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„Gemeinde“ = Summe der Nutzungsberechtigten

Die von Verfassungsrichter Karl Spielbüchler (*1939 in Bad Ischl; † 2012 in Gosau; im Bild zweiter von links) entwickelte Judikatur zum Gemeindegut mit Erkenntnissen 1982 und 2008 löste bei den Agrariern Tirols zu Recht Händeringen aus. Nur Tirol leidet unter dem neuen Phänomen des „atypischen Gemeindegutes“, einer eigentumslosen Substanz der Ortsgemeinde, das bei der Agrargemeinschaft als substanzloses Eigentum erscheint. Ungeachtet der Tatsache, dass Karl Spielbüchler das „Gemeindegut“ in diesen beiden Erkenntnissen – entgegen einem klaren Willen des historischen Gesetzgebers - zu einem Eigentum der heutigen Ortsgemeinden stempelte, hat Karl Spielbüchler bereits im Grundsatzerkenntnis des VfGH von 1982 /VfSlg 9336/1982) anerkannt, dass das Flurverfassungsrecht auch das Rechtsphänomen berücksichtigt hatte, wonach die „Gemeinde“ eine Gemeinschaft von nutzungsberechtigten natürlichen Personen ist.
Die von Verfassungsrichter Karl Spielbüchler (*1939 in Bad Ischl; † 2012 in Gosau; im Bild zweiter von links) entwickelte Judikatur zum Gemeindegut mit Erkenntnissen 1982 und 2008 löste bei den Agrariern Tirols zu Recht Händeringen aus. Nur Tirol leidet unter dem neuen Phänomen des „atypischen Gemeindegutes“, einer eigentumslosen Substanz der Ortsgemeinde, das bei der Agrargemeinschaft als substanzloses Eigentum erscheint.
Ungeachtet der Tatsache, dass Karl Spielbüchler das „Gemeindegut“ in diesen beiden Erkenntnissen – entgegen einem klaren Willen des historischen Gesetzgebers – zu einem Eigentum der heutigen Ortsgemeinden stempelte, hat Karl Spielbüchler bereits im Grundsatzerkenntnis des VfGH von 1982 /VfSlg 9336/1982) anerkannt, dass das Flurverfassungsrecht auch das Rechtsphänomen berücksichtigt hatte, wonach die „Gemeinde“ eine Gemeinschaft von nutzungsberechtigten natürlichen Personen ist.

 

EINE GEMEINDE DER NUTZUNGSBERECHTIGTEN

VwGH 30.6.2011 Zl 2010/07/0091, 6.3.2. aE (Obergarten-Erk):
Der Verwaltungsgerichtshof anerkennt, dass der Begriff „Gemeinde“ entweder „politische Ortsgemeinde“ bedeute oder dass der Begriff „Gemeinde“ die Bezeichnung für „die Summe der nutzungsberechtigten Eigentümer“ sei. Im Einzelfall sei deshalb zu prüfen und zu entscheiden, welcher Gemeindebegriff in der zu prüfenden Gesetzesbestimmung zu Grunde gelegt ist.

Der Verwaltungsgerichtshof: Der Verfassungsgerichtshof wies im Erkenntnis VfSlg 9336/1983 darauf hin, dass es die Erscheinung gebe, dass „die Gemeinde“ die Bezeichnung für die Summe der nutzungsberechtigten Eigentümer sei.

Der Verwaltungsgerichtshof weiter: Bei den vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 9336 gemeinten Bestimmungen des Flurverfassungsrechtes, die eine „Gemeinde als Summe der Nutzungsberechtigten“ voraussetzen, handelt es sich um die Bestimmung des § 15 Abs. 2 lit. c FGG. Die Bestimmung handelt von einer „Gemeinde“ („Ortschaft“), der im Zuge einer Servitutenablösung Eigentum übertragen wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof weiter: In gleicher Weise setzt die Bestimmung des § 15 Abs. 1 lit. b FGG einen Gemeindebegriff voraus, wonach „die Gemeinde“ die Bezeichnung für die Summe der nutzungsberechtigten Eigentümern ist.

 Hinweis:

§ 15 Abs. 1 lit. b FGG lautet:
(1) Agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind jene, … b) welche von allen oder von gewissen Mitgliedern einer Gemeinde (Ortschaft), einer oder mehrerer Gemeindeabteilungen (Ortsteile), Nachbarschaften oder ähnlicher agrarischer Gemeinschaften kraft ihrer persönlichen oder mit einem Besitz verbundenen Mitgliedschaft oder von den Mitberechtigten an Wechsel- oder Wandelgründen gemeinschaftlich oder wechselweise benutzt werden.

Der VwGH hat damit im Erkenntnis 30.6.2011 Zl 2010/07/0091 (Obergarten-Erkenntnis) ausdrücklich anerkannt, dass

a) im Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz 1951 der Begriff „Gemeinde“ auch in dem Sinn einer „Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten“ (beispielsweise eine „Realgemeinde“) verwendet wird,

b) im Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz 1951 gleich zwei Gesetzesregelungen einen Gemeindebegriff im Sinn von „Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten“ voraussetzen.

ALT-ERKENNTNIS VWSLG 3560/A OBSOLET

Ausgedient hat damit das (Alt-)Erkenntnis VwGH 11.11.1954 VwSlg 3560/A:
Danach soll eine Gemeinde, die keine politische Ortsgemeinde ist, lediglich den Versuch einer juristischen Konstruktion darstellen, die im Gesetz keinerlei Deckung finden würde.

Ausgedient hat damit die unbegründete Behauptung im (Alt-)Erkenntnis VwGH 11.11.1954 VwSlg 3560/A, dass nach dem Sprachgebrauch der Österreichischen Gesetzgebung unter dem Ausdruck „Gemeinde“ grundsätzlich die politische Gemeinde zu verstehen sei.

Wie der VwGH im Erkenntnis 30.6.2011 Zl 2010/07/0091 (Obergarten-Erk) – anknüpfend an das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 9336/1982 – klar gestellt hat, gibt es im Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz 1951 gleich zwei Gesetzesregelungen, in denen der Gesetzesbegriff „Gemeide“ für eine „Gemeinde, zusammengesetzt aus Nutzungsberechtigten“ steht!

Was für das Grundsatzgesetz gilt, gilt natürlich auch für die Flurverfassungs-Landesgesetze, die die betreffenden Tatbestände des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes wörtlich übernommen haben.

–.-.-.-.-

Im so genannten „Unterlangkampfen-Erk“ des Verfassungsgerichtshofes vom 12.10.2010 VfSlg 19.262/2010 (Berichtererstatter Verfassungsrichter Dr. Willibald Liehr), hatte der VfGH wesentliche Grundsätze vorgegeben, wie ein „atypisches Gemeindegut“ im konkreten Einzelfall von der Behörde zu ermitteln sei. Die Einzelfallentscheidung über das Regulierungsgebiet der Agrargemeinschaft Unterlangkampfen hatte der VfGH in diesem Erkenntnis jedoch als Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes angesehen und den Rechtsfall an diesen Gerichtshof überwiesen.

Bekanntlich hat der Verwaltungsgerichtshof in der Folge die Einzelfallbeurteilung eines „atypischen Gemeindegutes“ nicht anhand dieses ursprünglich „führenden“ Falles „Agrargemeinschaft Unterlangkampfen“ gelöst, sondern anhand des Falles der Außerferner Agrargemeinschaft Obergarten, Lermoos. Der Verwaltungsgerichtshof entwickelte in diesem „Leit-Erk“

Der Verwaltungsgerichtshof: VwGH 30.6.2011 Zl 2010/07/0091, 6.3.2. aE (Obergarten-Erkenntnis):

Der Verfassungsgerichtshof wies im damaligen Erkenntnis [VfSlg 9336/1983] darauf hin, dass es die Erscheinung gebe, dass „die Gemeinde“ nur die Bezeichnung für die Summe der nutzungsberechtigten Eigentümer sei, dass diese Erscheinung aber nicht von den Gesetzesbestimmungen betreffend das Gemeindegut, sondern von anderen Bestimmungen des Flurverfassungsrechts erfasst werde. Bei diesen vom Verfassungsgerichtshof genannten „anderen Bestimmungen des Flurverfassungsrechtes“ handelt es sich – neben den vom Verfassungsgerichtshof ausdrücklich genannten Grundstücken des § 15 Abs. 2 lit. c FGG (Grundstücke, die in Ausführung der Gesetze über die Regulierung und Ablösung der Servituten einer Gemeinde (Ortschaft) oder Gesamtheit von Berechtigten zu gemeinsamer Benutzung und gemeinsamem Besitz abgetreten worden sind), die einen Sonderfall darstellen – um die Grundstücke nach § 15 Abs. 1 lit. b FGG.

Für folgende Tatbestände des FGG Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetzes (FGG) hat der Verwaltungsgerichtshof sohin erst im Jahr 2011 (!) ausdrücklich anerkannt, dass „die Gemeinde“ nur die Bezeichnung für die Summe der nutzungsberechtigten Eigentümer sei: § 15 Abs. 2 lit. c FGG und § 15 Abs. 1 lit. b FGG.

§ 15 Abs. 1 lit. b FGG lautet:

(1) Agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind jene, … b) welche von allen oder von gewissen Mitgliedern einer Gemeinde (Ortschaft), einer oder mehrerer Gemeindeabteilungen (Ortsteile), Nachbarschaften oder ähnlicher agrarischer Gemeinschaften kraft ihrer persönlichen oder mit einem Besitz verbundenen Mitgliedschaft oder von den Mitberechtigten an Wechsel- oder Wandelgründen gemeinschaftlich oder wechselweise benutzt werden

§ 15 Abs. 2 lit. c FGG lautet:

(2) Zu diesen Grundstücken sind, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung, ferner zu zählen: … c) Grundstücke, die in Ausführung der Gesetze über die Regulierung und Ablösung der Servituten einer Gemeinde (Ortschaft) oder Gesamtheit von Berechtigten zu gemeinsamer Benutzung und gemeinsamem Besitz abgetreten worden sind,

VERFASSUNGSGERICHTSHOF GIBT VOR

Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, bei der der Verwaltungsgerichtshof mit deisem Rechtssatz anknüpft stammt bereits aus dem Jahr 1982.

Verfassungsgerichtshof, VfGH Slg 9336/1982, Pkt III Z 1 Abs 2 der Begründung:

„Das Gemeindegut wird in beiden zu prüfenden Bestimmungen neben den … Grundstücken genannt, die in Ausführung der Gesetze über die Regulierung und Ablösung der Servituten (statt den Servitutsberechtigten als Einzeleigentümer) einer Gemeinde (Ortschaft) oder einer Gesamtheit von Berechtigten zu gemeinsamer Nutzung und gemeinsamen Besitz abgetreten worden sind.“ Es „ist daher die … Erscheinung, dass `die Gemeinde´ nur die Bezeichnung für die Summe der nutzungsberechtigten Eigentümer ist, […] von anderen Bestimmungen des Flurverfassungsrechts erfasst, […]“ – weshalb das Gemeindegut von den agrargemeinschaftlichen Liegenschaften, die aus Servitutenablösung herstammen, streng zu trennen ist.

Der Verfassungsgerichtshof hatte somit bereits im Jahr 1982 klar gestellt, dass es das Gesetzesphänomen gibt, wonach der (unbestimmte) Rechtsbegriff „Gemeinde“ gerade nicht eine politische Ortsgemeinde im heutigen Sinn bedeute. Vielmehr hat der Verfassungsgerichtshof bereits im Jahr 1982 anerkannt, dass der Begriff „Gemeinde“ auch die „Bezeichnung für die Summe der nutzungsberechtigten Eigentümer“ sein könne. Ausdrücklich hat der Verfassungsgerichtshof das anerkannt für „Gemeinden, denen im Zuge einer Servitutenablösung eine Liegenschaft als Ablöseleistung für den Verzicht auf die Servitutsrechte (im Staatsforst) zugesprochen wird.

SALZBURGER LANDESREGIERUNG GIBT VOR

Veranlasst hat diese vertiefenden Ausführungen des VfGH die Salzburger Landesregierung. Diese hatte folgende Erinnerungen zu den Überlegungen des VfGH im Gesetzesprüfungsverfahren erstattet:

Die Salzburger Landesregierung verweist darauf, dass in Sbg. im Zuge der Servitutenablösung Waldgrundstücke nicht an einzelne Gemeindeinsassen, sondern (formell) nur an ganze Gemeinden abgetreten wurden. Es handle sich aber nicht um Gemeinde-, sondern um Gemeinschaftswälder, sodass später das Eigentum den aus den Nutzungsberechtigten gebildeten Agrargemeinschaften zugesprochen worden sei. Das sei nicht gleichheitswidrig, weil die Grundflächen als Ablösung für alte Nutzungsrechte aus dem Staatswald an die Gemeinden abgetreten worden sei [en].

Äußerung der Salzburger Landesregierung, wiedergegeben im Erk VfGH Slg 9336/1982 Pkt I Z 4 der Begründung.

Die Salzburger Landesregierung hatte somit bereits aufgezeigt, dass es im Grundbuch in Salzburg Erscheinungen geben würde, die „Gemeinde“ genannt würden, die aber keine „Gemeinden“ im Sinn von heutigen politischen Ortsgemeinden sein würden. Das Eigentum, das unter der Bezsichnung „Gemeinde“ erfasst worden sei, sei nämlich als „Ablösung für alte Nutzungsrechte aus dem Staatswald abgetreten worden“; es könne sich deshalb um keine „Gemeindewälder“ im Sinn von Gemeindegut handeln, sondern nur um Gemeinschaftswälder jener, die ihre Nutzungsrechte im Staatswald aufgeben mussten!

Der Verfassungsgerichtshof hat diesen Ausführungen zugestimmt! Seither ist für die Gemeinschaftswälder der Salzburger Agrargemeinschaften anerkannt, dass diese nicht aus Gemeindegut herstammen! Nichts anderes darf für alle jene Tiroler Agrargemeinschaften gelten, die aus Servitutenablösung, insbesondere aus der Tiroler Forstservitutenablösung der Jahre 1847 bis 1849 in Nordtirol hervorgegangen sind.

MESSEN MIT ZWEIERLEI MASS

Unverständlicher Weise wird offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen, wenn ein „atypisches Gemeindegut“ identifiziert werden soll. Während für das Bundesland Salzburg berücksichtigt wird, wenn agrargemeinschaftliches Gut aus einer Servitutenablösung hervorgegangen ist, soll dieser Umstand in Tirol ohne Relevanz sein. Die Tiroler Agrarbehörde stellt sich auf den Standpunkt, dass aus der Tiroler Forstregulierung 1847 generell das Gemeindeeigentum an den Wäldern (= Gemeindegut) hervorgegangen sei und der Verwaltungsgerichtshof behauptet, dass die Eigentumsverhältnisse ohnehin keine Rolle spielen würden. Maßgeblich für das Vorliegen von „atypischem Gemeindegut“ sei die (historische) „Qualifizierung durch die Agrarbehörde“. Der Einwand, dass die historische Agrarbehörde – aus heutiger Sicht – zu Unrecht ein „Gemeindegut qualifiziert“ habe, wird nicht zugelassen! (Ausführlich dazu: www.agrar-info.at/blog/feststellung-eines-atypischen-gemeindeguts/)

Literaturhinweise: :

Pernthaler, Die Rechtsnatur der Agrargemeinschaften, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler, Die Agrargemeinschaften in Tirol, 258 ff;

Ehrenzweig, System I/2 Sachenrecht (1923), 388; ders, System I/1 (1925), 183: „Es gibt landwirtschaftliche Grundstücke, deren Nutzung den Besitzern gewisser behauster Grundstücke gemeinschaftlich für die Zwecke ihrer Einzelwirtschaften zusteht. Solche Agrargemeinschaften sind zum Teil erst in neuerer Zeit bei der Servitutenablösung dadurch entstanden, dass man einer Gesamtheit von Berechtigten Abfindungsgrundstücke zur gemeinschaftlichen Nutzung abgetreten hat“;

Klang in Klang, ABGB II², 608: „Gewöhnlich sollen Wald- und Weidegrund allen Berechtigten gemeinsam abgetreten werden. Dadurch entstehen Agrargemeinschaften“;

Hoegel, Aus der Grundbuchspraxis, JBl 1885, 592;

Reich, Die Alpengenossenschaften und das neue Grundbuch, Österreichische Zeitschrift für Notariat und freiwillige Gerichtsbarkeit, 1886, 141 ff; 155 ff uam.

MP

Steinberg ohne Gemeindegut

Steinberg

 

Steinberg: Der Kaiser hat den Wald behalten!

Im Zuge der Tiroler Forstregulierung 1847 wurden die Forderungen der Tiroler nach Anerkennung als Waldeigentümer erfüllt. Der Kaiser hat freilich auch die Staatsinteressen im Auge behalten: Rund 100.000 ha des Nordtiroler Nutzwaldes wurden als Staatseigentum zurück behalten – heute Bundesforste in Nordtirol. Die anderen Wälder wurden als Einzeleigentum anerkannt oder diversen Nachbarschaften, damals „Gemeinden“ genannt, ins Gemeinschaftseigentum übertragen. Manch eine Nachbarschaft ist leer ausgegangen – auch die Nachbarn von Steinberg am Rofan.

Bis 1847 stand in Nordtirol die Inn- und Wipptaler Waldordnung Kaiser Leopolds I. (* 1640; + 1705) aus dem Jahr 1685 in Geltung. Dieses Gesetz erklärte den Wald in Nordtirol als Eigentum des Landesfürsten („Forstregal“). Die Tiroler wollten diese Rechtslage in den 1840er Jahren nicht länger akzeptieren. Sie forderten ihre Anerkennung als Eigentümer. Nach Einholung von Rechtsgutachten bereinigte Kaiser Ferdinand (* 1793, + 1875) mit der „aller höchsten Entschließung vom 06.02.1847“, dem „Tiroler Forstregulierungspatent“, die Rechtslage: Für den Nordtiroler Raum wurde eine Servitutenablösung angeordnet.

Eine Staatskommission hatte rund 36.150 holzbezugsberechtigte (Nord-)Tiroler Familien erhoben, denen ersessene Ansprüche auf Nutz- und Brennholz zustanden – jährlich rund 735.000 m³ insgesamt. Die Ablösung dieser Rechte gegen Waldeigentum erfolgte in Form von Gemeinschaftsliegenschaften für die jeweiligen Nachbarschaften. Weil man diese Nachbarschaften damals „Gemeinde“ nannte, bezeichnete man das Nachbarschaftsgut als „Gemeindegut“.

UMWELTSCHUTZ ANNO 1847

Politisch wollte der Kaiser eine Einigung mit den Tirolern; das Kaiserreich stand am Vorabend des Revolutionsjahrs 1848. Bei den Vorgaben an die Servituten-Ablösungskommission wurden freilich auch andere Staatsziele verfolgt: In den gekräuselten Worten der Sprache des 19. Jahrhunderts formuliert eine Instruktion vom 1. Mai 1847 aus der Wiener Hofkanzlei, dass zuallererst bestimmte Umweltschutzziele zu beachten wären.

Sofort ist sich in erster Linie die unumgängliche Nothwendigkeit der Erhaltung des phisikalischen Bestandes der betreffenden Gebirge gegenwärtig zu halten, und da angenommen werden muß, daß selber durch den Vorbehalt des aerarischen Eigenthumsrechtes auf die Forsttheile mittelst deren Conservirung jener geschützt ist, […] so sind solche Forsttheile, deren besondere Pflege nothwendig wird, um das Absitzen der Berge, das Austreten der Wässer u. dgl. gemeinschädliche Ereignisse hintanzuhalten, so weit es die Lokalverhältniße nur immer zuläßig machen, […] dem Aerar vorzubehalten.“

Umweltschutz im Jahr 1847: Umweltpolitisch sensible Waldstrecken sollten im Staatseigentum verbleiben! Während in anderen Kronländern Revolution herrschte, haben sich die Nordtiroler zwischen September 1847 und Dezember 1849 mit ihrem Landesfürsten wegen des Eigentums an den Wäldern verglichen. 283 Vergleiche wurden ausverhandelt; in den allermeisten Nachbarschaften wurden diese auch umgesetzt.

STAATLICHEN HOLZBEDARF SICHERSTELLEN

Weiters forderte die Instruktion der Wiener Hofkanzlei vom Mai 1847, dass nach den Umweltschutzinteressen an die Staatsbedürfnisse zu denken sei: „In zweiter Linie kömmt die bisherige Deckung des aerarischen Holzbedarfes, wozu insbesondere auch die Bringbarkeit desselben zu den dermal bestehenden aerarischen Werken gehört, zu berücksichtigen.“ Der „ärarische Holzbedarf“ – da wurde vor allem an die landesfürstliche Saline Hall und an die landesfürstlichen Bergwerke gedacht. Dieser Holzbedarf war durch Rückbehalt von Staatswäldern sicher zu stellen. Auch die Verkehrserschließung musste bedacht werden.

Zur Sicherung dieser Interessen wurde für die Gemeinde Steinberg am Rofan eine Ablösung der Forstservituten von vorne herein ausgeschlossen. Moritz v. Kempelen, damals „kk Berg u. Salinen Direktions Sekretär“, erklärt dies in einem Bericht vom 20. Juli 1849 folgendermaßen: „Das Brandenberger und Steinberger Thal liefert […] jährlich 4000 cub. Klftr auf die Kramsacher Lend, und versieht so die Bergwerke Achenrain und Brixlegg vollständig, wobei noch ausserdem jährlich 1000 cub Klftr für die Saline erübrigt werden. Dieses günstige Resultat ist eine Folge der geregelten Holzbezugsverhältnisse in diesen Thälern, die eine regelmäßige Forstbewirthschaftung [für das kaiserliche Aerar] möglich machten, und bisher eine große Stütze in der Gemeinde fanden, deren Glieder in der Mehrzahl aus Holzarbeitern bestehen. Eine Abfindung, […] brächte nun vor allem den Nachtheil mit sich, daß die größern Grundbesitzer, […] ihre speciellen Interessen durchzusetzen bemüht wären, die im Allgemeinen weniger auf die Erhaltung des Waldes, als auf die Vergrößerung der Weide, und Ausdehnung der Streunutzung gerichtet sind. Da nun […] theilweise Koncessionen in dieser Beziehung nicht zu vermeiden gewesen wären, so laßen sich die nachtheiligen Folgen, die eine Änderung der bisherigen Eigenthumsverhältnisse in diesen Thälern auf die nachhaltige Bedeckung so wichtiger Montan Werke ausüben würde, kaum ermessen.“

KEIN NACHBARSCHAFTSEIGENTUM, KEINE VERWECHSLUNGEN

Die kaiserliche Forst-Servituten-Ablösungskommission hat deshalb mit den Nachbarn von Steinberg am Rofan keine Servitutenablöse durchgeführt, „weil nach der allgemeinen Überzeugung jede Änderung des gegenwärtigen geregelten Zustandes und förstlichen Betriebes, dem Interesse des Aerars entgegen wäre“ – so der damalige Gubernial Sekretär Jakob Gasser, ebenfalls Kommissionsmitglied, im genannten Bericht vom 20. Juli 1849.

„Gemeinschaftseigentum“, das mit „Gemeindeeigentum“ verwechselt werden konnte, ist in Steinberg am Rofan somit keines entstanden. Bei der Grundbuchanlegung wurden der Ortsgemeinde Steinberg gerade 1 ha Grund (Wege und Plätze) als Eigentum zuerkannt. Gleichzeitig wurden rund 6.000 ha Wald als Eigentum des k.k.Aerar, heute „Bundesforste“, festgestellt. Die Stammliegenschaftsbesitzer von Steinberg am Rofan sind dort heute noch „eingeforstet“.

Alpacher schlagen aus

alpach

 

Alpacher schlagen Angebot aus

Im Zuge der Tiroler Forstservituten-Ablösung 1847 war auch den Stammliegenschaftsbesitzern von Alpbach das Angebot unterbreitet worden, alle Holz- und Streubezugsrechte im Staatsforst in Form von Gemeinschaftseigentum abzulösen. Der Vergleichsabschluss scheiterte jedoch, weil die kaiserliche Kommission die Forderungen der Alpacher als überzogen beurteilte. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben durfte der Holzbedarf jener Stammsitze nicht in Anschlag gebracht werden, die bereits eine ihrem Bedarf entsprechende Waldfläche wegen früherer Aufteilung oder „Verleihung“ besessen haben. In der Gemeinde Alpbach konnten nach Einschätzung der kaiserlichen Kommission von insgesamt ca 150 Stammsitzliegenschaften ca zwei Drittel ihren Holzbedarf durch Waldbesitz im Alleineigentum deckten. Nur 49 Stammsitzeigentümer wollte die Kommission als holzbezugsberechtigt anerkennen, weil diese „unzulängliche oder gar keine Verleihwaldungen“ besaßen. Angeboten hat die kaiserliche Ablösungskommission pauschal für alle diese Berechtigten 500 Joch Staatswald, somit rund 280 ha. Die Alpbacher haben ausgeschlagen.

