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Gemeindegut: Regelung durch Zivil-, Gemeinde- und Bodenreformrecht

Gemeindegut: Regelung durch Zivil-, Gemeinde- und Bodenreformrecht – eine historische Entwicklung

Inhalt

I. Die Dynamik der Gesetzgebung
1. Die Grundlegung im ABGB
2. Die „Gemeinde“ nach dem Tiroler Forstregulierungspatent 1847
3. Gemeindeordnung 1866
4. Reichsrahmengesetze 1883 der Bodenreform
5. Die Ausführungsgesetzgebung der Länder
6. Das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1932
7. Anpassung der Gemeindeordnungen
8. Die Tiroler Flurverfassungsnovellen 2010 und 2014

II. Entwicklung des Rechtsbegriffes
Der Rechtsbegriff nach der Gemeindeordnung 1866
Der Rechtsbegriff „Gemeindegut“ nach dem TRRG 1883
Der Rechtsbegriff nach den Ausführungsgesetzen der Länder
Der Rechtsbegriff „Gemeindegut“ im FlV-GG 1932
Der Systembruch in der Begriffsbildung „Gemeindegut“

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I. Die Dynamik der Gesetzgebung

Untrennbar mit der im vorigen Abschnitt dargestellten kompetenzrechtlichen Entwicklung ist die Entwicklung der komplexen einfachgesetzlichen Rechtslage verknüpft: Sie hat – wie oben dargelegt wurde – die verfassungsrechtlichen Begriffe inhaltlich vorgeprägt und die Verfassungsentwicklung inhaltlich konkretisiert, teilweise aber auch – als eingelebte Institutionen – alle Verfassungsbrüche inhaltlich überdauert. Aus der Vielfalt der Rechtsentwicklung sollen im Folgenden die das Gemeindegut rechtlich bestimmenden Regelungen in ihrer Dynamik erkennbar werden.

 1.   Die Grundlegung im ABGB

Die noch heute geltenden Bestimmungen des ABGB regelten das Gemeindegut schon in ihrer Stammfassung von 1812. Hier findet sich die noch heute geltende Legaldefinition in ihrer Unterscheidung von Gemeindegut und Gemeindevermögen (§ 288), aber auch die wichtige Grundsatzbestimmung der Anwendbarkeit des Zivilrechtes (Sachenrechts) auf das Gemeindegut und die subsidiäre Geltung des öffentlichen Rechts für die Verwaltung und den Gebrauch des Gemeindegutes. (§ 290 ABGB: „Die in Hinsicht auf die Verwaltung und den Gebrauch dieser Güter sich beziehenden Abweichungen und besonderen Vorschriften sind in dem Staatsrechte und in den politischen Verordnungen enthalten“)

Wenngleich sich diese Regelungen des Gemeindegutes noch nicht auf die heutige öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft „Ortsgemeinde“ beziehen und die Kompetenzverteilung zwischen ABGB und öffentlichem Recht hier erst in ihren Grundzügen angelegt ist und sich in Folge noch mehrfach verschieben wird, bleiben bis heute die hier niedergelegten Rechtsgrundsätze gültig. Die Kompetenzverteilung wird zwar heute durch die Art 10-15 B-VG geregelt, aber durch die Begriffsbildung des Kompetenztatbestandes „Zivilrechtswesen“ (Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG) und seines Verhältnisses zur Sonderkompetenz des Art 12 Abs 1 Z 3 („Bodenreform“) und zur Restkompetenz des Art 15 Abs 1 (insbes „Gemeinderecht“) ist gewährleistet, dass die grundsätzliche Anwendbarkeit des Zivilrechts auf das Gemeindegut noch heute gegeben und verfassungsrechtlich abgesichert ist. (Hauptstück „Konkurrenzen“/Kompetenz)

Ist dies so, sollte vor allem beachtet werden, dass die zivilrechtliche Legaldefinition des Gemeindegutes – aus gutem Grund – nicht auf das Eigentum an diesen „Sachen“ abstellt, sondern auf die Tatsache, dass solche Sachen des Gemeindegutes „nach der Landesverfassung zum Gebrauche eines jeden Mitgliedes einer Gemeinde dienen“ (§ 288 ABGB). Mit Recht judizierte daher der OGH in ständiger Rechtsprechung, dass die Eigenschaft eines „öffentlichen Weges“ das Privateigentum an der Liegenschaft nicht ausschließt, ebenso wie umgekehrt Eigentum der Gemeinde an dem Grund der Gemeindewege „nicht ausgeschlossen ist“. (GlU 12856/1889; 14261/1892; GlUNF 1165/1900; 5030/1910; 6006/1912 ua; GlUNF 1605/1901; 1726/1902 ua)

Wenn § 288 ABGB vom „Gebrauch eines jeden Mitgliedes einer Gemeinde“ spricht, ist auch zu beachten, dass zu dieser Zeit der Begriff „Gemeinde“ auch für „Realgemeinden“ und andere Eigentümergesellschaften nach bürgerlichem Recht verwendet wurde, sodass auch Agrargemeinschaften darunter fallen konnten. (Stamm, Die wichtigsten Angelegenheiten der Gemeinde (1850) 23 f) Es ist nicht ersichtlich, dass die späteren öffentlich-rechtlichen Vorschriften der Gemeindeordnungen und des Bodenreformrechts von diesem, auf den Gebrauch durch Gemeindemitglieder abstellenden zivilrechtlichen Begriff des „Gemeindegutes“ abgewichen wären, worauf in der Folge noch näher einzugehen ist.

2. Die „Gemeinde“ im Tiroler Forstregulierungspatent 1847

Eine der frühesten und umfangreichsten Aktionen der Bodenreform, die bis in die Gegenwart wirkt, war die Tiroler Forstregulierung nach der A.H. Entschließung vom 6.2.1847 Provinzialgesetzsammlung von Tirol und Vorarlberg 1847, S 253 ff. (Kohl, Die Forstservitutenablösung im Rahmen der Tiroler Forstregulierung von 1847, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler (Hg), Die Agrargemeinschaften in Tirol (2010) 105 ff; derselbe, Gemeinde- oder Gemeinschaftsgut?, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Gemeinschaftsgut und Einzeleigentum, ebenda 29 ff; vgl dazu auch § 33 Abs 2 lit a TFLG 1996)

Diese Reformmaßnahmen bestanden darin, die an landesfürstlichen Wäldern bestehenden Holzbezugsrechte in Grund und Boden abzulösen und die verbleibenden Staatsforste frei von privaten Nutzungsrechten (und Ersitzungsmöglichkeiten) zu stellen. Das neu entstehende Privateigentum an Wald-Liegenschaften sollte aber gemeinschaftlich genutzt und verwaltet werden, um eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und geordnete forstpolizeiliche Überwachung sicherzustellen. Das neu entstandene Privateigentum wurde daher „fraktionsweise“ oder „gemeindeweise“ an Gruppen von räumlich abgegrenzten „holzbezugsberechtigten Gemeinden“ übertragen, mit denen der Landesfürst als „Ärar“ die jeweiligen Ablösungsvergleiche abschloss. Dieses aus Forstregulierungen hervorgegangenen „Gemeinden“ oder „Fraktionen“ bewirtschafteten „Gemeindegut“ im zivilrechtlichen Sinn, das im Eigentum der Nutzungsgemeinschaft als „moralische Person“ (§§ 26 f ABGB), nicht aber im Eigentum der politischen Ortsgemeinde stand, die zu dieser Zeit noch gar nicht konstituiert war. (Kohl, Gemeinde- oder Gemeinschaftsgut, aaO 26 f; Kohl/Oberhofer, aaO 36) Wenn das Eigentum dieser Gemeinschaft der ehemals Servitutsberechtigten Stammsitzeigentümer aus dem historischen Vergleichsprotokoll, dem Eigentumstitel, ersichtlich ist, kann auch eine spätere (unrichtige) Grundbuchseintragung zugunsten der Ortsgemeinde oder ihrer (politischen) „Fraktionen“ nichts an der Rechtsnatur dieses „Gemeindegutes“ als private Eigenübergemeinschaft ändern.

Allerdings war das Eigentum dieser „Gemeinden“ (§ 27 ABGB) noch nicht das liberale, staatsfreie Eigentum des Art 5 StGG, sondern entsprach eher dem früheren deutschrechtlichen „Gemeineigentum“, einer stark mit öffentlich-rechtlichen Anordnungs- und Verwaltungsrechten durchsetzten privatrechtlichen Herrschaftsbefugnis („dominium“) über ein Stück Land. Trotzdem war das Neue und Zukunftsweisende an diesem gemeinschaftlichen „dominium“, dass es vom „dominium eminens“, der Grundherrschaft und des Obereigentums des Landesfürsten, befreit war und seine eigenen „Herrschafts“- und Verwaltungsbefugnisse sich auf die Ordnung der Wirtschaftsverhältnisse der Agrargemeinschaft beschränkten. Wie im Folgenden aufgezeigt wird, wurden die wesentlichen Elemente dieser komplexen Rechtskonstruktion des privatrechtlichen „Gemeindeeigentums“ der Agrargemeinschaft in der öffentlich-rechtlichen Einrichtung des gemeinderechtlichen „Gemeindegutes“ übernommen, das sich daher auch als Institution zur Verwaltung privatrechtlicher „Gemeinden“ im Sinn des § 27 ABGB (= der Agrargemeinschaften) als besonders geeignet erwies.

3. Die Tiroler Gemeindeordnung 1866

Nach dem das – mit der Revolution von 1848 zusammenhängende – Provisorische Gemeindegesetz, RGBl 1849/170, im Neoabsolutismus sistiert wurde, erging im Zusammenhang mit der ersten Welle der Verfassungsentwicklung zur konstitutionellen Monarchie – dem Februar-Patent 1861 und den damit zusammenhängenden Landesordnungen – das Reichsgemeindegesetz, RGBl 1862/18, und die Ausführungsgesetze der Länder zu diesem Grundsatzgesetz, die Gemeindeordnungen von 1863-1866 (Tirol). Die Gemeindeordnungen trafen bezüglich der Agrargemeinschaften in ihrem Gebiet eine klare Systementscheidung: Es gab einerseits eine Bestandsgarantie der Privatrechtsverhältnisse, die wegen des komplementären Charakters der „politischen Gesetze“ besonders bedeutsam war. Andererseits regelte die Gemeindeordnung das neue öffentlich-rechtliche „Gemeindegut“ als eine Institution des Gemeinderechtes und damit als eine besondere, körperschaftlich organisierte Nutzungsgemeinschaft innerhalb der Ortsgemeinde. (Pernthaler, Eigentum am Gemeindegut, ZfV 2010, 376; § 12 TGO 1863: „Die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigentums- und Nutzungsrechte ganzer Klassen oder einzelner Glieder der Gemeinde bleiben ungeändert“; Vgl §§ 27-29 ABGB und Abs 8 des Kundmachungspatentes)

Während das Provisorische Gemeindegesetz noch eindeutig anordnete, dass das (öffentlich-rechtliche) Gemeindegut im Eigentum der Gemeinde steht (§ 74 Prov. Gemeindegesetz: „Da das Gemeindevermögen und Gemeindegut Eigentum der Gemeinde als moralische Person und nicht der jeweiligen Gemeindemitglieder ist …“), konstruierte die Gemeindeordnung diese Institution deutlich anders: Nunmehr unterschied das Gesetz zwischen dem „Stammgut“ der Gemeinde als ihr Eigentum (§ 61) und dem „Gemeindegut“ (§ 63), wo in Bezug auf das Recht und die Nutzung auf „die bisher gültige Übung“ verwiesen wurde (§ 63 Abs 1), von „Eigentum“ aber überhaupt nicht die Rede war. Damit wurde die öffentlich-rechtliche Institution dem zivilrechtlichen Gemeindegut (§ 288) als Nutzungsordnung nachgebildet. Dieses Gemeindegut konnte – wie oben angeführt – im Eigentum der Gemeinde stehen; für die Qualifikation als gemeinschaftliche Nutzungsordnung war dies aber nicht ausschlaggebend, sondern die durch die Gemeindeordnung rechtlich rezipierte „bisherige gültige Übung“, die auch mit Privateigentum Dritter oder der Nutzungs-Gemeinschaft verbunden sein konnte.

Dazu kommt, dass die Sonderregelung des § 63 Gemeindeordnung nicht nur „die bisherige gültige Übung“ der Nutzungsrechte rezipierte, sondern eine zivilrechtlich/öffentlich-rechtliche gemischte Organisationsform vorsah, die typisch für das ältere vorliberale Rechtssystem war und ein „dominium“ an Grund und Boden näher stand, als das Eigentum des Art 5 StGG. So sind die Anordnungsbefugnisse der Gemeinde nach § 63 Abs 2 Gemeindeordnung ebenso wie die dadurch relativierten Nutzungsrechte Regelungen öffentlich-rechtlicher Natur. („Wenn und insoweit eine solche gültige Übung nicht besteht, hat der Ausschuss mit Beachtung der erwähnten beschränkenden Vorschrift die, die Teilnahme an den Nutzungen regelnden Bestimmungen zu treffen“; Adamovich, Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts Bd II (1953) 109) Dagegen entsprechen die eigenen Nutzungsbefugnisse der Gemeinde am Gemeindegut eher dem Eigentum im zivilrechtlichen Sinn und wären heute als Privatwirtschaftsverwaltung im Sinne des Art 116 Abs 2 B‑VG anzusprechen. ((Vgl § 63 Abs 4 Gemeindeordnung: „Diejenigen Nutzungen aus dem Gemeindegute, welche nach Deckung aller rechtmässig gebührenden Ansprüche erübrigen, sind in die Gemeindekasse abzuführen“)

Da diese gemischte vorliberale Organisationsform des neuen öffentlich-rechtlichen Gemeindegutes den traditionellen Nutzungsgemeinschaften sehr ähnlich war und deren bisherige Rechtsordnung der Nutzung als „bisherige gültige Übung“ ausdrücklich rezipierte, wurde diese Institution des Gemeinderechts in aller Regel auch von den privatrechtlichen Nutzungsgemeinschaften nach § 12 der Gemeindeordnung als Organisationsform der bisherigen Eigentumsgemeinschaft gebraucht. Dafür sprach nicht nur die weitgehende Identität der Nutzungsberechtigten mit den ständisch in Kurien und Wählerklassen organisierten Gemeindeorganen (Vgl dazu die Gemeinde-Wahlordnung 1863, die in den Grundzügen bis zum Untergang der Monarchie gültig blieb; für Tirol: Gemeindewahlordnung 1866), sondern auch die praktisch fehlende Rechtspersönlichkeit der „Gemeinde nach bürgerlichem Recht“ (§ 27 ABGB), während die Ortsgemeinde als Körperschaft öffentlichen Rechts „die Verwaltung ihres Vermögens“ im selbständigen Wirkungsbereich besorgte. ((Art IV Reichsgemeindegesetz; § 27 Z 1 Gemeindeordnung)

Die Folge dieser „Realunion“ zwischen Ortsgemeinde und (privatrechtlicher) Agrargemeinschaft – die noch dazu denselben Namen „Gemeindegut“ führten – war, dass die wahren Eigentumsverhältnisse des Gemeindegutes immer mehr verdunkelt wurden und ihre Klärung eines der Ziele der Bodenreform von 1883 war und bis heute eines der wesentlichen Ziele der Regulierungsverfahren des Flurverfassungsrechts geblieben ist. (Oberhofer/Pernthaler, Gemeindegut als Regelungsgegenstand der historischen Bodenreformgesetzgebung, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler, Die Agrargemeinschaften in Tirol (2010) 211 ff; Pernthaler/Oberhofer, Die Agrargemeinschaften und die „agrarische Operation“, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften Westösterreichs (2012) 444 ff)

4. Reichsrahmengesetze zur Bodenreform (1883)

Die Erlassung der drei „agrarischen Reichsgesetze“, RGBl 1883/92-94, bedeutet in vieler Hinsicht bis heute eine grundlegende Weichenstellung der Entwicklung des Agrarrechts. Es wurde dadurch die komplexe Verwaltungsmaterie „Bodenreform“ neu geschaffen, die die Elemente des Zivilrechts, Gemeinderechts und des Agrarrechts integrierte und zu einem für die damaligen Verhältnisse völlig neuartigen Planungs- und Modernisierungsverfahren der Land- und Forstwirtschaft umgestaltete. Entsprechend der konstituierenden Systementscheidung der Gemeindeordnung – wonach diese die Privatrechtverhältnisse gerade nicht verändern sollte – sollte durch diese Reformgesetze gleichzeitig mit den wirtschaftlichen und rechtlichen Reformen das Privateigentums der Betroffenen gesichert und die rationelle Verwaltung und Sicherstellung des Gemeindevermögens erreicht werden. ((Vgl dazu den Bericht des Commassationsausschusses zu den Regierungsvorlagen der drei Reichsgesetze, 582 der Beilagen Sten Prot Abgeordnetenhaus IX. Session: „Der den Vorlagen gemeinschaftliche Zweck lässt sich im Allgemeinen dahin zusammenfassen, gewisse agrarische Übelstände zu beseitigen und notarische Hindernisse der allgemeinen Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft aus dem Weg zu schaffen, hiedurch aber die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Einzelnen sichern, die höchste und leichteste Ausnützung des Bodens anzubahnen, das Gemeindevermögen sicherzustellen und einer rationalen Verwaltung dann intensiven Ausnützung zuzuführen.“)

Da die Reichsgesetze wichtige Kompetenzen der Länder, insbesondere Agrarrecht („Landeskultur“) und Gemeinderecht, in die neue Verwaltungsmaterie integrierten, enthielten sie auf weite Strecken nur Ermächtigungen und Grundsätze für die Landesgesetzgebung und schufen damit den neuen Typus der „Reichsrahmengesetzgebung“, dessen verfassungsrechtliche Grundlage zweifelhaft blieb ( Weyr, Rahmengesetze, 1913, 60 ff), als Type aber in der Bundesverfassung als „Grundsatzgesetzgebung“ (Art 12 B-VG) weiterlebte und damit die Verwaltungsmaterie „Bodenreform“ aus der Monarchie in die republikanische Rechtsordnung übernahm und weiterentwickelte. Wesentlich für den Erfolg der neuen Verwaltungsmaterie waren verfahrensrechtliche Vorgaben und die neue Behördenorganisation, die in zweiter und dritter Instanz gerichtsförmig als „eingreifende Verwaltungsjustiz“ eingerichtet wurde und damit einen Modernisierungsschub einleitete, der erst durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 eingeholt wurde. (Art 131 Abs 1 B-VG (neu) und Anlage A Ziff 3 und 4 dieser Verfassungsnovelle setzen an die Stelle der Landesagrarsenate und den Obersten Agrarsenat die Verwaltungsgerichte der Länder ein)

Entscheidend für die Erreichung der komplexen Zielsetzung der neuen Verfahren war ihre konsequent auf kooperative Lösungen ausgerichtete Entscheidungsstruktur als Kompromiss zwischen Zivilprozess und reformatorisch ausgerichteten Verwaltungs- und Planungsverfahren. Schon damals war die Vorstellungen der Enteignung und Kommunalisierung land- und forstwirtschaftlichen Grundeigentums verbreitet. (Schiff, Österreichs Agrarpolitik seit der Grundentlastung Bd I, 1898, 164 ff, 257) Tatsächlich sollte die „Bodenreform“ nach den Reichsrahmengesetzen – und ebenso bis heute – der Eigentumsfeststellung und Eigentumsneuordnung durch Verwaltungsakte und Planungen mit der Wirkung „gerichtlicher Urteile und Vergleiche“ dienen (§ 12 TRRG 1883; heute § 14 AgrVG 1950). Die Regelung des § 12 TRRG 1883, wonach die Erledigungen der Bodenreformbehörden  die Wirkung von gerichtlichen Erledigungen zukam, war eine der unmittelbar anwendbaren reichsgesetzlichen Bestimmungen, die allerdings für das betreffende Land erst mit Erlassung des Ausführungsgesetzes in Kraft trat. Das TRRG 1883 bezog sich in seiner Generalklausel des § 1 eindeutig auch auf das „Gemeindegut“, wenn gleich dieser Gesetzesbegriff im Wortlaut der Bestimmung nicht erwähnt wurde.

5. Die Ausführungsgesetzgebung der Länder

Da die Reichsrahmengesetzgebung als reine Ermächtigungsnorm der Landesgesetzgebung konstruiert war, nahmen die Länder diese Gesetzgebungskompetenz in sehr großem zeitlichem Abstand zwischen 1884 und 1921 in Anspruch. Dies war der Grund dafür, dass die Bundesverfassung die Möglichkeit einer ausdrücklichen Verpflichtung zur Ausführungsgesetzgebung innerhalb einer bestimmten Frist, verbunden mit der Sanktion einer Devolutionskompetenz in die Zuständigkeit der Grundsatzgesetzgebung aufnahm. (Art 15 Abs 6 B-VG; Kelsen, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920, Kommentar, 1922, 80)

Die Landesgesetze wurden – wie es der damaligen Vollzugskompetenz entsprach – durchwegs von den Zentralstellen der Reichsverwaltung ausgearbeitet und als Entwürfe den Landtagen übermittelt, sodass sie praktisch weitgehend identische Regelungen enthielten. Es waren sehr eingehende und umfassende Kodifikationen der Teilungs- und Regulierungsverfahren, die bis heute gültige Rechtsbegriffe, behördliche Zuständigkeiten und Organisationsbestimmungen, Grundsätze der unterschiedlichen Verfahren und Planungen, die Veröffentlichung der Pläne, Rechtsmittel der Beteiligten sowie die Organisation der Verwaltung der Gemeinschaften („Verwaltungsstatut“) regelten.

Bezüglich des letzten Punktes enthielten die Ausführungsgesetze die Ausnahmebestimmung, dass diese Regelungen nicht zu treffen sind, soweit die Gemeindeordnung oder andere das Gemeindegut betreffende Vorschriften Verwaltungsvorschriften enthalten, wobei allenfalls notwendige Ergänzungen „innerhalb dieser Regelungen“ durch die Agrarbehörden getroffen werden konnten. ((Vgl dazu die lückenlosen Nachweise der Gesetzesbestimmungen bei Kühne/Oberhofer, aaO 263 f)Da sich – wie eben dargelegt wurde – in der Verwaltung der Gemeinde sowohl Eigentum der Gemeinde als auch privatrechtliche Agrargemeinschaften befanden ((dem entsprach auch die komplexe Regelung der „Teilgenossen“ in den Ausführungsgesetzen; vgl etwa § 26 des Tiroler TRLG und dazu Kühne/Oberhofer, aaO 264 ff und 275 ff), hatte die Ausnahmeregelung bezüglich des Gemeinderechtes die Konsequenz, dass bis zur Aufhebung dieser Bestimmung durch das FlVerfGG 1932 keine Differenzierung oder Regulierung der Eigentumsverhältnisse am „Gemeindegut“ stattfinden konnte. ((Pernthaler/Oberhofer, aaO 460; Kühne/Oberhofer, aaO 282)

6. Das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1932

Die Reichsrahmengesetze 1883 wurden schon vor Inkrafttreten der Bundesverfassung in die republikanische Rechtsordnung übernommen und blieben – wegen der Suspendierung der Kompetenzverteilung der Bundesverfassung 1920 – bis zum 1.10.1925 auch als solche in Kraft. Ab dem Inkrafttreten des Art 12 B-VG wurden diese Vorschriften nach den Transformationsregeln des ÜG 1920/1925 zu Bundes-Grundsatzgesetzen. Nachdem schon im Jahre 1926 eine erste Novelle zum RGBl 1883/92 erlassen wurde („Bundesgesetz über eine grundsätzliche Änderung des RG über die Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke“, BGBl 1926/360), erging im Jahre 1932 ein „Flurverfassungs-Grundsatzgesetz“, BGBl 256, das eine umfassende Neuordnung der Bodenreform kodifizierte und gleichzeitig alle „Reichsrahmengesetze“ 1883 außer Kraft setzte (§ 54 Abs 2).

