungen einschließlich des Jagdpachtschillings zu.

2. Die von der Gemeinde Pflach von Florian Poler, Reutte, Kög, gekaufte Gp 896, KG Pflach, wird der Agrargemeinschaft ins Eigentum übertragen und vereinbart, dass der Kaufschilling hierfür ausschließlich aus Waldnutzungserträgen zu bestreiten ist. Ganz gleich verhält es sich mit der von der Gemeinde gekauften Gp 66, vormaliger Eigentümer Richard Siegl.

3. Der Jagdpachtschilling fällt der Agrargemeinschaft, der auch die Gemeinde angehört, zu.

4. Die politische Ortsgemeinde Pflach verzichtet auf Streunutzung und auf Weideausübung.

5. Die politische Ortsgemeinde Pflach ist in ihrer Verfügung über das Anteilsrecht nicht beschränkt.

6. Im Umfang ihrer Anteilsbeteiligung hat die politische Ortsgemeinde Pflach auch an der Lastentragung teilzunehmen.

7. Vereinbart wurde darüber hinaus, dass die Gp 924 und 919/1, „Säulingswiesen“, welche bisher auch gemeinschaftlich gemäht und als „Stier-Lussen“ in der alten Agrargemeinde fungiert hatten, der Gemeinde Pflach als lastenfreies Eigentum zugeordnet werden.

Diese Vereinbarung, ausdrücklich errichtet als „Vergleich“ zwischen sämtlichen nutzungsberechtigten Parteien und der Ortsgemeinde Pflach, wurde mit dem Regulierungsplan vom 30. Mai 1960 umgesetzt und damit unanfechtbar genehmigt (Pkt D des Bescheides).

Grundlage des Parteienübereinkommens vom 4. Dezember 1959 war somit, dass der Gemeinde die Verwaltung und das Eigentum am Regulierungsgebiet nicht verbleibt, sondern dass das Eigentum zu Gunsten der Agrargemeinschaft festgestellt wird – stammte es doch aus einem Servitutenablösungsvergleich, errichtet im Zuge der Tiroler Forstregulierung 1847. Von nudum jus ist nichts zu lesen; zu lesen ist vielmehr von „Eigentum“. Grundlage des Parteienübereinkommens vom 4. Dezember 1959 war dass der Kaufpreisschilling für die von der Ortsgemeinde gekauften Liegenschaften „Florian Poler“ und „Richard Siegl“ voll von der Agrargemeinschaft erstattet wird; Grundlage des Parteienübereinkommens vom 4. Dezember 1959 war dass die Ortsgemeinde das Eigentum (und gerade nicht nudum jus) an den „Säulingswiesen“ erhält. Das Parteienübereinkommen vom 4. Dezember 1959, errichtet im Zuge der Regulierung des „Gemeindegutes von Pflach“ setzt somit voraus, dass das Eigentumsrecht am Regulierungsgebiet nicht länger (zu Unrecht) der Ortsgemeinde zugeordnet bleibt; Das Parteienübereinkommen setzt voraus, dass die Agrargemeinschaft das Eigentum an den Liegenschaften „Florian Poler“ und „Richard Siegl“ erwirbt (anderenfalls wohl nicht der Kaufpreis erstattet worden wäre; Das Parteienübereinkommen setzt voraus, dass die Ortsgemeinde Eigentum an den „Säulingswiesen“ erhält.

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Beispiel d: Regulierung des Gemeindegutes von Flirsch:

Nach Rechtskraft des Bescheides betreffend „Liste der Parteien und ihrer Anteilsrechte“ (Feststellung der Nutzungsberechtigten und ihrer Anteilsrechte, Genehmigung des Parteienübereinkommens betreffend den walzenden Anteil der politischen Ortsgemeinde) hat die Agrarbehörde mit Bescheid vom 6.8.1963 IIIb1-1688/11 Folgendes entschieden:

1. Die Bauparzellen 230, 261 und die Grundparzellen 68/5, 556/2, 694/3 und 694/6 wurden als Eigentum der politischen Ortsgemeinde festgestellt und aus dem Regulierungsverfahren ausgeschieden („Gemeindevermögen“);

2. Die weiteren in das Regulierungsverfahren einbezogenen Liegenschaften, wurden von den Parteien als Eigentümer der in Abschnitt II angeführten Stammsitzliegenschaften gem. § 63 Abs 3 der Tiroler Gemeindeordnung LGBl Nr 24/1949 gemeinschaftlich genutzt und stellen damit agrargemeinschaftliche Grundstücke iSd § 36 Abs 2 lit d des Flurverfassungslandesgesetzes LGBl Nr 32/1952 dar. „Sie stehen gem. § 38 Abs 1 FLG im Eigentum der Agrargemeinschaft Flirsch, welche mit den beiliegenden Verwaltungssatzungen (Abschnitt b) gem. § 81 FLG körperschaftlich eingerichtet wird und sohin gem. § 37 Abs 2 FLG als Körperschaft des Öffentlichen Rechts als juristische Person rechtsfähig ist.“ (S. 5 des Bescheides vom 6.8.1963 IIIb1-688/11).

Die Agrarbehörde hat damit die historischen Eigentumsverhältnisse rechtskräftig geklärt; das Regulierungsgebiet wurde als Eigentum der nicht regulierten Agrargemeinschaft erkannt. Dieses wahre Eigentum der nicht regulierten Agrargemeinschaft wurde in der Beschwerdeführerin umgegründet. Diese Entscheidung über die historischen Eigentumsverhältnisse ist eindeutig; ein Behördenwillen, wonach gerade nicht über das Eigentumsrecht entschieden wurde, ist nicht festgestellt worden; die nicht regulierte Agrargemeinschaft war deshalb nach der Entscheidung des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 6.8.1963 IIIb1-688/11 Eigentümerin gem § 354 ABGB. An diese rechtskräftige Entscheidung sind der Staat und die Parteien gebunden.

Gegen diesen Bescheid der Agrarbehörde, mit dem über die Eigentumsverhältnisse am Regulierungsgebiet abgesprochen wurde (Feststellung des Eigentumsrechts der nicht regulierten Agrargemeinschaft Flirsch), haben die Vertreter der Agrargemeinschaft einerseits und die politische Ortsgemeinde Flirsch andererseits unter dem 22.8.1963 gemeinschaftlich Berufung erhoben. Beanstandet wurde die unrichtige Zuordnung des Eigentums an diversen Parzellen. Beide Parteien haben gemeinschaftlich die Entscheidung über das Eigentumsrecht an gewissen einbezogenen Parzellen bekämpft und entsprechende Änderungen beantragt.

Eindeutig ergibt sich aus den Formulierungen der Berufungserklärung, dass alle beteiligten Parteien die Unterscheidung zwischen dem wahren Eigentum der politischen Ortsgemeinde Flirsch einerseits und wahrem Eigentum der Agrargemeinschaft Flirsch andererseits anhand der Begriffe „Gemeindevermögen“ und „Gemeindegut“ gezogen haben. Die gemeinsame Berufung mündet in den Antrag, dass sowohl das bisherige Schulhaus mit den Bp 204 und Bp 14/1 und 14/2 als auch das E-Werk Flirsch mit der Bp 286 dem Gemeindevermögen zugeschrieben werden sollen. Die Berufung endet mit der Erklärung: „Dieser Antrag geschieht im guten Einvernehmen zwischen Gemeinde und Agrargemeinschaft Flirsch und wird auch diese Berufung durch beide Teile gemeinsam eingebracht und gefertigt. Ebenso ersuchen beide Teile zur zufriedenen Lösung um Entsprechung in diesem Sinne“.

Unter dem 11.9.1963 wurde zu IIIb1-1688/2 der Regulierungsbescheid im Sinne des Antrags der Parteien berichtigt. Es wurde die Bp 286 (E-Werk) mit ausdrücklichem Bescheid als „Gemeindevermögen anerkannt“; hinsichtlich der Bp 204 und Bpn 14/1 und 14/2 aus EZ 125 II KG Flirsch wurde klargestellt, dass diese Liegenschaften im Eigentum der politischen Ortsgemeinde verbleiben. Zur Begründung verweist der betreffende Bescheid auf das Übereinkommen der Parteien.

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Beispiel e: Regulierung des Fraktionsgutes von Sölden:

Mit Bescheid vom 29.09.1961 IIIb1-1419/22 traf die Agrarbehörde I. Instanz einerseits die Feststellung, welche Liegenschaften (Grundstücke) vom Regulierungsgebiet umfasst seien, andererseits wurden die Beteiligten und ihre Anteilsrechte festgestellt sowie zum Dritten entschied die Agrarbehörde, wer Eigentümer des Regulierungsgebietes sei. Dazu wurde folgende Feststellung getroffen: „Das Regulierungsgebiet ist ein agrargemeinschaftliches Grundstück iSd § 36 Abs 2 lit d FLG und steht im Eigentum der Agrargemeinschaft Gaislachalpe.

Dieser Bescheid wurde unter Anderem der politischen Ortsgemeinde Sölden zugestellt, welche unter dem 11. November 1961 dagegen Berufung erhoben hat, dies unter Anderem mit folgender Begründung:

1. Das nach Punkt I des Verzeichnisses angeführte Regulierungsgebiet steht im Eigentum der Gemeinde Sölden und nicht wie angeführt der Agrargemeinschaft Gaislachalpe.

2. …

3. Das nach Punkt I im Eigentum der Gemeinde Sölden stehende Gebiet ist in fremdenverkehrswirtschaftlicher Hinsicht von eminent wichtiger Bedeutung und kann daher im Interesse der Gemeinde, die alle Wirtschaftszweige zu vertreten hat, nicht aus dem Eigentum der Gemeinde abgegeben werden. Ein wesentlicher Teil dieses Gebietes stellt ausgesprochenes Wintersportgelände dar und sind bereits Planungen zur Errichtung einer Seilbahn und Schleppliften sowie Schiabfahrten für dieses Gebiet im Gange.

4. Da dieses Gebiet fremdenverkehrsmäßig fast nur Winterbedeutung hat, wird hiedurch die bisher bestehende Weidenutzung nicht wesentlich beeinträchtigt. Die landwirtschaftlichen Interessen bleiben daher voll aufrecht.

In der mündlichen Verhandlung über die Erledigung diverser erhobener Berufungen, einschließlich der Berufung der Ortsgemeinde Sölden, am 22. November 1962 wurde unter Anderem ein Parteienübereinkommen zwischen den Rechtsvorgängern der heutigen Mitglieder der Beschwerdeführerin und der politischen Ortsgemeinde getroffen, welches mit agrarbehördlichem Bescheid vom 4. Jänner 1963 IIIb1-1306/30 behördlich beurkundet und genehmigt wurde. Danach gilt im Verhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der politischen Ortsgemeinde Sölden folgendes:

1) Die Agrargemeinschaft Gaislachalpe stellt der Gemeinde Sölden oder mit Einverständnis der Gemeinde einer zu bildenden Gesellschaft den für die Errichtung einer Gondelbahn, eines Sesselliftes und der notwendigen Stützen erforderlichen Grund entschädigungslos zur Verfügung.

2) Die Gemeinde Sölden hat dafür Sorge zu tragen, dass die zu bildende Liftgesellschaft eine Versicherung abschließt, die für den durch den Liftbetrieb allfällig an Weidevieh entstehenden Schaden haftet.

3) Der zur Errichtung eines Restaurationsbetriebes notwendige Grund in der Nähe der Bergstation des Liftes wird der Gemeinde Sölden entschädigungslos zur Verfügung gestellt.

4) Die Gemeinde Sölden ist berechtigt, auf ihre Kosten die nötigen Wege von und zur Bergstation des Liftes ohne Grundentschädigung anzulegen. Die Trassenführung der Wege darf erst nach Anhörung der Agrargemeinschaft Gaislachalpe festgelegt werden.

5) Die Gemeinde Sölden oder die Liftgesellschaft können Schlepplifte von Gigeretz (Goldegg Wasserkar) in nordwestlicher Richtung bis zum Rettenbach ohne Grundentschädigung in beliebiger Anzahl errichten.

Die Zustellverfügung lautet zu Handen der Gemeinde Sölden sowie der Mitglieder der Agrargemeinschaft Gaislachalpe zu Handen Franz Scheider, Sölden Haus Nr 145. Dieser Bescheid ist rechtskräftig.

Im Regulierungsplan vom 7.7.1964 wurde die Eigentumsfeststellung zugunsten der Agrargemeinschaft wiederholt; wiederholt wurde darüber hinaus das Parteienübereinkommen. Mit der behördlichen Beurkundung des Parteienübereinkommens vom 22.11.1962 mit Bescheid vom 4.1.1963 IIIb1-1306/30 war die Berufung der politischen Ortsgemeinde Sölden gegen die Feststellung der Eigentumsrechte der Agrargemeinschaft Gaislach Alpe erledigt.

Damit ist Folgendes hinsichtlich des angeblichen Fraktionsgutes von Sölden rechtskräftig behördlich entschieden:

a) Die nicht regulierte Agrargemeinschaft Gaislach Alpe war seit jeher Eigentümerin des Regulierungsgebietes.

b) Die historische Agrarbehörde wollte die Eigentumsverhältnisse am Regulierungsgebiet entscheiden; die historische Agrarbehörde hat zugunsten der nicht regulierten Agrargemeinschaft Gaislach Alpe entschieden.

c) Der politischen Ortsgemeinde Sölden war ein entsprechender Behördenwille, nämlich zur Entscheidung über das Eigentumsrecht, bewusst und bekannt.

d) Die politische Ortsgemeinde hat gegen die Feststellung des Eigentumsrechtes der nicht regulierten Agrargemeinschaft Gaislach Alpe Berufung erhoben und behauptet, ihrerseits Eigentümerin zu sein.

e) Die nicht regulierte Agrargemeinschaft Gaislach Alpe und die politische Ortsgemeinde Sölden haben sich im Rahmen eines Parteienübereinkommens vom 22.11.1962 dahingehend geeinigt, dass das Eigentumsrecht zugunsten der nicht regulierten Agrargemeinschaft Gaislach Alpe festgestellt wird und dass der politischen Ortsgemeinde Sölden gewisse Rechte am Regulierungsgebiet eingeräumt werden.

f) Mit der körperschaftlichen Einrichtung der Agrargemeinschaft durch Bescheid vom 7.7.1964 IIIb1-844/31-63 wurde das agrargemeinschaftliche Vermögen in der körperschaftlich eingerichteten Beschwerdeführerin umgegründet.

Damit ist im Fall des (angeblichen) Fraktionsgutes von Sölden im Jahr 1963 rechtskräftig entschieden worden, dass die politische Ortsgemeinde Sölden zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte Eigentümerin des Regulierungsgebietes war; vielmehr war Eigentümerin des Regulierungsgebietes seit jeher die nicht regulierte Agrargemeinschaft Gaislach Alpe. Die Agrarbehörde wollte über das Eigentumsrecht entscheiden; die Ortsgemeinde hat aufgrund eines Parteienübereinkommens auf eine Berufungsentscheidung verzichtet.

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Zwischenergebnis:

In all diesen Regulierungsverfahren zu „GEMEINDEGUT“ ging es sohin ausschließlich um EIGENTUM; in keinem einzigen Fall wurde über „NUDUM JUS“ verhandelt!