Die heutigen Forstverhältnisse in Alpbach zeigen, dass die Alpbacher nicht ganz Unrecht hatten, das Angebot von ca 280 ha Gemeinschaftswald als pauschale Ablöseleistung auszuschlagen: Rund 90 historische Stammsitze konnten ein Einforstungsrecht gegen das kaiserliche Aerar, heute Bundesforste, durchsetzen. Darunter auch die Ortsgemeinde Alpbach mit Holzbezugsrechten für die Gemeindestege und die Gemeindebrücken sowie für eine Schule. Die damalige Annahme der kaiserlichen Servituten-Ablösungskommission, wonach nur 49 Holzbezugsberechtigte zu kalkulieren wären, hatte sich als unrealistisch erwiesen.

Zu einer gemeinschaftlichen Ablösung aller Holz- und Streubezugsrechte der Stammsitze von Alpach ist es auch später nicht gekommen. „Bei der Grundbuchanlegung gab es in Alpbach deshalb auch keine Verwechslung von Gemeinschaftseigentum und Gemeindeeigentum“ so Oberhofer. „Korrekterweise wurden als Gemeindeeigentum nur das öffentliche Eigentum erfasst. Dieses wurde in EZ 47 Grundbuch Alpbach vorgetragen, heute 10.795 m², somit rund ein Hektar.“ Dem gegenüber steht das Staatseigentum des Bundes (Bundesforste) an 1.864 ha Wald und Almen. Der restliche Wald ist Privateigentum.

Vorgaben für die Servituten-Ablösung 1847

Gemäß Instruktion vom 1. Mai 1847 hatte die Forstservituten-Ablösungs-Kommission bei der Übertragung von Gemeinschaftseigentum zur Ablösung der Einforstungsrechte diverse Vorgaben zu berücksichtigen. Stammliegenschaftsbesitzer, die bereits mit Einzelwaldeigentum ausgestattet waren, blieben unberücksichtigt.

„Die Deckung des Haus- und Guts-Beholzungs-Bedürfnißes der Unterthanen ist vollständig, jedoch nur in so fern, als es rechtlich und wirklich besteht, im Auge zu behalten, […]. Es muß daher, wenn die Ablösungsverhandlung in einer Gemeinde begonnen wird, das erste Geschäft der Commißion sein, diese Modalitäten genau zu constatiren, und findet die Einbeziehung solcher Gutsbesitzer, welche bereits eine ihrem Bedarf entsprechende Waldfläche in Folge Auftheilung oder Verleihung, oder die überhaupt aus einem stichhältigen Grunde gegenwärtig keine Bezüge in Staatsforsten besitzen, in die Zahl der Gemeindeglieder, für deren Bedürfniß durch die Abtretung von Aerarialforsttheilen zu sorgen ist, nicht Statt.“

Auszug aus dem Bericht vom 20. Juli 1849

Im Bericht der Forstservituten-Ablösungskommission an das Finanzministerium wird das Scheitern der Vergleichsverhandlungen mit den Stammliegenschaftsbesitzern von Alpbach begründet: „Hieraus erhellt aber zugleich, wie ungleich schwieriger eine Servituten-Ablösung dort zu bewirken ist, wo aufgeteilte und den einzelnen Teilbesitzern als Privat-Eigentum zuerkannte Wälder bestehen, […].“ In diesem Fall muß selbst bei dem größten Überschuß, den der Ertrag der Theilwälder im Vergleiche mit dem rechtlichen Bedürfnisse ausweist, den mit Wald nicht versehenen Gutsbesitzern eine Zutheilung gemacht werden, die unter solchen Umständen immer schwer zu ermitteln ist und meistens ein unverhältnißmäßiges Opfer von Seite des Aerars erfordert. Dies war namentlich mit der Gemeinde A l p b a c h der Fall, welcher […] zur Ablösung der katastermäßigen Einforstungen über 500 Joch Staatswald angeboten wurden. Da die Gemeinde aber auch mit diesem äußersten Anbot nicht zufrieden zu stellen war, so unterblieb der Vergleichsabschluß, und es wird nichts anderes erübrigen, als den status quo dort strenger aufrecht zu erhalten und im administrativen Wege hauptsächlich dahin zu wirken, daß die unmäßige Streugewinnung, die dermalen zum großen Nachtheile der Waldkultur in allen Staatswäldern ausgeübt wird, auf das rechtliche Maß beschränkt werde.“ (Moritz v Kempelen, k.k. Berg- und Salinendirektions-Sekretär)

 

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MP

Gemeindebegriff der Forstregulierung

Gemeindebegriff der Forstregulierung

Auszug aus: Gerald Kohl, Die Forstservitutenablösung im Rahmen der Tiroler Forstregulierung 1847, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler, Die Agrargemeinschaften in Tirol (2010) 105 ff

Allgemeines

Verhandlungs- und Vertragspartner des Aerar war im Rahmen der Forstregulierung – in den Worten des historischen Gesetzgebers – die „betreffende“ bzw die „holzbezugsberechtigte“ bzw die „mit Gnadenholzbezügen“ versehene „Gemeinde“. Dieser Begriff ist nach den herkömmlichen juristischen Auslegungsregeln unter Berücksichtigung des sachlichen Zusammenhanges und des zeitgenössischen Verständnisses auszulegen. So etwa war im öffentlichen Recht in der Mitte des 20. Jahrhunderts – und wohl auch noch heute – „nach dem Sprachgebrauch der österreichischen Gesetzgebung (…) unter dem Ausdruck Gemeinde grundsätzlich die politische Gemeinde zu verstehen“ (VwSlg 3560/1954), womit der VwGH eine widerlegliche (arg. „grundsätzlich“) Vermutung für einen bestimmten Be­griffsinhalt aufstellte. Im vorliegenden Fall hilft diese allerdings nicht weiter, denn es ist eine in wesentlichen Aspekten privatrechtliche (!) Frage für die Mitte des 19. Jahrhunderts (!) zu beantworten. In diesem Sinne hatte der VwGH 1894 in einem konkreten, dem hier zu beurteilenden Fall ähnlichen Sachverhalt festgestellt, „daß vorliegenden Falles der Ausdruck „Gemeinde“ als gleichbedeutend mit „Ortschaft“ aufzufassen“ sei. (Budwinski, Erkenntnisse des k.k. Verwaltungsgerichtshofes 1894, Nr. 8032) Der Gemeindebegriff war also unscharf und interpretationsbedürftig.

Die zentrale Quelle des Privatrechts bildete 1847 das ABGB. Auf das „allgemeine bürgerliche Recht“ verweist etwa auch Punkt 9 des Forstregulierungspatents 1847 (FRP). Die Frage nach dem Gemeindebegriff des ABGB ist schon seit vielen Jahren gründlich untersucht: „Unter dem Begriff ‚Gemeinde’ versteht das ABGB keineswegs die politische Ortsgemeinde oder ein ähnliches territoriales Gebilde“, sondern es „gilt (…) als ‚Gemeinde’ eine Moralische Person, die als ‚Gemeinschaft’, ‚Körper’ aus ‚Mitgliedern’ (§§ 337, 1482), ‚Gliedern’ (§§ 539, 867) besteht, durch ‚Stellvertreter’ handelt (§ 867), über ein eigenes ‚Gemeindevermögen’ bzw. über ‚Gemeindegüter’ verfügen kann (§ 290) und von ‚weltlichen und (=oder) geistlichen Vorsteher(n)’ (§ 189) geleitet wird.“ Demnach kennzeichnet der Begriff „Gemeinde“ also jede organisierte Personenmehrheit, insbesondere auf gesetzlicher Grundlage.

Diese Auffassung könnte durch zahllose zeitgenössische Quellen belegt werden; schon die Register zum ABGB oder zur Politischen Gesetzessammlung zeigen die Vielfalt verschiedener „Gemeinden“. Zitiert sei hier bloß, stellvertretend für dieses Verständnis, der wichtigste Redaktor und erste Kommentator des ABGB, Franz von Zeiller. Er erläuterte zu § 27 ABGB: „Die unter öffentlicher Authorität zu gemeinnützigen Zwecken verbundenen Gemeinden, wie die (!) der Städte, Märkte, Dörfer, oder der geistlichen Gemeinden, haben ihre besondere, durch politische Gesetze und Statuten bestimmte Verfassung, sie stehen, weil die einzelnen Glieder ihre in dem Gemeindevermögen begriffenen Rechte nicht verwahren können, unter einem besondern Schutze des Staates, sind in der Verwaltung ihres Vermögens eingeschränkt und genießen besondere (auf Sachen) angewandte Personen-Rechte. Die Vorsicht fordert demnach, daß diejenigen, welche mit Gemeinheiten (!) Rechtsgeschäfte eingehen, sich zuvor genaue Kenntniß erwerben, ob und inwieweit dieselben oder ihre Vorsteher in der Verwaltung des Vermögens eingeschränkt oder begünstiget seyn.“ Zeiller kennt also eine Vielzahl verschiedener Gemeinden, für die er bloß Beispiele anführt (arg. „wie die“) und die er synonym auch als „Gemeinheiten“ bezeichnet. In diesem Sinne verweist auch das Register von Zeillers Kommentar unter „Gemeinden“ auf „Gesellschaft“ und umgekehrt von „Gesellschaft“ auch auf „Gemeinden“ und „Gemeinschaft“. Nicht wenige der ABGB-Bestimmungen beziehen sich beispielsweise auf die von Zeiller genannten „geistlichen Gemeinden“. Auch die Literatur zu einer der im Vormärz umstrittensten Kontroversen bei der Auslegung des ABGB, nämlich zur Frage der Redlichkeit oder Unredlichkeit des Besitzes von „Gemeinden“ (§ 337 ABGB), zeigt deutlich, daß man dabei an ganz unterschiedliche Verhältnisse dachte.

Diese Vieldeutigkeit des Gemeindebegriffs machte es erforderlich, im FRP beispielsweise die sperrige Formulierung von den „bisher zum Holzbezuge berechtigten, oder mit Gnadenholz betheilten Gemeinden“ mehrfach zu wiederholen bzw abzuwandeln („holzbezugsberechtigte Gemeinden“ – Pkt 9 FRP) und zu betonen, daß das Eigentum „den bisher zum Holzbezuge berechtigten oder mit Gnadenholzbezügen betheilten Gemeinden, als solchen“ (!) überlassen werden sollte (Pkt 6 FRP). Im Zuge der Forstregulierung 1847 tritt uns unter dem Etikett „Gemeinde“ also die Gemeinschaft der (früher nur) Holzbezugsberechtigten gegenüber. Rechtsansprüche „anderer Gemeinden“ (und einzelner Privater) waren gegen die neuen Eigentümer geltend zu machen (Pkt 9 FRP).

Gerade aus dem Fortbestand individueller Rechte gegen die Empfängerin der Waldzuweisung resultierte die Notwendigkeit, diese im FRP ausdrücklich als „holzbezugsberechtigte“ Gemeinde zu bezeichnen. Im Zuge der Bestimmungen zur Forstservitutenablösung genügte hingegen eine Benennung als die „betreffende“ Gemeinde, die sich aus den unmittelbar davor genannten, „Holzbezugsrechte oder Gnadenholzbezüge“ genießenden „Unterthanen“ zusammensetzte (Pkt 3 FRP). Die Gemeinde, die durch deren Ablösung durch Grundabtretung definiert und „betroffen“ wird, ist eben die „betreffende“ Gemeinde derjenigen, die abzulösende Servitutsrechte hatten; auch sie kann, wie nicht zuletzt die parallelen Formulierungen unter Bezugnahme auf „Holzbezugsrechte oder Gnadenholzbezüge“ verdeutlichen, als „holzbezugsberechtigte Gemeinde“ charakterisiert werden. In diesem Sinne kennzeichnete ein zeitgenössischer Beobachter die FSA als „Ausscheidung und Überweisung einzelner Forstteile in das volle Eigentum der betreffenden berechtigten Gemeinden“.

Jede andere Interpretation würde, nachdem die Servitutenablösung durch eine Umwandlung von Nutzungsrechten in Eigentum gekennzeichnet ist, einen Vermögensverlust der Nutzungsberechtigten durch ersatzloses Erlöschen ihrer individuellen Rechte bedeuten, dafür aber einer bis dahin nicht berechtigten Person rechtsgrundlos einen ungerechtfertigten Vorteil zuwenden.

Organisierung der holzbezugsberechtigten Gemeinden

Der von den Wiener Zentralstellen für die Vergleichabschlüsse im Zuge der FSA entworfene „Verhandlungsmodus“ macht den auf die individuellen Rechtspositionen bezogenen korporativen Charakter der „holzbezugsberechtigten Gemeinde“ deutlich: Für die FSA hatten die „Gemeinden“ nämlich Vertreter zu wählen, die als Bevollmächtigte auftreten und die Ansprüche der Berechtigten anzumelden hatten; es handelte sich dabei um „Stellvertreter“ im Sinne des § 867 ABGB. Wegen seiner grundlegenden Bedeutung sei das Hofkanzleidekret vom 29. Juni 1847 hier wörtlich zitiert.

„Mit dem Berichte vom 22. vorigen M[ona]ts Z[a]hl 12460 hat das Gubernium über Anregung des Vorstandes der Forstservituten Ablösungs Kommission, Freiherrn von Binder den Antrag gestellt, daß die Herbeiführung der diesfälligen Abfindungen mit den Gemeinden durch, von sämmtlichen Gemeindegliedern gehörig zu wählende Bevollmächtigte geschehen, die Zahl der letzteren aber bei größeren Gemeinden auf sechs, bei kleineren auf drei Personen festgesetzt werden sollte.

Über diesen Bericht wird dem Gubernium im Einverständnisse mit dem kk. Hofkammer-Präsidium unter Rückschluß der Beilage erwiedert, daß man bei der Wichtigkeit des in Frage stehenden Ablösungs-Geschäftes und mit Rücksicht auf die sich daraus ergebenden Folgen, dann um künftigen allfälligen Anständen so viel wie immer thunlich vorzubeugen, endlich mit Rückblick auf den Absatz 3. der A.h. Entschließung vom 6. Februar l[aufenden] J[a]h[re]s die Vornahme der Gesammt-Verhandlungen zum Behufe der Forstservituten Ablösung mit von den Gemeinden, auf die von dem Gubernium beantragte Weise zu wählenden Bevollmächtigten nur unter folgenden Bedingungen zu genehmigen findet:

  1. daß jene Gemeindeglieder, welche bei dem Akte der Bevollmächtigung nicht interveniren, in Absicht auf die Wahl der bevollmächtigten Personen, und auf den Zweck der Bevollmächtigung als dem Willen der Mehrzahl der Vollmachtgeber beigetreten erachtet werden.
  2. daß die Bevollmächtigten aus den betreffenden Gemeinden selbst, und zwar bei größeren Gemeinden in der Zahl von 12 (zwölf) bei kleineren aber in der Zahl von mindestens 6 (sechs) und höchstens 9 (neun) Individuen genommen werden, und die Feststellung des Begriffes von großen und kleinen Gemeinden zu diesem Behufe nach den dortlandes bestehenden Verhältnissen von dem Gubernium erfolge, endlich
  3. daß wenn mit den dergestalt gewählten Bevollmächtigten eine Ausgleichung nicht zu Stande käme, der Forstservituten Ablösungs Kommission die individuelle Berufung der Servitutsberechtigten oder mit Gnadenbezügen betheilten Gemeindegliedern vorbehalten bleibe, und dann über die Annahme der von der Kommission vorgeschlagenen Abfindung die Stimmen der Mehrheit der als servitutsberechtigt oder bisher mit Gnadenbezügen betheilt anerkannten Gemeindeglieder für die ganze Gemeinde bindend erscheinen, die formellen Vergleichs Abschlüsse aber in diesem Falle, wo dieselben nicht mit den Bevollmächtigten, sondern unmittelbar mit der Mehrzahl der Gemeindeglieder zu Stande kommen, von eben dieser Mehrzahl gefertiget werden sollen.
    Hiernach ist das Entsprechende zu verfügen. Wien, am 29. Juni 1847 [gez. Pillersdorf]“

AVA Wien, Hofkanzlei 20968/1847, Erlass vom 29. Juni 1847

Von Anfang an wurden die Mitglieder der FRP-Gemeinde damit Mehrheitsbeschlüssen unterworfen, worin ein später noch zu betrachtendes Motiv für die Rechtsübertragung an Korporationen statt an Individuen zum Ausdruck kommt. Bemerkenswert ist der Umstand, daß die Hofkanzlei „bei der Wichtigkeit des in Frage stehenden Ablösungs-Geschäftes und mit Rücksicht auf die sich daraus ergebenden Folgen, dann um künftigen allfälligen Anständen so viel wie immer thunlich vorzubeugen“, die vom Vorstand der FSAK vorgeschlagene Anzahl der zu bevollmächtigenden abschlussberechtigten Vertreter jeweils verdoppelte, sodaß bei kleineren Gemeinden statt drei zumindest sechs, bei größeren Gemeinden statt sechs Bevollmächtigten zwölf einzuschreiten hatten. Es kann angenommen werden, daß die auf diese Weise geschaffenen Verhandlungsteams der Eingeforsteten ausreichende „Durchschlagskraft“ hatten – weniger in den Verhandlungen mit dem Aerar, als bei der Rechtfertigung des jeweils getätigten Geschäftes gegenüber ihren Vollmachtgebern. Eine „starke Vertretung“ der Bezugsberechtigten war somit vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt.

Gleichzeitig erhielt die FSAK ein Druckmittel für den Fall, daß „mit den (…) gewählten Bevollmächtigten eine Ausgleichung nicht zu Stande käme“, ein vertretbarer Ausgleich also nicht zu erzielen war. Diesfalls sollte in letzter Konsequenz „der Forstservituten-Ablösungs-Kommission die individuelle Berufung der Servitutsberechtigten, oder mit Gnadenholzbezügen betheilten Gemeindeglieder vorbehalten“ bleiben „und dann über die Annahme der von der Kommission vorgeschlagenen Abfindung die Stimmen der Mehrheit der als servitutsberechtigt oder bisher mit Gnadenbezügen betheilt anerkannten Gemeinde Glieder für die ganze Gemeinde bindend erscheinen, die formellen Vergleichsabschlüße aber in diesem Falle, wo dieselben nicht mit den Bevollmächtigten, sondern unmittelbar mit der Mehrzahl der Gemeindeglieder zu Stande kommen, von eben dieser Mehrzahl gefertigt werden“. Diese Bestimmungen verdeutlichen die Bezugnahme auf die der gesamten Aktion ab 1847 letztlich zugrundeliegenden individuellen Rechtspositionen.

Beide Bestimmungen machen aber auch deutlich, daß die FSAK nicht mit Zwangsbefugnis ausgestattet war, sondern die Aufgabe hatte, auf der Basis privatrechtlicher Vergleiche die Forstservituten bzw Gnadenholzbezüge der Berechtigten zu erledigen.

FRP-Gemeinde und politische Ortsgemeinde

Man mag im Zusammenhang mit der Analyse des Gemeindebegriffes der Tiroler Forstregulierung, unter anderem gestützt auf eine unfundierte Behauptung Stephan Falsers von 1932, an jene Gemeinden denken, die mittels allerhöchster Entschließung vom 14. August 1819 zur „Regulierung des Gemeindewesens in Tirol und Vorarlberg“ („Gemeinderegulierungspatent“, in der Folge: GRP) geregelt wurden. Mit diesen gab es tatsächlich auch Gemeinden mit öffentlich-rechtlichen Funktionen (zB §§12 bis 14) und eigens bestimmten Funktionären; die genannte Norm sah einen „Gemeindevorsteher“, zwei „Gemeindeausschüsse“, einen „Gemeindecassier“ und einen eigenen „Steuereintreiber“ vor (§§ 5f). Allerdings wurden gerade diese Organe im Rahmen der Forstregulierung nicht mit Vertretungsaufgaben betraut (siehe oben b). In diesem Sinne verwundert es auch nicht, daß der für die Forstregulierung zentrale Normtext, das Forstregulierungspatent 1847 (FRP), keinerlei Verweis auf das Gemeinderegulierungspatent 1817 (GRP) enthielt; ein entsprechender Hinweis findet sich nicht einmal in einer Fußnote der Provinzialgesetzsammlung!

Im Rahmen der Forstservitutenablösung (FSA) waren die GRP-Gemeinden also keine Vertragspartner des Aerars – nahezu das Gegenteil war der Fall. Die staatlichen Behörden (Landgerichte) bedienten sich der Gemeindevorstehungen der GRP-Gemeinden, um sich über die örtlichen Verhältnisse zu informieren und die darüber erforderlichen „Ausweise“ zu erstellen. Schon dieses Vertrauen in die GRP-Gemeinden indiziert, daß diese eben gerade nicht die Begünstigten bzw Vertragspartner werden sollten! Andernfalls wäre eine wesentliche Grundlage des gesamten aufwendigen Verfahrens einseitig von einer der Vertragsparteien geschaffen worden, was bei der in den Instruktionen vielfach zum Ausdruck kommenden – an Mißtrauen gegenüber den Nutzungsberechtigten grenzenden – Vorsicht der Staatsverwaltung nicht anzunehmen ist.

Tatsächlich war die Frage, wer für die „Gemeinden“ der Nutzungsberechtigten auftreten und handeln sollte, ein offenbar zentrales Problem. Dieses wurde noch in der IFSAK künftigen Anordnungen vorbehalten: „Die gültige Einwilligung der einzelnen Gemeinden ist auf jene Weise herbeizuführen, wie selbe demnächst von der kk. vereinigten Hofkanzlei dem Hofkammerpräsidio und von solchem der Servituts-Ablösungs-Commission bekannt gegeben werden wird.“ Der in diesem Sinne von den Wiener Zentralstellen für die Servitutenablösung entworfene „Verhandlungsmodus“ füllte diese zunächst bestehende Lücke durch die Anordnung von Wahlen bevollmächtigter Vertreter. Durch die Verdoppelung ihrer Anzahl gegenüber dem Vorschlag des FSAK-Vorstandes brachte die Hofkanzlei das Interesse des Staates an einer möglichst breiten Vertretung zum Ausdruck.

Diese Modifikationen zeigen, daß man also ganz bewußt nicht auf gesetzlich bereits konstituierte Organe, nämlich die bestehenden, gewählten Funktionäre der 1819 „regulierten“ Gemeinden als solchen, zurückgriff. Dies wäre wohl geschehen, hätte man diese mit öffentlich-rechtlichen Funktionen ausgestattete Gemeinde als solche auch zur Eigentümerin aufgrund der FEP machen wollen. Statt diesen unaufwendigen Weg zu beschreiten, organisierte man unter immensem Aufwand auf eigenständiger Rechtsgrundlage „holzbezugsberechtigte Gemeinden“ und sah eigens eine besondere Wahl von „Vertretern“ – übrigens in einer von der Zahl der Funktionäre der 1819 regulierten Gemeinden sogar abweichenden Anzahl – vor. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Anordnung solch spezieller Wahlvorgänge nicht in eine Zeit besonders hochentwickelter basisdemokratischer Tendenzen fiel, sondern in die Blütezeit des maßgeblich vom Staatskanzler Metternich geprägten vormärzlich-antidemokra­tischen Systems. „Vertreter“ mußten demnach einfach deshalb gewählt werden, weil die „holzbezugsberechtigten Gemeinden“ solche weder hatten noch haben konnten, waren sie doch erst durch das FRP konstituiert worden.

Der „private“ Charakter der Bevollmächtigung wird in mehrfacher Weise durch deren Textierung deutlich. Einerseits lautete die von den Unterzeichnern erteilte Vollmacht darauf, „Sie (!) Gemeinde resp. sie Gemeindeglieder“ – letztere bildeten also die Gemeinde – zu vertreten; andererseits wurde die Bevollmächtigung von den Unterzeichnern oftmals mit einer typisch privatrechtlichen Formulierung „für sich und ihre Erben“ erteilt. Nach anderen Vollmachtstexten sollten die Bevollmächtigten „alles vor[…]kehren, damit sie [dh die Unterzeichner und ihre Erben] in dem Besitze ihrer Güter verbleiben können“. Dazu wurden die „Gewählten (…) überhaupt ermächtigt, alles das anzubringen, was ihnen von der Gemeinde oder von den Einzelnen (!) aufgetragen wird“; sie sollten nach ihrem „besten Wissen und Gewissen im Interesse der Gemeinde“ tätig werden – damit war, wenngleich indirekt, die aus der Summe individueller Berechtigungen konstruierte, überzeitliche Gemeinde definiert.