Dieses Gesetz regelte die „Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken“ (Teilung und Regelung) in seinem II. und III. Abschnitt des I. Hauptstückes. Die Legaldefinition der „agrargemeinschaftlichen Grundstücke“ enthielt wieder eine Generalklausel (§ 15 Abs 1), die mit der des TRRG 1883 (§ 1) wörtlich übereinstimmte. Aus den Landes-Ausführungsgesetzen zum TRRG 1883 übernahm das FlV-GG die Rechtstechnik, diese Generalklausel mit speziellen Anwendungsfällen zu kombinieren, worin auch „das einer gemeinschaftlichen Benutzung nach den Bestimmungen der Gemeindeordnungen unterliegende Gemeindegut (Ortschafts-, Fraktionsgut)“ neu in das Grundsatzgesetz aufgenommen wurde (§ 15 Abs 2 lit d FlV-GG). Dass der Grundsatzgesetzgeber damit seine Kompetenz überschritten habe, ist im Sinne der „Versteinerungstheorie“ schon deshalb unrichtig, weil sowohl die Generalklausel des TRRG 1883 als auch die Landes-Ausführungsgesetze“ dazu am 1.10.1925 das Gemeindegut als „agrargemeinschaftliches Grundstück“ definierten, wenn es einer „gemeinschaftlichen Benutzung“ unterlag. (verfehlt: Morscher, Gemeinnutzungsrechte am Gemeindegut, ZfV 1982, 6)

Der Verweis auf die Gemeindeordnung in der Legaldefinition des Gemeindegutes im § 15 Abs 2 FlV-GG hatte eine doppelte Funktion: Es sollte dadurch klargestellt werden, dass zwar die bisherige Beschränkung der Vollzugskompetenz der Agrarbehörden bei der Regulierung der Verwaltungsrechte des Gemeindegutes durch die Landes-Ausführungsgesetze zum TRRG 1883 ((Siehe etwa § 3 Abs 2 Tiroler TRG, LGBl 1909/61, und dazu die Hinweise bei Kühne/Oberhofer, aaO 263) im neuen Flurverfassungsrecht nicht mehr gelten sollten, dass aber die Gesetzgebungskompetenz der Gemeindeordnung bezüglich der „gemeinschaftlichen Benutzung des Gemeindegutes“ erhalten bleiben sollte, soweit dies mit den flurverfassungsrechtlichen Vorschriften auf der Grundlage des Art 12 B-VG vereinbar war. (Hauptstück „Konkurrenzen“/Gemeinderecht)

Diese Teilung der Gesetzgebungskompetenzen bezüglich des „Gemeindegutes in gemeinschaftlicher Benutzung“ hatte vor allem verwaltungsorganisatorische Gründe: Die Gemeinden verwalteten zur Zeit der Erlassung des FlV-GG 1932 nicht nur alle in ihrem Eigentum stehenden Agrargemeinschaften, sondern auch den größten Teil der Agrargemeinschaften, des ehemaligen Klassenvermögens (§ 12 Gemeindeordnung 1863), die den „Realgemeinden“ oder sonstigen Eigentümergemeinschaften gehörten, weil die Formulierung der Gemeindeordnung über „das Recht und die Nutzung nach der bisher gültigen Übung“ und die institutionelle Ausgestaltung des „Gemeindegutes“ dies begünstigte. ((Siehe dazu auch Kühne/Oberhofer, aaO 316 ff sowie Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler,  Die Agrargemeinschaften in Tirol, 223ff) Die Agrarbehörden wären daher vollkommen überfordert gewesen, schlagartig an Stelle der Gemeinden die Verwaltung des gesamten Gemeindegutes zu regulieren und die „bisher gültige Übung“ ebenso wie die ungeklärte Eigentumssituation rechtlich verbindlich festzulegen. Der Hinweis auf die gemeinschaftliche Benutzung – nicht auf das Eigentum – nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung in § 15 Abs 2 FlV-GG sollte also klarstellen, dass „die bisherigen materiellrechtlichen Bestimmungen über das Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen dieses agrargemeinschaftlichen Teiles des Gemeindegutes auch weiterhin in der Gemeindeordnung zu belassen sei.“ (So die Stellungnahme des Bundeskanzleramtes „Gemeindegut und Flurverfassungs-Grundsatzgesetz“ B 256/1932, Zl 156.486-6 v 1.8.1935, mit dem Hinweis, dass das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft „großen Wert auf diese Feststellung legte“)

Es kann also keine Rede davon sein, dass das FlV-GG 1932 „mit dem Hinweis auf die Gemeindeordnungen und durch die Übernahme des durch die Gemeindeordnungen geprägten Begriffes Gemeindegut“ „das Eigentum der „Gemeinde“ an diesen Agrargemeinschaften vorausgesetzt habe. (So – ohne nähere Begründung in den Gemeindeordnungen nach Inkrafttreten des FlV-GG und des Art 12 B-VG – VfSlg 9336/1982) Das wäre schon deshalb absurd gewesen, weil das FlV-GG 1932 die Zuständigkeit der Agrarbehörden über Eigentum und Besitz an den in Agrarverfahren einbezogenen Grundstücken zu entscheiden, ohne Einschränkungsmöglichkeit durch die Landesgesetzgebung voraussetzte. Eine faktische Verwaltung der Agrargemeinschaft durch die Organe der Ortsgemeinde begründete nicht länger irgendeinen Unterschied. (§§ 34 Abs 4 und 35 Abs 1 FlV-GG; die Erläuterungen der Regierungsvorlage, 78 d Blg IV. GP, 13, weisen auf diese Erweiterung der Zuständigkeiten der Agrarbehörden besonders hin und begründen sie damit, dass die Agrargemeinschaften einschließlich des Gemeindegutes „nach innen und nach außen ungeklärte Verhältnisse aufweisen, was einer zeitgemäßen Wirtschaftsführung im Wege steht und nur durch die Mitwirkung der Staatsgewalt beseitigt werden kann“)

Die ausdrückliche Übernahme des „Gemeindegutes in gemeinschaftlicher Benutzung“ in das FlV-GG 1932 sollte also gerade nicht „Eigentum der Gemeinde“ rechtlich undifferenziert wie eine Agrargemeinschaft“ in die Agrarverfahren einbeziehen und damit gleichheitswidrig den Nutzungsberechtigten gleichstellen (So VfSlg 9336/1982; III.2. der Begründung). Vielmehr sollte durch das Abstellen auf das Kriterium „gemeinschaftliche Nutzung“ ebenso wie auf „die Bestimmungen der Gemeindeordnung“, die das Gemeindegut als Agrargemeinschaft gleichfalls durch „das Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen“ definierten (Nach dem Modell des § 63 Gemeindeordnung 1866; vgl Adamovich, aaO Bd 2, 108) die Agrargemeinschaft als Nutzungsgemeinschaft dem Flurverfassungsrecht unterstellt werden. Und die Eigentumsfrage dieser rechtlich sehr unterschiedlich strukturierten Gemeinschaften sollte in einem rechtlich geordneten Verfahren durch die Agrarbehörde – an Stelle der sonst zuständigen Zivilgerichte – geklärt werden. Anders als VfSlg 9336/1982 dies angenommen hatte, war die Eigentumsfrage der in Gemeindeverwaltung nach der bisher geltenden Übung stehenden Agrargemeinschaften weder in der Gemeindeordnung, noch im Flurverfassungsrecht als generell abstrakte Rechtsnormen begründet, sondern nur im gültigen Rechtstitel der jeweiligen Agrargemeinschaft im Hinblick auf die betreffenden Grundstücke.

Hier hatten nun die Ausführungsgesetze des TRRG 1883 durch die Zuordnung der Verwaltung der als „Gemeingut“ bezeichneten Agrargemeinschaften zur Gemeindeverwaltung als Nutzungsordnungen, gleichgültig ob sie im Gemeindeeigentum standen oder nicht, den verwaltenden Gemeinden einen „vermuteten Eigentumstitel“ – vor allem durch die Grundbucheintragung – verschafft. Die Rechtstechnik des Verweises auf die Gemeindeordnungen in § 15 Abs 2 lit d FlV-GG bestätigte und verstärkte diesen vorläufigen Rechtstitel dadurch, dass nur die Einleitung eines Agrarverfahrens oder die Feststellung der Agrarbehörde außerhalb eines Agrarverfahrens (§§ 34 Abs 4 und 35 Abs 1 FlV-GG) das wahre Eigentum des Gemeindegutes in gemeinschaftlicher Nutzung feststellen konnte. Daher blieben alle nichtregulierten Agrargemeinschaften, die von der Gemeinde als Gemeindegut verwaltet wurden, so lange vorläufig in ihrem „vermuteten Eigentum“, bis durch die Agrarbehörde der wahre Eigentümer festgestellt wurde. Wie zuvor dargelegt wurde, war diese Konsequenz auch das erklärte Ziel der Einbeziehung des Gemeindegutes in das Flurverfassungsrecht 1932 durch den historischen Gesetzgeber und gerade nicht die verfassungswidrige Eigentumsminderung oder Eigentumsentziehung zulasten der Gemeinde, wie dies VfSlg 9336/1882 als Grund für die Aufhebung des § 15 Abs 2 lit d FlV-GG annahm. ((ausführlich: Kühne/Oberhofer, aaO 280 ff)

Da die „vermutete Eigentümerstellung“ der Gemeinde weder im Gemeinderecht noch im Bundesverfassungsrecht, sondern im Zivilrecht begründet war, hat die Agrarbehörde zur Klärung der Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut Zivilrecht – und zwar im Besonderen die Regeln über die Eigentumsklagen – anzuwenden. Kompetenzrechtliche Grundlage dieses Zusammenspiels von Zivilrecht und Bodenreformrecht ist Art 12 Abs 2 Z 3 B-VG, der im Begriff der „agrarischen Operationen“ die Anwendung des Zivilrechts durch die Agrarbehörden voraussetzt. Die deshalb, weil schon den TRRG 1883 die Zuständigkeit der Agrarbehörden „auf die Verhandlung und Entscheidung aller Streitigkeiten über den Besitz und das Eigentum an den einer Teilung oder Regulierung unterzogenen gemeinschaftlichen Grundstücken“ vorsah (§ 1 Abs 2) und alle Landes-Ausführungsgesetze diesen Grundsatz übernahmen. ((Vgl § 12 des Tiroler TRLG, LGBl 1909/61, der sich ausdrücklich auf das Gemeindegut bezog)

Die Gleichsetzung des flurverfassungsrechtlichen Begriffes „Gemeindegut in gemeinschaftlicher Benutzung“ mit einem angeblichen gemeinderechtlichen Begriff des Gemeindegutes, der das Eigentum der Gemeinde begründe, durch das VfGH Erk Slg 9336/1982 ist schließlich aus einem weiteren Grund absurd. Aus Gründen der Kompetenzverteilung konnte in keiner historischen Epoche seit 1863 jene zivilrechtliche Feststellung und Entscheidungsbefugnis über das Eigentum ausgeschlossen werden, die ursprünglich den ordentlichen Gerichten zukam und die das Bodenreformrecht den Agrarbehörden seit 1883 bis heute vorbehalten hat. Erst und nur durch die zivilrechtliche Feststellung und Entscheidung über einen gültigen zivilrechtlichen Eigentumstitel des Gemeindegutes, kann entschieden werden, wer der wahre Eigentümer dieses Gutes war und ist. Diese Entscheidungsbefugnis auszuschließen oder vorwegzunehmen aufgrund der bloßen Tatsache, dass eine Liegenschaft durch die Organe der politischen Ortsgemeinde verwaltet wird, wäre schlicht gesetzesfremd.

7. Die Anpassung der Gemeindeordnungen

Bis zum Inkrafttreten des FlV-GG 1932 standen auf Grund der verfassungsrechtlichen Übergangsvorschriften die Landesausführungsgesetze zum TRRG 1883 in der I. Republik weiter in Geltung. Diese Ausführungsgesetze zum TRRG 1883 hatten „die Regulierung der Verwaltungsrechte bezüglich gemeinschaftlicher Grundstücke, die durch die Gemeindeordnung oder andere das Gemeindegut betreffenden Vorschriften geregelt ist“ ausdrücklich aus der Kompetenz der Agrarbehörden ausgenommen, „soweit nicht besondere Vorkehrungen zur angemessenen Verwaltung von als Gemeindegut benützten Grundstücken notwendig erkannt werden“. (§ 3 Abs2 TTRLG 1909; vgl die lückenlosen Nachweise bei Kühne/Oberhofer, aaO 263) Die Gemeindeordnungen regelten daher die Verwaltung des agrargemeinschaftlichen Gemeindegutes – allenfalls mit einigen ergänzenden Regelungen der Agrarbehörden – als Kompetenz des Gemeinderechts, weil das (Landes-)Bodenreformrecht sich selbst von der Zuständigkeit ausgeschlossen hatte. Da das FlV-GG 1932 diese Ausnahme des Gemeindegutes von der Zuständigkeit der Agrarbehörden beseitigt hatte, konnten die umfassenden Verwaltungsbefugnisse der Gemeinden bezüglich des Gemeindegutes in gemeinschaftlicher Benutzung nicht aufrechterhalten werden.

Aus Anlass von Novellierungen der Gemeindeordnungen in den Jahren 1935/36 erhob das Bundeskanzleramt Einspruch gegen geplante landesgesetzliche Bestimmungen, weil diese die neue Rechtslage des FlV-GG 1932 nicht beachtet hatten. (Vgl dazu die Schreiben des Bundeskanzleramtes, Zl 156.486-6 v 1.8.1935 an den Landeshauptmann von Tirol und Zl 175.409-1/35 v 5.9.1935 an den Landeshauptmann von Vorarlberg betreffend Gemeindegut und Flurverfassungs-Grundsatzgesetz und Vorarlberger Gemeindeordnung 1935) Alle Gemeindeordnungen wurden in der Folge derart angepasst, dass die Regelungen des Flurverfassungsrechts über das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung durch die Bestimmungen der Gemeindeordnung nicht berührt werden. (Siehe dazu die Nachweise der verschiedenen Gesetzesbestimmungen bei Kühne/Oberhofer, aaO 319 ff)Diese Anpassung hat zur Folge, dass seit dem Inkrafttreten der Ausführungsgesetze zum FlV-GG 1932 nur mehr die nicht regulierten Agrargemeinschaften – einschließlich des Gemeindegutes in gemeinschaftlicher Benutzung – dem Gemeinderecht unterliegen, soweit sie durch die Gemeine verwaltet werden. (Als Kompetenz des Art 15 Abs 1 B-VG; vgl Adamovich, aaO Bd II, 108 f)

Wie oben ausgeführt (ebenso: Kühne/Oberhofer, aaO 316 f), fallen darunter sowohl das echte Gemeindegut im Eigentum der Gemeinde als auch privatrechtlich organisierte Agrargemeinschaften im „vermuteten Eigentum“ der Gemeinde, deren „wahres Eigentum“ erst durch die Agrarbehörde festzustellen ist (§§ 34 Abs 4 und 35 FlV-GG). Allerdings fällt die Zuständigkeit zur Feststellung, ob eine Agrargemeinschaft überhaupt rechtlich gegeben ist und damit zur zusammenhängenden Feststellung, ob Gemeindegut oder Gemeindevermögen vorliegt, jedenfalls in die Zuständigkeit der Agrarbehörde (§ 35 Abs 1 FlV-GG). Die behördlichen Kompetenzen der Gemeindeverwaltung sind daher auch bei nichtregulierten Agrargemeinschaften (bzw Gemeindegut) stark eingeschränkt und unterliegen einer allgemeinen Überwachungskompetenz der Agrarbehörden (§ 36 Abs 1 FlV-GG).

 8. Die Tiroler Flurverfassungsnovellen 2010 und 2014

Der Tiroler Landesgesetzgeber versuchte schon durch eine TFLG-Novelle 1984, LGBl 18, in höchst problematischer Weise das in vieler Hinsicht verfehlte VfGH Erk Slg 9336/1982 dadurch umzusetzen, dass er Gemeindegut als „Eigentum der Ortsgemeinde“ definierte (§ 33 Abs 2 lit c TFLG). Damit setzte er sich nicht nur mit der Grundsatzbestimmung des § 15 Abs 1 Fl-VGG 1951, sondern auch mit der diese Bestimmung ausführenden Generalklausel seines eigenen Landesgesetzes (§ 33 Abs 1) in Widerspruch, weil beide Normen das Gemeindegut in der Tradition des Bodenreformrechts als (gemeinschaftliche) Nutzungsordnung definierten. Erst auf Grund dieser Definition des agrargemeinschaftlichen Grundstückes sollte ja die Agrarbehörde in einer „agrarischen Operation“ das Eigentum in Bezug auf diese Grundstücke feststellen.

Weitergeführt und in verfassungswidriger Weise verschärft wurde dieser agrarrechtliche Systembruch durch die TFLG-Novelle 2010, LGBl 7, welche das VfGH Erk Slg 18.446/2008, umzusetzen versuchte. Während aber dieses Erkenntnis das „atypische Gemeindegut“ – das es selbst als Rechtsträger sui generis erfunden hatte – durch ein geordnetes Verfahren (mit Parteirechten) in jedem Einzelfall umsetzen wollte, schuf die TFLG-Novelle kraft Gesetzes einen neuartigen Anspruch der Gemeinde auf „den Substanzwert eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes“ (§ 33 Abs 5 TFLG), der eine verfassungswidrige Teilung des Eigentums der Agrargemeinschaft und ihrer Mitglieder bewirkte. (Pernthaler, Verfassungsrechtliche Probleme der TFLG-Novelle 2010, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften Westösterreichs (2012) 512 ff)

Dazu kommt, dass die TFLG-Novelle 2010 die Mitgliedschaftsrechte der Gemeinde in der neugeschaffenen Agrargemeinschaft „atypisches Gemeindegut“ zur Realisierung dieses „Rechtes auf den Substanzwert“ so übersteigerte und privilegierte, dass ein verfassungswidriger Selbstverwaltungskörper nach der Art der seinerzeitigen autoritären „ständischen Gemeinschaften“ entstand. (Pernthaler, aaO 496 ff)

Neben den damit verbundenen Grundrechtsverletzungen, insbesondere des Gleichheitsgrundsatzes und der Eigentumsgarantie dürfte damit auch eine Kompetenzüberschreitung des Ausführungsgesetzgebers verbunden sein, weil der Kompetenztatbestand „Bodenreform“ (Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG) weder eine Kompetenz zur Enteignung der Agrargemeinschaft und ihrer Mitglieder, noch eine Teilung ihres Eigentumsrechts in „Substanzwert und Nutzungsrechte“ vorsieht. Damit dürfte das Landesgesetz in die Kompetenztatbestände „Zivilrechtswesen“ und „Enteignung, soweit sie nicht Angelegenheiten betrifft, die in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallen“ (beide Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG) eingegriffen haben und auch aus diesem Grund verfassungswidrig sein. Aus denselben verfassungsrechtlichen Bedenken – mehrfache Grundrechtswidrigkeiten und Verstöße gegen die Kompetenzverteilung – dürfte auch das Vorarlberger „Gesetz über das Gemeindegut“, LGBl 1998/49, verfassungswidrig sein. ((Vgl dazu grundlegend: Kühne, Zu Agrargemeinschaften in Vorarlberg, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften Westösterreichs, 2012, 380 ff)

II. Die Entwicklung des Rechtsbegriffes

  1. Der Rechtsbegriff nach der Gemeindeordnung 1866

Die Gemeindeordnungen der Länder, die in Ausführung des Reichsgemeindegesetzes, RGBl 1862/18, ergingen, regelten das Gemeindegut als eine Sonderform der „Sachen im Gemeindegebrauch“ in Übereinstimmung mit der Begriffsbildung des ABGB (§ 288).

Anders als das „Provisorische Gemeindegesetz, RGBl 1949/170, auf das sich der VfGH ausdrücklich zur Begründung seiner These berufen hatte (VfSlg 9336/1982, III.1. der Entscheidungsgründe: „So sprach schon § 74 des Provisorischen Gemeindegesetzes 1849 ausdrücklich davon, dass … das Gemeindevermögen und Gemeindegut Eigentum der Gemeinde als moralische Person und nicht der jeweiligen Gemeindemitglieder ist“), konstruierte die Tiroler Gemeindeordnung LGBl 1866/1 das „Gemeindegut“ (in gemeinschaftlicher Benutzung) sehr deutlich als eine – unter öffentlicher Gemeindeverwaltung stehende – Nutzungsordnung, die vom „Stammgut“ als Eigentum der Gemeinde rechtlich klar unterschieden wurde: § 61 Gemeindeordnung traf Regelungen über das „Stammgut“ und das „Stammvermögen“ als Eigentum der Gemeinde; § 63 der Gemeindeordnung regelte dagegen das „Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes“ und enthielt aber – entgegen der Behauptung des VfGH – überhaupt keine Regelung über das Eigentum am Gemeindegut. („§63 TGO 1866. (1) In Bezug auf das Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes ist sich nach der bisher gültigen Übung zu benehmen, mit der Beschränkung jedoch, daß, sofern nicht spezielle Rechtstitel Ausnahmen begründen, kein zum Bezuge berechtigtes Gemeindemitglied aus dem Gemeindegute einen größeren Nutzen ziehe, als zur Deckung seines Haus- und Gutsbedarfes notwendig ist. (2) Wenn und insoweit eine solche gültige Übung nicht besteht, hat der Ausschuß mit Beachtung der erwähnten beschränkenden Vorschrift die, die Teilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes regelnden Bestimmungen zu treffen. (2) Hiebei kann diese Teilnahme von der Entrichtung einer jährlichen Abgabe, und anstatt oder neben derselben von der Entrichtung eines Einkaufsgeldes abhängig gemacht werden. (4) Diejenigen Nutzungen aus dem Gemeindegute, welche nach Deckung aller rechtmäßig gebührenden Ansprüche erübrigen, sind in die Gemeindekasse abzuführen.„)

Durch die Rechtstechnik der Rezeption der „bisherigen gültigen Übung“ hat die Gemeindeordnung mit den Regeln über „das Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes“ auch die Institution des „Gesamteigentums am Boden“ ausdrücklich aufrechterhalten, welche die Grundlage der Wirtschaftsführung in diesen gemeinsamen Nutzungsrechten war. (Adamovich, Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts Bd II. 19535 108)

Damit unterscheidet sich das „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ sehr deutlich vom (allgemeinen) „Stammgut“, das als „öffentliches Gut“ aus Sachen bestand, die „jedermann zum Gebrauch verstattet werden“ (§ 287 ABGB) und im Eigentum der Gemeinde stehen. (Gemeinde-Wege, -Brücken, -Anlagen, -Brunnen, -Wasserleitungen uä vgl Adamovich, aaO 108)

Demgegenüber kann das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung als agrarisches „Gesamteigentum“ entweder im privatrechtlichen Eigentum „ganzer Klassen“ gemäß § 12 Gemeindeordnung oder als „Stammgut“ im Eigentum der Gemeinde (§ 61 Gemeindeordnung) begründet sein, ohne dass sich an der Nutzungsordnung gemäß § 63 Gemeindeordnung dadurch etwas änderte. Da den privatrechtlichen Eigentumsgemeinschaften keine Rechtspersönlichkeit zukam, übte die Gemeinde neben ihren öffentlich-rechtlichen Verwaltungsbefugnissen gegenüber dem Gemeindegut (Vgl § 63 Abs 2 und 3 Gemeindeordnung; Adamovich, aaO 108 f) regelmäßig auch die Befugnisse eines „vermuteten Eigentümers“ aus, der zivilrechtliche Verfügungen über das Gemeindegut treffen konnte, wenn ihm eine rechtliche Eigentumsvermutung – etwa durch die Eintragung in das Grundbuch –  zukam.

Da diese eigentumsartigen Befugnisse vor Gericht durch den „wahren Eigentümer“ bekämpft werden konnten (§ 372 ABGB), kam es um die Rechtsverhältnisse am Gemeindegut zu zahllosen Prozessen und zu völlig ungeklärten Rechtsverhältnissen, die der eigentliche Grund für die Einbeziehung des Gemeindegutes in die Bodenreformgesetzgebung des Jahres 1883 waren. ((Siehe dazu die Nachweise aus den Gesetzesmaterialien bei Oberhofer/Pernthaler, Das Gemeindegut als Regelungsgegenstand des historischen Bodenreformgesetzgebers, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler, Die Agrargemeinschaften in Tirol (2011) 211 ff; Pernthaler, ZfV 2010, 377)

  1. Der Rechtsbegriff „Gemeindegut“ nach dem TRRG 1883

Das TRRG 1883 legt die Zuständigkeit der neuen Agrarbehörden durch die rechtliche Definition der Grundstücke fest, für die Teilungs- oder Regulierungsverfahren nach diesem Gesetz durchgeführt werden können. (§ 1 Abs 1 TRRG, der bezüglich der zuständigen Behörden auf das RG über die Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke verweist (§ 6), das dieselben Arten von Grundstücken als Gegenstand der Zusammenlegungsverfahren definiert (§ 3)

Die Grundstücke, welche Gegenstand agrarischer Operationen sein können, werden ihrerseits durch die „gemeinschaftlichen Besitz-, Benützungs- und Verwaltungsrechte“ an bestimmten historischen Gemeinschaften definiert. (§ 1 Abs 1 lit a und b TRRG 1883) Das Gemeindegut wird in diesen Legaldefinitionen nicht ausdrücklich erwähnt, ist aber nach dem Wortlaut der allgemeinen Zuständigkeitsregelung und der eindeutigen Absicht des historischen Gesetzgebers zweifellos ein besonderer Anwendungsfall agrargemeinschaftlicher Grundstücke im Sinne des TRRG 1883. (ausführlich dazu: Kühne/Oberhofer, aaO 256 f; Pernthaler, ZfV 2010, 377)

Allerdings erfasste die Zuständigkeitsklausel des TRRG nur das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung, nicht das gesamte „Stammgut“ (§ 61 Gemeindeordnung 1966) der Gemeinde. Die Rechtstechnik der Zuständigkeitsbegründung der Agrarbehörden durch die Legaldefinition „agrargemeinschaftlicher Grundstücke“ – einschließlich des Gemeindegutes – ist bis heute die Grundlage agrarischer Operationen geblieben, wobei die Generalklausel des TRRG übernommen wurde (§ 15 Abs 1).

Wenngleich das TRRG 1883 keine ausdrückliche Bezugnahme auf das Gemeindegut oder die nach der Gemeindeordnung verwalteten Agrargemeinschaften enthält, steht seine Begriffsbildung agrargemeinschaftlicher Grundstücke – die für die Kompetenzverteilung und das Bodenreformrecht bis heute gültig ist – in keinerlei Widerspruch zum zeitgenössischen Gemeinderecht, wie VfGH Erk Slg 9336/1982 zu konstruieren versuchte. Denn auch die Gemeindeordnungen bildeten den besonderen Rechtsbegriff „Gemeindegut“ – anders als den allgemeinen Begriff „Stammgut“ – nicht durch das Eigentumsrecht der Gemeinde, sondern durch die Rezeption „der bisherigen gültigen Übung“ des Gemeindegutes als gemeinschaftliche Nutzungsordnung. (Siehe § 63 Tiroler Gemeindeordnung 1866 und oben) Diese Übereinstimmung der Rechtsbegriffe des Bodenreform- und Gemeinderechts sollte in der Ausführungsgesetzgebung der Länder noch klarer hervortreten.

3. Der Rechtsbegriff nach den Ausführungsgesetzen der Länder

Wie oben dargestellt, enthielten die Landeausführungsgesetze zum TRRG noch eine besondere Verknüpfung des Bodenreformrechts mit der Gemeindeordnung im Hinblick auf die Regulierung des Gemeindegutes. Die „Regulierung der Verwaltungsrechte“ gemeinschaftlicher Grundstücke sollte nicht stattfinden, soweit die Verwaltung schon durch die Gemeindeordnung oder andere das Gemeindegut betreffende Vorschriften geregelt war und nicht innerhalb dieser Vorschriften noch Sonderregelungen für die Verwaltung von Gemeindegut für notwendig erachtet wurden. (        § 3 Abs 2 Tiroler TRLG LGBl 1909/61 und dazu die Hinweise bei Kühne/Oberhofer, aaO 263 f und 281 f)

Durch diese Ausnahmebestimmungen, die bis zum FlV-GG 1932 galten, war die Regulierung der Verwaltung des Gemeindegutes – und damit auch die Eigentumsfeststellung gemäß § 1 Abs 2 TRRG 1883 – von der Zuständigkeit der Agrarbehörden dem Grundsatz nach ausgenommen. Die Verwaltung des Gemeindegutes als Nutzungsordnung agrargemeinschaftlicher Grundstücke gemäß § 63 Gemeindeordnung sollte der politischen Gemeinde als schon bestehender und berechtigter Körperschaft öffentlichen Rechts vorbehalten bleiben. Die im Bodenreformrecht vorgesehene verbindliche Klärung der Eigentumsfrage des Gemeindegutes war damit für die Dauer der Geltung der Ausführungsgesetze zum TRRG 1883 suspendiert. (Kühne/Oberhofer, aaO 282)

Die Landesausführungsgesetze zum TRRG formulierten zunächst völlig übereinstimmend als demonstrativ aufgezählten Sonderfall zur allgemeinen Legaldefinition des „Gemeinschaftlichen Grundstückes“ – die mit der des TRRG übereinstimmte – jene Grundstücke, „welche als Gemeindegut einer gemeinschaftlichen Benützung nach Maßgabe des § 63 der Gemeindeordnung unterliegen“. (Vgl dazu die lückenlosen Hinweise zu den einzelnen Ausführungsgesetzen bei Kühne/Oberhofer, aaO 257 ff) Auch hier wird also im Bodenreformrecht ausdrücklich auf das Gemeindegut als gemeinschaftliche Nutzungsordnung abgestellt und damit die Übereinstimmung der maßgeblichen Kriterien beider Legaldefinitionen im Landesrecht gewährleistet.

