Massiver Widerstand der Tiroler gegen das Landesfürstliche Obereigentum an den Tiroler Wäldern und Almen hatte Kaiser Ferdinand I. bewogen, im Jahr 1847 reinen Tisch zu machen: Der Rechtsanspruch auf das landesfürstliche Obereigentum an den Allmend-Liegenschaften wurde aufgegeben.
Ende der 1830er Jahre waren in Tirol heftige Rechtsstreitigkeiten ausgebrochen. Die Grundbesitzer prozessierten gegen den Landesfürsten. Gegenstand waren die Eigentumsverhältnisse an den Tiroler Wäldern. Ein anonymer Bericht in der Österreichischen Vierteljahresschrift für Forstwesen aus dem Jahr 1851 berichtet von hunderten (!) anhängigen Rechtsstreitigkeiten. Die staatliche Forstverwaltung sei nur mehr mit der „Sammlung von Klagebehelfen und Instruierung von Klagen“ beschäftigt gewesen. Von verschiedenster Seite wurde in dieser Situation in Wien interveniert, wo das staatliche Berg- und Forstwesen seit Anfang der 1840er Jahre in den Händen von Freiherr Carl Friedrich Kübeck lag. Auf dessen Initiative ist es zurückzuführen, dass Kaiser Ferdinand I. das (Tiroler) Forstregulierungspatent vom 6. Februar 1847 erlassen hat. Mit diesem Gesetz wurden die Eigentumsverhältnisse an den Allmenden, den Gemeinschaftsalmen, Gemeinschaftswäldern und Gemeinschaftsauen sowie generell an den Tiroler Wäldern neu geregelt. Der Tiroler Landesfürst hat sein Obereigentum an den Allmenden und generell an den Wäldern aufgegeben. Diese Reformmaßnahme kann als ein Vorläufer der im September 1848 im Wiener Reichstag beschlossenen „Grundentlastung“ angesehen werden und diese mag dazu beigetragen haben, dass die Tiroler auch im Jahr 1848 loyal zum Herrscherhaus standen.
Art. 1 des Forstregulierungspatents 1847 unterteilte Tirol in zwei Regionen, zum einen das heutige Nordtirol samt einigen bestimmt bezeichneten Forsten Südtirols, zum andern das restliche Tirol einschließlich Osttirol. Immer wieder wird diese Unterscheidung übersehen. Staatliche Maßnahmen in Nordtirol waren die Anerkennung von ersessenem Eigentum, die Privatforsteigentumspurifikation gem.Art. 2 des Forstregulierungspatents 1847 und die Ablösung der Holznutzungsrechte gegen privates Gemeinschaftseigentum, Maßnahme gem. Art. 3 des Forstregulierungspatents 1847. Außerhalb Nordtirols hat der Tiroler Landesfürst generell auf sein historisch überholtes „Obereigentum“ an den Allmenden, das waren die Gemeinschaftsalmen, die Gemeinschaftswälder und die Gemeinschaftsauen, verzichtet (Art. 6 Forstregulierungspatent 1847).
Als zuständige Instanz zur Prüfung des Privateigentums an den Allmend-Liegenschaften für Nordtirol wurde eine -eigene Kommission eingesetzt, die „Privatforsteigentums-Purifikations-kommission“. Diese Kom-mission hatte die Aufgabe, alle behaupteten Ansprüche zu prüfen, bestehendes Privateigentum anzuerkennen und zu dokumentieren.- Alle Eigentumstitel sollten nach den Grundsätzen des Allgemeinen Bürgerlichen Rechts geprüft werden. Gedacht war in erster Linie an Ersitzungstatbestände. Bei zweifelhaften Ansprüchen sollte versucht werden, einen Vergleich zu erzielen, anderenfalls die Partei an das „kompetente ordentliche Gericht“ zu verweisen wäre. Die Kommission erstellte sogenannte „Privatforsteigentums-Purifikationstabellen“. Diese Tabellen wurden nach der damaligen Gerichtseinteilung gegliedert angelegt. Es gibt solche Tabellen für die damaligen Landgerichte Ischgl und Ried, genauso wie die noch heute bestehenden Land-gerichte Kufstein und Kitzbühel. Es ist jeweils die Person des Anmeldenden verzeichnet, teilweise der Rechtsgrund, auf den sich der Anmeldende berufen hat, weiters ob besondere Anmerkungen zu machen seien und ob das Eigentum anerkannt oder nicht anerkannt wurde. Beispielsweise zählt die Privatforsteigentums-Purifikationstabelle des Landgerichts Silz 59 Tabellen samt „Fortsetzungen“ dazu.