Den privatrechtlich-korporativen Charakter der „holzbezugsberechtigten Gemeinde“ zeigen auch die Bestimmungen über die „Ausübung der Weide (…) in den vorbehaltenen Staatswaldungen“ gemäß Punkt „Drittens“ der (formularhaften) Vergleichsprotokolle. Diese sollte in der Regel „nach der bisherigen Übung“ gestattet werden, und zwar „mit der Beschränkung auf jenen Viehstand, welchen die Gemeinde auf ihren eigenen Gütern zu überwintern vermag“. Einen derart zu überwinternden eigenen Viehstand als Ausdruck eines eigenen Wirtschaftsbetriebes hatte eine GRP-Gemeinde als solche in der Regel aber nicht – „Gemeinde“ ist hier eben die Summe der Nutzungs-, in diesem Fall konkret Weideberechtigten.

Sonderproblem „Fraktion“

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang der Umstand, daß weder das FRP selbst noch die in weiterer Folge erlassenen Instruktionen Bestimmungen über die Benennung der im Rahmen von FEP und FSA auftretenden Gemeinden aufstellten. Auf deren Charakter als „Gemeinden“ im Sinne des ABGB hatte ihre Bezeichnung ohnehin keinerlei Einfluss. Im Namen der jeweiligen „Gemeinden“ musste das Wort „Gemeinde“ also nicht vorkommen, auch wenn dies überwiegend der Fall gewesen sein mochte. In nicht wenigen Fällen trägt die berechtigte „Gemeinde“ allerdings den Namen einer „Fraktion“.

Im Rahmen des öffentlichen Gemeinderechts setzte die Bedeutung dieses Begriffes erst mit dem Provisorischen Gemeindegesetz 1849 ein: Fraktionen durften demnach nur bei „bedeutender Volkszahl“ gebildet werden, was sich nicht nur aus dem ausdrücklichen Wortlaut, sondern auch aus ihrer Zweckbestimmung, nämlich der „Erleichterung der Verwaltung“ ergab. Die Fraktionsbildung trat nicht ex lege ein, sondern erforderte ein Handeln der Gemeinde sowohl zur Begründung der Fraktionen („sich in Fractionen zu theilen“) als auch bei der Definition ihrer jeweiligen Aufgaben („einen gewissen Wirkungskreis zuzuweisen“).

Die Geschichte des Fraktionsbegriffs ist zwar erst zu schreiben, fest steht aber, daß dieser Begriff – neben jenem der „Parzelle“ – bereits von der Forstservituten-Ablösungs-Kommission verwendet wurde. Als Synonyme für „politische“ Gemeinden, deren Vorläufer oder Teile waren beide Ausdrücke hingegen zunächst unbekannt, wie einschlägige Untersuchungen schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts gezeigt haben. Jene „Fraktionen“, die ihre Rechte als private (FRP-)Gemeinden auf die Zeit vor der Möglichkeit zur Begründung politischer Gemeindefraktionen zurückführen können, sind daher von diesen unbedingt zu unterscheiden. Vor „fatalen Verwechslungen“ warnte schon vor über einem halben Jahrhundert Theodor Veiter: „Von diesem [gemeinderechtlichen] Begriff der Ortschaft (Fraktion), der kaum mehr einen Inhalt hat, streng zu unterscheiden ist jene Ortschaft (Fraktion), die Träger von Sondervermögen ist. (…) Ortschaften als Träger von Sondervermögen (Fraktionen als Vermögensrechtsträger) sind kein bestimmter Gebietsteil einer Gemeinde, sondern die rechtspersönliche Gemeinschaft der nutzungsberechtigten Bürger räumlich bestimmter, mit den Gemeindegrenzen nicht notwendig zusammenfallender, in der Regel aber nur Gemeindeteile umfassender Gemeindegebiete, wobei diesen Bürgern nach alter Übung Vermögensnutzung und ideeller Anteil an der Nutzungs-Substanz des Sondervermögens zukommt.“ Dabei ist zu beachten, daß nur die gemeinderechtlichen Fraktionen 1938 als „Einrichtungen gemeinderechtlicher Art“ von § 1 der Verordnung über die Einführung der Deutschen Gemeindeordnung im Lande Österreich erfaßt waren und beseitigt wurden, nicht aber jegliche, allenfalls „Fraktion“ benannte „moralische Person Gemeinde“ im Sinne des ABGB als Körperschaft des Privatrechts. Die durch das FRP konstituierten gesetzlichen Zwangsgenossenschaften waren als „moralische Personen“ des Privatrechts von diesem Akt gemeinderechtlicher Gesetzgebung also auch dann nicht betroffen, wenn sie unter dem Namen einer Fraktion firmierten.

Vermögensgegenstände, die als Eigentum einer derartigen privatrechtlichen Fraktion nicht im Eigentum der gesamten politischen Gemeinde standen, waren daher weder ursprünglich Gemeindegut der politischen Gemeinde noch wurden sie dies in späterer Folge.

Gründe für „Gemeinde“-Eigentum

Im Zuge der Forstservituten-Ablösung aufgrund des FRP 1847 tritt uns als „Gemeinde“ – allenfalls, jedoch nicht zwingend, auch unter dem Etikett „Gemeinde“ – also die Gemeinschaft der (zuvor) Nutzungsberechtigten gegenüber, die – ähnlich wie bei der (Servituten-)Regulierungsgesetzgebung des ausgehenden 19. Jahrhunderts – im Gegenzug für den Verlust ihrer bisherigen (individuellen) beschränkten privatrechtlichen Ansprüche ein (gemeinschaftliches) moderneres Eigentumsrecht erhielten. In diesem Sinne sprechen die zitierten archivalischen Quellen ausdrücklich von „Servitutenablösung“ bzw von Abfindung der bisher Servitutsberechtigten. Dieses Eigentumsrecht sollte allerdings im Sinne einer Nachhaltigkeit der Forstbewirtschaftung „nur unter den Beschränkungen genossen werden dürfen, welche die zum Behufe der Erhaltung der Kultur und Bestände der Forste Tirols sobald als möglich zu erlassende Forstpolizei (…) feststellen“ würde (Pkt 7 FRP).

Die gleichen Nachhaltigkeitsüberlegungen sind nun auch dafür verantwortlich, daß die Übertragung nicht an einzelne, bis dahin berechtigte Individuen oder Güter erfolgte, sondern an die holzbezugsberechtigten Gemeinden „als solche“: Damit wurde nämlich einerseits die Verfügungsmöglichkeit der Einzelnen beschränkt, indem man sie in einer gesetzlichen Zwangskorporation zusammenschloß (in deren Rahmen sie sich schon zu Beginn Mehrheitsbeschlüssen zu beugen hatten), andererseits blieb vielfach eine Aufsicht der „Landesstelle als Kuratelsbehörde“ gewährleistet. Die Summe der individuellen, beschränkten Berechtigungen wurde also in gemeinschaftliches „Eigenthum“ umgewandelt; die konkreten Berechtigten verloren zwar de iure ihre Rechte, behielten sie aber de facto als Ausdruck ihres Anteils an der aus ihnen genossenschaftlich gebildeten „Gemeinde“ als überzeitlicher Eigentümerin. Diese Konstruktion schuf eine dem „geteilten Eigentum“ verwandte genossenschaftliche Struktur, wobei die auf Dauer – pathetisch formuliert: „für die Ewigkeit“ – eingerichtete „Gemeinde“ als Eigentümerin, die einzelnen Angehörigen als aufgrund ihres Anteils Nutzungsberechtigte erscheinen. Nur diese Struktur wahrte das Interesse der Nachhaltigkeit; bei einem modernen (romanistisch geprägten) Quotenmiteigentum wären durch die potentielle Kommerzialisierung der Anteile zahllose Probleme entstanden, etwa aufgrund des jedem Miteigentümer zustehenden Teilungsanspruchs (§ 830 ABGB) mit der (im Falle agrargemeinschaftlicher Verhältnisse für die übrigen Berechtigten existenzbedrohenden) Gefahr einer Zivilteilung (§ 843 ABGB). Die Bestimmungen über das Miteigentum (16. Hauptstück des ABGB) waren und sind für derartige Verhältnisse ungeeignet, sodaß im Rahmen der FEP eben nicht gewöhnliches Miteigentum, sondern Eigentum einer „Gemeinde als solche“ geschaffen werden sollte.

Daß die Holzbezugsberechtigten als speziell zu bildende Gemeinden zusammengefasst wurden, entsprach schließlich auch verfahrenstechnischen Erfordernissen: Nur durch die gruppenweise Zusammenfassung der Nutzungsberechtigten als „holzbezugsberechtigte Gemeinden“ war für diese gewaltige Regulierungsarbeit ein Ziel voraussehbar. Wären für jeden Nutzungsberechtigten Einzelablöseflächen zu verhandeln gewesen – die gesamte Forstservituten-Ablösung beruhte auf privatrechtlichen Vergleichen ohne Zwangsbefugnis der Forstservituten-Ablösungskommission – so wäre diese Arbeit wohl kaum binnen zwei Jahren abgeschlossen worden.

Forstzuweisung in Osttirol und Instruktion von 1853

Forstzuweisung in Osttirol und Instruktion von 1853

Die Umsetzung der Tiroler Forstregulierung außerhalb des heutigen Nordtirols blieb historisch wenig beachtet. Weil die Maßnahme heute nur für Osttirol und selbst dort nur für bestimmte Regionen Bedeutung hat, wurde diese auch im Zuge des heutigen Agrarstreits nur rudimentär untersucht. Eine Ausnahme stellt die Untersuchung Romans Sandgrubers dar, der im Auftrag der Tiroler Landesregierung die so genannten Haller´schen Regulierungen während der NS-Herrschaft in Osttirol beurteilte.

Auszug aus: o.Univ. Prof. Dr. Roman Sandgruber, Gutachterliche Stellungnahme. Der historische Hintergrund der so genannten Haller´sche Urkunden in Osttirol, vom Oktober 2012 

Die Waldzuweisungskommission des Brixner Kreises in Tirol

Die dritte Kommission, die vom Tiroler Forstregulierungspatent von 1847 ausgelöst wurde, ist die „Waldzuweisungskommission des Brixner Kreises in Tirol“ für die südlich des Brenner und in Osttirol gelegenen Wälder (dezidiert ausgenommen die Wälder der 1803 aufgehobenen Hochstifte und geistlichen Reichsfürstentümer Brixen und Trient). Diese Kommission wurde erst 1853 eingerichtet und hat ihren Schluss- oder Endbericht am 10. Februar 1855 vorgelegt.

Verbüchert wurden die Ergebnisse in den Verfachbüchern als Waldzuweisungsurkunden. Auch diese Kommission war aufgrund der allerhöchsten Entschließung vom 6. Feber 1847 tätig und betraf alle jene Wälder, die nicht in Punkt 1 ausgenommen gewesen waren und für die die ersten zwei Kommissionen tätig gewesen waren. Das Aufgabengebiet umfasste „alle anderen Waldungen in Tirol, welche bisher Allerhöchstderselben Kaiserlichen Majestät aus dem Hoheitsrecht vorbehalten waren, den bisher zum Holzbezug berechtigten oder mit Gnadenholzbezügen betheilten Gemeinden als solche in das volle Eigenthum zu überlassen“. Einbezogen wurden auch jene Wälder, die aufgrund der allerhöchsten Entschließung vom 6. November 1847 noch zusätzlich zugeteilt werden sollten bzw. im Patent vom Februar 1847 nicht inbegriffen gewesen waren, nämlich „auch alle jene Waldungen im Kreise Brixen, welche bisher vom Staate nicht aus dem Titel des Hoheitsrechtes, sondern jure privatorum besessen wurden.“ Auch diese seien „den dortigen Gemeinden zum Eigenthum einzuantworten.“

Dieser Kommission wurde mit hohem Ministerial-Erlass vom 12. Juli 1853 Zl 14747 eine eigene Instruktion erteilt: Instruction zur Durchführung der mit dem Circular des Guberniums für Tirol und Vorarlberg vom 19. April 1847, Zahl 9357-772 Forst, kundgemachten Allerhöchsten Entschließung vom 6. Februar 1847, sowie der weiteren Allerhöchsten Entschließung vom 6. November 1847 für den Kreisregierungs-Bezirk Brixen ernannte k.k. Waldzuweisungs-Commission, Wien 1853“. Diese Instruktion, die gedruckt ist und daher von Kohl nicht ediert zu werden brauchte, unterscheidet sich von den beiden anderen dadurch, dass zwar ebenfalls auf die schon erwähnte Formulierung bezüglich der Gemeinde vom 6. Feber 1847 rekurriert wurde, unter § 19 aber explizit festgestellt wurde, dass mit der „politischen Gemeinde“ zu verhandeln sei, was aufgrund des Datums der Instruktion logisch ist.

Der Instruktion zufolge seien in Durchführung der erwähnten Allerhöchsten Entschließungen im Kreisregierungs-Bezirk Brixen folgende Waldstrecken „den bisher zum Holzbezug berechtigten oder mit Gnadenholzbezügen betheilten Gemeinden als solchen, unter gleichzeitiger Vornahme der zwischen denselben nöthigen Ausgleichungen das volle Eigenthum“ zu überlassen: 1) Alle im Kreise Brixen gelegenen Waldstrecken, welche Seiner Majestät aus dem Hoheitsrechte vorbehalten waren, und zwar ohne Unterschied, ob dieselben sogenannte unmittelbare oder reservierte, oder mittelbare, gemeine oder belastete Staatswaldungen gewesen sind. 2) Folgende vom Staate jure privatorum besessene Wälder. Relevant für das heutige Bundesland Tirol: Die zur Herrschaft Lengberg im Gerichte Lienz gehörigen Wälder Bloch, Gritt, Eich, Zagrat, Gralisch, Weide, Brach und Tann. Unter b bis e) werden verschiedene Wälder im heutigen Südtirol angeführt, die jure privatorum besessen waren.

Unter § 13 der Instruktion wurden die einzuhaltenden Grundsätze der Zuweisung beschrieben: „Dass von der Gesamtheit der zuzuweisenden Forste, die sich als ein ehemaliges landesfürstliches und nunmehriges Concretal-Gemeinde-Eigenthum darstellen, jeder einzelnen Gemeinde mit möglichster Berücksichtigung ihres bisherigen Besitzstandes, ohne Festhaltung des Unterschieds zwischen bisher belastet und reserviert gewesenen Forsten, so viel als specielles Waldeigentum gleichmäßig zugewiesen werde, als mit Rücksicht auf den gegenwärtigen und normalen Culturs- und Bestockungs-Zustand der zuzuweisenden Forste zur Deckung des Bedarfs jeder Gemeinde erforderlich ist.“

§ 19 der Instruktion zufolge sei „die Verhandlung wegen Waldübergabe daher in der Regel mit jeder dermal bestehenden „politischen Gemeinde“ abgesondert zu pflegen. Gemeinde-Fraktionen, welche im Jahr 1847 selbständige Gemeinden waren, und bei ihrer Vereinigung mit der politischen Gemeinde, zu der sie jetzt gehören, ihre abgesonderte Vermögensverwaltung behielten, können die abgesonderte Verhandlung und Zuweisung von Wäldern in ihr ausschließliches Eigenthum begehren. Sie sind in der Verhandlung und in den Zuweisungsurkunden als „Gemeinde N.N., derzeit als Fraktion zur politischen Gemeinde N.N. gehörig“ zu bezeichnen.“ Die Kommission stellte im Schlussbericht fest, sie habe die Verhandlungen mit Hinblick auf den § 19 der Instruktion größtenteils mit den dermalen bestehenden politischen Gemeinden gepflogen, und sie sei mit solchen Fraktionen, welche nach dieser Instruktion eine abgesonderte Waldzuweisung begehren konnten, nur in den wenigen Fällen in separate Verhandlung getreten, wo auf diese ungeachtet der Vorstellungen der Kommission ausdrücklich bestanden wurde. Diese Fälle sind im Konspekte ersichtlich gemacht.

Die Kommission nahm am 27. Okt. 1853 ihre Tätigkeit auf und schloss die Arbeit mit 4. Mai 1854 ab. Da die Kommission vom 13. Jänner bis 4. April 1854 vertagt war, war sie insgesamt nur etwas mehr als 3 ½ Monate tätig, eine extrem kurze Zeit für eine derart komplexe Materie in einem so großen Gebiet. Es versteht sich von selbst, dass keinerlei Vor-Ort-Erkundigungen getätigt werden konnten. Im Schlussbericht vom 10. Februar 1855 wird ein „Konspekt“ aller von der Kommission behandelten Gemeinden des Bezirkes Brixen gegeben. Es gab Gemeinden, bei denen eine Waldzuweisung überhaupt nicht durchzuführen war, ferner solche, bei denen eine solche schon durch vorausgegangene Kommissionen, namentlich durch die Forsteigentumspurifikations-Kommission, durch die Waldservituten-Ablösungs-Kommission oder durch die bestandenen k.k. Landgerichte giltig stattgefunden hatte.

Eine Waldzuweisung hatte überhaupt nicht Platz zu greifen in Ansehung jener Gemeinden beziehungsweise Waldungen, „welche dem Forsthoheitsrechte des Landesfürsten nicht unterlagen“. Dazu gehörten im heutigen Osttirol erstens die zum

Territorium der fürstbischöflichen Mensa in Brixen zuständigen Waldungen in den Gemeinden Assling und Anras des Gerichtsbezirks Lienz, zweitens die „im gemeinschaftlichen unvertheilten Eigenthum des Staates und der fürstbischöflichen Mensa in Brixen befindlichen Waldungen in der Gemeinden Ober- und Untertilliach des Gerichts Sillian“. Die Ausscheidung der diesfälligen gemeinschaftlichen Eigenthumsrechte war nach dem Erlasse des hohen Unterrichts-Ministeriums vom 4. Februar 1851 Z 336/332 einer separaten Verhandlung nach Aktivierung des Forstservituten-Ablösungsgesetzes vorbehalten.

Eine Waldzuweisung erfolgte auch nicht in jenen Gemeinden, welche mit Hinblick auf die Allerhöchste Entschließung vom 6. Februar 1847 keinen Anspruch auf eine Waldzuweisung zu machen hatten oder wo nur Wälder einlagen, die entweder schon früher als Gemeinde- oder Privateigentum anerkannt worden waren oder deren Zuweisung ins Gemeindeeigentum von den Gemeinden nicht erlangt wurde (§ 17 P. 2 der Kommissions-Instruktion). Hieher zählten die Gemeinden der Städte Klausen und Waidbruck im Gerichtsbezirk Klausen, der Stadt Bruneck im gleichnamigen Gerichtsbezirk, der Stadt Bozen im Gericht Bozen, der Gemeinde Vörderberg im Gerichte Schlanders, der Stadt Sterzing im Gerichte Sterzing, die Gemeinde Gratsch im Gerichtsbezirke Meran, endlich: Wo durch vorausgegangene Purifikationsverhandlungen sämtliche im Gemeindebezirke gelegene Waldungen für den Staat in Vorbehalt genommen worden sind. Dieses Verhältnis findet bei der Gemeinde Rabenstein im Gerichtsbezirk Passeier statt. Durch die Forsteigentums-Purifikations-Kommission ist, abgesehen von einigen als Privateigenthum anerkannten Gutswaldungen, nur der Parzelle Mittewald der Gemeinde Mauls, Gericht Sterzing, respective den dortigen Hofbesitzern ein Waldeigentum zugemittelt worden.

In Zahlen ausgedrückt, stellte der „Conspect“ des Schlussberichts fest, dass „in den dermalen bestehenden politischen Gemeinden und die selbstständig behandelten Gemeindefraktionen berücksichtigt“, in 35 Gemeinden gar keine Waldzuweisung stattfand, dann dass im Wirkungsbereich der Kommission Waldzuweisungen erfolgt sind: in einer Gemeinde durch die Forsteigentumspurifikation, in vier Gemeinden durch die Waldservitutenablösungskommission, in 44 Gemeinden durch die k.k. Landgerichte, und endlich in 172 Gemeinden durch die Waldzuweisungs-Kommission. Insgesamt sei die Kommission daher in 256 Gemeinden und Gemeindefraktionen tätig gewesen.

Bei zwei der 172 behandelten Gemeinden wurde die Annahme der kommissionellen Waldzuweisung beharrlich verweigert, nämlich in der Landgemeinde Windisch-Matrei im Gerichtsbezirke Windisch-Matrei und in der Gemeinde Dölsach im Gerichtsbezirke Lienz. Bei beiden verblieb es aber, und zwar bei der ersteren infolge der nicht weiter rekurrierten Entscheidung des Herrn Statthalters, bei Dölsach aber infolge der hohen Ministerialentscheidung bei der ursprünglichen kommissionellen Zuweisung, worüber dann auch nach Nachweis des Konspektes die Urkunde ausgestellt worden ist.

Im heutigen Osttirol wurden 1853/54 folgenden Gemeinden Wälder zugewiesen: Marktgemeinde Windisch-Matrei, Landgemeinde Windisch-Matrei, Virgen mit Prägraten, Hopfgarten, St. Veit, St. Jakob, Kals, St. Johann im Walde, Schlaiten, Glanz, Gwabl, Alkus, Ainet, Oberdrum, Thurn, Oberlienz, Bannberg, Patriasdorf, Ober- und Untergaimberg, Unternußdorf, Obernußdorf, Dölsach, Göriach und Stribach, Iselsberg mit Stronach, Görtschach mit Gödnach, Nikolsdorf, Lengberg, Nörsach, Lavant, Tristach, Amlach, Leisach, Burgfrieden, Klausenberg (Fraktion der Gemeinde Assling !), Lienz, Abfaltersbach, Strassen, Tessenberg, Panzendorf, Kartitsch, Innervillgraten, Außervillgraten, Sillian, Sillianberg, Arnbach.

Ein Urteil über die Tätigkeit dieser Kommission ist schwierig, weil sie von der historischen und rechtshistorischen Forschung bislang wenig beachtet wurde. Sie hat ihre Arbeit in Relation zum abzudeckenden Gebiet in extrem kurzer Zeit erledigt, zwischen dem 27. Oktober 1853 und dem 4. Mai 1854, wobei die Tätigkeit in den Wintermonaten zwischen 13. Jänner und 4. April 1854 ruhte. Ihre Tätigkeit wurde vom Finanzministerium heftig kritisiert, vor allem wegen der Nichtbeachtung der Auflage, die Forste den Gemeinden entsprechend dem Bedarf jeder Gemeinde zuzuweisen. Was aus heutiger Sicht auffällt, ist, dass praktisch keinerlei Zuweisungen an Fraktionen erfolgten, obwohl diese in der Instruktion ausdrücklich erwähnt sind. In Osttirol erfolgte nur bezüglich einer Fraktion eine Zuweisung. Das könnte mit der Bequemlichkeit oder Eile der Kommission erklärt werden. Es könnte aber auch damit erklärt werden, dass die Kommission den Fraktionsbegriff so auffasste, wie er im Provisorischen Gemeindegesetz stand: nämlich für sehr bevölkerungsreiche Gemeinden und nur auf deren Tätigwerden hin. Für die tatsächliche Eintragung in das später angelegte Grundbuch wurden die Ergebnisse dieser Waldzuweisung in den wenigsten Fällen herangezogen oder wurden zum Streitfall.

Servitutenablösung in den fb Mensalwaldungen

In den Gemeinden Assling (mit Ausnahme der Fraktion Klausenberg = Schrottendorf, Penzendorf und Thal, das früher zum tirolischen Gericht Lienzer Klause gehört hatte, während alle anderen Ortsteile von Assling zum brixnerischen Gericht Anras gehört hatten), unterblieb die Waldzuweisung, weil es sich um frühere brixnerische Gebiete handelte, die der fb. Mensa unterstanden und wo daher das Forsthoheitsrecht der Tiroler Landesfürsten nicht bestanden hatte. In diesen Bezirken war eine Forstservituten-Ablösung zwischen der fb. Mensa und den Untertanen vorzunehmen, für die die Kommission nicht zuständig war. Ähnliches galt für Unter- und Obertilliach. Spätestens bei der Anlage des Grundbuchs tauchte dort das Problem auf, wem die agrargemeinschaftlichen Liegenschaften als Eigentümer zuzuschreiben waren (Mensa, Gemeinde, Fraktion usw.).

