„Die tiefere Wurzel der auf dem Gebiet der Tirolischen bäuerlichen Nutzungsrechte an den Gemeinde- und Fraktionswäldern in Österreich einzigartigen kritischen und komplizierten Situation ist auf die falsche Auslegung der Waldzuweisung aus dem Jahr 1847 zurückzuführen. Die kaiserliche Waldzuweisung wollte eindeutig den bäuerlichen Alpenwirtschafts- und Realgemeinden die Waldungen zum Besitz und Nutzung zuweisen und man hat trotz dieses klaren Gesetzeswillens durch die spätere Gemeindegesetzgebung in einer völlig falschen rechtlichen Beurteilung und Auslegung des Waldzuweisungspatentes diese Wirtschaftsgemeinden mit den erst nach der Waldzuweisung 1847 entstandenen politischen Ortsgemeinden gleichgesetzt und diesen politischen Gemeinden grundsätzlich dann auch in den meisten Fällen das Eigentum am agrargemeinschaftlichen Gut einverleibt.“
Dezeniumsbericht der Tiroler Agrarbehörde 1949 bis 1958“, III b1 vom 28. Juli 1959, „Tätigkeitsbericht der Agrarbehörde
Abteilung III b1
Innsbruck, am 28. Juli 1959
Betrifft: Tätigkeitsbericht der Agrarbehörde.
Herrn
Landesrat Eduard Wallnöfer
im Hause
In Entsprechung des Erlasses vom 21.04.1959 wird von der gefertigten Abteilung für die Jahre 1949 bis 1958 folgender Tätigkeitsbericht erstattet:
Eingangs wäre darauf zu verweisen, dass die Erstellung eines Tätigkeitsberichtes für den geforderten langen Zeitraum hinsichtlich der rein statistischen Darstellung der erledigten oder in Bearbeitung genommenen Rechtssachen für eine Rechtsabteilung der Agrarbehörde deshalb besonders schwierig und außerordentlich zeitraubend ist, weil einerseits bisher im Gegensatz zu den technischen Abteilungen eine jährliche Zusammenstellung der geleisteten Arbeiten bei den Rechtsabteilungen nicht üblich war und andererseits die abgeschlossenen Akten und die Protokollbücher, soweit sie mehr als drei Jahre zurückliegen, sämtliche bereits an das Landesarchiv abgegeben wurden. Durch den enormen Anfall agrarischer Rechtssachen wäre die Unterbringung der Akten und Protokollbücher bei der Abteilung schon räumlich einfach unmöglich. Trotz dieser Hemmnisse wurde versucht, durch Einschau in die Protokollbücher und in die Akten selbst die Tätigkeit einigermaßen schlüssig zu erfassen.
In die Kompetenz der Abteilung fallen nach der Geschäftsordnung mit Ausnahme der Grundzusammenlegungen, Flurbereinigungen und Arrondierungen praktisch die gesamten nach den Verwaltungsvorschriften der Bodenreform zu behandelnden agrarischen Rechtssachen und die Führung der ehemaligen Landesstelle (Bauernentschuldung) im Wege der mittelbaren Bundesverwaltung.
Im Konkreten handelt es sich um folgende Rechtsgebiete:
A) Die Verfahren nach den Bestimmungen des Flurverfassungslandesgesetzes, die sich wieder unterteilen in die Regulierungen agrargemeinschaftlicher Grundstücke als Basis der körperschaftlichen Zusammenfassung der Nutzungsberechtigten in rechtsfähige Agrargemeinschaften; die Teilungen agrargemeinschaftlicher Grundstücke in Form von Hauptteilungen (Auseinandersetzungen zwischen Gemeinden, Agrargemeinschaften), Einzelteilungen (Auflösung des agrargemeinschaftlichen Besitzes in Einzeleigentum) oder Sonderteilungen (Ausscheidung einzelner Mitglieder aus der Agrargemeinschaft durch Abfindung in Grund und Boden) und die Entscheidung über sämtliche, den agrargemeinschaftlichen Besitz und die Nutzung betreffenden Streitigkeiten außerhalb des Verfahrens.
