„Der Waldaufteiler“ Maximilian I. von Habsburg, genannt der letzte Ritter (* 22. März 1459 in Wiener Neustadt; † 12. Januar 1519 in Wels, Oberösterreich), war ab 1477 Herzog von Burgund, ab 1486 römisch-deutscher König, ab 1493 Erzherzog von Österreich und ab 1508 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und von 1490 bis 1519 Landesfürst von Tirol. Von Ihm stammt die älteste, nachweisbare Urkunde, in der die Anordnung einer Waldaufteilung dokumentiert ist. Diese wurde im Jahr 1510 errichtet und sie dokumentiert die Bitte der Nachbarn von Kolsass, dass ein unter Erzherzog Siegmund ausgezeigter Wald am Kolsassberg zu gleichen, nach dem Los bestimmten Teilen unter den „Feuerstätten“ aufgeteilt werde. Die Nachbarn von Kolsass haben sich dabei auf ältere solche Aufteilungen in Mils, Fritzens und Baumkirchen berufen. Kaiser Max bewilligte die Bitte und wies Christian Pirchner, Richter zu Rettenberg, und Leonhardt Möltl, Bergrichter zu Schwaz, an, die nötigen Veranlassungen zu treffen. Der Wald der „Nachbarschaft zu Berg und Dorf des Oblay Kolsass“ wurde „mit dem Los nach den Feuerstätten und billigen Dingen“ ausgeteilt, damit „niemand wieder die Billigkeit beschwert“ werde. Gebildet wurden 22 Teile, zehn für die Nachbarn vom „Berg“, zwölf für die Nachbarn im „Dorf“.
Ursprünglich haben sich die Rechts- und Nutzungsverhältnisse an den aufgeteilten Wäldern in Tirol über Jahrhunderte gleichförmig entwickelt. Das Waldeigentum wurde dem Landesfürsten zugeordnet; die Nutzungen standen den jeweiligen Nachbarschaften zu. Solche Wälder wurden „gemeine Wälder“ oder „Gemeindewälder“ genannt. Daneben gab es Wälder, deren Nutzungen für landesfürstliche Bergwerke und Salinen reserviert waren, und Wälder im Eigentum des Adels oder von kirchlichen Institutionen.
Spätestens unter Kaiser Max, sohin ab Anfang des 16. Jahrhunderts, wurden „gemeine Wälder“ unter den „Feuerstattbesitzern“ aufgeteilt; auch nach der Waldaufteilung verblieb das Eigentum beim Landesfürsten. Diese Rechtsverhältnisse haben sich erst geändert, als der Landesfürst sein Obereigentum über alle Wälder Tirols zugunsten der Holzbezugsberechtigten aufgegeben hat: Das Eigentum fiel damit an die Gemeinschaft als solche, die „Gemeinde der Holzbezugsberechtigten“.
Die Rechtsverhältnisse an einer Liegenschaft, wo die Nutzung auf „Teilwaldbesitzer aufgeteilt ist, sind mit einem Wohnungseigentum vergleichbar: unteilbares Gemeinschaftsverhältnis an der gesamten Waldliegenschaft verbunden mit einem ausschließlichen Waldnutzungsanteil. Solche Rechtsverhältnisse wurden 1935 im neuen Tiroler Flurverfassungsrecht als eine Form der Agrargemeinschaft geregelt. Alternativ kann ein Eigentum der einzelnen Besitzer angenommen werden, wenn die Waldteilung in der erforderlichen Schärfe exekutiert war (Vermessungsurkunden, Vermarkung).
Erst die Anlegung des Franziszeischen Steuerkatasters in den 1850er Jahren und die Grundbuchanlegung (1898 bis 1940) haben verwirrende Verhältnisse geschaffen. Bei der Anlegung des Steuerkatasters sind parzellierte und nicht parzellierte Waldteile entstanden, je nach dem, ob die Waldteile vermessen und als eigene Parzellen erfasst wurden oder nicht. Wann sich die Beamten für „Einzelvermessungen“ entschieden haben und wann nicht, wurde bis heute nicht untersucht. Parzellierte Teilwälder wurden im Franziszeischen Steuerkataster als Eigentum der jeweiligen Waldbesitzer ausgewiesen, nicht parzellierte Teilwälder wurden häufig auf die Etiketten „Ortschaft“ oder „Gemeinde“ eingetragen.