Bei den bischöflichen Mensalwaldungen wurden die Einforstungsrechte durch die Grundlasten-Ablösungs- und Regulierungskommission behandelt. Wie aus den Servitutenoperaten der Gemeindebereiche Assling, Anras, Obertilliach und Untertilliach hervorgeht, erfolgte die Ablösung der Holzbezugsrechte in der Weise, dass durch Sachverständige der durch die Eigenwälder nicht befriedigte Haus- und Gutsbedarf der berechtigten Güter erhoben und die zur Deckung dieses Abgangs benötigte Waldfläche ins Eigentum der Berechtigten abgetreten wurde. In den Servitutenoperaten im Bereiche der Gemeinde Obertilliach wurde vorerst das Eigentumsrecht an den früheren Staatswaldungen im Vergleichswege dadurch bereinigt, dass die fb. Mensa zu 2/3 und die Gemeinde Obertilliach auf Grund der kaiserlichen Entschließung vom Jahre 1847 als Rechtsnachfolgerin des Forstärars zu 1/3 als eigentumsberechtigt anerkannt wurden. Im Erkenntnis der Grundlasten- Ablösungs- und Regulierung-Landeskommission vom 25. April 1868 Nr. 180/13 wurde sodann ausdrücklich festgestellt, dass die Gutsbesitzer die Rechte ohne Rücksicht auf die Gemeinde oder den Fraktionsverband, sondern lediglich als Eigentümer bestimmter Güter ausgeübt haben, daher die Rechte als wirkliche Servituten sich darstellen.

Als Beispiel sei die Fraktion Leiten und Bergen gewählt: Unter den berechtigten Gütern, deren Servitutsrechte durch Abtretung von Grund und Boden abgelöst wurden, erscheinen im Erkenntnis außer den Höfen die land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke, Gebäulichkeiten, Wege und Brücken der Ortschaft Bergen und Leiten. Es heißt in der Urkunde: „Die abgetretenen Waldpartien, welche zur Deckung des Holz- und Streubezugs für die bisher herrschenden Anwesen der Fraktion Leiten und Bergen bestimmt sind, haben ein Zugehör dieser Güter zu bilden. Die den Hofbesitzern von Leiten, dann den Hofbesitzern von Bergen abgetretenen Waldungen bilden zwar ein gemeinschaftliches Eigentum, jedoch der ideelle Anteil eines jeden Mitbesitzers wird in seiner Intensität durch das festgestellte Bedarfsquantum an Holz und Streu geregelt und formiert, worauf bei einer künftigen Aufteilung eine entscheidende Rücksicht zu nehmen ist. Die für die Herstellung der Brücken und Wege, welche zum gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, vorfallenden Kosten sind im Verhältnis der Größe der jeder Partei gehörigen Wälder und des Gebrauches zu teilen.“xli Diese als „Fraktion Leiten“ bezeichnete moralische Person wurde sowohl im Erkenntnis der Grundlasten-Ablösungs- und Regulierung- Landeskommission vom 25. April 1868 wie auch im Regulierungsvergleich vom 7. Jänner 1891 ausdrücklich als „Nachbarschaft“ bezeichnet. In ganz gleicher Weise wurden die Servitutsrechte im Bereich der Gemeinde Untertilliach behandelt. Es galt für alle von der fb. Mensa abgetretenen Wälder.

Die ehemals salzburgischen Gebiete Osttirols

Anders als bei den Brixener Wäldern waren die Rechtsverhältnisse bei den ehemals Salzburger Wäldern. Während die fürstbischöflich Brixener Wälder, die nach dem Reichsdeputationshauptschluss zugunsten des Landesfürsten eingezogen worden waren, 1833 der fürstbischöflichen Mensa zurückerstattet worden waren, war das hinsichtlich der ehemals Salzburgischen Gebiete in Osttirol nicht der Fall. Sie wurden von der Waldzuweisungskommission als Staatswaldungen behandelt. Die später festgestellte große Unzufriedenheit im Gerichtsbezirk Matrei dürfte damit zusammenhängen.

Um die vielen Sondergebiete in der KG Matrei-Land, die als Eigentum der Gemeinde ins Grundbuch eingetragen wurden, obwohl sie nach dem Protokoll der Waldzuweisungskommission vom 20. März 1851 zufolge einer Urkunde des Stiftes Salzburg vom 16. Juni 1544 alte Nachbarschaften waren, gab es viel Streit. Bezüglich der Matreier Gemeindewälder führte die Tiroler Landesregierung mit Schreiben vom 30. Juni 1923 (Zl. 1287/I-III) aus: „Die Waldrechtsverhältnisse in der Gemeinde Matrei-Land sind äußerst verworren, was damit zusammenhängen dürfte, dass die früher staatlichen Waldungen auf Grund der allgemeinen Waldzuweisungen der Gemeinde ins Eigentum übertragen worden sind, ohne dass die nicht der Gemeinde als solcher, sondern den einzelnen Fraktionen, Rotten etc. seit jeher zustehenden und durch die Waldzuweisung nicht berührten Einforstungsrechte festgestellt worden sind. Folge davon ist, dass die größte Rechtsunsicherheit eingerissen hat, dass fortwährend Beschwerden wegen angeblicher Rechtsverletzung einlaufen und dass darunter auch die Interessen der Forstpolizei und Waldpflege arg leiden.“

Instruktion zur Privateigentumsanerkennung

Fundstelle:
TLA Innsbruck, Gub. 1847, Forst 9357 (Fasz. 421) und
AVA Wien, Hofkanzlei, IV G 11 Waldwesen Tirol, 21889/1847;
editiert von Gerald Kohl, Instruktionen zur Tiroler Forstregulierung von 1847, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (2012) 545ff

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Instruction für die Commission zur Purifizirung der Privat Eigenthums-Ansprüche auf Wälder in jenen Landestheilen oder Forstgebieten Tirols, in welchen das l. f. Forsthoheits-Recht vorbehalten bleibt.

§ 1. Zweck und Bestimmung der Commission

Se. kk. Majestät haben mit allerhöchster Entschliessung vom 6. Februar d. J. zur Regulirung der Forstverhältniße in Tirol auch Folgendes zu bestimmen geruht:

1. Das jeden Privatbesitz, außer in Folge landesfürstlicher Verleihung, ausschließende landesfürstliche Hoheitsrecht über die Wälder Tirols wird auf die Waldungen des Ober- und des Unter-Innthales, dann des Wippthales, welche sich gegenwärtig unter Verwaltung der Staatsbehörden befinden, dann in den übrigen Landestheilen:

a. auf den Forstcomplex Paneveggio und Cadino im Fleimser-Thale,
b. auf die Forste Kar und Latemar im Botzner-Kreise, welche sämtlich gleichfalls unter Verwaltung der Staatsbehörden stehen, beschränkt.
c. die zu den montanistischen Werken am Schneeberge und in Pfundern, dann zur aerarialischen Schmelzhütte in Klausen gehörigen und erforderlichen Forste haben ebenfalls landesfürstlich zu verbleiben.

Über die Primörer-Forste wird die im administrativen Wege schwebende, abgesonderte Verhandlung zur Entscheidung führen.

2. Auch in Ansehung dieser Forste, in Absicht auf welche das landesfürstliche Hoheitsrecht aufrecht verbleibt, gestatten Seine Majestät bei Beurtheilung der Eigenthums-Ansprüche von einzelnen Privaten oder Gemeinden in huldvoller Berücksichtigung der eingetretenen Verhältniße, für das Vergangene die Anwendung der Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Rechtes, jedoch nur dann, und in so ferne, als diese Ansprüche entweder schon derzeit gerichtlich gestellt sind, oder binnen drei Monaten vom Tage, an welchem eine zur Purifikation dieser Eigenthums-Ansprüche auszusendende Commission den Beginn ihrer Wirksamkeit bekannt gemacht haben wird, bei eben dieser Commißion angemeldet werden.

Diese Commißion wird, nach einer weiteren Bestimmung der allerhöchsten Resolution vom 6. Februar d. J. über vorläufige Aufforderung der Betheiligten zur Anmeldung ihrer Ansprüche und Produzirung ihrer Besitztitel bei den nach Grundsätzen des allgemeinen bürgerlichen Rechtes unzweifelhaften Privat-Eigenthums-Rechten dieselben im Namen der Staatsverwaltung als solche anerkennen, bei den zweifelhaften hingegen mit den betreffenden Parteien eine gütliche Ausgleichung versuchen und nach Umständen bewirken.

Wo Letzteres nicht möglich sein sollte, wird den Parteien unbenommen bleiben, mit ihren vermeintlichen Ansprüchen wider das Aerar den Rechtsweg fortzusetzen oder zu betreten, und die Commißion selbst wird sie auf solchen verweisen. Auf demselben wird jedoch, nach der a. h. Entschließung vom 6. Februar d .J. die Anwendung der Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Rechtes nur hinsichtlich jener Ansprüche gestattet sein, welche binnen obgedachten Termines von drei Monaten bei der Forsteigenthums-Purifikations-Commission angemeldet wurden, oder die schon bei Kundmachung der allerhöchsten Resoluzion vom 6. Februar d. J. vor einer Gerichtsstelle anhängig waren.

Aus dem Gesagten ergibt sich Zweck und Bestimmung der Commission. Sie ist die Behörde, welche im Auftrag und im Namen der obersten Finanzverwaltung alle Ansprecher von Privatforsteigenthum – Individuen wie Gemeinden – in den Gebieten, wo das landesfürstliche Forsthoheitsrecht, gemäß der a. h. Entschließung vom 6. Februar d. J. aufrecht verblieb, auffordern wird, die Eigenthums-Ansprüche auf Forste, Alpen oder Auen bei ihr, der Commißion, anzumelden und nachzuweisen, und welche diese Ansprüche, über vorläufige Untersuchung der Rechtstitel, nach Grundsätzen des bürgerlichen Rechtes im Allgemeinen, und nach den besonderen Andeutungen gegenwärtiger Instruction, im Namen der obersten Finanzverwaltung entweder anerkennt, oder wo die vollständige Anerkennung, der Zweifelhaftigkeit des Rechtes wegen, nicht möglich ist, über eine Ausgleichung mit den Parteien im gütlichen Wege unterhandelt, oder endlich die Ansprüche ab- und zur Austragung vor den Richter verweist, der, den Bestimmungen der allerhöchsten Resoluzion vom 6. Februar d. J. gemäß, fortan nicht mehr das mit der Salinendirection vereinigte Berggericht, sondern der ordentliche Gerichtsstand des kaiserlichen Fiskus sein wird. Die Commißion ist ferner die Behörde, von welcher binnen des Praeclusivtermines von drei Monaten alle solche Ansprüche – es sei denn, daß sie bei Kundmachung der allerhöchsten Entschließung vom 6. Februar d. J. bereits vor Gericht anhängig waren – angebracht werden müssen, um entweder die Anerkennung von Seite der obersten Finanzverwaltung zu erlangen, oder falls diese aussergerichtliche Anerkennung nicht Stattfinden, oder zu Stande kommen könnte, der allerhöchsten Bestimmung gemäß sofort im Rechts-Wege nach den Grundsätzen des allgemeinen bürgerlichen Rechtes auszutragen.

Die Commißion hat also die Bestimmung, in jenen Forstgebieten Tirols, in welchem das lf. Forsthoheits-Recht als Regel aufrecht verbleibt, Namens der obersten Finanzverwaltung – welche dieses Hoheitsrecht zu wahren, und aus demselben jeden Privat-Forstbesitzer zur Nachweisung seines Besitztitels aufzufordern berechtiget ist – das Privatforsteigenthum im außergerichtlichen Wege zu liquidiren, wodurch dasselbe von künftigen aerarischen Ansprüchen enthoben und gesichert, und in dieser, besonders für das Land Tirol wichtigen Beziehung den streitigen Differenzen zwischen den Privaten und dem Aerar ein Ziel gesetzt, und für die Zukunft begegnet werden soll. Als gleichzeitige Folge der Lösung dieser Aufgabe der Kommißion ergibt sich die Erreichung des Zweckes: daß auch das dem Staate, als Ausfluss des lf. Hoheitsrechtes zustehende Forsteigenthum von Besitz-Ansprüchen der Privaten, und zwar auf immerwährende Zeiten reingestellt wird, weil – nachdem die ah: Entschließung vom 6. Februar d. J. das landesf. Hoheitsrecht in den aerarischen Forstgebieten nach Ablauf der Amtshandlung dieser Purifikationskommission unbedingt, d. i. mit Ausschluß der Giltigkeit jedes anderen Privatbesitztitels als den einer landesfürstlichen Eigenthums-Verleihung, aufrecht erhält – Privatoccupationen landesfürstlicher Forste mit einer, für das Eigenthum des Aerars nachtheiligen Folge nicht mehr Statt finden können.

§. 2. Geschäftsbereich der Forst-Eigenthums-Purifikations-Commission.

Im Sinne der ah. Entschließung vom 6. Februar d. J. wird der Geschäftsbereich der Commißion das Ober- und Unter- Inn- dann das Wippthal, endlich jenen Theil des tirolischen Cammeralforstgebietes umfaßen, in welchem sich die zu den montanistischen Werken am Schneeberge und in Pfundern, dann zur ärarischen Schmelzhütte in Klausen vorbehaltenen Wälder befinden, in Betreff deren das Hofkammerpraesidium untern 1. April d. J. Zahl 112 an die Finanzbehörden des Landes folgende, nähere Bezeichnung und Verfügung erließ:

Rücksichtlich der zu den montanistischen Werken am Schneeberge und in Pfundern, dann zur aerarialischen Schmelzhütte in Klausen gehörigen und erforderlichen Wälder, welche ebenfalls für das Aerar vorbehalten wurden, hat die kk: Cammeral-Gefällen-Administration, unter deren Verwaltung dieselben bisher stehen, sich sogleich mit der kk: Berg- und Salinen-Direction in das Einvernehmen zu setzen, um ein individuelles Verzeichniß dieser Forste anzufertigen, wobei darauf aufmerksam gemacht wird, daß nach den bisherigen Verhandlungen, für das Klausner-Werk insbesondere
a. der Pfandrerbergwald,
b. der Wald in Viltär,
c. der Fargenwald,
d. der Wald bey Stall und Seb, und
e. der Schwarzwald in Vilnös (von welchen Wäldern aber der Haus- und Gutsbedarf der Unterthanen, wenn solche nicht eigene Heimwälder besitzen, ebenfalls einen Gegenstand der von Sr. Majestät angeordneten Servitus-Ablösung bilden wird) bestimmt waren, so wie für das aerarische Werk in Schneeberg die, so viel bekannt, unangestrittenen Forste, welche von der Ursulakirche zu Pladt in Passeyr, und von der Rothenwand hinwärts nach Pill und Pfelders zu beiden Seiten bis in Lazins sich erstrecken, dann jene, die von der Frauenkirche zu Moos in Passeyr und über den Gambsberg hinweg gegen den See, dann hinter dem See und in Schenau Seb, endlich am Thimelsjoche zu beiden Seiten bestehen.

Was die für das Werk in Klausen nicht unwichtigen Hochwaldungen im Weißenbachthale, dann im Gemeindebezirke von Sterzing betrifft, welche jedoch von den Unterthanen im Rechtswege bestritten werden, – so hat die gütliche Verhandlung in Bezug auf dieselben mit den Gemeinden und Privaten der Commißion, welche zur Purifikation der Eigenthumansprüche eingesetzt werden wird, vorbehalten zu bleiben.

Ob und in wie ferne auch rücksichtlich der Primörer-Forste eine Privateigenthums-Purifikation vorzunehmen sei, wird nachträglich bestimmt werden.

§. 3. Zusammensetzung der Commißion.

Das Hofkammerpraesidium findet die Leitung dieser Commission dem kk: wirklichen Gubernialrathe und tirolischen Kammerprokurator Herrn Ritter v. Fluck zu übertragen. Ferner wird die Commißion aus folgenden Personen zusammengesetzt:

A. Für den im § 2. bezeichneten Theil des Cammeralforstgebietes:

1. aus dem Rathe der tirolischen Cammeralgefällen-Verwaltung, Leopold Ebner

2. aus dem Landrichter, oder dem vom Landgerichte abzuordnenden Beamten des Landgerichtsbezirkes, in welchem der Forst liegt, um dessen Purifizirung es sich handeln wird,

3. aus dem Doktor der Rechte und Referenten der tirolischen Kammerprokuratur, Eduard von Maurer zu Kronegg und Ungartshofen, als Commißionsreferenten.

B. für den Salinen-Directions-Forstbezirk.

1. Aus dem Sekretär der kk: Berg- und Salinen Direction Alois von Erlach,

2. aus dem Landrichter, oder dem Landgerichtsbeamten, wie oben,

3. aus dem vorgenannten Dor. Eduard von Maurer, als Commissions-Referenten.

Zum Commißionsactuar wird vom Commißionsvorstande ein geeignetes, subalternes Conzepts-Individuum der tirolischen Kammerprokuratur bestimmt werden.

§. 4. Aufforderung der Parteien. Art der Anmeldung.

Die Purifikations-Commission wird vor allem ihre Bestimmung und den Beginn ihrer Wirksamkeit sowohl in der Landes-Zeitung als auch in jedem Landgerichtsbezirk ihres in §. 2. bezeichneten Geschäftsbereiche – letzteres durch die betreffenden Landgerichte auf die für öffentlichte Bekanntgebungen übliche Weise entweder selbst kundmachen oder es wird diese Kundmachung durch das Landespraesidium veranlaßt und mit der Aufforderung verbunden werden, daß alle Fortsteigenthums-Ansprüche, wozu auch jene auf Alpen und Auen gehören, über die nicht schon ein Rechtsverfahren wider den kaiserlichen Fiskus active oder passive anhängig ist, mit allen den Anmeldern zu Geboth stehenden Titeln begründet und belegt, binnen drei Monaten vom Tage dieser Kundmachung an, die kk: Forsteigenthums-Purifikations-Commission, und zwar „zu Handen der kk: Berg- und Salinen-Direction zu Hall“ wo selbst hiefür ein eigenes Protokoll eröffnet werden wird, bei sonstiger Praeclusion, schriftlich angemeldet, die dergestalt instruirten Anmeldungen aber auch mündlich bei den betreffenden Landgerichten zu Protokoll gegeben werden können, welch Letztere sie sofort an die kk: Purifikationskommißion, jedoch ebenfalls zu Handen der kk: Berg- und Salinen Direction, einzusenden haben werden.

§. 5. Vorläufige Aufklärungen der Salinen Direction

Die kk: Berg- und Salinen-Direction wird jede zu ihren Handen einlangende Anmeldung ohne Verzug, mit den ihr aus den eigenen Akten allfällig zu Geboth stehenden Aufklärungen versehen, der Purifikationskommißion übergeben.

§. 6. Reihenfolge der Purifikationen. Sitz der Commißion. Lokalaugenscheine.

Nachdem hinsichtlich jener Ansprüche, in Ansehung welcher gerichtliche Verhandlungen schweben, keine weitere Anmeldung vorgeschrieben ist, so ist die Purifizirung derselben zwar noch während des Laufes des für die anderen Ansprüche bestimmten Anmeldungstermines, und zwar sobald möglich, zu beginnen, jedoch mit Purifizirung der succeßiv einlangenden, anderen Ansprüche möglichst so in Verbindung zu setzen, daß zeitraubende Doppelambulationen thunlichst vermieden werden, so wie das Hofkammerpraesidium überhaupt einen besonderen Werth darauf legen wird, daß dieses Commissions-Geschäft – obgleich zur Beseitigung nachträglicher Reclamationen ohne Abbruch der Gründlichkeit – mit nachdrücklichster Beschleunigung durchgeführt werde.

In dieser Richtung wird die Reihenfolge der Purificationsverhandlungen dem Ermeßen des Commißionsleiters überlassen, der hiernach auch den jeweiligen Sitz der Commißion auf die für die Förderung des Geschäftes angemeßensten Centralpunkte des zu purificirenden Eigenthumes, (indem das Purificationsgeschäft auch für mehrere der umliegenden Landgerichtsbezirke nach Umständen auf einen und denselben Punkt vereiniget werden kann) nach einem, diesem Zweck entsprechenden Plane zu Verlegen, gleichwie die Vornahme der etwa erforderlichen Lokalaugenscheine zu bestimmen haben wird.

§. 7. Zulaßung von Vertretern.

Die Parteien, mit welchen die Commission zu verhandeln hat, können bei derselben sowohl persönlich als durch Vertreter erscheinen. Ist Letzteres der Fall, so hat die Commißion die gehörig befundene Vollmacht der Vertreter zurückzubehalten, und dem betreffenden Verhandlungsacte beizulegen. Wird die Vollmacht nicht in der Ordnung befunden, oder weigert sich der Vertreter selbe der Co[mmissi]on auszuhändigen, so ist sich mit ihm in keine Verhandlung einzulaßen.

§. 8. Stempelfreiheit der Commissions-Verhandlungen.

Alle Eingaben, Urkunden, Protokolle und Verhandlungen jeder Art, welche bei der Commißion überreicht, oder die von derselben selbst, oder zu Zwecken und über Ansuchen der Commission von andern Behörden aufgenommen werden, sind stempelfrei.

§. 9. Verfahren. Unzweifelhafte und zweifelhafte Ansprüche.

Zum Behufe der Art und Weise ihres Verfahrens hat die Commission zuförderst jeden Eigenthumsanspruch, nach Maßgabe der von der Partei demselben beigelegten Behelfe, in Entgegenhaltung mit den weiter unten aufgestellten Purifikations-Grundsätzen, entweder als unzweifelhaft zu Anerkennung oder Abweisung, oder als zweifelhaft zu bezeichnen. Unzweifelhaft, sei es zur Anerkennung oder zur Abweisung, sind diejenigen, über deren Zweifellosigkeit in der einen oder andern dieser Hinsichten Einstimmigkeit der Commißions-Glieder besteht. Jene Ansprüche, über deren Unzweifelhaftigkeit zur Anerkennung oder Abweisung bei Entgegenhaltung der sogleich mit der Anmeldung vorgebrachten Behelfe mit nach aufgeführten Purifikationsgrundsätzen volle Einstimmigkeit der Commißionsglieder nicht zustande kömmt, sind als zweifelhaft zu behandeln.

§. 10. Verfahren bei den unzweifelhaften Ansprüchen.

Bei den sogestalt als unzweifelhaft klassifizirten Ansprüchen hat ein möglichst kurzes Verfahren einzutreten. Nachdem die Staatsverwaltung die Absicht hat, das Purifikationsgeschäft, so weit es die Erreichung des vorgestellten Zweckes nur immer erlaubt, mit möglichst geringer Beschwerlichkeit der Parteien und in kürzester Frist zu Stande zu bringen, so ist in den unzweifelhaften Fällen mit den Parteien kein Protokoll aufzunehmen, noch eine weitere Verhandlung zu pflegen, sondern die Commission hat über dieselben nur von allen Kommißionsgliedern zu fertigende Berathungsprotokolle, in welche auch mehrere Ansprüche verschiedener Parteien, oder alle Ansprüche ein und derselben Partei einbezogen werden können, in kürzester Form aufzunehmen. Diese Protokolle haben jedoch folgende Momente zu enthalten:

a. die ausdrückliche Bestätigung der gerichtsordnungsmäßigen Unbedenklichkeit der von der Partei allegirten Behelfe, in so fern sie solche sogleich zurückverlangt oder nur vorweisen will,

b. der vollen Einstimmigkeit der Commission über die Unzweifelhaftigkeit des Anspruches,

c. den Kommißionsbeschluß mit Hinweisung auf den berücksichtigten Purifikationsgrundsatz,

d. die Bezeichnung der allfällig an die Partei zurückgestellten Beilagen, welche Zurückstellung übrigens Letztere auf ihrer Eingabe selbst zu bestätigen hat.

Diese Sitzungsprotokolle sind, allfällig parthienweise, unter Beilegung der Anmeldungsacten, dem Hofkammerpraesidium vorzulegen, wornach von solchem die Ermächtigung der Commißion zur Anerkennung oder Abweisung – (respective Verweisung auf den Rechtsweg) – der bezüglichen Eigenthumsansprüche ertheilt, oder in Fällen der Verweigerung das Verfahren, wie es hinsichtlich der von der Commißion selbst als zweifelhaft klassifizirten einzutreten hat, und in dem unmittelbar folgenden Instruktionsparagraphe vorgeschrieben ist, angeordnet werden wird.

§. 11. Verfahren bei den zweifelhaften Ansprüchen.

In so fern jedoch über die Zweifellosigkeit der Ansprüche auf Grund der von den Parteien sogleich bei der Anmeldung bezogenen Titel in Entgegenhaltung der nachbezeichneten Purifikationsgrundsätze, volle Einstimmigkeit unter den Commissionsgliedern nicht zu Stande kömt, ist wie folgt zu verfahren.