B) Die Verfahren nach dem Wald- und Weideservitutengesetz vom 17.03.1952, LGBL Nr 21, und zwar als a) Servitutenregulierungen und Neuregulierungen b) Ablösungen in Grund und Boden, Geld- oder Anteilrechten c) Entscheidungen außerhalb des Verfahrens hinsichtliches des Umfanges und Bestandes von Servitutsrechten sowie zur Sicherung der Servitutsrechte gegen unbefugte Eingriffe seitens des Belasteten in Form von übermäßigen Schlägerungen, Aufforstungen oder Verzäunungen sowie hinsichtlich der Elementar- und Gewerbeholzbezüge und dergleichen.
C) Verfahren nach dem Alpenschutzgesetz vom 29.01.1920 durch: a) Erstellung von Wirtschaftsplänen b) Entscheidungen zur Sicherung des Bestandes der Alpen, der Bestoßung durch Zwangsverpachtung oder zwangsweise Aufnahme von Alpenvieh.
D) Verfahren nach dem Güterseilwegelandesgesetz 1933, LGBl Nr 56 zur Einräumung von Bringungsrechten im Zwangswege oder auf freiwilliger Basis als Grundlage der Errichtung von a) Güterwegen bei gleichzeitiger Bildung von Genossenschaften b) Seilbahnen als Genossenschaftseigentum oder als Einzelanlagen c) Erschließung landwirtschaftlicher Grundstücke oder Liegenschaften, die von fremdem Boden ohne Rechtsweg umschlossen sind, durch Einräumung von Wegerechten.
E) Agenden der Landesstelle nach der Entschuldungsverordnung: a) Regelung und Kontrolle des Rückflusses der Ratenzahlungen aus den seinerzeit aus Reichsmitteln gewährten Darlehen b) Aufsichtsbehördliche Überwachungstätigkeit zur Verhinderung einer planlosen Wiederverschuldung und Neubelastung ehemals entschuldeter Betriebe.
Die Tätigkeit der Rechtsabteilung war im Berichtszeitraum im Allgemeinen durch ein geradezu rapides Ansteigen der anfallenden Rechtssachen, insbesondere auf dem Sektor der Regulierung der Gemeindeguts- und Fraktionswälder charakteristisch. Hinsichtlich der geleisteten Arbeit selbst ergibt sich folgendes Bild:
I. Verfahren nach den Bestimmungen des Flurverfassungslandesgesetzes vom 16.07.1952, LGBl Nr 32:
A. Regulierungen:
a) für das Gemeindegut und Fraktionsgut:
Für das Gemeindegut und Fraktionsgut, und zwar in der Hauptsache die Gemeinde- und Fraktionswälder, wurden im Berichtszeitraum 53 ordentliche Regulierungsverfahren mit ca. 2600 Beteiligten und einer Regulierungsfläche von 16.000 bis 17.000 ha durchgeführt und mit der Einrichtung von körperschaftlichen Agrargemeinschaften für das Regulierungsgebiet und der grundbücherlichen Einverleibung des Eigentums für diese abgeschlossen.
Für 42 Gemeinde- und Fraktionswälder wurden im Wege einer vorläufigen Regelung körperschaftliche Agrargemeinschaften eingerichtet und ist diesen das Eigentum am agrargemeinschaftlichen Gebiet zugeschrieben worden. Für diese vorläufig regulierten Agrargemeinschaften ist inzwischen das ordentliche Regulierungsverfahren eingeleitet worden und steht zum größten Teil bereits vor dem Abschluss. Die Einleitung des Verfahrens für die übrigen vorläufig regulierten Agrargemeinschaften ist im Gange.
Die Regulierung von 57 Gemeindeguts- und Fraktionswäldern mit den zugehörigen Weiden und Alpen ist im Berichtszeitraum in Bearbeitung genommen und das Verfahren eingeleitet worden. Es handelt sich dabei durchwegs um größere Gemeindewälder mit bis zu 100 und mehr Nutzungsberechtigten. Eine nicht geringe Zahl dieser Gemeindegutsregulierungen hat bereits ein Verfahrensstadium erreicht, das die grundsätzliche Verordnung der Rechtsverhältnisse und insbesondere die Auseinandersetzung zwischen den Nutzungsberichtigten und der Gemeinde als erledigt betrachtet werden kann.
b) für nicht zum Gemeinde- und Fraktionsgut zählende Waldgemeinschaften und Interessentschaften sind 9 Regulierungsverfahren anhängig geworden und stehen zum Teil ebenfalls vor dem Abschluss.
c) 37 Alp- und Weideinteressentschaften sind im Berichtszeitraum endgültig reguliert und ist hiefür ebenfalls eine körperschaftliche Agrargemeinschaft mit gleichzeitiger grundbücherlicher Eigentumseintragung eingerichtet worden, während 82 Regulierungsverfahren für Alp- und Weideinteressentschaften in Bearbeitung standen.