4. Der Rechtsbegriff „Gemeindegut“ im FlV-GG 1932

Der Hinweis des FlV-GG 1932 auf die Gemeindeordnung als rechtliche Regelung der gemeinschaftlichen Benutzung des Gemeindegutes verwies aber nicht nur auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des FlV-GG geltende Rechtslage (nach den Landes-Ausführungsgesetzen zum TRRG 1883), sondern sollte diesen Rechtszustand auch bis zur Durchführung eines Regulierungsverfahrens aufrechterhalten, weil der schlagartige Überführung der Verwaltung des gesamten Gemeindegutes in die Zuständigkeit der Agrarbehörden verwaltungsorganisatorisch undenkbar gewesen wäre. (Auf diese Zielsetzung des Gesetzes weist das Partizipium Präsens („unterliegende“) in der Definition des Gemeindegutes hin!)

Allerdings sollte durch eine Änderung der Gemeindeordnung klargestellt werden, dass das Flurverfassungsrecht kompetenzmäßig nunmehr das Gemeindegut als Agrargemeinschaft erfasst und die Gemeindezuständigkeit in diesem Umfang ausgeschlossen ist. (Vgl dazu die Noten des BKA im Einvernehmen mit dem BMfLF Zl 156.486 „Gemeindegut und Flurverfassungs-Grundsatzgesetz“ an die LH von Tirol und Vorarlberg v 1.8.1935 und 5.9.1935 zur Neufassung der Gemeindeordnung; Kühne/Oberhofer, aaO 282 f und 298 ff) Gleichzeitig schließt dies aber nicht aus, dass die Gemeinde weiterhin nicht reguliertes Gemeindegut verwaltet, weil sich das geltende Flurverfassungsrecht darauf nicht bezieht und daher auch kein Widerspruch in kompetenzrechtlicher Hinsicht vorliegt.

Die Legaldefinition des Gemeindegutes in § 15 Abs 2 lit d FlV-GG 1932 verwies – ebenso wie die seinerzeitigen Landesausführungsgesetze – auf „die gemeinschaftliche Benutzung nach den Bestimmungen der Gemeindeordnungen“. Dieser Verweis erklärt sich daraus, dass „das Gemeindegut in gemeinschaftlicher Benutzung“ bis dahin nach der im vorigen Punkt dargestellten Rechtslage durch die Landesausführungsgesetze der Gemeindeverwaltung vorbehalten war und es keine Regulierung der Verwaltungsrechte dieser Type von Agrargemeinschaften geben konnte. Mit der vom VfGH Erk Slg 9336/1982 behaupteten „gesetzlichen Eigentumsdefinition“ des Gemeindegutes in der Gemeindeordnung hatte dieser Verweis dagegen überhaupt nichts zu tun, weil das Gesetz ausdrücklich auf die Agrargemeinschaft als „gemeinschaftsrechtliche Nutzungsordnung“ verwies und die Eigentumsfeststellung – die ja bis dahin suspendiert war – der Agrarbehörde vorbehalten hatte. (§§ 33 Abs 4 und 35 Abs 1 FlV-GG; die EB der Regierungsvorlage (siehe FN 215) weisen auf die Erweiterung der Zuständigkeit der Eigentumsfeststellung als „besonders wichtige Neuerung des FlV-GG“ hin)

Wesentliche Ziele der Gesamterneuerung des Bodenreformrechts auf der Grundlage der neuen Kompetenzlage des Art 12 B-VG waren eine Bereinigung der Diskrepanzen zwischen der Grundsatzgesetzgebung der „Reichsrahmengesetze“ 1883 und den zu ganz unterschiedlichen Zeiten ergangenen und novellierten Landesauführungsgesetzen sowie eine zeitgemäße Erneuerung und legistische Zusammenführung der Grundsatzgesetze. (Siehe dazu die EB der Regierungsvorlage, 78 d Beilagen zu den Sten Prot des NR IV. GP., 9 ff) Während die allgemeine Legaldefinition der agrargemeinschaftlichen Grundstücke (§ 15 Abs 12 FlV-GG) mit der des TRRG 1883 (§ 1) wörtlich übereinstimmte, übernahm das Grundsatzgesetz aus den Landes-Ausführungsgesetzen die – offenkundig demonstrative – Aufzählung einiger Sonderfälle, darunter auch das Gemeindegut. (Zur Frage, ob die Sonderfälle eine Erweiterung oder beispielhafte Konkretisierung der Generalklausel sind, vgl Kühne/Oberhofer, aaO 283; im geltenden Tiroler Ausführungsgesetz TFLG 1996, LGBl 7/2010 (§ 33 Abs 2) werden die Sonderfälle als demonstrative ausdrücklich mit „insbesondere“ verbunden)

5. Der Systembruch in der Begriffsbildung „Gemeindegut“

Obwohl das „atypische Gemeindegut“ nach der TFLG-Novelle 2010 eine Reihe von schwerwiegenden Grundrechtsproblemen und Widersprüchen zu den verfassungsrechtlichen Organisationsbestimmungen der Selbstverwaltung (Art 120a – 120 c B-VG) aufweisen (Pernthaler, Verfassungsrechtliche Probleme, aaO 496 ff), hat die ständige Rechtsprechung diese landesgesetzlichen Bestimmungen als „Ausführungsnormen“ zu VfGH Erk Slg 18.446/2008 gerechtfertigt und auch die landesgesetzliche Definition des Gemeindegutes als „Eigentum der Gemeinde“ (§ 33 Abs 2 lit c Abs 1 TFLG) als Grundlage zahlreicher konkreter Eigentumsfeststellungen der Agrarbehörden akzeptiert. Übersteigert wurde diese Rechtsprechung noch durch eine neue Entscheidungslinie des Verwaltungsgerichtshofes, der in einer Serie von Entscheidungen die historische Anwendung des Tatbestandes „Gemeindegut“ als Anknüpfung für die Zuständigkeit der Agrarbehörden fälschlicher Weise als rechtskräftige Eigentumsentscheidung zugunsten der Gemeinde interpretierte, die den Substanzanspruch gemäß § 33 Abs 5 TFLG begründe (Vgl dazu die Auseinandersetzung mit dieser Judikatur bei Kühne/Oberhofer, aaO 339 ff).

In der Folge hob der VfGH im Erk Slg 18.446/2008 eine Entscheidung des Landesagrarsenates als verfassungswidrig auf, weil es dieser ablehnte, ein rechtskräftig entschiedenes Verfahren über Gemeindegut neu aufzurollen, um der Gemeinde einen Anspruch auf Vergütung der „Substanz“ ihres (behaupteten) ehemaligen Eigentums zu gewährleisten. Die TFLG-Novellen 2010 und 2014 konstruierten aus den Entscheidungsgründen dieses VfGH-Erkenntnisses, ein weit überzogener Verallgemeinerung eine neue agrarrechtliche Institution „atypisches Gemeindegut“. Dieses soll im gemeinsamen Eigentum der Gemeinde und der Agrargemeinschaft stehen und daher einen Anspruch der Gemeinde auf den „Substanzwert“ der agrargemeinschaftlichen Grundstücke begründen (§ 33 Abs 5 TFLG). Dass die Entscheidungsgründe des VfGH-Erk Slg 18.446/2008 auf einem höchst problematischen Ermittlungsverfahren erster Instanz beruhen (Vgl dazu die ausführliche Erörterung bei Pernthaler/Oberhofer, Die Agrargemeinschaften und die „agrarische Operation“, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften Westösterreichs (2012) 466 ff und 475 f), sei nur am Rande erwähnt.

Ausgangspunkt der neuen Begriffsbildung „Gemeindegut“, welche die historische Nutzungsgemeinschaft zu einem „Gut im Eigentum der Ortsgemeinde“ uminterpretierte, war das VfGH Erk Slg 9336/1982. Dieses Erkenntnis hob den Sonderfall „Gemeindegut“ als agrargemeinschaftliches Grundstück gemäß § 15 Abs 2 lit d FlV-GG (und die entsprechenden Ausführungsbestimmungen) als verfassungswidrig auf, weil diese Norm angeblich Gemeindegut „als Eigentum der Ortsgemeinde undifferenziert wie eine Agrargemeinschaft im Eigentum der Nutzungsberechtigten“ behandle und dadurch den Gleichheitsgrundsatz verletze, weil das Eigentum der Gemeinde nicht angemessen berücksichtigt werde. (Zur Kritik an diesem methodisch und inhaltlich in mehrfacher Hinsicht verfehlten Erk vgl grundlegen Kühne/Oberhofer, aaO 301 ff und die dort angeführten Hinweise)

Ausgangspunkt aller dieser, das Eigentumsrecht der Agrargemeinden und ihrer anteilsberechtigten Mitglieder negierenden Rechtsakte ist die Umdeutung der in dieser Untersuchung begründeten übereinstimmenden rechtlichen Begriffsbildung des Gemeindegutes als agrarrechtliche Nutzungsgemeinschaft im Gemeinderecht und im Bodenreformrecht. Nur wenn der Kern der zivilrechtlichen Kognitionsbefugnis der Agrarbehörden zur Eigentumsfeststellung in einem geordneten Parteienverfahren gemäß Art 6 EMRK völlig vernachlässigt oder die Formalentscheidung der Zuständigkeitsbegründung der Agrarbehörden als Eigentumsfeststellung fehlgedeutet wird, kann der Rechtsbegriff „Gemeindegut“ als Eigentumstitel der Ortsgemeinde missverstanden und in der Folge als Rechtsgrundlage eines verfassungswidrigen „Substanzrechtes“ zulasten des Eigentums der Agrargemeinschaft und ihrer Anteilsberechtigten ausgelegt werden.

 

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aus: Peter Pernthaler, Gemeindegut im Zusammenspiel von Gemeinderecht, Flurverfassung und Zivilrecht, unveröffentlichtes Gutachten, März 2013

 

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MP

Überschneidungen

 

Seit und durch Erk VfSlg 9336/1982 ist im Teilungs- und Regulierungsrecht für Agrargemeinschaften Verwirrung entstanden. Ein Grund für diese Verwirrung sind auch Missverständnisse darüber, inwieweit die wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse am Gemeindegut nach der Kompetenzverteilung Regelungsgegenstand des Gemeinderechts oder des Flurverfassungsrechts sind.

 1.      Das Regelungsgefüge „Gemeindegut“

Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung war bis zur Aufhebung dieser Bestimmung durch den VfGH (Erk Slg 9336/1982; Grund der Aufhebung war nicht Kompetenzwidrigkeit, sondern Grundrechtsprobleme)in § 15 Abs 2 lit d Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, BGBl 103 (FlVerfGG 1951) geregelt, eine Bestimmung die auf die gleichlautende Regelung des FlVerfGG 1932, BGBl 256 zurückgeht. Übereinstimmende Formulierungen fanden sich in den Landes-Ausführungsgesetzen zum FlVerfGG, die für Tirol und Vorarlberg durch das angeführte VfGH-Erk VfSlg 9336/1982 gleichfalls aufgehoben wurden.

Kompetenzrechtliche Zweifel ergaben sich aus der Tatsache, dass die Vorläufer-Regelung des FlVerfGG 1932, nämlich das Teilungs- und Regulierungsgesetz (Reichsrahmengesetz) von 1883, RGBl 94 (TRRG 1883) keine ausdrückliche Bestimmung über das Gemeindegut enthielt. (Morscher, Gemeinnutzungsrechte am Gemeindegut, ZfV 1982, 1 ff (7); derselbe, Neues vom Gemeindegut, FS Ebert, 2002, 167 ff) Diesen Zweifeln steht aber – wie im Folgenden näher zu begründen ist – entgegen, dass sich die Generalklausel des TRRG 1883 nach dem Wortlaut und der erklärten Absicht des historischen Gesetzgebers auch auf das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung bezog. (Pernthaler, Eigentum am Gemeindegut, ZfV 2010, 375 ff, 377; Oberhofer/Pernthaler, Das Gemeindegut als Regelungsgegenstand der historischen Bodenreformgesetzgebung, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler (Hrsg), Die Agrargemeinschaften in Tirol (2010) 207 ff, 211)

Dies wird auch dadurch deutlich, dass sich alle Landes-Ausführungsgesetze zum TRRG 1883 ausdrücklich auch auf agrargemeinschaftlich genutztes Gemeindegut bezogen, wenngleich die Landesgesetze Beschränkungen der agrarbehördlichen Entscheidungsbefugnis zugunsten der Verwaltung der Gemeinschaftsliegenschaften nach der Gemeindeordnung regelten. Kühne/Oberhofer, Gemeindegut und Anteilsrecht der Ortsgemeinde – zugleich eine Besprechung des Erk VfSlg 9336/1982, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Hg, Die Agrargemeinschaften in Westösterreich, 2011, 237 ff 256 ff 263f 280ff) Aus diesen Landesgesetzen hatte das FlVerfGG 1932 die Formulierung in § 15 Abs 2 lit d „das einer gemeinschaftlichen Benutzung nach den Bestimmungen der Gemeindeordnungen unterliegende Gemeindegut“ übernommen, was darauf hindeutet, dass das FlVerfGG selbst – außer seiner eigenen – noch eine Regelungskompetenz der Gemeindeordnung voraussetzte. Auch das VfGH Erk Slg 9336/1982 – das die von den Landesregierungen von Vorarlberg und Oberösterreich geäußerten kompetenzrechtlichen Zweifel nicht aufgriff – stellte klar, dass selbst die Unterstellung des Gemeindegutes unter den Kompetenztatbestand „Bodenreform“ nicht bedeutet, dass dem Gemeindegesetzgeber in seinem Zuständigkeitsbereich Regelungen über das Gemeindegut überhaupt versagt wären“. (Pkt III. 3. letzter Absatz der Entscheidungsgründe von VfSlg 9336/1982)

Offenkundig handelt es sich beim Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung um eine sog „komplexe Zuständigkeit“ (oder „Querschnittsmaterie“), wo einheitliche Lebenssachverhalte unter verschiedenen Regelungsaspekten („Gesichtspunkten“) unterschiedlichen Kompetenzen zugeordnet werden. (Pernthaler, Kompetenzverteilung in der Krise (1989) 75 ff, 86 ff mit umfassenden Hinweisen auf Literatur und Rechtsprechung)

2. Rechtsfragen der Kompetenzzuordnung

Aus diesem komplexen einfachgesetzlichen Regelungsgefüge hinsichtlich des Gemeindegutes in agrargemeinschaftlicher Nutzung ergeben sich folgende kompetenzrechtlichen Fragestellungen

a)   Ist dieser Regelungsbereich in der Bundeskompetenz „Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen“ (Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG) begründet und wie ist diese Kompetenz inhaltlich abzugrenzen?

b)   Welcher Zuständigkeitsbereich bleibt in diesem Regelungsgefüge „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ dem Gemeindegesetzgeber auf Grund der Landeskompetenzen nach Art 115 Abs 2 B-VG („Gemeinderecht“ im organisatorischen Sinn) und Art 15 Abs 1 B-VG (Regelung der Gemeindeaufgaben im eigenen und übertragenen Wirkungsbereich des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder) vorbehalten?

3. Inhaltliche Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenz

Das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung ist eine Querschnittsmaterie; je nach sachlichem Regelungsgesichtspunkt ist einerseits der Gemeindegesetzgeber, andererseits der Flurverfassungsgesetzgeber zuständig.

Der komplexe Zuständigkeitsbereich „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ ist kompetenzrechtlich derart zu differenzieren, dass der historisch nach der Versteinerungstheorie begrenzte Kompetenztatbestand „Bodenreform“ des Bundes aus der umfassenden Landeskompetenz „Gemeinderecht“ heraus zu heben ist. Dem Landesgesetzgeber verbleibt eine Restkompetenz.

Die vom VfGH dem Erk VfSlg 9336/1982 zugrunde gelegte These, dass unter Gemeindegut iS des Flurverfassungsrechts jenes zu verstehen ist, dessen Rechtsgrundlage ausschließlich die Gemeindeordnungen waren, ist schon aus kompetenzrechtlichen Gründen offenkundig unrichtig.

Es kann nach der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern das FlVerfGG des Bundes den Begriff „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Benutzung“ autonom als Nutzungsordnung unabhängig von der Eigentumszuordnung rechtlich definieren, wenn der Bundesgesetzgeber dies für die Zwecke des Regulierungsverfahrens – in dem ja erst über die Rechtsfrage der Eigentumszuordnung (auf Grund der Erhebungen dieses Verfahrens) von der Agrarbehörde entschieden werden soll – für sinnvoll hält. In gleicher Weise kann aber der Gemeindegesetzgeber es bei seiner bisherigen Regelung belassen, dass das Gemeindegut im gemeinderechtlichen Sinn als ein besonders qualifizierter Teil des Gemeindevermögens im Eigentum der Gemeinde steht, weil auch diese Regelung zur Kompetenz „Gemeinderecht“ im Sinne der Art 115 Abs 2 und 118 Abs 2 B-VG gehört.

Ausgeschlossen durch die Kompetenzverteilung ist nur die Annahme des VfGH, dass Gemeindeordnung und Flurverfassungsrecht denselben Rechtsbegriff „Gemeindegut“ verwenden müssen, weil die – aus der Landeskompetenz herausgehobene – Teilkompetenz „Bodenreform“ sich auf einen konkreten Teilbereich der Regelung des Gemeindegutes, nämlich die Teilung und Regulierung der agrargemeinschaftlichen Nutzungsrechte am Gemeindegut in einem eigentumsrechtlich undifferenzierten Sinn, bezieht. Dass es dem Bodenreformrecht gerade auf diese eigentumsrechtlich undifferenzierte Ausgangssituation seines Verfahrens ankommt, zeigen die – für die Kompetenz Bodenreform ausschlaggebenden – Reformgesetze 1883, deren gesetzgeberische Zielsetzung in der Klärung der verworrenen Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut ihren Regelungsschwerpunkt hatten.

Der Hinweis auf die Gemeindeordnung im § 15 Abs 2 lit d FlVerfGG 1951 (in der Fassung vor VfSlg 9336/1982) bezieht sich daher nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung gerade nicht auf die vermögensrechtliche Zuordnung des Gemeindegutes (als Eigentum der Gemeinde), sondern ganz eindeutig auf die „gemeinschaftliche Benutzung, die der Bestimmung der Gemeindeordnung unterliegt“.

Dass in der eigentumsrechtlich undifferenzierten Begriffsbildung „Gemeindegut“ – die ja nur die Zuständigkeit der Agrarbehörden im Sinne des Kompetenztatbestandes „Bodenreform“ begründet – eine rechtliche Diskriminierung des Eigentums der Gemeinde gelegen sei, wie der VfGH im Erk Slg 9336/1982 angenommen hat, ist nach den zwingenden Vorschriften des Flurverfassungsrechts über den Ablauf des Teilungs- und Regulierungsverfahrens ausgeschlossen. Die Agrarbehörde hat in jedem Fall das Eigentum an agrargemeinschaftlichen Liegenschaften festzustellen und erst auf Grund dieser – zivilrechtlichen – Feststellung ihre weiteren Entscheidungen der Teilung oder Regulierung zu treffen.

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aus:

Peter Pernthaler,

Die Gesetzgebungskompetenz für Gemeindegut

in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber (Hg)

Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (2011)

 

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MP

 

Konkurrenz: Flurverfassungsrecht – Gemeinderecht

1. Gemeindegut als komplexe Zuständigkeit

Die kompetenzrechtliche Komplexität des Regelungsgegenstandes „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ hat historische und rechtssystematische Gründe.

Historisch war das Gemeindegut im umfassenden Sinn ursprünglich einheitlich in den Gemeindeordnungen der Länder geregelt, die in Ausführung des Reichsgemeindegesetzes RGBl 1862/18 – nach einem einheitlichen zentralen Mustergesetz – in den Jahren 1864 – 1866 erlassen wurden. Vorläufer dieser Regelungen war das „Provisorische Gemeindegesetz“, RGBl 1849/170 (§§ 74 und 75), das allerdings nur teilweise und vorübergehend wirksam wurde. In den Landes-Gemeindeordnungen wurde das Gemeindegut „in Bezug auf das Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen“ geregelt und eine allgemeine Regelungs- und Verwaltungsbefugnis der Gemeinde begründet, wobei die Aufteilung des Gemeindegutes dem Landesgesetzgeber vorbehalten blieb. Aus diesem umfassenden Regelungsbereich hat das TRRG 1883 eine sachlich klar begrenzte Verwaltungsmaterie herausgelöst, die einer besonderen Verwaltungsorganisation mit richterlichem Einschlag – den Agrarbehörden – vorbehalten sein sollte. (Pernthaler/Oberhofer, Die Agrargemeinschaft und die „agrarische Operation“, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften in Westösterreich, 429ff)

Diese schwerpunktmäßig reformatorische Verwaltungsaufgabe, die später unter dem Begriff „agrarische Operationen“ (Bodenreform) zusammengefasst wurde, ist im TRRG 1883 unter dem Doppeltitel „Teilung und Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken“ formuliert. Die Landes-Ausführungsgesetze zu diesem Rahmengesetz von 1884 – 1921 führten die neue behördliche Zuständigkeit bezüglich des Gemeindegutes die Regulierung der Verwaltung betreffend nur sehr begrenzt aus – was dem damaligen Verständnis des „Reichsrahmengesetzes“ entsprach – und beließen den Gemeindeordnungen weitgehend die bisherigen Regelungen der Verwaltungsbefugnisse hinsichtlich des Gemeindegutes.

Erst mit dem Inkrafttreten des FlVerfGG 1932 wurde die kompetenzrechtliche Problematik der neuen Bundeskompetenz „Bodenreform“ neben der weiter bestehenden Gemeinderechtskompetenz der Länder als kumulative Regelungszuständigkeiten beider Gebietskörperschaften in der Sachmaterie „Gemeindegut“ erkennbar. (Kühne/Oberhofer, Gemeindegut und Anteilsrecht der Ortsgemeinde, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften in Westösterreich, 298 ff) Diese Zuständigkeitskumulation ist seit dem Inkrafttreten der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung am 1. 10. 1925 nicht mehr historisch, sondern rechtssystematisch nach den in Betracht kommenden kompetenzrechtlichen „Gesichtspunkten“ zu differenzieren. ((Zur „Gesichtspunktetheorie“ siehe Funk, Das System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung im Lichte der Verfassungsrechtsprechung, 1980,  48 ff) Das bedeutet, dass die historischen Regelungsbefugnisse des Gemeindegesetzgebers in Angelegenheiten des Gemeindegutes nicht mehr in der sachlich umfassenden Allgemeinzuständigkeit weiter gelten, sondern im Einzelnen darauf hin zu prüfen sind, ob sie der neuen Bundeskompetenz „Bodenreform“ widersprechen, mit ihr vereinbar sind oder sogar von ihr vorausgesetzt werden. Dies soll im III. Abschnitt dieser Untersuchung auf der Grundlage der vorangehenden Klärung des Umfanges der Bundeskompetenz „Bodenreform“ untersucht werden.

2. Teilung und Regulierung als „Bodenreform“

Nach Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG ist die „Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen und Wiederbesiedelung“ Bundessache hinsichtlich der Gesetzgebung über die Grundsätze und Landessache, was die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung betrifft.

Was unter den Kompetenzbegriffen „Bodenreform“ (dies ist der Oberbegriff) und „agrarische Operationen“ (die „Wiederbesiedlung“ kann in diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben) im Einzelnen zu verstehen ist, muss – da der Inhalt dieser Begriffe in der Verfassung selbst nicht näher umschrieben ist – im Sinne der ständigen Rechtsprechung danach beurteilt werden, „in welcher rechtlichen Prägung die Rechtsordnung die Begriffe im Zeitpunkt ihrer Schaffung verwendet hat“ (VfSlg 4349/1963 ua). Der Inhalt der Kompetenzvorschriften wird somit nach dem Prinzip der historischen Auslegung ermittelt. Die Kompetenzbegriffe sind in jener Bedeutung zu verstehen, die sie beim Wirksamwerden der betreffenden Zuständigkeitsvorschriften (hier: 1. 10. 1925) in der Rechtsordnung hatten. Diese – als „Versteinerungstheorie“ bezeichnete – Auslegungsmethode baut auf der rechtlichen Begriffsbildung in der einfachgesetzlichen Rechtslage im Versteinerungszeitpunkt auf. Es müssen daher die am 1. 10. 1925 in Geltung gestandenen Rechtsvorschriften betreffend die Bodenreform (agrarische Operationen) festgestellt und als Auslegungshilfe zur Ermittlung der angeführten Kompetenzbegriffe herangezogen werden.

Hinsichtlich des Begriffs der „agrarischen Operationen“ (dieser Begriff steht hier im Vordergrund – auf den umfassenderen Begriff der „Bodenreform“ soll unter Pkt 3 eingegangen werden) – ist nach Lehre und Rechtsprechung auf die drei „Reichsrahmengesetze“ von 1883, RGBl Nr 92 bis 94, abzustellen: Als agrarische Operationen werden vom Verfassungsgerichtshof stets „nur die in den drei sogenannten ‚Reichsrahmengesetzen‘ vom 7. Juni 1883, RGBl 92 bis 94, geregelten Aktionen der Zusammenlegung, der Bereinigung des Waldlandes von fremden Enklaven und der Teilung und Regulierung von Agrargemeinschaften verstanden“. (Vgl VfSlg 1390/1931; Zessner-Spitzenberg, Bodenreform im Sinne der Bundesverfassung, ÖVBl 1931, 93 f; Melichar, Verfassungsrechtliche Probleme des Agrarrechtes, JBl 1968, 287; Lang, Tiroler Agrarrecht I, Wien 1989, 14; Gatterbauer/Kaiser/Welan, Aspekte des österreichischen Flurverfassungsrechts, Linz 1972, 39; Morscher (FN 2) 6)

Die Prüfung der Frage, ob es sich bei der Teilung und Regulierung von Gemeindegut um agrarische Operationen im Sinne des Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG handelt, ist anhand des – zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kompetenzbestimmungen (1. 10. 1925) geltenden – Gesetzes vom 7. Juni 1883, RGBl 94, betreffend die Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulierung der hierauf bezüglichen gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte und der zu diesem „Reichsrahmengesetz“ erlassenen Landes-Ausführungsgesetze von 1884 (Mähren) bis 1921 (Vorarlberg) vorzunehmen.