Es ist über jeden einzelnen Anspruch ein denselben näher erörterndes Commißionsprotokoll aufzunehmen, solches mit der Anmeldung und den hiebei vorgebrachten Anspruchstiteln – von derer Identität mit den Originalien, in so fern es Urkunden sind, die Commißion entweder unmittelbar oder durch das betreffende Landgericht sich die Überzeugung verschaffen wird, – zu belegen, die Stichhältigkeit dieser Titel nöthigenfalls von Commißionswegen, durch Beschaffung der erforderlichen Auskünfte, mittelst unmittelbarer Erhebung, oder im Correspondenzwege zu constatiren, und, wenn auch auf Grund dieser Erhebungen die unbedingte Anerkennung des Anspruches, mit Vorbehalt der Genehmigung des Hofkammerpraesidiums, nicht zuläßig erscheint, unter eben diesem Vorbehalte mit der Partei oder deren Vertreter ein gutächtliches Abkommen zu versuchen und zu treffen, und für solches, wenn die Partei eine Gemeinde ist, vor der Vorlage an das Hofkammerpraesidium die Genehmigung der Guberniums, als Curatelsbehörde der Gemeinden, zu erwirken. Hiebei ist vor Allem die Verzichtleistung der Partei auf ein allfälliges Einforstungsrecht derselben in den landesfürstlichen Waldungen als Ausgleichungs-Moment zu bezwecken, und sich in solchem Falle mit der Forstservituten-Ablösungskommißion in das Einvernehmen zu setzen. Misslingt der Vergleichs-Versuch, so wird das instruirte Protokoll, in welchem dann die kurz gefaßte Meinung jedes einzelnen Commißionsgliedes über den Gegenstand der Frage beizufügen ist, von dem Commißionsleiter an das Hofkammerpraesidium zur Schlußfaßung gutächtlich vorzulegen sein.

Hiebei ist zu bemerken, dass die Partei oder deren Vertreter erst der protokollarischen Schlußverhandlung, in so fern es sich um Erzielung eines gütlichen Abkommens handelt, beigezogen werden muß. Deren frühere Berufung Behufs allfälliger, näherer Aufklärung, so wie deren (wie sich von selbst versteht, auf ihre eigenen Kosten erfolgende) Beiziehung zu allfälligen Lokalaugenscheinen, bleibt dem Ermeßen des Commißionsvorstandes anheimgestellt.

§. 12. Zwischenvorkehrung zur Wahrung der Aerarial-Rechte.

Sollte sich während der Commißionsverhandlungen die Nothwendigkeit mittlerweiliger, gerichtlicher Vorkehrungen zur Wahrung der aerarischen Rechte ergeben, so wird die Commission die zur Veranlaßung derselben berufene Behörde darauf aufmerksam machen.

§. 13. Stellung der Commißion zu den andern Behörden

Die Commißion empfängt ihre Weisungen unmittelbar vom Hofkammerpraesidio, richtet an solches durch den Commißionsleiter ihre Anträge oder Berichte, und setzt sich, wo es nöthig ist, mit den Behörden durch Ersuchschreiben in Berührung. Die Landgerichte und Forstämter sind ihr besonders zur schleunigsten Ertheilung der Auskünfte oder sonstigen Assistenz, die sie durch ihren Vorstand verlangen solle, verpflichtet.

§. 14. Materielle Purificationsgrundsätze.

Als Privateigenthum sind, wie sich im Allgemeinen schon von selbst versteht, nur solche Forste anzuerkennen, welche entweder nach den Besitz-Urkunden, oder nach sonstigen Titeln als wirkliches Eigenthum, und nicht bloß zur Nutznießung von Privaten beseßen worden sind. Unter solchen Umständen sind insbesondere folgende als Privat-Eigenthum anzuerkennen:

a. Waldungen, welche vom Aerar durch Vertrag in das Eigenthum von Privaten oder Gemeinden überlaßen, oder die gegen das Aerar auf dem Rechtswege als Privat-Eigenthum behauptet worden sind, und jene über die Verleihbriefe l: f: Hof- oder Landesbehörden ausgefertiget wurden, jedoch Letztere, wie sich von selbst versteht, ausdrücklich nur mit den allfälligen Beschränkungen und nach Maßgabe des Inhaltes der Verleihurkunden und in sofern den aus solchen hervorgegangenen Titeln im Verfolge nicht auf irgendeine rechtsgültige Weise derogirt worden wäre.

Es ist gleichgültig, ob die Urkunden über die hier sub a angeführten Cathegorien von Wäldern sich im Besitze der Anspruchsnehmer, oder ob – im Original, in glaubwürdiger Abschrift, im Concepte, oder mittelst Vormerkung ihres Inhaltes – nur zu Handen der Staatsverwaltung befinden. Es ergeht an die kk: Berg- und Salinen- Direction zu Hall unter Einem der Auftrag, ein Inhaltsverzeichniß der bei ihr erliegenden, dießfälligen Urkunden oder Vormerkungen unverweilt anzufertigen, und solches der Purifikationscommission, so wie auf Verlangen auch jede dieser Urkunden selbst, von den allfälligen Vormerkungen aber wörtliche Abschriften zu übergeben.

Bei Waldungen, über welche Verleihbriefe ausgefertiget wurden, hat, der Inn- und Wippthal’schen Waldordnung zufolge, den Landesfürsten bisher in der Regel das Recht zur Verfügung mit den Holzüberschüssen gebührt. Wenn daher für die unbedingte Anerkennung des unbeschränkten Privateigenthumes solcher Wälder nicht noch eine der nachangeführten Bedingungen eintritt, so wird der l: f: Verzicht auf die Holzüberschüsse nach Umständen den Gegenstand des Versuches einer angemeßenen Ausgleichung zu bilden haben.

b. Waldungen, und Gehölze, welche auf erwiesenermaßen eigenthümlichen Privatgründen stehen, zu welch’ Letzteren insbesondere die sogenannten Ötze gehören. Hiebei wird es dem Ermeßen der Commission überlaßen, in wie fern Waldungen oder Gehölze, die von eigenthümlichen Privatgründen des Anspruchnehmers entweder ganz eingeschlossen sind, oder sich doch zwischen denselben befinden, als Privateigenthum anzuerkennen seien.

c. Waldungen, von denen nachgewiesen wird, daß sie entweder von ihrem jetzigen Besitzer, oder einem seiner Besitzesvorfahren, aus einer Conkurs- oder Executionsmassa an sich gebracht worden waren.

d. Waldungen, die landesfürstliche Lehen, oder die einem landesfürstlichen Urbario, oder auch einem solchen Privaturbar, welches einst landesfürstlich gewesen, und zwar Letzterem bereits seit jener Zeit mit Grundrechten unterworfen sind,

e. vormals gemeinschaftlich genossene, und sohin, unter Authorität der Behörden, an die Gemeindeglieder vertheilte Waldungen, wenn das Theillibell den einzelnen Gemeindegliedern das Eigenthum der zugewiesenen Waldtheile unbedingt einräumt, und von der kk: Berg- und Salinen- Direction bisher noch niemals beanständet worden ist.

f. Waldungen, die in älteren, oder doch über 30 Jahre zurückgehenden Kontrakten, Verlaßenschafts-Abhandlungen, Besitzbriefen, oder andern, in unbedenklicher Form abgefaßten Urkunden als eigenthümliche, oder als Zugehör eines, irgendwelchem Privaturbario mit Grundrechten unterworfenen Gutes aufgeführt sind, und sogestalt bisher beseßen wurden.

Bei von der Parthei angeführten, und von der Commißion erhobenen Umständen, welche die Beibringung solcher Urkunden ohne Schuld der Erstern unmöglich machen, ist es der Commißion anheimgestellt, unter Erwägung aller Umstände auch neuere Urkunden, und einen kürzeren Besitz als Grundlage der Eigenthums-Anerkennung anzunehmen; doch sind solche Fälle jedenfalls als zweifelhafte zu behandeln, und unter Aufnahme eines Verhandlungsprotokolles zur Schlußfaßung dem Hofkammerpraesidio vorzulegen.

g. Waldungen, welche zur Zeit der tirolischen Steuerbereitung (1770–1780) als Eigenthums- oder grundrechtbare Waldungen fatirt, als solche in den Steuerkataster aufgenommen, und bisher auch als solche versteuert wurden. Im Brixenthale und in dem aus dem Salzburgischen an Tirol gekommenen Theile des Zillerthales, woselbst die Steuerbereitung erst in den Jahren 1810–1812, nach dem k: baierschen Steuerprovisorio gepflogen wurde, ist sich mit dem bloßen Inhalte dieses ursprünglichen Steuerkatasters in Verbindung mit dem Besitzstande nicht zu begnügen, sondern nach den andern vorstehenden Bestimmungen a. bis einschlüßig f. zu benehmen.

h. Waldungen in dem alttirolischen Landestheile, die in den Hausbriefen und andern Besitzurkunden als Eigenthums-Waldungen aufgeführt werden, ohne Unterschied des Datums jener Urkunden, wenn alle nachberührten Umstände zusammentreffen:

1. daß sie dermal im Kataster erscheinen, mithin versteuert werden,
2. daß nach den Vormerkungen des Forstamtes, zu welchem sie gehören würden, für aus diesen Wäldern veräussertes Holz niemals ein Forstpreis an das Aerar gezahlt worden ist,
3. daß kein Rauchgroschen (Roichgroschen) bezahlt wird und
4. eine waldämtliche oder berggerichtliche Verleihung nicht vorliegt.

i. Waldungen und sogenannte Oetzen, welche in den Besitzbriefen und im Cataster vorkommen, wenn

1. deren möglicher Ertrag den Haus- und Gutsbedarf nicht übersteigt und
2. in den Waldbereitungen nichts Gegentheiliges vorkömmt.

k. Gemeindewaldungen, welche den Gemeinden bereits seit der ursprünglichen Anlage des Catasters zugeschrieben sind, und deren Ertrag in den Gemeinderechnungen vorkömmt.

§. 15. Verweisung auf den Rechtsweg.

Alle anderen Ansprüche, bei welchen, auch nach Vorname des für die zweifelhaften angeordneten Verfahrens keiner der von a. bis einschlüssig k. aufgeführten Umstände von der Parthei nachgewiesen wird, oder von der Commißion erhoben werden kann, sind in der Regel nicht anzuerkennen, sondern auf den Rechtsweg zu verweisen.

§. 16. Ausnahmsweise Ermächtigung der Commißion von den Eigenthumspurifications-Grundsätzen abzugehen.

Gleich wie aber in einzelnen Fällen, selbst wenn eine der vorangeführten Bedingungen eintritt, aber ein Commißions-Glied aus besonderen Gründen schon bei der Einleitung des Verfahrens den Fall für zweifelhaft hält, der betreffende Anspruch nach gepflogener Verhandlung von der Commißion nicht zuerkannt, sondern dem Hofkammerpraesidium zur Entscheidung vorgelegt werden wird; so sind auch solche Verhandlungen, bei welchen sich zwar keine der voraufgeführten Bedingungen herausstellt, aber auch nur Ein Commißionsglied, aus besonders rücksichtswürdigen, in dem speziellen Falle ausnahmsweise vorhandenen Gründen, der Ansicht wäre, daß solcher zur Unterstützung bei dem Hofkammerpraesidio geeignet sei, der Anspruch nicht zurückzuweisen, sondern dem Hofkammerpraesidio zur Entscheidung vorzulegen.

§. 17. Alpen und Auen

Was die Alpen und Auen betrifft, so sind die Privateigenthums-Ansprüche auf dieselben von der Purifikationskommißion ebenfalls nach der individuellen Beschaffenheit der Rechts-Umstände, auf Grundlage des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches und nach Analogie der in gegenwärtiger Instruktion hinsichtlich der Forste aufgestellten Purifications Grundsätze zu beurtheilen, so wie dasselbe Verfahren zu beobachten ist.

Wien den 17. Juni 1847.

Anerkennung („Purifikation“) von Privateigentum

Anerkennung („Purifikation“) von Privateigentum

Auszug aus: Ogris/Oberhofer, Das Privateigentum an den Tiroler Forsten zum Ende des Vormärz, in Kohl/Oberhofer/Pernthaler, Die Agrargemeinschaften in Tirol, 151 ff.

Vorbemerkungen

Der in der letzten Zeit heftig aufgebrochene Streit um die ehemaligen Allmendliegenschaften in Tirol betrifft eine Kernfrage des historischen deutschen Privatrechts, nämlich – wie Otto Gierke dies treffend formulierte – die Frage nach dem „Schicksal der wirtschaftsgenossenschaftlichen Seite der Markgemeinde“. Die „alte Markgemeinde“ erfüllte bekanntlich eine doppelte Aufgabe: diejenige eines örtlichen Gemeinwesens und diejenige einer ländlichen Wirtschaftsgenossenschaft. „Mit der Eigenschaft eines politisch-sozialen Gebietskörpers verbindet sie die Eigenschaft einer vermögensrechtlichen Vereinigung im Sinne einer agrarischenProduktivgesellschaft.“

Solange der unmittelbare Zusammenhang zwischen Bodenverteilung und Gemeinderecht aufrechterhalten blieb, stellte sich die Frage nach dem Schicksal des „älteren Gemeindevermögens“ nicht. Mit der Demokratisierung des Gemeindeverbandes und der Einrichtung der modernen politischen Ortsgemeinden auf der Grundlage des Reichsgemeindegesetzes 1862 und der dazu ergangenen Ausführungsgesetze wurde die politische Seite der alten Markgemeinde endgültig in der heutigen politischen Ortsgemeinde verselbständigt. Die Demokratisierung der Lokalverwaltung durch Beteiligung aller Einwohner und deren Aufnahme als gleichberechtigte Gemeindeglieder in den politischen Verband verlangte gleichzeitig nach rechtlicher Verselbständigung der regelmäßig zumindest in Resten vorhandenen, wenngleich durch historische „Gemeinheitsteilungen“ teilweise aufgezehrten Allmendliegenschaften, soweit diese für die Bedürfnisse bestimmter Einzelwirtschaften gewidmet waren. Die Übertragung des politischen Demokratisierungsprozesses auf den Bereich der wirtschaftsgenossenschaftlichen Seite der historischen Markgemeinde hätte eine gravierende Änderung der Eigentumsverhältnisse nach sich gezogen: „Demokratisierung“ würde für die wirtschaftsgenossenschaftliche Seite der historischen Markgemeinde „Kommunalisierung“ bedeuten, was schon die zeitgenössischen Literatur klar erkannt hatte.

Grundsätzlich sind hinsichtlich der wirtschaftsgenossenschaftlichen Seite der historischen Markgemeindezwei Problemkreise zu unterscheiden: Der erste Problemkreis betrifft das unmittelbare Rechtsverhältnis der historischen Markgemeinde zur Allmende – in Tirol die „Gmoan“ genannt –, welches deshalb komplex ist, weil der Tiroler Landesfürst Jahrhunderte lang für die Allmendliegenschaften Hoheitsrechte als „Allmendregal des Landesfürsten“ aufrecht erhalten hatte. Erst im Zuge der Tiroler Forstregulierung 1847verzichtete der Landesfürst endgültig auf sein Obereigentum. Der zweite Problemkreis betrifft den Umgang des Staates mit den im Zeitpunkt der Errichtung der heutigen politischen Ortsgemeinden – ungeachtet der über Jahrhunderte vollzogenen Teilungsakte – vielerorts in Teilen noch bestehenden Allmendliegenschaften. Letzterer Problembereich wurde für das Kaisertum Österreich und damit auch für Tirol einer eindeutigen Lösung im Rahmen der politischen Gemeindegesetzgebung zugeführt: § 26 Prov. GemG 1849 bzw § 11 der Regierungsvorlage für die Ausführungsgesetze zum Reichsgemeindegesetz 1862 (in Tirol schließlich § 12 TGO 1866) ordneten eine strikte Trennung des Privateigentums vom Eigentum der politischen Ortsgemeinde an: „Die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigentums- und Nutzungsrechte ganzer Klassen oder einzelner Glieder der Gemeinde bleiben ungeändert.“ Das auf der Grundlage des Forstregulierungspatentes 1847 förmlich anerkannte Klassenvermögen blieb somit unangetastet.

Angesichts einer historisch eindeutigen Rechtslagesollte der heutige Konflikt in Tirol einer klaren Lösung zugeführt werden können: Es entbehrt jeder Grundlage, wollte man dem (bis zur Umgestaltung des Kaisertums Österreich in einen Rechts- und Verfassungsstaat moderner Prägung ab 1867) für die Gesetzgebung verantwortlichen Monarchen, Kaiser Franz Josef I., den Willen zur Kommunalisierung der historischen Allmendliegenschaften unterstellen. Dies würde jedoch geschehen, nähme man an, dass das Eigentumsrecht an den Gemeinschaftsliegenschaften von Gesetzes wegen 1849 oder mit Inkrafttreten der Ausführungsgesetze zum Reichsgemeindegesetz – in Tirol mit der TGO 1866 – auf die heutigen politischen Ortsgemeinden übertragen worden sei. Die Demokratisierung der politischen Gemeindeverfassung wäre in diesem Falle ex lege mit einer starken Umwälzung der ländlichen Besitzverhältnisse verbunden gewesen. Davon hat man freilich im ehemaligen Kaisertum Österreich nichts bemerkt. Im Gegenteil: Die Annahme derartiger Rechtsfolgen für die politische Gemeindegesetzgebung widerspricht der eindeutigen historischen Rechtslage, wonach die Privatrechtsverhältnisse unberührt zu bleiben hatten. Es liegt deshalb an der heutigen politischen Führung, jene Grundsätze zu beherzigen, welche Julius Weiske bereits im Jahr 1849 (!) definiert hatte: „So wären denn die (politischen Orts-) Gemeinden darüber aufzuklären, wie diese Güter entstanden sind, wie die jetzt bevorzugt erscheinenden Mitglieder die rechtlichen Nachfolger derer sind, welche, als sie die ganze Flur in Besitz nahmen, die jetzt sog. Gemeindegüter ungeteilt ließen, um sie gemeinschaftlich oder nach bestimmt festgesetzten Anteilen für sich zu benutzen. Dabei muss man in Erwägung ziehen, dass die(jenigen), welche jene Einrichtung trafen, ebenso gut, wenn es ihr Interesse erfordert hätte, jene ungeteilt gebliebenen Grundstücke sich hätten zuteilen und zu ihren Äckern oder Privatgütern schlagen können. Wäre dies geschehen, so würde niemand behaupten: Da wir jetzt alle wirkliche Gemeindeglieder, gleichberechtigt und gleich verpflichtet, sind, so darf auch kein Mitglied ein größeres Gut, mehr Wald usw. als ein anderes haben; oder: da Einzelne mehr Grund und Boden als Privatgüter in der Gemeinde besitzen als andere, so müssen jene diesen gewisse Teile abtreten.“

Zur historischen Ausgangslage

In Tirol bestand eine lange Tradition, nach der die Obrigkeit lokalen Gruppen der heimischen Landbevölkerung „Besitz“ an bestimmten Alp-, Weide- oder Waldgrundstücken in förmlichen Verleihurkunden uä bestätigte. Die daraus historisch abzuleitende Rechtsposition ist durchaus mit dem modernen Grundeigentum vergleichbar. Durch eine breite und ausführliche Beschreibung der Befugnisse, welche die „Nachbarn“ hinsichtlich des Erworbenen erlangten, wurde hier inhaltlich all das umschrieben, was heute mit dem Begriff des Eigentums als Selbstverständlichkeit umfasst ist. Jene Gruppen, die in diesen Urkunden als Adressaten der Verleihungen Erwähnung fanden, wurden regelmäßig als Nachbarschaften oder Gemeinden oder mit einer Kombination dieser Worte („Gmeind und Nachperschafft“) bezeichnet. Bei diesen Gebilden war ausschließlich an einen geschlossenen Personenkreis gedacht! Unmissverständlich definierten die historischen Rechtstitel „die Nachbarn, ihre Erben und Nachkommen“ als jeweiligen Vertragspartner. Juristisch ist die Nachbarschaft als Gemeinde nach bürgerlichem Recht (§ 27 ABGB – Gemeinde nbR) zu verstehen, als eine „moralische Person“, verwandt der personamoralis collegialis des Gemeinen Rechts.

Dass die Dogmatik der Gemeinde nbR heute noch Probleme bereitet, ist nicht verwunderlich. Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, als die großen Kodifikationen des bürgerlichen Rechts beraten bzw. geschaffen wurden, hatte die Privatrechtswissenschaft die heutige juristische Person erst in Teilbereichen ihres Wesens erfasst. Als dann seit der Mitte des 19. Jahrhunderts die monographischen Darstellungen Savignys und Gierkes, für Österreich vor allem auch Ungers erschienen, war die Rechtsfigur der Gemeinde nbR bereits einem massiven Verdrängungs-, besser Überlagerungsprozess ausgesetzt, der von einer die Rechtsverhältnisse der lokalen Siedlungsverbände völlig beherrschenden juristischen Neuschöpfung, der heutigen politischen Ortsgemeinde, ausging.

Bezeichnend ist, dass sich zB in der Ende des 19. Jhdts veröffentlichen 7. Auflage des Stubenrauch-Kommentars zum ABGB in den Anmerkungen zu § 21 letzter HS idF 1811 angesichts der Tatsache der gesetzlich angeordneten Handlungsunfähigkeit der „Gemeinden“ nur folgender Hinweis findet: „…und der Gemeinden (oder richtiger der moralischen [juristischen] Personen)“ – um im übrigen betreffend die Natur der juristischen Personen auf die Kommentierung zu den §§ 26f ABGB zu verweisen. Im Kontext der Ausführungen dazu wird der Begriff „Gemeinde“ dann ausschließlich im Sinne von „politischer Ortsgemeinde“ abgehandelt, obwohl offensichtlich ist, dass der Status der bürgerlichrechtlichen Handlungsfähigkeit, wie dies der Rechtslage während des gesamten 19. Jahrhunderts entsprach, ausschließlich für die Gemeinde nbR., „moralische Person“ in der Terminologie der Schöpfer unseres bürgerlichen Gesetzbuches, gegolten haben kann. Die Gemeinde nbR scheint sohin am Ende des 19. Jahrhunderts für die Rechtswissenschaft bereits völlig in die Bedeutungslosigkeit versunken zu sein. Ungeachtet dessen existierten derartige Rechtsgebilde und existieren sie auch noch heute (zumindest) in Folge Fortbestandes ihres Vermögens, teilweise sogar als wirtschaftlich aktive „moralische Personen“, wie die Beispiele „Zweidrittelgericht Landeck“oder „Gedingstatt Zams“ eindrucksvoll belegen.

Die „Gemeinde nach bürgerlichem Recht“

Hier ist nicht der Platz, die Dogmatik der Gemeinde nbR zu entwickeln; nur so viel in Kürze: Im Codex Theresianus (1766) fand sich im Sachenrecht (!) folgende „Gemeindedefinition“: „Alle anderen zu den Gemeinden gehörige Sachen sind in ihrem Eigentum, welche in dieser Absicht als sittliche Personen betrachtet und hierunter die Gemeinden der Städte, Märkte und anderen Ortschaften wie auch alle und jede weltliche Versammlung mehrerer in größerer oder kleinerer Anzahl bestehender Personen, welche rechtmäßig errichtet und von Uns bestätigt sind, verstanden werden, also, dass wenigstens drei Personen eine Gemeinde oder Versammlung ausmachen können.“ Nach dieser Definition konnten also schon drei Personen eine Gemeinde (oder Versammlung) ausmachen – weitere Einzelheiten blieben ungeregelt.

Wesentlich instruktiver erscheint die „Definition“ der Gemeinde nach „Tiroler Landesrecht“, die uns vom Tirolischen Gubernium aus dem Jahr 1784 überliefert ist: „In Tyroll wird unter der Benambsung Gemeinde eine gewisse, bald größere bald kleinere Anzahl beysammen liegender oder auch einzeln zerstreuter Häuser verstanden, die gewisse Nutzbarkeiten an Weyden, Waldungen und beurbarten Gründen gemeinschaftlich und mit Ausschluß anderer Gemeinden genießen, einen gemeinschaftlichen Beutel oder Cassa führen und also gewisse gemeinschaftliche Schuldigkeiten haben z.B. eine bestimmte Strecke eines Wildbaches oder Stromes zu verarchen. Diese „Definition“ enthält konkrete Tatbestandselemente, welche die „Gemeinde“ als einen bestimmten Typus der „moralischen Person“ charakterisieren: Die Gemeinde setzt sich demnach aus „Häusern“ zusammen (beisammen liegend oder zerstreut), welche bestimmte Rechte an Liegenschaften gemeinschaftlich ausüben, und zwar unter Ausschluss von anderen (Gemeinden). Bestimmte Träger von Liegenschaften haben sich somit als Träger bestimmter Rechte zusammengeschlossen, also eine Gemeinde nbR gebildet. Dieses Gemeinschaftsgebilde ist nach modernem Verständnis eine juristische Person, dh Träger von Rechten und Pflichten; es besitzt eine Verwaltungsstruktur, die sich vor allem in der gemeinsamen Finanzgebarung zeigt, dem „gemeinschaftlichen Beutel“ bzw der Gemeinschaftskassa. Durch Interpretation zu erschließen sind aus dieser Gemeindedefinition auch der Erwerb und der Verlust der Gemeindemitgliedschaft: Die jeweils am „Mitgliedshaus“ berechtigte natürliche Person ist Gemeindeglied; der Verlust der Berechtigung am Haus muss nach historischem Tiroler Landesrecht den Verlust der Gemeindemitgliedschaft nach sich gezogen haben.