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e) Die von Guggenberger erfundene Behördenabsicht, „nudum jus“ auf die Agrargemeinschaft zu übertragen und „Substanz“ für die Ortsgemeinde festzustellen, würde schließlich eine „Spaltung des Eigentumsrechts“ bewirken. Ein solcher Rechtsakt ist gem Art 7 StGG 1867 heute nicht mehr möglich. Ein solcher Rechtsakt war auch nie gewollt: Die Agrarbehörde hat das Eigentum nicht gespalten; die Agrarbehörde hat geklärt, wer Eigentümer des Regulierungsbietes ist.

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Zusammenfassung:

Die zweite These Guggenbergers, wonach die Zuordnung des Eigentumsrechtes nach den historischen Bescheidinhalten der Agrarbehörde als „nudum jus“ erfolgt sei, ist frei erfunden. Sie steht im offenen Widerspruch zu allen Regulierungsakten zum „Gemeindegut“. Anhand sämtlicher Regulierungsakten zum „Gemeindegut“ kann nachgewiesen werden, dass es allen Beteiligten und der Agrarbehörde – abgesehen von der Klärung der Nutzungsrechte – in erster Linie um eines ging: Klärung und Entscheidung der Eigentumsverhältnisse: Die unrichtigen Grundbuchseintragungen sollten richtig gestellt werden.

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Die dritte Erfindung: Eigentumsspaltungsabsicht der Behörde?

Die dritte These des Dr. Josef Guggenberger lautet: „Dies [gemeint: die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als nudum jus, als nacktes Recht] war den leitenden Beamten der Agrarbehörde und den an solchen Gemeindeguts-Agrargemeinschaften Beteiligten, vorrangig den jeweiligen Gemeinden, natürlich bewusst.“

Mit den Feststellungen zum (angeblichen) historischen Willen der bescheiderlassenden Behörde sowie zum (angeblichen) Verständnis dieser Bescheide durch die Beteiligten, beschließt sich der Kreis. Bescheide sind – sowie jeder Rechtsakt des Staates – auszulegen. Trifft die zuständige Behörde zum Inhalt eines historischen Bescheides Feststellungen und stellt diese Behörde zusätzlich fest, dass die historische Behörde und die historischen Beteiligten den historischen Bescheidinhalt in einer bestimmten Art und Weise verstanden hätten, so kann jeder beliebige neue Bescheidinhalt zum (vermeintlichen) Inhalt des historischen Bescheides gemacht werden.

Die oben behandelten Beispiele zeigen eindrucksvoll, dass gar keine Rede davon sein kann, dass die Agrarbehörde – entgegen dem Gesetz (§ 38 Abs 1 TFLG) und entgegen der Verfassung (Art 7 StGG) – gerade nicht die Eigentumsverhältnisse am Regulierungsbiet klären wollte (= gesetzlicher Auftrag und Pflicht der Agrarbehörde) und statt dessen eine „Eigentumsspaltung“ (unter Verstoß gegen Art 7 StGG) vollzogen und „nudum jus“ in körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaften umgegründet hätte.

Der Verfassungsgerichtshof hat dementsprechend im Erkenntnis Slg 18.446/2008 nicht den Inhalt des historischen Regulierungsplans von Agrargemeinschaft Mieders beurteilt, sondern die Feststellungen des Dr. Josef Guggenberger im Bescheid vom 9.11.2006 zum angeblichen Inhalt dieses historischen Bescheides sowie zum angeblichen Verständnis der historischen Agrarbehörde und der übrigen Beteiligten dazu. Dass die Thesen des Dr. Josef Guggenberger gemäß Begründung des Bescheides vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 frei erfunden sind, lässt sich – abgesehen von den oben dargestellten Beispielen – an einer Vielzahl von weiteren Regulierungsakten beweisen.

Völlig zu Recht hat deshalb Dr. Karl Nöbl, als Nachfolger des Dr. JosefGuggenberger als Agrarbehördenleiter mit Bescheid vom 2.11.2009 AgrB-R451/286-2009 festgestellt, dass die Ausführungen des Dr. Josef Guggenberger „einen unrichtigen Kern“ aufweisen. Karl Nöbl: „Rücksichtlich dieser Sach- und Rechtslage muss erkannt werden, dass der Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 09.11.2006, AgrB-R741/362-2006, im Begründungsteil, wie er auch im Erkenntnis des VfGH vom 11.06.2008 wiedergegeben ist, einen unrichtigen Kern aufweist. Die Regulierungsergebnisse zum Gemeindegut Trins zeigen nämlich, dass die im Bescheid vom 09.11.2006 erhobenen Prämissen, es sei bei Gemeindegutsregulierungen (insgesamt und überall) nur um die Regelung der Holz- und Weidenutzung gegangen und weiters, dass sich diese „Tatsache“ in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten spiegle (vgl. Zitat „dies kann in den Gemeindegutsregulierungsakten so nachgelesen werden“) nicht zutreffend sind.“

Auch die dritte These des Dr. Josef Guggenberger zum historischen Willen der bescheiderlassenden Behörde (und des Verständnisses der Beteiligten darüber), wonach alle Beteiligten nicht von Eigentum, sondern von „nacktem Recht“ ausgegangen seien, ist FALSCH. Dies beweist nicht nur der Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung AgrB-R451/286-2009 vom 02.11.2009; dies beweisen zahllose Rechtsakte der Tiroler Agrarbehörde. Auf die Beispiele zur These zwei ist zu verweisen.

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a) Beispiel der Regulierung des Gemeindegutes von Schönwies

Wie oben dargestellt wurde lange Zeit über die Gestaltung der Eigentumsverhältnisse verhandelt, weil im Grundbuch das agrargemeinschaftliche Vermögen und das Vermögen der Ortsgemeinde ununterschieden auf „Gemeinde Schönwies“ einverleibt worden war; unter anderem erhielt die Gemeinde ca 14 ha Bauland und ein Schotterabbaugebiet im Ausmaß von ca 92 ha. Das gesamte agrargemeinschaftliche Vermögen wurde im Regulierungsverfahren geschätzt (April 1966: ATS 32 Mio); daraus sollte die Gemeinde 20% erhalten; dies ohne Gegenleistung. Der 20%ige Anteil am gesamten agrargemeinschaftlichen Vermögen wurde als Summe der ausgeschiedenen lastenfreien „Gemeindevermögensflächen“, des 20%igen Anteils an der Jagd; des 8%igen Anteils an der Substanz der Agrargemeinschaft (samt Nutzungen) sowie diverser Nebenleistungen ausgemessen und vereinbart. Allen Beteiligten war bewusst, dass das gesamte verfahrensgegenständliche Vermögen, sohin Eigentum gem § 354 ABGB, Verhandlungsgegenstand ist.

b) Beispiel der Regulierung des Gemeindegutes von Musau:

Wie oben dargestellt, wurde ursprünglich vereinbart, dass die Agrargemeinschaft nicht körperschaftlich eingerichtet wird, sondern dass im Grundbuch Miteigentum einverleibt wird – die Ortsgemeinde mit 20%; die Nutzungsberechtigten mit gemeinsam 80% Miteigentumsanteilen. Später hat man vereinbart und endgültig festgelegt, dass die Agrargemeinschaft Eigentümerin wird; das Eigentum und nicht „nudum jus“ war ausdrücklich Vereinbarungs- und Entscheidungsgegenstand.

c) Beispiel der Regulierung des Gemeindegutes von Pflach:

5 Jahre nach einer ursprünglichen Festsetzung der Anteilsrechte auf der Basis, dass es zu keiner körperschaftlichen Einrichtung der Agrargemeinschaft komme, wurde aus Anlass der agrarbehördlichen Verhandlung am 4. Dezember 1959 zwischen sämtlichen nutzungsberechtigten Parteien einerseits und der politischen Ortsgemeinde Pflach, vertreten durch den bestellten Gemeindevertreter Bgm. Franz Zobl, andererseits, ein Vergleich (Parteienübereinkommen) errichtet. Einleitend wurde vom Verhandlungsleiter festgestellt, dass sich eine wesentliche Änderung ergeben würde, weil der Gemeinde die Verwaltung und das Eigentum am Reg. Gebiet nicht verbleibt, sondern auf die Agrargemeinschaft übergehe.

d) Beispiel der Regulierung des Gemeindegutes von Breitenwang:

In der agrarbehördlichen Verhandlung vom 21.05.1957 haben sich die Parteien darüber geeinigt, welche Grundstücke künftiges lastenfreies Eigentum der Ortsgemeinde sein würden und welche Grundstücke Eigentum der Agrargemeinschaft wären. Rund 50 Grundstücke wurden als Alleineigentum der Ortsgemeinde aus dem Regulierungsgebiet ausgeschieden.

In der agrarbehördlichen Verhandlung vom 23. Juni 1959 wurde ein Vergleich hinsichtlich der Anteilsrechte der Ortsgemeinde an der Agrargemeinschaft errichtet. In diesem Vergleich wurde allseits als selbstverständlich vorausgesetzt, dass das Regulierungsgebiet Eigentum der Agrargemeinschaft ist. In insgesamt 6 Punkten wurde das Anteilsrecht der Ortsgemeinde, welches 13% der Substanz und der Nutzungen umfassen sollte, definiert.

Hinsichtlich der Beteiligung der politischen Ortsgemeinde an der Weidefläche wurde ausdrücklich festgelegt, dass die politische Ortsgemeinde an Substanzerlösen (Verkauf von Weideflächen) mit 13 % beteiligt sein soll. Dieser Prozentsatz entspricht der Beteiligung an der Agrargemeinschaft insgesamt. Ausdrücklich wurde somit festgelegt, dass die Ortsgemeinde aus Verkaufserlösen des Heimweidegebietes mit dem allgemeinen Beteiligungsprozentsatz von 13% partizipiert; Nutzungsberechtigt war die Gemeinde an der Heimweise jedoch nicht. Erwiesen ist damit, dass das Anteilsrecht sich auf das Eigentum bezogen hat; dies gemäß klarer Vereinbarung.

e) Beispiel der Regulierung des Gemeindegutes Flirsch:

Nach Rechtskraft des Bescheides betreffend „Liste der Parteien und ihrer Anteilsrechte“ (Feststellung der Nutzungsberechtigten und ihrer Anteilsrechte, Genehmigung des Parteienübereinkommens betreffend den walzenden Anteil der politischen Ortsgemeinde) hat die Agrarbehörde mit Bescheid vom 6.8.1963 IIIb1-1688/11 Folgendes entschieden: 1. Die Bauparzellen 230, 261 und die Grundparzellen 68/5, 556/2, 694/3 und 694/6 wurden als Eigentum der politischen Ortsgemeinde festgestellt und aus dem Regulierungsverfahren ausgeschieden („Gemeindevermögen“); 2. Die weiteren in das Regulierungsverfahren einbezogenen Liegenschaften, wurden von den Parteien als Eigentümer der in Abschnitt II angeführten Stammsitzliegenschaften gem. § 63 Abs 3 der Tiroler Gemeindeordnung LGBl Nr 24/1949 gemeinschaftlich genutzt und stellen damit agrargemeinschaftliche Grundstücke iSd § 36 Abs 2 lit d des Flurverfassungslandesgesetzes LGBl Nr 32/1952 dar. „Sie stehen gem. § 38 Abs 1 FLG im Eigentum der Agrargemeinschaft Flirsch, welche mit den beiliegenden Verwaltungssatzungen (Abschnitt b) gem. § 81 FLG körperschaftlich eingerichtet wird und sohin gem. § 37 Abs 2 FLG als Körperschaft des Öffentlichen Rechts als juristische Person rechtsfähig ist.“ (S. 5 des Bescheides vom 6.8.1963 IIIb1-688/11). Gegen diesen Bescheid der Agrarbehörde, mit dem über die Eigentumsverhältnisse am Regulierungsgebiet abgesprochen wurde (Feststellung des Eigentumsrechts der nicht regulierten Agrargemeinschaft Flirsch), haben die Vertreter der Agrargemeinschaft einerseits und die politische Ortsgemeinde Flirsch andererseits unter dem 22.8.1963 gemeinschaftlich Berufung erhoben. Beanstandet wurde die unrichtige Zuordnung des Eigentums an diversen Parzellen. Beide Parteien haben gemeinschaftlich die Entscheidung über das Eigentumsrecht an gewissen einbezogenen Parzellen bekämpft und entsprechende Änderungen beantragt.

f) Beispiel der Regulierung des Gemeindegutes von Trins:

Gegen den „in der Gemeinde Trins aufliegenden Regulierungsplan“ vom 22.10.1971 hat die Gemeinde Trins Berufung mit folgender Begründung erhoben: „Die nachstehend angeführten Gp. 254/2, 311/1, 252/3, 253, 252/4, 252/2, 252/1, 251, 648, 647, 572, 318, 285, 284, wurden bei der damaligen Teilung zwischen der Agrargemeinschaft und der Gemeinde, die offensichtlich der Gemeinde belassen werden sollen, irrtümlich in den Bestand der Agrargemeinschaft aufgenommen. Gegen die Aufnahme der angeführten Grundparzellen in die Agrargemeinschaft erhebt die Gemeinde Berufung, wobei sie erwähnt, dass diese Grundparzellen infolge der kleinen Ausmaße und der vom geschlossenen Agrargebiet weit entfernt gelegenen Grundstücke für die Agrargemeinschaft unwirtschaftlich sind. Anläßlich einer einvernehmlichen Aussprache zwischen Agrargemeinschaft und Gemeinde wurde diese jetzige Teilung zu Gunsten der Gemeinde getroffen um diese Grundstücke weiterhin der Gemeinde zu ihrer Nutzung zu belassen. Die Gemeinde bittet daher der Berufung Folge zu geben und die angeführten Grundparzellen für die Gemeinde umzuschreiben. Der Bürgermeister: Nagele“. Rücksichtlich dieser von der Gemeinde Trins erhobenen Berufung vom 07.12.1971 wurde mit Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz vom 13.07.1972, IIIb1-451/R/109, Spruchpunkt 1., in Abänderung des Regulierungsplanes gemäß § 7 Abs. 4 Agrarverfahrensgesetz 1967, BGBl. Nr. 77/67, aufgrund Parteienübereinkommens nach Einholung der Zustimmung der Agrargemeinschaft Trins (Ausschussbeschluss vom 28.03.1972) folgendes ergänzt: „1. Aus dem Regulierungsgebiet sind die Gpn.254/2, 311/1, 252/3, 253, 252/4, 252/2, 252/1, 648, 647, 572, 318, 285, 284, 721/1, 721/2, 793, 794, 803, 282, 283 lastenfrei ab- und der der Gemeinde Trins gehörigen Liegenschaft in EZl. 416 KG. Trins zuzuschreiben. Das auf den Gpn. 793, 794 und 803 stockende schlagfähige Holz kann von der Agrargemeinschaft Trins innerhalb der nächsten fünf Jahre geschlägert werden.“ Eine Berufung wurde gegen diesen weiteren Bescheid nicht eingebracht. Somit hat zwischen der Gemeinde Trins, ihrem Vertreter, und der (später) körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft Trins bzw. (vorher) ihren Mitgliedern dezidiert auch eine einvernehmliche Vermögensauseinandersetzung stattgefunden, welche in der Berufung der Gemeinde Trins gegen den Regulierungsplan vom 22.10.1971 als „jetzige Teilung zugunsten der Gemeinde“ bezeichnet wird. Auch in Trins hat man sohin über Eigentum verhandelt; von „nacktem Recht ist nicht die Rede.

g) Beispiel der Regulierung des „Fraktionsgutes“ von Sölden:

Mit Bescheid vom 29.09.1961 IIIb1-1419/22 traf die Agrarbehörde I. Instanz einerseits die Feststellung, dass das im Eigentum der Agrargemeinschaft Gaislachalpe stehe. Die Ortsgemeinde erhob dagegen Berufung mit der Begründung, dass sie (die Ortsgemeinde) Eigentümerin sei. Wörtlich führte die Ortsgemeinde aus: „1. Das nach Punkt I des Verzeichnisses angeführte Regulierungsgebiet steht im Eigentum der Gemeinde Sölden und nicht wie angeführt der Agrargemeinschaft Gaislachalpe.“ In der Verhandlung am 22. November 1962 wurde die Berufung mit Parteienübereinkommen erledigt; danach wurde auf Entscheidung über die Berufung verzichtet; im Gegenzug erhielt die Ortsgemeinde umfangreiche Schi- und Liftservituten. Im Regulierungsplan vom 7.7.1964 wurde die Eigentumsfeststellung zugunsten der Agrargemeinschaft wiederholt; wiederholt wurde darüber hinaus das Parteienübereinkommen. Mit der behördlichen Beurkundung des Parteienübereinkommens vom 22.11.1962 mit Bescheid vom 4.1.1963 IIIb1-1306/30 war die Berufung der politischen Ortsgemeinde Sölden gegen die Feststellung der Eigentumsrechte der Agrargemeinschaft Gaislach Alpe erledigt. Die Eigentumsverhältnisse wurden sohin im allseitigen Einvernehmen geklärt.

Diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen; überall ist die Agrarbehörde ihrer Verpflichtung gem § 38 TFLG nachgekommen und die Agrarbehörde hat danach die Eigentumsverhältnisse an den in das Regulierungsverfahren einbezogenen Liegenschaften geklärt.

Ergebnis

Somit erweist sich, dass die Guggenberger´schen Thesen zum „Gemeindegut“ falsch sind.

Diese Thesen sind ERFUNDEN.

Die gesamte Bescheidgrundlage für das „Mieders-Erkenntnis“ ist ERFINDUNG.

Der Verfassungsgerichtshofes hat einen fiktiven Sachverhalt entschieden.

MP

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MP

TEXT VERBERGEN

Fragenkatalog des VfGH

Verfassungsrichter Karl Spielbüchler
Von Verfassungsrichter Karl Spielbüchler (Bild: VfGH/Achim Bieniek, Wikipedia; *1939 in Bad Ischl; † 2012 in Gosau) stammt die falsche These, wonach ein Gemeindegut zwingend ein Eigentum der Ortsgemeinde sein müsse. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs VfSlg 9336/1982 (Feldkirch-Eggenwald-Erk) vom 01.03.1982 (Referent: Karl Spielbüchler) gründet auf dieser These. Der Verfassungsgerichtshof (Referent Karl Spielbüchler) hatte sich 1982 dazu hinreißen lassen, die Thesen von Walter Schiff zu übernehmen, wonach die Errichtung der modernen Ortsgemeinden in den 1860er Jahren einen Eigentumserwerb an den Allmenden begründet hätte. Und im Erkenntnis wird die falsche Behauptung aufgestellt, dass das Gemeinderecht ein `Gemeindegut´ als Eigentum der Ortsgemeinde definiere, eine Rechtstatsache, die das Flurverfassungsrecht angeblich zwingend zu übernehmen hätte. Die Unbefangenheit in Sachen Agrargemeinschaften scheint nicht gewährleistet gewesen zu sein; ins Bild passt das folgende: Von Hofrat Dr. Karl Sponring, langjähriger Vorsitzender des (Tiroler) Landesagrarsenats, wird folgende am Telefon getätigte Äußerung des Verfassungsrichters Spielbüchler berichtet: „Wissen Sie Herr Hofrat, ich kann die Agrargemeinschaften nicht leiden!“ Mit den Fragenkatalog von 2007 hat Karl Spielbüchler das Mieders-Erk VfSlg 18.446/2008 vorbereitet.

 

Der Fragenkatalog des VfGH

Der Verfassungsgerichtshof, in agrarrechtlichen Fragen  seinerzeit instruiert vom mittlerweile verstorbenen Verfassungsrichter Univ.-Prof. Dr. Karl Spielbüchler, hat das Mieders-Erkenntnis 2008 mit einem Fragenkatalog, gerichtet an die Verfahrens-Parteien, vorbereitet.

Bedauerlicher Weise ist der wahre Hintersinn dieses Fragenkataloges den auf Seiten der Agrargemeinschaft Mieders Beteiligten damals nicht bewusst geworden.

I. Fragenkatalog des Verfassungsgerichtshof an die Parteien vom 21. November 2007 B 464/07-10

Ausgehend davon, dass die Agrargemeinschaft als Gemeindegut reguliert wurde, wolle vor dem Hintergrund der im Erkenntnis VfSlg 9336/1982 klargestellten Rechts- und Verfassungslage zu folgenden Fragen innerhalb von sechs Wochen Stellung genommen werden:

1. Hat die Regulierung die Eigenschaft der Liegenschaft, Gemeindegut zu sein, beseitigt? Wenn ja, mit welcher Wirkung?

Wie ist das Ergebnis mit der ausdrücklichen Feststellung vereinbar, dass die Grundstücke das „Gemeindegut“ darstellen?

Wie ist das Ergebnis mit der Absicht vereinbar, an den Verhältnissen (abgesehen von der Regulierung) nichts zu ändern?

Kann der Regulierung bei verfassungskonformem Verständnis unterstellt werden, eine materiell wirkende Eigentumsübertragung (Enteignung?) bewirkt zu haben?

Kann eine bloß fehlerhafte Ansicht über die bei Gemeindegut bestehende Rechtslage diese Rechtslage (auch materiell gesehen) verändert haben?

2. Hat die vorgenommene Regulierung nur die Nutzungsrechte betroffen? Wenn ja: Wie wird der Substanzwert der Gemeinde wirksam? Wenn nein: In welcher Weise hat sie auf den Substanzwert Bedacht genommen?

3. In welcher Beziehung steht der Substanzwert beim Gemeindegut zur Frage der formellen Eigentümerstellung? Ist das Eigentum Voraussetzung oder Folge dieser Eigenschaft?

4. …

Wien, am 21. November 2007, vom Verfassungsgerichtshof: DDr. Grabenwarter

 

II. Zum „Hintersinn“ dieser Fragestellungen:

Durch die Feststellung der (richtigen) Behördenabsicht, an den wahren Verhältnissen nichts zu ändern (sondern die wahren Verhältnisse durch Klärung der materiellen Berechtigung offen zu legen = festzustellen), in Verbindung mit der (falschen) Feststellung, wonach das Regulierungsgebiet wahres Eigentum der Ortsgemeinde war und dies (nach dem falsch unterstellten Behördenwillen) auch bleiben sollte, wurde ein Sachverhalt erzeugt, zu dem der VfGH das Erkenntnis Slg 18.446/2008 fällen konnte.

Freilich hätte dem VfGH bekannt sein müssen, dass die historische Agrarbehörde den Begriff „Gemeindegut“ gerade nicht im Blick auf ein „wahres Eigentum der Ortsgemeinde“ verwendete, sondern dass mit diesem Begriff spezielle Ausprägungen von agrargemeinschaftlichen Liegenschaften bezeichnet wurden – eben solche Liegenschaften, an denen die politische Ortsgemeinde Mitberechtigung besaß. Diese spezielle „agrarrechtliche Begriffsbildung“ hatte der VfGH im Erk Slg 9336/1982 ausführlich beschrieben.

Das Erk Slg 18.446/2008 wurde somit zu einem bestimmten Sachverhalt gefällt – was sonst. Insoweit es sich erweist, dass dieser Sachverhalt für die Agrargemeinschaft in Wahrheit nicht zutrifft, sind die Rechtsfolgen aus diesem Erkenntnis, nämlich der „Restitutionsanspruch der Ortsgemeinde, für diese Agrargemeinschaft nicht anwendbar.

III. Was wären die richtigen Antworten auf den Fragenkatalog vom 21. November 2007 gewesen?

Zu beanstanden ist am Fragenkatalog vom 21. November 2007 B 464/07-10 bereits die durch die falschen Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid präjudizierte Prämisse I, nämlich der Leitsatz: „Ausgehend davon, dass die Agrargemeinschaft als Gemeindegut reguliert wurde“ ….

Die gesetzliche Aufgabe der Agrarbehörde war nie derart definiert, dass diese „Gemeindegut zu regulieren“ gehabt hätte. Aufgabe der Agrarbehörde war es, die Nutzungsrechte zu regulieren; Aufgabe der Agrarbehörde war es, die Nutzung der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft zu organisieren; dies im Rahmen einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft. Aufgabe der Agrarbehörde war es schließlich festzustellen, in wessen Eigentum die agrargemeinschaftlichen Liegenschaften stehen. Dabei hat die Agrarbehörde über viele Jahrzehnte den Begriff „Gemeindegut“ zur Umschreibung von Liegenschaften verwendet, welche Eigentum der Agrargemeinschaft bei Mitnutzungsrecht oder anderweitig delegierter Teilgenossenschaft der Ortsgemeinde wäre. Zu keinem Zeitpunkt hat die historische Agrarbehörde ihre Aufgabe in dem Sinn verstanden, dass wahres Eigentum der Ortsgemeinde als Agrargemeinschaft zu organisieren wäre, sodass „Sondergebilde in der Landesverwaltung“ entstanden wären, wie Dr. Josef Guggenberger falsch im Bescheid vom 9.11.2006 festgestellt hatte. Eine derartige historische Behördenabsicht ist nirgends erweislich.

Richtigerweise wäre deshalb die erste Frage zu Pkt I Z 1 des Fragenkatalogs, welche lautet wie folgt: „Hat die Regulierung die Eigenschaft der Liegenschaft, Gemeindegut zu sein, beseitigt? Wenn ja, mit welcher Wirkung?“ wie folgt zu beantworten gewesen:

„Die Frage ist falsch gestellt. Die Agrarbehörde hatte die historische Aufgabe, hinsichtlich jener Liegenschaften, welche sich als Rest der alten Agrargemeinde unter den Bezeichnungen „Gemeindegut“ bzw. „Gemeinschaftsgut“ erhalten hatten, die wahren Eigentumsverhältnisse abzuklären und über die wahren Eigentumsverhältnisse rechtskräftig zu entscheiden. Dies nach Möglichkeit aufgrund einer vorausgehenden Vereinbarung zwischen den Teilgenossen (unter Einschluss der politischen Ortsgemeinde). Ausgangslage des agrarbehördlichen Handelns waren dementsprechend ungeklärte Eigentumsverhältnisse in Gemeinschaftsliegenschaften; Ziel des agrarbehördlichen Handelns war es, die Eigentumsverhältnisse an diesen Liegenschaften, den agrargemeinschaftlichen Grundstücken, zu klären (§ 38 Abs 1 TFLG 1935 und folgend). Die historische Bezeichnung einer Liegenschaft als „Gemeindegut“ oder „Gemeinschaftsgut“ präjudizierte gerade in keiner Weise die Eigentumsverhältnisse – ganz anders, als Dr. Josef Guggenberger dies im Sachverhalt gemäß Bescheid vom 9.11.2006 FALSCH festgestellt hat.

Dementsprechend wurde durch die agrarbehördliche Klärung der wahren Rechtsverhältnisse „nichts beseitigt“ und „nichts verändert“; die Agrarbehörde hatte weder die Aufgabe, an den Eigentumsverhältnissen etwas zu „beseitigen“ noch etwas „zu verändern“! Aufgabe der Agrarbehörde war es, die Eigentumsverhältnisse zu klären (= festzustellen [§ 38 Abs 1 TFLG]) und die Agrargemeinschaft körperschaftlich zu einzurichten. Hatte das Ermittlungsverfahren ergeben, dass die Agrargemeinschaft Eigentümerin der Gemeinschaftsliegenschaften war, stellt sich der gesamten Vorgang als Umgründung dar, wodurch das agrargemeinschaftliche Vermögen in die körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft organisiert wurde.

Zur Zusatzfrage 1 des VfGH: Wie ist das Ergebnis mit der ausdrücklichen Feststellung vereinbar, dass die Grundstücke das „Gemeindegut“ darstellen?

Antwort: „Gemeindegut“ im Sinn der historischen Begriffsverwendung durch die Agrarbehörde definierte Liegenschaften, hinsichtlich welcher die politische Ortsgemeinde „Teilgenosseneigenschaft“ besessen hat. „Teilgenossenschaft“ durch folgende Sachverhaltselemente konstituiert: a) faktische Mitnutzung; oder b) nackter (Schein-)Tabularbesitz der Ortsgemeinde; oder c) wahres Eigentum der Ortsgemeinde. Insoweit a) faktische Mitnutzung oder b) nackter Tabularbesitz bestanden hat, musste die agrarbehördliche Prüfung der wahren Eigentumsverhältnisse dazu führen, dass Eigentum der nicht regulierten Agrargemeinschaft festgestellt wurde; im Fall c) war Eigentum der politischen Ortsgemeinde festzustellen.

Zur Zusatzfrage 2 zu I Z 1 des VfGH: Wie ist das Ergebnis mit der Absicht vereinbar, an den Verhältnissen (abgesehen von der Regulierung) nichts zu ändern?