Die Grundbuchanlegung hat die Rechtsverhältnisse an den aufgeteilten Wäldern neu beurteilt. Ein Waldeigentum laut Steuerkataster wurde ausdrücklich als irrelevant erklärt (s Artikel: Der Gemeindeliebhaber). Als Grundsatz wurde „Gemeinde-“ oder „Fraktionseigentum“ angenommen. Rückblickend auf den Zeitraum der Grundbuchanlegung zeigen sich stark unterschiedliche Darstellungen der Rechtsverhältnisse an den aufgeteilten Wäldern („Teilwäldern“).
1) Waldbesitz, der von der Grundbuchanlegung unbestritten als freies Eigentum der Grundbesitzer anerkannt wurde; solchen Waldbesitz gibt es vor allem in den ehemals „Bayrischen Gerichten“ Kufstein, Rattenberg und Kitzbühel und in denjenigen Osttiroler Gebieten, die ehemals dem Salzburger oder Brixner Bischof zugeordnet waren
2) Waldbesitz, wo sich die Waldbesitzer ihr Einzeleigentum durch Hartnäckigkeit im Zuge der Grundbuchanlegung erkämpft haben (z. B. in Roppen)
3) Waldbesitz, der aufgrund des Tiroler Landesgesetzes vom 31.01.1910 (Änderung der Tiroler Gemeindeordnung in § 61) von den Ortsgemeinden mit Genehmigung der Landesregierung als Eigentum der Grundbesitzer anerkannt wurde und wo diese Eigentumsanerkennung grundbücherlich durchgeführt wurde; solche Wälder im Einzeleigentum erkennt man heute oft noch daran, dass im Grundbuch folgende Servitutsrechte aufscheinen: a) Viehtrieb und Holztrieb im bisherigen Umfang b) Anlegung, Wiederherstellung der bestehenden Wege c) für Gemeinde- und sonstige öffentliche Zwecke, Gewinnung von Baumaterial, Ableitung von Quellen und fließendem Wasser zur dauernden Benützung; dies alles für die jeweilige Ortsgemeinde
4) Waldbesitz, der grundbücherlich als Eigentum einer „Gemeinde“ oder „Fraktion“ geführt ist, der aufgrund des Tiroler Landesgesetzes vom 31.01.1910 als Eigentum der Grundbesitzer anerkannt wurde, wo jedoch die grundbücherliche Umsetzung aus welchen Gründen immer unterblieben ist
5) Waldbesitz, der grundbücherlich als Eigentum einer „Gemeinde“ oder „Fraktion“ geführt ist, auf dem grundbücherlich ausgewiesene, räumlich abgegrenzte, ausschließliche Holz- und Streubezugsservituten für bestimmte Liegenschaftsbesitzer lasten
6) Waldbesitz, der grundbücherlich als Eigentum einer „Gemeinde“ oder „Fraktion“ geführt ist, wo ebenfalls räumlich abgegrenzte, ausschließliche Holz- und Streubezugsrechte bestehen, ohne dass diese im Grundbuch als Servitutsrechte ausgewiesen sind, weil die Grundbuchanlegung nur Rechte nach § 63 der Gemeindeordnung zugestanden hat (und die Grundeigentümer keine weiteren Rechtsschritte gesetzt haben).
Aus heutiger Sicht sind die Unterscheidungen in den 1850er Jahren oder durch die Grundbuchanlegung zu relativieren: Wenn Grundbesitzer einen Waldteil über Jahrhunderte ausschließlich genutzt haben, ist im Moment der Aufgabe des landesfürstlichen Obereigentums Volleigentum der Privaten entstanden – abhängig von Vermessung und Vermarkung – ein Alleineigentum jedes Waldbesitzers oder ein Gemeinschaftsgut aller.
