Bericht des Commassionsausschusses
582 der Beilagen zu den sten Prot des Abgeordnetenhauses, IX. Session, Seite 12folgende (Auszug)
III. Zum Entwurfe eines Gesetzes, betreffend die Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulierung der hierauf bezüglichen gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte.
Gegenstand dieser Vorlage ist die Teilung der im § 1 sub a und b bezeichneten Grundstücke, eventuell die Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte an ungeteilt verbleibenden Grundstücken dieser Art.
Für die im § 1a bezeichneten Grundstücke gelten allerdings bisher die Bestimmungen des kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1883, RGBl Nr 130, allein nachdem in Gemäßheit dieses Gesetzes die Ablösung, bzw. Regulierung nur über Provokation vorzunehmen ist, letztere aber bekanntlich in sehr vielen Fällen unterlassen wurde, so ist bis jetzt eine bedeutende Anzahl solcher Verhältnisse ungeregelt geblieben.
Die im § 1 sub b bezeichneten Grundstücke aber sind solche, welche – abgesehen von Dalmatien, wo selbst durch die historischen Ereignisse und namentlich durch den Einfluss der türkischen und venezianischen Herrschaft sich ganz besondere Verhältnisse herausgebildet haben – in allen österreichischen Ländern sich als Überreste der alten Agrargemeinde innerhalb der modernen politischen Gemeinde bald unter der Bezeichnung „Gemeindegut“, bald unter der Bezeichnung „Gemeingut“ erhalten haben, und bei welchen die mannigfaltigsten Eigentums- und Nutzungsverhältnisse sich vorfinden.
Die eigentümliche Natur dieser Verhältnisse bringt es nun mit sich, dass deren Ordnung mit sehr bedeutenden Schwierigkeiten verbunden ist, welche zu bewältigen das XVI Hauptstück des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches weder bestimmt ist noch auch vermag.
Und doch ist eine sachgemäße Normierung dieser Verhältnisse ein Postulat der eigenen wirtschaftlichen Interessen der Gemeinschaften und einer rationellen Benützung von Grund und Boden im Allgemeinen.
Es wird von gut unterrichteter Seite behauptet, dass es noch mehr als eine Million Hektar sogenannter Gemeindegutweiden und Gemeindewaldungen gibt, bei denen die Eigentums- und Nutzungsverhältnisse unklar und strittig sind und deren Verwaltung eine ungeregelte und wüste ist.
Nach einem dem Niederösterreichischen Landtage im Jahr 1878 erstatteten Berichte des Landesausschussreferenten Herrn Dr. Josef Kopp gibt es in Niederösterreich, und zwar bloß in 482 Katastral-, bzw. 340 Ortsgemeinden nicht weniger als 48.044 Joch solcher Gemeindegrundstücke im Werte von 2,429.507 fl und constatiert der Bericht in denselben das Vorhandensein unklarer und streitiger Besitz- und Benützungsverhältnisse.
Diese Verhältnisse haben jedoch nicht bloß nationalökonomische, sondern auch schwerwiegende soziale Nachteile im Gefolge, welche eine Kräftigung der Gemeinden und einen geregelten Gemeindehaushalt geradezu unmöglich machen.
Es ist oben bereits hervorgehoben worden, dass die Bestimmungen unseres Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches weder bestimmt noch auch geeignet sind, in diese Verhältnisse Ordnung zu bringen. Die bloße Hinweisung auf den § 825 ab GW und die darin aufgezählten Arten der Entstehung einer Gemeinschaft lässt nicht verkennen, dass rein privatrechtliche Normen dort nicht zur Anwendung gelangen können, wo es sich, wie in dem vorliegenden Falle, um Gemeinschaften handelt, welche nach Ursprung und Entwicklung auch vom Standpunkte des öffentlichen Rechtes zu beurteilen sind.
Die Gemeindegesetzgebung aber enthält über die hierher gehörigen Fragen so wenige und so unzureichende Bestimmungen, dass sie keinen sicheren Anhaltspunkt bieten.
In allen Gemeindeordnungen – mit Ausnahme jener für Niederösterreich – findet sich wohl die Bestimmung, dass die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigentums- und Nutzungsrechte ganzer Klassen oder einzelner Glieder der Gemeinde ungeändert zu bleiben haben; allein mit diesem Satze werden die Streitfragen überhaupt nicht gelöst, noch weniger aber wird das Verhältnis der Genossenschaft zu der Gemeinde richtig gestellt.
Die weiteren Bestimmungen der Gemeindeordnungen, das im Bezug auf die Teilnahme an den Erträgnissen und Nutzungen des Gemeindeeigentums und auf das Maß derselben sich nach der bisherigen unangefochtenen Übung zu benehmen ist, ist eben auch nicht geeignet, in die bekanntlich äußerst verworrenen Eigentums- und Nutzungsverhältnisse Klarheit und Ordnung zu bringen, noch weniger aber geeignet, eine rationelle Verwaltung und die möglichst größte Rentabilität herbeizuführen.
Gemeindehutweiden und Gemeindewaldungen sind in den meisten Gemeinden nicht bloß für die Klassen, sondern auch für die Parteien das Streitobjekt, welches, mag der Sieg dieser oder jener Partei zufallen, immer tiefer einschneidenden Eingriffen ausgesetzt wird. (Seite 12, 582 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Abgeordnetenhauses, IX. Session)
Es kann sohin nur mit Freude begrüßt werden, wenn die Regierung und das hohe Herrenhaus daran geht, dass das im § 1b bezeichnete Vermögen vor weiterer Verschwendung zu retten und die Auseinandersetzung der diesbezüglichen Verhältnisse zu ermöglichen.
Bezüglich der im § 1a bezeichneten Grundstücke ist allerdings bereits durch das kaiserliche Patent vom 5. Juli 1853, RGBl Nr 130, die Möglichkeit der Ablösung, bzw. Regulierung der sich auf die Grundstücke beziehenden Rechte gegeben, allein die Regierung glaubte, auch diese in den meisten Fällen noch ungeregelten Verhältnisse in den vorliegenden Gesetzesentwurf einbeziehen zu müssen, einerseits deshalb wie die Absätze a und b des § 1 wesentlich analoge Verhältnisse behandeln und es nicht wohlan ginge, für jeden Fall ein anderes Verfahren und andere Behörden zu schaffen, andererseits deshalb, um zu vermeiden, dass eine und dieselbe Teilungsoperation in ihrer ersten Phase als Generalteilung nach dem vorstehend bezogenen kaiserlichen Patente und in der sich unmittelbar hieran reihenden Phase der Spezialteilung nach dem vorliegenden Gesetze vorgenommen werden müsste.
In Bezug auf die Kompetenzfrage muss auch hier vor allem daran festgehalten werden, dass es sich auch bei dieser Vorlage um eine Landeskulturangelegenheit handelt und dass auch hier der Landesgesetzgebung zusteht, alles Dasjenige zu bestimmen, was ihrem Gebiete angehört.
Es bedingt aber die in Rede stehende Auseinandersetzung ziemlich weitgehende Abweichungen von den Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, welche in den Bereich der Reichsgesetzgebung fallen und in dem vorliegenden Reichsgesetze ihre Normierung und Abgrenzung erfahren haben, sodass fortan den Landtagen anheim gestellt sein wird, das gesamte weitere Materiale zu behandeln und zu beschließen.
Indem sich der Ausschuss vorbehält, die von dem hohen Herrnhause an der Regierungsvorlage gemachten Abänderungen an geeigneten Orten zu besprechen, und die Gründe für seine eigenen Beschlüsse dort vorzubringen, wo sie von den Herrnhausbeschlüssen abweichen, erlaubt er sich den Antrag zu stellen: Das hohe Abgeordnetenhaus geruhe den sub 3/3 beiliegenden Gesetzentwurf in der von dem hohen Herrnhausbeschlusse teilweise abweichenden Fassung zum Beschlusse zu erheben.
ad § 1
Nach der Fassung des hohen Herrnhauses würde die hier in Rede stehende Teilung von Gemeinschaften nur dann Platz greifen, wenn die zu teilenden Grundstücke von allen oder gewissen Mitgliedern der Gemeinde, einer oder mehrerer Gemeindeabteilungen, Nachbarschaften oder ähnlicher agrarischer Gemeinschaften – (wirklich) benützt werden, sodass sich in diesem Falle die Teilung nur auf den Kreis der wirklichen im Besitz und Genusse befindlichen Genossen beschränken würde.
Dem Ausschusse erschien diese Beschränkung nicht gerechtfertigt, derselbe ging vielmehr von der Ansicht aus, dass es sich in dem vorliegenden Gesetze nicht so sehr um die Auseinandersetzung unter den Genossen selbst, als vielmehr um die Auseinandersetzung zwischen den Genossen einerseits und den Gemeinden als solchen andererseits handelt.
Diese Anschauung entspricht vollkommen der Regierungsvorlage, deren § 3 die ausdrückliche Bestimmung enthielt, dass im Betreff der etwa bestrittenen Vorfrage, ob das Grundstück zu den in § 1 bezeichneten Kategorien gehöre, und wer daran eigentums- und nutzungsberechtigt sei, die Commassionsbehörden zuständig sind.
Aus diesen Gründen wurde die Teilung auch auf jene Personen ausgedehnt, welche die Nutzungsrechte auch nur ansprechen.
Im Schlusssatze des § 1 hat der Ausschuss die Bestimmung aufgenommen, dass die in diesem Verfahren zuständigen Behörden auch über die für die Benützung der Gemeinschaften gewährten oder beanspruchten Gegenleistungen zu entscheiden haben.
Diese Bestimmung bedarf wohl keiner ausführlichen Begründung, weil es von selbst einleuchtet, dass die allfällige Gegenleistung der Nutzungsberechtigten den Umfang und den Wert ihres Rechts beeinflussen.
Der Ausschuss hat dem § 1 noch hinzugefügt, dass es Sache der Landesgesetzgebung ist zu bestimmen, wann die Zuständigkeit der in diesem Verfahren eintretenden Behörden beginnt, und in Übereinstimmung mit der ersten Vorlage ausgesprochen, dass alle in diesem Zeitpunkt bei anderen Behörden anhängigen und noch nicht rechtskräftig entschiedenen Angelegenheiten dieser Art den in diesem Verfahren zuständigen Behörden abzutreten sind.