Es kamen sohin im Berichtszeitraum insgesamt 90 Regulierungsverfahren für agrargemeinschaftlichen Besitz zum Abschluss und zur Verbücherung im Grundbuch. 42 Agrargemeinschaften wurden aufgrund einer vorläufigen Regulierung grundbücherlich als Eigentümer des agrargemeinschaftlichen Besitzes intabuliert, während 148 Regulierungsverfahren anhängig wurden und in verschiedenen Verfahrensstadien von der Einleitung bis knapp vor dem Abschluss in Bearbeitung stehen.
B. Teilungen:
a) Hauptteilungen sind im Berichtszeitraum 4 durchgeführt, abgeschlossen und grundbücherlich verankert worden
b) Sonderteilungen kamen insgesamt 3 zur Durchführung und zum Abschluss und 6 sind eingeleitet worden und befinden sich noch in Bearbeitung.
c) 13 Einzelteilungen sind endgültig durchgeführt worden, während 39 in Bearbeitung und teilweise auch schon knapp vor dem Abschluss stehen.
C. Entscheidungen außerhalb des Verfahrens:
Außerhalb der Regulierungsverfahren wurden auf der Grundlage des Flurverfassungslandesgesetzes von der Abteilung hinsichtlich Streitigkeiten über den Bestand und Umfang an Nutzungsrechten am agrargemeinschaftlichen Grund, ferner Auseinandersetzungen aus dem Mitgliedschaftsverhältnis innerhalb der Agrargemeinschaften, Differenzen hinsichtlich der Grenzen des agrargemeinschaftlichen Gebietes sowie zur vorläufigen Verwaltung der Benützungs- und Verwaltungsrechte 830 endgültige rechtskräftige Entscheidungen getroffen und über 6.000 aufsichtsbehördlich genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte behandelt und nach dem Gesetz erledigt.
120 Verwaltungsübertretungen sind mit rechtskräftigen Straferkenntnissen geahndet worden.
II. Verfahren nach den Bestimmungen des Wald-Weideservitutengesetzes vom 17.03.1952, LGBl Nr 21:
a) Die Servitutsrechtsverhältnisse wurden in Servitutenregulierungsverfahren oder Servitutenneuregulierungsverfahren für 15 Servitutsgemeinschaften endgültig geregelt, mit einer Servitutenregulierungsurkunde abgeschlossen und ins Grundbuch eingetragen, während 29 Servitutenverfahren im Berichtszeitraum anhängig wurden und noch in Bearbeitung stehen.
b) In 362 Rechtsstreitigkeiten aus Wald- und Weideservitutsverhältnissen wurden von der Agrarbehörde rechtskräftige Entscheidungen getroffen, während 212 Rechtsgeschäfte über die Ausübung oder Ablösung von Servitutsrechten agrarbehördlich genehmigt wurden.
III. Verfahren nach dem Güter-Seilwegelandesgesetz vom 13.06.1933, LGBl Nr 56:
…
IV. Agenden der Landesstelle:
…
Hinsichtlich der allgemeinen Tätigkeit der Abteilung darf auf Folgendes verwiesen werden:
Die Anträge der Nutzungsberechtigen an Gemeinde- und Fraktionsgut, insbesondere an den Waldungen auf Durchführung von Regulierungsverfahren und auf Sicherung der althergebrachten, für die Hof- und bäuerliche Wirtschaft unentbehrlichen Rechte durch Feststellung der Rechte nach Bestand und Umfang und Einrichtung von körperschaftlichen Agrargemeinschaften nahmen im Berichtszeitraum in einem bisher noch nicht gekannten und auch nicht erwarteten Ausmaß zu. Der Zeitpunkt wird nicht mehr fern sein, in dem praktisch für alle Gemeinde- und Fraktionswälder Tirols Regulierungsanträge vorliegen. Es ist geradezu ein revolutionierender Aufbruch und Umbruch in der überkommenen Flurverfassung festzustellen. Die Nutzungsberechtigten fordern mit Nachdruck die eheste endgültige Sicherung ihrer bisherigen Rechte durch das Einschreiten der Agrarbehörde. Der Grund dieser spontanen Forderungen der Bauernschaft auf eine durchgreifende Ordnung insbesondere der Flurverfassung an Gemeindegut (Wälder, Alpen und Weiden) liegt im rapide fortschreitenden Prozess der Verschiebung der Bevölkerungsschichtung zu Ungunsten des Bauernstandes. Der Gemeinderat der Gemeinde als treuhändischer Verwalter des Gemeindegutes setzt sich vielerorts nicht mehr in der Mehrheit aus Nutzungsberechtigten zusammen und es macht sich mit aller Kraft und unablässig überall das Bestreben geltend, die althergebrachten, auf die Übung aufgebauten und eben leider nicht urkundlich niedergelegten Rechte der Bauern einzuschränken und die Nutzungen am Wald allen Gemeindebürgern zugänglich zu machen.