ERSTE „TEILWÄLDER“
Die ersten „Teilwälder“ entstanden spätestens am Beginn der Neuzeit, als in Tirol Erzherzog Siegmund der Münzreiche und Kaiser Max die Landesherrschaft ausübten. Die älteste nachweisbare Urkunde, in der die Anordnung einer Waldteilung dokumentiert ist, stammt aus dem Jahr 1510, der Herrschaftszeit von Kaiser Maximilian I. Diese Urkunde dokumentiert die Bitte der Nachbarn von Kolsass, dass ein ihrer Gemeinschaft unter Erzherzog Siegmund ausgezeigter Wald am Kolsassberg zu gleichen, nach dem Los bestimmten Teilen unter den „Feuerstätten“ aufgeteilt werde. Die Nachbarn von Kolsass haben sich dabei auf ältere solche Aufteilungen in Mils, Fritzens und Baumkirchen berufen. Kaiser Maximilian bewilligte die Bitte und wies die Herren Christian Pirchner, Richter zu Rettenberg, und Leonhardt Möltl, Bergrichter zu Schwaz, an, die nötigen Veranlassungen zu treffen. Der Wald der „Nachbarschaft zu Berg und Dorf des Oblay Kolsass“ sollte „mit dem Los nach den Feuerstätten und billigen Dingen“ ausgeteilt werden, damit „niemand wieder die Billigkeit beschwert“ werde. Gebildet wurden 22 Teile, zehn für die Nachbarn vom „Berg“, zwölf für die Nachbarn im „Dorf“.
Wann die noch älteren Waldaufteilungen in Mils, Fritzens und Baumkirchen durchgeführt wurden, auf die sich die Nachbarn von Kolsass im Jahr 1510 als Beispiel berufen haben, wurde noch nicht untersucht.
WALDAUFTEILUNGEN
Grundsätzlich können mehrere Phasen intensiver Waldaufteilungen festgestellt werden: Die erste war Mitte des 16. Jh. abgeschlossen; die zweite fällt in die 2. Hälfte des 17. Jh. und eine dritte in den Zeitraum um 1730. Aufgeteilt haben landesfürstliche Beamte auf Ansuchen der betreffenden Nachbarschaften und nach Bewilligung durch den Landesfürsten bzw. dessen Behörde.
Seit der Teilung nutzt ein jeder Eigentümer eines Stammsitzes sein Waldstück. Nur die Waldweide wurde typischerweise weiterhin von der ganzen Nachbarschaft ausgeübt. Das Eigentum blieb im Allgemeinen beim Landesfürsten. Erst im Zuge der Tiroler Forstregulierung 1847 verzichtete der Landesfürst auf das Obereigentum; dies zugunsten der „holzbezugsberechtigten Gemeinde als solcher“, unter Vorbehalt besserer Rechte einzelner oder dritter. Bei dieser „holzbezugsberechtigten Gemeinde“ handelt es sich nicht um die Schulgemeinde, aber auch nicht um die Kirchengemeinde und um keine Trauergemeinde, sondern um die Gemeinschaft der bezugsberechtigten „Feuerstattbesitzer“, die Summe der Teilwaldberechtigten. Für diese existierte bis zum Jahr 1935 kein rechtliches Organisationsmodell. Erst mit dem neuen Flurverfassungsrecht im Jahr 1935 konnte die Agrarbehörde diese Gemeinschaften organisieren und die Grundbucheintragungen berichtigen.
HR. Dr. Josef Jordan,
Amtserinnerungen, betr. die grundbücherliche Behandlung der Teilwälder in Deutschtirol erstattet von Hofrat Dr. Josef Jordan im J. 1929 (TLA- Bibliothek 10.551/6)
Bekanntlich gehörten die Waldungen als Teile der Almende ursprünglich den altgermanischen Marktgenossenschaften und den ihnen nachfolgenden bäuerlichen Wirtschaftsgemeinden, sind aber in der Periode der Erstarkung der landesfürstlichen Hoheitsrechte grösstenteils als Eigentum des Landesfürsten beansprucht worden, allerdings nicht als dessen Privateigentum, sondern mit der Widmung für öffentlich rechtliche Verwaltungsaufgaben (Bergbau und Hofhaltung). Eben wegen des Vorwaltens dieser öffentlich rechtlichen Gesichtspunkte ist die Nutzung der Wälder seitens der Gemeinden, bezw. der Bauern, für den Haus- und Gutsbedarf, wenn auch unter Aufsicht und Verwaltung der landesfürstlichen Forstbehörde, aufrecht geblieben und sind hauptsächlich im 18. Jahrhundert, aber auch vor- und nachher fast in allen Gemeinden grosse Teile der landesfürstlichen Waldungen ausgeschieden und unter die einzelnen Höfe nach bestimmten Teilflächen zur Nutzung verteilt worden, unbeschadet des landesfürstlichen Eigentums am Grund und Boden und der Oberaufsicht und Verwaltung der Forstbehörden.