Dieser von dem Ausschusse beschlossene Zusatz entspricht derselben Anschauung, welche im § 8 des ersten Gesetzesentwurfes zum Ausdruck gelangte und dort begründet wurde.
ad § 2
Hier muss vor allem darauf hingewiesen werden, dass der Bericht des hohen Herrnhauses sich von der Regierungsvorlage, wenn auch nicht in der Sache selbst, unterscheidet.
Während nämlich nach der Regierungsvorlage die hier in Rede stehenden Auseinandersetzungen „nach Maßgabe der grundsätzlichen Überlegungen (dieses Gesetzes) von der Landesgesetzgebung getroffen“ werden, und „hiebei die durch diese Bestimmungen nicht berührten Vorschriften des Reichsgesetzes über die Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke zur sinngemäßen Anwendung gelangen“ sollten, hat das hohe Herrnhaus beide Gegenstände als durchaus verschieden auseinanderhalten zu müssen geglaubt, sohin den Zusammenhang beider Gesetzesvorlagen gelöst, und für die Auseinandersetzung einer Gemeinschaft in einem § 2 umfassende Bestimmgen getroffen.
Vorerst hat das hohe Herrnhaus den Grundsatz ausgesprochen, dass solche Auseinandersetzungen nach Maßgabe des uns vorliegenden Gesetzesentwurfes und der aufgrund desselben zu erlassenden landesgesetzlichen Anordnungen zu erfolgen haben, und sodann hat dasselbe in den Absätzen a bis f jene Bestimmungen insbesondere hervorgehoben, welche durch die Landesgesetzgebung zu treffen sein werden.
Der von dem hohen Abgeordnetenhaus berufene Ausschuss hat an die Absätze a bis f des § 2 lediglich nachstehende Änderungen beschlossen.
Vorerst hat derselbe den Passus „Hiebei hat die Landesgesetzgebung insbesondere zu bestimmen“ dahin geändert, dass derselbe zu lauten habe: „Hiebei bleibt es der Landesgesetzgebung vorbehalten, insbesondere zu bestimmen.“
Diesfalls war für den Ausschuss die Erwägung maßgebend, dass die Fassung des hohen Herrnhauses einen kategorischen Imperativ enthält, welcher durchaus keine Berechtigung hat, der Freiheit der Landesgesetzgebung, auch nur einzelne sub a bis f aufgezählte Bestimmungen zu treffen, präjudiziert, und die Landtage in die Notwendigkeit versetzt, sich mit Fragen zu beschäftigen, die von seinem Standpunkte aus einer Erörterung überhaupt nicht bedürfen.
Andererseits aber fand der Ausschuss die Aufzählung der von dem hohen Herrnhause den Landtagen zugewiesenen Bestimmungen unvollständig, und hat sub g bis i die Lösung weiterer Fragen den Landtagen vorbehalten.
Die Abänderungen an dem Absatze c, wie selbe von dem Ausschusse vorgeschlagen werden, finden ihre Begründung darin, dass der Landesgesetzgebung die Freiheit nicht verkümmert werden wollte, auch nur eine Art des Verfahrens, nämlich entweder nur jenes von Amts wegen oder jenes über Provokation – zuzulassen.
Die Weglassung der Worte „von Teilgenossen“ ist eine notwendige Folge der im § 1b beschlossenen Änderung, wonach auch diejenigen, welche an den Gemeinschaften Nutzungsrechte bloß ansprechen, ohne selbe wirklich auszuüben, zu den beteiligten Interessenten gehören.
Was nun die Zusatzanträge g bis i betrifft, so werden dieselben nachstehend begründet:
ad g) In diesem Absatze wird der Landesgesetzgebung vorbehalten zu bestimmen, ob das Verfahren außer den Grundstücken sich auch noch auf andere unbewegliche oder bewegliche Vermögenschaften der Gemeinschaften zu erstrecken habe. Dies findet seine Erklärung einerseits in der Tatsache, dass die letztgenannten Vermögenschaften in sehr vielen Fällen aus den Ertragsüberschüssen der der Gemeinschaft gehörigen Grundstücke entstanden sind, somit bei der Auseinandersetzung der Gemeinschaft als ein Zuwachs derselben angesehen werden müssen und andererseits in der Erwägung, dass die Auseinandersetzung nicht vollständig wäre und alle in der Gemeinde bestehenden Differenzen nicht beseitigen würde, wenn sie nur auf diese Grundstücke allein beschränkt bliebe, während gerade die hier bezogenen Vermögenschaften ganz geeignete Objekte bieten werden, um die Auseinandersetzung auch in der Hauptsache zu fördern und möglich zu machen.
ad h) Nach diesem Absatze ist die Ingerenz der Bezirks- und Landesausschüsse in diesem Verfahren in Aussicht genommen und hat die Landesgesetzgebung das Maß derselben zu bestimmen. Diese Bestimmung rechtfertigt sich damit, dass es sich vorwiegend auch um Gemeindeinteressen handelt, deren Wahrung vornehmlich den Bezirks- und Landesausschüssen obliegt. Es versteht sich übrigens von selbst, dass dieser Einfluss keineswegs so weit gehen kann, um die Tätigkeit der Teilungsbehörden zu paralysieren oder die Auseinandersetzung überhaupt in Frage zu stellen, es steht vielmehr zu erwarten, dass die autonomen Behörden und die nach diesem Gesetze organisierten Kommissionen einander wechselseitig unterstützen werden.
ad i) Nach § 1 unserer Vorlage sind die nach der Vorlage ./1 in Zusammenlegungsangelegenheiten zuständigen Behörden auch für die Teilung bzw. Regulierung der Gemeinschaften zuständig. Nachdem nun alle unsere Vorlagen, wenn sie Gesetze werden, erst mit den in den einzelnen Königreichen und Ländern zu erlassenden Landesgesetzen in Wirksamkeit zu treten haben und der Fall nicht bloß denkbar, sondern sehr wahrscheinlich ist, dass in einzelnen Ländern wohl Landesgesetze über die Auseinandersetzung von Gemeinschaften, nicht aber über die Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke zustande kommen, in einem solchen Falle also weder Zusammenlegungsbehörden bestehen würden, noch auch die Art des Verfahrens normiert wäre, so müsste auch dafür Vorsorge getroffen werden, dass für die Zwecke des uns vorliegenden Gesetzes allein die zur Durchführung derselben erforderlichen Organe bestellt werden und die Art des Verfahrens normiert werde, was eben auch Sache der Landesgesetzgebung ist und von ihr in Übereinstimmung mit den in dem ersten Entwurfe aufgestellten Grundsätzen zu beschließen ist.
Über die im Ausschusse aufgeworfene und ventilierte Frage, ob nicht in einzelnen Ländern gewisse Bestimmungen zur näheren Definierung des Begriffs „ungeteilter Grundstücke“ notwendig sein werden und ob es sich nicht etwa empfehle, eine Hinweisung auf solche Vorschriften schon im § 2 des in Rede stehenden Gesetzesentwurfes aufzunehmen, war der Ausschluss schließlich der Ansicht, dass in dieser Beziehung die von der Regierung abgegebene Erklärung genüge, wonach auch von ihrem Standpunkte die Landesgesetzgebung zu solchen besonderen Vorschriften, wo sie notwendig oder zweckmäßig sein sollten, als zuständig erkannt wird, ohne dass es einer ausdrücklichen Bestimmung in diesem Reichsgesetze bedürfe. (Seite 15)
Die Debatte der Abgeordneten
Aus den Sten. Prot. des Abgeordnetenhauses des Österreichischen Reichsrates, IX. Session, Seite 9214 folgende: Tagesordnungspunkt: Zweite Lesung des Gesetzes betreffend die Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulierung der hierauf bezüglichen gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte (582 der Beilagen)
(erster Redner) Abgeordneter Ritter von Jaworski (Auszug):
Was über das Commassationsgesetz in dieser Hinsicht von meinen engeren Parteigenossen gesagt wurde, gilt auch von dem Gesetze, betreffend die grundsätzlichen Bestimmungen über die Teilung wirtschaftlicher Grundstücke, nicht nur hinsichtlich der Meritums des Gesetzes selbst, sondern auch in der Richtung dass durch dieses Gesetz einschneidende Ingerenz auf die Autonomie der Gemeinde, auf die der Landesgesetzgebung vorbehaltenen Agenden der Gemeinde- und Kulturangelegenheiten ausgeübt wird. (Seite 9215)
Hier handelt es sich, wie gesagt, um die Ingerenz der Reichsgesetzgebung auf die Autonomie der Gemeinden, um die Ingerenz der Reichsgesetzgebung in die kulturellen Angelegenheiten der Landesgesetzgebung und das wäre schon ein hinlänglicher Grund, um gegen das Gesetz zu sein.
Denn meine Herren, dass lässt sich nicht in Abrede stellen: Hier handelt es sich um die Gemeinden, um das Gemeindevermögen, um Gemeindeinstitutionen. Ich bitte zu bedenken, meine Herren, vergleichen Sie die Gemeinde Sechshaus und eine Gemeinde im Ortlergebirge, eine Gemeinde z. B. am Gardasee und eine Gemeinde in der potonischen Steppe, und so verschiedenartige Verhältnisse werden durch ein Gesetz ohne nähere Unterscheidung geregelt.