Nach seinem § 1 bezieht sich dieses Gesetz auf Grundstücke, bezüglich derer entweder „a) zwischen gewesenen Obrigkeiten und Gemeinden oder ehemaligen Unterthanen, sowie zwischen zwei oder mehreren Gemeinden gemeinschaftliche Besitz- und Benützungsrechte bestehen, oder b)   welche von allen oder von gewissen Mitgliedern einer Gemeinde, einer oder mehrerer Gemeindeabtheilungen, Nachbarschaften oder ähnlicher agrarischer Gemeinschaften (Klassen der Bauern, Bestifteten, Singularisten udgl) kraft ihrer persönlichen oder mit einem Besitze verbunden Mitgliedschaft, oder von den Mitberechtigten an den in einzelnen Ländern bestehenden Wechsel- oder Wandelgründen gemeinschaftlich oder wechselweise benützt werden.“

Dieser seinerzeitigen Formulierung entsprechen heute § 15 Abs 1 lit a und b Flurverfassungs-Grundsatzgesetz, BGBl 1951/103 idgF und die korrespondierenden Bestimmungen der Flurverfassungs-Landesgesetze (zB § 33 Abs 1 und 2 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996, LGBl 74 idF 2009/7; § 31 Abs 1 lit a und b Vbg Flurverfassungsgesetz, LGBl 1979/2 idgF). Schon nach dem Wortlaut des § 1 lit b des zitierten Gesetzes aus 1883 fällt auch das sog Gemeindegut ganz offenkundig unter diese Bestimmung. Die Reglungen betreffend die Teilung und Regulierung der gemeinschaftlichen Grundstücke, deren genauere Ausführung gemäß § 2 der Landesgesetzgebung vorbehalten blieb, galten daher auch für das Gemeindegut.

Die Einziehung des Gemeindegutes in die Reglungen über die Teilung und Regulierung gemeinschaftlicher Grundstücke war auch die erklärte Absicht des historischen Gesetzebers. So heißt es in den „Erläuternden Bemerkungen zu den auf Grund Allerhöchster Entschließung vom 12. Februar 1880 eingebrachten Gesetzesentwürfen hinsichtlich des Gesetzesentwurfes betreffend die grundsätzlichen Bestimmungen über die Theilung gemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulierung der bezüglichen Benützungs- und Verwaltungsverhältnisse“ (43 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Herrenhauses, IX. Session): „Die Bestimmungen des § 1 Z 2 (in der Endfassung lit b) des Entwurfes haben die Grundstücke zum Gegenstande, welche als Gemeindegut oder als Gemeingut jener Körperschaften oder Klassen benützt werden, die sich als Überreste der alten Agrargemeinde innerhalb der modernen politischen Gemeinde erhalten haben“.

Auch im „Bericht des Commassationsausschusses über die von dem Hohen Herrenhause am 7. und 17. November 1881 in dritter Lesung gefaßten Beschlüsse auf Erlassung von Gesetzen: a) betreffend die Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke; b) betreffend die Bereinigung des Waldlandes von fremden Enclaven und die Arrondirung der Waldgrenzen; c) betreffend die Theilung gemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulirung der hierauf bezüglichen gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte“ wird bezüglich des letztgenannten Gesetzesentwurfes angeführt: „Die im § 1 sub b bezeichneten Grundstücke aber sind solche, welche – abgesehen von Dalmatien, woselbst durch die historischen Ereignisse und namentlich durch den Einfluß der türkischen und venetianischen Herrschaft sich ganz besondere Verhältnisse herausgebildet haben – in allen österreichischen Ländern sich als Überreste der alten Agrargemeinde innerhalb der modernen politischen Gemeinde bald unter der Bezeichnung ‚Gemeindegut‘, bald unter der Bezeichnung ‚Gemeingut‘ erhalten haben, und bei welchen die mannigfaltigsten Eigentums- und Nutzungsverhältnisse sich vorfinden“. (528 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Abgeordnetenhauses, IX. Session, 12)

In gleicher Weise lassen sich die Debattenbeiträge der verschiedenen Abgeordneten in der 268. Sitzung der IX. Session des Abgeordnetenhauses als Beleg anführen. (Vgl insbesondere die Beiträge der Abgeordneten v Grocholski und Kopp sowie des Regierungsvertreters v Rinaldini, Stenographische Protokolle des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes, IX. Session, 268. Sitzung, 9214 ff) Bezeichnenderweise ging es in der Debatte vorwiegend um die Frage der Einbeziehung des Gemeindegutes. Dieses Thema nahm die meiste Zeit der Sitzung in Anspruch. Manche Abgeordneten sahen in dem betreffenden Gesetz einen massiven Eingriff in die Autonomie der Gemeinden und die Gesetzgebungskompetenzen der Länder, wobei sie darauf hinwiesen, dass die Gemeindeordnungen der Länder bereits Regelungen über das Gemeindegut enthielten. So sagte beispielsweise der Abgeordnete v Grocholski:

„Der § 1 bestimmt, welche Grundstücke den Gegenstand des Gesetzes zu bilden haben. Unter diesen Gründen sind aber unstreitig jene Gründe gemeint, welche heutzutage Eigenthum der Gemeinde sind und welche den Namen ‚Gemeindegut‘ haben – ich weiß nicht, ob ich richtig verdolmetsche, im Polnischen heißt es ‚dobro gminne‘ – also ‚Gemeindegut‘. Das sind jene Gründe, welche das Eigenthum entweder der ganzen Gemeinde oder eines Theiles der Gemeinde bilden, nachdem ja die politische Gemeinde aus Ansässigkeiten bestehen kann, welche besonderes Eigenthum haben und wo die einzelnen Mitglieder dieser Gemeinde, beziehungsweise dieses Theiles der Gemeinde das Benützungsrecht auf diese Gründe haben. Diese Gründe fallen unbestreitbar nach dem Wortlaute des § 1 unter dieses Gesetz. Nun, meine Herren, die Verwaltung dieser Gründe, die Benützung, die Theilung dieser Gründe ist aber, wenn ich nicht irre, bereits in allen durch Landesgesetze gegebenen Gemeindeordnungen normirt, besonders in Galizien. Ich kann die Paragraphe citiren, durch die sie normiert ist“. (Stenographische Protokolle des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes, IX. Session, 9219) Trotz dieser und ähnlicher Einwände wurde das Gesetz beschlossen, nicht zuletzt deshalb, weil die diesbezüglichen Bestimmungen der Gemeindeordnungen für unzulänglich gehalten wurden.

Der Regierungsvertreter Ministerialrat v Rinaldini führte dazu aus: „Der Grund, warum überhaupt dieses Gesetz auch diese Grundstücke, nebst den sogenannten Klassenvermögen, also auch das Gemeindegut einbezogen hat, ist einfach der, weil nach den Erfahrungen, welche in einer Reihe von Ländern gemacht worden sind, die sehr vagen Bestimmungen der Gemeindeordnung, welche ja bloß auf die unangefochtene Uebung hinweisen und eventuell, wo eine solche unangefochtene Uebung nicht besteht, Gemeinderathsbeschlüsse als normirend bezeichnen, nicht hinreichend sind. Schon die einfache Vorfrage, ob ein solches Grundstück ein Grundstück der Gemeinden oder ein Grundstück einer Klasse von Gemeindeangehörigen sein wird, ist ja eine ungemein schwierig zu lösende Frage, und zwar eine Frage, die nicht bloß merital schwierig zu lösen ist, sondern schon dann Schwierigkeiten bietet, wenn man einfach um die Comeptenz frägt, wenn man sicheren Aufschluß haben will, wer eigentlich competent sei, in dieser Frage zu entscheiden? Diese Unzulänglichkeit der bestehenden Normen der Gemeindeordnung und auch insbesondere, was das Gemeinschaftsvermögen betrifft, die vollständige Unzulänglichkeit der Normen des 16. Hauptstückes des bügerlichen Gesetzbuches über die Gemeinschaft des Eigenthums haben geradezu dazu gedrängt, eine solche Vorlage zu entwerfen“. (Stenographische Protokolle des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes, IX. Session, S 9221; vgl auch den Debattenbeitrag des Abgeordneten Granitsch, 9230 ff)

Nach der Erlassung des Reichsrahmengesetzes, RGBl 1883/94 durfte der Landesgesetzgeber die Fragen der Teilung und Regulierung des Gemeindegutes nur mehr „nach Maßgabe dieses Gesetzes“ (§ 2 leg cit) regeln, dh als Ausführungsgesetzgeber. Die Reichsgesetzgebung nahm die Zuständigkeit zur Rahmengesetzgebung auf diesem Gebiet mit diesem Gesetz aus 1883 einfach für sich in Anspruch. Die Teilung und Regulierung gemeinschaftlicher Grundstücke war damit auch hinsichtlich des Gemeindegutes eine „agrarische Operation“ im Zuständigkeitsbereich der Reichsrahmengesetzgebung. (Vgl dazu die Kritik von Weyr, Rahmengesetze. Studie aus dem österreichischen Verfassungsrechte, Leipzig/Wien 1913, 60 ff; Gatterbauer/Kaiser/Welan 48)

Für die kompetenzrechtliche Zuordnung des Gemeindegutes, wie sie in dieser Untersuchung vorzunehmen ist, ist die damalige Zuständigkeit des Reichsgesetzgebers – und damit auch die Frage, ob dieses Reichsgesetz (damals) überhaupt verfassungsgemäß war – unmaßgeblich (Vgl §§ 11 und 12 des Gesetzes, wodurch das Grundgesetz über die Reichsvertretung vom 26. Februar 1861 abgeändert wird, RGBl 1867/141). Wesentlich ist im vorliegenden Zusammenhang nur, dass unter dem Kompetenzbegriff „agrarische Operationen“ im Sinne des Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG nach der Versteinerungstheorie auch die Teilung und Regulierung von Gemeindegut zu verstehen ist. Bestätigt wird dieses Ergebnis auch dadurch, dass sämtliche Landes-Ausführungsgesetze zum Reichsrahmengesetz von 1884 bis zum Jahre 1921 agrargemeinschaftliche Grundstücke des Gemeindegutes ausdrücklich der Teilung und Regulierung unterwarfen, wobei sie für die Regulierung allerdings eine Allgemeinzuständigkeit der Gemeinde festlegten, weshalb die Regulierung darauf hinauslief, dass die Gemeindeordnung um notwendige Regelungen ergänzt werden sollte. (Kühne/Oberhofer 263 f)

Regelungen betreffend die Teilung und Regulierung von Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung sind daher in der Grundsatzgesetzgebung Bundessache und in der Ausführungsgesetzgebung Landessache. Da sich der Reichsgesetzgeber 1883 die Rahmengesetzgebung auf diesem Gebiete arrogiert hatte, hat das B-VG für die noch vor seinem Inkrafttreten in die republikanische Rechtsordnung übernommene Bodenreformgesetzgebung (Vgl die Neuordnung der Organisation der Agrarbehörden durch das Gesetz StGBl 1920/195) eine eigene Bundeskompetenz (Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG) und eine besondere Verfassungsgrundlage für die gleichfalls übernommene traditionelle Organisationsform der Agrarbehörden geschaffen (Art 12 Abs 2 B-VG). Auf die am 1. 10. 1925 in Kraft getretene – Kompetenz des Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG hat sich nicht nur die Regierungsvorlage des FlVerfGG 1931 berufen (78 der Beilagen Nationalrat IV GP, 9), sondern auch die Landesausführungsgesetze – bis zum Tiroler FlVLG LGBl 2010/7 – bei der Regelung des Gemeindegutes in agrargemeinschaftlicher Nutzung gestützt. (Bericht und Antrag des Ausschusses für Rechts-, Gemeinde- und Raumordnungsangelegenheiten zur Regierungsvorlage der TFLG-Novelle, Zl 574/09 der Beilagen zu den Sten Prot des LT XV GP)

3. Ablösung von Gemeindegut-Nutzungsrechten

Unter der Ablösung von Nutzungsrechten am Gemeindegut sind Entschädigungen für die (zwangsweise) Aufhebung dieser Nutzungsrechte zu verstehen. Bei „echtem Gemeindegut“ – bei dem die agrargemeinschaftlichen Grundstücke im Eigentum der Gemeinde stehen – wird die Ablösung in der Gemeindeordnung geregelt (Vgl § 73 Tiroler Gemeindeordnung, LGBl 2001/36 „Aufhebung von Nutzungsrechten“). Für das „atypische Gemeindegut“ – das im Eigentum der Agrargemeinschaft steht – sieht das TFLG idF der Novelle LGBl 2010/7 eine analog formulierte Enteignungsbestimmung des agrargemeinschaftlichen Grundstückes zugunsten der Gemeinde vor (§ 40 Abs 3 TFlG idF TFLG-Nov 2010).

Schiff sieht in der Ablösung – wie bei der Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke – eine Form der Beseitigung der agrarischen Gemeinschaft (des Gemeindegutes). „Die Ablösung kann dort, wo die gemeinsamen öffentlich-rechtlichen Nutzungen solche Realitäten betreffen, die im Eigentum einer oder mehrerer Gemeinden stehen, an die Stelle der bloßen Teilung treten. Mit der Aufhebung der Nutzungsrechte gegen Entschädigung verwandelt sich das Gemeindegut in Gemeindevermögen“ (Vgl Schiff, Agrarpolitik seit der Grundentlastung, Bd I, Tübingen 1898, 234). „Die Ablösung ermöglicht die Aufhebung der Gemeinschaft auch dort, wo die Teilung des Gemeindegutes aus ökonomischen Gründen nicht angebracht wäre. Dort, wo die Naturalnutzungen für die Wirtschaft der Berechtigten nicht (mehr) notwendig sind, wird deren Ablösung in Geld leicht möglich sein“ (Schiff, Agrarpolitik, 244).

Das Reichsrahmengesetz von 1883, RGBl 94, regelte nur die Teilung und Regulierung von agrargemeinschaftlichen Grundstücken (Gemeindegut); Bestimmunen über die Ablöse von Gemeindegut-Nutzungsrechten finden sich in diesem Gesetz keine (Vgl Schiff, Agrarpolitik, 257, der darin einen bedeutenden Mangel dieses Gesetzes erblickte). Da aber nicht die im Versteinerungszeitpunkt vorhandenen konkreten Regelungen versteinert werden, „sondern der im Versteinerungszeitpunkt durch die jeweils geltende Rechtslage vorgezeichnete institutionelle Rahmen“, sind auch Neuregelungen zulässig, sofern sie nur nach ihrem Inhalt systematisch dem Kompetenzgrund angehören“. So hat etwa der Verfassungsgerichtshof die Regelung des § 10 Abs 1 Sbg Einforstungsrechtegesetz, LGBl 1986/74 über die Umrechnung von seinerzeitigen Kreuzer-Beträgen in heutige Währung nicht dem Kompetenztatbestand „Geldwesen“ (Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG), sondern – weil sie im Zusammenhang mit Einforstungsrechten steht – dem Kompetenztatbestand „Bodenreform“ (Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG) zugeordnet (VfGH Erk Slg 11.856/1988). Es ist also nicht ausgeschlossen, dass auch die Ablöse von Gemeindegut-Nutzungsrechten eine Angelegenheit der Bodenreform im Sinne des Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG darstellt. Bei der Ermittlung des „Systems“, das durch die im Versteinerungszeitpunkt bestehenden Einzelregelungen konstituiert wird, ist auf das Typische der Bodenreform abzustellen; dabei kommt auch dem Regelungszweck eine wesentliche Rolle zu.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes sind die „agrarischen Operationen und die Wiederbesiedelung“ für die Bodenreform typisch. Andere Aktionen sind nur dann als solche der Bodenreform anzusehen, „wenn sie den beiden beispielsweise angeführten Aktionen artähnlich sind, das heißt, die diese Aktionen typischerweise kennzeichnenden Merkmale aufweisen“. Die typischen Merkmale dieser Aktionen wiederum „können nur nach dem Gegenstand, nach den Motiven und nach den Mitteln der Reform verläßlich festgestellt werden“.

Gegenstand der Bodenreform sind nach Meinung des Verfassungsgerichtshofes Bodenbesitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse bestimmter Art, wobei entweder eine Neuordnung der Eigentumsverhältnisse (Wiederbesiedelung, Bereinigung des Waldlandes, Zusammenlegung, Gemeinschaftsteilung) oder auch nur eine Abgrenzung von Benützungs- oder Verwaltungsrechten bestimmter Art (Gemeinschaftsregulierungen) stattfindet. Das Motiv für die Einleitung solcher Aktionen sieht der Verfassungsgerichtshof darin, dass gewisse, in einem bestimmten Zeitpunkt gegebene Bodenbesitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse im Hinblick auf die Änderung der sozial- oder wirtschaftspolitischen Anschauungen oder Verhältnisse nicht mehr gerechtfertigt oder nicht mehr zweckmäßig erscheinen.

Das Mittel der Bodenreform bestehe in der planmäßigen Neuordnung oder Regulierung. Dem Betrachter solle sich nach Durchführung der Neuordnung oder Regulierung ein verändertes und in seinem Bestand gesichertes Bild in den der Reform unterzogenen Beziehungen darbieten. Es müsse sich dabei nicht unbedingt um umfassende Maßnahmen und auch nicht um Zwangsmaßnahmen handeln. Aktionen, die diese drei, die Maßnahmen der Wiederbesiedelung und der agrarischen Operationen kennzeichnenden Merkmale aufweisen, sind – wie aus der beispielgebenden Aufzählung dieser Aktionen in Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG gefolgert wird – als Maßnahmen der Bodenreform anzusehen. (Zur Abgrenzung des Kompetenztatbestandes „Bodenreform“ von sonstiger landwirtschaftlicher Wirtschaftsplanung und –lenkung siehe auch: Pernthaler, Raumordnung und Verfassung, Bd 1 (1975) 96 f) Es sind somit nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes unter Maßnahmen der Bodenreform alle jene – nicht unter Art 10 B-VG fallenden – Aktionen auf dem Gebiet der Landeskultur zu verstehen, welche die gegebenen Bodenbesitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse den geänderten sozialen oder wirtschaftlichen Anschauungen oder Bedürfnissen entsprechend einer planmäßigen Neuordnung oder Regulierung unterziehen wollen. Vgl VfSlg 1390/1931; wiederholt bestätigt, zB durch VfSlg 2452/1952, 3649/1959, 4027/1961, 6508/1971, 7974/1977, 9336/1982; Zessner-Spitzenberg, ÖVBl 1931, 89 ff; Melichar, JBl 1968, 286 f; Gatterbauer/Kaiser/Welan (FN 15) 37 ff; Schwamberger, JBl 1985, 281; Lang, Tiroler Agrarrecht I (1989) 13 f; Eichler, Dimensionen des Agrarrechts (1987) 142 f; Kühne, Agrarstruktur-Raumordnung (1975) 19 und 30 f; derselbe, Das Bodenrecht, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung des Bodens (1970) 113 f)

Regelungen über die Ablöse von Gemeindegut-Nutzungsrechten entsprechen offenkundig diesen, vom Verfassungsgerichtshof aufgestellten, Kriterien des Kompetenzbegriffes „Bodenreform“. Gleich den agrarischen Operationen haben sie die Bodenbesitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse zum Gegenstand.

Das „Motiv“ (der Regelungszweck) liegt darin, dass die überkommenen Bodenbesitz-, Benützungs- oder Wirtschaftsverhältnisse angesichts geänderter sozial- und wirtschaftspolitischer Anschauungen oder Bedürfnisse den neuen Verhältnissen entsprechend geordnet werden sollen. Neben der „Verbesserung der Agrarstruktur“ – die eindeutig der Bodenreform zuzuordnen ist – soll die Aufhebung von Nutzungsrechten auch nichtagrarischen Zielsetzungen wie infrastrukturellen Vorhaben, Anlagen im öffentlichen Interesse oder Zielen der örtlichen Raumordnung dienen. Auch diese nichtagrarischen Zielsetzungen sind aber „Bodenreform“ im oben angeführten kompetenzrechtlichen Sinn, weil dadurch das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung aufgehoben wird und die betreffenden Grundstücke anderer Verwendung zugeführt werden.

Die Ablöse von Gemeindegut-Nutzungsrechten ist daher als eine planmäßige Neuordnung der gegebenen Bodenbesitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse im Sinne der oben angeführten Verfassungsrechtsprechung anzusehen, sodass auch das dritte Merkmal erfüllt ist. Sie führt ebenso wie die Teilung des Gemeindegutes zu klaren, neuen Bodenbesitzverhältnissen: Aus „Gemeindegut“ wird „Gemeindevermögen“. Es geht hier also wie bei der Teilung des Gemeindegutes letztlich um die Beseitigung des Gemeindegutes, verbunden mit einer Neuordnung der Bodenbenützungsverhältnisse. Diese Konsequenz der Aufhebung agrargemeinschaftlicher Nutzungsrechte des Gemeindegutes übersieht das Erkenntnis des VwGH Slg Nr 3560 (A)/1954, das – ohne nähere kompetenzrechtliche Untersuchung – die (richtiger Weise) als Enteignungsbestimmung der Gemeindeordnung qualifizierte Maßnahme in keinem Zusammenhang „mit dem Rechtsgebiet der Bodenreform (Art 12 Abs 1 Z 3 BVG)“ sieht. Selbst wenn es im FlVerfGG des Bundes oder in den Landesausführungsgesetzen keine vergleichbaren Regelungen gäbe, ändert dies nichts an der kompetenzrechtlichen Einordnung der angeführten Enteignungsbestimmungen der Gemeindeordnungen als „Bodenreform“.

Hinzu kommt, dass die Ablösung von Wald- und Weidenutzungsrechten – als Mittel „zur Liquidierung der Bindungen der alten gesprengten Agrarverfassung“ und damit der planmäßigen Neuordnung – dem Bodenreformrecht im Versteinerungszeitpunkt nicht fremd war. Das Motiv für diese Regelungen bestand ua in der „Entlastung des dienenden Gutes von als überholt empfundenen wirtschaftlichen Fesseln“. (Zessner-Spitzenberg, ÖVBl 1931, 123; Vgl das kaiserliche Patent vom 5. Juli 1853, RGBl 130; dazu Lang, Teilwaldrechte in Tirol (1978) 55 ff; Junk, Die Wald- und Weidenutzungsrechte im geschichtlichen Ablauf, in: 100 Jahre Agrarische Operationen in Österreich. Der Förderungsdienst 1/1983, 26 ff)

Vorschriften über die Ablöse von Gemeindegut-Nutzungsrechten sind also nach Inhalt und Zweck den Regelungen über die Teilung und Regulierung von gemeinschaftlichen Grundstücken (Gemeindegut) ähnlich; sie bleiben daher innerhalb des durch die historische Rechtslage vorgezeichneten institutionellen Rahmens. Da sie dieses System nicht sprengen, sondern nur als eine intrasystematische Fortentwicklung der am 1. 10. 1925 in Kraft stehenden Regelungen über „agrarische Operationen“ anzusehen sind, fallen sie ebenfalls unter den Kompetenztatbestand „Bodenreform“ des Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG.

4. „Gemeindegut“ und „Bodenreform“

Der VfGH (VfSlg 9336/1982 und alle, diese Entscheidung konkretisierenden Folgeerkenntnisse) hat zur Grundlage seiner Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit des § 15 Abs 2 FlVerfGG 1951 und der diese Bestimmung ausführenden Landesgesetze folgende These genommen:

„Unter dem Gemeindegut (Ortschaftsgut, Fraktionsgut), das § 15 Abs 2 lit d FlVerfGG und § 31 Abs 2 lit d VFLG zu den agrargemeinschaftlichen Grundstücken zählen und der Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach Maßgabe des Gesetzes unterwerfen, ist jene Erscheinung zu verstehen, die in den früheren Gemeindeordnungen im Rahmen des Reichsgemeindegesetzes 1862 und den nachfolgenden Gemeindegesetzen geregelt war (vgl. dazu für Vbg. VfSlg. 384/1925 und VfSlg. 2308/1952) und im geltenden Vbg. Gemeinderecht noch als bestehend festgehalten wird. Das ergibt sich nicht nur aus dem durch die Gemeindeordnungen geprägten Ausdruck „Gemeindegut“, sondern auch aus dem Hinweis auf die Bestimmungen der Gemeindeordnungen im Grundsatzgesetz der im Ausführungsgesetz offenkundig nur deshalb unterblieben ist, weil die Vbg. Gemeindeordnung zur Zeit seiner Erlassung im Hinblick auf eben diese flurverfassungsrechtliche Regelung besondere Bestimmungen nicht mehr enthielt. Demgemäß hat der VfGH bereits in den Erk. VfSlg. 4229/1962 und 5666/1968 klargestellt, dass unter Gemeindegut iS des Flurverfassungsrechts jenes zu verstehen ist, dessen Rechtsgrundlage ausschließlich die Gemeindeordnungen waren“.

Diese These ist schon aus kompetenzrechtlichen Erwägungen offenkundig unrichtig. Die Grundsatzkompetenz Bodenreform ermächtigt nämlich gerade nicht zur Regelung des Gemeindegutes „als Erscheinung der Gemeindeordnung“ – diese Zuständigkeit gehört nämlich in der komplexen Kompetenzmaterie „Gemeindegut“ zur Landeskompetenz „Gemeindeordnung“. Sehr treffend formuliert daher § 33 Abs 6 TFLG: „Ob ein Grundstück ein agrargemeinschaftliches Grundstück ist, hat im Zweifel die Agrarbehörde zu entscheiden. Die gemeinderechtlichen Bestimmungen bleiben unberührt.“ Weder die Agrarbehörde noch das Flurverfassungsrecht haben daher die Zuständigkeit zu entscheiden, ob ein agrargemeinschaftliches Grundstück „Gemeindegut im Sinne der Gemeindeordnung ist“. Das Bodenreformrecht bezieht sich nämlich ausschließlich auf die Agrargemeinschaft Gemeindegut als gemeinschaftliche Nutzungsordnung, die neu geordnet werden soll.

