Höhepunkt der Vorbereitungsarbeiten für den Schlag gegen die Tiroler Agrarier war zweifelsohne die öffentliche Selbstbezichtigung der Agrarjuristen aus der „Generation nach Albert Mair“ – allen voran Hermann Arnold.
Um in einer konzertierten Aktion handlungswilligen Gemeinden – damals Imst, Mieders, Neustift und Trins (alle vertreten durch Dr. Andreas Brugger) einen Anlass zu liefern, die historischen Regulirungsverfahren wieder aufzunehmen, wurde ein Interview mit Hermann Arnold in der Tiroler Tageszeitung veröffentlicht, wo an ein erfundenes (!) neues Urteil des Verfassungsgerichtshofes angeknüpft wurde: Als junger, unerfahrener Jurist sei er (und seine Kollegen) von der Landespolitik missbraucht worden, im die politischen Ortsgemeinden zu bestehlen. Das Verfassungsgericht hätte die Rechtswidrigkeit der Vorgehensweise festgestellt.
TT 25.5.2005, Seite 2. „Neues Urteil des Verfassungsgerichtshofs. Agrarier nur durch Irrtum Grundkaiser.“
WEITERLESEN
TT 25.5.2005, Seite 2. „Neues Urteil des Verfassungsgerichtshofs. Agrarier nur durch Irrtum Grundkaiser.“ Hermann Arnold lässt jetzt in Sachen Agrargemeinschaften aufhorchen: „Es war ein massiver Rechtsirrtum, der die Gemeinden um ihr Gut gebracht hat!“ Innsbruck (ms). Dass Tiroler Agrargemeinschaften heute über ein Viertel des Landes verfügen, dafür soll ein massiver Rechtsirrtum der Agrarbehörde verantwortlich gewesen sein: Diese Meinung vertritt Gemeindeverbandspräsident aD Hermann Arnold von 1966 bis 1974 selbst Mitarbeiter der Agrarbehörde im Landhaus.“
Falsche Rechtsansicht. In der Zeit der Regulierungen des Gemeindeguts an die Agrargemeinschaften habe die Rechtsansicht geherrscht, dass die Gemeinden nur als Treuhänder von Grund und Boden im Grundbuch seien, die wahren Eigentümer aber wären die Bauern. „Doch das war falsch, wie der Verfassungsgerichtshof 1982 eindeutig aber leider zu spät festgestellt hat.“
Ein brandaktuelles Urteil vom März würde diese Auffassung bestätigen. Fehler beheben. „Ich war selbst beteiligt, ich war ein Täter“, räumt Arnold heute bereitwillig ein. Denn auch er sei einer der jungen Juristen gewesen, der die Philosophie von der treuhändischen Übertragung des Gemeindegutes ungeprüft nachgebetet habe. „Das war einfach so, da muss man einmal die Wahrheit sagen!“ Rückblickend ist für ihn vor allem eine Sache wesentlich: „ Ich sehe kein Problem darin, sich im Rechtsirrtum zu befinden, aber wissentlich darin zu beharren ist sehr wohl eines.“ Deshalb lautet seine Forderung an die Politiker des Landes eindeutig: „Wer erkennt, dass falsche Entscheidungen getroffen wurden, muss als gewissenhafter Volksvertreter Schritte setzen, diese Fehler zu beseitigen.“ Seite 4.
TT 25.5.2005, Seite 4: „Alle Bürger sollen wieder gleich sein.“ Bei der Regulierung des Gemeindeguts hat das Land übers Ziel hinaus geschossen: Eigentlich sollte es nur um Weide- und Holznutzung gehen. Von Michaela Spirk-Paulmichl. Mutters, Innsbruck. Er war Gemeindeverbandspräsident, Landesamtsdirektor, Bürgermeister von Mutters, Eduard Wallnöfers rechte Hand und auch Beamter der Agrarbehörde. Jetzt erhebt Hermann Arnold seine Stimme um im Zusammenhang mit der Diskussion über die Agrargemeinschaften klar festzustellen: „Wir haben mit der Übertragung des Gemeindeguts weit übers Ziel hinausgeschossen!“
„Eine Katastrophe“. Das sei nur durch einen Rechtsirrtum möglich gewesen und durch junge Juristen, welche die Regelung der Weide- und Holznutzungsrechte, sowie die Übertragung des Gemeindeguts an die Agrargemeinschaften fast als Evangelium betrachteten. Bei einem Blick zurück, klärt er auf, worum es seinerzeit eigentlich gegangen ist:
„In der Nachkriegszeit ergab sich eine Änderung im Baugeschehen. Dabei ist die Frage aufgetaucht, wer Ansprüche auf Holz hat und Holz hatte damals eine große Bedeutung.“ Bei einer Regulierung sollte der Anspruch pro Haus und Gut festgelegt werden. „Doch dass die Agrargemeinschaften dabei gleichzeitig das Eigentum der Gemeinde übernommen haben, ist aus heutiger Sicht eine Katastrophe!“
Außerdem gab es nur für die Reglung der Weide- und Holznutzung eine Grundlage im Gesetz. Arnold kritisiert, dass die Agrarbehörde, die auch als Gemeindeaufsichtsbehörde im Regulierungsverfahren fungiert hat, die Interessen der Gemeinden zu wenig vertreten habe: „Sie hat die Gratisabtretungen sang- und klanglos zur Kenntnis genommen.“
Kommissar ging um. Auch der eigentliche als Gemeindevertreter bestellte Kommissar akzeptierte die Grundabtretung widerspruchslos, wenn er ihr überhaupt nicht zustimmte.
Wäre es nie zur Übertragung des Gemeindeguts an einen kleinen Teil der Bevölkerung gekommen, dann wären alle Bürger gleich: „Dann würden alle Tiroler für den Skilift zahlen, auch die Mitglieder der Agrargemeinschaften, die derzeit Gratiskarten bekommen. Dann würden alle das Wasser um sonst bekommen. Und dann könnte eine Gemeinde wieder einen Sportplatz bauen, weil sie nicht zuvor der Agrargemeinschaft den Grund abkaufen muss.“
TEXT VERBERGEN
Kaum zu glauben, aber ein historisches Faktum: Das „brandaktuelle Urteil vom März 2005 existiert nicht!
Naheliegend ist, dass mit diesen fake news vier handlungswilligen Bürgermeistern Anlass verschafft werden sollte, gegen ihre jeweilige Agrargemeinschaft rechtlich vorzugehen!
Dies ist in der Folge auch tatsächlich geschehen. In den Anträgen, die kurz nach dem Erscheinen dieser beiden Zeitungsartikel bei der Agrarbehörde anhängig gemacht wurden, wurde tatsächlich behauptet, dass diese Artikel vom 25.05.2005 maßgeblich waren, dass man von dem (angeblichen) Unrecht Kenntnis erlangt habe.
Max Paua
Wiederaufnahme- und Wiedereinsetzungsversuche