Aber Sie werden es, meine Herren, begreiflich finden, dass wir uns diesem Gesetze gegenüber kühl verhalten müssen, gegenüber einem Gesetze, welches einerseits, wie schon gesagt, so die in die Agenden der Gemeinden und der Landtage eingreift, und welches andererseits das Ziel, dass sich die hohe Regierung bei der Einbringung desselben gesteckt hat, dass Ziel der vollständigen Ausnützung des Eigentumsrechtes vielleicht zu dem Gegenteil zur Vergeudung des Eigentumsrechtes der Gemeinden führen könnte. Ich überlasse demnach das Schicksal dieser Regierungsvorlage Ihrem Ermessen. (Seite 9216)
Abgeordneter Dr. Gorg Granitsch (Niederösterreich):
Dasjenige Kronland, welches mich in diesen Vertretungskörper gesendet hat und diejenigen Landgemeinden, welche durch mich vertreten werden, haben seit Jahren das dringende Bedürfnis nach einem Gesetze ausgesprochen, durch welches es ermöglicht wird, die Fragen der Regelung der Nutzungsrechte an den Gemeinschaftsgründen, an dem so genannten Klasseneigentume, und eventuell die Teilung dieser Gemeinschaftsgründe zu normieren. Wir die wir das Bedürfnis anerkennen und glauben, dass dieses Bedürfnis durch das Gesetz befriedigt werde, stehen aber auch auf dem Standpunkt, dass diese Fragen in zweckmäßiger Weise durch Landtagsgesetzgebung gelöst werden können.
Es ist in der Tat ein großer Unterschied in jedem einzelnen Kronlande bezüglich der in den Gemeinden obwaltenden Verhältnisse und es ist die genaue Erkenntnis derselben notwendig, um diese Fragen in zweckentsprechender Weise zu lösen.
Es werden nur alle Fragen geregelt, welche Eigentumsverhältnisse betreffen. Das Reichsgesetz hat hier nur ausschließlich jene Fragen geregelt, welche in das Gebiet der Justizgesetzgebung fallen; es hat die Teilung der Grundstücke ermöglicht, weil ja dies das Eigentum der einzelnen Gemeinschaften, der einzelnen Nutzungsberechtigten betrifft, sodass es hier wieder mit einer Expropriation und ihren Bedingungen zu tun haben; es hat die Fragen geregelt, welche den Realgläubiger betreffen, den Dritten, welcher Rechte an den Grundstücken hat, welche der Teilung unterzogen werden sollen oder bezüglich welcher eine Regelung der Nutzungsverhältnisse stattfinden soll. Wie sehr dieses Gesetz diese Grenzen innehält, zeigt eine Vergleichung seiner Paragrafen mit den Paragrafen des Commassationsgesetzes.
Sowie bei dem Commassationsgesetze, abgesehen von der Organisation der Behörden, nur Eigentumsfragen nämlich die Exproperationsfragen einer Lösung durch die Reichgesetzgebung zugeführt werden sollten, so ist dies auch hier der Fall. Dieses Gesetz schafft erste Voraussetzungen, unter welchen es der Landesgesetzgebung allein möglich ist, zu der ihr zukommenden Lösung der Landeskulturfragen in zweckentsprechender Weise zu schreiten. (Seite 9217)
Ackerbauminister Graf Julius von Falkenhayn:
Was den zweiten schon oft berührten Punkt, nämlich den Eingriff in die Landesautonomie anbelangt, so muss ich gestehen, dass § 1 der einzige Punkt in der Reihe dieser Gesetze ist, bei welchem ich zugeben müsste, dass wirklich die Gesetzgebung, welche durch die Landesordnung den Ländern vorbehalten ist, tangiert wird, indem dort die Gesetzgebung auch über jene Grundstücke eine Entscheidung trifft, deren Regelung nach den Landesordnungen und den Gemeindeordnungen der Landesgesetzgebung vorbehalten sind, nämlich über das Eigentum der Gemeinde. Ich sage, ich müsste diesen Einwand zugeben, wenn nicht auf § 1 § 2 folgen würde. In § 2 ist ja doch ganz klar ausgedrückt, dass es der Landesgesetzgebung vollständig vorbehalten bleibt, alles das zu tun oder zu lassen, was ihr beliebt, sie kann bestimmen, ob diese Grundstücke dieser Operation unterzogen, wann und unter welchen Umständen sie dieser Operation unterzogen werden sollen, wer sich in die Operation selbst hineinmengen darf, kurz sie kann eigentlich alles beschließen. Die einzige praktische Anwendung des § 1 ist die, dass auch diese Grundstücke, wenn die Landesgesetzgebung beschließt, dass sie dieser Operation unterzogen werden sollen, jene Vorteile genießen werden, welche dieses Gesetz überhaupt bietet. Das Verfahren wird vereinfacht sein dadurch, dass die für die Commassation aufgestellten Behörden das Verfahren durchführen werden, es werden Gebührenerleichterungen gewährt werden, der Staat wird die Commissionen bezahlen, kurz alle Erleichterungen, die in dem Gesetz enthalten sind, werden eintreten. (Seite 9218)
Abgeordneter Dr. Ritter von Grocholski (Galizien):
Der § 1 bestimmt, welche Grundstücke dem Gegenstand des Gesetzes zu bilden haben. Unter diesen Gründen sind aber unstreitig jene Gründe gemeint, welche heutzutage Eigentum der Gemeinde sind und welche den Namen „Gemeindegut“ haben – ich weiß nicht ob ich richtig verdolmetsche, im polnischen heißt es „dobro gminne“ – also „Gemeindegut“. Das sind jene Gründe, welche das Eigentum entweder der ganzen Gemeinde oder eines Teils der Gemeinde bilden, nachdem ja die politische Gemeinde aus Ansässigkeiten bestehen kann, welche besonderes Eigentum haben und wo die einzelnen Mitglieder dieser Gemeinde, bzw. dieses Teiles der Gemeinde das Benützungsrecht auf diese Gründe haben. Diese Gründe fallen unbestreitbar nach dem Wortlaute des § 1 unter dieses Gesetz. Nun, meine Herren, die Verwaltung dieser Gründe, die Benützung, die Teilung dieser Gründe ist aber, wenn ich nicht irre, bereits in allen durch Landesgesetze gegebenen Gemeindeordnungen normiert, besonders in Galizien. Ich kann die Paragraphe zitieren, durch die sie normiert ist. In Dalmatien ist es noch mehr der Fall. Da besteht ein eigenes Gesetz, und zwar Landesgesetz und Reichsgesetz. Sie werden daraus wohl ersehen, dass die Verwaltung, die Benützung, die Teilung dieser Gründe, wenn ein Landesgesetz darüber bereits eine Entscheidung gefällt hat, zur Landesgesetzgebung gehören. Darüber besteht kein Zweifel. Ich will hier aber von der Autonomie absehen. Ich will Ihnen praktisch die Sache darstellen. Wenn Sie dieses Gesetz beschließen, bei dem bestehen von Landesgesetzen, in denen die Normierung eine andere ist, so entsteht ja eine förmliche Kollision. Das Reichsgesetz kann ja das Landesgesetz nicht ändern. In den Gemeindeordnungen, welche durch Landesgesetze gegeben sind, heißt es in allen – wenigstens habe ich dies in der manz´schen Ausgabe gefunden, für Galizien kann ich Ihnen die Paragraphe vorweißen – dass die Art der Verwaltung der Benützung und der Teilung Gegenstandtätigkeit des Gemeinderates ist, und in der Handhabung Gegenstand des Gemeindeausschusses. Die Teilung solcher Gründe muss nach den Gemeindeordnungen von dem Gemeinderate beschlossen, und dieser Beschluss des Gemeinderates muss in sehr vielen Ländern nach der Gemeindeordnung durch ein Landesgesetz sanktioniert sein. In Galizien ist ein Beschluss des Landtages hiezu erforderlich. Also nicht eine gewisse Anzahl derer, welche das Recht der Benützung haben, kann hier entscheiden, sondern der Gemeinderat muss entscheiden.
Wenn Sie dieses Gesetz annehmen, so entsteht eine förmliche Kollision mit den gegenwärtig bestehenden Landesgesetzen nicht nur in Galizien, sondern auch in den anderen Provinzen.
Die Art der Benützung ist in der galizischen Gemeindeordnung ausdrücklich normiert. Dort heißt es: Dem Gemeinderate steht es frei, für die Benützung den einzelnen Mitgliedern eine gewisse Abgabe aufzuerlegen, so dass sie nicht umsonst auf den Gründen weiden. Es steht weiter in dem Gesetze: Die Steuern von diesen gemeinschäftlichen Gründen werden aus diesen Abgaben, welche die Einzelnen für die Benützung dieser Gründe zahlen, entrichtet. Reichen sie nicht hin, so müssen diejenigen, welche die Gründe benützen, diese Steuern verhältnismäßig ergänzen.