Antwort: Wie oben ausführlich dargestellt, wurden die Agrarbehörden seitens der Reichsgesetzgebung zu dem Zweck und mit dem Auftrag errichtet, eine Auseinandersetzung zwischen den Mitgliedern der alten Realgemeinde einerseits und der neuen politischen Ortsgemeinde andererseits herbeizuführen. Bei dieser Gelegenheit sollten die Eigentumsverhältnisse an den historischen Gemeinschaftsliegenschaften, den „Überresten der alten Agrargemeinden“, welche sich in den Kronländern – abgesehen von Dalmatien – überall erhalten hatten, geklärt werden. Die historische Aufgabe der Agrarbehörde war es keinesfalls – und die Agrarbehörde hat ihre Aufgabe auch niemals so verstanden – willkürlich die Eigentumsverhältnisse neu zu gestalten. Aufgabe der Agrarbehörde war es vielmehr, die wahren Eigentumsverhältnisse an jenen Liegenschaften, welche als „Gemeindegut“ oder „Gemeinschaftsgut“ bei der Ortsgemeinde organisiert waren, zu klären. Die unrichtige Zuordnung solcher Liegenschaften an die Ortsgemeinde wurde vom historischen Reichsgesetzgeber und den späteren Gesetzgebern der Landesausführungsgesetze – der TRLGs – vorausgesetzt: Die Organisation der alten Agrargemeinde, der Nachbarschaft, war zertrümmert. Die Gemeinde erschien in allen historischen Urkunden als Eigentümerin und so beerbte die moderne Ortsgemeinde ihre Mutter, die Nachbarschaft, ohne dass letztere gestorben wäre! (So: Bericht des NÖ Landesausschusses betreffend die Regelung der Besitz- und Nutzungsverhältnisse des Gemeindeeigentums vom 21. September 1878, XXVII der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des niederösterreichischen Landtages, 5. Wahlperiode)

Die Klärung der Eigentumsverhältnisse war an sich Aufgabe der Zivilgerichte gewesen. Im historischen Königreich Böhmen wurden nach Einrichtung der modernen Ortsgemeinde zahlreiche derartige Verfahren durchgeführt. Selbstverständlich war in allen Fällen das Eigentumsrecht den Mitgliedern der alten „Realgemeinde“ zugesprochen worden. Der historische Gesetzgeber erachtete die Zuständigkeit der Zivilgerichte für unangemessen; der historische Gesetzgeber wollte Vereinbarungen, welche eine sozial verträgliche Lösung ermöglichten; ungeachtet dessen ist der historische Gesetzgeber davon ausgegangen, dass das Eigentumsrecht an solchen Liegenschaften, jedenfalls dort, wo kein Eigentumstitel der neuen Ortsgemeinde erweislich war, den Nutzungsberechtigten als Gemeinschaft der alten Agrargemeinde, als Fortsetzung der historischen Markgenossenschaft, zustehen sollte – wem auch sonst! Dementsprechend war die Agrarbehörde nie mit dem Auftrag ausgestattet, an den Eigentumsverhältnissen etwas zu ändern! Die Agrarbehörde hatte vielmehr den Auftrag zu klären, wer wahrer Eigentümer war. Weil diese Liegenschaften in Tirol – wie schon Carl Peyrer, k.k. Ministerialrat im Ackerbau-Ministerium, im Jahr 1877 festgestellt hatte, sämtlich rechtsirrig der „Gemeinde“ zugeordnet wurden, ergibt sich für denjenigen, dem die historischen Rechtsverhältnisse unbekannt sind, oder denjenigen, der die historischen Rechtsverhältnisse unrichtig darstellen möchte, der Eindruck bzw. die Möglichkeit, von einer Eigentumsübertragung von der Ortsgemeinde auf die Agrargemeinschaft auszugehen. Ganz anders die Rechtsverhältnisse in Kärnten: Wie Carl Peyrer bereits 1877 feststellte, wurden in Kärnten sämtliche Nachbarschaftsgründe richtig als Privateigentum erfasst; dementsprechend existiert in Kärnten kein „agrarrechtliches Gemeindegut“.Kurz: Die Agrarbehörde hat nichts verändert! Die Agrarbehörde hat die wahren Eigentumsverhältnisse aufgedeckt; die Agrarbehörde hat das Grundbuch richtig gestellt. Inhaltlich lässt sich speziell für Tirol die Richtigkeit dieser Behauptung leicht überprüfen: In Tirol wurde aufgrund des Gesetzes 1847 großflächig Servitutenregulierung durchgeführt; soweit historisches Gemeinschaftseigentum aus dieser Servitutenregulierungsmaßnahme hervorgegangen ist, handelt es sich um Gemeinschaftseigentum der ehemals Nutzungsberechtigten im Staatsforst (VfGH Slg 9336/1982 Pkt III Z 1 Abs 2 der Begründung).

Zur Zusatzfrage 3 zu Pkt I Z 1 des VfGH: Kann der Regulierung bei verfassungskonformem Verständnis unterstellt werden, eine materiell wirkende Eigentumsübertragung (Enteignung?) bewirkt zu haben?

Antwort: Die Frage gründet in den falschen Feststellungen von Dr. Josef Guggenberger! Die Agrarbehörde hat die Eigentumsverhältnisse an Liegenschaften, welche „als Gemeindegut“ bei der Ortsgemeinde verwaltet wurden, geprüft. Als Ergebnis dieser Prüfung wurde entweder Eigentum der Ortsgemeinde festgestellt oder Eigentum der Agrargemeinschaft. Die Agrarbehörde hat die Rechtsverhältnisse nur insofern „geändert“, als über die wahre Rechtslage in einem rechtsstaatlichen Verfahren entschieden wurde. Als Folge dieser Entscheidung ist derjenige, welcher als Eigentumsträger festgestellt wurde, rechtskräftig Eigentümer dieser Liegenschaft. „Eigentumsübertragungen“ („Enteignungen“) wurden nur insofern bewirkt, als das festgestellte agrargemeinschaftliche Vermögen umgegründet wurde; es erfolgte die Umgründung in einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft. Insofern die Mitglieder der alten Realgemeinde im konkreten Fall nicht als Parteien und Mitglieder der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft anerkannt worden sein sollten, würde eine Verletzung des Eigentumsrechtes des betreffenden (ausgeschlossenen) Mitglieds vorliegen; insofern die Entscheidung der Agrarbehörde über die Feststellung des wahren Eigentümers falsch gewesen sein sollte, würde ebenfalls eine Verletzung des Eigentumsrechtes vorliegen. Die betreffende Rechtsverletzung war freilich im historischen Verfahren wahrzunehmen. Die systematische Überprüfung der agrarbehördlichen Tätigkeit in Tirol aufgrund der Initiative von plattform AGRAR hat freilich gezeigt, dass die Eigentumsverhältnisse durch die Tiroler Agrarbehörde richtig aufgedeckt wurden. Insbesondere kann aus den Maßnahmen der Tiroler Forstregulierung 1847 nur Eigentum einer Gesellschaft von Nutzungsberechtigten hervorgegangen sein; dies hat im Übrigen bereits der Tiroler Landesgesetzgeber mit Novelle zum TFLG 1984, LGBl 18/1984 klargestellt (§ 33 Abs 2 lit a TFLG).

Zur Zusatzfrage 4 zu Pkt I Z 1 des VfGH: „Kann eine bloß fehlerhafte Ansicht über die bei Gemeindegut bestehende Rechtslage diese Rechtslage (auch materiell gesehen) verändert haben?“

Antwort: Eine fehlerhafte Ansicht über die bei Gemeindegut bestehende Rechtslage kann niemals die betreffende Rechtslage ändern. Insbesondere trifft dies zu auf die absurden Feststellungen des Dr. Josef Guggenberger und die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen des Verfassungsgerichtshofs im Erkenntnis B464/07 vom 11.6.2008. Dr. Josef Guggenberger geht im Bescheid vom 9.11.2006 davon aus, dass die historische Agrarbehörde mit dem Hinweis auf die Bestimmung des § 36 Abs 2 lit d bzw. des § 33 Abs 2 lit c TFLG wahres Eigentum der politischen Ortsgemeinde bezeichnen wollte. Diese Unterstellung ist falsch; aufgrund der falschen Unterstellung einer angeblichen historischen Behördenabsicht kann niemals die materielle Rechtslage geändert werden. Die historischen Bescheide sind vielmehr so auszulegen, wie die historische Agrarbehörde diese verstanden hat! Gemeindegut war demnach in allen historischen Bescheiden der Agrarbehörde zu verstehen als Eigentum der Agrargemeinschaft, freilich bei Teilgenosseneigenschaft der Ortsgemeinde bzw. allenfalls daraus abgeleitet bei Anteilsberechtigung der Ortsgemeinde – je nachdem, ob die Ortsgemeinde nutzungsberechtigt war oder bloß nackte (Schein-)Tabularbesitzerin.

Zur Frage Pkt I Z 2 des VfGH: „Hat die vorgenommene Regulierung nur die Nutzungsrechte betroffen? Wenn ja: Wie wird der Substanzwert der Gemeinde wirksam? Wenn nein: In welcher Weise hat sie auf den Substanzwert Betracht genommen?“

Antwort: Der Verfassungsgerichtshof nimmt mit dieser Frage Bezug auf eine Grundsatzentscheidung des jeweiligen Regulierungsverfahrens, welche unterschiedlich beantwortet werden muss, je nachdem welche agrargemeinschaftliche Liegenschaften unter welchen Bedingungen in ein Regulierungsverfahren einbezogen werden. Legt man die praktisch relevanten konkreten historischen Rechtsverhältnisse an agrargemeinschaftlichen Liegenschaften im ehemaligen Regalitätsforstbezirk (das heutige Nordtirol) zugrunde, so sind zwei Arten von agrargemeinschaftlichen Liegenschaften zu unterscheiden: a) Die heutigen Bundesforste-Liegenschaften, auf denen – mangels Vergleichsabschluss durch die historischen Stammliegenschaftsbesitzer in den Jahren 1847 und folgend – die Einforstungsrechte der historischen Holznutzungsberechtigten aufrecht geblieben sind und b) jene historischen Gemeinschaftsliegenschaften, welche aus der Tiroler Forstregulierung 1847 hervorgegangen sind. (Fall c – das auf eine historische schriftliche Verleihungsurkunde gestützte Nachbarschaftseigentum, ist praktisch von untergeordneter Bedeutung).

Die Gemeinschaftsliegenschaften, welche aus der Tiroler Forstregulierung 1847 hervorgegangen sind, sind Eigentum einer Gesellschaft der Nutzungsberechtigten, hervorgegangen aus Forstservitutenablösung oder ersessenes Eigentum der historischen Nutzungsgemeinschaften (Art 2 und 3 des Tiroler Forstregulierungspatents 1847). Die Gemeinschaft der Nutzenden, festgestellt als Parteien des Regulierungsverfahrens, repräsentierte dementsprechend die nicht regulierte Agrargemeinschaft.

Die Variante, welche der Verfassungsgerichtshof in dieser Frage anspricht, würde sich nur stellen, wenn Liegenschaftseigentum, welches als Ergebnis der Tiroler Forstregulierung 1847 beim k.k. Ärar verblieben ist, und auf welchem die Nutzungsrechte der historischen Gemeindeglieder aufrecht blieben, in einer Agrargemeinschaft organisiert worden wäre. Selbstverständlich ist eine derartige Agrargemeinschaftsbildung, welche das Gegenteil einer Servitutenablösungsmaßnahme darstellen würde, nur mit Zustimmung des Liegenschaftseigentümers möglich und rechtmäßig. Liegenschaftseigentum einerseits und Nutzungsrecht andererseits würden diesfalls in der Agrargemeinschaft vereinigt; die Festsetzung der Anteilsrechte an der Agrargemeinschaft kann „gerecht“ in einem derartigen Fall wohl nur unter Zugrundelegung einer Vereinbarung erfolgen.

Dass in dieser Art und Weise in Tirol Liegenschaftseigentum einerseits und Nutzungsrechte der Stammliegenschaftsbesitzer in einer Agrargemeinschaft zusammengeführt worden wäre, scheint jedoch nicht der Fall gewesen zu sein. Genauso wenig scheinen Fälle vorgekommen zu sein, in denen Eigentum eines anderen historischen Grundherrn mit den Nutzungsrechten der Stammliegenschaftsbesitzer gemeinsam in einer Agrargemeinschaft organisiert wurde.

Wenn der Verfassungsgerichtshof in der Fragestellung I Z 2 dezidiert auf den „Substanzwert“ der Gemeinde“ Bezug nimmt, so geht er von den falschen Feststellungen des Dr. Josef Guggenberger aus. Unter der „holzbezugsberechtigten Gemeinde“, hervorgegangen aus den Maßnahmen der Tiroler Forstregulierung 1847, ist die Gemeinschaft der holzbezugsberechtigten Gemeindeglieder zu verstehen – genau jener Fall, den der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis Slg 9336/1982 Pkt III Z 1 Abs 2 der Begründung abgehandelt hat. Während in Tirol in allen Urkunden von der „Gemeinde“ gesprochen wurde, sprechen die Urkunden im historischen Kronland Kärnten ausschließlich von „Nachbarschaft“; während in Kärnten die Grundbücher von Anfang an richtig erstellt wurden, wurde im Tiroler Grundbuch die „holzbezugsberechtigte Gemeinde“ unter den verschiedensten, irreführenden Bezeichnungen einverleibt; erst die Agrarbehörde hat das Grundbuch richtig gestellt und im einem Zug das agrargemeinschaftliche Vermögen im Rahmen einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft organisiert.

Zur Frage I Z 3 des VfGH: „In welcher Beziehung steht der Substanzwert beim Gemeindegut zur Frage der formellen Eigentümerstellung? Ist das Eigentum Voraussetzung oder Folge dieser Eigenschaft?“

Antwort: Die gesamte Fragestellung resultiert ausschließlich aus den FALSCHEN Feststellungen des Dr. Josef Guggenberger im Bescheid vom 9.11.2010 gegen Agrargemeinschaft Mieders. Diese falschen Feststellungen gehen davon aus, dass die historische Agrarbehörde im Ergebnis eine Eigentumsspaltung bewirkt hätte: „Substanz“ sei der Ortsgemeinde zugeordnet worden; nacktes Eigentum samt agrarischen Nutzungen hingegen der Agrargemeinschaft.

Diese Feststellungen des Dr. Josef Guggenberger unterstellen eine Verletzung von Art 7 StGG 1867 durch die historische Agrarbehörde. Diese Feststellungen gehen zurück auf die These von Siegbert Morscher, Gemeinnutzungsrechte am Gemeindegut, ZfV 1982, Seite 5 in FN 32, wonach die österreichischen Agrarbehörden nicht einmal vor dem Nonsens zurückschreckten, Gemeindegut anzunehmen und gleichzeitig das Eigentum an den betreffenden Grundstücken Agrargemeinschaften, also einem davon getrennten Rechtsträger, zuzusprechen

Die Eigentumsspaltung, welche Dr. Josef Guggenberger – in Fortführung der Thesen Morschers – den historischen Agrarbehörden unterstellt, würde jedoch der Institutionsgarantie des Eigentums gem. Art 5 iVm Art 7 StGG 1867 widersprechen; die von Dr. Josef Guggenberger unterstellte Eigentumsspaltung, hier Substanz, dort substanzloses Eigentum und agrarische Nutzungsmöglichkeit, läuft auf eine Wiederbegründung der Adelsherrscher und gespaltenes Eigentum, nämlich Obereigentum des Staates bzw. des Fürsten bzw. des Bürgermeisters oder der Ortsgemeinde einerseits und Nutzungseigentum des „gemeinen Volkes“, der Agrargemeinde, hinaus. Der Substanzwert wurde nie vom Eigentum abgespalten; Substanzwert und formelle Eigentümerstellung wurden als Einheit aufrechterhalten; der „Substanzvorbehalt“ zugunsten der Ortsgemeinde existiert nicht. Die historische Agrarbehörde hat vielmehr geprüft und entschieden, wer wahrer Eigentümer des agrargemeinschaftlichen Grundstückes war; in vielen Fällen wurde das agrargemeinschaftliche Grundstück als „Gemeindegut“ klassifiziert; mit dieser Klassifikation waren die Eigentumsverhältnisse jedoch keinesfalls präjudiziert. Der gesamte von Dr. Josef Guggenberger im Bescheid vom 9.11. 2006 unterstellte Sachverhalt gründet auf dem völlig falschen Ansatz, dass die moderne Definition von Gemeindegut als wahres Eigentum der Ortsgemeinde mit öffentlich-rechtlich durch die Ortsgemeinde begründeten Nutzungsrechte in historische Agrarbehördenbescheide hineininterpretiert wird, welche von einer anderen Rechtslage ausgegangen sind. Vor dem Hintergrund der falschen Feststellungen des Dr. Josef Guggenberger zielt die Frage auf die Beurteilung des scheinbaren Widerspruchs zwischen „Gemeindegutsfeststellung“ und „Eigentumsfeststellung zugunsten der Agrargemeinschaft“.