Über diese Verteilung sind gewöhnlich auch eigene Urkunden errichtet (Teilungslibellen) worden. Die einzelnen Waldteile wurden weniger genau vermarkt und auch in Waldkarten ersichtlich gemacht. Diese Waldteile bildeten ein Zubehör zu den betreffenden Höfen und gingen mit diesen auf die Rechtsnachfolger über. Es hat sich dann die weitere Übung ausgebildet, dass die Teilwaldbesitzer aus ihren Waldanteilen nicht nur den Haus und Gutsbedarf deckten, sondern über den Mehrertrag auch zu Verkaufszwecken verfügten.
Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts waren also die heutigen Gemeindewälder, formell landesürstliches Eigentum, das aber zum grössten Teil, d.h. soweit sie nicht für Bergbauzwecke und die Hofhaltung dienten, dem Landesfürsten meistens keinen Ertrag abwarf, da sowohl die verteilten, wie unverteilten Waldungen mit den althergebrachten Nutzungsrechten der Gemeinden und Bauern belastet waren. Mit dem Niedergang der landesfürstlichen Bergwerksbetriebe verringerte sich das Interesse des Landesfürsten an den Waldungen und andererseits machte sich mit der Entwicklung des Grundsteuerwesens das Bestreben geltend, auch die Waldungen der Grundsteuer zu unterziehen. Dies hat dazu geführt, das mit dem kaiserl. Patente vom 6.11.1847 der Verzicht des Landesfürsten auf alle Waldungen mit Ausnahme bestimmter Teile, welche als ärarische Waldungen aufrecht blieben, ausgesprochen und das Eigentum daran den „holzbezugsberechtigten Gemeinden“ innerhalb ihrer Gebiete übertragen wurde, jedoch unter ausdrücklicher Wahrung der urkundmässig oder auch auf alte Übung begründeten Nutzungsrechte der Nutzungsberechtigten.
Zwecks Neuregelung der Grundsteuer, welche schließlich mit dem Grundsteuergesetz vom 24. Mai 1869, Nr 88 RGBl für ganz Österreich einheitlich durchgeführt wurde, hat eine allgemeine Katastralvermessung und Verfassung der heutigen Katastralmappen stattgefunden, und zwar in Tirol in der Zeit von 1855 bis 1861. Dabei wurden in manchen Bezirken, insbesondere im Pustertal und Unterinntal, die aufgeteilten Wälder auch in den Mappen nach den einzelnen Waldanteilen aufgrund der Teillibellen und Waldkarten ausgewiesen und mit Parzellennummern bezeichnet, während in anderen Bezirken eine solche Unterabteilung der Waldungen in der Katastralmappe unterblieben ist. Nach erhaltener Information beim Landesvermessungsamt wurde die eine oder andere Methode eingehalten, je nachdem die Vermessungsorgane eine genügende Vermarkung der Waldteilung vorgefunden haben oder nicht.
Dabei hatte die Parzellierung der Teilwälder in den Katastralmappen, wo diese stattgefunden haben, allerdings die Folge, dass diese Waldteile bzw. deren Parzellennummern, in den seit seit ungefähr 1870 angelegten Grundbesitzbögen der betreffenden Waldbesitzer aufgenommen worden sind und dass diesen auch die Waldgrundsteuern vorgeschrieben wurden.