Das meine Herren sind lauter gesetzliche Bestimmungen, die bereits vorliegen. Und wie können Sie jetzt ein Gesetz beschließen, welches schnurstracks demselben entgegensteht? In welchem eine gewisse Mehrheit von Benützenden das Recht hat, über die Art der Benützung, über die Art der Verwaltung, und über die Teilung zu entscheiden? (Seite 9219)
Herr Regierungsvertreter Ministerialrat Ritter von Rinaldini:
Seine Excellenz der Abgeordnete Ritter von Grocholski hat ganz richtig bemerkt, dass unter die Grundstücke, welche im § 1 des vorliegenden Entwurfes aufgezählt sind, auch diejenigen fallen, welche in den Gemeindeordnungen als das Gemeindegut bezeichnet sind. Er hat daraus die Folgerung gezogen, dass sich zwischen den vorliegenden Gesetzentwurfe und den Bestimmungen der Gemeindeordnungen, bzw. also der Landesgesetzgebung eine Kollision ergibt. Ich glaube diese Auffassung ist nicht ganz richtig. Das gegenwärtige Gesetz ist sozusagen nur ein Skelett, dem erst die Landesgesetzgebung den Lebensatem einzuhauchen hat; es kann dem gemäß von einer bereits bestehenden Kollision zwischen diesem Gesetze und den Gemeindeordnungen gar keine Rede sein. Eine solche Kollision könnte erst dann entstehen, wenn die Landesgesetzgebung in Ausführung des vorliegenden Gesetzes andere Bestimmungen treffen würde, als in der Gemeindeordnung dermalen enthalten sind. Dann ist aber keine Kollision mehr da, sondern ex posterior derogat priori, dann hat eben die Landesgesetzgebung gefunden, dass Änderungen in der Gemeindeordnung in dieser Hinsicht vorzunehmen sind.“ (Seite 9221)
Der Grund, warum überhaupt dieses Gesetz auch diese Grundstücke, nebst den so genannten Klassenvermögen also auch das Gemeindegut einbezogen hat, ist einfach der, weil nach den Erfahrungen, welche in einer Reihe von Ländern gemacht worden sind, die sehr wagen Bestimmungen der Gemeindeordnung, welche ja bloß auf die unangefochtene Übung hinweisen und eventuell, wo eine solche unangefochtene Übung nicht besteht, Gemeinderatsbeschlüsse als normierend bezeichnen – nicht hinreichend sind. Schon die einfache Vorfrage, ob ein solches Grundstück ein Grundstück der Gemeinden oder ein Grundstück einer Klasse von Gemeindeangehörigen sein wird, ist ja eine ungemein schwierig zu lösende Frage, und zwar eine Frage, die nicht bloß merital schwierig zu lösen ist, sondern schon dann Schwierigkeiten bietet, wenn man einfach um die Kompetenz frägt, wenn man sicheren Aufschluss haben will, wer eigentlich kompetent sei, in dieser Frage zu entscheiden?“ (Seite 9221)
Diese Unzulänglichkeit der bestehenden Normen der Gemeindeordnung und auch insbesondere was das Gemeinschaftsvermögen betrifft, die vollständige Unzulänglichkeit der Normen des 16. Hauptstückes des bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft des Eigentums haben gerade zu gedrängt, eine solche Vorlage zu entwerfen. Eine solche Vorlage wurde begehrt von den Landtagen in Niederösterreich und Krain, wo die sehr wichtige Hutweidenverteilung bereits durch eine lange Reihe von Jahren ohne Erfolg angestrebt wird, in Kärnten, wo zahlreiche Nachbarschaftsgründe eine sehr wesentliche Rolle in der Landeskultur spielen. Schließlich wurde die Notwendigkeit einer solchen Norm auch bei der Behandlung von Bodenkulturfragen des Küstenlandes wahrgenommen. Ich erlaube mir zu bemerken, dass z. B. Kärnten nicht weniger als 380.000 Joch Weideland hat, wovon 150.000 Joch Hutweiden sich in einem solchen gemeinschaftlichen Besitze von Gemeinden, Ortschaften und Nachbarschaften befinden, ein weites Gebiet von welchem der Landtag anerkannt hat, dass, wenn es möglich wäre, aufgrund gesetzlicher Bestimmungen eine bessere Benützung und Verwaltung zu erzielen, ein weit größerer Ertrag erzielt werden könnte. (Seite 9221)
Die Wechselgründe in Krain betragen ungefähr 29.000 Joch. das sind Gründe deren wechselweiße Benützung mit bestimmten Hufen verbunden ist und welche, wie es ja ganz natürlich ist, eine niedere Kulturstufe aufweißen, die wohl bei Regelung der Verhältnisse erheblich erhöht werden könnte. (Seite 9221)
Wenn man also selbst nur auf diese wenigen Länder, die ich jetzt genannt habe, hinblickt, so ergibt sich die Notwendigkeit, irgend eine Basis zu schaffen, durch welche es den einzelnen Ländern überhaupt ermöglicht wird, unter voller Berücksichtigung der Landes- und lokalen Verhältnisse dasjenige zu Normieren, was zur Beseitigung der in Rede stehenden höchst verworrenen Verhältnissen notwenig ist.
Ich glaube, dass man bei unbefangener Betrachtung des vorliegenden Gesetzesentwurfes, den ich schon früher als Skelett zu bezeichnen mir erlaubt habe, wohl zugestehen muss, dass den Landtagen ein weiter Spielraum freigelassen ist, um alles dasjenige bezüglich des Gemeindegutes und des Klasseneigentums zu verfügen, was sich bei Berücksichtigung der speziellen Verhältnisse als wünschenswert herausstellen sollte. Gerade die Enumeration in § 2 zeigt doch vollständig und zur Genüge, dass bei einer solchen Berücksichtigung dem Landtage keine Schranke gesetzt ist, dass im Gegenteil mit größter Sorgfalt vorgesorgt worden ist, damit ihm die Kompetenz, wo sie etwa zweifelhaft wäre, von Vornherein gesichert sei. (Seite 9222)
Ich erlaube mir endlich zu bemerken, dass einige Punkte in § 2 gerade zu Ausnahmen von den Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches enthalten, so von § 830 wonach jeder Teilnehmer die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen kann, von dem selben Paragraph, wonach das Verlangen der Teilung zur Unzeit ausgeschlossen ist, von dem selben Paragraph, insofern hier eine Teilung von Amtswegen oder über Begehren einer Mehrheit zugelassen wird; von § 841, wonach wenn nicht alle Teilhaber über die Teilung einig werden das Los der Schietsrichter und schließlich der ordentliche Richter zu entscheiden hätte; von § 883, wo andere Bestimmungen über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums getroffen sind, als sie hier zugelassen werden; von § 834, wo Bestimmungen über wichtige Veränderungen in der Substanz des Gutes, dann hinsichtlich der Sicherstellung etc. getroffen sind, und zwar verschieden von jenen, die sich aus diesem Gesetz ergeben; endlich enthält § 2 eine Ausnahme von § 835 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, in dem nach letzterem im Falle des Austrittes zur Unzeit die Entscheidung über die Veränderung durch das Los, den Schietsrichter oder den ordentlichen Richter zu geschehen hätte.
In allen diesen Punkten gibt der § 2 den Landtagen die Möglichkeit, andere Bestimmungen zu treffen, als sie in dem allgemeinen bürgerlichem Gesetzbuche, 16. Hauptstück, enthalten sind, und es ist deshalb notwendig, weil man es hier, wie ich schon gesagt habe, mit Grundstücken des Gemeindegutes oder Gemeindevermögens, auf welche die rein privatrechtlichen Bestimmungen keine Anwendung finden, und weil man es ferner mit dem Klassenvermögen zu tun hat, hinsichtlich dessen es streitig sein mag, ob das 16. Hauptstück des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung findet oder nicht, bezüglich dessen es aber außer Zweifel steht, dass die Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches nicht ausreichen.
Ich glaube somit, dass dieses Gesetz der ergänzenden Landesgesetzgebung einen sehr weiten Spielraum freilässt, und zwar nach meiner Ansicht einen solchen Spielraum, innerhalb auch den besonderen Verhältnissen, welche von den Herren aus Galizien angedeutet worden sind, wird vollkommen Rechnung getragen werden können. (Seite 9222)
Abgeordneter Dr. Josef Kopp (Niederösterreich):
Ich kann den Herren versichern, dass im Lande Niederösterreich vielleicht augenblicklich kein Gesetz so notwendig ist und so sehr gewünscht und tagtäglich von den Gemeinden erbeten wird, als das vorliegende. Die Verwirrung und der Streit haben bereits eine ganz unerträgliche Höhe erreicht; es mehren sich die Frevel, es mehren sich die Fälle, in denen diejenigen, die sich für berechtigt halten, Eingriffe machen, die dann als Diebstahl bestraft werden; kurz es ist eine geordnete Gemeindewirtschaft bei den bisherigen Zuständen gar nicht möglich. Wenn das Land Galizien wirklich so glücklich ist, Bestimmungen zu besitzen, welche alle diese Streitigkeiten einer geordneten Regelung zuzuführen geeignet sind, wovon ich allerdings heute zum ersten Mal höre – so kann ich dieses Land nur beneiden. Allein bei uns ist es nicht so und soweit ich die Verhältnisse anderer Kronländer kenne, sind mir von den verschiedensten Seiten, auch von Landesausschüssen anderer Kronländer, Mitteilungen zugekommen, welche das ganze Entgegengesetzte beweisen. Vielleicht ist auch diese Ruhe und dieser stille Friede in Galizien nicht ganz wörtlich zu nehmen und vielleicht könnte er auch dort gestört werden wie bei uns. (Seite 9222)
Den selbst wenn man mit Zuhilfenahme der vollständig ungenügenden Bestimmungen der Gemeindeordnungen und der einschlägigen Gesetze sich im Landesausschusse bemüht eine halbwegs erträgliche und befriedigende Ordnung herzustellen, so tritt uns eines immer störend entgegen, dass nämlich die Ingerenz der Gerichte in keiner Wiese ausgeschlossen ist, so dass derjenige, welcher mit dem Zustande nicht zufrieden ist, sich an die Gerichte wendet, die dann lediglich nach den Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches über gemeinsames Eigentum und nach dem hier sehr ominösen Bestimmungen über die Verjährung und Ersitzung entscheiden, ohne im Entferntesten bei dem besten Willen nur die realen Verhältnisse verstehen und berücksichtigen zu können, und ohne insbesondere die wirtschaftlichen Rücksichten irgendwie walten lassen zu dürfen. So kreuzen sich denn in den Gemeinden ältere Verordnungen und Entscheidungen der Landesbehörden, neuere Beschlüsse der Gemeinden, faktische Zustände, Entscheidungen des Landesausschusses und verschiedene gerichtliche Entscheidungen, kurz es wird ein Chaos geschaffen. Diesem Chaos soll hier ein Ende gemacht werden, und darum begrüßen wir in einem Falle, wo staatsrechtliche, politische, nationale, provinziale Eifersüchteleien oder Streitigkeiten gar nicht am Platze sind, dieses Gesetz als eine wahre Erlösung.