Die tiefere Wurzel der auf dem Gebiet der Tirolischen bäuerlichen Nutzungsrechte an den Gemeinde- und Fraktionswäldern in Österreich einzigartigen kritischen und komplizierten Situation ist auf –zurückzuführen. Die kaiserliche Waldzuweisung wollte eindeutig den bäuerlichen Alpenwirtschafts- und Realgemeinden die Waldungen zum Besitz und Nutzung zuweisen und man hat trotz dieses klaren Gesetzeswillens durch die spätere Gemeindegesetzgebung in einer völlig falschen rechtlichen Beurteilung und Auslegung des Waldzuweisungspatentes diese Wirtschaftsgemeinden mit den erst nach der Waldzuweisung 1847 entstandenen politischen Ortsgemeinden gleichgesetzt und diesen politischen Gemeinden grundsätzlich dann auch in den meisten Fällen das Eigentum am agrargemeinschaftlichen Gut einverleibt.
Mit Ausnahme von Vorarlberg kennt man in ganz Österreich die Gemeindegut- und Fraktionswälder Tirolischer Rechtskonstruktion mit den nur auf die Übung aufgebauten, nirgends urkundlich verankerten und daher äußerst unsicheren Nutzungsansprüchen entweder überhaupt nicht oder nur kaum und sind die bäuerlichen Nutzungsrechte entweder in Form von Servituten oder durch den gemeinsamen agrargemeinschaftlichen Besitz der Wälder bereits endgültig gesichert.
Es braucht nicht besonders betont zu werden, dass die Gemeinde- und Fraktionswälder, und zwar auch die kleineren in Tirol einschließlich der den Bauern daran zustehenden Nutzungsrechten ausnahmslos Millionenwerte darstellen und dass die größeren Waldungen wie Reutte und dergleichen den 50-Millionenwert bedeutend überschreiten. Die Schaffung endgültiger, aus den Streitigkeiten und Differenzen der Politik und der Interessentengruppen herausgehobener, objektiver Rechtsverhältnisse ist daher unaufschiebbar geboten und sind demgemäß auch die Aufgaben der Abteilung von besonderer Bedeutung.
Das heutige Aufgabengebiet überschreitet, das kann objektiv behauptet werden, den Agendenkomplex der seinerzeitigen Waldzuweisungen in Tirol bei weitem, nachdem sich durch die Verschärfung der Interessengegensätze und die immer wieder hineinspielenden politischen Aspekte sowie den durch Ablauf der Zeit und die teilweise bewusste Verwässerung der alten Übung die Rechtsverhältnisse hinsichtlich der Nutzung am unverteilten Wald, an den Weiden und Alpen, viel schwieriger und komplizierter gestaltet haben. Eine von den nutzungsberechtigten Parteien mit Recht erwartete rasche Bewältigung der sich immer mehr steigernden Aufgaben wird durch die Abteilung beim heutigen Personalstand auch bei größtem Einsatz nicht mehr möglich sein.
Es kann mit besonderer Befriedigung festgestellt werden, dass sich die Agrargemeinschaften als Eigentümer und Verwalter des Gemeinschaftsgutes im Großen und Ganzen bewährt haben. Die gefertigte Abteilung ist gegenwärtig gerade dabei, die bisher gültigen Satzungen der Agrargemeinschaften durch neue Satzungen zu ersetzen. In den neuen Satzungen wurde dem Ausschuss eine viel größere und weitgehendere Kompetenz in der Verwaltung eingeräumt und sind die Befugnisse der Vollversammlung nur mehr auf wesentliche Entscheidungen, insbesondere hinsichtlich der Verfügung über die Substanz, beschränkt worden.