Der Verweis des VfGH auf das Reichsgemeindegesetz 1862 und die dieses Grundsatzgesetz ausführenden Gemeindeordnungen von 1866 ist deshalb irreführend, weil zu dieser Zeit kein Bodenreformrecht bestand und die neue politische Gemeinde in liberaler Selbstordnung die bäuerlichen Nutzungsrechte nach der Aufhebung der Grundherrschaft und des geteilten Eigentums „frei“ selbst verwalten und regulieren sollte. (Art V Reichsgemeindegesetz: Im selbständigen Wirkungskreis kann die Gemeinde „nach freier Selbstbestimmung anordnen und verfügen“; zum Scheitern dieses frühdemokratisch-liberalen Ordnungskonzeptes als Reformmodell der Land- und Forstwirtschaft, das zum Konzept der staatlichen Bodenreform 1883 führte: Pernthaler, Eigentum am Gemeindegut, ZfV 2010, 376)

Dazu kommt, dass selbst die Landesausführungsgesetze zum Reichsrahmengesetz von 1883, RGBl 94 „die Regulierung der Verwaltungsrechte jener gemeinschaftlichen Grundstücke, die durch die Gemeindeordnung oder andere das Gemeindegut betreffende Vorschriften geregelt ist“ in der Form geregelt haben, dass die Gemeinde weiterhin Trägerin der Verwaltungsrechte der Agrargemeinschaft sein sollte. Eine bereits als Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung organisierte Agrargemeinschaft konnte geteilt werden; im Fall der Regulierung sollte jedoch kein neuer Rechtsträger eingerichtet werden, sondern lediglich eine Ergänzung der Gemeindeordnung im erforderlichen Ausmaß stattfinden. Dieser Rechtszustand galt infolge der Rechtsüberleitung der betreffenden reichs- und landesgesetzlichen Vorschriften auch in der Republik zunächst weiter. (Vgl zuletzt das Vorarlberger Teilungs- und Regulierungslandesgesetz, LGBl 1921/115 und das darauf beruhende Gesetz über die Teilung des Gemeindegutes Fußach, LGBl 1929/41)

Erst das Inkrafttreten des FlVerfGG 1932 hat das Problem der Abgrenzung der Bodenreformkompetenz des Bundes von der Gemeinderechtskompetenz der Länder bewusst werden lassen und – aus Anlass der Neuordnung des Gemeinderechtes im Jahre 1935 und später – zu einer Intervention des Bundes und einer darauf Bedacht nehmenden Anpassung der Gemeindeordnungen geführt (Kühne/Oberhofer , 298 ff). Seit dem grenzen die Gemeindeordnungen ihre Vorschriften über das Gemeindegut eindeutig von „den Vorschriften in den Angelegenheiten der Bodenreform“ ab, die „unberührt bleiben“ (Vgl etwa § 74 Tiroler Gemeindeordnung LGBl 2001/36). Allerdings stellt eine Stellungnahme des Bundeskanzleramtes vom 1. 8. 1935 zur geplanten Novelle der Tiroler Gemeindeordnung klar, dass der Bund „großen Wert darauf legt, die bisherigen materiellrechtlichen Bestimmungen über das Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen dieses agrargemeinschaftlichen Teiles des Gemeindegutes auch weiterhin in der Gemeindeordnung zu belassen“, worauf sich auch der Hinweis auf die Gemeindeordnungen in § 15 Abs 2 lit d FlVerfGG beziehe. (Stellungnahme des Bundeskanzleramtes (Inneres) „Gemeindegut und Flurverfassungsgrundsatzgesetz BGBl 256/1932“, Zl 156.486-6 vom 1. August 1935)

Es kann also nach der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern das FlVerfGG des Bundes den Begriff „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Benutzung“ autonom als Nutzungsordnung unabhängig von der Eigentumszuordnung rechtlich definieren, wenn der Bundesgesetzgeber dies für die Zwecke des Regulierungsverfahrens – in dem ja erst über die Rechtsfrage der Eigentumszuordnung (auf Grund der Erhebungen dieses Verfahrens) von der Agrarbehörde entschieden werden soll – für sinnvoll hält. In gleicher Weise kann aber der Gemeindegesetzgeber es bei seiner bisherigen Regelung belassen, dass das Gemeindegut im gemeinderechtlichen Sinn als ein besonders qualifizierter Teil des Gemeindevermögens im Eigentum der Gemeinde steht, weil auch diese Regelung zur Kompetenz „Gemeinderecht“ im Sinne des Art 115 Abs 2 und 118 Abs 2 B-VG gehört. (Siehe Art 116 Abs 2 B-VG, der von Art 118 Abs 2 B-VG rezipiert wird)

Ausgeschlossen durch die Kompetenzverteilung ist nur die Annahme des VfGH, dass Gemeindeordnung und Flurverfassungsrecht denselben Rechtsbegriff „Gemeindegut“ verwenden müssen, weil die – aus der Landeskompetenz herausgehobene – Teilkompetenz „Bodenreform“ sich auf einen konkreten Teilbereich der Regelung des Gemeindegutes, nämlich die Teilung und Regulierung der agrargemeinschaftlichen Nutzungsrechte am Gemeindegut in einem eigentumsrechtlich undifferenzierten Sinn, bezieht. Dass es dem Bodenreformrecht gerade auf diese eigentumsrechtlich undifferenzierte Ausgangssituation seines Verfahrens ankommt, zeigen die – für die Kompetenz Bodenreform ausschlaggebenden – Reformgesetze 1883, deren gesetzgeberische Zielsetzung – wie oben erläutert wurde – in der Klärung der verworrenen Eigentumsverhältnisse am Gemeindegut ihren Regelungsschwerpunkt hatten.

Der Hinweis auf die Gemeindeordnung im § 15 Abs 2 lit d FlVerfGG bezieht sich daher nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung gerade nicht auf die vermögensrechtliche Zuordnung des Gemeindegutes (als Eigentum der Gemeinde), sondern ganz eindeutig auf die „gemeinschaftliche Benutzung, die der Bestimmung der Gemeindeordnung unterliegt“. Das entspricht einerseits dem Anknüpfungspunkt „gemeinschaftliche Nutzungsordnung“ des Flurverfassungsrechts und anderseits der kompetenzrechtlichen Zuordnung der „bisherigen materiellrechtlichen Bestimmungen über das Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen des agrargemeinschaftlich genutzten Gemeindegutes“ zur Landeskompetenz „Gemeindeordnung“, die das FlVerfGG eindeutig vorausgesetzt hat.

Dass in der rechtlich undifferenzierten Begriffsbildung „Gemeindegut“ – die ja nur die Zuständigkeit der Agrarbehörden im Sinne des Kompetenztatbestandes „Bodenreform“ begründet – eine rechtliche Diskriminierung des Eigentums der Gemeinde gelegen sei, wie der VfGH im Erk Slg 9336/1982 angenommen hat, ist nach den zwingenden Vorschriften des Flurverfassungsrechts über den Ablauf des Teilungs- und Regulierungsverfahrens ausgeschlossen, weil die Agrarbehörde in jedem Fall das Eigentum an agrargemeinschaftlichen Liegenschaften festzustellen hat und erst auf Grund dieser – zivilrechtlichen – Feststellung ihre weiteren Entscheidungen der Teilung oder Regulierung treffen kann.

 

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aus:

Peter Pernthaler

Gesetzgebungskompetenz für Gemeindegut

in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber (Hg)

Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (2011)

 

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MP

Konkurrenz: Gemeinderecht-Flurverfassung

1. Gemeindegut als „komplexe Zuständigkeit“

Die kompetenzrechtliche Komplexität des Regelungsgegenstandes „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ hat historische und rechtssystematische Gründe.

Historisch war das Gemeindegut im umfassenden Sinn ursprünglich einheitlich in den Gemeindeordnungen der Länder geregelt, die in Ausführung des Reichsgemeindegesetzes RGBl 1862/18 – nach einem einheitlichen zentralen Mustergesetz – in den Jahren 1864 – 1866 erlassen wurden. Vorläufer dieser Regelungen war das „Provisorische Gemeindegesetz“, RGBl 1849/170 (§§ 74 und 75), das allerdings nur teilweise und vorübergehend wirksam wurde. In den Landes-Gemeindeordnungen wurde das Gemeindegut „in Bezug auf das Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen“ geregelt und eine allgemeine Regelungs- und Verwaltungsbefugnis der Gemeinde begründet, wobei die Aufteilung des Gemeindegutes dem Landesgesetzgeber vorbehalten blieb. Aus diesem umfassenden Regelungsbereich hat das TRRG 1883 eine sachlich klar begrenzte Verwaltungsmaterie herausgelöst, die einer besonderen Verwaltungsorganisation mit richterlichem Einschlag – den Agrarbehörden – vorbehalten sein sollte. (Pernthaler/Oberhofer, Die Agrargemeinschaft und die „agrarische Operation“, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften in Westösterreich, 429ff)

Diese schwerpunktmäßig reformatorische Verwaltungsaufgabe, die später unter dem Begriff „agrarische Operationen“ (Bodenreform) zusammengefasst wurde, ist im TRRG 1883 unter dem Doppeltitel „Teilung und Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken“ formuliert. Die Landes-Ausführungsgesetze zu diesem Rahmengesetz von 1884 – 1921 führten die neue behördliche Zuständigkeit bezüglich des Gemeindegutes die Regulierung der Verwaltung betreffend nur sehr begrenzt aus – was dem damaligen Verständnis des „Reichsrahmengesetzes“ entsprach – und beließen den Gemeindeordnungen weitgehend die bisherigen Regelungen der Verwaltungsbefugnisse hinsichtlich des Gemeindegutes.

Erst mit dem Inkrafttreten des FlVerfGG 1932 wurde die kompetenzrechtliche Problematik der neuen Bundeskompetenz „Bodenreform“ neben der weiter bestehenden Gemeinderechtskompetenz der Länder als kumulative Regelungszuständigkeiten beider Gebietskörperschaften in der Sachmaterie „Gemeindegut“ erkennbar. (Kühne/Oberhofer, Gemeindegut und Anteilsrecht der Ortsgemeinde, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften in Westösterreich, 298 ff) Diese Zuständigkeitskumulation ist seit dem Inkrafttreten der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung am 1. 10. 1925 nicht mehr historisch, sondern rechtssystematisch nach den in Betracht kommenden kompetenzrechtlichen „Gesichtspunkten“ zu differenzieren. ((Zur „Gesichtspunktetheorie“ siehe Funk, Das System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung im Lichte der Verfassungsrechtsprechung, 1980,  48 ff) Das bedeutet, dass die historischen Regelungsbefugnisse des Gemeindegesetzgebers in Angelegenheiten des Gemeindegutes nicht mehr in der sachlich umfassenden Allgemeinzuständigkeit weiter gelten, sondern im Einzelnen darauf hin zu prüfen sind, ob sie der neuen Bundeskompetenz „Bodenreform“ widersprechen, mit ihr vereinbar sind oder sogar von ihr vorausgesetzt werden. Dies soll im III. Abschnitt dieser Untersuchung auf der Grundlage der vorangehenden Klärung des Umfanges der Bundeskompetenz „Bodenreform“ untersucht werden.

2. Die Doppelzuständigkeit des Landes

Der komplexe Zuständigkeitsbereich „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ kompetenzrechtlich derart zu differenzieren, dass der historisch nach der Versteinerungstheorie begrenzte Kompetenztatbestand „Bodenreform“ des Bundes aus der umfassenden Landeskompetenz „Gemeinderecht“ herausgehoben und die Restkompetenz danach analysiert wird. Als mögliche kompetenzrechtliche Grundlagen für gesetzliche Regelungen betreffend das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung kommen außer Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG („Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen und Wiederbesiedelung“), die Zuständigkeiten der Landesgesetzgebung nach Art 15 Abs 1 B-VG (Generalklausel zugunsten der Länder) und Art 115 Abs 2 B-VG („Gemeinderecht“) in Betracht.

Gemäß Art 115 Abs 2 erster Satz B-VG hat die Landesgesetzgebung das Gemeinderecht – nach den Grundsätzen der Artikel 116 bis 120 B-VG – zu regeln. Unter „Gemeinderecht“ sind dabei vor allem die in Art 116 ff B-VG in ihren Grundsätzen festgelegten Organisationsvorschriften für die Gemeinden und Gemeindeverbände zu verstehen. Die Regelung des materiellen Gemeinderechtes, dh die „Regelung der gemäß den Artikeln 118 und 119 von den Gemeinden zu besorgenden Angelegenheiten“ richtet sich hingegen gemäß Art 115 Abs 2 zweiter Satz B-VG „nach den allgemeinen Vorschriften dieses Bundesverfassungsgesetzes“ und somit nach den Kompetenzvorschriften des Art 10 – 15 B-VG (Vgl zB Oberndorfer, Gemeinderecht und Gemeindewirklichkeit, Linz 1971, 131 ff). Regelungen betreffend die Verwaltung, Teilung oder Regulierung des Gemeindegutes in agrargemeinschaftlicher Nutzung obliegen, da es sich um die Festlegung von Aufgaben handelt, dem zuständigen Materiengesetzgeber (nach Art 115 Abs 2 zweiter Satz B-VG) und nicht dem Gemeinderechts-Organisationsgesetzgeber im Sinne des Art 115 Abs 2 erster Satz B-VG. Art 115 Abs 2 zweiter Satz B-VG schafft keinen eigenen Kompetenztatbestand, sondern verweist vielmehr auf die allgemeinen Kompetenz-Vorschriften.

Als Landeskompetenz gemäß Art 15 Abs 1 B-VG kommen für die gegenständliche Materie Vorschriften über die Vermögensverwaltung der Gemeinde (Art 116 Abs 2 B-VG: eigener Wirkungsbereich der Gemeinde), aber auch die subsidiäre Gesetzgebung im Kompetenztatbestand „Bodenreform“ in Betracht. (Art 15 Abs 6 B-VG: „Sind vom Grundsatzgesetzgeber keine Grundsätze aufgestellt, so kann die Landesgesetzgebung solche Angelegenheiten frei regeln“) Die Allgemeinzuständigkeit der Länder gemäß Art 15 Abs 1 B-VG wird durch die Grundsatzkompetenz des Bundes nur eingeschränkt, nicht aber die Gesetzgebungshoheit der Länder durch das Grundsatzgesetz begründet. Aus praktischen Erwägungen wird daher – die Abgrenzung der Landeskompetenz „Gemeinderecht“ gegenüber der Bundeskompetenz „Bodenreform“ an den beiden unterschiedlichen Typen der „regulierten“ und der „unregulierten“ Agrargemeinschaft Gemeindegut analysiert. Denn das unregulierte Gemeindegut ist schwergewichtig Gemeinderechtskompetenz, das regulierte Gemeindegut fast ausschließlich Gegenstand der Bodenreformgesetzgebung.

3. Gemeinderecht und das unregulierte Gemeindegut

Nur in wenigen Teilbereichen unter den Kompetenztatbestand „Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen und Wiederbesiedlung“ (Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG) fällt die Regelung der Verwaltung des nicht regulierten Gemeindegutes, wie sie manche Gemeindeordnungen auch noch heute enthalten (Vgl §§ 70 – 72 Tiroler Gemeindeordnung LGBl 2001/36). Solange das Gemeindegut nämlich keiner planmäßigen „Neuordnung der Besitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse“ unterworfen wird, sondern nur die bisherige Übung gewahrt und ihre Einhaltung überwacht werden soll, bleibt diese Angelegenheit im Kompetenzbereich des Landes (Art 15 Abs 1 B-VG) und – was die Vollziehung betrifft – eine Aufgabe des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde (Art 118 Abs 2 B-VG). Es handelt sich dabei offenkundig um eine Regelung der Gemeindeaufgabe „Vermögensverwaltung“ (Art 116 Abs 2 B-VG) und nicht der Gemeindeorganisation, daher kommt nach den eingangs dargestellten Grundsätzen nicht die Spezialkompetenz des Art 115 Abs 2 erster Satz B-VG, sondern die Allgemeinzuständigkeit nach Art 15 Abs 1 B-VG zum Tragen (So auch: Adamovich; Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts. Zweiter Band: Materiellrechtlicher Teil (1953) 108 f). Da es sich dabei um historisch präzise abgegrenzte (öffentlichrechtliche) Ausnahmen aus dem Bereich des Zivilrechts handelt, scheidet auch nach der sehr extensiven Auslegung des Verfassungsgerichtshofes eine Subsumption unter die Bundeskompetenz „Zivilrechtswesen“ eindeutig aus. (Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG; VfSlg 9580/1982; Pernthaler, Zivilrechtswesen und Landeskompetenzen, Wien 1987, 36 ff)

Der Bodenreformgesetzgeber knüpft demgegenüber an das historisch überlieferte und hinsichtlich der Nutzung und Verwaltung bereits durch die Gemeindeordnungen geregelte Gemeindegut an und trifft Regelungen für eine planmäßige Neuordnung der Bodenbesitz-, Benützungs- und Wirtschaftsverhältnisse (Teilung und Regulierung des Gemeindegutes). Ein – als Folge überkommener Flurverfassung oder durch andere Eingriffe in die Figurierung und Nutzung von Grundstücken – geschichtlich gewordener Zustand wird im Hinblick auf die künftige Nutzung und Bewirtschaftung negativ bewertet und daher „planmäßig“, entsprechend den neuen Anschauungen und Bedürfnissen verbessert.

Solange die Agrarbehörde aber keine Neuordnung der Verhältnisse schafft, ist das Gemeindegut nach den Bestimmungen der Gemeindeordnungen von der Gemeinde zu verwalten (Vgl zB §§ 70 – 74 Tir Gemeindeordnung 2001, LGBl 36 und die Erläuterungen in: 2 der Beilagen zu den Sten Prot des Tiroler Landtages, IX. GP. 24. Tagung). Der Landesgesetzgeber darf aber nicht nur Bestimmungen über die Verwaltung des Gemeindegutes treffen, sondern ist darüber hinaus nach Art 15 Abs 1 B-VG auch zuständig, Regelungen über die Verwaltung der nach einer erfolgten Teilung des Gemeindegutes der Gemeinde zugesprochenen Grundstücke (ehemals Gemeindegut, nunmehr Gemeindevermögen) bzw über die nach einer Regulierung des Gemeindegutes der Gemeinde zustehenden Nutzungsrechte zu treffen. (Vgl zB die Bestimmungen der §§ 70 ff Vbg Gemeindegesetz betreffend die Vermögensverwaltung der Gemeinde)

Unter die Kompetenz „Bodenreform“ fallen beim nicht regulierten Gemeindegut lediglich die Kompetenzen der Agrarbehörde zur Feststellung der Qualität „agrargemeinschaftliches Grundstück und die allgemeinen Befugnisse der Agrarbehörden zur Einleitung bodenreformatorischer Verfahren bei agrargemeinschaftlichen Grundstücken.

4. Gemeinderechtskompetenz am regulierten Gemeindegut

Das regulierte Gemeindegut unterliegt – bereits ab Einleitung des Regulierungsverfahrens – dem Kompetenztatbestand „Bodenreform“. Nach der verfassungsrechtlichen Konstruktion der Kompetenztype „Grundsatzgesetzgebung“ kann allerdings der Landesgesetzgeber auch im Rahmen dieses Kompetenztatbestandes alles regeln, was im Grundsatzgesetz (FlVerfGG) nicht geregelt ist und dessen Regelungen nicht widerspricht.

Nachdem aber der Grundsatzgesetzgeber vorausgesetzt hat, dass die Gemeindeordnungen im Rahmen ihrer Kompetenz „Bestimmungen über die gemeinschaftliche Benutzung“ des Gemeindegutes treffen können (§ 15 Abs 2 lit d FlVerfGG), widersprechen materiellrechtliche und organisatorische Bestimmungen der Gemeindeordnung über das Recht und den Umfang der Nutzungen am Gemeindegut, die Verwaltung und Aufsicht über diese Nutzungen solange nicht dem Flurverfassungsrecht, als nicht die Agrarbehörde im Rahmen des Regulierungsverfahrens abweichende Regelungen trifft. Da das Flurverfassungsrecht keine Bestimmungen über die Aufhebung („Ablösung“) von agrargemeinschaftlichen Nutzungsrechten kennt sind auch derartige Regelungen in den Gemeindeordnungen kompetenzmäßig Landessache gemäß Art 15 Abs 6 B-VG, obwohl es sich um eine Materie der Bodenreform handelt.

 

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aus:

Peter Pernthaler,

Die Gesetzgebungskompetenz für Gemeindegut

in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber (Hg)

Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (2011)

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MP

Konkurrenz: Historische Entwicklung
Regelungskompetenz Gemeindegut

DIE HISTORISCHE ENTWICKLUNG DER GESETZGEBUNGSKOMPETENZ ZUR REGELUNG DES GEMEINSCHAFTLICHEN GEMEINDEGUTS

1. Die Zeit des Absolutismus und Neoabsolutismus

 2. Die Dezemberverfassung 1867

 3. Kompetenzverteilung und Bodenreformgesetze

 4. Das Inkrafttreten der Bundesverfassung

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1. Die Zeit des Absolutismus und Neoabsolutismus

Die österreichische Monarchie – auf die viele noch heute gültigen Rechtsbegriffe und Rechtsprobleme des Agrarrechts zurückgehen – war seit der „pragmatischen Sanktion“ (1713) bis zu ihrem Untergang eine Realunion von Herrschaften und Ländern, denen neben der Zentralgewalt des Reiches eigene Funktionen zukamen (Bernatzik, Die österreichischen Verfassungsgesetze (1906) 1). Daher erscheint es sinnvoll, auch schon vor der konstitutionellen Monarchie von einer „präföderalistischen Kompetenzverteilung“ auszugehen, deren Grundzüge und Kategorien für alle späteren Kompetenzordnungen – bis hin zum Bundesstaat – maßgebend blieben.

a) Der Dualismus von ABGB und „Landesverfassung“

Schon in der Urfassung von 1811 verwies § 288 in der Legaldefinition des Gemeindegutes auf die Gebrauchsregelung der „Landesverfassung“ und die zivilrechtliche Anwendungsregel des § 290 ABGB verweist bezüglich der Verwaltung und den Gebrauch auf die „besonderen Vorschriften“ des Staatsrechts und der politischen Verordnungen. Damit nimmt die Kompetenzverteilung der absoluten Monarchie den noch heute gültigen Dualismus von Zivilrecht (heute umfassende Bundeskompetenz gemäß Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG) und Gemeindeordnung (heute Restkompetenz der Länder gemäß Art 15 Abs 1 und 9 B-VG) vorweg –  einen Dualismus, der alle weiteren Epochen der Kompetenzordnung in Österreich prägen wird.

Wer Gemeindegut ohne die zivilrechtlichen Regeln „über die Art, wie Sachen rechtmäßig erworben, erhalten und auf andere übertragen werden können“ (§ 290 ABGB) als Eigentum der Gemeinde feststellen will, verstößt daher seit 1811 und noch heute auch gegen die Kompetenzverteilung, welche diese Regeln dem allgemein gültigen Privatrecht vorbehalten hat. Solches versuchen jedoch der VfGH und der VwGH auf Grund einer generellen Gesetzesvorschrift der Gemeindeordnung (vgl VfSlg 9336/1982, III, 1 der Entscheidungsgründe und seither die ständige Rechtsprechung des VfGH und VwGH). Diese Versuche sind schlicht gesetzesfremd!

b) Die Kompetenzverteilung des Februarpatentes 1861

Das „Kaiserliche Patent vom 26. Februar 1861“, RGBl Nr 20, war ein hochkomplexes Gesetzeswerk, das in 46 Beilagen die gesetzgebenden Körperschaften des Reiches und der Länder und ihre wechselseitige Kompetenzverteilung sowie die Wahlvorschriften für diese Vertretungskörper mit der Kraft von „Staatsgrundgesetzen“ regelte.

Anders als in den späteren Kompetenzverteilungen ging das Grundgesetz über die Reichsvertretung von einer Allgemeinzuständigkeit des Reichsrates aus. (§ 11: „Zu diesem engeren Reichsrat gehören demnach alle Gegenstände der Gesetzgebung, welche nicht ausdrücklich durch die Landesordnungen den einzelnen im engeren Reichsrat vertretenen Landtagen vorbehalten sind.“ Der „engere Reichsrat“ umfasste damals alle Königreiche und Länder mit Ausnahme der Länder der ungarischen Krone.)

Die Kompetenzen der Länder waren für alle Länder gleich in § 18 der Landesordnungen geregelt. Nur in Tirol und Vorarlberg kam als besondere Landeskompetenz dazu: „Die Mitwirkung bei der Regelung des Landesverteidigungs- und Schießstandswesens“. Da die Landesordnungen des Februarpatents bis zum Untergang der Monarchie weiter in Geltung blieben, waren die hier taxativ aufgezählten Landeskompetenzen auch für die Auslegung der späteren Allgemeinzuständigkeit der Länder maßgebend.

Zu den für das Gemeindegut wichtigsten Landeskompetenzen – die auch noch die „Reichsrahmengesetzgebung“ der Bodenreform von 1883 beeinflussten – gehören: „die Anordnungen in betreff der Landeskultur“ und die „näheren Anordnungen inner der Grenzen der allgemeinen Gesetze in betreff der Gemeindeangelegenheiten“. (§ 18 I.1. der Landesordnungen)

Auf dieser Grundlage wurde das (Reichs-)Grundsatzgesetz zur Regelung des Gemeindewesens, RGBl 1862/18, und die späteren Landes-Gemeindeordnungen (1863-1866) erlassen. Ausdrücklich auf die (Reichs- und Landes-)Gemeindegesetzgebung als Grundlage der Kompetenz der Landtage (als Verwaltungskörper) verwies § 23 der Landesordnungen.

c) Die Rezeption der „bisher gültigen Übung“

Als eine untergesetzliche Kompetenzverteilung ist die in § 63 der (Landes‑)Gemeindeordnungen angeordnete Rezeption der „bisher gültigen Übung“ und die damit zusammenhängenden „speziellen Rechtstitel“ zu bezeichnen. Durch diese – dem § 10 ABGB entsprechende – Anordnung verleiht die Gemeindeordnung den jeweiligen „Gewohnheiten“ und ihren Rechtstiteln „in Bezug auf das Recht und das Maß der Teilnahme an den Nutzungen des Gemeindegutes“ verbindliche Wirkung gegenüber der Gemeindeverwaltung, die in diesem Umfang von der eigenen Normierung von Nutzungsordnung ausgeschlossen ist, wie sie in § 63 Abs 2 und 3 der Gemeindeordnungen vorgesehen sind.