(Der Abgeordnete Dr. Josef Kopp an den Redner aus dem Kronland Galizien gerichtet:) Ja meine Herren, wozu ist denn eine solche Ausschussberatung, in welcher Vertreter aller Parteien und verschiedener Kronländer anwesend sind, wenn nunmehr im Namen einer ganzen im Ausschuss vertretenen Partei Anträge in Aussicht gestellt werden, welche alles das, was mühsam geschaffen wurde, vollständig über Bord werfen. Und aus welchen Gründen? „Man will jenes Gut, welches der Gemeinde oder einer Fraktion der Gemeinde gehört, an welchem alle oder einzelne Mitglieder dieser Gemeinde oder Fraktion gewisse Nutzungsrechte haben, aus dem Gesetz ausscheiden. Wenn sie das tun wollen, scheiden sie lieber gleich das ganze Gesetz aus. Den da liegt ja eben die Quelle dieser unlösbaren Wirrnisse und Streitigkeiten, und welchen Nutzen soll es haben, wenn es heißt: Auf diese Gründe findet eine Anzahl von Paragraphen sinngemäß Anwendung? Es ist diese immer ein vom juridischen Standpunkte bedenkliches Flickwerk, welches man nur in der Verzweiflung gebrauchen kann. Mit diesem Sinn gemäß werden sie den Streit nicht schlichten, sondern ihm neue Quellen eröffnen. Wollen sie also, dass das Gesetz Wirksamkeit habe, so müssen sie es gerade auf diese Grundstücke anwenden, welche als Gemeindegut bezeichnet werden, denn sonst ist es in der Tat zwecklos. (Seite 9223)
Kann man nun etwa den wichtigen Beisatz, der nach meinem Antrage hinzugefügt wurde, auslassen, dass die Landesgesetzgebung zu bestimmen hat, ob das Verfahren nur auf Grundstücke oder auch auf andere unbewegliche oder bewegliche Vermögenschaften sich zu erstrecken hat, eine Bestimmung die sonst nicht getroffen werden dürfte von den Landtagen und die sehr wichtig ist weil die Ausgleichung dieser widerstreitenden Ansprüche durch Verteilung von beweglichen und unbewegliche Vermögen geschehen kann, und weil dieses andere unbewegliche und das bewegliche Vermögen sehr häufig nichts weiter ist, als ein Ersparnis jener Klassenberechtigter, Nutzungsberechtigter, welche damit unter Umständen das Gemeindehaus, die Schule usw., ebenfalls erbaut haben, so dass heute einige dieser Herren sagen: Auch das Gemeindehaus, auch der Gemeindearrest, auch die Schule, usw. gehören nicht der Gemeinde sondern gehören unserer Gemeinschaft. Also muss das auch miteinbezogen werden. (Seite 9223f)
Der Abgeordnete Kopp weiter: Nach Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit die Reichsgesetzgebung Voraussetzung für eine entsprechende Landesgesetzgebung sei und diese Frage bejahend. Und weiter: „Es ist also der Weg, den die Regierung eingeschlagen hat, vom Niederösterreichischen Landtag sofort mit Freude begrüßt worden, und wir hoffen nun, vielleicht schon im Herbst dieses Jahres endlich einmal die bessernde Hand an unsere verworrenen Gemeindeeigentumsverhältnisse legen zu können.“ (Seite 9224)
Berichterstatter des Commassionsausschusses, Advocat und Notar, Mitglied des Böhmischen Landesausschusses und Abgeordneter Dr. Johannes Zak:
Ich muss konstatieren, dass die Streitigkeiten zwischen den Klassen in den Gemeinden, oder, wenn sie wollen, zwischen der Gemeinde als solcher einerseits und zwischen den gewissen Singularristen auf der anderen Seite, auf der Tagesordnung sind. Wer einmal Gelegenheit hatte, die Agenda des Landesausschusses im Kronlande Böhmen – und ich glaube es wird in anderen Kronländer auch nicht anders sein – einzusehen, wird finden, dass das größte Perzent derselben Streitigkeiten um die so genannten Gemeindegründe sind. (Seite 9225)
Ich selbst habe einen Fall beim böhmischen Landesausschuss anhängig, der sich schon fünf bis sechs Jahre hinzieht und der böhmische Landesausschuss ist nicht in der Lage – ich kann ihm dies nicht verdenken – die Sache zu entscheiden, denn dieselbe ist so verworren und so schwierig, dass der Landesausschuss immer und immer wieder Erhebungen und Einvernehmungen von Gedenkmännern verfügt und dennoch immer nicht vorwärts kommt. Und wenn der Landesausschuss endlich einmal die Entscheidung gefällt haben wird, dann geht derjenige Teil, der mit der Entscheidung nicht zufrieden ist an den Verwaltungsgerichtshof und wenn er auch hier sachfällig wird, betritt er den gerichtlichen Rechtsweg.
Gestatten Sie mir, dass ich als praktischer Mann mich in diesen Fragen absolut gegen die Judikatur der Gerichte ausspreche. Einerseits ist die Bestimmung des 16. Hauptstückes des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches eine derartige, dass sie auf diese Verhältnisse überhaupt nicht passt. Der Zivilrichter hat aber eine andere Bestimmung nicht. Auch sind die Bestimmungen unserer Zivilprozessordnung derart, dass es in der Tat sehr schwer fällt, dieselben auch auf solche Fälle anzuwenden und schließlich: Um was handelt es sich denn in den meisten gerichtlich anhängig gemachten Prozessen? Derjenige Teil, der mit der Klage auftritt, behauptet gewöhnlich, er habe das Eigentum der so genannten Gemeindegründe ersessen. Zu diesem Behufe findet er fast immer die Gedenkmänner, durch welche bewiesen wird, dass die altangesessenen das so genannte Gemeindegut von Alters her wirklich besessen, genutzt, verwaltet und daraus die Nutzungen gezogen haben und die Gerichte müssen selbstverständlich der Klage stattgeben. Das Gemeindegut wird sofort dem Einzelnen als ihr Privateigentum zuerkannt, die Gemeinde zahlt die Gerichtskosten und verliert ihr Vermögen.
Und doch hat man gemeint, es wären aus diesem Gesetze alle diejenigen Fälle auszuscheiden, wo es sich um das so genannte Gemeindegut handelt. Mit dem Gemeindegut hat es auch seine eigene Bewandtnis. Ich kenne sehr viele Fälle, wo das so genannte Gemeindegut überhaupt das Gemeindevermögen entweder im Kataster oder selbst im Grundbuch der Gemeinde zugeschrieben ist. Aber was kauft sich die Gemeinde dafür? Dieses Gemeindevermögen benützen einzelne wenige und wenn sie von diesem Vermögen die Steuer zahlen, so sind sie noch – ich möchte sagen – sehr gute Leute; gewöhnlich lassen sie noch die Gemeinde die Steuer zahlen. So stehen die Verhältnisse.
Kurz vor Eröffnung dieses Sessionsabschnittes habe ich als Kurator einer Gemeinde – ich muss sagen als wirklich zu beklagender Kurator – derartigen gerichtlichen Einvernahmen beigewohnt und was ist dabei konstatiert worden? Alle Gedenkmänner haben gesagt, die Besitzer von Nr. 1 bis Nr. 10 haben diese Gemeindegründe, welche 900 Metz sehr gute Gründe betragen, besessen, benutzt, verwaltet und sich den Nutzen zugeeignet, die anderen in der Gemeinde lebenden Insassen haben darauf keinen Anspruch. Nun ist es wohl voraussichtlich, welchen Erfolg ich eben als Kurator in dem anhängig zu machenden Prozesse haben werde. Das Schicksal des Prozesses ist bereits im Vorhinein entschieden und so, meine Herren, geht es in sehr vielen, ja in den meisten Fällen. (Seite 9225)
Ja meine Herren, man wird vielleicht einwenden, dass das Gesetz, wenn es sich um ein wirkliches Gemeindegut handelt, wirklich wohltätige Wirkungen haben könnte, weil denn doch vorauszusetzen ist, dass im Laufe der Verhandlungen in den meisten Fällen zwischen den Berechtigten und der Gemeinde als solcher ein akzeptabler Vergleich werde geschlossen werden. Und ich gebe mich dieser Hoffnung hin, weil ich glaube, dass diejenigen, welche jetzt im Besitze der Nutzungen sind, höchstwahrscheinlich es verschmerzen werden, wenn sie einen gewissen Teil desjenigen Vermögens zu Handen der Gemeinde herauszugeben haben werden, welches sie bisher ausschließlich benutzt und besessen haben. (Seite 9225f)
Allein, wenn wir hier auch von dem Gemeindegut als solchem absehen, und uns nur mit dem unbestrittenen bloßen Klassenvermögen beschäftigen, so sind auch auf diesen Fall die Bestimmungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches ganz und gar unanwendbar. Sehen wir nun, wie es mit der Verwaltung solcher Grundstücke, seien dieselben ein Gemeinde- oder ein Gemeingut, bestellt ist. Erfahrungsgemäß ist diese Verwaltung eine so schlechte, dass es in der Tat nicht mehr zu begreifen ist, wie in unserem Jahrhunderte etwas derartiges noch Platz greifen kann, und ich glaube, die Regierung hat nicht bloß das Recht, sonder auch die Pflicht, nicht bloß die unglaublich schlechte Bewirtschaftung solcher Grundstücke, sondern auch den Gegenstand selbst zu amoviren, welcher letzterer in den Gemeinden nur dazu zu seien scheint, um einen ewigen Zankapfel zu bilden, bei jeder Gemeindewahl als Kampfobjekt hingestellt zu werden, um nach vollzogener Gemeindewahl abermals wieder der Devastation zu verfallen, nicht anders, als es vorher der Fall gewesen ist. (Seite 9226)