Dabei wurde organisatorisch ein der Gemeindeverwaltung in der Organisationsform des Gemeinderats ähnlicher Verwaltungskörper in Form des Ausschusses geschaffen, der zu einer bedeutend ungehemmteren, elastischeren und insbesondere auch unbeeinflussteren Verwaltung des Gemeindeguts in der Lage ist. Die bisherigen Erfahrungen mit den alten Satzungsbestimmungen, die der Vollversammlung praktische die gesamte Verwaltung in die Hände legten, waren durchwegs schlecht, weil ein derart großes, von allen möglichen differenzierten Interessengruppen beeinflusstes Forum zu einer exakten reibungslosen Verwaltung des Gemeindeguts logischerweise niemals in der Lage sein kann.
In Erkenntnis der Tatsache, dass sich die heutige Praxis der Ordnung der Flurverfassung durch Einrichtung körperschaftlicher Agrargemeinschaften unter Übertragung des Eigentums an den Gemeinschaftswäldern und Alpen an diese auf Dauer nur dann halten lassen wird, wenn die Agrargemeinschaften zu einer sauberen wirtschaftlich fortschrittlichen Verwaltung des Gemeinschaftsgutes in der Lage sind, wurde die Überwachung der Agrargemeinschaften mit besonderem Nachdruck und in verhältnismäßig kurzer Zeit aufgebaut. Durch die Bestellung der Bezirksforsttechniker als Organe der Agrarbehörde im Rahmen der agrarbehördlichen Überwachungsfunktion sind nunmehr praktisch sämtliche Agrargemeinschaften überwachungsmäßig erfasst und wird jährlich die finanzielle Gebarung und auch insbesondere die Wirtschaftsführung überprüft. Dabei werden laufend Mängel abgestellt und wirtschaftshemmende Tatbestände beseitigt. Beim Aufbau der Überwachung, die heute praktisch abgeschlossen ist und gut funktioniert, hat sich Hofrat iR DI Ing. Mederer besonders bewährt und sich bleibende Verdienste erworben.
Die Ausschüsse der Agrargemeinschaften, die sich ausschließlich aus Nutzungsberechtigten zusammensetzen, sind nach fast übereinstimmender Ansicht der Bezirksforsttechniker in der Verwaltung dem Gemeinderat vorzuziehen, weil im Gemeinderat ausnahmslos in allen Gemeinden Tirols eine mehr oder weniger große Zahl von nicht Nutzungsberechtigten sitzt, denen das Interesse an einer ertragssteigernden, modernen und rationellen Bewirtschaftung jedoch verschiedentlich mangelt. Dies ist bei den nur aus Nutzungsberechtigten gebildeten Ausschüssen nicht der Fall.
Was die Auswirkungen der im Berichtszeitraum ergangenen einschlägigen Agrargesetze betrifft, wäre Folgendes zu sagen:
Die Neufassung des Flurverfassungslandesgesetzes im Jahr 1952 brachte lediglich auf dem Sektor der Grundzusammenlegung die Wiederherstellung der österreichischen und die Beseitigung der deutschen Rechtsvorschriften, während der II. Abschnitt des Flurverfassungslandesgesetzes, der die Regulierungen und Teilungen betrifft und daher für die gefertigte Abteilung einschlägig ist, auch während der NS-Zeit in Gültigkeit gestanden hat.