Wir haben also mit Ende des vorigen Jahrhunderts Wälder, welche in den Katastralmappen abgegrenzt und mit eigenen Parzellennummern versehen und in den Grundbesitzbögen als Eigentum der Besitzer ausgewiesen waren und auch von diesen versteuert wurden, welche Wälder wir der Kürze halber „parzellierte Teilwälder“ (P.T.W.) bezeichnen wollen, dann Teilwälder, welche in der Katastralmappe und in den Grundbesitzbögen als unverteilter Gemeindewald aufschienen und auch von der Gemeinde versteuert wurden, in Wirklichkeit aber in der Natur und in den Gemeindewaldkarten aufgeteilt waren und von den Besitzern hinsichtlich des Holz- und Streuertrages in gleicher Weise ausschließlich genutzt wurden, die wir „nicht parzellierte Teilwälder“ (N.P.T.) nennen wollen.
Außerdem gab es in fast allen Gemeinden noch unverteilte Gemeinschaftswaldungen, die aber, besonders in Gemeinden, in denen Waldaufteilungen überhaupt nie stattgefunden haben, mehr oder weniger mit althergebrachten Holznutzungsrechten der Bauern belastet waren (Losteile etc.).
Überhaupt haben sich die Waldrechtsverhältnisse in einzelnen Gemeinden recht verschiedenartig entwickelt und sei nur beispielsweise darauf hingewiesen, dass es in manchen Gemeinde, so in Igls, Aldrans, Mutters und anderen, der alten Wirtschaftsgemeinde, bestehend aus den alten Höfen, unter dem Namen Waldinteressentschaft, gelungen ist, das Eigentum an den Waldungen zu behaupten, sodass die betreffenden heutigen politischen Gemeinden von Waldbesitz überhaupt ausgeschlossen sind. Auf solche besondere Waldrechtsverhältnisse kann in dieser Abhandlung, welche sich nur mit den so genannten Teilwäldern befasst, nicht näher eingegangen werden.
Erst mit der Anlegung der Grundbücher in Tirol aufgrund des Gesetzes vom 18.03.1897 Nr 9 EGBl ist der Teilwälderstreit entstanden, welcher durch ein Jahrzehnt den Landtag und die Behörden eingehendst beschäftigt hat. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um die Frage, sollen bei der Grundbuchsanlegung die aufgeteilten Wälder als Rechte nach § 63 der Gemeindeordnung behandelt, also wegen des Mangels des Charakters von Privatrechten im Grundbuch überhaupt nicht berücksichtigt werden, oder sollen die Holz- und Streunutzungsrechte der Teilwaldbesitzer als deren Servitutsrechte zu Lasten der Gemeinde eingetragen werden, oder sollen schließlich die Waldbesitzer als Eigentümer ihrer Waldteile anerkannt werden.
Schon die Ministerialverordnung vom 10. April 1898, Nr 9, LGBl, womit eine Instruktion für die Grundbuchanlegungs-Kommission erlassen wurde, hat sich für eine die Eintragung der Nutzungsrechte der Teilwaldbesitzer als Servituten ausgesprochen (§ 37). Dies vorbehaltlich einer Prüfung der Frage, ob nicht tatsächlich ein aufgeteiltes Einzeleigentum der Waldbesitzer vorliege.
Ausgegangen ist der Streit im Jahr 1900 bei der Grundbuchsanlegung im Bezirke Lienz, wo, wie auch im Bezirke Sillian, die aufgeteilten Wälder auch in der Mappe parzelliert waren und die Bauern unter Hinweis darauf, dass sie bzw. ihre Vorbesitzer seit Menschengedenken sich als Eigentümer der Waldteile betrachtet haben und seit 30 Jahren als solche in den Grundbesitzbögen ausgewiesen waren und die ärarischen Waldsteuern gezahlt haben, Eigentumsansprüche geltend machten und wo die Gemeindevertreter, wohl auch im eigenen Interesse als Teilwaldbesitzer, diese Ansprüche energisch vertraten.
Dagegen hielt der Landesausschuss einvernehmlich mit dem Oberlandesgericht am Standpunkt fest, dass grundsätzlich und von besonderen Waldrechtsverhältnissen abgesehen, die Gemeinden als Eigentümer und die Waldbesitzer nur als Nutzungsberechtigte einzutragen seien.