Was die Ausführungen des Herrn Regierungsvertreters betrifft, so stimme ich ihm vollkommen bei. Namentlich bin ich seiner Ansicht, wenn er sagt, es sei eigentlich die Vorfrage, was für ein Vermögen es sei, um das es sich im gegebenen Fall handelt, die schwierigste. Diese Vorfrage wird von den Landesausschüssen und Gerichten verschieden beurteilt und entschieden, ja man kann sagen, es gibt so viele Ansichten, als Entscheidungen. Man hat sehr oft vollen Grund, sich über die Entscheidungen des Landesausschusses und der Gerichte namentlich darüber zu wundern, wem das strittige Vermögen zugewiesen wurde. Wen wir es bei der bisherigen Judikatur der politischen oder Gerichtsbehörden bewenden lassen, werden wir in diese verworrenen Verhältnisse niemals eine Ordnung bringen. Es muss bezüglich dieser Sachen einmal tabula rasa gemacht werden, und es ist hoch an der Zeit, solche Sachen, welche nur den Zwist in den Gemeinden nähren, sobald als möglich aus der Welt zu schaffen. Was die Gemeindeordnungen und insbesondere die böhmische Gemeindeordnung betrifft, so kann ich in der Tat sagen, dass ich in derselben fast gar keine Anhaltspunkte für die Entscheidung dieser Frage finde. Wenn man sich auf die bisherige unangefochtene Übung beruft und nach dieser entscheidet, so ist das ganz gewiss eine ganz hinfällige Basis.“ (Seite 9226)
Daraus ergibt sich demnach die Notwendigkeit, dass den Landtagen die Gelegenheit und Möglichkeit geboten werde, alles dasjenige vorzukehren und zu verfügen, was bezüglich des Gemeindegutes und Klassenvermögens notwendig ist. Die Landtage haben in der Tat nach unserer Vorlage diesfalls den freiesten Spielraum und vollauf Gelegenheit, alle eigentümlichen Verhältnisse ihres Landes zu berücksichtigen. (Seite 9226)
Abgeordneter Dr. Ritter von Madeyski (Galizien):
Es ist zu Begründung des Bedürfnisses für dieses Gesetz unter anderem von Seite des Herrn Regierungsvertreters der Umstand angeführt worden, dass die gegenwärtig über die Teilung und Regulierung von Gemeindegrundstücken bestehenden Bestimmungen der Gemeindegesetze in dieser Beziehung wager Natur sind. (Der Abgeordnete liest die § 63 GO 1866 entsprechende Bestimmung und führt weiter aus.) Es sind also positive Bestimmungen da, welche von einem gewissen leitenden Grundsatze ausgehen. Allein, meine Herren, wenn wir auch zugeben wollen, dass in der Tat diese Bestimmungen wage sind, was ist die Folge davon? Die Folge davon wäre, dass wir eben die Gesetzgebung der Landtage in Anspruch zu nehmen haben, um bessere Bestimmungen über denselben Gegenstand zu erzielen. Ein aus den wagen Bestimmungen des § 66 abgeleitetes Motiv beweist noch nicht das Bedürfnis, dass dieses Gesetz, welches uns gegenwärtig vorliegt, angenommen werden müsse und insbesondere nicht in der Fassung, in der es uns vorgeschlagen wird. (Seite 9228)
Es ist weiter hingewiesen worden, sowohl von Seiten des Herrn Regierungsvertreters, als auch von Seiten der Herrn Vorredner, dass die Vorfrage bei der Teilung oder Regulierung, also die Frage über den Besitz und das Eigentum des zu teilenden oder zu regulierenden Grundstückes eine Frage sei, deren Lösung gegenwärtig mit außerordentlichen Schwierigkeiten verbunden ist und dass aus diesem Anlasse schon ein Bedürfnis für das vorliegende Gesetz bestehe. Nun meine Herren, wir glauben Ihnen, dass in dieser Beziehung die Verhältnisse in der Tat in den einzelnen Ländern sich so darstellen, wie die Herren sie uns geschildert haben. Allein der geehrte Abgeordnete Dr. Kopp sagt uns: Beneidenswert sei Galizien, wenn diese Streitfragen daselbst nicht herrschen. Das meine Herren ist ein wichtiges Wort, das hier gesprochen wurde. In Galizien bestehen die geschilderten Streitigkeiten nicht, nun aber wollen sie ein Gesetz schaffen, welches erst derartige Verhältnisse im Lande hervorzurufen geeignet ist. Entgegen dem tiefethisch- sozialen Gedanken, wie er in der damaligen Einrichtung unseres Gemeindewesens sich entwickelt und verkörpert, wollen sie in den Bau, den ungesunden Kern, den ungesunden Gedanken des Gegensatzes zwischen den Interessen der Genossenschaft und denjenigen der Gemeinde durch das Gesetz hineintragen, einzig und allein um diejenigen Missstände hervorzurufen, welche in anderen Ländern bereits herrschen. Das meine Herren, wollen wir nicht. Lassen Sie uns deswegen unser Land wenigstens in dieser so wichtigen Frage verschont! Bei uns bestehen diese Verhältnisse wenigstens in der Regel nicht. Ausnahmen mag es bei uns geben, in der Richtung, dass in der Tat diejenigen Gemeindeglieder, welche ein Nutzungsrecht an dem Gemeindegute genießen, aus der Nutzung selbst Rechte ansprechen. Die Regel ist diesbezüglich der bei uns so zahlreichen Gemeindehutweiden, was das Eigentum der Gemeinden an den Hutweiden keinem Widerspruche unterliegt. (Seite 9228)
Diese Hutweiden erscheinen im Kataster auf den Namen der Gemeinde eingetragen; die Gemeinde bezahlt zum großen Teile die Steuer; alle Teilgenossen der Benützungsrechte anerkennen tatsächlich das ausschließliche Eigentum der Gemeinde. Bei Anlegung der neuen Grundbücher, die bei uns zu Teile vollzogen, zum Teile im Zuge ist, werden Gemeindehutweiden ohne jede Anfechtung als Eigentum der Gemeinden eingetragen. Ich kenne bereits Fälle, in welchen diese Gemeindehutweiden mit den anderen Bestandteilen des Gemeindevermögens oder Gemeindegutes auch schon zur pfandrechtlichen Sicherstellung der Gemeindedarlehen verwendet wurden. Es gibt also dabei keine Streitfragen, die bestehenden Fragen sind zu lösen von dem ausschließlichen Gesichtspunkte, welchen uns die Gemeindegesetze in dem § 1, den ich vorzulesen die Ehre hatte, und den übrigen korrespondierenden Paragrafen bieten. Denn, und hiebei handelt es sich in erster Linie um die Kompetenz, die autonomen Organe sind verpflichtet und allein berufen, die Regelung der gemeinschaftlichen Benützungsrechte und die Teilung derartiger Grundstücke in jenen Fällen vorzunehmen, in welchen das Eigentum der Gemeinde an diesen Grundstücken keinen Zweifel, keinem Streite unterliegt. Teilung und Regulierung sind ja die Ausflüsse der den Gemeinden vermöge ihrer Autonomie – als Selbstverwaltung aufgefasst – zukommenden Verwaltung desjenigen Vermögens, welches unstreitig der Gemeinde gehört. Und es kann der Gemeinde gegenüber aus dem Anlasse, dass irgend ein gewisser Kreis von Mitgliedern der Gemeinde gewisse Rechte an dem Eigentume ausübt, nicht ein Recht eingeräumt werden, mit Bezug auf die Verwaltung gegen die Gemeinde in Folge ihrer Separatinteressen in Opposition zu treten. (Seite 9228f)
Meine Herren! Diese Einrichtung der Gemeinden, die sich in Galizien eingelebt hat, trägt noch den gesunden Charakter ansich, vermöge dessen eine Überordnung der allgemeinen Gesamtinteressen der Gemeinden über den Seperatinteressen der einzelnen Mitglieder obwaltet. Schonen Sie diese Einrichtung, zerstören Sie nicht dieses gesunde Atom des sozialen Baues unseres Landes durch eine derartige Gesetzgebung?“ (Seite 9229)
Aber um die Kompetenz der Behörden, welche die Teilung und Regulierung vorzunehmen haben, handelt es sich hier, und das ist es was den Kern unserer verfassungsmäßig bestehenden Einrichtungen trifft. Wenn in dem ersten Paragraph dieses Reichsgesetzes einmal ausgesprochen ist, das beim Verfahren über Teilung und Regulierung von Grundstücken, welche das Eigentum der Gemeinde oder eines Teiles derselben bilden, ausschließlich nur die Commassationsbehördenkompetenz sind, dann könnte die Frage entstehen, ob Sie in den Landtagen eine Bestimmung treffen können, dass die erwähnten Teilungs- und Regulierungsgeschäfte von der Kompetenz dieser ausschließlichen Behörde ausgenommen und den autonomen Behörden zugewiesen werden.
Denn, meine Herren, wenn Sie in diesem Gesetze beschließen, dass die Vorfrage, also die Streitfrage, bezüglich des Eigentums eines Grundstückes, vor die Commassationsbehörde gehören soll, dabei aber wenigstens bestimmen, dass allenfalls das Eigentum der Gemeinde anerkannt wird, die Teilung und Regulierung dieser Gemeindegründe den autonomen Behörden überlassen bleibt, dann ist wenigstens noch die Selbstverwaltung der Gemeinde gewahrt. Das sagen sie aber nicht. Sie wollen die Vorfrage, den Streit über das Eigentum, wie sie glauben, zweckmäßig gelöst wissen und ziehen dabei nicht nur die Lösung dieses Streites, welcher gegenwärtig vor dem Richter gehört, in die Kompetenz der Commassationsbehörde, sondern sie ziehen auch noch die Teilung und Regulierung selbst mit, das heißt, diejenigen Geschäfte, welche sie nicht hereinziehen dürfen, und zwar aus Gründen nicht dürfen, weil darüber in den Landesgesetzen bereits verfügt ist, zum Teil aber nur von den selben verfügt werden darf. (Seite 9229)
Ich erlaube mir daher ungeachtet des ungünstigen Ergebnisses der ersten Abstimmung dem hohen Hause die Annahme des folgenden Zusatzantrages zu dem § 1 zu empfehlen: Ausgenommen von den obigen Bestimmungen sind jene, das Eigentum einer Gemeinde oder eines Teils derselben bildenden Grundstücke, bezüglich deren die Bestimmungen über Teilung und Regulierung gemeinschaftlicher Benützungs- und Verwaltungsrechte in den ausschließlichen Wirkungskreis der Landesgesetzgebung gehören. (Seite 9230)
Debattenbeitrag des Abgeordneten Dr. Georg Granitsch, (Niederösterreich):
Was zunächst das Meritorische des Amendements betrifft, so erlaube ich mir zu bemerken, dass ich einigermaßen verwundert bin über die Glorifizierung der Bestimmungen der galizischen Gemeindeordnung. Ich gestehe, ich habe in diesen Bestimmungen nichts anderes gefunden, als was auch in anderen Gemeindeordnungen enthalten ist, und bekanntlich ist in anderen Gemeindeordnungen sowenig darüber enthalten, dass eben die verworrenen Verhältnisse eine Folge der mangelnden diesbezüglichen gesetzlichen Regelung sind.