Das Flurverfassungslandesgesetz 1952 brachte im II. Abschnitt als einzige Neuerung die Bestimmung des § 41 Abs 7 über die Umwandlungsmöglichkeit der Teilwaldrechte in Anteilrechte am agrargemeinschaftlichen Wald, die keinen Anspruch auf die ausschließliche Nutzung bestimmter Flächen geben, soweit die Inhaber zustimmen. In der Praxis ist diese Gesetzesbestimmung, nachdem hier eine zwangsweise Durchsetzungsmöglichkeit fehlt, praktisch ohne jede Bedeutung geblieben. Nur in der einzigen Gemeinde Silz konnten die Güterwaldteile in agrargemeinschaftliche Nutzungen mit Zustimmung der Inhaber umgewandelt werden, ansonsten ist keine einzige Umwandlung eines Teilwaldrechtes in eine agrargemeinschaftliche Anteilsberechtigung in Tirol bisher gelungen. Es ist dies vom Standpunkt des Teilwaldberechtigten auch durchaus verständlich, wenn man den umfassenden, fast uneingeschränkten Rechtsumfang einer Teilwaldnutzung berücksichtigt, der gegenüber die in vielen Fällen unregulierte Anteilsberechtigung schon im Hinblick auf die zumeist grundbücherliche eindeutige Verankerung den Bauern weit sicherer erscheint. Zudem ist auch technisch die Zusammenlegung der Teilwälder durch die Unterschiedlichkeit der Bestockung, der Bonität und der Lage ausnehmend schwierig. Bei der heutigen gemeinderechtlichen Lage wird ein Teilwaldberechtigter nicht bereit sein, seinen agrargemeinschaftlichen Nutzungsanspruch in eine Gemeindegutsnutzung umwandeln zu lassen, weil er damit automatisch durch die Enteignungsbestimmung des § 80 der Tiroler Gemeindeordnung bedroht ist. Die Abteilung hält trotz der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, die in ihren materiell-rechtlichen Ausführungen agrarrechtspolitisch völlig an den Grundproblemen vorbei ging, an der Rechtsauffassung fest, dass ein Teilwald nach der eindeutigen Formulierung des Flurverfassungslandesgesetzes niemals Gemeindegut sein kann und dass daher auch eine Enteignung von Teilwaldrechten auf gemeindrechtlicher Basis gesetzwidrig ist. Ansonsten erfolgten im Flurverfassungslandesgesetz 1952 im II. Abschnitt nur einige textliche Verbesserungen.
Zu außerordentlichen Schwierigkeiten gibt immer wieder die Vorschrift des § 51 FLG Anlass, die den Gemeinden auch bei minimaler Nutzungsteilnahme ein Mindestanteilrecht von 20 % garantiert. In nicht wenigen Gemeinden Tirols stellt sich die bisherige durchschnittliche Nutzung der Gemeinde an den Gemeindegutswäldern bedeutend unter 10 % dar und es müsste die Gemeinde in allen diesen Fällen trotz dieser klaren Übungsgrundlage unbilligerweise ein Anteilrecht von 20 % zuerkannt werden. Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass der Prozentsatz, den die Gemeinde bisher nicht genutzt hat, den nutzungsberechtigten Bauern, denen dieser Prozentsatz bislang rechtmäßig zukam, ungerechtfertigt in Abzug gebracht werden muss, und es ergibt sich daraus eine schwerere, in vielen Fällen fast unüberbrückbare Härte. Der Anspruch der Gemeinde müsste rechtmäßig so festgelegt sein, dass ihr nur ein ihrer tatsächlichen durchschnittlichen Nutzung entsprechender Anteil und nicht mehr zukommt. Im Fall einer Novellierung des Gesetzes, die im gegenwärtigen Zeitpunkt aus ja bekannten mehrfachen Erwägungen nicht diskutabel erscheint, müsste die Frage des Gemeindeanteils unbedingt einer gerechten Lösung zugeführt werden. Der Rechtsabteilung ist es bisher in den allermeisten Fällen gelungen, im Übereinkommenswege diese Härte auszugleichen. Die Schwierigkeiten bei Bestellung der Gemeindevertreter, die in der Hauptsache vom Gemeindeverband und vom AABB ausgingen, sind inzwischen in einer einvernehmlichen Absprache mit dem Gemeindeverband und den Vertretern der Gemeinden weitgehend beseitigt worden.
Ein vollkommen modernes und einheitliches Servitutenrecht wurde durch das Wald- und Weideservitutengesetz vom 17.03.1952, LGBl 21, geschaffen und ist damit ein entscheidender Schritt auf dem Weg der Modernisierung der Agrargesetzgebung nach vorne gemacht worden. Die bis 1952 gültigen Rechtsbestimmungen waren kompliziert, unübersichtlich, in mehreren Gesetzen niedergelegt und für die heutige Zeit zum größten Teil nicht mehr brauchbar. Die besonderen Vorteile und Errungenschaften des neuen Servitutengesetzes liegen in der Schaffung völlig einfacher, klarer und dem Flurverfassungslandesgesetz angeglichener Verfahrensbestimmungen, die eine rasche Durchführung der Servitutenverfahren ermöglichen und nicht zuletzt in der Zusammenfassung der alten vorläufigen, in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen verstreuten und unübersichtlichen Bestimmungen in ein kurzes Gesetzeswerk.