Die „Instruktion für die Forsteigentumspurifikationskommission“ vom 17.06.1847, eine Ausführungsverordnung zum Forstregu-lierungspatent vom 06.02.1847, definierte die Details. Insbesondere wurde klargestellt, dass ein von der Privatforsteigentums-Puri-fikationskommission anerkanntes Privat-eigentum „von künftigen aerarischen Ansprüchen enthoben und gesichert“ sei. Wegen des Waldeigentums, das für das Land Tirol so besondere Bedeutung hätte, sollten in Tirol nie mehr streitige Differenzen zwischen dem Staat und den Privaten entstehen. Die vorgesehene Maßnahme sollte vielmehr derartigen Streitigkeiten für alle Zukunft vorbeugen. Ausdrücklich wurde am 17.06.1847 folgende Aufgabenstellung definiert: „Die Commißion hat also die Bestimmung, in jenen Forstgebieten Tirols, in welchem das lf. Forsthoheits-Recht als Regel aufrecht verbleibt, Namens der obersten Finanzverwaltung – welche dieses Hoheitsrecht zu wahren, und aus demselben jeden Privat-Forstbesitzer zur Nachweisung seines Besitztitels aufzufordern berechtiget ist – das Privatforsteigenthum im außergerichtlichen Wege zu liquidiren, wodurch dasselbe von künftigen aerarischen Ansprüchen enthoben und gesichert, und in dieser, besonders für das Land Tirol wichtigen Beziehung den streitigen Differenzen zwischen den Privaten und dem Aerar ein Ziel gesetzt, und für die Zukunft begegnet werden soll.“
Ferdinand I. verfügte per Gesetz eine grundlegende Neugestaltung der Eigentumsverhältnisse an den Tiroler Forsten; dies durch die allerhöchste Entschließung vom 6. Februar 1847, das so genannte Forstregulierungspatent. Einerseits wurde ersessenes Waldeigentum anerkannt; andererseits wurden die Holzbezugsrechte der Feuerstattbesitzer in Gemeinschaftseigentum an Waldstrecken abgelöst – dies gemeinschaftlich für die einzelnen Nachbarschaften. Wer tatsächlich holzbezugsberechtigt war, wurde zuvor streng geprüft. Es galt folgende Generalregel: Die Ablösungskommission hatte sich gegenwärtig zu halten, dass Holzbezugsrechte nur dem Bauernstande, den Besitzern von Grund und Boden, zustanden. Neubauten oder Zubauten waren nicht zu berücksichtigen, ebenso wenig der Holzbedarf der so genannten „Inwohner“. Auch die Gewerbetreibenden waren vom Holzbezugsrecht ausgeschlossen, es sei denn, dass diese über die Verjährungszeit „Feuerstattzins“ bezahlt hätten. Umgekehrt wurde bei den Grundbesitzern eine wichtige Einschränkung gemacht: „Es findet die Einbeziehung solcher Gutsbesitzer, welche bereits eine ihrem Bedarf entsprechende Waldfläche in Folge Auftheilung oder Verleihung [zu Eigentum] oder die überhaupt aus einem stichhältigen Grunde gegenwärtig keine Einforstungsrechte in den Staatsforsten besitzen, in die Zahl der Gemeindeglieder nicht statt, für deren Bedürfniß durch die Abtretung von Aerarialforsttheilen zu sorgen ist.“
Carl Friedrich von Kübeck, Freiherr von Kübau (*1780 in Iglau/Mähren; † 1855 in Hadersdorf/Wien), ab 1840 Präsident der Allgemeinen k. k. Hofkammer und ab 1841 auch Leiter des Präsidiums für das gesamte Münz- und Bergwesen.
Die Tiroler haben es im Wesentlichen Freiherrn Carl Friedrich von Kübeck zu verdanken, 1847 Leiter des Präsidiums für das gesamte Münz- und Bergwesen, dass Kaiser Ferdinand es gestattete, die Tiroler Wälder teilweise als Privateigentum anzuerkennen. Freiherr von Kübeck hatte zuvor schon das staatliche Finanzwesen reformiert; er war der Vordenker eines österreichischen Eisenbahnnetzes und eines staatsweiten österreichischen Telegraphennetzes. Ein Bericht aus dem Jahr 1851 nennt folgende Zahlen: Im heutigen Nordtirol waren an Waldfläche ca. 550.000 Niederösterreichische Joch betroffen; hiervon wurden als Privateigentum „purifiziert“ ca. 40.000 Joch. Zur Ablösung des Bezugsrechts von beiläufig 217.000 Niederösterreichische Klafter Holz wurden in das Eigentum der Nachbarschaften abgetreten: 355.000 Joch. Es verblieben als Staatseigentum ca 155.000 Joch mit einem Durchschnittsertrag von beiläufig 75.000 NÖ Klafter Holz. Im großen Durchschnitt stellte sich für jede Familie ein Bedarf von 6 Klafter Holz zu 108 Kubikfuß Raum heraus und dieser wurde durchschnittlich mit einer Waldfläche von 9,9 Joch abgelöst, wovon im Durchschnitt 10 % unproduktiv waren. Zur vollständigen Bedarfsbedeckung der Bezugsberechtigten wurde kalkuliert, dass das Joch produktiver Waldfläche nahezu 0,67 Klafter Durchschnittsertrag liefern müsste, was den Forsttechnikern damals erreichbar schien, aber voraussetzen würde, dass eine ungleich bessere als die bestandene Waldwirtschaft betrieben wird.
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die Tiroler Forstregulierung 1847
das Gemeindeeigentum der Forstregulierung 1847
MP