Wie sind die faktischen Verhältnisse? Dieses so genannte Gemeindeigentum, das hier in Frage steht, muss als ein geteiltes Eigentum betrachtet werden; es sind noch Reste des geteilten Eigentums, über welche heute Normen beschlossen werden sollen. Die Gemeinde ist als solche im Grundbuche, bzw. Kataster als Eigentümerin eingetragen, sie zahlt in der Regel Steuer während gewisse Klassen der Gemeinde das Recht auf die Früchte haben, sodass die Nutzungsrechte der Gemeinde gar nicht zustehen. Nun hat sich eine Zeit lang hindurch bei Auffassung dieses Eigentums die Meinung geltend gemacht, dass dieses Eigentum nur insofern, als es den Grund und Boden betrifft, Eigentum der Gemeinde ist, vermöge der Vergewährung im Grundbuche, vielleicht nach den Normen des bürgerlichen Gesetzbuches, dass es aber nicht Eigentum der Gemeinde ist, was die jährlichen Früchte betrifft. Dieses Nutzungseigentum ist den so genannten Bestifteten, oder wie es in anderen Kronländern heißt, Singularristen, bisher zugekommen. Die Ganzlehner, Halblehner, Hauer oder wie die verschiednen Gattungen von Nutzungsberechtigten heißen, haben bisher mit Ausschluss der so genannten Häusler die Nutzungsrechte ausgeübt. Diese Häusler sind in der Regel partes adnexae der ursprünglichen Gemeinde. Als nun durch die Gemeindeverfassung die gesamte politische Gemeinde gebildet und alle Teile der früher bestandenen Gemeinde in eins zusammengefasst worden sind, machte sich eine andere Meinung dahin geltend, dass nun bezüglich des Nutzungseigentums, das nur gewissen Klassen der Gemeinde zugekommen ist, nunmehr die Veränderung vor sich gegangen sei, dass es der ganzen Gemeinde zukomme. Ich kann nicht behaupten, dass auch in Galizien auch diese Rechtsanschauung Platz gegriffen hat, obwohl die vielfachen Streitigkeiten, welche in Galizien in Bezug auf das Gemeindeeigentum herrschen, dieser Ansicht Vorschub leisten. Gewiss ist aber, dass in anderen Kronländern diese Rechtsauffassung Platz gegriffen hat und aus derselben im Wesentlichen diese Streitigkeiten entstanden sind. (Seite 9230)
Denn was ist geschehen? Die so genannten Kleinhäusler, welche von den Nutzungsrechten ganz ausgeschlossen worden sind, oder nur Nachnutzungsrechte oder Nutzungsrechte gegen bestimmte Leistungen hatten, während die eigentlich Berechtigten ein volles Nutzungsrecht oder Vornutzungsrecht hatten, erhoben den Anspruch, dass dieses geteilte Eigentum ausschließlich der Gemeinde zugewiesen werde. Wie soll nun anhand des bestehenden Gesetzes diese Streitfrage gelöst werden? Ganz richtig! Der Paragraf, wie ihn der Sprecher in jener (rechten) Seite des Hauses zitiert hat, ist auch in der Niederösterreichischen Gemeindeordnung enthalten. Aber der Niederösterreichische Landesausschuss war bisher nicht in der Lage anhand dieser Gesetzesbestimmung, die Streitigkeiten zu schlichten. Das ist auch begreiflich. Das Gesetz setzt hier bisher unangefochtene Übung voraus und setzt weiter voraus, dass diese nicht größer sein darf als der Hausbedarf, 2 Momente, welche an und für sich so streitig, so zweifelhaft sind, dass sie absolut keine Richtschnur für die Lösung der speziellen Streitfrage bilden können. Es soll eine Streitfrage gelöst werden damit, dass eine andere Streitfrage als Richtschnur zur Lösung der ersteren hereingezogen wird! Ich glaube auf diese Art ist es wohl begreiflich, dass die Streitigkeiten in den Gemeinden nicht zur Lösung gebracht werden können. Daher ist es klar, dass gerade das Wort „Gemeindeeigentum“ dasjenige entscheidende Merkmal ist, welches für das Gesetz die Wesenheit darstellt, und wenn nach dem Wunsche der Sprecher von jener (rechten) Seite des hohen Hauses gerade dieses Gemeindeeigentum aus dem Gesetze ausgeschieden werden soll, dann ist in der Tat das Gesetz aufgehoben. (Seite 9231)
Was nun die Kompetenz betrifft, so glaube ich nicht, dass die Herren im Rechte sind, die Kompetenz zu bestreiten. Denn selbst in dem hochgepriesenen § 66 der galizischen Gemeindeordnung ist ja nur eine Vorsorge getroffen bezüglich der Regelung der Nutzungsrechte, das heißt wenn diese Kategorie von Gemeindeangehörigen, welche von dem Nutzungsrechte an dem Gemeindeeigentum ausgeschlossen sind, oder nicht das gleiche Nutzungsrecht mit den bevorzugten Klassen haben, dieses Nutzungseigentum nicht für die Gemeinde reklamieren, wenn also das Eigentum selbst nicht in Frage steht, sonder nur über das Maß der Nutzungen gestritten wird, dann hat der Gemeindeausschuss nach den Bestimmungen der galizischen Gemeindeordnung Vorfrage und die Entscheidung zu treffen.
Was aber bleibt dann, frage ich die Herren aus Galizien, in jenen Fällen zu tun übrig, wenn diese Streitfrage bezüglich des Eigentums selbst erhoben wird, wenn wie es bei uns in Niederösterreich der Fall ist, mit dem Nutzungsrechte zugleich das Eigentumsrecht in Anspruch genommen wird, kurz, wenn die Verbindung von Nutzungs- und Eigentumsrechte der Rechtsidee nach in Anspruch genommen wird?
Darüber schweigt die galizische Gemeindeordnung genauso wie alle anderen Gemeindeordnungen. Es ist daher aus diesem Gesichtspunkte schon unzutreffend, wenn behauptet wird, der § 1 sei mit den Bestimmungen der galizischen Landesgesetzgebung – und die Gemeindeordnung gehört ja in das Gebiet der Landesgesetzgebung – nicht vereinbar. Der § 1 bestimmt, dass die Behörden im Verfahren bei Teilung von Grundstücken zuständig sind, bezüglich derer Streitigkeiten zwischen gewesenen Obrigkeiten und Gemeinden und ehemaligen Untertanen bestehen oder die von allen oder von gewissen Mitgliedern einer Gemeinde oder einer oder mehrerer Gemeindeabteilungen Kraft ihrer persönlichen oder mit einem Besitze verbundenen Mitgliedschaft gemeinschaftlich oder wechselseitig benützt werden.
Die Teilungsfrage ist also hier an die Spitze des Gesetzes gestellt und bezüglich der Teilung enthält die galizische Gemeindeordnung keine wie immer geartete Verfügung. Es ist daher die Argumentation, die von der Gegenseite angewendet wird, zu sagen: Wir sind bereits im Besitze von Bestimmungen, welche gerade das Thema berühren, das hier im Gesetzgebungswege normiert werden soll, unzutreffend. Darüber ist in der Gemeindeordnung nichts enthalten und es kann daher kein Widerspruch dieser von uns zu beschließenden Gesetzesbestimmung, nämlich des § 1, mit der galizischen Landesgesetzgebung mit Fug und Recht behauptet werden. (Seite 9231)
Wenn sie aber direkt das Verbot der Teilung oder Regelung der Nutzungsverhältnisse dieser Gemeindegründe, oder richtiger gesagt, dieser Gemeinschaftsgründe in das Gesetz aufnehmen, dann haben sie, solange dieses Gesetz besteht, es der Landesgesetzgebung unmöglich gemacht, diese Streitigkeiten zur Ruhe zu bringen. (Seite 9232)
Abgeordneter Ritter Dr. von Kowalski:
Abgesehen davon, dass das Gesetz vom 5. Juli 1853, RGBl Nr 130, namentlich in denjenigen Fällen, wo man mit den Provocationen säumig war, noch sehr vieles der späteren Regelung überlassen hat, muss ich in Erinnerung bringen, dass bezüglich der so genannten Öden Gründe – und deren gibt es bei uns in Galizien sehr viele – bisher keine Ordnung geschaffen ist. Und diese Angelegenheit darf nicht unerledigt bleiben, zumal die Öden Gründe ziemlich hohe Werte repräsentieren. Andererseits wird es den Herren nur ganz genau bekannt sein, dass der Unterschied zwischen Gemeindegrund und Gemeindevermögen in den meisten Fällen ein so lachser ist, dass die Bestimmungen des ABGB nicht für alle diesbezüglichen Fälle ausreichen (Seite 9232).
Die allgemeine Sicherheit verlangt es, dass doch die Gemeindewirtschaft einigermaßen besser gehandhabt werde, als es bisher bei uns landläufig war und ist. Übrigens weiß jeder von Ihnen, in welchen zerrütteten Zuständen die Verwaltung unseres meistens in Grundstücken bestehenden Gemeindegutes sich befindet und was Jahr aus Jahr ein geradezu verschwendet wird. Um also noch den etwaigen Rest des Vermögens für unsere Gemeinden zu retten, ist es unumgänglich notwendig, die diesbezüglichen Agrarverhältnisse möglichst bald zu regeln, denn nur hiedurch werden unsere Gemeinden nicht jeder Dotation verlustigt, wenn ihnen ihr Gemeindegut und Gemeindevermögen gesichert bleibt. Und dies bezweckt eben die uns vorliegende Gesetzesvorlage, betreffend die Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulierung der hierauf bezüglichen gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte (Seite 9233).