In materieller Hinsicht brachte besonders der schon bei den Beratungen und Ausschüssen umkämpfte § 4 Abs 4 für die freie Weiterverwendungsmöglichkeit der bezogenen Servitutsholzmengen vollkommen neues Recht. Die bisherige Erfahrung hat klar gezeigt, dass die prophezeiten schlechten Auswirkungen dieser Gesetzesvorschrift kaum eingetreten sind. Die Hauptvorteile des freien Verfügungsrechtes der Bauern über das bezogene Servitutsholz bestehen darin, dass man sich eine Kontrolle über die Verwendung des Holzes erspart und den Eingeforsteten die Möglichkeit offen lässt, das Holz bestmöglich zu verwerten und ihm damit zugleich einen Anreiz gibt, in seinem Haus und auf seinem Hof holzsparende Einrichtungen zu treffen. Eine gewisse Gefahr beinhaltet das freie Verfügungsrecht dadurch, dass der Berechtigte zur Vernachlässigung der Instandhaltung der Gebäude verleitet werden kann. Das Gesetz hat dieser Vernachlässigung insofern einen Riegel vorgeschoben, als die freie Weiterverwendung des bezogenen Holzes nur bei Instandhaltung der Wohn- und Wirtschaftsgebäude in wirtschaftsfähigem Zustand gestattet.
Im Übrigen soll nicht unerwähnt bleiben, dass heute auch schon bei den Regulierungen nach dem Flurverfassungslandesgesetz für Gemeinde- und Fraktionswälder der Haus- und Gutsbedarf zunehmend eine unbrauchbare Grundlage wird, weil durch den steigenden Fremdenverkehr und die forcierten Meliorierungen und Modernisierungen laufende Vergrößerungen der eingeforsteten Objekte und damit das Fehlen jeder Kontrollmöglichkeit einfach nicht mehr abzuwenden ist. Es bleibt daher auch bei Anwendung des Flurverfassungslandesgesetzes nichts mehr anderes übrig, als die Bezugsrechte vom Bedarf loszulösen, in jährlich beziehbare feste Anteile des Gesamtertrages zu fixieren und die freie Weiterverwendungsmöglichkeit zu gestatten.
Das Alpenschutzgesetz kommt praktisch nur mehr in Ausnahmsfällen zur Anwendung, weil auch die Alpnutzungsrechte an Wert ganz bedeutend zugenommen haben und als Folge davon die Ordnung der Rechtsverhältnisse nicht selten auf streitigem Weg behördlich erfolgen muss. Hiezu bietet das Alpenschutzgesetz, das nur wirtschaftliche Dinge regelt, keine Handhabung.
Wie aus dem statistischen Teil des Tätigkeitsberichtes hervorgeht, sind in den vergangenen zehn Jahren an Rückzahlungen aus während der NS-Zeit gewährten Darlehen fast 4 Mio. Schilling rückgeflossen und wurden dem Ministerium überwiesen. In Anbetracht der bedeutenden Höhe dieses Betrages und des auch für die Zukunft sicher nicht geringen Rückflusses, der ausschließlich aus Mitteln der Landwirtschaftsförderung stammt, lohnt sich der Versuch, über den Weg der Prüfung der Frage der verfassungsrechtlichen Grundlage der seinerzeitigen Entschuldung eine Entscheidung oder Einigung mit dem Finanz- und Landwirtschaftsministerium allenfalls dahingehend zu erreichen, dass die Entschuldungsmittel über das Landwirtschaftsministerium den Ländern oder direkt den Ländern selbst ohne der Zwischenschaltung des Ministeriums zufließen.
Wenn die Entschuldung verfassungsrechtlich vielleicht schon nicht als reine Landessache erklärt werden kann, so bestehen doch gewichtige juristische Argumente dafür, sie zumindest als Angelegenheit der Bodenreform durchzubringen. In näherer Zukunft wird sich auf Anregung Tirols und Vorarlbergs eine Länderkonferenz mit dem Vorgang befassen und dann die weiteren Schritte einleiten.
Der Abteilungsleiter: Dr. Albert Mair