Damit gaben sich die Bauern nicht zufrieden. Es kam zu langwierigen Prozessen und heftigem Widerstand der bäuerlichen Bevölkerung und der Gemeinden selbst, nicht nur im Pustertal, sondern auch in einzelnen Bezirken Nordtirols, wobei im Schoße des Landesausschusses selbst die Abgeordneten Dr. Schöpf und Schraffl unermüdlich für die Ansprüche der Teilwaldbesitzer eintraten. Schließlich wurde vom Landesausschuss der Gefertigte nach Pustertal entsendet, um in den einzelnen Gemeinden über die Rechtsverhältnisse genaue Erhebungen zu pflegen.
Aufgrund derselben wurde durch Mehrheitsbeschluss des Landesausschusses ein Kompromiss vorbereitet, in dem Sinne, dass die Gemeinden ermächtigt werden sollten, den reklamierenden Waldbesitzern das Eigentum an ihren Waldteilen förmlich abzutreten, sodass diese auch von der Grundbuchanlegung als Eigentümer der einzelnen Waldparzellen akzeptiert wurden.
Dies unter gewissen Garantien für die Gebundenheit der Waldteile an den Hofbesitz und mit dem Vorbehalt gewisser Rechte zugunsten der Gemeinde, nämlich der Weide, des Rechtes, Wege anzulegen und Wasser abzuleiten und Baumaterial mit Ausnahme von Holz für Gemeindezwecke zu gewinnen, welche Rechte im Grundbuch als Servituten der Gemeinde eingetragen werden sollen.
Dieser Lösung des langjährigen so genannten „Teilwälderstreites“ hat sich schließlich auch der Landtag mit Mehrheitsbeschluss angeschlossen und zur leichteren Durchführung der Waldabtretungen das Gesetz vom 30.06.1910 Nr 65 LGBl geschaffen, mit welchem in Abänderung des § 61 der Gemeindeordnung, die dort dem Landtage vorbehaltene Kompetenz zur Verteilung des Stammgutes der Gemeinden unter die Gemeindeglieder, hinsichtlich der Teilwälder dem Landesausschuss übertragen worden ist.
Der Landesausschuss hat dann einvernehmlich mit dem Oberlandesgericht für die Gemeindeausschussbeschlüsse und für die Abtretungsurkunden eigene Formulare verfasst und dieselben allen Gemeinden, in welchen von den Teilwaldbesitzern in Übereinstimmung mit der Gemeindevertretung oder dem Kollisionskurator, die Eigentumsanerkennung gefordert wurde, zur Verfügung gestellt.
Diesen Kompromissweg haben sich dann die meisten Gemeinden des Pustertals zunutze gemacht, aber auch viele Gemeinden der anderen Bezirke, und zwar größenteils in den Jahren 1911 und 1912, einzelne Gemeinden je nach dem Fortschritt der Grundbuchsanlegung auch in späteren Jahren. Ursprünglich und in der größten Mehrzahl handelte es sich dabei um parzellierte Waldparzellen.
In einzelnen wurde diese Eigentumsabtretung auch für Gemeinden mit nicht parzellierten Teilwäldern bewilligt, wobei dann die genaue Vermessung und Parzellierung in der Katastralmappe gewöhnlich nachgetragen wurde.
Der allgemeine Vorgang war der, dass die Gemeindevertretung, oder bei deren Befangenheit der Kollisionskurator, nach dem vorgeschriebenen Muster den Abtretungsbeschluss fasste, dieser vom Landesausschuss genehmigt und daraufhin die grundbuchsmäßige Abtretungsurkunde, gewöhnlich von einem Notar, ebenfalls nach dem vorgeschriebenen Formulare verfasst und vom Landesausschuss überprüft und genehmigt wurde, woraufhin die grundbücherliche Durchführung der Urkunde erfolgte.
In den ersten Jahren wurde regelmäßig auch die Zustimmung der Statthalterei gem. § 21 des Forstgesetzes eingeholt, später jedoch davon abgesehen in der Annahme, dass es sich nicht um Waldaufteilungen im Sinn dieses Paragraphen handle. Nicht alle Gemeinden, in welchen sich parzellierte Teilwälder befinden, haben jedoch von diesem Rechte Gebrauch gemacht, sondern viele haben es bei der grundbücherlichen Eintragung „Eigentum der Gemeinde und ausschließliche Holz- und Streunutzungsrechte der Teilwaldbesitzer“ belassen. Manche Gemeinden haben zwar mit Genehmigung des Landeausschusses die Abtretung beschlossen, aber aus unbekannten Gründen keine Urkunde vorgelegt, weshalb natürlich auch die grundbücherliche Durchführung der Waldabtretung in solchen Fällen gleichfalls unterblieben ist. Dies gilt insbesondere von Gemeinden mit nicht parzellierten Teilwäldern, weil die Gemeinden bzw. die Teilwaldbesitzer die Kosten der Vermessung scheuten.