 

Max Paua

Absurdes Ergebnis auf fiktiver Grundlage

Die von Verfassungsrichter Karl Spielbüchler (*1939 in Bad Ischl; † 2012 in Gosau; im Bild zweiter von links) entwickelte Judikatur zum Gemeindegut mit Erkenntnissen 1982 und 2008 löste bei den Agrariern Tirols zu Recht Händeringen aus. Nur Tirol leidet unter dem neuen Phänomen des „atypischen Gemeindegutes“, einer eigentumslosen Substanz der Ortsgemeinde, das bei der Agrargemeinschaft als substanzloses Eigentum erscheint. Ungeachtet der Tatsache, dass Karl Spielbüchler das „Gemeindegut“ in diesen beiden Erkenntnissen – entgegen einem klaren Willen des historischen Gesetzgebers - zu einem Eigentum der heutigen Ortsgemeinden stempelte, hat Karl Spielbüchler bereits im Grundsatzerkenntnis des VfGH von 1982 /VfSlg 9336/1982) anerkannt, dass das Flurverfassungsrecht auch das Rechtsphänomen berücksichtigt hatte, wonach die „Gemeinde“ eine Gemeinschaft von nutzungsberechtigten natürlichen Personen ist.
Die von Verfassungsrichter Karl Spielbüchler (*1939 in Bad Ischl; † 2012 in Gosau; im Bild zweiter von links) entwickelte Judikatur zum Gemeindegut mit Erkenntnissen 1982 und 2008 löste bei den Agrariern Tirols zu Recht Händeringen aus. Nur Tirol leidet unter dem neuen Phänomen des „atypischen Gemeindegutes“, einer eigentumslosen Substanz der Ortsgemeinde, das bei der Agrargemeinschaft als substanzloses Eigentum erscheint.

Mit Datum 30.06.2008 (VfSlg 18.446/2008 = so genanntes „Mieders-Erkenntnis“) entschied der Verfassungsgerichtshof, dass die Ortsgemeinde Mieders Anspruch darauf hätte, dass der Regulierungsplan der Agrargemeinschaft Mieders geändert werde. Dies deshalb, weil das Regulierungsgebiet eine Gemeindegut der Ortsgemeinde Mieders gewesen und geblieben sei.

Diese Änderung des Regulierungsplanes hätte so auszusehen, dass der Ortsgemeinde alleine und ausschließlich die gesamte Substanz aus dem Regulierungsgebiet zustehe. Aus einem bisherigen Anteilsrecht von 10% solle ein Anteilsrecht erwachsen, welches zusätzlich 100% der „Substanz“ der Ortsgemeinde zuordne.

Dabei wurde zu Grunde gelegt, dass alles, was die Agrarbehörde im seinerzeitigen Regulierungsverfahren als ein „Gemeindegut“ bezeichnet hätte, notwendig ein Eigentum der Ortsgemeinde gewesen sei.

Die Entscheidung im Regulierungsbescheid, wonach ein „Gemeindegut“ vorliege, welches im Eigentum der Agrargemeinschaft stehe, würde bedeuten, dass zweierlei Eigentum festgestellt sei – Eigentum der Ortsgemeinde und Eigentum der Agrargemeinschaft.

Verfassungskonform sei dieser Widerspruch dahingehend aufzulösen, dass der Ortsgemeinde die Substanz zustehe und dass in der Agrargemeinschaft nur die Nutzungsrechte der Mitglieder verwaltet werden.

Grundlage dieser mehr als überraschenden „Verkenntnis“ ist die Fiktion des Gerichtshofes, dass alles das, was in der Vergangenheit als ein „Gemeindegut“ bezeichnet wurde, notwendig und unwiderlegbar ein Gut im Eigentum einer Ortsgemeinde sei.

Ignoriert wurde die historische Tatsache, dass das Flurverfassungsrecht ein „Gemeindegut“ auch als ein Eigentum einer Agrargemeinschaft definierte;
ignoriert wurde die Tatsache, dass ein „Gemeindegut im Flurverfassungsrecht“ nicht durch die Eigentumsverhältnisse, sondern durch die Nutzungsverhältnisse definiert war;
ignoriert wurde die Tatsache, dass die Agrarbehörde als gesetzlicher Richter gem Art 83 B-VG in jedem Einzelfall rechtskräftig entschieden hatte, wer tatsächlich Eigentümer des betreffenden „Gemeindeguts“ war.

Das Mieders-Erkenntnis 2008 ist ein Kunstprodukt übler Rabulistik!

Losgelöst vom Gesetz wurden in freier Rechtsfindung neue Rechtsfiguren wie ein „atypisches Gemeindegut“, geschaffen.

Diese neuen Rechtsfiguren wurden mit dem Ziel geschaffen, die Agrargemeinschaftsmitglieder kalt zu enteignen.

-.-.-.-

1. Lag tatsächlich ein Gemeindeeigentum vor?

a) Gemeindegut und Gemeindevermögen

Zentrale und erste Prämisse des Erk VfSlg 18.446/2008 ist diejenige, dass das Regulierungsgebiet bis zum Zeitpunkt der Regulierung ein „Gemeindegut im Sinn von Eigentum der Ortsgemeinde“ war.

Ein solches Eigentum der Ortsgemeinde war jedoch vom Verfassungsgerichtshof nicht geprüft worden.

Eigentum der Ortsgemeinde war lediglich in den Sachverhaltsfeststellungen Bescheides vom 9.11.2006, AgrB-R741/362-2006, unterstellt worden. In diesem Bescheid hatte der Agrarjurist ehemaliges Eigentum der Ortsgemeinde Mieder behauptet; niemand hatte diese Behauptung im weiteren Verfahrensverlauf überprüft.

b) Hinweise auf historisches Gemeindeeigentum

Die Prämisse des Erk Slg 18.446/2008, wonach die politische Ortsgemeinde bis zur Regulierung Eigentümerin gewesen sei, darf schon wegen ihrer besonderen Bedeutung für künftige vergleichbare Verfahren nicht unkommentiert bleiben.

Wenn der VfGH auf Seite 19 des Originalerkenntnisses Slg 18.446/2008 ausführt, dass „die Gemeinde“ – als Gegensatz zur „Summe der Nutzungsberechtigten“ im Grundbuch einverleibt war, so greift dieser Ansatz aus sachenrechtlicher Sicht zu kurz: Dem historischen Buchstand ist genauso wenig konstitutive Wirkung zuzuerkennen wie dem aktuellen. Der Gerichtshof hat im grundlegenden Erk Slg 9336/1982 selbst darauf hingewiesen, dass der Begriff „Gemeinde“ auch die Summe der Nutzungsberechtigten bezeichnen könne.

Eine falsche oder irreführende Grundbuchseintragung begründet kein Eigentum, sie bedurfte vielmehr der Richtigstellung durch die Agrarbehörde, keinesfalls jedoch des Schutzes durch Art 5 StGG 1867 bzw Art 1 des 1. ZPrMRK.

Für den Gerichtshof war im Verfahren Slg 18.446/2008 freilich von (wahrem) Eigentum der Ortsgemeinde auszugehen, weil entsprechende Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid vom 09.11.2006, AgrB-R741/362-2006 im weiteren Verfahrensverlauf unbestritten blieben.

Die Agrarbehörden jedoch, welche durch das Erk Slg 18.446/2008 angehalten sind, amtswegig zu prüfen, ob Gemeindeeigentum rechtswidrig auf Agrargemeinschaften übertragen wurde oder nicht, werden zu beachten haben, dass wahres Gemeindeeigentum nur aufgrund eines tauglichen Titels entstehen konnte.

Eigentum, das im Zuge der Tiroler Forstregulierung 1847 durch die jeweilige Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten als Ablösegrundstück übernommen wurde, müsste aufgrund eines Eigentumstitels auf die heutige Ortsgemeinde übertragen worden sein, um deren Eigentum zu begründen. Eigentumseinverleibungen auf „Fraktionen“ oder „Gemeinden“ unter Bezugnahme auf die Maßnahmen der Tiroler Forstregulierung 1847 sind jedenfalls – wie oben bereits gezeigt – Einverleibungen auf Agrargemeinden oder Agrarfraktionen. IN derartigen Fällen hat die agrarbehördliche Regulierung kein Gemeindeeigentum auf die Agrargemeinschaft übertragen, sondern es wurden unrichtige bzw irreführende Grundbucheintragungen korrigiert.

c) Zur Interpretation des historischen Grundbuchstandes

Nicht nur der Eigentumstitel gibt Hinweise auf die wahre Natur des Eigentumsträgers; auch die im C-Blatt einverleibten Lasten oder die Feststellungen der Agrarbehörde zu den historischen Nutzungsverhältnissen geben wertvolle Hinweise zur Entscheidung der Eigentumsfrage. Der VfGH war im Erkenntnis B 984/09, B 997/09 vom 05.03.2010 mit dem Sachverhalt konfrontiert, dass die Agrarbehörde im Jahr 1927 (!) von grundbücherlichem Gemeindeeigentum ausgegangen war, ohne über die Eigentumsfrage vor dem Hintergrund der damaligen Rechtslage nach TRLG 1909 zu entscheiden. Hinsichtlich der Nutzungsberechtigten wurde von der Agrarbehörde auf die in der Gemeinde nachweisbare gültige Übung verwiesen, welche auf eine Alpordnung aus dem Jahr 1554 (!) zurückgehe. Danach seien die an der Alpe Nutzungsberechtigten durch folgende Hausnummern der Liegenschaften in der Gemeinde definiert: Die Liegenschaften mit den Hausnummern 1 – 96, jedoch ausgenommen die Liegenschaften mit den Hausnummern 79 – 81. 1965 war das Eigentum durch einen weiteren Bescheid der Agrarbehörde auf der Grundlage des TFLG 1952 zu Gunsten der zwischenzeitlich körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft T, zusammengesetzt aus den jeweiligen Eigentümern der Liegenschaften mit den (alten) Hausnummern 1 – 78 und 82 – 96 (in der Gemeinde J) festgestellt und grundbücherlich übertragen worden. Die Frage ist, ob die Liegenschaft ursprünglich tatsächlich Eigentum der politischen Ortsgemeinde war oder ob wir es mit einer irreführenden Grundbuchseintragung zu tun haben, welche in Wahrheit auf eine „alte Agrargemeinde“ verweist.

Ein solcher Sachverhalt zeigt in geradezu klassischer Weise das Eigentum einer Gemeinde nbR (§§ 26f ABGB). Die Gruppe der Liegenschaftseigentümer mit den bestimmt bezeichneten Hausnummern stützt ihr „Nutzungsrecht“ auf eine (schriftliche) Alpordnung (= Nutzungsordnung) aus dem Jahr 1554, dh auf die Ausübung von „Nutzungseigentum“ über einen Zeitraum von zumindest 450 (!) Jahren. Wer, wenn nicht diese geschlossene Gruppe der historischen Nutzungsberechtigten soll Rechtsnachfolger des Landesherrn in das feudale Obereigentum geworden sein, als dieses im Rahmen der Tiroler Forstregulierung 1847 aufgelöst wurde? Ganz gewiss nicht eine 1849 oder 1866 eingerichtete Ortsgemeinde! Die aus der Zeit der Grundbuchsanlegung stammende Eigentümerbezeichnung, welche auf „Gemeinde J.“ lautete, ist deshalb als „Gemeinde J. nbR gem §§ 26f ABGB“ zu lesen. Es liegt Klassenvermögen gem §§ 26 prov. GemG 1849 bzw 12 TGO 1866 vor. Die Annahmen der Agrarbehörde zu den Eigentumsverhältnissen im Jahr 1927 waren falsch; die bescheidmäßige Klärung der Eigentumsverhältnisse des Jahres durch die Agrarbehörde 1965 war richtig. Zu einem anderen Ergebnis führt die Beurteilung des historischen Grundbuchstandes beispielsweise im Fall einer Schulliegenschaft: Die im Tiroler Grundbuch im Zuge der Grundbuchsanlegung mehrfach unter Hinweis auf den Eigentumstitel „Ersitzung“ einverleibte „Schulgemeinde“ stellt selbstverständlich keinen geschlossenen Kreis von Gemeindegliedern – und daher kein „Classenvermögen“ – dar; vielmehr ist ein solcher Eigentumsträger – jedenfalls dann, wenn es sich nicht zufällig um eine kirchliche Einrichtung handeln sollte – typischerweise als Ortsgemeinde zu identifizieren.

Zwischenergebnis:

Aus der Sicht des Erk VfSlg 18.446/2008 konnten im konkreten Fall nähere Überlegungen zu den historischen Eigentumsverhältnissen am Regulierungsgebiet unterbleiben, weil im erstinstanzlichen Bescheid vom 09.11.2006, AgrB-R741/362-2006, die politische Ortsgemeinde ausdrücklich als ursprüngliche Eigentümerin des Regulierungsgebietes festgestellt war und diese Sachverhaltsfeststellung im weiteren Verfahrensverlauf von niemandem bestritten wurde. Einen anderen Sachverhalt als den unbestritten feststehenden konnte und wollte der Gerichtshof jedoch nicht entscheiden. Der Gerichtshof hatte deshalb von historischem Eigentum der Ortsgemeinde auszugehen. Der (zusätzliche) Hinweis des Gerichtshofes auf eine im B-Blatt des Grundbuchs angeschriebene „Gemeinde“ war überflüssig und klar verfehlt, weil die Intabulation ohne tauglichen Rechtstitel eben gerade kein Eigentum verschafft. Im Bestreitungsfall wären die historischen Eigentumsverhältnisse zu überprüfen.