Diese bis ins geltende Flurverfassungsrecht weitergeführte Rechtstechnik (vgl § 33 Abs 1 und Abs 3 TFlG 1996) verleiht der „gültigen Übung“ und den sie begründenden Rechtstiteln die Kraft gesetzlicher Normen, während das zuständige Gesetz insofern als Normsetzer zurücktritt. Damit ist mit der Institution der historischen Agrargemeinschaft auch die ihr entsprechende Rechtstechnik der Nutzungsregelung bis zur Neuordnung durch die „agrarische Operation“ in die moderne legalistische Rechtsordnung übernommen.

2. Die Dezemberverfassung 1867

Durch die sechs Staatsgrundgesetze vom 22.12.1867 wurde – nach dem Ausgleich mit Ungarn – in der „österreichischen Reichshälfte“die konstitutionelle Monarchie eingeführt und gleichzeitig die Dezentralisation in den Ländern präföderalistisch neu geordnet. Die durch das Februarpatent 1861 erlassenen Landesordnungen blieben zwar in Geltung, die Kompetenzverteilung wurde aber auf die noch heute geltende Allgemeinzuständigkeit der Länder umgestellt.  Damit war der Reichsrat zuständig in allen Angelegenheiten, die ihm die Verfassung zugewiesen hat; die Länder in allen anderen Angelegenheiten. Die „österreichische Reichshälfte“ hatte rechtlich keinen eigenen Namen, sondern musste als „die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder“ bezeichnet werden.

a) Die aufgezählten Reichskompetenzen der Gesetzgebung

Entsprechend der noch heute geltenden (bundesstaatlichen) Kompetenzverteilung baute die neue Systematik der Zuständigkeitsordnung auf einem umfassenden Katalog von Reichskompetenzen der Gesetzgebung auf (§ 11 des Gesetzes über die Reichsvertretung, RGBl 1867/141), der zunächst auch in der Republik weiter galt (bis 1925), später lückenlos in die Bundeskompetenz übernommen und in der Folge ständig erweitert wurde. Anders als in den Landesordnungen (§ 18 II.) war in dieser Aufzählung der Reichsgesetzgebung die Rechtsfigur der Grundsatz(Rahmen)gesetzgebung außerordentlich begrenzt (§ 11 lit l: „die Gesetzgebung über die Grundzüge der Organisation der Verwaltungsbehörden“), sodass sie 1883 für die Bodenreform – außerhalb der verfassungsmäßigen Kompetenzverteilung – einfachgesetzlich neu geschaffen werden musste. Wie bisher galt der verfassungsmäßige Dualismus von Zivilrecht (Reichskompetenz gemäß § 11 lit k des Ges über die Reichsvertretung)und Gemeinderecht, das in der Ausführungsgesetzgebung Landessache blieb (§ 18 II. der Landesordnungen; Reichszuständigkeit wurde allerdings die Gesetzgebung über das Heimatrecht; § 11 lit g)

b) Die Allgemeinzuständigkeit der Landesgesetzgebung

Wie die geltende Bundesverfassung ordnete die Dezemberverfassung – anders als das Februarpatent 1861 – eine Allgemeinzuständigkeit der Landesgesetzgebung an, die legistisch als „Restkompetenz“ formuliert ist. (§ 12 des Gesetzes über die Reichsvertretung: „Alle übrigen Gegenstände der Gesetzgebung, welche in diesem Gesetze dem Reichsrat nicht ausdrücklich vorbehalten sind, gehören in den Wirkungskreis der Landtage.“) Für die Behandlung des Gemeindegutes blieben daher die Kompetenzen der Länder im Bereich der Landeskultur und der Gemeindeangelegenheit auf Grund der Landesordnungen aufrecht.

c) Die subsidiäre Generalklausel der Reichsratsmompetenz

Neben den aufgezählten Angelegenheiten enthielt § 11 des Gesetzes über die Reichsvertretung eine Allgemeinzuständigkeit des Reichsrates, der in einem legistisch unklaren Verhältnis zu den aufgezählten Kompetenzen stand. (Die Allgemeinzuständigkeit war wie folgt formuliert: „Der Wirkungskreis des Reichsrates umfasst alle Angelegenheiten, welche sich auf Rechte, Pflichten und Interessen beziehen, die allen im Reichsrat vertretenen Königreichen und Ländern gemeinschaftlich sind“. Mit der Enumeration war diese Generalklausel durch den Satz verbunden: „Es gehören daher zum Wirkungskreise des Reichsrates: …“) Die zeitgenössische Lehre beurteilte die Generalklausel der Reichskompetenzen als „sehr starke“ Relativierung der Allgemeinzuständigkeit der Länder. (Bernatzik, Die österreichischen Verfassungsgesetze (1906) 362) Offenbar auf diese Allgemeinzuständigkeit stützte sich auch die Erfindung der „Reichsrahmengesetzgebung“ 1883 für die agrarischen Operationen.

d) Die kaiserliche Sanktion aller Gesetzgebung

Der eigentliche Gesetzesbefehl erfolgte sowohl für die Reichsgesetze wie für die Landesgesetze durch die Sanktion des Kaisers, der auf die Zustimmung der jeweiligen verfassungsmäßigen Vertretungskörper verwies und die zuständigen (Reichs‑)Regierungsvertreter zur Übernahme der staatsrechtlichen Verantwortung gegenzeichnen ließ. (Art 10 des Staatsgrundgesetzes über die Ausübung der Regierungs- und Vollzugsgewalt, RGBl 1867/145) Alle Landesgesetze wurden nicht nur von den Mitgliedern der Reichsregierung (in Wien) gegengezeichnet, sondern auch weitgehend als Entwürfe von den zuständigen Reichsministerien ausgearbeitet und den Landtagen zur Beschlussfassung übermittelt, wobei aber in der Regel eine gründliche Vorberatung der Entwürfe in den Ausschüssen stattfand.

e) Umfassende Reichsvollziehung – „autonome Landesverwaltung“ 

Die „autonome Landesverwaltung“ hatte alle ehemaligen ständischen Befugnisse der Gerichtsbarkeit und Hoheitsverwaltung verloren und übte – durch den Landtag und den Landesausschuss – fast nur mehr Aufgaben der Vermögensverwaltung der Wirtschaftsförderung vor allem im Bereich der Landwirtschaft und der Gemeindeaufsicht aus. (§§ 20-32 der Landesordnungen des Februarpatents 1861) Auch diese „autonome Landesverwaltung“ entwickelte sich aber zu einer umfangreichen (Wohlfahrts-)Administration, die in keinerlei organisatorischer Beziehung zur „politischen Verwaltung“ des Staates stand und daher die „Doppelgeleisigkeit der Verwaltung in den Ländern“ begründete, die bis zum Ende der Monarchie ein unlösbares Problem der Verwaltungsreform blieb. (Siehe dazu die Umfrage in der ÖZÖR 1918, 3 ff; Hellbling, Geschichte des österreichischen Verfassungs- und Verwaltungsrechts (1956) 385 f; die „Doppelgeleisigkeit der Landesverwaltung“ wurde erst durch die B-VG-Novelle 1925 beseitigt) Von besonderer Bedeutung war die Doppelgeleisigkeit der Landesverwaltung für die Gemeindeaufsicht: Neben umfangreichen Aufsichtsbefugnissen des Landesausschusses und des Landtages bestanden allgemeine Aufsichtsrechte der Staatsverwaltung und ein Instanzenzug an die Staatsverwaltung im Bereich der vom Staat übertragenen Gemeindeaufgaben. (§§ 85 ff der Gemeindeordnungen, Art XVI., XVIII. des Reichsgemeindegesetzes 1862/18)

Der wichtigste Unterschied zur späteren bundesstaatlichen Kompetenzverteilung war die durchgehende straffe Zentralisierung der staatlichen Verwaltung unter dem Monarchen. (Art 2 des StGG über die Ausübung der Regierungs- und Vollzugsgewalt, RGBl 1867/145: „Der Kaiser übt die Regierungsgewalt durch verantwortliche Minister und die denselben untergeordneten Beamten und Bestellten aus.“) Gleichzeitig mit der Einführung der konstitutionellen Monarchie wurde die gesamte Reichsverwaltung nach streng hierarchischen Prinzipien neu organisiert: In jedem Land wurde die „politische Verwaltung“ unter der Leitung eines Landeschefs („Landespräsident“ oder „Landesstatthalter“) – der den Kaiser als „Landesfürst“ repräsentierte – von Landesbehörden („Statthaltereien“ oder „Landesregierungen“) und „politischen Bezirksbehörden“ (Bezirkshauptmannschaften, Kommunalämter der Städte mit eigenem Statut) geführt. (Gesetz über die Einrichtung der politischen Verwaltungsbehörden, RGBl 1868/44)

3. Kompetenzverteilung der Bodenreformgesetzgebung 1883

a) Die legistische Kompetenz-Lösung

Die auf Grund der verbreiteten rechtlichen Unsicherheiten und tatsächlichen wirtschaftlichen Unzukömmlichkeiten notwendig gewordene agrarische Bodenreform war auf Grund der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes über die Reichsvertretung von 1867 (§§ 11 und 12) von einem Gesetzgeber nicht zu regeln, weil sowohl Reichs- als auch Landeszuständigkeiten berührt wurden. Nach mehrjährigen Beratungen in beiden Häusern des Reichsrates kam es schließlich – auf Drängen einzelner Länder – zu folgender Kompromiss-Lösung: Die Reichsgesetzgebung sollte als unmittelbar wirksame Bestimmungen jene Regelungen treffen, die eindeutig in ihre Kompetenz fallen, im Übrigen sich auf die Festsetzung von Grundsätzen (Rahmenbestimmungen) beschränken, welche „die eigentlichen agrarischen Verhältnisse zu regeln der Landesgesetzgebung vorbehalten“ und das Reichsgesetz sollte nur dort in Kraft treten, wo diese landesgesetzliche Regelung erlassen wurde. (Bericht des Commassationsausschusses, 582 der Beilagen zu den Sten Prot des Abgeordnetenhauses IX. Session, 6) Mag diese „politische“ Lösung der Kompetenzfrage auch nicht der damaligen Verfassungsrechtslage entsprochen haben, so blieb sie mangels Anfechtungsmöglichkeit der Gesetze vor dem Reichsgericht ohne Sanktion und durch den kaiserlichen Gesetzesbefehl als Reichs- und Landesgesetze jedenfalls rechtswirksam und zur Grundlage der späteren Bundeskompetenz der Grundsatzgesetzgebung gemäß Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG. (Weyr, Rahmengesetze (1913) 60 ff; vgl allerdings die oben angeführte Generalklausel der Reichskompetenz nach § 11 Abs 1 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung und dazu die Hinweise in FN 15 f)

b) Kompetenzen der Reichsgesetzgebung

Die später als „Reichsrahmengesetze“ bezeichneten drei Bodenreformgesetze des Jahres 1883, RGBl 92-94, enthielten alle unmittelbar anwendbare reichsgesetzliche Bestimmungen, die allerdings entsprechend den Schlussbestimmungen der „Reichsrahmengesetze“ erst mit dem jeweiligen Ausführungs-Landesgesetz in Kraft traten. (Es handelt sich um die Reichsgesetze betreffend die Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke (dieses Gesetz regelt für alle Bereiche die neuartige Behördenorganisation), die Bereinigung des Waldlandes und die Teilung und Regulierung gemeinschaftlicher Grundstücke) Die wichtigste Reichskompetenz war dabei zweifellos die „Zivilrechtsgesetzgebung“ (§ 11 lit k des Grundgesetzes über die Reichsvertretung, RGBl 1868/141). Diese Zuständigkeit sollte nicht nur zivilrechtliche Sonderbestimmungen in den Reformgesetzen ermöglichen, sondern das neuartige Verfahren und die neuartige zivilrechtliche Behördenkompetenz und -organisation der Bodenreform abstützen. (§ 1 Abs 2 TRRG 1883: „Die Zuständigkeit dieser Behörden erstreckt sich auch auf die Verhandlung und Entscheidung aller Streitigkeit über den Besitz und das Eigentum …“) Die Sonderbehörden waren von Anfang an als gemischt-richterliche Kollegialbehörden der „eingreifenden Verwaltungsjustiz“ organisiert, welche die hoheitliche Planungs- und Ordnungsbefugnisse der „politischen Verwaltungsbehörden“ mit der zivilrechtlichen Kognitionsbefugnis der ordentlichen (Zivil‑)Gerichtsbarkeit verbinden sollten. (Zur „eingreifenden Verwaltungsjustiz“ als Alternative zur kassatorischen Kontrolle der Verwaltungsgerichtsbarkeit siehe die Hinweise bei Pernthaler, Die Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag (1977) 11 ff und 94 ff) Auf Grund ihrer Unabhängigkeit und der richterlichen Mitglieder waren die Entscheidungen der Landes- und Ministerialkommission von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 3 lit b des Gesetzes, RGBl 36/1876, ausgeschlossen. Diese Beschränkung der Verwaltungsgerichtskontrolle wurde erst durch § 8 Agrarbehördengesetznovelle 1974, BGBl 476, beseitigt)Dafür kam den Erkenntnissen dieser Behörden und den von ihnen genehmigten Vergleichen die Rechtswirkungen richterlicher Erkenntnisse bzw Vergleiche zu, die unmittelbar vollstreckbar waren. (§ 12 TRRG, RGBl 1883/94; jetzt § 14 AgrarVG 1950) In die Kompetenz der Reichsgesetzgebung fielen auch die zahlreichen Gebührenbefreiungen der Bodenreformgesetze, die Grundsatzgesetzgebung über die Verwaltungsorganisation in den Ländern, die Einrichtung der Ministerialkommission als oberste Kollegialbehörde der Bodenreform und die ausnahmsweisen Gerichtskompetenzen. (ZB in Streitigkeiten über Eigentum und Besitz gem § 7 Abs 2 des ZusammenlegungsG, RGBl 1883/92)

c) Kompetenz der Reichsrahmengesetzgebung

Von der bundesstaatlichen Kompetenz der Grundsatzgesetzgebung unterscheidet sich diese „Rahmengesetzgebung“ durch die Rechtstechnik der (weit gefassten) „Ermächtigung“ der Landesgesetzgebung, die keinerlei Verpflichtung zur Ausführung enthielt. Anders als die gegenwärtige „Ausführungsgesetzgebung“ war die Landesgesetzgebung ohne reichsgesetzliche „Grundsätze“ nicht frei, die Bodenreform nach eigenen Vorstellungen zu regeln, sondern unzuständig, weil die Reformverfahren untrennbar mit Reichskompetenzen verknüpft waren. (Vgl Art 15 Abs 6 B-VG: „Sind vom Bundesgesetzgeber keine Grundsätze aufgestellt, kann die Landesgesetzgebung solche Angelegenheiten frei regeln“) Die Ermächtigungstechnik der Rahmengesetzgebung erklärt, warum einzelne Länder die Reformgesetze zunächst überhaupt nicht ausführten (Vorarlberg überhaupt erst 1921) und alle Landesgesetze die Regulierung der Verwaltungsrechte für Gemeindegut nur sehr begrenzt der Agrarbehörde übertragen und grundsätzlich den bisherigen Rechtszustand der Gemeindeordnung aufrecht erhielten. Zum Unterschied von der „Rahmengesetzgebung“ im Verfahren der agrarischen Operationen war die Grundsatzgesetzgebung im Gemeinderecht und in der Verwaltungsorganisation der neuartigen Landesbehörden der Bodenreform schon in der Reichsverfassung, nämlich in den Landesordnungen als Beilage zum Februarpatent 1861 und im Grundgesetz über die Reichsvertretung, RGBl 1867/141, begründet. („Beeidete Localcommissäre“ und „Landescommissionen bei den politischen Landesbehörden“, vgl § 6 des Zusammenlegungsgesetzes RGBl 1883/92 im TRRG anwendbar gemäß § 1; §§ 18 Abs II.1. und 23 der Landesordnungen und § 11 lit l Ges RGBl 1867/141)

Alle drei Reformgesetze des Jahres 1883 setzten für die eigentlichen Reformverfahren der „agrarischen Operationen“ nur Regelungsgegenstände fest, die durch Landesgesetz zu normieren waren. (Zur „agrarischen Operation: Vgl dazu im Einzelnen: Pernthaler/Oberhofer, Die Agrargemeinschaften und die „agrarische Operation“, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber (Hg), Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (2012) 441 ff)

d) Kompetenz der Landesgesetzgebung 

Neben der Ausführungsgesetzgebung zur Reichsrahmengesetzgebung blieben die bisherigen Kompetenzen der Landesgesetzgebung unberührt, weil sie auf einer anderen verfassungsrechtlichen Grundlage beruhten. Daher blieb etwa die Gemeindegesetzgebung und die Landesgesetzgebung über die (agrarische) „Landeskultur“ nach wie vor zuständig zur Regelung von Agrargemeinschaften – einschließlich des Gemeindegutes – soweit die Reichsrahmengesetzgebung für diese Gemeinschaften nichts anordnete oder durch Landesgesetz ausdrücklich für unzuständig erklärt war. (So vor allem im weiten Bereich der Regulierung der Verwaltungsrechte gemeinschaftlicher Grundstücke durch die Gemeindeordnung; vgl dazu die Hinweise bei Kühne/Oberhofer, aaO 263)

Im Gegensatz zu dieser engen Rahmenformulierung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke waren die der Landesgesetzgebung „vorbehaltenen“ Regelungsgegenstände der eigentlichen agrarischen Operationen außerordentlich weit formuliert (§ 2 Abs 2 lit a bis lit i des TRRG, die etwa im Tiroler Ausführungsgesetz, LGBl 1909/61 in 139, zum Teil außerordentlich umfangreichen §§ ausgeführt wurden). Im Gegensatz zur späteren Praxis der bundesstaatlichen Grundsatzgesetzgebung überließ daher die „Reichsrahmengesetzgebung“ der Landesgesetzgebung die eigentliche legistische Formulierung des außerordentlich komplexen Reformverfahrens der agrarischen Operationen. Erklärbar ist dies auch dadurch, dass alle Ausführungsgesetze von Legisten der Reichsministerien formuliert und als Entwürfe in die Landtage eingebracht wurden, wobei die Vollziehung wiederum den Reichsbehörden zukam. Die Landesgesetzgebung entschied auch über das Inkrafttreten des Reichsgesetzes in dem betreffenden Land, während die Geltung des Grundsatzgesetzes im Bundesstaat völlig unabhängig von der Ausführungsgesetzgebung ist.

Die Länder waren zunächst zur Ausführung der „Reichsrahmengesetze“ ermächtigt, wobei das TRRG einen relativ engen Rahmen bei der Festlegung der agrarischen Gemeinschafts-Grundstücke und gemeinschaftlichen Nutzungs- und Verwaltungsrechte an solchen Grundstücken zog, die als Grundlage einer agrarischen Operation überhaupt in Betracht kommen sollten. § 1 Abs 1 TRRG enthielt bei dieser grundlegenden Bestimmung formal überhaupt keine Regelungsermächtigung des Landesgesetzgebers; diese ergab sich aber dennoch aus der Allgemeinheit der dabei im Reichsgesetz verwendeten gesetzlichen Formulierungen, die eine Konkretisierung der Gesetzesbegriffe und der Gesetzestechnik in Generalklausel und Aufzählung von Einzelfällen durch den Landesgesetzgeber zuließen. Das wichtigste Beispiel dieser landesgesetzlichen Konkretisierung ist die ausdrückliche Aufzählung des „Gemeindegutes“ als ein Fall der agrargemeinschaftlichen Grundstücke im Sinne der Generalklausel des § 1 TRRG, die sich in allen einschlägigen Landesgesetzen von 1884 bis 1921 findet. (Vgl dazu die lückenlosen Nachweise der Gesetzesbestimmungen bei Kühne/Oberhofer, aaO 257 f)Daher kann – nach der „Versteinerungstheorie“ – überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass die Teilung und Regulierung des Gemeindegutes zum Kompetenztatbestand „Bodenreform“ im Sinne des Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG gehört. (Pernthaler, Eigentum am Gemeindegut, ZfV 2010, 375 ff (377) gegen Morscher, Gemeinnutzungsrechte am Gemeindegut, ZfV 1982, 1 ff, 7)

e) Vollzugskompetenz der Reichsbehörden

Die Reformgesetze 1883 richteten zwar eine besondere Behördenorganisation zur Vollziehung der neuen Verwaltungsmaterie ein, die im Hinblick auf die zahlreichen zivilrechtlichen Bezüge der agrarischen Operationen auf Landes- und Reichsebene eine „eingreifende Verwaltungsjustiz“ vorsahen. Anders als bei der Gesetzgebung änderten die Reformgesetze aber nichts an der verfassungsmäßig vorgesehenen Allgemeinzuständigkeit der Reichsbehörden. (Art 2 StGG über die Regierungs- und Vollzugsgewalt, RGBl 1867/145) Daher waren auch die Agrarbehörden in den Ländern („Localcommissäre“ und „Landescommissionen“) Reichsbehörden, die auch organisatorisch mit den Behörden der „politischen Verwaltung“ in den Ländern verknüpft waren. Auch die zuvor erwähnte Sonderverwaltung der Gemeinden für Agrargemeinschaften nach den Ausführungsgesetzen der Länder galt als Reichsverwaltung unter der Aufsicht der Agrarbehörden, wenn die Agrargemeinschaft reguliert wurde.

f) Landeskompetenzen der Vollziehung 

Trotz der umfassenden Zuständigkeiten der Reichsbehörden im Bereich der Vollziehung blieben auch nach den Reformgesetzen 1883 und ihrer Ausführung durch die Landesgesetzgebung einige Bereiche der Verwaltung von Agrargemeinschaften in Landesvollziehung. Dazu gehörte vor allem der große Bereich der Gemeindeverwaltung der Agrargemeinschaften, der auch hoheitliche Befugnisse vorsah. (§ 63 der Gemeindeordnung; Adamovich, Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts, Zweiter Band (1953) 108 f.) Die Ausführungsgesetze der Länder hielten – zweifellos mit Zustimmung der Zentralverwaltung des Reiches – diesen Rechtszustand auch nach 1883 aufrecht, weil sie die Gemeindeverwaltung und die Zufriedenheit der Agrargemeinschaften mit dem Gemeinderegime nicht stören wollten. Dennoch hat die Bodenreformgesetzgebung auch den bisherigen Rechtszustand der Gemeindeverwaltung von Agrargemeinschaften verändert, weil diese nach der neuen Rechtslage jedenfalls Gegenstand agrarischer Operationen (Teilung und Regulierung, Ergänzung der Verwaltungsorganisation) werden konnten. (Siehe dazu das Beispiel der Regulierung des „Schwendauer Waldes“ bei Kühne/Oberhofer, aaO 264) Die Gemeindeaufsicht verblieb nur für nichtregulierte Agrargemeinschaften der autonomen Landesverwaltung (§ 23 der Landesordnungen), während die regulierten Agrargemeinschaften hinsichtlich der Regulierungsakte der Agrarbehörde unterstanden. Hinsichtlich dieser – regulierten – Agrargemeinschaften gab es also eine doppelte Gemeindeaufsicht, weil ja die Gemeindeverwaltung weiter bestehen blieb. Weitere Bereiche der „autonomen Landesverwaltung“ waren die Förderung der Land- und Forstwirtschaft („Landeskultur“) und die Verwaltung der aus Landesmittel dotierten Fonds und Anstalten, die diese Aufgaben besorgten.

4. Das Inkrafttreten der Bundesverfassung

a) Die Suspendierung der Kompetenzverteilung bis 1925

aa) Die verfassungsrechtlichen Grundsätze

Die Bundesverfassung 1920, „womit die Republik Österreich als Bundesstaat eingerichtet wird“, trat am 10. November 1920 in Kraft. Das war der Tag, für den der neugewählte Nationalrat einberufen wurde; vgl dazu die Kundmachung der Staatskanzlei, BGBl 1920/3, über das Inkrafttreten des B-VG. Gleichzeitig ordnete aber § 42 des gleichzeitig in Kraft tretenden Verfassungs-Übergangsgesetzes an, dass die Kompetenzverteilung der Art 10-15 B-VG vorläufig nicht in Kraft treten und statt dessen die Kompetenzverteilung der Monarchie – die ja schon in die republikanische Rechtsordnung übergeleitet wurde – weiter gelten sollte (Durch § 16 des Beschlusses über die grundlegenden Einrichtungen der Staatsgewalt vom 30. Oktober 1918, StGBl Nr 1). Dadurch wurden alle Kompetenzbestimmungen für die neue bundesstaatliche Verfassung „vorläufig“ in Kraft gesetzt. Das hatte zur Folge, dass die Vollziehung der Landesgesetze, die bisher dem Staat zukam, nunmehr „vorläufig“ dem Bund zustehen sollte und die Behörden der Reichsverwaltung in den Ländern „vorläufig“ zu Bundesbehörden wurden. (§§ 8 Abs 2 und 42 Abs 2 lit d ÜG 1920) Die vom ÜG 1920 (§ 42 Abs 2 lit c) vorgesehene Kompromiss-Lösung, dass die Vollziehung von Landesgesetzen in Landeszuständigkeiten als „mittelbare Bundesverwaltung“ (Art 102 B-VG) zu führen sei, setzte sich in der Praxis nicht durch, weil die Länder hier die Landesregierung als oberste Instanz einsetzten. (Als Landessache in der Vollziehung sollten aber nunmehr alle bisherigen Kompetenzen der „autonomen Landesverwaltung“ weiter gelten. (Kelsen/Fröhlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920, Kommentar, 1922, 323).

bb) Die Überleitung des Bodenreform- und Gemeinderechts

Wendet man diese verfassungsrechtlichen Grundsätze auf die Überleitung der Rechtsvorschriften des Bodenreform- und Gemeinderechts und ihre „vorläufige“ Einordnung in die bundesstaatliche Kompetenzverteilung an, so ergibt sich folgendes Bild: Die einfachgesetzlichen Vorschriften der Reichsrahmengesetze 1883 und ihrer landesgesetzlichen Ausführungsgesetzte werden als „Staats“- und „Landesgesetze“ schon in die republikanische Rechtsordnung 1918-1920 rezipiert. Ob die Republik in der Zeit zwischen 1918 und 1920 theoretisch als Einheitsstaat oder als Bundesstaat anzusprechen war, ist theoretisch umstritten, spielt aber praktisch keine Rolle, weil die Länder eigene Gesetzgebung und Verwaltung ausübten und diese von der Zentralgewalt anerkannt wurde. (Vgl dazu die Hinweise bei Pernthaler, Die Staatsgründungsakte der Länder (1979) 26 ff und 51 ff) Mit dem Inkrafttreten der Bundesverfassung wurden diese Rechtsvorschriften zu Bundes- und Landesgesetzen, ohne dass sich an ihrem normativen Inhalt etwas änderte; daher blieben die neuen Bundesvorschriften „Rahmenvorschriften“ im bisherigen Sinn und wurden nicht zu „Grundsatzgesetzen“ im Sinne des Art 12 B-VG. Die Vollziehung blieb „vorläufig“ Bundessache auch in den Ländern und zwar auch bei den Ausführungsgesetzen der Länder, weil es sich dabei nicht um Angelegenheiten der damaligen „autonomen Verwaltung“ der Länder handelte. Ebenso blieb die oben dargestellte Sonderkompetenz der Gemeindeverwaltung – unter Aufsicht der Agrarbehörden – in den Angelegenheiten der Verwaltung des Gemeindegutes im bisherigen Umfang aufrecht, weil sich am Rechtszustand der Ausführungsgesetzgebung – selbst im späten Vorarlberger Gesetz LGBl 1921/115 – diesbezüglich nichts änderte.