Der Entwurf Martini zum ABGB verzichtete dagegen auf jede Definition der Gemeinde nbR. Nach dem Beispiel des Codex Theresianus wird im Sachenrecht die (als bekannt vorausgesetzte) Gemeinde als Trägerin von Privatrechten definiert: Die Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft sind entweder Gemeinden oder einzelne Personen.

In das ABGB fand zwar keine Definition der Gemeinde nbR Eingang, sehr wohl aber eine generelle Bestimmung über die „moralische Person“. Der historische Gesetzgeber definierte die Gemeinde nbR als Erscheinungsform der „moralischen Person“: Die Marginalrubrik zu §§ 26, 27 ABGB lautet: Aus dem Verhältnisse einer moralischen Person. Der Gesetzestext dazu lautet: § 26. Die Rechte der Mitglieder einer erlaubten Gesellschaft unter sich werden durch den Vertrag oder Zweck, und die besonderen für dieselben bestehenden Vorschriften bestimmt. Im Verhältnisse gegen andere genießen erlaubte Gesellschaften in der Regel gleiche Rechte mit den einzelnen Personen. Unerlaubte Gesellschaften haben als solche keine Rechte (…). § 27. Inwiefern Gemeinden in Rücksicht ihrer Rechte unter einer besonderen Vorsorge der öffentlichen Verwaltung stehen, ist in den politischen Gesetzen enthalten.

Was das ABGB unter einer solchen Gemeinde als einer moralischen Person in concreto verstanden hat, kann beim wichtigsten Redaktor und Kommentator des Gesetzbuches, Franz von Zeiller, nachgelesen werden. Er erläuterte zu § 27 ABGB: „Die unter öffentlicher Authorität zu gemeinnützigen Zwecken verbundenen Gemeinden, wie die der Städte, Märkte, Dörfer, oder der geistlichen Gemeinden, haben ihre besondere, durch politische Gesetze und Statuten bestimmte Verfassung, sie stehen, weil die einzelnen Glieder ihre in dem Gemeindevermögen begriffenen Rechte nicht verwahren können, unter einem besondern Schutze des Staates, sind in der Verwaltung ihres Vermögens eingeschränkt und genießen besondere (auf Sachen) angewandte Personen-Rechte. Die Vorsicht fordert demnach, daßdiejenigen, welche mit Gemeinheiten Rechtsgeschäfte eingehen, sich zuvor genaue Kenntniß erwerben, ob und inwieweit dieselben oder ihre Vorsteher in der Verwaltung des Vermögens eingeschränkt oder begünstiget seyn.“ Zeiller setzte offensichtlich eine Vielzahl verschiedener Gemeinden voraus; er differenzierte zwischen Städten, Märkten und Dörfern, innerhalb derer „Gemeinden“ existieren; dementsprechend bezeichnete er „Gemeinden“ synonym auch als „Gemeinheiten“.

Einschränkender, aber zugleich präziser war die Definition der „Dorfgemeine“ nach § 18 II. 7 des Allgemeinen Landrechts für die preußischen Staaten (ALR) aus dem Jahr 1794: „Die Besitzer der in einem Dorfe oder in dessen Feldmark gelegenen bäuerlichen Grundstücke machen zusammen die Dorfgemeine aus.“ Diese Definition einer „Dorfgemeine“ schließt selbstverständlich nicht aus, dass innerhalb des Dorfes noch (weitere) Gemeinden (Brunnengemeinden, Mühlengemeinden, Waldgemeinden usw) existieren können.

Aus diesem knappen Überblick ergibt sich eine für die gegenständliche Untersuchung maßgebliche Eigenschaft der Gemeinde nbR: Die Schöpfer des ABGB haben zur Definition der „Gemeinde nbR“ keine Anleihe beim bekannten Beispiel der im ALR definierten „Dorfgemeine“ genommen; Zeillers Kommentar übernahm vielmehr fast wörtlich die Beschreibung aus dem Codex Theresianus, wonach Gemeinden in den Städten, Märkten und Ortschaften existieren. Gemeinde nbR ist deshalb – im Gegensatz zur „Dorfgemeinde“ des ALR – nicht notwendig ein gesamter Siedlungsverband, sondern auch ein beliebiger Teil desselben oder eine größere Einheit aus einer Vielzahl von Gemeindegliedern, von denen verschiedene Gruppen in anderem Zusammenhang als eigenständige Gemeinden zusammen geschlossen sein können. Historische Gemeinschaftsliegenschaften, welche Stammliegenschaftsbesitzern aus verschiedenen Siedlungsverbänden als Eigentum zuzuordnen waren, bilden ein beredtes Beispiel dafür: So setzt sich die Gemeinde „Zweidrittelgericht Landeck“ aus Stammliegenschaftsbesitzern diverser heutiger politischer Gemeinden zusammen; gleiches gilt für die „Gedingstatt Zams“.

Rahmenbedingungen für das Forsteigentum in Tirol

Die Ursprünge der Forstverfassung Tirols werden auf das 14. Jahrhundert zurückgeführt. Schon im Jahr 1330 hätte Heinrich II. von Tirol in dem von ihm „aufgerichteten Amtsbuche“ sämtliche Waldungen des Inn- und Wipptales als sein Eigentum erklärt. Auf dieser Verfügung soll die von Kaiser Ferdinand I. 1541 erlassene erste Tiroler Waldordnung beruhen. Schließlich erließ Kaiser Leopold I. im Jahr 1685 eine spezielle Inn- und Wipptaler Waldordnung, welche bis zum Jahr 1847 für geltendes Recht gehalten wurde. Diese Waldordnungen wurden nach herrschender Auffassung so ausgelegt, dass die Erwerbung von Waldeigentum durch Ersitzung ausgeschlossen war: „Niemand könne Waldeigentum behaupten, er müsste sich denn über den Besitz desselben durch landesfürstliche Urkunde ausweisen.“ Diese Rechtsauffassung wurde in der a.h. Entschließung vom 6.2.1847, dem Forstregulierungspatent (FRP) im Wege authentischer Interpretation bestätigt, wonach „gemäß der (…) bisher in Kraft gestandenen alttyrolischen Waldordnungen, auf welche sich auch die Holzbezugsrechte und Gnadenholzbezüge der Untertanen gründen, sämtliche Wälder Tirols, mit Ausnahme weniger Landestheile, (…) ein Gegenstand landesfürstlichen Hoheitsrechtes sind, insoferne von seiner Majestät Vorfahren nicht einzelne Wälder an Gemeinden oder Private urkundlich verliehen worden waren.“ (Präambel zum FRP)

Zur Begründung dieses Regalitätsrechtes fanden die Zeitgenossen bemerkenswerte Erklärungen: „Es mag allerdings befremden, dass die tyrolischen Landesfürsten, die doch, wie bekannt, dem bideren Tyrolervolk stets ihre besondere Gunst zuwandten, gerade in Bezug auf die Forste mit diesem nicht allzu freigebig waren, und noch zu einer Zeit, wo man bereits anderenorts von der starren Aufrechterhaltung des Waldreservats nachzulassen begann, das Waldeigenthum in Tyrol fast ausschließlich nur für sich erhalten wissen wollten. Aber gerade in dieser, bis zum Jahr 1847 mit unerschütterlicher Konsequenz an den Tag gelegten Absicht, liegt der sprechende Beweis von der weisen Fürsorge der Landesfürsten. Mit richtigem Blicke haben sie seit jeher erkannt, dass das Wohl des Landes und seiner Bewohner in einem inneren Zusammenhange mit einer guten Waldwirtschaft stehe, ja dass diese eine unerlässliche Bedingung für das erstere sei; und nur in der Absicht, damit die Quellen des Tyroler Wohlstandes: Bergwerke und Salinen, dann Land und Leut in künftiger Zeit an Holz keinen Abgang oder Mangel leiden dürfen, sondern jederzeit mit guter Notdurft versehen werden mögen, verfügten sie: ‚Seynd alle Wäldt, Höhen, kaine ausgeschlossen, Unser Aigen.’ In diesen, der Waldordnung entnommenen Worten liegt ein tiefer Sinn. – Es ist damit (…) ausgesprochen, die Waldungen Tirols nicht allein als eine Quelle des landesfürstlichen Einkommens, sondern als ein Mittel zur Förderung eines höheren Zwecks – des Wohlstandes der Nation – als landesfürstliches Eigentum zu erhalten und gut bewirtschaften zu wollen. In diesen Worten findet aber auch der Anspruch der Bewohner Tirols, auf nachhaltige Deckung ihrer Bedürfnisse aus landesfürstlichen Waldungen, seinen richtigen Grund, und das ursprünglich aus allerhöchster Gnade erflossene Recht der Einforstung seinen unwiderlegbaren Haltpunkt.“

In der Praxis war das landesfürstliche Forstregal freilich immer wieder umstritten und umkämpft, insbesondere seit Erlass der provisorischen Waldordnung 1839. Die offensichtlich als Missstand empfundenen Streitigkeiten beschäftigten den Tiroler Landtag; es fanden Verhandlungen „der Tiroler Ständischen Aktivität“ in Wien statt. Die zur Erledigung dieser Streitigkeiten erlassene Entschließung vom 6. Februar 1847 erschien den Zeitgenossen als glänzender Erfolg der vereinten Bemühungen der Bevölkerung Tirols: Das landesfürstliche Forsthoheitsrecht wurde auf die Forste des Ober- und Unter-Inntals sowie einige Forste südlich des Brenners beschränkt; alle übrigen, bisher dem Landesfürsten aus dem Titel des Hoheitsrechtes zugerechneten Forste des Landes wurden den servitutsberechtigten Gemeinden, unbeschadet der Ansprüche Dritter, ins volle Privateigentum abgetreten. In Ansehung jener Gebiete, hinsichtlich derer das landesfürstliche Hoheitsrecht aufrechterhalten blieb („Regalitätsforste“), wurde – soweit die Forste nicht ohnehin aufgrund von landesfürstlichen Verleihurkunden bereits in Privatbesitz standen – die Anerkennung von Ersitzungstatbeständen in Aussicht gestellt. Ferner sollten in den Regalitätsforsten die Servituten und Gnadenholzbezüge der Untertanen, sofern ihnen solche nach den alten Waldordnungen zukamen, soweit nur immer tunlich durch Ausscheidung und Überweisung einzelner Forstteile in das volle Eigentum der betreffenden berechtigten Gemeinden abgelöst werden.

Rahmenbedingungen der Forsteigentumspurifikation

Die Einzelheiten für die Vorgehensweise der „Kommission zur Purifizierung der Privateigenthums-Ansprüche auf Wälder in jenen Landestheilen oder Forstgebieten Tirols, in welchen das landesfürstliche Forsthoheits-Recht vorbehalten bleibt“, regelte eine Instruktion vom 17. Juni 1847. Demnach (Pkt 1 Z 2 Abs 4) hatte die Kommission die Bestimmung, in jenen Forstgebieten Tirols, in welchen das lf. Forsthoheitsrecht als Regel aufrecht verbleibt, namens der obersten Finanzverwaltung das Privatforsteigenthum im außergerichtlichen Wege zu „liquidiren“. Dadurch würde dasselbe „von künftigen aerarischen Ansprüchen enthoben und gesichert und in diesem besonders für das Land Tirol wichtigen Beziehungen den streitigen Differenzen zwischen den Privaten und dem Aerar ein Ziel gesetzt, und für die Zukunft begegnet.“ Als gleichzeitige Folge der Lösung dieser Aufgaben der Kommission würde sich die Erreichung des Zweckes ergeben, „dass auch das dem Staate als Ausfluss des landesfürstlichen Hoheitsrechtes zustehende Forsteigenthum von Besitzansprüchen der Privaten – und zwar auf immerwährende Zeiten – freigestellt wird.“ Mit diesen Sätzen wurde im Wesentlichen das gesamte Programm der Tirolischen Forstregulierung umrissen, nämlich die Trennung der Bereiche privater und öffentlicher Eigentumssphären.

Als Leitsatz für die spezielle Tätigkeit der Privatforst-Eigentums-Purifikations-Kommission (FEPK) gab die Instruktion vom 17. Juni 1847 folgendes vor: Als Privateigenthum sind, wie sich im Allgemeinen schon von selbst versteht, nur solche Forste anzuerkennen, welche entweder nach den Besitz-Urkunden, oder nach sonstigen Titeln als wirkliches Eigenthum und nicht bloß zur Nutznießung von Privaten besessen worden sind.“(Pkt 14 der Instruktion) Die Tiroler Privatforst-Eigentums-Purifikation würde also missverstanden, wollte man meinen, mit dieser Maßnahme sei Eigentum an Rechtsträger zugewiesen worden, welche bis zu diesem Zeitpunkt keine Herrschaftsrechte über die betroffenen Liegenschaften ausübten. Von der Maßnahme der Privatforsteigentums-Purifikation waren vielmehr ausschließlich solche Sachverhalte betroffen, in denen natürliche oder moralische Personen sich entweder auf eine „landesfürstliche“ Besitzurkunde oder auf andere, „wirkliches Eigentum“ begründende Titel stützen konnten. Während die landesfürstlichen Besitzurkunden schon nach älterer Rechtslage – ungeachtet der immer wieder angezweifelten Regalitätsrechte des Landesfürsten – staatlich anerkanntes Privateigentum begründeten, war dies für die „sonstigen Titel“ im Hinblick auf die herrschende Auffassung, wonach im Gebiet des landesfürstlichen Forstregals eine Ersitzung ausgeschlossen sei, umstritten. Mit dem Tiroler Forstregulierungspatent 1847 hatte der historische Gesetzgeber sich ausdrücklich bereit erklärt, „in huldvoller Berücksichtigung der im Verlaufe der Zeit eingetretenen Verhältnisse“ die Eigentumsrechte der Bürger an Forsten, Alpen und Auen unter diesem Gesichtspunkt neu zu beurteilen.

Damit ist zugleich das zentrale Anliegen, das die FEPK umzusetzen hatte, beschrieben: Es oblag ihr die Beurteilung von Einzelsachverhalten, welche daraufhin zu überprüfen waren, ob Tatbestände erfüllt wären, welche der Gesetzgeber speziell in dieser Instruktion als Voraussetzung für die Anerkennung von ersessenem privatem Forsteigentum im Gebiet des landesfürstlichen Hoheitsrechtes definiert hatte. Angesichts des historischen Selbstverständnisses des Landesfürsten im Jahr 1847 ist es nachvollziehbar, dass diese Tätigkeit nicht der gewöhnlichen Zivilgerichtsbarkeit überantwortet wurde, sondern einer eigenständigen, temporär eingesetzten Behörde.

Instruktion zur Servitutenablösung

Fundstelle:
TLA Innsbruck, Gub. Präsidium Zl 1709 in Zl 1146/1847,
editiert bei: Gerald Kohl, Instruktionen zur Tiroler Forstregulierung von 1847, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften in Westöster-reich (2012) 539 ff.

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Instruction für die Commißion zur Ablösung der Servituten in den vorbehaltenen Staatswäldern Tirols.

Gemäß dritten Absatzes der mit Hofkammerpraesidial-Dekret vom 1. vM. Z. 112 und mit Hofkanzleidekret vom 11. d. M. Z. 12117 den Tiroler Landesbehörden eröffneten allerhöchsten Entschließung vom 6. Februar dJ. geruhten Se. kk: Majestät allergnädigst anzubefehlen, daß in den künftig vorbehaltenen Staatswäldern Tirols die Holzbezugsrechte und Gnadenholzbezüge der Unterthanen, in so fern ihnen solche nach den alten Waldordnungen zukommen, durch Ausscheidung und Überweisung einzelner Forsttheile in das volle Eigenthum, und zwar nicht der einzelnen Unterthanen, sondern der betreffenden Gemeinden, so weit es nur immer zulässig ist, abgelöst werden sollen.

Nach Absatz 4. dieser allerhöchsten Entschließung ist zum Behufe der Ablösung dieser Holzbezugs- und sonstigen Rechte in künftig vorbehaltenen Staatswäldern eine Commißion auszusenden, welche die dießfälligen Ausgleichungen mit den einzelnen Gemeinden zu bewerkstelligen haben wird.

Das Hofkammer-Praesidium findet im Einvernehmen mit dem Herrn obersten Kanzler dem kk: wirklichen Regierungs- und Forstrathe Freiherrn Binder v. Kriegelstein, die Leitung dieser Commißion zu übertragen, welche ferner aus folgenden Personen bestehen wird:

A. Im Salinenforst-Bezirke:

1. Aus dem wirklichen Bergrathe der kk: Berg- und Salinen-Direction zu Hall, Gottlieb Zöttl;

2. Aus einem Gubernial- oder Kreiskommißär, deßen Benennung dem Herrn Landes-Gouverneur anheimgestellt bleibt;

3. Aus einem Repraesentanten des Salinen- und Montan-Aerars, welches mit seinem Holzbedarfe auf die fraglichen Forste angewiesen ist, in der Person eines Salinen- oder Montanbeamten, der von dem kk: Berg- und Salinendirector Hofrathe Joseph Stadler, benannt werden wird;

4. aus dem Aushilfsreferenten der tirolischen Kammerprokuratur Dor. Anton Janiczek, und

5. aus dem Landrichter oder Landrichterssubstituten desjenigen Landgerichtes, in dessen Bezirk sich die Gemeinde befindet, mit welcher verhandelt wird.

B. Im Cammeralforst-Bezirke:

(in sofern in den dortselbst noch vorbehaltenen Forsten Servitutsansprüche vorkommen sollten)

1. Aus dem Cammeralrathe Leopold Ebner,

2. Aus dem Gubernial- oder Kreiskommißär,

3. Aus dem genannten Fiskal-Beamten, und

4. Aus dem betreffenden Landrichter oder dessen Substituten.

Der Bergrath Zöttl kann von dem Commißionsleiter auch in diesem Forstbezirke, erforderlichen Falles beigezogen werden.

Der Commißion wird ein Aktuar beigegeben werden, dessen Bezeichnung erfolgen wird.

Der jeweilige Commißionssitz hat in der Regel am Sitze des Landgerichtes, in dessen Bezirke die Servituts-Ablösung vorgenommen wird, Statt zu finden, doch bleibt es dem Commißionsvorstande frei, die Verhandlung auch auf andere, den betreffenden Gemeinden nahe Orte zu verlegen. Ebenso ist die Reihenfolge der Gemeinden, nach welcher über die Ablösung verhandelt werden soll, seinem Ermeßen anheimgestellt. Das Ablösungsgeschäft wird übrigens zuerst im Salinenforstbezirke, d: i: im Ober- dann im Unter-Inn- und Wippthale vorzunehmen seyn.

Was das Verfahren betrifft, wird sich die Commißion Folgendes gegenwärtig halten:

a. Die gültige Einwilligung der einzelnen Gemeinden ist auf jene Weise herbeizuführen, wie selbe demnächst von der kk: Vereinigten Hofkanzlei dem Hofkammerpraesidio, und von solchem der Servituts-Ablösungs-Commission durch ihren Vorstand bekannt gegeben werden wird.

b. Nachdem es sich bei der Servituten-Ablösung um eben soviele Entäußerungen von Aerarial-Eigenthum handelt, deren Bedeutung sich weder quantitativ, noch qualitativ im Voraus bezeichnen läßt, weil sie vor Allem durch die lokale Verschiedenheit der Servitutsrechte, ihres Umfanges und ihrer Stichhältigkeit, dann aber auch durch die Lage und den verschiedenen Werth der abzutretenden Forstcomplexe bedingt wird: so sind Seitens der Commißion sämtliche Ausgleichungen mit den Gemeinden unter Vorbehalt der Genehmigung des Hofkammerpraesidiums abzuschließen. Den Gemeinden ist jedoch beim Vergleichs-Abschlusse unter ihrer Mitfertigung zu bedeuten, daß sie, wie es bei allen Übereinkommen mit dem Aerar, des Geschäftsganges wegen, erforderlich ist, bis zum Einlangen jener hierortigen Genehmigung, welche von Fall zu Fall mit thunlichster Beschleunigung erfolgen wird, an ihre Einwilligung gebunden verbleiben.

c. Über jedes einzelne Ausgleichungsgeschäft ist, außer der, mit jeder Gemeinde in legaler Form und dreifacher Ausfertigung, abzuschließenden Vergleichsurkunde, ein Protokoll mit sämtlichen Gliedern der Commißion aufzunehmen, in welchem jedes derselben seine individuelle Meinung über die Annehmbarkeit des vorliegenden Ablösungsgeschäftes mit kurzer Begründung auszusprechen hat. Der hierbei eintretende, vorzugsweise Beruf jedes einzelnen Commißionsgliedes ergibt sich aus dessen sistemalen Bestimmung von selbst; doch haben alle Commissionsglieder die Pflicht, sämtliche, bei dem betreffenden Geschäfte obwaltenden Verhältnisse und Rücksichten sowohl in sofern sich solche nach der individuellen Beschaffenheit des Falles ergeben, als mit Hinblick auf die weiter unten folgenden Bestimmungen in das Auge zu faßen. Die Abfaßung dieses Protokolles und die entsprechende Leitung der solcher vorausgehenden, mündlichen Berathung wird Sache des Herrn Commißionsleiters sein, von welchem sofort der ganze, sogestalt, und nöthigenfalls auch mit den näheren Nachweisungen des Bestandes der abzulösenden Rechte, instruirte Akt dem Hofkammerpraesidium zur definitiven Entscheidung gutächtlich vorzulegen ist.

d. Nachdem dieses Ablösungsgeschäft im öffentlichen Interesse erfolgt, so sind alle zum Behufe desselben zu errichtenden Urkunden, Eingaben oder Abschriften jeder Art stempelfrei zu behandeln.

e. Die Gemeinden haben mit der Ablösungskommißion unmittelbar selbst zu verkehren; die Beiziehung von Vertretern wird bei dieser Commißionsverhandlung nicht gestattet.

f. Das ganze Aerarialforstpersonale ist zur unmittelbaren und schleunigen Abgabe aller mündlichen oder schriftlichen Auskünfte verpflichtet, welche von demselben für die Commißion oder ihren Vorstand begehrt werden, der sowohl zur Einholung derselben, als zur Vornahme aller das Geschäft vorbereitenden Besprechungen mit den Partheien und erforderlichen Ambulationen ermächtiget ist.

Was die Grundsätze anbelangt, welche bei den Ablösungsverhandlungen zur Richtschnur zu nehmen sind, so haben Se. Majestät zu befehlen geruht, dass in möglichst ausgedehntem Maße dahin gewirkt werde, die Ablösung der Beholzungsservitut durch Abtretung eines verhältnißmäßigen Theiles der belasteten Staatsforste im Inn- und Wippthale zu Stande zu bringen.

Sofort ist sich in erster Linie die unumgängliche Nothwendigkeit der Erhaltung des phisikalischen Bestandes der betreffenden Gebirge gegenwärtig zu halten, und da angenommen werden muß, daß selber durch den Vorbehalt des aerarischen Eigenthumsrechtes auf die Forsttheile mittelst deren Conservirung jener geschützt ist, besser als durch das gemessenste Forstpolizeigesetz erhalten werden kann: so sind solche Forsttheile, deren besondere Pflege nothwendig wird, um das Absitzen der Berge, das Austreten der Wässer u. dgl. gemeinschädliche Ereignisse hindanzuhalten, so weit es die Lokalverhältniße nur immer zuläßig machen, nicht den Gemeinden abzutreten, sondern dem Aerar vorzubehalten.

In zweiter Linie kömmt die bisherige Deckung des aerarischen Holzbedarfes, wozu insbesondere auch die Bringbarkeit desselben zu den dermal bestehenden aerarischen Werken gehört, zu berücksichtigen.