2. Was war die wirkliche Absicht der Agrarbehörde?

Auch die zweite Prämisse des Erk Slg 18.446/2008, wonach die Agrarbehörde trotz förmlicher Übertragung des Eigentumsrechtes auf die Agrargemeinschaft nicht die Absicht gehabt hätte, über das Eigentum zu entscheiden, kann nicht bedenkenlos akzeptiert werden. Auch hier ist der Gerichtshof von unbestrittenen Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid ausgegangen. Danach lag es (angeblich) nicht in der seinerzeitigen Absicht der Agrarbehörde Eigentum zu übertragen, sondern es sollten nur die agrarischen Nutzungsrechte geregelt und darüber hinaus das „nackte Eigentum“ (nudum jus) auf die Agrargemeinschaft übertragen werden. Das „nudum jus“, verbunden mit agrarischen Nutzungsrechten, wäre dadurch von der Substanz des Eigentums getrennt worden. Der Agrargemeinschaft sei damit sozusagen „substanzloses Eigentum“ übertragen worden. Der Bescheid der Tiroler Agrarbehörde 1. Instanz vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006, insoweit im Erk Slg 18.446/2008 wiedergegeben, stellte dazu wörtlich folgendes fest:

„Die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme … erfolgte ohnehin als nudum jus, als nacktes Recht, weil der Regulierungsplan für Gemeindegut regelmäßig nur die damals (allein zulässige!) agrargemeinschaftliche Wald- und Weidenutzung festschrieb. Mehr Recht sollte und wurde auch durch die Zuordnung von Eigentum an die AG als Regulierungsmaßnahme der Agrarbehörde nicht vermittelt … Diese Tatsache spiegelt sich ebenso in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten wieder, wenn es um die Regulierung von Gemeindegut ging.“

Eine historische Behördenabsicht, welche die „Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut“ als Zuordnung von „nudum jus, als nacktes Recht“ verstanden hat,bedarf schon deshalb der kritischen Überprüfung, weil eine derartige Behördenabsicht notwendig darauf hinausliefe, zivilrechtlich die Substanz des Eigentumsrechtes vom nudum jus (samt den agrarischen Nutzungen) zu „trennen“. Es würde „dauernd belastetes Eigentum“ geschaffen, das nach dem Muster eines feudalen Rechtsverhältnisses dem gemeinen Volk gewisse Nutzungen zuweist (Unter-, oder Nutzungseigentum), jedoch das „Obereigentum“, die Substanz, dauernd einer Staatseinrichtung, der Ortsgemeinde vorbehält. Eine solche historische Absicht der Agrarbehörde stünde in offenem Widerspruch mit der durch Art 5 StGG 1867 (iVm Art 1 des 1. ZPrMRK) und Art 7 StGG 1867 konstituierten bundesverfassungsrechtlichen Eigentumsordnung, der Institutsgarantie des Eigentums (Art 5 StGG) sowie dem Verbot zur Begründung von „Schuldigkeiten oder Leistungen“ aus dem Titel des geteilten Eigentums (Art 7 StGG). Seit dem Jahr 1867 durfte und konnte „geteiltes Eigentum“ in Österreich nicht mehr neu errichtet werden; mit BG vom 24. Juni 2006 BGBl 113/2006 wurden die Regelungen des ABGB über das geteilte Eigentum als obsolet aufgehoben. Die erstinstanzliche Feststellung der Tiroler Agrarbehörde vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 unterstellt deshalb eine historische Behördenabsicht, welche auf eine gegen Art 5 StGG und Art 7 StGG verstoßende „Eigentumsspaltung“ hinauslaufen sollte.

a) Die „Institutionsgarantie“ der Art 5 und 7 StGG 1867

Art 5 StGG 1867 (und Art 1 des 1. ZPrMRK) erfüllt nach einhelliger Auffassung der Verfassungslehre eine doppelte Funktion: Die persönlichkeitsbezogene Individualfunktion, in der die Privatnützigkeit des Eigentums zum Ausdruck kommt, und die gesellschafts- und wirtschaftspolitische Funktion. Letztere sichert im Kontext der sonstigen Grundrechte des Wirtschaftslebens eine marktwirtschaftliche Ordnung durch Aufteilung von Chancen und Risken im Wirtschaftsprozess als Zurechnungsregel der wirtschaftlichen Folgen von Entscheidungen. Man spricht von der „Institutionsgarantie“ des Eigentums. „Historisch gesehen richtet sich die in Art 5 StGG gewährleistete Eigentumsfreiheit vor allem gegen ständische Privilegien der Grundherrn als `Obereigentümer´ und die damit verbundenen Abhängigkeiten und Leistungsverpflichtungen des bäuerlichen Eigentums“. Schon mit Inkrafttreten des ABGB 1811 war sog. „geteiltes Eigentum“ nur in den gesetzlich vorgeschriebenen Formen möglich und im Zweifel nicht anzunehmen. § 359 ABGB (1811) – 2006 wegen (angeblicher) Gegenstandslosigkeit aufgehoben – gestattete die Absonderung des Rechtes auf die Substanz vom Recht auf die Nutzung durch Verfügung des Eigentümers oder kraft Gesetzes. „Nach Verschiedenheit der zwischen Ober- und Nutzungseigentümer obwaltenden Verhältnisse“ wurden „die Güter, worin das Eigentum geteilt ist, Lehen-, Erbpacht- und Erbzinsgüter genannt“ (§ 359 ABGB idF 1811). „In allen Fällen, in welchen die Trennung des Rechts auf die Substanz von dem Recht auf die Nutzungen nicht ausdrücklich erhellet“, war „jeder redliche Besitzer als vollständiger Eigentümer anzusehen“ (§ 360 ABGB S 2 idF 1811).

Bereits aufgrund Art 7 StGG 1867 galt das verfassungsrechtliche Verbot, Liegenschaften mit dauernden unablösbaren Leistungen „nach Art des geteilten Eigentums“ zu belasten. Diese Bestimmung rundet die gesellschafts- und wirtschaftspolitische Institutionsgarantie des Eigentums gem Art 5 StGG 1867 ab: Jede aus dem Titel des geteilten Eigentums auf einer Liegenschaft haftende Schuldigkeit oder Leistung wurde für ablösbar erklärt; jede Neubegründung von unablösbaren Reallasten – unabhängig davon, ob aus dem Titel des öffentlichen oder des privaten Rechts – wurde ausgeschlossen. Seit Inkrafttreten des StGG 1867 können deshalb in Österreich aus dem Titel des geteilten Eigentums keinerlei Lasten oder Ansprüche begründet werden; die Zuordnung der „Substanz“ einer Liegenschaft an jemanden anderen als den zivilen Eigentümer ist seither ausgeschlossen. Eine Interpretation der Agrarbehördenbescheide, die auf eine Spaltung des zivilen Eigentums hinausliefe – und zwar in der Form, dass nur das nudum jus (samt den agrarischen Nutzungen) auf eine Agrargemeinschaft übertragen werden, über die „Substanz des Eigentums“ jedoch zu Gunsten eines anderen Eigentumsträgers verfügt werden sollte – müsste deshalb an Art 7 StGG 1867 scheitern. In diesem Sinn hatte der VfGH schon einer Absonderung des Jagdrechtes vom Eigentumsrecht einen Riegel vorgeschoben. Die von der Agrarbehörde erster Instanz im Bescheid vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 unterstellte historische Behördenabsicht hätte deshalb wegen deren Verfassungswidrigkeit auf Bedenken des Gerichtshofes stoßen sollen – dies auch dann, wenn diese Unterstellung im erstinstanzlichen Bescheid von der betroffenen Agrargemeinschaft (wie geschehen) nicht bekämpft wurde. Die Feststellung zielt nämlich auf „geradezu Unmögliches“ (vgl § 878 ABGB) ab: „Substanz“ ist seit StGG 1867 kein denkbares Substrat, über welches dauerhaft abgesondert vom Eigentumsrecht disponiert werden könnte. Das Verbot zur Begründung von „unablösbaren Grundlasten aus dem Titel des geteilten Eigentums“ gilt gerade auch für die politischen Behörden.

b) Albert Mair als Gewährsmann für einen „Substanzvorbehalt“?

Im Bescheid 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 beruft sich die Behörde als Beleg auf die Abhandlung „Probleme der Regulierung des Gemeindegutes“ von Albert Mair. Diese Abhandlung beweist jedoch exakt die gegenteiligen Absichten der historischen Agrarbehörde! Mair wörtlich zur Frage des Eigentums am „Gemeindegut“: „Eine körperschaftlich rechtsfähige Agrargemeinschaft, deren Existenzvoraussetzung ihrer Rechtsnatur nach die agrargemeinschaftlichen Grundstücke bilden, ist ohne ein tatsächliches Eigentum an dem für die Agrargemeinschaft essentiellen Substrat, nämlich dem gemeinschaftlichen Grund und Boden, unvorstellbar und praktisch widersinnig. Die Agrargemeinschaft leitet sich historisch von der Wirtschaftsgemeinde ab und ist nicht eine bloße Nutzungsgemeinschaft, sondern auch eine Eigentums- und Sachgemeinschaft öffentlichen Rechts.“

            aa) Die Agrargemeinschaft als Nutzungseigentümerin gem § 357 ABGB?

Die Idee einer Agrargemeinschaft als Unter- oder Nutzungseigentümerin gem § 357 ABGB (idF 1811) existierte offensichtlich schon im Jahr 1958 – andernfalls hätte Mair in seinem Referat vor den Österreichischen Agrarbehördenleitern keinen Anlass gehabt, sich so deutlich zu äußern. Gerade dadurch ist jedoch heute dem Versuch, Mair als Beleg für eine Behördenabsicht zur Übertragung von bloßem Nutzungseigentum heranzuziehen, jeglicher Boden entzogen. Mair wird in seinen weiteren Ausführungen sogar noch deutlicher: „Es kann doch dem Gesetzgeber ausgeschlossen zugetraut werden, dass er durch die Normen der Regulierung, die Rechtssicherheit schaffen und Unklarheit beseitigen sollen, auch das Nebeneinanderbestehen zwischen rechtsfähiger Agrargemeinschaft auf der einen Seite und bloßem nacktem [Tabular-]Eigentum der Gemeinde auf der anderen Seite .. für möglich hielt, …“

Wer trotzdem noch bezweifelt, dass Mair und „seine Behörde“ den Agrargemeinschaften Eigentum gem § 354 ABGB zugeordnet hätten, der wird auch durch Mairs abschließende Beurteilung der Rechtsposition der Ortsgemeinde nicht überzeugt werden können: „Die Rechtsposition der Gemeinde ist praktisch auch nach Abschluss des Regulierungsverfahrens und Einrichtung einer körperschaftlichen Agrargemeinschaft, ob die Gemeinde nunmehr Eigentümerin bleibt oder nicht, die vollkommen gleiche, sodass auch die Umschreibung des Eigentums in tatsächlicher Hinsicht für die Gemeinde keinerlei Rechtsnachteile nach sich zieht.“ Mair und „seine Juristen“ ordneten der Agrargemeinschaft das Eigentum somit in den Fällen zu, in denen sie von bloßem Tabularbesitz der Ortsgemeinde ausgegangen waren: Die Ortsgemeinde war vor der Berichtigung des Grundbuchstandes keine Eigentümerin gem § 354 ABGB und sie war es auch nach der Regulierung nicht. Insofern war die Eigentumsübertragung ohne Nachteil für die Ortsgemeinde. Trotzdem hatten die Agrarbehörden dafür Sorge getragen, dass der Ortsgemeinde ein Anteil an der Agrargemeinschaft zugestanden wurde, wenn sich die Nutzungsberechtigten und die „Gemeindeöffentlichkeit“ auf eine Mitnutzung durch diese (irgendwann in der Vergangenheit) verständigt hatten. Die Ortsgemeinde wurde dadurch mit einem Substanzanteil bedacht, der ihr historisch gesehen unter Umständen niemals zugestanden hatte.

            bb) Zur historischen Begründung für die Eigentumsbeurteilung

Die Rechtsauffassung Albert Mairs zu den Eigentumsverhältnissen fand ihre Grundlage in seiner Analyse der Tiroler Forstregulierung 1847, die er zutreffend als „rechtliche Sanktionierung des tatsächlichen Besitzstandes der Realgemeinden“ charakterisierte, weshalb „das ehemalige gemeinschaftliche Allmendgebiet der Gesamtheit der Nutzungsberechtigten nach gesetzlichem Willen zu Besitz und Eigentum zufallen“ sollte. Auch wenn Mair die Tiroler Forstregulierung 1847 nicht in den großen Zusammenhang der generellen Beseitigung der feudalen Eigentumsstrukturen einzuordnen vermochte, so hatte er doch das richtige Ergebnis erarbeitet: Aus den Maßnahmen der Tiroler Forstregulierung 1847 war – soweit der Landesfürst (und heute die Republik Österreich als dessen Nachfolger) das holzbezugsfreie Eigentum nicht zurückbehalten hatte – Privateigentum der ehemaligen Nutzungseigentümer als Gemeinschaft, zwangsorganisiert in den „betreffenden“ „holzbezugsberechtigten Gemeinden“, oder Einzeleigentum der ehemals „Holzbezugsberechtigten“ hervorgegangen.

            cc) Zur Absicht der historischen Agrarbehörde

Die historischen Agrarjuristen gingen somit tatsächlich davon aus, bloß „nackten Tabularbesitz“ zu übertragen; dies jedoch nicht mit dem Ziel, die „Substanz“ vom Eigentum zu spalten, sondern mit gegenteiligem Hintergedanken: Ein (fälschlich) der Ortsgemeinde zugeordneter „nackter Tabularbesitz“ sollte mit der Substanz in der Agrargemeinschaft vereinigt werden. Die Substanz wurde nämlich schon vor der Berichtigung des Grundbuchstandes der Agrargemeinschaft zugeordnet! Dies war die allgemeine Rechtsauffassung der „älteren Schule“ der Tiroler Agrarjuristen – in diese Richtung ging der historische Behördenwille. Die Tiroler Agrarjuristen waren überzeugt, dass die Ortsgemeinde nur über „nackten Tabularbesitz“ disponierte, Buchbesitz ohne Substanz, weshalb die Eigentumsumschreibung eben gerade keine Auswirkung hätte. Der Begriff „Gemeindegut“ wurde somit – aus heutiger Sicht – völlig falsch (und keinesfalls im Sinne der Begrifflichkeit des politischen Gemeinderechts) verwendet. Als „Gemeindegut“ wurden insbesondere auch Liegenschaften bezeichnet, die grundbücherlich rechtsirrig einer Ortsgemeinde zugeschrieben waren, tatsächlich jedoch außerbücherliches Eigentum der „alten Agrargemeinde“ darstellten.

Die historischen Entscheidungen des LAS Tirol aus den Folgejahren zeigen, dass der Sprachgebrauch Mairs in der Verwendung des Begriffes „Gemeindegut“ dem allgemeinen Verständnis der Tiroler Agrarbehörden entsprach: Unter dem Vorsitz des späteren Verfassungsrichters Andreas Saxer hat der LAS Tirol beispielsweise am 5.8.1969 entschieden, dass „die Nutzung des Gemeindegutes rechtshistorisch gesehen aus der gemeinschaftlichen Allmendnutzung hervorgegangen“ sei, weshalb die „Form des Miteigentums ausgeschlossen und das Eigentum der Rechtsnachfolgerin der auf Gewohnheitsrecht beruhenden Realgemeinde, nämlich der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft, einzuräumen“ wäre“. Wenn von „Gemeindegut“ gesprochen wurde, war eben nicht das „echte Gemeindegut“ gemeint, von dem der VfGH im Erk Slg 9336/1982 ausging, sondern „agrarrechtliches Gemeindegut“ – eben solche Liegenschaften, die im Grundbuch rechtsirrig der politischen Gemeinde zugeordnet waren, sodass der Grundbuchstand ohne Eingriff in die Rechtsposition der Ortsgemeinde berichtigt werden konnte. Die Feststellungen im Bescheid vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 zur historischen Behördenabsicht gründen somit nicht in den tatsächlichen historischen Verhältnissen, sondern wohl eher in deren späterer irriger Interpretation, wie sie schon beim Morscher nachgewiesen werden kann. Morscher hatte den historischen Agrarjuristen unterstellt, sie würden „nicht einmal vor dem Nonsense“ zurückschrecken, „Gemeindegut anzunehmen, und gleichzeitig das Eigentum am betreffenden Grundstück einer Agrargemeinschaft … zuzusprechen“. Bereits Öhlinger hat freilich aufgezeigt, dass es jedweder juristischen Sorgfalt und Genauigkeit widerspräche, den historischen Bescheiden der Tiroler Agrarbehörde, die vor der Veröffentlichung des Erkenntnisses VfGH Slg 9336/1982 erlassen wurden, einen Inhalt zu unterstellen, der vom damals geltenden Rechtsverständnis nicht gedeckt war.