Abgeordneter Dr. Josef Kopp, Mitglied des Commassionsausschusses in seinem abschließenden Beitrag im Rahmen der Generaldebatte betreffend die Beschlussfassung zum TRRG 1883 am 22. Februar 1883 (Sten. Prot. des Abgeordnetenhauses des Österreichischen Reichsrates, IX. Session, Seite 9233 f):
Der erste Herr Antragsteller hat sich auf einen Paragraphen der Galizischen Gemeindeordnung berufen. Soweit man aus dem Gedächtnis etwas vergleichen kann, ist dieser §, wie mir scheint, wörtlich gleich lautend mit dem entsprechenden Paragraphen der niederösterreichischen Gemeindeordnung. Meiner Erfahrung nach kann ich nun behaupten, dass man mit diesen Paragraphen zwar allerlei Bescheide motivieren kann, dass man damit aber nichts reguliert und nichts verbessert. Ich will aus diesen Paragraphen nur einen einzigen Punkt hervorheben, gerade weil der erste Herr Redner in der Generaldebatte von einem Eingriff in die Autonomie der Gemeinden gesprochen hat (Seite 9233 f).
Ich bin oft und oft für die Autonomie der Gemeinden eingetreten, ohne zu übersehen, welch große Überstände sie oft für die Folge mit sich bringt. Allein diese Autonomie muss eine gewisse Grenze haben. Wo es sich um die Frage von „mein“ und „dein“ handelt, geht es nicht gut an, dass darüber eine Majorität der davon Betroffenen entscheidet. Es heißt nun in diesem § 66, bei uns § 64: Der Gemeindeausschuss kann diese regelnden Bestimmungen treffen. Darin liegt eben die große Gefahr. In den meisten Fällen sind es die besitzenden, die eigentlichen Bauern, welche den Ausschuss bilden, oder die doch die Majorität in demselben haben. Die schließen nun eben und so viel als sie können, die Minderbesitzenden, insbesondere die so genannten Kleinhäusler und die Gemeinde von dem Mitbesitze und Mitgenusse aus und suchen das Gemeindeeigentum, womöglich in ein Privateigentum dieser Berechtigten zu verwandeln. Noch schlimmer aber ist es, wenn, was auch vorkommt, einmal die Kleinhäusler in die Majorität kommen. Da wird praktisch Kommunismus getrieben und es wird nicht für die Gemeinde gewirtschaftet, sondern man versucht, alles dem Bauern wegzunehmen und dem Kleinhäusler zu geben. Darum ist diese Basis der Regulierung – durch den Beschluss des Gemeindeausschusses – die denkbar schlechteste. Nun sagte wohl der geehrte Herr Redner: Wenn das Gesetz unklar ist oder nicht genügt, kann das Land es ändern. Das will ich zugeben, geschehen ist bis jetzt noch nichts, und zwar deshalb, weil man überall auf Schwierigkeiten stößt. Aber eines kann das Land nicht, das wird mir der verehrte Herr Redner zugeben, das Land kann niemals hindern, dass die Gerichte angerufen werden, und dass die Regulierungen, welche die autonomen Behröden und auch der Landesausschuss treffen, durchkreuzt und eludiert werden, durch ein richterliches Urteil, und das ist das Schlimmste, weil die Gerichte gar nicht in der Lage sind, diese Verhältnisse in ihrem eigentlichen Wesen zu begreifen, weil diese eigentümlichen Besitz- und Nutzungsverhältnisse ihren Ursprung haben in einem alten Volksrechte, in einem germanischen oder slavischen Volksrechte, welches durch das hineingeschneite römische Recht und die demselben nachgebildeten Gesetze mit Ignorierung der alten Volksanschauungen in Verwirrung gebracht worden sind (Seite 9234).
Es ist nicht möglich, dass die Gerichte eine verständliche, den Verhältnissen entsprechende Entscheidung treffen. Diese Möglichkeit muss vor allem anderen entfernt werden, und das mit Verlaub, kann die Landesgesetzgebung nicht tun. Darum ist ein Reichsgesetz notwendig und darum muss sich dieses auf diese Gemeindegrundstücke erstrecken, bezüglich deren mir einige Unklarheit auch auf jener (rechten) Seite des hohen Hauses zu herrschen scheint. Wenn der erste Herr Redner in der Generaldebatte – das habe ich deutlich gehört – hat von Gemeindegut gesprochen und in dem Antrag heißt es, wenn ich nun nicht irre, Gemeindevermögen oder Gemeindeeigentum. Über diese Worte, die man sehr auf die Waagschale legen muss, wenn man ein Gesetz macht, herrscht entschieden keine Klarheit. Wenn sie den Antrag annehmen und diese streitigen Gemeindegrundstücke ausschließen, bleibt dann noch etwas übrig für das Gesetz? Es ist zum mindestem zweifelhaft. Wenn nichts übrig bleibt, ersparen wir uns, das Gesetz zu beschließen, bleibt aber noch etwas übrig, dann haben sie den Streit in Permanenz, ob das Gesetz darauf Anwendung hat oder nicht; im besten Fall bekommen sie verschiedene Grundsätze und verschiedene Behörden zur Entscheidung wesentlich gleichartiger Rechtszustände und es wird die Verwirrung vergrößert, statt dass sie gelöst wird. Das eigentlich Nützliche ist eben, dass alle Fragen, die hier einschlagen, juridische und wirtschaftliche, einheitlich gelöst werden durch Behörden, in welchen sowohl die eine wie die andere Richtung vertreten ist, das kann nicht getrennt geschehen und darum nützt auch jener allerdings nicht formulierte Vorschlag nichts, der die Commassionsbehörde entscheiden lässt über die Frage des Eigentums, über die Frage der Regulierung und Teilung aber die autonome Behörde. Wenn sie das auseinanderreißen, scheiden sie etwas, was sich dialektisch, theoretisch scheiden lässt, aber praktisch durchaus nicht, außer zum entschiedenen Nachteile der Sache (Seite 9234).
Dr. Johannes Zak, Berichterstatter des Commassionsausschusses, Advocat und Notar, Mitglied des Böhmischen Landesausschusses und Abgeordneter
Ich möchte nur dem Herrn Abgeordneten Madeyski in Bezug darauf erwidern, ob die autonomen Behörden die schlechte Verwaltung des Gemeindevermögens beseitigen können und ob sohin für ein Reichsgesetz, wie es uns jetzt beschäftigt, ein Grund vorliege. (Seite 3235 sten.Prot).
Es ist schon von einer Seite betont worden, die Verwaltung dieses Vermögens, der sogenannten Gemeindegründe, gehöre gegenwärtig in den Wirkungskreis des Gemeindeausschusses bzw des Gemeindevorstandes. Ich bitte jedoch, sich die Sachlage zu vergegenwärtigen. Entweder besteht der Gemeindevorstand oder Gemeindeausschuss aus den sogenannten alt Angesessenen, nämlich aus den Rustikalisten und dann werden diejenigen, welche gleichzeitig Mitglieder des Vorstandes und des Ausschusses sind, sich in ihr – wie sie von ihrem Standpunkte ganz richtig sagen – Privatrecht und in ihre Privatdispositionen eben nicht von dem Ausschusse selbst hineinreden lassen, oder aber es besteht der Ausschuss entweder ausschließlich oder in der Majorität aus den sogenannten Häuslern, welche bisher gar kein Benutzungsrecht von diesem Grunde hatten, dann ist gewiss der Zeitpunkt gekommen, wo ein Streit in der Gemeinde entbrennt und die Sache entweder im politischen oder gerichtlichen Weg oder – nachdem der politische Weg zurückgelegt worden ist – noch im gerichtlichen Weg zur Entscheidung gelangt.
Wenn keine andere Rücksicht ausschlaggebend wäre, so wäre es in der Tat die Rücksicht, dass keine Gemeindeordnung im Stande ist, den Rechtsweg den Parteien zu versperren. Solange der Rechtsweg offen bleibt, werden die misslichen Verhältnisse des Gemeindevermögens nicht besser, sie werden fortbestehen, die schlechte Verwaltung wird fortbestehen, der Streit in der Gemeinde um diese Gründe wird andauern; kurz diese unseligen Verhältnisse werden kein Ende nehmen. Es ist aber selbstverständlich schon sehr an der Zeit, diese Verhältnisse endlich einmal zu beseitigen, die in Rede stehenden Grundstücke einer rationellen und ordentlichen Bewirtschaftung zuzuführen, dass von demjenigen, was in der Gemeinde noch an Hutweiden oder Gemeindewaldungen übrig bleibt, dem Einzelnen zuzuteilen und in sein Privateigentum zu übertragen auf dass er es gehörig und rationell bewirtschaften könne. Solange das Gemeindevermögen als solches besteht, wird die Sache als res nullius angesehen und jedermann, dem es gefällt, nützt dieselben nach seinem schrankenlosen Belieben aus.
Derartige Zustände sind unhaltbar und sohin muss an Mittel gedacht werden, dieselben zu beseitigen. Es ist selbstverständlich, dass wenn der letzte Zusatz, wie er seitens des Herrn Abgeordneten Madeyski zu § 1 beantragt worden ist, angenommen werden sollte, damit das ganze Gesetz geradezu überflüssig würde. Ich kann mich daher für die Aufnahme des letzten Zusatzes, wie er von dem Herrn Abgeordneten Madeyski beantragt worden ist, nicht aussprechen (Seite 3235).
Es folgt die Abstimmung. § 1 der Gesetzesvorlage wird angenommen.
Der Zusatzantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Ritter von Madeyski lautete: „Ausgenommen von den obigen Bestimmungen sind jene das Eigentum einer Gemeinde oder eines Teiles derselben bildende Grundstücke, bezüglich deren die Bestimmungen über Teilung und Regulierung gemeinschaftlicher Benützungs- und Verwaltungsrechte in den ausschließlichen Wirkungskreis der Landesgesetzgebung gehören.“
Der Zusatzantrag wurde abgelehnt (Seite 9235).
Hinweis: Das Gesetz wurde in der Fassung beschlossen wie vom Commassionsausschuss vorgelegt. Die so genannten „Gemeindegründe“ (= Gemeindegut“) sollte danach der agrarischen Operation, durchgeführt von der Commassionsbehörde, unterliegen.
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