Auch die Reichs- und Landesgesetze auf dem Gebiet des Gemeinderechts aus der Monarchie wurden nach den zuvor genannten Prinzipien aus der Monarchie in die republikanische Rechtsordnung rezipiert und in Bundes- und Landesgesetze transformiert, ohne dass sich an ihrer normativen Qualität als Grundsatz- und Ausführungsvorschriften etwas änderte. (Reichsgemeindegesetz 1862/18 und Gemeindeordnungen der Länder 1863-1866) Die Vollziehung des Gemeinderechts wurde allerdings Landessache, weil diese Angelegenheit in der Monarchie zum Bereich der autonomen Verwaltung der Länder gehörte.

cc) Die Neuorganisation der Agrarbehörden

Schon vor dem Inkrafttreten der Bundesverfassung wurde die Organisation der Agrarbehörden neu geordnet. (Durch das Gesetz StGBl 1920/195; vgl dazu Adamovich, Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts, Erster Band (1954) 162) An die Stelle der „beeideten Lokalkommissäre“ traten „Agrarbezirksbehörden“, in den Ländern wurden als Senate „Agrarlandesbehörden“ und beim Bund der Senat „Agraroberbehörde“ eingerichtet. Alle diese Behörden übten „vorläufig“ Bundesverwaltung aus, sodass die – wegen der Kompetenzverteilung notwendige – Sonderbestimmung des Art 12 Abs 2 B-VG nicht zur Anwendung kommen musste. Auch die komplexe Gemeindeaufsicht über die regulierten Agrargemeinschaften, die nach der Gemeindeordnung verwaltet wurden, blieb als komplexe Bundes- und Landesaufsicht im bisherigen Umfang aufrecht.

b) Das Inkrafttreten der Kompetenzverteilung des B-VG

Die erste Bundes-Verfassungsnovelle, BGBl 1925/268, hob die Blockade der Kompetenzverteilung und die „vorläufige Bundesvollziehung“ auf Landesebene auf und setzte die mehrfach erweiterten Kompetenztatbestände des Bundes sowie die Allgemeinzuständigkeit der Länder (Art 15 Abs 1 B-VG) mit 1.10.1925 in Kraft. Dieses Datum ist für die Auslegung der Kompetenztatbestände nach der sog „Versteinerungstheorie“ wichtig, weil es für den Inhalt der betreffenden Tatbestände grundsätzlich auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des jeweiligen Kompetenzartikels ankommt. (Schäffer, Verfassungsinterpretation in Österreich (1971) 99 ff; Funk, Das System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung (1980) 69 ff; Mayer, Entwicklungstendenzen in der Rechtsprechung des VfGH, ÖJZ 1980, 337 f; Pernthaler, Kompetenzverteilung in der Krise (1989) 79 ff; VfGH-Erk Slg 4349/1963 und Folgejudikatur)

Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten der – nachhaltig zentralisierten – Kompetenzverteilung wurde auch die Organisation der Landesverwaltung reformiert: An die Stelle der bis dahin noch bestehenden „Doppelgeleisigkeit der Verwaltung in den Ländern“ wurde eine einheitliche Behördenorganisation auf Landesebene – das Amt der Landesregierung – geschaffen, dem auch besondere Verwaltungszweige und Sonderbehörden des Landes wie die Landes-Agrarbehörden organisatorisch angegliedert wurden. (ÜG 1920 idF BGBl 1925/368, § 8 Abs 1 und 5; BVG BGBl 1925/289 betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierung)

c)         Teilung, Regulierung und Verwaltung von Gemeindegut als Bodenreform

Nach Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG ist die „Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen und Wiederbesiedelung“ Bundessache hinsichtlich der Gesetzgebung über die Grundsätze und Landessache in der Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung. Was unter diesen Kompetenzbegriffen im Einzelnen zu verstehen ist, muss nach der im vorigen Punkt angeführten Auslegungsregel der „Versteinerungstheorie“ danach ermittelt werden, wie die Rechtsordnung diese Begriffe am 1.10.1925 – dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Kompetenztatbestandes – verstanden hat. Maßgebend ist daher die rechtliche Begriffsbildung in der einfachgesetzlichen Rechtslage zu diesem Zeitpunkt.

Hinsichtlich des Begriffs der „agrarischen Operationen“ (dieser Begriff steht hier im Vordergrund – auf den umfassenderen Begriff der „Bodenreform“ soll unter Pkt d) eingegangen werden) – ist nach Lehre und Rechtsprechung auf die drei „Reichsrahmengesetze“ von 1883, RGBl Nr 92 bis 94, abzustellen: Als agrarische Operationen werden vom Verfassungsgerichtshof stets „nur die in den drei sogenannten ‚Reichsrahmengesetzen‘ vom 7. Juni 1883, RGBl 92 bis 94, geregelten Aktionen der Zusammenlegung, der Bereinigung des Waldlandes von fremden Enklaven und der Teilung und Regulierung von Agrargemeinschaften verstanden“. (Vgl VfSlg 1390/1931; Zessner-Spitzenberg, Bodenreform im Sinne der Bundesverfassung, ÖVBl 1931, 93 f; Melichar, Verfassungsrechtliche Probleme des Agrarrechtes, JBl 1968, 287; Lang, Tiroler Agrarrecht I (1989) 14; Gatterbauer/Kaiser/Welan, Aspekte des österreichischen Flurverfassungsrechts (1972) 39; Morscher, ZfV 1982, 6)

Die Prüfung der Frage, ob es sich bei der Teilung und Regulierung von Gemeindegut um agrarische Operationen im Sinne des Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG handelt, ist anhand des – zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kompetenzbestimmungen (1.10.1925) geltenden – Gesetzes vom 7. Juni 1883, RGBl 94, betreffend die Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulierung der hierauf bezüglichen gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte und der zu diesem „Reichsrahmengesetz“ erlassenen Landes-Ausführungsgesetze von 1884 (Mähren) – 1921 (Vorarlberg) vorzunehmen. Nach seinem § 1 bezieht sich dieses Gesetz auf Grundstücke, bezüglich derer entweder „a) zwischen gewesenen Obrigkeiten und Gemeinden oder ehemaligen Unterthanen, sowie zwischen zwei oder mehreren Gemeinden gemeinschaftliche Besitz- und Benützungsrechte bestehen, oder b) welche von allen oder von gewissen Mitgliedern einer Gemeinde, einer oder mehrerer Gemeindeabtheilungen, Nachbarschaften oder ähnlicher agrarischer Gemeinschaften (Klassen der Bauern, Bestifteten, Singularisten udgl) kraft ihrer persönlichen oder mit einem Besitze verbunden Mitgliedschaft, oder von den Mitberechtigten an den in einzelnen Ländern bestehenden Wechsel- oder Wandelgründen gemeinschaftlich oder wechselweise benützt werden.“

Dieser seinerzeitigen Formulierung entsprechen heute § 15 Abs 1 lit a und b Flurverfassungs-Grundsatzgesetz, BGBl 1951/103 idgF und die korrespondierenden Bestimmungen der Flurverfassungs-Landesgesetze. (ZB § 33 Abs 1 und 2 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996, LGBl 74 idF 2009/7; § 31 Abs 1 lit a und b Vbg Flurverfassungsgesetz, LGBl 1979/2 idgF) Schon nach dem Wortlaut des § 1 lit b des zitierten Gesetzes aus 1883 fällt auch das sog Gemeindegut ganz offenkundig unter diese Bestimmung. Die Regelungen betreffend die Teilung und Regulierung der gemeinschaftlichen Grundstücke, deren genauere Ausführung gemäß § 2 der Landesgesetzgebung vorbehalten blieb, galten daher auch für das Gemeindegut.

Die Einziehung des Gemeindegutes in die Regelungen über die Teilung und Regulierung gemeinschaftlicher Grundstücke war auch die erklärte Absicht des historischen Gesetzebers. So heißt es in den „Erläuternden Bemerkungen zu den auf Grund Allerhöchster Entschließung vom 12. Februar 1880 eingebrachten Gesetzesentwürfen hinsichtlich des Gesetzesentwurfes betreffend die grundsätzlichen Bestimmungen über die Theilung gemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulierung der bezüglichen Benützungs- und Verwaltungsverhältnisse“: „Die Bestimmungen des § 1 Z 2 (in der Endfassung lit b) des Entwurfes haben die Grundstücke zum Gegenstande, welche als Gemeindegut oder als Gemeingut jener Körperschaften oder Klassen benützt werden, die sich als Überreste der alten Agrargemeinde innerhalb der modernen politischen Gemeinde erhalten haben“. (43 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Herrenhauses, IX. Session)

Auch im „Bericht des Commassationsausschusses über die von dem hohen Herrenhause am 7. und 17. November 1881 in dritter Lesung gefaßten Beschlüsse auf Erlassung von Gesetzen: a) betreffend die Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke; b) betreffend die Bereinigung des Waldlandes von fremden Enclaven und die Arrondirung der Waldgrenzen; c) betreffend die Theilung gemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulirung der hierauf bezüglichen gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte“ wird bezüglich des letztgenannten Gesetzesentwurfes angeführt: „Die im § 1 sub b bezeichneten Grundstücke aber sind solche, welche – abgesehen von Dalmatien, woselbst durch die historischen Ereignisse und namentlich durch den Einfluß der türkischen und venetianischen Herrschaft sich ganz besondere Verhältnisse herausgebildet haben – in allen österreichischen Ländern sich als Überreste der alten Agrargemeinde innerhalb der modernen politischen Gemeinde bald unter der Bezeichnung ‚Gemeindegut‘, bald unter der Bezeichnung ‚Gemeingut‘ erhalten haben, und bei welchen die mannigfaltigsten Eigentums- und Nutzungsverhältnisse sich vorfinden“. (528 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Abgeordnetenhauses, IX. Session, 12)

In gleicher Weise lassen sich die Debattenbeiträge der verschiedenen Abgeordneten in der 268. Sitzung der IX. Session des Abgeordnetenhauses als Beleg anführen. Bezeichnenderweise ging es in der Debatte vorwiegend um die Frage der Einbeziehung des Gemeindegutes. Dieses Thema nahm die meiste Zeit der Sitzung in Anspruch. Manche Abgeordneten sahen in dem betreffenden Gesetz einen massiven Eingriff in die Autonomie der Gemeinden und die Gesetzgebungskompetenzen der Länder, wobei sie darauf hinwiesen, dass die Gemeindeordnungen der Länder bereits Regelungen über das Gemeindegut enthielten. So sagte beispielsweise der Abgeordnete v Grocholski: „Der § 1 bestimmt, welche Grundstücke den Gegenstand des Gesetzes zu bilden haben. Unter diesen Gründen sind aber unstreitig jene Gründe gemeint, welche heutzutage Eigenthum der Gemeinde sind und welche den Namen ‚Gemeindegut‘ haben – ich weiß nicht, ob ich richtig verdolmetsche, im Polnischen heißt es ‚dobro gminne‘ – also ‚Gemeindegut‘. Das sind jene Gründe, welche das Eigenthum entweder der ganzen Gemeinde oder eines Theiles der Gemeinde bilden, nachdem ja die politische Gemeinde aus Ansässigkeiten bestehen kann, welche besonderes Eigenthum haben und wo die einzelnen Mitglieder dieser Gemeinde, beziehungsweise dieses Theiles der Gemeinde das Benützungsrecht auf diese Gründe haben. Diese Gründe fallen unbestreitbar nach dem Wortlaute des § 1 unter dieses Gesetz. Nun, meine Herren, die Verwaltung dieser Gründe, die Benützung, die Theilung dieser Gründe ist aber, wenn ich nicht irre, bereits in allen durch Landesgesetze gegebenen Gemeindeordnungen normirt, besonders in Galizien. Ich kann die Paragraphe citiren, durch die sie normiert ist“. (Vgl insbesondere die Beiträge der Abgeordneten v Grocholski und Kopp sowie des Regierungsvertreters v Rinaldini, Stenographische Protokolle des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes, IX. Session, 268. Sitzung, 9214 ff; Stenographische Protokolle des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes, IX. Session, 9219)

Trotz dieser und ähnlicher Einwände wurde das Gesetz beschlossen, nicht zuletzt deshalb, weil die diesbezüglichen Bestimmungen der Gemeindeordnungen für unzulänglich gehalten wurden.

Der Regierungsvertreter Ministerialrat v Rinaldini führte dazu aus: „Der Grund, warum überhaupt dieses Gesetz auch diese Grundstücke, nebst den sogenannten Klassenvermögen, also auch das Gemeindegut einbezogen hat, ist einfach der, weil nach den Erfahrungen, welche in einer Reihe von Ländern gemacht worden sind, die sehr vagen Bestimmungen der Gemeindeordnung, welche ja bloß auf die unangefochtene Uebung hinweisen und eventuell, wo eine solche unangefochtene Uebung nicht besteht, Gemeinderathsbeschlüsse als normirend bezeichnen, nicht hinreichend sind. Schon die einfache Vorfrage, ob ein solches Grundstück ein Grundstück der Gemeinden oder ein Grundstück einer Klasse von Gemeindeangehörigen sein wird, ist ja eine ungemein schwierig zu lösende Frage, und zwar eine Frage, die nicht bloß merital schwierig zu lösen ist, sondern schon dann Schwierigkeiten bietet, wenn man einfach um die Comeptenz frägt, wenn man sicheren Aufschluß haben will, wer eigentlich competent sei, in dieser Frage zu entscheiden? Diese Unzulänglichkeit der bestehenden Normen der Gemeindeordnung und auch insbesondere, was das Gemeinschaftsvermögen betrifft, die vollständige Unzulänglichkeit der Normen des 16. Hauptstückes des bügerlichen Gesetzbuches über die Gemeinschaft des Eigenthums haben geradezu dazu gedrängt, eine solche Vorlage zu entwerfen“. (Stenographische Protokolle des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes, IX. Session, S 9221; vgl auch den Debattenbeitrag des Abgeordneten Granitsch, 9230 ff)

Nach der Erlassung des Reichsrahmengesetzes, RGBl 1883/94 durfte der Landesgesetzgeber die Fragen der Teilung und Regulierung des Gemeindegutes nur mehr „nach Maßgabe dieses Gesetzes“ (§ 2 leg cit) regeln, dh als Ausführungsgesetzgeber. Die Reichsgesetzgebung nahm die Zuständigkeit zur Rahmengesetzgebung auf diesem Gebiet mit diesem Gesetz aus 1883 einfach für sich in Anspruch.  Die Teilung und Regulierung gemeinschaftlicher Grundstücke war damit auch hinsichtlich des Gemeindegutes eine „agrarische Operation“ im Zuständigkeitsbereich der Reichsrahmengesetzgebung. (Vgl dazu die Kritik von Weyr, Rahmengesetze. Studie aus dem österreichischen Verfassungsrechte, Leipzig/Wien 1913, 60 ff; Gatterbauer/Kaiser/Welan, aaO 48)

Für die kompetenzrechtliche Zuordnung des Gemeindegutes, wie sie in dieser Untersuchung vorzunehmen ist, ist die damalige Zuständigkeit des Reichsgesetzgebers – und damit auch die Frage, ob dieses Reichsgesetz überhaupt verfassungsgemäß war – unmaßgeblich (Vgl §§ 11 und 12 des Gesetzes, wodurch das Grundgesetz über die Reichsvertretung vom 26. Februar 1861 abgeändert wird, RGBl 1867/141). Wesentlich ist im vorliegenden Zusammenhang nur, dass unter dem Kompetenzbegriff „agrarische Operationen“ im Sinne des Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG nach der Versteinerungstheorie auch die Teilung und Regulierung von Gemeindegut zu verstehen ist. Bestätigt wird dieses Ergebnis auch dadurch, dass sämtliche Landes-Ausführungsgesetze zum Reichsrahmengesetz von 1884 bis zum Jahre 1921 agrargemeinschaftliche Grundstücke des Gemeindegutes ausdrücklich der Teilung und Regulierung unterwarfen, wobei sie für die Regulierung allerdings eine Allgemeinzuständigkeit der Gemeinde festlegten. (Gesetz für die Markgrafschaft Mähren vom 13.2.1884, LGBl 31/1884 (Mähr-TRLG); Gesetz für das Herzogtum Kärnten vom 5.6.1885, LGBl 23/1885 (K-TRLG); Gesetz für das Erzherzogtum Österreich unter der Enns vom 3.6.1886, LGBl 39/1886 (NÖ-TRLG 1886); Gesetz für das Herzogtum Krain vom 26.10.1887, LGBl 2/1888 (Krain-TRLG), Gesetz für das Herzogtum Schlesien vom 28.12.1887, LGBl 13/1888 (Schles-TRLG); Gesetz für das Herzogtum Salzburg vom 11.10.1892, LGBl 32/1892 (Slbg-TRLG); Gesetz für das Herzogtum Steiermark vom 26. Mai 1909LGBl 44/1909 (St-TRLG 1909); Gesetz für die gefürstete Grafschaft vom 19. Juni 1909 LGBl 61/1909 (T-TRLG 1909); Gesetz für das Erzherzogtum Österreich ob der Enns vom 28. Juni 1909 LGBl 36/1909 (OÖ-TRLG 1909) und das Gesetz für das Land Vorarlberg vom 11. Juli 1921 LGBl 1921/115 (V-TRLG 1921)

Regelungen betreffend die Teilung und Regulierung von Gemeindegut sind daher in der Grundsatzgesetzgebung Bundessache und in der Ausführungsgesetzgebung Landessache. Da sich der Reichsgesetzgeber 1883 die Rahmengesetzgebung auf diesem Gebiete arrogiert hatte (Weyr, Rahmengesetze (1913) 60 ff; Pernthaler, Kompetenzverteilung in der Krise (1989) 31), hat das B-VG für die noch vor seinem Inkrafttreten in die republikanische Rechtsordnung übernommene Bodenreformgesetzgebung eine eigene Bundeskompetenz (Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG) und eine besondere Verfassungsgrundlage für die gleichfalls übernommene traditionelle Organisationsform der Agrarbehörden geschaffen. (Vgl die Neuordnung der Organisation der Agrarbehörden durch das Gesetz StGBl 1920/195; Art 12 Abs 2 B-VG) Auf die am 1.10.1925 in Kraft getretene – Kompetenz des Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG hat sich nicht nur die Regierungsvorlage des FlV-GG 1931 berufen (78 der Beilagen Nationalrat IV. GP., 9) sondern auch die Landesausführungsgesetze – bis zum Tiroler FlV-LG LGBl 2009/7 – bei der Regelung des Gemeindegutes in agrargemeinschaftlicher Nutzung gestützt. (Bericht und Antrag des Ausschusses für Rechts-, Gemeinde- und Raumordnungsangelegenheiten zur Regierungsvorlage der TFLG-Novelle, Zl 574/09 der Beilagen zu den Sten Prot des LT XV. GP)

d) Ablösung von Gemeindegut-Nutzungsrechten als Bodenreform

Unter der Ablösung von Nutzungsrechten am Gemeindegut sind Entschädigungen für die (zwangsweise) Aufhebung dieser Nutzungsrechte zu verstehen. Bei „echtem Gemeindegut“ – bei dem die agrargemeinschaftlichen Grundstücke im Eigentum der Gemeinde stehen – wird die Ablösung in der Gemeindeordnung geregelt. (Vgl § 73 Tiroler Gemeindeordnung, LGBl 2001/36 „Aufhebung von Nutzungsrechten“) Für das „atypische Gemeindegut“ – das im Eigentum der Agrargemeinschaft steht – sieht das TFlG idF der Novelle LGBl 2009/7 eine analog formulierte Enteignungsbestimmung des agrargemeinschaftlichen Grundstückes zugunsten der Gemeinde vor. (§ 40 Abs 3 TFlG; zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Bestimmung vgl Pernthaler, Verfassungsrechtliche Probleme der TFlG-Novelle 2010, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber (Hg), Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (2012) 435 ff) Schiff sieht in der Ablösung – wie bei der Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke – eine Form der Beseitigung der agrarischen Gemeinschaft (des Gemeindegutes). „Die Ablösung kann dort, wo die gemeinsamen öffentlich-rechtlichen Nutzungen solche Realitäten betreffen, die im Eigentum einer oder mehrerer Gemeinden stehen, an die Stelle der bloßen Teilung treten. Mit der Aufhebung der Nutzungsrechte gegen Entschädigung verwandelt sich das Gemeindegut in Gemeindevermögen.“ (Vgl Schiff, Agrarpolitik seit der Grundentlastung, Bd I, 1898, 234)

„Die Ablösung ermöglicht die Aufhebung der Gemeinschaft auch dort, wo die Teilung des Gemeindegutes aus ökonomischen Gründen nicht angebracht wäre. Dort, wo die Naturalnutzungen für die Wirtschaft der Berechtigten nicht (mehr) notwendig sind, wird deren Ablösung in Geld leicht möglich sein“. Das Reichsrahmengesetz von 1883, RGBl 94, regelte nur die Teilung und Regulierung von agrargemeinschaftlichen Grundstücken (Gemeindegut); Bestimmunen über die Ablöse von Gemeindegut-Nutzungsrechten finden sich in diesem Gesetz keine. (Vgl Schiff, Agrarpolitik, 244 und 257, der darin einen bedeutenden Mangel dieses Gesetzes erblickte)

Da aber nicht die im Versteinerungszeitpunkt vorhandenen konkreten Regelungen versteinert werden, „sondern der im Versteinerungszeitpunkt durch die jeweils geltende Rechtslage vorgezeichnete institutionelle Rahmen“, sind auch Neuregelungen zulässig, „sofern sie nur nach ihrem Inhalt systematisch dem Kompetenzgrund angehören“. So hat etwa der Verfassungsgerichtshof die Regelung des § 10 Abs 1 Sbg Einforstungsrechtegesetz, LGBl 1986/74 über die Umrechnung von seinerzeitigen Kreuzer-Beträgen in heutige Währung nicht dem Kompetenztatbestand „Geldwesen“ (Art 10 Abs 1 Z 5 B-VG), sondern – weil sie im Zusammenhang mit Einforstungsrechten steht – dem Kompetenztatbestand „Bodenreform“ (Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG) zugeordnet. (VfSlg 11.856/1988) Es ist also nicht ausgeschlossen, dass auch die Ablöse von Gemeindegut-Nutzungsrechten eine Angelegenheit der Bodenreform im Sinne des Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG darstellt. Bei der Ermittlung des „Systems“, das durch die im Versteinerungszeitpunkt bestehenden Einzelregelungen konstituiert wird, ist auf das Typische der Bodenreform abzustellen; dabei kommt auch dem Regelungszweck eine wesentliche Rolle zu.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes sind die „agrarischen Operationen und die Wiederbesiedelung“ für die Bodenreform typisch. Andere Aktionen sind nur dann als solche der Bodenreform anzusehen, „wenn sie den beiden beispielsweise angeführten Aktionen artähnlich sind, das heißt, die diese Aktionen typischerweise kennzeichnenden Merkmale aufweisen“. Die typischen Merkmale dieser Aktionen wiederum „können nur nach dem Gegenstand, nach den Motiven und nach den Mitteln der Reform verläßlich festgestellt werden. Gegenstand der Bodenreform sind nach Meinung des Verfassungsgerichtshofes Bodenbesitz‑, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse bestimmter Art, wobei entweder eine Neuordnung der Eigentumsverhältnisse (Wiederbesiedelung, Bereinigung des Waldlandes, Zusammenlegung, Gemeinschaftsteilung) oder auch nur eine Abgrenzung von Benützungs- oder Verwaltungsrechten bestimmter Art (Gemeinschaftsregulierungen) stattfindet. Das Motiv für die Einleitung solcher Aktionen sieht der Verfassungsgerichtshof darin, dass gewisse, in einem bestimmten Zeitpunkt gegebene Bodenbesitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse im Hinblick auf die Änderung der sozial- oder wirtschaftspolitischen Anschauungen oder Verhältnisse nicht mehr gerechtfertigt oder nicht mehr zweckmäßig erscheinen.

Das Mittel der Bodenreform bestehe in der planmäßigen Neuordnung oder Regulierung. Dem Beschauer solle sich nach Durchführung der Neuordnung oder Regulierung ein verändertes und in seinem Bestand gesichertes Bild in den der Reform unterzogenen Beziehungen darbieten. Es müsse sich dabei nicht unbedingt um umfassende Maßnahmen und auch nicht um Zwangsmaßnahmen handeln. Aktionen, die diese drei, die Maßnahmen der Wiederbesiedelung und der agrarischen Operationen kennzeichnenden Merkmale aufweisen, sind – wie aus der beispielgebenden Aufzählung dieser Aktionen in Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG gefolgert wird – als Maßnahmen der Bodenreform anzusehen. (Zur Abgrenzung des Kompetenztatbestandes „Bodenreform“ von sonstiger landwirtschaftlicher Wirtschaftsplanung und -lenkung siehe auch: Pernthaler, Raumordnung und Verfassung, Bd 1 (1975) 96 f)

Es sind somit nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes unter Maßnahmen der Bodenreform alle jene – nicht unter Art 10 B-VG fallenden – Aktionen auf dem Gebiet der Landeskultur zu verstehen, welche die gegebenen Bodenbesitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse den geänderten sozialen oder wirtschaftlichen Anschauungen oder Bedürfnissen entsprechend einer planmäßigen Neuordnung oder Regulierung unterziehen wollen. (Vgl VfSlg 1390/1931; wiederholt bestätigt, zB durch VfSlg 2452/1952, 3649/1959, 4027/1961, 6508/1971, 7974/1977, 9336/1982; Zessner-Spitzenberg, ÖVBl 1931, 89 ff; Melichar, JBl 1968, 286 f; Gatterbauer/Kaiser/Welan, aaO 37 ff; Schwamberger, JBl 1985, 281; Lang, Tiroler Agrarrecht I (1989) 13 f; Eichler, Dimensionen des Agrarrechts (1987) 142 f; Kühne, Agrarstruktur-Raumordnung (1975) 19 und 30 f; derselbe, Das Bodenrecht, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung des Bodens (1970) 113 f)

Regelungen über die Ablöse von Gemeindegut-Nutzungsrechten entsprechen offenkundig diesen, vom Verfassungsgerichtshof aufgestellten, Kriterien des Kompetenzbegriffes „Bodenreform“. Gleich den agrarischen Operationen haben sie die Bodenbesitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse zum Gegenstand. Das „Motiv“ (der Regelungszweck) liegt darin, dass die überkommenen Bodenbesitz-, Benützungs- oder Wirtschaftsverhältnisse angesichts geänderter sozial- und wirtschaftspolitischer Anschauungen oder Bedürfnisse den neuen Verhältnissen entsprechend geordnet werden sollen. Neben der „Verbesserung der Agrarstruktur“ – die eindeutig der Bodenreform zuzuordnen ist – soll die Aufhebung von Nutzungsrechten auch nichtagrarischen Zielsetzungen wie infrastrukturellen Vorhaben, Anlagen im öffentlichen Interesse oder Zielen der örtlichen Raumordnung dienen.