            dd) Die „common opinion“ der „alten“ Tiroler Agrarjuristen

Schließlich wird die im Bescheid der Tiroler Agrarbehörde vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 aufgestellte Behauptung eines (historischen) Konsenses der Tiroler Agrarjuristen über den Gebrauch des Begriffes „Gemeindegut“ durch die Stellungnahme widerlegt, die das Amt der Tiroler Landesregierung im Gesetzesprüfungsverfahren VfSlg 9336/1982 vorlegte. Der Gerichtshof zitierte daraus wie folgt: „Der Ursprung [des Gemeindegutes] ist das deutschrechtliche genossenschaftliche Institut der gemeinsamen Nutzung (Allmende), die dem jeweiligen Eigentümern berechtigter Höfe bzw den Gemeindeangehörigen als Allmendnutzungsberechtigten zustand. … Bei der Grundbuchsanlegung wurden einmal die Gemeinde, dann wieder eine Nachbarschaft, eine Fraktion, eine Interessentschaft, die Katastralgemeinde oder die Berechtigten als Miteigentümer eingetragen. Es lag allein im Gutdünken des zuständigen Grundbuchsbeamten, welchen Ausdruck er verwendete. … So gesehen zeigt sich, dass das Gemeindegut nur eine von mehreren historischen Ausformungen der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte darstellt. … Die historischen Zufälligkeiten einer rein tatsächlichen Vorgehensweise dürfen nicht einseitig gesehen werden, weil dann das Gegenteil dessen erreicht werden würde, wozu der Gleichheitssatz verpflichtet, nämlich gleich gelagerte Verhältnisse auch rechtlich gleich zu behandeln. … In diesen Fällen ist die Gemeinde nicht als politische Gemeinde „Eigentümerin“, sondern sie ist als „Erbin“ der alten Realgemeinde anzusehen und damit nicht als Gebietskörperschaft, sondern als Rechtsnachfolger der alten genossenschaftlichen organisierten Realgemeinde (heute als Agrargemeinschaft definiert).“

Es darf unterstellt werden, dass diese Stellungnahme der Tiroler Landesregierung den Gebrauch des Begriffes „Gemeindegut“ durch die Tiroler Agrarjuristen im maßgeblichen Zeitraum (Anfang der 80er Jahre) widerspiegelt. Wie schon Albert Mair Ende der 50er Jahre, verwendete die Tiroler Landesregierung auch Anfang der 80er Jahre den Begriff „Gemeindegut“ keineswegs zur Bezeichnung von wahrem Eigentum der Ortsgemeinden. Das Gegenteil ist der Fall! Die Tiroler Landesregierung erfasste mit diesem Begriff jene Fälle von wahrem Eigentum der „alten Agrargemeinden“, bei denen die Grundbuchsanlegung das Eigentum – statt den tatsächlich berechtigten Agrargemeinschaften – willkürlich einem (vermeintlichen) Rechtsträger im „Umfeld einer Gemeinde“ zugeordnet oder fälschlich eine Ortsgemeinde als Eigentümerin ausgewiesen hatte (durch Verwendung der Begriffe „Gemeinde“, „Fraktion“, „Katastralgemeinde“ usw). Deutlicher als mit dem Satz „Es lag allein im Gutdünken des zuständigen Grundbuchsbeamten, welchen Ausdruck er verwendete“, kann nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass die „obersten Tiroler Agrarjuristen“, von denen diese Stellungnahme der Tiroler Landesregierung Anfang der 1980er Jahre zu verantworten ist, mit der Bezeichnung „Gemeindegut“ jenes Eigentum der „alten Agrargemeinde“ bezeichneten, das im Chaos der Tiroler Grundbuchanlegung willkürlich tatsächlichen oder vermeintlichen Strukturen der Ortsgemeinden zugeordnet worden war. Dabei handelte es sich übrigens um ein Phänomen, das – wie oben gezeigt – keineswegs auf Tirol beschränkt war und dessen Hintergründe bereits erörtert wurden.

Zwischenergebnis:

Die zweite Prämisse des Erk Slg 18.446/2008, wonach die historische Agrarbehörde trotz förmlicher Übertragung des Eigentumsrechtes auf die Agrargemeinschaft nie die Absicht gehabt hätte, über das Eigentumsrecht zu entscheiden, ist zu verwerfen. Die Idee „gespaltenen Eigentums“ mit einer Zuordnung „substanzloser Agrarnutzungen auf nacktem Eigentum“ einerseits und „eigentumslosen Substanzrechts“ zu den Ortsgemeinden andererseits, scheitert an Art 7 StGG 1867 sowie der Institutsgarantie des Eigentums durch Art 5 StGG 1867. Seit Inkrafttreten des TRLG 1935 hatte die Tiroler Agrarbehörde den ausdrücklichen gesetzlichen Auftrag, im Zuge der Regulierung die Eigentumsverhältnisse am Regulierungsbiet festzustellen (§ 38 Abs 1 TFLG 1935). Die rekonstruierten Absichten der Tiroler Agrarjuristen erweisen, dass die historische Behörde ihrem gesetzlichen Auftrag nachkam, die Eigentumsverhältnisse zu klären. Eine gesetzliche Grundlage zur „Erfindung“ eines „neuen Sachenrechts“ in Form eines „gespaltenen Eigentums“ bestand nicht.

3. Wurde Liegenschaftseigentum rechtswidrig übertragen?

Die dritte Prämisse des Erkenntnisses VfSlg 18.446/2008 lautet, die Agrarbehörde hätte sich im Fall von Liegenschaften des „Gemeindegutes“ auf die Regulierung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte beschränken müssen; dies wäre aufgrund der undifferenzierten Einbeziehung der Gemeindegutsliegenschaften in das System der agrargemeinschaftlichen Grundstücke nicht geschehen. Eigentumsübertragungen durch die Agrarbehörde seien im Gesetz – abgesehen vom Fall der Teilung – nicht vorgesehen. Ausgehend von einer Definition des „Gemeindegutes“ als wahres Eigentum der Ortsgemeinde ist dieser Prämisse des Gerichtshofs uneingeschränkt zuzustimmen. Zu relativieren ist die Aussage des Gerichtshofes jedoch insofern, als die Klärung der Eigentumsfrage gerade die historische Kernkompetenz der Agrarbehörde war. Eine Eigentumsübertragung auf die körperschaftlich eingerichtete Agrargemeinschaft war sogar geboten, wenn als Ergebnis des Behördenverfahrens das Eigentumsrecht der historischen Agrargemeinde, nunmehr „reorganisiert“ als körperschaftlich eingerichtete Agrargemeinschaft, erwiesen wurde.

a) Das Regulierungsverfahren als Reorganisationsmaßnahme

Soweit der Kreis der an der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft „Beteiligten“ mit den Anteilsberechtigten übereinstimmte, ist in der Eigentumsübertragung auf die körperschaftlich eingerichtete Agrargemeinschaft ein „gesetzlicher Fall einer Umgründung“ zu sehen. Der Anteil der Mitberechtigten am Eigentum setzt sich im Anteilsrecht an der Agrargemeinschaft fort. Eine ursprünglich zivilrechtlich zu beurteilende Rechtsposition wird in einem öffentlich-rechtlichen Anteilsrecht definiert. Ein Eingriff in das Eigentumsrecht ist darin nicht zu sehen. Sowohl die ursprüngliche Rechtsposition des Anteilsberechtigten am gemeinschaftlichen Eigentum als auch der öffentlich-rechtlich konstruierte Anteil an der Agrargemeinschaft unterliegen dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz. Selbstverständlich gehören derartige Formen der Eigentumsübertragung zur Kompetenz der Agrarbehörden; diese „Reorganisationsmaßnahme“ war ein zentrales Anliegen des Flurverfassungsrechts: Die historischen Gemeinschaftsliegenschaften sollten entweder geteilt oder in Form von Agrargemeinschaften reorganisiert werden.

b) Die Klärung der Eigentumsfrage

Die Agrarbehörde hatte unter anderem zu klären, wer Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft sei. Mit dieser Feststellung alleine konnte sich das Regulierungsverfahren freilich nicht begnügen. Vielmehr wurden in einem solchen Verfahren vier wesentliche Fragen geklärt, nämlich 1. welches die agrargemeinschaftlichen Liegenschaften seien, 2. wer daran nutzungsberechtigt wäre, 3. welcher Anteil jedem Mitglied zukomme und 4. die Eigentumsfrage. Jede dieser Fragen wurde in einem rechtsstaatlichen Verfahren einer bescheidmäßigen Erledigung zugeführt. Ausgehend von dieser gesetzlichen Aufgabenstellung ist vorauszusetzen, dass als Verfahrensergebnis diese vier Fragen beantwortet wurden. Die Behörde hatte also auch die Eigentumsverhältnisse zu klären und bescheidmäßig darüber zu entscheiden. Dazu war und ist die Agrarbehörde berufen und kompetent. „Überschießend“ wird diese Entscheidung nur vor dem Hintergrund der falschen, den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Prämisse, dass die Behörde (angeblich) kein Eigentum übertragen wollte. Es ist allerdings tatsächlich ein Manko der historischen Bescheide, dass sie die Feststellung von „Gemeindegut“ und jene von „Eigentum der Agrargemeinschaft“ begrifflich kombinieren. Freilich konnten die historischen Agrarjuristen nicht ahnen, dass sich ihr ständiger Sprachgebrauch im Jahre 1982 als unpassend und verfehlt erweisen und der Begriff „Gemeindegut“ für „wahres Eigentum der Ortsgemeinde“ reserviert werden würde; schon gar nicht konnten sie damit rechnen, dass dieser Bedeutungswandel im Jahr 2006 dazu verwendet werden könnte, das Ergebnis ihres Ermittlungsverfahrens, nämlich die rechtskräftige Eigentumsfeststellung, durch die Unterstellung einer Art 7 StGG 1867 eindeutig widersprechenden Absicht, „agrarisches Nutzungseigentum“ und „Substanz“ aufzuspalten, zu unterlaufen. Eine derartige „Kompetenz“ der Agrarbehörde findet sich weder im Gesetz, noch lässt sich eine entsprechende Absicht der historischen Tiroler Agrarjuristen nachweisen – und zwar weder bei der durch Albert Mair repräsentierten „älteren Schule“, noch bei der durch Eberhard Lang geprägten „jüngeren“. Die Eigentumsverhältnisse sind zu klären – sei es, dass das Eigentum den Nutzungsberechtigten zusteht und in der Folge in der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft „umgegründet wurde“; sei es, dass die Eigentumsfeststellung zu Gunsten der Gemeinde erfolgte oder – was auch denkbar wäre – zu Gunsten eines anderen Eigentümers, zB der Republik Österreich als Nachfolger des k.k. Aerars.

c) Gewollte Vereinigung von Eigentum und Nutzungsrechten

Unabhängig von den historischen Eigentumsverhältnissen ist die Eigentumsübertragung auf die Agrargemeinschaft jedenfalls dann nicht „überschießend“, wenn alle Beteiligten – einschließlich des grundbücherlich ausgewiesenen Eigentumsträgers – der Eigentumsübertragung im Rahmen eines Parteienübereinkommens zugestimmt hatten und der Agrarbehörde nur mehr die Funktion zukam, diesen Konsens öffentlich zu beurkunden und die Erfüllung der Formvorschriften zum Eigentumsübergang zu gewährleisten. Ein solcher Konsens ist tatsächlich in der Mehrzahl der „Gemeindegutsregulierungen“ historisch nachweisbar. Die Parteien des Regulierungsverfahrens haben diesfalls die anstehende Behördenentscheidung betreffend die Eigentumsverhältnisse privatautonom vorweggenommen.

Für den Eigentümer einer mit Nutzungsrechten belasteten Liegenschaft hat eine solche Reorganisationsmaßnahme, in deren Verlauf die Beteiligten natürlich auch die künftigen Anteilsrechte zu vereinbaren haben, durchaus Sinn: Eine Seite bringt das Eigentumsrecht ein, die andere Seite das Nutzungsrecht. Der ständige Konflikt gegenläufiger Berechtigungen wird aufgehoben und alle Beteiligten disponieren in der Folge über Anteilsrechte am ungeteilten Ganzen. Nicht ohne Grund kennt das bürgerliche Recht den Anspruch des Eigentümers einer mit Nutzungsrechten belasteten Liegenschaft, das Eigentum am belasteten Gut den Nutzungsberechtigten aufzudrängen. Die Bildung einer Agrargemeinschaft stellt offensichtlich die sinnvolle Alternative zu einer solchen „Eigentumsentäußerung“ dar. Es handelt sich dabei übrigens um das glatte Gegenstück zur historischen Servitutenablösung durch Übereignung eines Abfindungsgrundstückes an die Nutzungsberechtigten Zug um Zug gegen Lastenfreistellung des verbleibenden Eigentums, eine Maßnahme, die heute als „Hauptteilung“ ebenfalls im Flurverfassungsrecht geregelt ist.

Zwischenergebnis:

Die dritte Prämisse des Erk Slg 18.446/2008, wonach die Eigentumsübertragung „überschießend“ gewesen wäre, ist somit unter der Voraussetzung eines gesetzmäßigen Verfahrensablaufs nicht denkbar. Demnach klärt die Agrarbehörde die wahren Eigentumsverhältnisse (§ 38 Abs 1 TFLG 1996) und trifft, diesem Ergebnis entsprechend, eine bescheidmäßige Eigentumsfeststellung. Zu Gunsten der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft kann diese Entscheidung nur dann ausgefallen sein, wenn bereits die „unregulierte Agrargemeinschaft“ Eigentümerin war oder wenn sich alle Verfahrensbeteiligten in diesem Sinn geeinigt hatten (weshalb die behördliche Klärung der Eigentumsfrage unterblieben ist). Vor diesem Hintergrund ist eine „überschießende Eigentumsübertragung“ also nur dann denkbar, wenn die Behörde entgegen dem Ermittlungsergebnis oder entgegen dem Inhalt des von den Parteien getroffenen Übereinkommens eine Eigentumsfeststellung zugunsten der Agrargemeinschaft getroffen haben sollte. Eine derartige Widersprüchlichkeit des Verfahrensergebnisses und der Behördenentscheidung musste der Gerichtshof freilich nur deshalb annehmen, weil die (unbekämpften) Feststellungen im Bescheid vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 den historischen Sprachgebrauch der Agrarjuristen nicht berücksichtigten und deshalb den in den historischen Bescheiden verwendeten Begriff „Gemeindegut“ im Sinne des durch das Erk VfSlg 9336/1982 verengten Sprachgebrauches auslegten. Bescheide wären jedoch „aus der zum Zeitpunkt ihrer Erlassung maßgeblichen Rechtslage heraus“ und unter Zugrundelegung des historischen Sprachgebrauches zu interpretieren. Die vermeintliche Widersprüchlichkeit der Eigentumsfeststellung, von welcher der Gerichtshof ausgehen musste, war deshalb nur vor dem Hintergrund der unrichtigen erstinstanzlichen Feststellungen zur historischen Behördenabsicht geben.