Die Deckung des Haus- und Guts-Beholzungs-Bedürfnißes der Unterthanen ist vollständig, jedoch nur in so fern, als es rechtlich und wirklich besteht, im Auge zu behalten, jeder Bezug der Unterthanen aber überhaupt nur mit jenen Modalitäten, unter welchen ihnen die einzelnen Genußrechte nach den verschiedenen Forstgebiethen bisher zugestanden haben. Es muß daher, wenn die Ablösungsverhandlung in einer Gemeinde begonnen wird, das erste Geschäft der Commißion sein, diese Modalitäten genau zu constatiren, und findet die Einbeziehung solcher Gutsbesitzer, welche bereits eine ihrem Bedarf entsprechende Waldfläche in Folge Auftheilung oder Verleihung, oder die überhaupt aus einem stichhältigen Grunde gegenwärtig keine Bezüge in Staatsforsten besitzen, in die Zahl der Gemeindeglieder, für deren Bedürfniß durch die Abtretung von Aerarialforsttheilen zu sorgen ist, nicht Statt.

Die Genußrechte der Unterthanen sind übrigens (außer den geringfügigeren, z: B: des Pechklaubens, u. s. w.) vornehmlich nachstehende:

1. Die Beholzungsservitut. Sie besteht in dem Befugniße, aus den gemeinen Waldungen das zum Haus- und Gutsbedarf erforderliche Brenn- und Bauholz (auf Auszeigung des gemeinen Waldmeisters) unentgeldlich zu beziehen.

Die Ablösungskommißion hat sich gegenwärtig zu halten, daß dieses Befugniß nur dem Bauernstande, d: i: den Besitzern von Grund und Boden zusteht; dem Gewerbstande kann es im Allgemeinen nach Analogie mit Titel II. Buch IV der Tiroler-Landesordnung nicht zugestanden werden. Es ist somit bei der Ablösung auf den Bedarf des Gewerbstandes in der Regel keine Rücksicht zu nehmen.

Das Hofkammerpraesidium findet sich jedoch bestimt, bei den radizirten Gewerben eine Ausnahme zu gestatten und zu bewilligen, daß bei denselben auf einen über die Verjährungszeit hinausreichenden Besitzstand, auf den Inhalt des ursprünglichen Steuerkatasters, auf allenfalls bestehende, an ein landesfürstliches Urbarium zu entrichtende Feuerstattzinse, oder auf sonst den eben angeführten ähnliche, besonders beachtenswerthe Verhältniße in der Art Rücksicht genommen werden dürfe, daß ihr auf das Genaueste zu erhebender, bisheriger Bedarf, nicht aber auch die Möglichkeit einer Steigerung desselben, in den Gesamtbestand der in einer Gemeinde abzulösenden Beholzungsbefugnisse einbezogen werde. Bei Vorlage der Ablösungsoperate zur Genehmigung des Hofkammerpraesidiums ist die Einbeziehung solcher Gewerbsholzbedarfe in die Ablösung besonders anzugeben und zu begründen. Überhaupt ist bei der, jeder Ablösungsverhandlung vorausgehenden, näheren Constatirung der Beholzungsbefugniß der einzelnen Gemeinden auf landesfürstliche, oder auf Verleihungen einer competenten Behörde, auf das Steuerkataster, auf allfällige Theillibelle, alte

Kontrakte oder Vergleiche zwischen einzelnen Gemeinden, dann auf einen über die Verjährungszeit hinausreichenden Besitzstand Rücksicht zu nehmen.

Hinsichtlich der Neubauten und der Vergrößerung bestehender Bauten kann das Recht der Einforstung nicht zugestanden werden; auf die Herhaltung der mit Feuerstattzinsen belegten Häuser ist jedoch gebührende Rücksicht zu nehmen. In Bezug auf den subsidiarisch (wenn nähmlich die gemeinen Waldungen ungeachtet der waldordnungsmäßigen Verwendung derselben zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes nicht hinreichten) den Insaßen aus Amtswaldungen verabfolgten Holzes, welche Verabfolgung theils gegen, theils ohne Entrichtung eines Stockgeldes geschah, ist sich in Ansehung dieses letzteren Umstandes an den dermaligen Stand der Dinge zu halten, und der Kapitalswerth des einjährigen Stockzinserträgnisses bei Ausmittlung des künftigen Gemeinde-Forsteigenthumes entweder in angemessenen Abschlag zu bringen, oder dießfalls mit der betreffenden Gemeinde über die Fortdauer eines fixen jährlichen Zinsbetrag-Aequivalentes, das sofort von der Gemeinde, und nicht von einzelnen Insaßen abzuführen sein würde, oder über einen andern, dießfalls angemessenen Vergleichspunkt zu unterhandeln.

2. Das Weidebefugniß, auf Tit. II. Buch IV. der Tirol. L.O. und auf die Inn- und Wippthalsche W: O: Seite 61. – 69. sich gründend, darf nur mit der Beschränkung auf den Auftrieb so viel Viehes ausgeübt werden, als auf den betreffenden Gütern überwintert werden kann. Die Ablösungskommißion hat daher diese Beschränkung in das Auge zu faßen.

Bei Beurtheilung des schon bisherigen Bestandes der Weidebefugniße einzelner Gemeinden, als solcher, hat die Commißion landesfürstliche Verleihungen, oder Verleihungen competenter Behörden, das Steuerkataster, Theillibelle, in so ferne in solchen von der Weide gehandelt wird, Gemeindeordnungen, alte Contracte oder Vergleiche zwischen Gemeinden unter sich, und den über die Verjährungszeit hinausreichenden Besitzstand zur Grundlage zu nehmen.

3. Der Streubezug, sich gleichfalls auf obigen Titel der tirol. L: O: und auf das Weidemandat gründend, ist nach Letzterem nur in den Maissen und Schlägen untersagt. Hieher gehört auch das Taxenschnaiten (S: 66. ibid)[.] Bei Beurtheilung der dießfälligen Ansprüche werden ebenfalls die sub 2. in Ansehung des Weiderechtes angeführten Titel angemessen zu berücksichtigen seyn. Dasselbe ist endlich auch

4. hinsichtlich des Grasmähens oder Grasausraufens der Fall, welches Befugniß sich gleichfalls auf mehrerwähnten Titel der tirol. L. O. und auf das Weidemandat fußt, zufolge dessen das Grasausraufen ebenfalls nur in den Maissen und Schlägen, bis das Holzgewächs Stärke und Kraft bekam, untersagt ist.

Da jedoch voraussichtlich jene Waldtheile, welche den Gemeinden zur Deckung ihres Beholzungsbedürfnisses in das volle Eigenthum werden überlassen werden müssen, nicht hinreichen dürften, um auch ihre anderen Genußrechte, nahmentlich jenes der Weide und des Streubezuges zu decken, deren Befriedigung daher noch theilweise in den von dem Beholzugsbefugnisse der Insaßen künftig ganz frei werdenden Staatsforsten zu gestatten, nicht vermeidlich sein dürfte: so wird ein Hauptaugenmerk der Ablösungskommißion dahin gerichtet sein müssen, die Wahl und Zuweisung der als Entschädigung abzutretenden Forste so zu combiniren, daß daraus die möglichst vollständige Befreiung der verbleibenden Staatsforste von sämtlichen, oder, in soferne dieß unthunlich seyn wird, doch von jenen Genüssen der Unterthanen erzielt werde, welche der Erhaltung der aerarischen Forstbestände vorzugsweise gefährlich seyn würden. In so weit dies aber durchaus nicht thunlich wäre, dh: in so weit den Unterthanen dennoch die Weide oder der Streubezug u. dgl: theilweise auch künftig in Staatsforsten gestattet werden müßten, wird die Commißion die allfällig angemessenen beschränkenden Bedingungen und Vorsichten, unter welchen die Ausübung solcher Genußrechte in jenen für die Zukunft am Wenigsten gefährlich erscheint, abgesehen von den einschlägigen Bestimmungen der jetzigen oder künftigen Waldordnung, bei den Vergleichsabschlüssen mit den Gemeinden contraktuel festzusetzen haben.

Über die Herstellung und die Kosten der definitiven Begränzung der den Gemeinden in das Eigenthum abzutretenden Forste, wenn die betreffenden Akte von Fall zu Fall hierorts genehmigt seyn werden, hat die Commißion mit den Gemeinden sogleich bei den Vergleichsabschlüssen das Übereinkommen zu treffen.

Die kk: Berg- und Salinendirection in Hall wird unter Einem angewiesen, der Ablösungskommißion alle in dortiger Aufbewahrung befindlichen Vormerkungen, und allfälligen Urkunden über die bisherigen Forstgenußrechte mitzutheilen, welche zum Besten der Unterthanen gehörig zu beachten seyn werden, indem der Staat auf die Vortheile, welche aus dem Nichtbesitze dieser Urkunden Seitens der Unterthanen ihm zugehen könnten, verzichtet, wenn sich Abschriften oder Dupplikate, oder den Inhalt zweifellos bezeichnende Vormerkungen in Handen der Staatsverwaltung befinden.

Wien am 1. May. 1847.

Forstservitutenablösung in Nordtirol

Forstservitutenablösung in Nordtirol

Auszug aus: Gerald Kohl, Die Forstservitutenablösung im Rahmen der Tiroler Forstregulierung 1847, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler, Die Agrargemeinschaften in Tirol (2010) 105 ff

Übersicht

Im Rahmen der Tiroler Forstregulierung kam es unter anderem zu einer Forstservituten-Ablösung. Die dafür eingesetzte Kommission verhandelte mit den eigens dazu unter Aufsicht der Landgerichte gewählten Vertretern der bis dahin an den aerarischen Wäldern jeweils Nutzungsberechtigten: Dabei handelte es sich um sechs oder zwölf Personen, die als Bevollmächtigte auf der Grundlage einer vor dem zuständigen Landgericht errichteten und amtlich beurkundeten Bevollmächtigungsurkunde agierten. Die Vertretungsbefugnis der Bevollmächtigten war gesetzlich geregelt; sie waren uneingeschränkt hinsichtlich jeder Art von Forstservituten verhandlungs- und vertretungsbefugt.

Mit diesen Bevollmächtigten schloß die FSAK, mangels Zwangsbefugnis auf freiwilliger privatrechtlicher Grundlage, entgeltliche Rechtsgeschäfte in der Form von Vergleichen ab, die in der Folge von den Wiener Zentralstellen genehmigt und als Eigentumstitel anerkannt, verfacht und verbüchert wurden. Die GRP-Gemeinde als partielle Vorläuferin der heutigen politischen Ortsgemeinde war in die Vorbereitung des Ablösungsgeschäftes mit der Durchführung angeordneter Erhebungen eingebunden.

Nur die zuvor nutzungsberechtigten Stammliegenschaftsbesitzer konnten die vom Aerar geforderte Freistellung bestimmter Teilflächen von ihren Holznutzungsrechten bieten; nur sie hatten in Form einer durch das FRP konstituierten „holzbezugsberechtigten Gemeinde“ Anspruch auf die Gegenleistung des Ablösungsgeschäfts, das freie Eigentum an anderen Teilflächen. Vom Kreis der Vertragspartner ausgeschlossen blieben daher jene, denen nach dem 1847 geltenden Recht keine Forstnutzungsrechte an landesfürstlichen Waldungen zustanden, sei es, daß sie aufgrund von Teilung oder Verleihung über so viel privates Waldeigentum verfügten, daß daraus ihr Haus- und Gutsbedarf gedeckt werden konnte, sei es, daß sie generell von Einforstungsrechten ausgeschlossen gewesen waren.

Einzelheiten

Im Rahmen der Forstregulierung wurden durch die Forstservituten-Ablösungskommission (FSA) „in den künftig vorbehaltenen Staatswäldern die Holzbezugsrechte oder Gnadenholzbezüge der Unterthanen, in so ferne ihnen solche nach den alten Waldordnungen zukommen, durch Ausscheidung und Ueberweisung einzelner Forsttheile in das volle Eigenthum, und zwar nicht der einzelnen Unterthanen, sondern der betreffenden Gemeinden, so weit es nur immer zulässig ist, abgelöst“ (Pkt 3 FRP). Die unterschiedlichen Berechtigungen an den Tiroler Wäldern, also das aus dem landesfürstlichen Forstregal resultierende „Obereigentum“ einerseits und die „Genußrechte der Unterthanen nach den überkommenen Tiroler Landesordnungen“ andererseits, sollten damit so weit wie möglich – im Idealfall vollständig – entflochten werden. Im Sinne der gesetzlichen Vorgabe (Pkt 3 FRP) und des jeweiligen ausdrücklichen Vergleichsinhalts gingen die Holzbezugsrechte der Berechtigten an den fortbestehenden Regalitätsforsten dabei unter, während zugleich ein Teil der früher belasteten Liegenschaften als Ablösefläche in das freie Eigentum der aus den früheren Berechtigten zusammengesetzten Gemeinschaft – „Gemeinde“ im Sinne des ABGB – übertragen wurde.

Die darüber errichteten Vergleiche stellten Eigentumstitel dar, was nicht nur zahlreiche Verfachungen sowie später Grundbuchseinverleibungen belegen: In jenen Gebieten, in denen die FEPK nach der FSAK amtierte, nahm sie auf die FSA-Vergleiche Bedacht und anerkannte sie als möglichen Privateigentumstitel. Nachdem die Nutzungsrechte in der Regel auf einen Haus- und Gutsbedarf abstellten, kamen als Nutzungsberechtigte nur Liegenschaftseigentümer („Stammliegenschafts­besitzer“) in Frage. Umgekehrt mußte jedoch nicht jedes Liegenschaftseigentum mit einer Nutzungsberechtigung verbunden sind. Jene Liegenschaftseigentümer, die zum Zeitpunkt der Erhebungen über die 1847/48 bestehenden Waldnutzungsrechte keine solchen Rechte besaßen, insbesondere weil sie aufgrund von Rechtstiteln – die IFSAK nannte konkret „Auftheilung“ und „Verleihung“ – ohnehin bereits über so viel Eigenwald verfügten, daß sie daraus ihren Haus- und Gutsbedarf decken konnten, wurden konsequenter Weise nicht in die FRP-Gemeinde einbezogen.

Dieser Bestimmung lag möglicherweise der Gedanke zugrunde, daß das unentgeltlich aus „Gemeinheitsteilung“ oder aus landesfürstlicher Verleihung stammende Privateigentum an Forsten ohnehin letztlich auf Kosten des landesfürstlichen Waldvermögens anstelle alternativer Einforstungsrechte entstanden sei. Die Ausschließung jener Personen, die keine Bezugsrechte aus landesfürstlichem Forsteigentum besessen hatten, versteht sich nahezu von selbst: Zweck des Geschäfts war es eben, bestehende Rechtsansprüche auf landesfürstlichem Eigentum durch Abtretung eines Teiles der belasteten Liegenschaften abzulösen; dieses entgeltliche Rechtsgeschäft war seiner Natur nach nur mit jener Personengruppe zu vollziehen, welche aufgrund historischer Rechtstitel berechtigt war. Dementsprechend standen sowohl die ursprünglich belasteten als auch die schließlich abgetretenen Waldflächen in einem engen Verhältnis zu den Bezugsrechten: Aus einem „ungünstigen Ertragsverhältniße erklärt[e] sich [eine] bedeutend größere Zutheilung an Waldflächen“, überdurchschnittlicher Ertrag begründete „eine verhältnißmäßig kleinere Fläche“. Für unentgeltliche Zuwendungen bestand in diesem Zusammenhang keine Veranlassung.

Mit dem Austausch beschränkter Nutzungen an einer Gesamtfläche gegen freies Eigentum an Teilflächen erweist sich die FSA als typischer Fall einer Servitutenregulierung und damit als letzter Vorläufer des Gesetzes über die „Regulierung und Ablösung der Holz-, Weide- und Forstprodukten-Bezugsrechte, dann einiger Servituts- und gemeinschaftlichen Besitz- und Benützungsrechte“, des sogenannten „Servitutenregulierungspatents“ RGBl 1853/130. Den Bestimmungen dieses Patents unterlagen „alle gemeinschaftlichen Besitz- und Benützungsrechte auf Grund und Boden, wenn sie“ entweder „zwischen gewesenen Obrigkeiten und Gemeinden, sowie ehemaligen Unterthanen“ oder „zwischen zwei oder mehreren Gemeinden“ bestanden.

An die Stelle von RGBl 1853/130 traten später die Bestimmungen des Teilungs- und Regulierungs-Reichsgesetzes (TRRG), RGBl 1883/94, die jenen von 1853 nachgebildet waren. Von den gemeinschaftlichen Besitz- und Benützungsrechten „zwischen gewesenen Obrigkeiten und Gemeinden oder ehemaligen Unterthanen, sowie zwischen zwei oder mehreren Gemeinden“ unterschied das Gesetz von 1883 allerdings jene Rechte, „welche von allen oder von gewissen Mitgliedern einer Gemeinde, einer oder mehrerer Gemeindeabtheilungen, Nachbarschaften oder ähnlicher agrarischer Gemeinschaften (Classen der Bauern, Bestifteten, Singularisten und dergl.) kraft ihrer persönlichen oder mit einem Besitze verbundenen Mitgliedschaft (…) gemeinschaftlich oder wechselweise benützt werden“. Für diese Variantenvielfalt gäbe es keine Begründung, hätte der Gesetzgeber schon 1849 das Vermögen aller „Gemeinden“ den politischen Ortsgemeinden überlassen wollen. „Wirksamkeit“ von RGBl 1883/94 sowie Außerkrafttreten von RGBl 1853/130 waren übrigens vom Inkrafttreten der landesgesetzlichen Ausführungsgesetzgebung abhängig; für Tirol erfolgte dies erst 1909.

Schon den Zeitgenossen war die Forstservituten-Ablösung des FRP als eine Form der Servitutenablösung erschienen: Es sei demnach „angeordnet [worden], auch in den Regalitätsforsten die Servituten (!) und Gnadenholzbezüge der Unterthanen (…) soweit nur immer thunlich durch Ausscheidung und Überweisung einzelner Forsttheile in das volle Eigenthum der betreffenden berechtigten Gemeinden abzulösen.“ Zu Recht wurde die Tiroler Forstregulierung daher auch noch später als ein „älterer Versuch zur Lösung der Servitutenfrage“ beurteilt. Der Umstand, daß die Umsetzungsakte zum FRP Eigentumsrechte begründeten, wurde wiederholt anerkannt. So war man sich im Zuge der Grundbuchsanlegung darüber im Klaren, daß die FEPK und die FSAK „zahlreiche wirkliche Privateigentumswaldungen“ geschaffen hatten. Noch das Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 erklärte „Grundstücke, die im Zuge von Verfahren nach der Kaiserlichen Entschließung vom 6. Februar 1847 (…) einer Mehrheit von Berechtigten ins Eigentum übertragen wurden“, als „agrargemeinschaftliche Grundstücke“.

Wollte man nämlich eine (erst zu fingierende) politische Ortsgemeinde als Empfängerin der in Teilflächen bestehenden Ablöseleistung und damit als Begünstigte aus der Beseitigung bzw der Beschränkung des örtlichen Umfanges der Regalität ansehen, so würde dies unter anderem bedeuten, daß der Landesfürst die Holzbezugsberechtigten bei den Ablöseverhandlungen und Vergleichsabschlüssen in Irrtum geführt und verkürzt hätte: Trotz Lastenfreistellung beträchtlicher Flächen für das Aerar wäre der Landesfürst die in Aussicht gestellte Gegenleistung, nämlich ein freies Privateigentum, wie es Gegenstand zahlloser anhängiger Rechtsstreitigkeiten gewesen war, schuldig geblieben. Die Holzbezugsberechtigten hätten also nichts bekommen, sondern nur in bedeutendem Umfang auf Rechte verzichtet. Wäre die politische Ortsgemeinde dabei selbst Vertragspartei der Vergleichsabschlüsse gewesen, so würden sittenwidrige Verträge zu Lasten Dritter, eben der früher Nutzungsberechtigten, vorliegen. Der massenhafte Abschluß derartiger Verträge kann der Staatsverwaltung mE aber nicht unterstellt werden.

Das Forstregulierungspatent 1847 (FRP)

Das Forstregulierungspatent 1847 (FRP)

Das Gesetz zur Regulierung der Tiroler Forstangelegenheiten:

Ende der 1830er, Anfang der 1840er Jahre waren in Tirol heftige Rechtsstreitigkeiten ausgebrochen. Gegenstand waren die Eigentumsverhältnisse an den Tiroler Wäldern. Ein anonymer Bericht in der Österreichischen Vierteljahresschrift für Forstwesen aus dem Jahr 1851 berichtet von hunderten (!) anhängigen Rechts­streitigkeiten (und doppelt so vielen Federn in Bewegung, um für und dagegen zu schreiben). Die staatliche Forstverwaltung sei nur noch mit der „Sammlung von Klagebehelfen und Instruierung von Klagen“ beschäftigt gewesen. Von verschiedenster Seite wurde in die­ser Situation in Wien interveniert, wo seit Anfang der 1840er Jahre das staatliche Berg- und Forstwesen in den Händen von Carl Friedlich Kübeck Freiherr von Kübau lag. Auf dessen Initiative ist es zurückzuführen, dass Kaiser Ferdinand I. die allerhöchste Entschließung vom 6. Februar 1847, Provinzialgesetzsammlung für Tirol und Vorarlberg für das Jahr 1847/XXXVI, 253ff, erlassen hat, das so genannte Tiroler Forstregulierungspatent von 1847. Im „Kaiserlich königlich privilegierten Bothen für Tirol und Vorarlberg“, Jahrgang 1847, Seite 189f, vom 29. April 1847 und im „Amts-Blatt zum k. k. privilegierten Bothen von und für Tirol und Vorarlberg“ am 6. Mai 1847 erschien dazu die nachstehende Veröffentlichung:

Regulierung der Tiroler Forstangelegenheiten. Sr. k. k. Majestät haben mit der an das k. k. Hofkammer-Präsidium erlassenen und von diesem am 1. April d. J. an die k. k. vereinigte Hofkanzlei mitgeteilten allerhöchsten Entschließung vom 6. Februar d.J. zu erklären befunden: Daß gemäß der über die Forsteigentums-Verhältnisse in Tirol – mit Ausschluß Vorarlbergs – bisher in Kraft gestandenen alttirolischen Waldordnungen, auf welche sich auch die Holzbezugsrechte und Gnadenholzbezüge der Untertanen gründen, sämtlicher Wälder Tirols mit Ausnahme weniger Landesteile, allerdings ein Gegenstand landesfürstlichen Hoheitsrechtes sind, in so ferne von Seiner Majestät Vorfahren nicht einzelne Wälder an Gemeinden oder Private urkundlich verliehen worden waren.

Seine k. k. Majestät haben jedoch in huldvoller Berücksichtigung der, im Verlauf der Zeit eingetretenen Verhältnisse zur gründlichen Behebung aller Verwirrung im Forstbesitze, in den Forstnormen von Tirol – mit Ausnahme Vorarlbergs – nachfolgende Änderungen allergnädigst zu genehmigen geruht:

1. Das jeden Privatbesitz, außer infolge landesfürstlicher Verleihung, ausschließende landesfürstliche Hoheitsrecht über die Wälder Tirols wird auf die Waldungen des Ober- und des Unterinntals, dann des Wipptales, welche sich gegenwärtig unter Verwaltung der Staatsbehörden befinden, dann in den übrigen Landesteilen

a.) auf den Forstkomplex Paneveggio und Cadino im Fleimsertale,

b.) auf die Forste Kar und Latemar im Bozner Kreise, welche sämtlich gleichfalls unter Verwaltung der Staatsbehörden stehen, beschränkt;

c.) die zu den montanistischen Werken am Schneeberge und in Pfundern, dann zur ärarialischen Schmelzhütte in Klausen gehörigen und erforderlichen Forste haben ebenfalls landesfürstlich zu verbleiben.

Über die Primörerforste wird die im administrativen Wege schwebende abgesonderte Verhandlung zur Entscheidung führen.

2. Auch in Ansehung dieser Forste, in Absicht auf welche das landesfürstliche Hoheitsrecht aufrecht verbleibt, gestatten seine Majestät die Beurteilung der Eigentumsansprüche von einzelnen Privaten oder Gemeinden, in huldvoller Berücksichtigung der eingetretenen Verhältnisse, für das vergangene in Anwendung der Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Rechts, jedoch nur dann und insoferne, als diese Ansprüche entweder schon derzeit gerichtlich gestellt sind, oder binnen 3 Monaten vom Tage, an welchem die zur Purification dieser Eigentumsansprüche auszusendende Kommission den Beginn ihrer Wirksamkeit bekannt gemacht haben wird, bei eben dieser Kommission angemeldet werden.

3. Seine Majestät geruhen allergnädigst zu bewilligen, dass in den künftig vorbehaltenen Staatswäldern die Holzbezugsrechte oder Gnadenholzbezüge der Untertanen, insoferne ihnen solche nach den alten Waldordnungen zukommen, durch Ausscheidung und Überweisung einzelner Forstteile in das volle Eigentum, und zwar nicht der einzelnen Untertanen, sondern der betreffenden Gemeinden, soweit es nur immer zulässig ist, abgelöst werden. In Ansehung derjenigen einzelnen Berechtigten, welche sich weigern würden, dem Willen der Mehrzahl der Gemeindeglieder beizutreten, werden von Seiten der k. k. vereinigten Hofkanzlei die nötigen Bestimmungen getroffen werden, um solche vereinzelte Einstreuungen im Interesse des Staates und der Gemeinden selbst zu beseitigen.