Auch diese nichtagrarischen Zielsetzungen sind aber „Bodenreform“ im oben angeführten kompetenzrechtlichen Sinn, weil dadurch das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung aufgehoben wird und die betreffenden Grundstücke anderer Verwendung zugeführt werden.

Die Ablöse von Gemeindegut-Nutzungsrechten ist daher als eine planmäßige Neuordnung der gegebenen Bodenbesitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse im Sinne der oben angeführten Verfassungsrechtsprechung anzusehen, sodass auch das dritte Merkmal erfüllt ist. Sie führt ebenso wie die Teilung des Gemeindegutes zu klaren, neuen Bodenbesitzverhältnissen: Aus „Gemeindegut“ wird „Gemeindevermögen“. Es geht hier also wie bei der Teilung des Gemeindegutes letztlich um die Beseitigung des Gemeindegutes, verbunden mit einer Neuordnung der Bodenbenützungsverhältnisse. (Vgl Schiff, Agrarpolitik, aaO 134 und 244)  Diese Konsequenz der Aufhebung agrargemeinschaftlicher Nutzungsrechte des Gemeindegutes übersieht das Erkenntnis des VwGH Slg Nr 3560 (A)/1954, das – ohne nähere kompetenzrechtliche Untersuchung – die (richtiger Weise) als Enteignungsbestimmung der Gemeindeordnung qualifizierte Maßnahme in keinem Zusammenhang „mit dem Rechtsgebiet der Bodenreform (Art 12 Abs 1 Z 3 BVG)“ sieht. Selbst wenn es im FlGG des Bundes oder in den Landesausführungsgesetzen keine vergleichbaren Regelungen gäbe, ändert dies nichts an der kompetenzrechtlichen Einordnung der angeführten Enteignungsbestimmungen der Gemeindeordnungen als „Bodenreform“. (Vgl allerdings die Bestimmungen des § 40 Abs 3 und 5 des TFLG idF LGBl 2009/7, die gleichfalls das „Erlöschen“ von agrargemeinschaftlichen Nutzungsrechten im öffentlichen Interesse vorsehen)

Hinzu kommt, dass die Ablösung von Wald- und Weidenutzungsrechten – als Mittel „zur Liquidierung der Bindungen der alten gesprengten Agrarverfassung“ und damit der planmäßigen Neuordnung – dem Bodenreformrecht im Versteinerungszeitpunkt nicht fremd war. Das Motiv für diese Regelungen bestand ua in der „Entlastung des dienenden Gutes von als überholt empfundenen wirtschaftlichen Fesseln“. (Zessner-Spitzenberg, ÖVBl 1931, 123; Vgl das kaiserliche Patent vom 5. Juli 1853, RGBl 130; dazu Lang, Teilwaldrechte in Tirol (1978) 55 ff; Junk, Die Wald- und Weidenutzungsrechte im geschichtlichen Ablauf, in: 100 Jahre Agrarische Operationen in Österreich. Der Förderungsdienst 1/1983, 26 ff)

Vorschriften über die Ablöse von Gemeindegut-Nutzungsrechten sind also nach Inhalt und Zweck den Regelungen über die Teilung und Regulierung von gemeinschaftlichen Grundstücken (Gemeindegut) ähnlich; sie bleiben daher innerhalb des durch die historische Rechtslage vorgezeichneten institutionellen Rahmens. Da sie dieses System nicht sprengen, sondern nur als eine intrasystematische Fortentwicklung der am 1. 10. 1925 in Kraft stehenden Regelungen über „agrarische Operationen“ anzusehen sind, fallen sie ebenfalls unter den Kompetenztatbestand „Bodenreform“ des Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG.

Die angeführten Regelungen der Gemeindeordnung und der TFLG-Novelle 2010 über die „Aufhebung von Nutzungsrechten“ am Gemeindegut sind daher kompetenzrechtlich als „Ausführungsgesetze“ zur Bodenreform im Sinne des Art 12 Abs 1 Z 3 in Verbindung mit Art  15 Abs 6 B-VG anzusprechen, weil das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, BGBl 103 idgF, diesbezüglich keine Regelung enthält. Von Bedeutung ist diese kompetenzrechtliche Zuordnung für die Vollziehung: Zwar handelt es sich um Landesverwaltung, ob aber der Ausschluss der Agrarbehörden von der Zuständigkeit wie die Gemeindeordnung anordnet (§ 73 Abs 3) verfassungsmäßig ist, scheint zweifelhaft, weil es sich diesbezüglich nicht um eine Angelegenheit des Art 15 Abs 1 B-VG („Gemeinderecht“ im Sinne des folgenden Punktes), sondern der „Bodenreform“ handelt und daher die Ausschlusswirkung des § 74 Gemeindeordnung anzuwenden ist. Im Besonderen ist dabei auch die Beschränkung des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde gemäß Art 118 Abs 4 letzter Satz B-VG zu beachten.

e) Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung als Kompetenz des Gemeinderechtsgesetzgebers

Bis zu den Reformgesetzen des 1883 was Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung in umfassender Weise in der Gemeindeordnung der Länder geregelt (§ 63) und galt als Vollzugsbereich der autonomen Landesverwaltung. Aus dieser umfassenden Landeskompetenz hat das TRRG eine sachlich klar begrenzte Verwaltungsmaterie herausgelöst, die einer besonderen Verwaltungsorganisation mit richterlichem Einschlag – den Agrarbehörden – vorbehalten sein sollte. Diese schwerpunktmäßig reformatorische Verwaltungsaufgabe, die später unter dem Begriff „agrarische Operationen“ (Bodenreform) zusammengefasst wurde, ist im TRGG unter dem Doppeltitel „Teilung und Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken“ formuliert. Die Landes-Ausführungsgesetze zu diesem Rahmengesetz von 1884 – 1921 führten die neue behördliche Zuständigkeit bezüglich des Gemeindegutes nur sehr begrenzt aus – was dem damaligen Verständnis des „Reichsrahmengesetzes“ entsprach – und beließen den Gemeindeordnungen weitgehend die bisherigen Regelungen der Verwaltungsbefugnisse hinsichtlich des Gemeindegutes.

Erst mit dem Inkrafttreten des FlV-GG 1932 wurde die kompetenzrechtliche Problematik der neuen Bundeskompetenz „Bodenreform“ neben der weiter bestehenden Gemeinderechtskompetenz der Länder als kumulative Regelungszuständigkeiten beider Gebietskörperschaften in der Sachmaterie „Gemeindegut“ erkennbar. Diese Zuständigkeitskumulation ist seit dem Inkrafttreten der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung am 1.10.1925 nicht mehr historisch, sondern rechtssystematisch nach den in Betracht kommenden kompetenzrechtlichen „Gesichtspunkten“ zu differenzieren. Das bedeutet, dass die historischen Regelungsbefugnisse des Gemeindegesetzgebers in Angelegenheiten des Gemeindegutes nicht mehr in der sachlich umfassenden Allgemeinzuständigkeit weiter gelten, sondern im Einzelnen darauf hin zu prüfen sind, ob sie der neuen Bundeskompetenz „Bodenreform“ widersprechen, mit ihr vereinbar sind oder sogar von ihr vorausgesetzt werden.

aa) Die Doppelzuständigkeit des Landes als Gemeinde-Organisations- und Materiengesetzgeber

Der komplexe Zuständigkeitsbereich „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ ist kompetenzrechtlich derart zu differenzieren, dass der historisch nach der Versteinerungstheorie begrenzte Kompetenztatbestand „Bodenreform“ des Bundes aus der umfassenden Landeskompetenz „Gemeinderecht“ herausgehoben und die Restkompetenz danach analysiert wird. Als mögliche kompetenzrechtliche Grundlagen für gesetzliche Regelungen betreffend das Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung kommen außer Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG („Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen und Wiederbesiedelung“), die Zuständigkeiten der Landesgesetzgebung nach Art 15 Abs 1 B-VG (Generalklausel zugunsten der Länder) und Art 115 Abs 2 B-VG („Gemeinderecht“) in Betracht.

Gemäß Art 115 Abs 2 erster Satz B-VG hat die Landesgesetzgebung das Gemeinderecht – nach den Grundsätzen der Artikel 116 bis 120 B-VG – zu regeln. Unter „Gemeinderecht“ sind dabei vor allem die in Art 116 ff B-VG in ihren Grundsätzen festgelegten Organisationsvorschriften für die Gemeinden und Gemeindeverbände zu verstehen. Die Regelung des materiellen Gemeinderechtes, dh die „Regelung der gemäß den Artikeln 118 und 119 von den Gemeinden zu besorgenden Angelegenheiten“ richtet sich hingegen gemäß Art 115 Abs 2 zweiter Satz B-VG „nach den allgemeinen Vorschriften dieses Bundesverfassungsgesetzes“ und somit nach den Kompetenzvorschriften des Art 10 – 15 B‑VG. (Vgl zB Oberndorfer, Gemeinderecht und Gemeindewirklichkeit (1971) 131 ff ) Regelungen betreffend die Verwaltung, Teilung oder Regulierung des Gemeindegutes in agrargemeinschaftlicher Nutzung obliegen, da es sich um die Festlegung von Aufgaben handelt, dem zuständigen Materiengesetzgeber (nach Art 115 Abs 2 zweiter Satz B-VG) und nicht dem Gemeinderechts-Organisationsgesetzgeber im Sinne des Art 115 Abs 2 erster Satz B-VG. Art 115 Abs 2 zweiter Satz B-VG schafft keinen eigenen Kompetenztatbestand, sondern verweist vielmehr auf die allgemeinen Kompetenz-Vorschriften.

Als Landeskompetenz gemäß Art 15 Abs 1 B-VG kommen für die gegenständliche Materie Vorschriften über die Vermögensverwaltung der Gemeinde (Art 116 Abs 2 B-VG), aber auch die subsidiäre Gesetzgebung im Kompetenztatbestand „Bodenreform“ in Betracht. (Art 15 Abs 6 B-VG: „Sind vom Grundsatzgesetzgeber keine Grundsätze aufgestellt, so kann die Landesgesetzgebung solche Angelegenheiten frei regeln“) Die Allgemeinzuständigkeit der Länder gemäß Art 15 Abs 1 B-VG wird durch die Grundsatzkompetenz des Bundes nur eingeschränkt, nicht aber die Gesetzgebungshoheit der Länder durch das Grundsatzgesetz begründet. (Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht (2004) 326.) Aus praktischen Erwägungen wird daher die Abgrenzung der Landeskompetenz „Gemeinderecht“ gegenüber der Bundeskompetenz „Bodenreform“ an den beiden unterschiedlichen Typen der „regulierten“ und der „unregulierten“ Agrargemeinschaft Gemeindegut analysiert. Denn das unregulierte Gemeindegut ist schwergewichtig Gemeinderechtskompetenz, das regulierte Gemeindegut fast ausschließlich Gegenstand der Bodenreformgesetzgebung.

bb) Zur kompetenzrechtlichen Beurteilung der Verwaltung des unregulierten Gemeindegutes

Nur in wenigen Teilbereichen unter den Kompetenztatbestand „Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen und Wiederbesiedlung“ (Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG) fällt die Regelung der Verwaltung des nicht regulierten Gemeindegutes, wie sie manche Gemeindeordnungen auch noch heute enthalten. (Vgl §§ 70 – 72 Tiroler Gemeindeordnung LGBl 2001/36) Solange das Gemeindegut nämlich keiner planmäßigen Neuordnung der Besitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse unterworfen wird, sondern nur die bisherige Übung gewahrt und ihre Einhaltung überwacht werden soll, bleibt diese Angelegenheit im Kompetenzbereich des Landes (Art 15 Abs 1 B-VG) und – was die Vollziehung betrifft – eine Aufgabe des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde (Art 118 Abs 2 B-VG). Es handelt sich dabei offenkundig um eine Regelung der Gemeindeaufgabe „Vermögensverwaltung“ (Art 116 Abs 2 B-VG) und nicht der Gemeindeorganisation, daher kommt nach den eingangs dargestellten Grundsätzen nicht die Spezialkompetenz des Art 115 Abs 2 erster Satz B-VG, sondern die Allgemeinzuständigkeit nach Art 15 Abs 1 B-VG zum Tragen. (So auch: Adamovich; Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts. Zweiter Band: Materiellrechtlicher Teil (1953) 108 f) Da es sich dabei um historisch präzise abgegrenzte (öffentlich-rechtliche) Ausnahmen aus dem Bereich des Zivilrechts handelt, scheidet auch nach der sehr extensiven Auslegung des Verfassungsgerichtshofes eine Subsumption unter die Bundeskompetenz „Zivilrechtswesen“ eindeutig aus. (Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG; VfSlg 9580/1982; Pernthaler, Zivilrechtswesen und Landeskompetenzen (1987) 36 ff)

Der Bodenreformgesetzgeber knüpft demgegenüber an das historisch überlieferte und hinsichtlich der Nutzung und Verwaltung bereits durch die Gemeindeordnungen geregelte Gemeindegut an und trifft Regelungen für eine planmäßige Neuordnung der Bodenbesitz-, Benützungs- und Wirtschaftsverhältnisse (Teilung und Regulierung des Gemeindegutes). Ein – als Folge überkommener Flurverfassung oder durch andere Eingriffe in die Figurierung und Nutzung von Grundstücken – geschichtlich gewordener Zustand wird im Hinblick auf die künftige Nutzung und Bewirtschaftung negativ bewertet und daher „planmäßig“, entsprechend den neuen Anschauungen und Bedürfnissen verbessert. Solange die Agrarbehörde aber keine Neuordnung der Verhältnisse schafft, ist das Gemeindegut nach den Bestimmungen der Gemeindeordnungen von der Gemeinde zu verwalten. (Vgl zB §§ 70 – 74 Tir Gemeindeordnung 2001, LGBl 36 und die Erläuterungen in: 2 der Beilagen zu den Sten Prot des Tiroler Landtages, IX. GP. 24. Tagung) Der Landesgesetzgeber darf aber nicht nur Bestimmungen über die Verwaltung des Gemeindegutes treffen, sondern ist darüber hinaus nach Art 15 Abs 1 B-VG auch zuständig, Regelungen über die Verwaltung der nach einer erfolgten Teilung des Gemeindegutes der Gemeinde zugesprochenen Grundstücke (ehemals Gemeindegut, nunmehr Gemeindevermögen) bzw über die nach einer Regulierung des Gemeindegutes der Gemeinde zustehenden Nutzungsrechte zu treffen. (Vgl zB die Bestimmungen der §§ 70 ff Vbg Gemeindegesetz betreffend die Vermögensverwaltung der Gemeinde) Unter die Kompetenz „Bodenreform“ fallen beim nichtregulierten Gemeindegut lediglich die Kompetenzen der Agrarbehörde zur Feststellung der Qualität „agrargemeinschaftliches Grundstück und die allgemeinen Befugnisse der Agrarbehörden zur Einleitung bodenreformatorischer Verfahren bei agrargemeinschaftlichen Grundstücken.

 cc) Gemeinderechtskompetenz am regulierten Gemeindegut

Das regulierte Gemeindegut unterliegt – bereits ab Einleitung des Regulierungsverfahrens dem Kompetenztatbestand „Bodenreform“. Nach der verfassungsrechtlichen Konstruktion der Kompetenztype „Grundsatzgesetzgebung“ kann allerdings der Landesgesetzgeber auch im Rahmen dieses Kompetenztatbestandes alles regeln, was im Grundsatzgesetz (FlVGG) nicht geregelt ist und dessen Regelungen nicht widerspricht. Nachdem aber der Grundsatzgesetzgeber selbst vorausgesetzt hat, dass die Gemeindeordnungen im Rahmen ihrer Kompetenz „Bestimmungen über die gemeinschaftliche Benutzung“ des Gemeindegutes treffen können (§ 15 Abs 2 lit d FlV-GG), widersprechen materiellrechtliche und organisatorische Bestimmungen der Gemeindeordnung über das Recht und den Umfang der Nutzungen am Gemeindegut, die Verwaltung und Aufsicht über diese Nutzungen solange nicht dem Flurverfassungsrecht, als nicht die Agrarbehörde im Rahmen des Regulierungsverfahrens abweichende Regelungen trifft. (Vgl dazu die Bestimmungen der §§ 68 – 73 einerseits und die Vorbehaltsregelung des § 74 der Tiroler Gemeindeordnung, LGBl 2001/36, andererseits) Da das Flurverfassungsrecht keine Bestimmungen über die Aufhebung („Ablösung“) von agrargemeinschaftlichen Nutzungsrechten kennt sind auch derartige Regelungen in den Gemeindeordnungen kompetenzmäßig Landessache gemäß Art 15 Abs 6 B-VG, obwohl es sich um eine Materie der Bodenreform handelt. (Vgl allerdings die (verfassungswidrige) Enteignungsbestimmung des § 40 Abs 3 TFLG idF TFLG-Novelle 2010; Pernthaler, Verfassungsrechtliche Probleme der TFLG-Novelle 2010, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (2012) 535 ff)

f) Die Kompetenzen „Bodenreform“ und „Zivilrechtswesen“

Der Kompetenztatbestand „Zivilrechtswesen“ (Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG) wird in der Rechtsprechung des VfGH außerordentlich weit – vor allem gegenüber der Allgemeinzuständigkeit der Länder – ausgelegt. (Pernthaler, Zivilrechtswesen und Landeskompetenzen (1987) 26 ff) Trotz der in Randbereichen maßgeblichen strukturellen Begriffsbildung des Zivilrechts als „Rechtsbeziehungen der Bürger unter sich“ (§ 1 ABGB) hält die Verfassungsrechtsprechung insgesamt eindeutig daran fest, dass auch der Kompetenztatbestand „Zivilrechtswesen“ nach der „Versteinerungstheorie“, dh historisch-systematisch auszulegen ist. Danach gehören zum „Zivilrechtswesen“: „… alle jene Materien, die nach der Systematik der Rechtsordnung, wie sie Zeit des Wirksamkeitsbeginnes der Kompetenzverteilung der Bundesverfassung bestanden hat, als Angelegenheiten des Zivil-, Prozeß- und Exekutionsrechtes anzusehen waren. Dieser in diesem Sinne materiell definierte Begriff des Zivilrechtswesens wird allerdings nicht, wie der Verfassungsgerichtshof ebenfalls in diesem Erkenntnis (VfSlg 2658/1954) hervorgehoben hat, durch die Summe der im Zeitpunkt des Wirksamkeitsbeginnes der Kompetenztatbestände des B-VG bestehenden Bestimmungen zivil-, prozeß- und exekutionsrechtlichen Inhalts erschöpft. Auch neue Regelungen sind ihm zuzuzählen, sofern sie nur nach ihrem inhaltlichen Gehalt systematisch dem Zivil-, Prozeß- und Exekutionsrecht angehören.

Der VfGH hat an dieser Linie der Kompetenzauslegung vom ersten maßgeblichen Erkenntnis bis heute grundsätzlich stets festgehalten. Dies war umso naheliegender, als auch in der Zivilrechtslehre selbst ein historisch bestimmter Kernbestand des bürgerlichen Rechts – trotz aller Abgrenzungsprobleme – immer unbestritten blieb. (VfSlg 558/1926; VfSlg 1712/1948; 2452/1952, 2820/1950; 5534/1967; 8989/1980; 9580/1982; 9663/1983; 9906/1983; Vgl Pisko, in: Klang (1933) I/1, 44; Bydlinski, in: Rummel (Hg) Kommentar (1983) 3 ff, 5)

Der VfGH hat die historisch-systematische Methode auch dazu benutzt, bestimmte zivilrechtliche Regelungen aus dem Begriff „Zivilrechtswesen“ (Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG) auszuklammern, weil sie ihrer historischen Bedeutung nach stets unter anderen Kompetenzbegriffen mit verstanden wurden. Die Abgrenzung der Kompetenztatbestände „Zivilrechtswesen“ und „Bodenreform“ hat also so zu erfolgen, dass zu untersuchen ist, welche besonderen zivilrechtlichen Regelungen aus dem genannten historischen Regelungskomplex des Zivil-, Prozess- und Exekutionsrechts – wiederum nach der Versteinerungstheorie – in der Sonderkompetenz „Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen“ enthalten sind. Es geht also um diese, historisch aus dem einfachgesetzlichen Normenmaterial zum Stichtag 1.10.1925 zu ermittelnden zivilrechtlichen Sonderbestimmungen der Bodenreformgesetze – als Verwaltungsrecht sui generis –und nicht um die allgemein gültigen Regelungen des Zivilrechts, die neben dem Bodenreformrecht geltend bleiben und daher unter Umständen auch von den Agrarbehörden anzuwenden sind. (Vgl VfSlg 3121/1956:“Der Bundesgesetzgeber kann Verwaltungsbehörden mit der Rechtsprechung in Zivilrechtsangelegenheiten betrauen …“ ebenso VfSlg 2794/1955)

Ausgangspunkt der Abgrenzung des „Bodenreform-Zivilrechts“ hat die – im Verfassungsrang stehende – Kompetenzfeststellung gemäß Art 138 Abs 2 B-VG im VfGH Erk Slg 1390/1931 zu sein: „Alle Aktionen auf dem Gebiet der Landeskultur, die die gegebenen Bodenbesitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse den geänderten sozialen oder wirtschaftlichen Anschauungen oder Bedürfnissen entsprechend einer planmäßigen Neuordnung oder Regulierung unterziehen wollen, sofern sie nicht unter Art 10 B-VG fallen“. Im selben Sinn: VfSlg 3649/1959; 4027/1961; 5741/1968; 6508/1971; 9120/1981; 11.856/1988; 12.280/1990 ua) Schon aus dieser Formulierung selbst – und noch viel deutlicher aus den zahlreichen Erkenntnissen des VfGH, welche diese Kompetenz erläutern und konkretisieren geht klar hervor, dass die Feststellung und Verfügung über Eigentum und zivilrechtliche Ansprüche und Rechtsverhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken kraft Verfassungsrecht zum Kernbereich der agrarbehördlichen Kognitionsbefugnisse gehören. In zahlreichen Erkenntnissen hat der VfGH daher ausdrücklich festgehalten, dass sich der Kompetenztatbestand „Bodenreform“ auch auf zivilrechtliche Fragen erstreckt und daher vom Kompetenztatbestand „Zivilrechtswesen“ abzugrenzen ist. (VfSlg 8151/1977; 11.856/1988; 12.415/1990; VwGH v 13.12.1994, 94/07/039 ua; VfSlg 2452/1952; 2820/1955; 3614/1959; 4064/1961; 5666/1968; 12.280/1990 ua)

Noch viel deutlicher wird dieses Ergebnis, wenn man den in Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG genannten Sonderfall der Bodenreform, nämlich die „agrarischen Operationen“  im Sinne der für die Auslegung der Kompetenztatbestände maßgebenden „Versteinerungstheorie“ auslegt. Da auf den „Versteinerungszeitpunkt“ 1.10.1925 (Inkrafttreten der Kompetenzverteilung) abzustellen ist, können nach der Judikatur des VfGH unter agrarische Operationen „nur die in den drei so genannten ‚Reichsrahmengesetzen‘ vom 7. Juni 1883, RGBl 92 bis 94 geregelten Aktionen der Zusammenlegung, der Bereinigung des Waldlandes von fremden Enklaven und der Teilung und Regulierung von Agrargemeinschaften verstanden werden“. (VfSlg 1390/1931; 5741/1968; 6508/1971; Melichar, Verfassungsrechtliche Probleme des Agrarrechtes, JBl 1968, 287; Gatterbauer/Kaiser/Welan, Aspekte des österreichischen Flurverfassungsrechtes 1972, 39)

Diese Reichsrahmengesetze ermächtigen aber – wie oben dargelegt wurde – die Agrarbehörden zweifellos dazu, zivilrechtliche Fragen der Eigentums- und Rechtsverhältnisse im Rahmen der ihnen übertragenen Wirkungsbereiche der Bodenreform festzustellen und planmäßig neu zu ordnen (Zivilrechtliche Kognitionsbefugnis der Agrarbehörden). Im Rahmen dieser zivilrechtlichen Kognitionsbefugnis haben die Agrarbehörden neben den besonderen Vorschriften des Bodenreformrechts aber auch die allgemeinen Vorschriften des Zivilrechts anzuwenden, soweit sie nach den dafür maßgebenden Verfahrensvorschriften an die Stelle der ordentlichen Gerichtsbarkeit treten.

Einen allgemeinen Ausschluss des materiellen Zivilrechts kennt das Bodenreformrecht gerade nicht, weil dies auch mit grundsätzlichen Zielsetzungen im Sinne der zuvor angeführten Kompetenzfeststellung unvereinbar wäre. Es ist daher an Hand der konkreten anzuwendenden Rechtsvorschriften des Bodenreformrechts zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß neben diesen Vorschriften Regelungen des allgemeinen Zivilrechts anzuwenden sind. Diese kompetenzrechtliche Auslegungsregel des Verhältnisses „Bodenreform-Zivilrechtswesen“ ist im Übrigen schon im ABGB selbst – hier noch kompetenzneutral – angelegt. (Absatz 8 des Kundmachungspatentes; Pernthaler, Zivilrechtswesen, aaO 45)

 

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Aus: Peter Pernthaler, Gemeindegut im Zusammenspiel von Gemeinderecht, Flurverfassungsrecht und Zivilrecht, unveröffentlichtes Gutachten (März 2013)

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MP