4. Wurden Anteilsrechte unter Missachtung des Eigentumsrechts festgestellt?

Schließlich basiert das Erk Slg 18.446/2008 auf der Prämisse, dass ausschließlich die agrarischen Nutzungsverhältnisse der Anteilsfestsetzung zugrunde gelegt wurden. Diese Prämisse ist tatsächlich zutreffend, auch wenn daraus nicht ohne weiteres die Schlussfolgerung gezogen werden darf, dass deshalb die Anteilsfestsetzung zu einem anfechtbaren Ergebnis führte.

a) Das Nutzungsrecht als Ausdruck des Eigentumsanteiles

Die feudalen Besitzverhältnisse mit geteiltem Eigentum (Obereigentum des Landesfürsten, Nutzungseigentum der Privaten) waren in Nordtirol zum ganz überwiegenden Teil durch Servitutenablösungsvergleiche aufgelöst worden, sodass einerseits holzbezugsfreies Staatseigentum entstand, andererseits Gemeinschaftseigentum der ehemals in den „landesfürstlichen Wäldern“ Eingeforsteten. Nahm man Eigentum einer aus den Nutzungsberechtigten gebildeten Gemeinschaft an, wie hätte die Agrarbehörde dann die jeweiligen Anteile der beteiligten Stammliegenschaften bzw ihrer Eigentümer an der zu bildenden Agrargemeinschaft festzustellen gehabt? In jenem Moment, in dem das geteilte Eigentum durch Vereinigung des Ober- und Untereigentums in Händen der bisherigen Nutzungseigentümer endete, musste Eigentum nach dem Verhältnis der Nutzungsanteile entstanden sei. Die Verhältnisrechnung auf der Grundlage der Nutzung des Gemeinschaftseigentums ist deshalb der richtige Weg zur Bestimmung der Anteile am Ganzen. Wesentliche Komponente des Eigentumsrechtes ist das Recht, die Sache zu gebrauchen und den Nutzen daraus zu ziehen. Wer über die Miteigentumsquoten einer Personengruppe zu entscheiden hat, die über Jahrhunderte Gemeinschaftseigentum ohne nähere Vereinbarung genutzt hat, muss sich bei der Feststellung der Eigentumsquoten notwendig daran orientieren, in welchem Verhältnis die jeweiligen Nutzungsrechte zueinander stehen. Der individuelle Nutzungsanteil repräsentiert den individuellen Anteil am gemeinschaftlichen Eigentum. Dies wird gerade dann offensichtlich, wenn das Eigentumsrecht auf eine Maßnahme im Rahmen der Servitutenablösung zurückgeführt werden kann.

Dass die Regulierungsverfahren zum Teil beträchtlichen Aufwand auf die Feststellung dieser Nutzungsanteile verwendeten, liegt zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auch daran, dass die historischen Gemeinschaften teilweise hoch komplexe Nutzungsordnungen aufgestellt hatten, denen bei der Regulierung Rechnung zu tragen war. Dabei wurde zwischen Bauholz, Zaunholz und Brennholz unterschieden; die Anteile an Gemeinschaftsalpen wurden in Auftriebsrechten gemessen, teilweise gegliedert nach den verschiedenen Viehgattungen wie Sennvieh, Galtvieh, Schafrechten, Pferden, Ochsen; gemessen wurde in Kuhrechten, Grasrechten, „Kuhfuhren“ – all dies unter Umständen auch noch nach Bruchteilen. Es entspricht jedoch voll und ganz dem zivilrechtlichen Eigentumsverständnis, wenn anhand einer unangefochtenen Nutzungsordnung ab jenem Zeitpunkt, ab dem die feudale Eigentumsbeschränkung weggefallen war – Gemeinschaftseigentum der Nutzenden angenommen wird.

b) Die Bestimmung des Anteils der Ortsgemeinde

            aa) Zur Rechtslage nach TRLG 1909

Das Tiroler Flurverfassungsrecht hatte schon in der „Urfassung“ gem TRLG 1909 eine Spezialregelung zur Bestimmung des „Gemeindeanteiles“ enthalten. Voraussetzung für die Zuerkennung eines solchen war jedoch, dass die Gemeinde zu Recht, dh aufgrund eines gültigen Eigentumstitels im „öffentlichen Buch“ als Eigentümerin einverleibt war. Dieser Gemeinde gebührte dann – sofern nicht besondere Umstände ein anderes Verhältnis begründeten oder eine anderweitige Vereinbarung erzielt wurde – ein Anteilsrecht von 10% an der zu bildenden Agrargemeinschaft. Dieses Anteilsrecht, welches gerade nicht davon abhängig war, dass die Gemeinde mitnutzungsberechtigt war, sollte die Repräsentation des Eigentümers in der Agrargemeinschaft vermitteln. Als Abgeltung für eine Einbringung des Eigentumsrechtes ist dieses Anteilsrecht hingegen nicht zu sehen, weil auch das TRLG 1909 für die Errichtung einer Agrargemeinschaft keine Eigentumsübertragungen voraussetzte, sondern die Klärung der Eigentumsfrage – allerdings ohne die Klärung derselben explizit für jeden Regulierungsfall verpflichtend vorzuschreiben.

            bb) Zur Rechtslage gem TFLG 1935 bis zur TFLG-Novelle 1984

Mit dem TFLG 1935 wird bei der Bestimmung des Gemeindeanteiles eine Systemänderung vollzogen: Wohl im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die Klärung der Eigentumsfrage für jeden Regulierungsfall der Behörde verpflichtend auferlegt wurde, erfolgte die Bestimmung eines Anteilsrechts der Gemeinde an der Agrargemeinschaft losgelöst von der Eigentumsfrage bei Erfüllung folgender Voraussetzungen: Einverleibung im öffentlichen Buch als Eigentümerin oder Tragung der Grundsteuer und Teilnahme an den Nutzungen – wiederum unabhängig von dem durch das Eigentum an Stammsitzliegenschaften vermittelten Nutzungsanteilen. Die Anteilsberechtigung wurde nicht mehr verknüpft mit der Frage, ob die Einverleibung im öffentlichen Buch zu Recht oder zu Unrecht bestand, dh das Anteilsrecht stand unabhängig davon zu, ob die Klärung der Eigentumsfrage zu Gunsten oder zu Ungunsten der Ortsgemeinde erfolgte. Dieses Anteilsrecht wurde mit „einem Fünftel des agrargemeinschaftlichen Besitzes bestimmt“. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen dem Stand gem TFLG 1952, allerdings wird dort primär auf den tatsächlichen Nutzungsanteil abgestellt, sodass der Gemeindeanteil auch höher sein konnte, als die Mindestquote. Das TFLG 1969 präsentiert eine unveränderte Gesetzeslage, ebenso das TFLG 1978.

Bis zu der durch das Erk VfSlg 9336/1982 veranlassten Novellierung des TFLG im Jahr 1984, bestimmte sich das Anteilsrecht der Ortsgemeinde somit losgelöst vom Eigentumsrecht entsprechend den (faktischen) Nutzungsanteilen – unter der Voraussetzung tatsächlicher Nutzung durch die Ortsgemeinde unabhängig von den durch Eigentum an Stammsitzliegenschaften vermittelten Nutzungsrechten mindestens mit 20% des Wertes der zu teilenden oder zu regulierenden Liegenschaften. Diesen Regelungskonzept kann keinesfalls eine Absicht des historischen Landesgesetzgebers unterstellt werden, wonach die Ortsgemeinden im Verhältnis zu den Stammliegenschaftsbesitzern benachteiligt werden sollten. Das Gegenteil ist der Fall: Der historische Landesgesetzgeber war bei diesen Bestimmungen zur Regelung des „Gemeindeanteiles“ nämlich von den konkreten Tiroler Verhältnissen ausgegangen, wonach „die [Orts-]Gemeinden bei ihrer Entstehung überhaupt keinen eigenen Grundbesitz hatten“, weshalb sich das „Gemeindegut“ in Tirol zwangsläufig als von der Realgemeinde stammendes „seit alters her deutsch-rechtlichen Rechtsverhältnissen“ unterliegendes Grundvermögen darstellte.

Diese Auffassung, die beispielsweise im Vortragsmanuskript des langjährigen Leiters der Tiroler Agrarbehörde, Albert Mair, aus dem Jahr 1958 niedergelegt ist, stützt sich auf die spezifischen historischen Rechtsverhältnisse in Tirol zwischen Realgemeinde und politischer Ortsgemeinde, welches er im einem Verdrängungsprozess charakterisiert sah, der auf unrichtiger Interpretation der Gemeindeordnung und der Tiroler Forstregulierung 1847 (von Mair “Waldzuweisungsentschließung“ genannt) beruhe. Das Hauptargument für die „Einverleibung“ des agrargemeinschaftlichen Besitzes in die politische Ortsgemeinde, nämlich die „angebliche gesetzliche Universalsukzession“ erklärte Mair als nicht stichhältig. Nach diesem Standpunkt musste die Prüfung der Eigentumsverhältnisse deshalb im Regelfall zum Nachteil der Ortsgemeinde ausfallen. Der auf faktische Nutzung gründende Gemeindeanteil erweist sich damit als 20%ige Mindestanteil erweist sich damit bei näherem Hinsehen als Konzession an öffentliche Interessen, welche vor dem Hintergrund der historischen Verbindung der Stammliegenschaftsbesitzer mit dem örtlichen Gemeinwesen erklärbar ist. Spätestens mit dem Erk VfSlg 9336/1982 ist freilich die historische Durchtrennung dieser Verbindung nicht mehr zu leugnen. Unter der Voraussetzung, dass die Eigentumsentscheidung zu Gunsten der Agrargemeinschaft zu fällen war, ist deshalb die Festsetzung des Gemeindeanteiles auf Basis der Nutzungsverhältnisse unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes gem Art 5 StGG in Frage zu stellen. Die Implementierung der Ortsgemeinde als anteilsberechtigt auf der Grundlage der faktischen Nutzungsverhältnisse führt zwangsläufig zu einer Verkürzung der Stammliegenschaftsbesitzer im Eigentumsrecht, wenn die regelmäßig erst in einem späteren Verfahrensabschnitt abgeschlossene Klärung der Eigentumsfrage zu dem Ergebnis führt, dass seit jeher die Stammliegenschaftsbesitzer als nicht regulierte Agrargemeinschaft, vormals „moralische Person gem § 26 f ABGB“ Eigentümer waren.

            cc) Zur Rechtslage seit TFLG-Novelle 1984

Auf der Grundlage des Erk VfSlg 9336/1982 erfolgte mit der TFLG-Novelle 1984 ein radikaler Bruch mit der durch das TFLG 1935 begründeten „agrarrechtlichen Tradition“: Das im Ergebnis aus nacktem Tabularbesitz in Verbindung mit faktischer Mitnutzung abgeleitete Anteilsrecht wurde beseitigt; ein Anteilsrecht der Ortsgemeinde setzt seither Eigentum der Ortsgemeinde am Regulierungsgebiet voraus. Der Begriff der in den „öffentlichen Büchern als Eigentümerin eingetragenen Gemeinde“ als Anknüpfung für das Anteilsrecht wurde in den einschlägigen Gesetzesbestimmungen beseitigt. Begleitend wurde die exemplarische Aufzählung von agrargemeinschaftlichen Liegenschaften in § 33 Abs 2 TFLG neu definiert: Das „Gemeindegut“ wurde als „Eigentum“ der Ortsgemeinde definiert; alle aus der Tiroler orstregulierung 1847 hervorgegangenen Liegenschaften wurden als eigenständige Gruppe von agrarischen Liegenschaften ausdifferenziert. Das Anteilsrecht der Ortsgemeinde in der Agrargemeinschaft von mindestens 20% setzt seit dieser Novellierung Eigentum der Ortsgemeinde am Regulierungsgebiet voraus; ein höheres Anteilsrecht (zusätzlich) eine entsprechende Nutzungsquote; im Fall der Hauptteilung ist das Eigentumsrecht gesondert abzufinden.

Ausgehend von dem im Erk VfSlg 9336/1982 definierten Grundsatz, dass dem Eigentumsrecht und nicht den Nutzungsverhältnissen der Vorrang gebührt, sind richtiger Weise die Eigentumsverhältnisse am Regulierungsgebiet zu klären, bevor ein Gemeindeanteil an der Agrargemeinschaft bestimmt wird. Nackter Tabularbesitz kann unabhängig von den faktischen Nutzungsverhältnissen richtiger Weise kein Anteilsrecht vermitteln. Eine Mitnutzung des Regulierungsbietes durch die Ortsgemeinde vermittelt dementsprechend seit der TFLG-Novelle 1984 kein Anteilrecht derselben – unabhängig davon, ob die Gemeinde (zu Unrecht) im Grundbuch einverleibt war. Mit der Regulierung der Agrargemeinschaft und Übernahme der „Selbstverwaltung“ durch die Stammliegenschaftsbesitzer verliert die Ortsgemeinde nach dieser durch das Erk Slg 9336/1982 erzwungenen Gesetzesnovellierung zwangsläufig die Mitnutzung. Freilich ist die Ortsgemeinde damit auch aller Verwaltungstätigkeit enthoben.

Zwischenergebnis:

Die Prämisse, wonach die Nutzungsverhältnisse für die Festsetzung der Anteilsrechte im Zuge der Regulierungsverfahren für maßgeblich erachtet wurden, ist zweifelsfrei richtig. Eine solche Vorgangsweise entsprach der Rechtslage bis zur TFLG-Novelle 1984. Unter den speziellen Tiroler Verhältnissen sind die Ortsgemeinden deshalb zu Anteilsrechten gekommen, obwohl diese kein Eigentumsrecht besaßen. Rückblicken ist diese Regulierungspraxis verfassungsrechtlich bedenklich, soweit die Anteilsrechte und die Eigentumsverhältnisse nicht ohnehin aufgrund von Parteienübereinkommen festgelegt wurden. Gegen eine allseits einvernehmlich umgesetzten Regelung der Beteiligungs- und der Eigentumsverhältnisse kann der Vorwurf der Rechtswidrigkeit nicht erhoben werden.

Die Behördenpflicht zur Ermittlung des wahren Sachverhaltes

Der wahre Sachverhalt der Regulierung der Beschwerdeführerin unterscheidet sich im Wesentlichen in drei Punkten von dem, was Dr. Josef Guggenberger im Bescheid vom 9.11.2006 falsch und einseitig festgestellt hatte:

a) Die politische Ortsgemeinde war zu keinem Zeitpunkt Eigentümerin des Regulierungsgebietes, sondern stand das Regulierungsgebiet sei jeher im Nutzungseigentum und seit 1848 im Volleigentum der Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten (Ablöseliegenschaft aus Servitutenregulierung);

b) die Agrarbehörde hat entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung (§ 38 Abs 1 TFLG) im Regulierungsverfahren die Eigentumsverhältnisse geklärt: Wahres Eigentum der nicht regulierten Agrargemeinschaft wurde als solches festgestellt und in der Agrargemeinschaft umgegründet (irreführend unter der Bezeichnung „Gemeindegut“ bzw „Fraktionsgut“); wahres Eigentum der Ortsgemeinde wurde aus dem Regulierungsgebiet ausgeschieden und als Eigentum der Ortsgemeinde festgestellt (irreführend unter der Bezeichnung „Gemeindevermögen“);

c) Mit dem Begriff „Gemeindegut“ bzw „Fraktionsgut“ hat die Tiroler Agrarbehörde – in voller Übereinstimmung mit dem Tiroler Flurverfassungsgesetz – eine agrargemeinschaftliche Liegenschaft verstanden, deren Eigentumsverhältnisse in Zuge der „agrarischen Operation“ zu klären sind: Es kann sich um ein Eigentum der Ortsgemeinde handeln; es kann sich aber auch um ein Eigentum einer Agrargemeinschaft handeln. Die Agrarbehörde hat nach den wahren Eigentumsverhältnissen entschieden, nach Möglichkeit aufgrund einer Übereinkunft aller Beteiligten.

MP