4. Sowohl zum Behufe der Eigentums-Purifikation, als zum Behufe der Ablösung und Richtigstellung der Holzbezugs- und sonstigen Rechte in den künftig vorbehaltenen Staatswäldern, wird die erforderliche Kommission zusammengestellt und ausgesendet werden.

Die Purifikations-Kommission der Eigentumsrechte wird, nach vorläufiger Aufforderung der Beteiligten zur Produzierung ihrer Besitztitel, bei den, nach Grundsätzen des allgemeinen bürgerlichen Rechts unzweifelhaften Eigentumsrechten, dieselben als solche anerkennen, bei den zweifelhaften dagegen mit betreffenden Parteien eine gütliche Ausgleichung versuchen, und nach Umständen bewirken; die Kommission für die Ablösung der Holzbezugsrechte und Gnadenholzbezüge wird die Richtigstellung und Ausgleichung mit den Gemeinden bewerkstelligen.

Die Zusammensetzung, Instruierung und die nähere Bestimmung der Wirksamkeit dieser Kommission oder Kommissionen wird alsbald nachträglich erfolgen.

5. Zur Anbringung oder Fortsetzung von Rechtsstreiten des Ärars oder wieder das Ärar bei jenen Eigentums-Ansprüchen in den künftig vorbehaltenen Staatswäldern, welche bei der bezüglichen Kommission zwar angemeldet wurden, aber von solcher nicht abgetan werden können, gleich wie für alle künftigen Forstrechtsstreitigkeiten in Tirol zwischen dem Ärar und den Parteien, geruhen seine Majestät, statt des, mit der k. k. Salinen-Direktion vereinigten Berggerichtes zu Hall, das k. k. Stadt- und Landrecht zu Innsbruck als den gesetzlichen Gerichtsstand des Fiskus unter jedesmaliger Intervenierung der berufenen Cameral-Repräsentanten als erste Instanz zu bestimmen.

6. Seine Majestät beruhen zugleich allergnädigst anzubefehlen, dass mit Ausnahme der sup 1 angeführten, alle übrigen Wälder Tirols welche bisher allerhöchst demselben aus dem Hoheitsrechte vorbehalten waren, unter gleichzeitigem Erlöschen der auf demselben wieder das Ärar bestandenen Holzbezugs- oder sonstigen Rechte, unbeschadet der Besitzansprüche oder sonstigen, aus was immer für Titeln abgeleiteten Rechte Dritter, und ohne Gewährleistung wieder dieselbe von Seiten des Staatsschatzes, den bisher zum Holzbezuge berechtigten oder mit Gnadenholzbezügen beteilten Gemeinden, als solchen, in das volle Eigentum zu überlassen sein.

7. Dieses Eigentum soll jedoch nach dem bestimmten Wille seiner Majestät nur unter den Beschränkungen genossen werden dürfen, welche die zum Behufe der Erhaltung der Kultur und Bestände der Forste Tirols sobald als möglich zu erlassenden, die Forstpolizei, die Benützung der Wässer und Bäche, der Alpen und Auen, ferner die Bestimmungen über die Forstaufsicht und die Bedeckungsmittel der Kosten derselben umfassenden Anordnungen, festgestellt werden.

Einstweil ist sich hinsichtlich der Beaufsichtigung und Bewirtschaftung der in das Eigentum der Gemeinden übergehenden Staatswaldungen nach den, in dem 2. Teil der provisorischen Waldordnung für Tirol vom 24. Dezember 1839, Nr. 400 der JGS, enthaltenen Vorschriften unter strengster Verantwortung der berufenen Behörden, denen die erforderlichen Organe unter einem verschafft werden, zu benehmen.

8. Die Extradierung der, in der bezeichneten Art an die bisher zum Holzbezuge berechtigten, oder mit Gnadenholz beteilten Gemeinden als Eigentum überlassenen Wälder, wird von der Cammeral-Gefällen-Verwaltung Tirols im ganzen an die Landesstelle als Curadelsbehörde der Gemeinden geschehen, welcher auch die Zuweisung der einzelnen Waldstrecken an die Gemeinden und die Vornahme der zwischen diesen etwa nötig werdenden Ausgleichungen obliegen wird.

9. Alle Besitz-, Eigentums-, oder was immer für sonstige Rechtsansprüche einzelner, oder anderer Gemeinden auf Forste, die bisher dem allerhöchsten Landesfürsten gehörten, aber nunmehr den holzbezugsberechtigten Gemeinden abgetreten werden, sollen hinfort nur gegen diese letzteren gestellt oder fortgeführt werden können, ohne dass dem Ärar, wie bereits oberwähnt, dabei irgend eine Vertretungsleistung zur Last fallen darf. Es versteht sich von selbst, dass den berechtigten Gemeinden, die das Eigentum solcher landesfürstlichen Forste erlangen, weder für die Vergangenheit, den Ansprüchen Dritter gegenüber, das landesfürstliche Hoheitsrecht zu statten komme, noch für die Zukunft ein Hoheitsrecht, sondern nur das einfache Privat-Eigentumsrecht zustehen könne.

Allfällige Besitz-, Eigentums-, oder was immer für sonstige Rechtsansprüche Dritter wieder die Gemeinden, kommen daher nach dem allgemeinen bürgerlichen Recht zu beurteilen, und Rechtsstreite, die hierüber entstehen oder fortgeführt werden, hat das kompetente ordentliche Gericht zu entscheiden.

Die Prozessakten, welche diesfalls bisher wieder den Fiskus aufgelaufen sind, werden von diesem der Landesstelle, als der zur Übernahme und Zuweisung der betreffenden Wälder an die Gemeinden berufenen Behörde, zur weiteren Verfügung übergeben werden.

10. Bei jenen Waldstrecken, die sich schon bisher in Privatbesitze befinden, aber landesfürstliche Lehen, oder landesfürstliche Erbpacht und Erbzinsgüter sind, haben die Ärarialrechte des landesherrlichen Obereigentümers, oder des landesfürstlichen Erbpacht- oder Erbzinsherrn aufrecht zu verbleiben.

Seine Majestät geruhen jedoch allergnädigst anzubefehlen, dass zur möglichsten Befreiung des Forsteigentums in Tirol von dieser Artbeschränkung auf die Ablösung auch dieser Arialrechte hingewirkt, und den berufenen Behörden die hiernach erforderliche Weisung erteilt werden soll.

11. Seine Majestät geruhen schließlich zu erklären, dass es von der Anordnung des § 2 der provisorischen Waldordnung vom Jahr 1839, Nr. 400 der JGS, definitiv abzukommen, und der Einfluss der politischen Behörden bei Besitzstreitigkeiten in Waldsachen auch in Tirol nur nach den bestehenden allgemeinen Grundsätzen, dass ist nur dann und in so ferne einzutreten habe, als die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung das Einschreiten der, mit Handhabung derselben gesetzlich beauftragten politischen Behörden es fordert.

Diese allerhöchste Entschließung wird hiermit in Folge Dekretes der k. k. Hofkanzlei vom 11. d. M., Zahl 1211/698, öffentlich bekannt gegeben. Innsbruck, am 19. April 1847. Vom k. k. Landesgubernium für Tirol und Vorarlberg. Klemens Graf und Herr zu Brandis, Gouverneur. Norbert Freiherr von Benz, k. k. Vicepräsident. Joseph Vogelsanger, k. k. Gubernialrath.“

Rechtsgrundlagen: FRP und Instruktionen

Rechtsgrundlagen: FRP und Instruktionen

Auszug aus: Gerald Kohl, Die Forstservitutenablösung im Rahmen der Tiroler Forstregulierung 1847, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler, Die Agrargemeinschaften in Tirol (2010) 105 ff

Zentrale Rechtsgrundlage der gesamten Forstregulierung war das Forstregulierungspatent, die „allerhöchste Entschließung“ vom 6.2.1847 betreffend die „Regulirung der Tiroler Forstangelegenheiten“. Diese Norm wurde, wie erwähnt nach einer überaus gründlichen Prüfung der Tiroler „Forestalverhältnisse“ seitens der Hofkammerprokuratur, erlassen; sie konstituierte, den dabei zutagegetretenen Unterschieden entsprechend, ein differenziertes System der Forstregulierung (siehe oben I. 2. und Abbildung 1). Das FRP war allerdings zu wenig detailliert, um unmittelbar vollzogen zu werden. Daher enthielt es eine Ankündigung, wonach die „Zusammensetzung, Instruirung und die nähere Bestimmung der Wirksamkeit dieser Kommission oder Kommissionen (…) alsbald nachträglich erfolgen“ würden (Art 4 Abs 3 FRP). Tatsächlich ergingen mehrere Instruktionen: Rund drei Monate nach dem FRP, am 1. Mai 1847, zunächst die „Instruction für die Commission zur Ablösung der Servituten in den vorbehaltenen Staatswäldern Tirols“, nach weiteren eineinhalb Monaten, am 17. Juni 1847, die „Instruction für die Commission zur Purifizirung der Privat Eigenthums-Ansprüche auf Wälder in jenen Landestheilen oder Forstgebieten Tirols, in welchen das l.f. Forsthoheits-Recht vorbehalten bleibt“ . Diese Instruktionen wurden offenbar nur handschriftlich angefertigt; eine deutlich später, 1853, erlassene Instruktion für die (hier nicht interessierende) Waldzuweisungskommission im Kreisregierungsbezirk Brixen wurde im Druck publiziert.

IFEPK und IFSAK standen jedoch nicht beziehungslos nebeneinander; sie waren nicht nur formell durch die gleiche Rechtsgrundlage, das FRP, sondern auch materiell verknüpft: Beide Instruktionen nahmen auf die zwischen den beiden Teilaktionen bestehenden Wechselwirkungen Bedacht. So verlangte die IFSAK für die Bemessung des abzulösenden Holzbedarfs die Berücksichtigung von Einzeleigentum an Forsten, welches aus landesfürstlicher Verleihung oder Gemeinheitsteilung stammte. Je mehr solche Eigentumsrechte in einer Gemeinde bereits vorhanden waren, desto kleiner sollte also die mit dem Ablösungsvergleich zugestandene „Ergänzungsfläche“ ausfallen. Umgekehrt war von der IFEPK (§ 11) in Zweifelsfällen eine Anerkennung von Eigentum insbesondere dann vorgesehen, wenn in diesem Zusammenhang eine „Verzichtleistung der Partei auf ein allfälliges Einforstungsrecht derselben in den landesfürstlichen Waldungen als Ausgleichungs-Moment“ in Frage kam. Die FEPK hatte sich in solchen Fällen mit der FSAK „in das Einvernehmen zu setzen“. Der dabei von der FEPK gesetzte Vorbehalt lautete meist wie folgt: Konkret benannte Waldungen „werden aus Gnade als Privateigenthum anerkannt unter der Bedingung der Beanschlagung des Ertrages dieser Wälder bei der Ausmittlung des Haus- und Hofbedarfes der Gemeinden, der Fortentrichtung der bisher bezahlten forstpolizeilichen Gebühren und unter Aufrechthaltung der durch die Wälderverteilungen entstandenen Berechtigungen Einzelner.“

Im Fall der FSAK ist auch noch der Umstand zu beachten, daß deren Instruktion zunächst in einer wichtigen Frage unvollständig blieb. Unklar war nämlich zunächst die Frage des Verhandlungsmodus mit den Gemeinden. In der IFSAK wurde dieses Problem künftigen Anordnungen vorbehalten: „Die gültige Einwilligung der einzelnen Gemeinden ist auf jene Weise herbeizuführen, wie selbe demnächst von der kk. vereinigten Hofkanzlei dem Hofkammerpräsidio und von solchem der Servituts-Ablösungs-Commission bekannt gegeben werden wird.“ Tatsächlich erfolgte eine entsprechende Anordnung durch ein Hofkanzleidekret vom 29. Juni 1847, das im Juli 1847 über Hofkammer und Gubernium zur FSAK gelangte.

Zur Forstregulierung – Übersicht

Zur Tiroler Forstregulierung – Übersicht

Auszug aus: Gerald Kohl, Die Forstservitutenablösung im Rahmen der Tiroler Forstregulierung 1847, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler, Die Agrargemeinschaften in Tirol (2010) 105 ff

1. Zur Vorgeschichte des Forstregulierungspatents

Bis zur „Regulirung der Tiroler Forstangelegenheiten“ 1847 beanspruchte der Tiroler Landesfürst „sämmtliche Wälder Tirols“ mit wenigen Ausnahmen als „Gegenstand landesfürstlichen Hoheitsrechtes“ sowie insbesondere auf der Grundlage des sogenannten „Allmendregals“ die Hoheit über die gemeinschaftlich genutzten Liegenschaften. Neben dem jeweiligen Hoheitsrecht waren diverse, auf unterschiedliche bzw abgestufte Nutzungen abzielende „Gerechtigkeiten“ möglich; ein Liegenschafts-„Eigentum“ im Sinne des modernen, romanistisch geprägten und von Ausschließlichkeit gekennzeichneten Vollrechts darf, solange und soweit die Traditionen des heimischen Gewohnheitsrechts weiterwirkten, nicht erwartet werden. Es wäre nicht nur müßig, danach zu suchen; es würde eine solche Suche auch einen modernen Begriff in unhistorischer Weise auf die Vergangenheit übertragen und damit letztlich in die Irre führen.
In diesem Sinne war auf der Grundlage älterer Vorbilder von der Inn- und Wipptaler Waldordnung 1685, die noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als geltendes Recht angesehen wurde, eine Ersitzung von Waldeigentum ausgeschlossen. Diese Waldordnung erklärte alle Waldungen als Eigentum des Landesfürsten; niemand durfte Waldeigentum behaupten, wenn er keinen vom Landesfürsten abgeleiteten Erwerbstitel vorweisen konnte. Sozusagen als Ausgleich für diesen „Eigentumsvorbehalt“ zugunsten des Landesfürsten bestätigten die Waldordnungen zu Gunsten der „landbautreibenden Untertanen“ das Recht der Einforstung in den aus Sicht des Gesetzes „landesfürstlichen Waldungen“.

In der Praxis wurde das landesfürstliche Forstregal freilich immer wieder in Zweifel gezogen; „die Gerichte standen zumeist auf Seite der Bevölkerung, welche von einem landesfürstlichen Eigentum nichts wußte und die Waldungen als Privateigentum der Nutznießer ansah“. Insbesondere das Erscheinen der provisorischen Waldordnung 1839 zog eine wahre Flut von Rechtsstreitigkeiten nach sich. Diese Waldordnung anerkannte nämlich – ohne „die alten klaren Waldordnungen zu widerrufen“ – ein „Nutzeigenthum“ an Forsten und gewährte Schutz des „factischen Besitz[es]“. Damit erschien das Bestehen, zumindest aber der Umfang des landesfürstlichen Forstregals gewissermaßen gesetzlich angezweifelt, umso mehr als „sich (…) Gemeinden und Private bei der summarischen Grundsteuer-Regulirung auch rücksichtlich jener Waldungen, aus welchen sie bisher ihre Bedürfnisse bedeckten, mit einem Steuerkapitale fatirten, die ausgeworfene Grundsteuer bezahlten, und sich hinfort aus plausibel scheinenden Gründen als Waldeigentümer betrachteten“. Nun brach der „ein Jahrhundert hindurch (…) künstlich zurückgehaltene Sturm (…) erst recht los“: Die „bisher verborgen gehaltenen Ansprüche“ wurden jetzt als Rechtsansprüche auf das Waldeigentum vertreten und brachten „in die forstlichen Eigenthumsverhältnisse eine so namenlose Verwirrung, daß eine Lösung der selben wirklich gar nicht absehbar erschien.“
Der hier zitierte zeitgenössische Bericht über die Forstservitutenablösung in Tirol, der aufgrund Verwendung offizieller Zahlen als „quasi-amtlich“ charakterisiert werden kann, konstatierte für die Folgezeit eine „ungemeine Erbitterung der Gemüther“ und eine ebensolche Prozeßflut: „Hunderte von Rechtsstreiten waren anhängig, doppelt so viele Federn in Bewegung, um für und dagegen zu schreiben und namentlich war die Forstverwaltung fast ausschließlich mit Sammlung von Klagebehelfen und Instruierung von Klagen beschäftiget“. Jeweils „auf beiden Seiten [wurde] mit außerordentlichem Eifer gekämpft“. Schließlich schien die Situation unhaltbar: „Die immer allgemeiner und dringender gewordene (…) Bitte drang endlich, von allen Seiten unterstützt, nach Oben, und fand vor dem Throne seiner Majestät, Ferdinands I., gnädiges Gehör“. Zwar hatte der Monarch, jedenfalls aus naiv-treuherziger Untertanenperspektive, bei seiner mit „unerschütterlicher Consequenz“ aufrecht erhaltenen Absicht, das Eigentum an den Wäldern Tirols „fast ausschließlich nur für sich [zu] erhalten“, ohnehin nicht den eigenen Vorteil „als Quelle des landesfürstlichen Einkommens“ bezweckt, sondern vielmehr die Erhaltung des Waldes „als eine Quelle (…) des Wohlstandes der Nation“. Dennoch rang man sich nur schwer – und nach umfassender und gründlicher Prüfung der Tiroler „Forestalverhältnisse“ durch Gutachten der Hofkammerprokuratur – zu einer Bereinigung der Rechtsverhältnisse an den Tiroler Wäldern durch. Die schließlich mit „allerhöchster Entschließung“ vom 6. Februar 1847 befohlene „Regulirung der Tiroler Forstangelegenheiten“ – in der Folge als Forstregulierungspatent“ (FRP) bezeichnet – ordnet sich in eine ganze Reihe von Gesetzgebungsakten des 19. Jahrhunderts ein, mit denen die überkommenen geteilten Berechtigungen beseitigt und durch moderne Eigentumsrechte ersetzt werden sollten, wie etwa Grundentlastung oder Lehensallodifikation.

2. Das System der Forstregulierung

Im Rahmen der Forstregulierung waren verschiedene Landesteile und verschiedene Rechtsvorgänge voneinander zu unterscheiden. Die als „Regalitätsforsten“ verstandenen „Waldungen des Ober- und des Unterinnthales, dann des Wippthales, welche sich gegenwärtig [=1847] unter Verwaltung der Staatsbehörden befinden“, der „Forstkomplex Paneveggio und Cadino im Fleimserthale“, die Forste „Kar und Latemar im Botzner Kreise“, die „gleichfalls unter Verwaltung der Staatsbehörden stehen“, sowie die „zu den montanistischen Werken am Schneeberge und in Pfundern, dann zur ärarischen Schmelzhütte in Klausen gehörigen und erforderlichen Forste“ sollten grundsätzlich „landesfürstlich (…) verbleiben“. Allerdings konnte innerhalb dieser Gebiete nach dem Wortlaut des FRP auch schon „Privatbesitz (…) in Folge landesfürstlicher Verleihung“ vorkommen (Art. 1 FRP). Für die weiterbestehenden Regalitätsforste kamen nun – sieht man von der hier nicht weiter interessierenden Aussonderung der Primörer Forste ab, bei denen eine „im administrativen Wege schwebende abgesonderte Verhandlung zur Entscheidung führen“ sollte – zwei unterschiedliche Rechtsvorgänge in Betracht. Einerseits konnte „bei Beurtheilung der Eigenthumsansprüche von einzelnen Privaten oder Gemeinden (…) die Anwendung der Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Rechtes“ erfolgen; dies „in huldvoller Berücksichtigung der eingetretenen Verhältnisse für das Vergangene“: Hinter dieser komplizierten Formulierung verbirgt sich nichts anderes als die Anerkennung moderner privatrechtlicher Eigentumsansprüche insbesondere aufgrund eines Eigentumserwerbs durch Ersitzung. Die Eigentumsanerkennung erfolgte jedoch nicht generell, sondern „nur dann und in so ferne“, als die Ansprüche entweder „schon (…) gerichtlich gestellt“ waren oder „binnen 3 Monaten vom Tage, an welchem die zur Purifikation dieser Eigenthumsansprüche auszusendene Kommission den Beginn ihrer Wirksamkeit bekannt gemacht haben wird, bei eben dieser Kommission angemeldet“ wurden (Art 2 FRP). Wer diese Präklusivfrist ungenützt verstreichen ließ, konnte von der „huldvollen Berücksichtigung“ der „Vergangenheit“ für die Zukunft nicht mehr profitieren. Die „künftig vorbehaltenen Staatswälder“, die der Monarch nun offenbar aufmerksamer verwalten lassen wollte, sollten eben nicht durch neue Ersitzungsvorgänge weiter geschmälert werden können. Ausdrücklich betonte das FRP daher, daß es sich beim „landesfürstliche[n] Hoheitsrecht“ um ein „jeden Privatbesitz (…) ausschließende[s]“ Recht handelte (Art 1 FRP).

Noch deutlicher wurde dies in der aufgrund Art. 4 Abs 3 FRP ergangenen Instruktion für die Forsteigentumspurifikationskommission. Die Forsteigentumspurifikation hatte demnach „die Bestimmung, in jenen Forstgebieten Tirols, in welchen das lf. Forsthoheits-Recht als Regel aufrecht verbleibt, (…) das Privatforsteigenthum im außergerichtlichen Wege zu liquidiren, wodurch dasselbe von künftigen aerarischen Ansprüchen enthoben und gesichert und in dieser besonders für das Land Tirol wichtigen Beziehung den streitigen Differenzen zwischen den Privaten und dem Aerar ein Ziel gesetzt, und für die Zukunft begegnet werden soll.“ Umgekehrt sollte eben „auch das dem Staate, als Ausfluß des lf. Hoheitsrechtes, zustehende Forsteigenthum von Besitz-Ansprüchen der Privaten, und zwar auf immerwährende Zeiten reingestellt“ werden, „weil – nachdem die ah. Entschließung vom 6. Februar d.J. das landesf. Hoheitsrecht in den aerarischen Forstgebieten nach Ablauf der Amtshandlung dieser Purifikationskommission unbedingt, d.i. mit Ausschluß der Giltigkeit jedes anderen Privatbesitztitels als den einer landesfürstlichen Eigenthums-Verleihung, aufrecht erhält – Privatoccupationen landesfürstlicher Forste mit einer für das Eigenthum des Aerars nachtheiligen Folge nicht mehr Statt finden können“.

Von dieser „Forsteigentumspurifikation“ zu unterscheiden, doch von ähnlichen Überlegungen getragen, war das rechtliche Schicksal jener Wälder, die sich zwar ebenfalls im Regalitätsforstgebiet befanden, hinsichtlich derer aber keine (Privat-)Eigentumsansprüche gestellt wurden. Diese auch „künftig vorbehaltenen Staatswälder“ waren jedoch vielfach durch „Holzbezugsrechte oder Gnadenholzbezüge der Unterthanen“ belastet. In der Vergangenheit hatten gerade derartige Nutzungsrechte als Aspekte behaupteter „Ersitzung“ nicht unmaßgeblich zu jener „Verwirrung im Forstbesitze“ beigetragen, deren „gründliche Behebung“ die Forstregulierung bezweckte. Es war also ein Gebot der Gründlichkeit, für die Zukunft eine Fortsetzung oder Neuentstehung unklarer Rechtsverhältnisse weitestgehend auszuschließen: In diesem Sinne – geradezu als Vorbeugungsmaßnahme – sollten die „Holzbezugsrechte oder Gnadenholzbezüge der Unterthanen“ in den vorbehaltenen Staatswäldern „durch Ausscheidung und Ueberweisung einzelner Forsttheile in das volle Eigenthum, und zwar nicht der einzelnen Unterthanen, sondern der betreffenden Gemeinden, so weit es nur immer zulässig ist, abgelöst werden“ (Art. 3 FRP).

Während sich „Forsteigentumspurifikation“ (in der Folge: FEP) und „Forstservitutenablösung“ (in der Folge: FSA) auf die konkret beschriebenen Regalitätsforste bezogen, wurden im Rahmen der sogenannten „Waldzuweisung“ „alle übrigen Wälder Tirols“, die bis dahin dem Monarchen „aus dem Hoheitsrechte vorbehalten waren“, den „zum Holzbezuge berechtigten oder mit Gnadenholzbezügen betheilten Gemeinden, als solchen, in das volle Eigenthum (…) überlassen“. Im Gegenzug sollten gleichzeitig die „wider das Aerar bestandenen Holzbezugs- oder sonstigen (…) Rechte“ erlöschen (Art. 6 FRP).