Diese so geschilderte Teilwälderaktion betrifft aber nur die ehemals landesfürstlichen Wälder, welche allerdings die große Mehrzahl umfassten.
In den Gemeinden, die der ehemaligen Herrschaft der Bischöfe von Brixen und Trient und wahrscheinlich auch von Salzburg unterstanden, gab es auch aufgeteilte Wälder, die aber von der landesfürstlichen Waldzuweisung nicht betroffen wurden und daher regelmäßig bei der Grundbuchsanlegung den Waldbesitzern ohne weiters als Eigentumswälder zugeschrieben worden sind.
Während nun die Rechts- und Nutzungsverhältnisse an den Teilwäldern sich im ganzen ehemaligen Deutsch Tirol ziemlich gleichförmig entwickelt haben und daher auch noch zu Ende des vorigen Jahrhunderts, abgesehen von der oben erwähnten Unterscheidung in parzellierte und nicht parzellierte Teilwälder einen einheitlichen Charakter aufwiesen, hat die Grundbuchsanlegung und die damit zusammenhängende Teilwälderaktion die Rechtsverhältnisse der Teilwälder auf ganz neue Grundlagen gestellt und verschieden geregelt, sodass wir jetzt unter den ehemaligen Teilwäldern folgende Gattungen unterscheiden müssen:
1) Teilwälder, die ins freie Eigentum der TW-Besitzer übergegangen sind, in erster Linie die ehemals bischöflichen Wälder.
2) Teilwälder, die erst aufgrund der Abtretungsurkunden ins Eigentum der Besitzer übergegangen sind, jedoch belastet mit den der Gemeinde als Servituten vorbehaltenen Rechten der Weide usw.
3) Teilwälder, die Eigentum der Gemeinde verblieben sind, jedoch belastet mit dem ausschließlichen Holz- und Streubezugsrecht der Besitzer als grundbücherliche Servituten.
4) Teilwälder, die gleichfalls Eigentum der Gemeinde verblieben sind und belastet mit dem ausschließlichen Holz- und Streubezugsrecht der Besitzer, wobei jedoch diese Nutzungsrechte im Grundbuch nicht aufscheinen, sondern noch immer als Rechte nach § 63 der Gemeindordnung zu gelten haben, aber ohne Beschränkung auf den Haus- und Gutsbedarf.
Bei allen diesen vier Gattungen ehemaliger Teilwälder hat der Eigentümer die bezügliche Grundsteuer zu zahlen, also bei 1 und 2 die Teilwälderbesitzer, bei 3 und 4 die Gemeinde, jedoch künftighin unbeschadet der Änderungen, die diesbezüglich die vom Landtag im Mai des Jahres beschlossene neue Gemeindeordnung mit sich bringen wird.
Über die heutigen Rechtsverhältnisse an den ehemaligen Teilwäldern geben nur die Grundbücher sicheren Aufschluss, nicht aber speziell hinsichtlich der Gattung 2, die bei der Landesregierung und bei den Gemeinden befindlichen Grundbuchsauszüge, weil dieselben großenteils noch vor Abschluss der Teilwälderaktion verfasst worden sind.
Wer sich genauer über die geschichtliche Entwicklung der Rechtsverhältnisse an den Teilwäldern und die Verhandlungen über die grundbücherliche Behandlung derselben informieren will, den verweise ich auf die stenografischen Landtagsberichte vom
19.04.1900, Seite 52 und Beilage 43;
02.05.1900, Seite 149 und Beilage 105,
18.06.1901, Seite 162 und Beilage 43;
17.08.1901, Seite 254 und Beilage 43;
10.09.1900, Seite 993 und Beilage 287;
21.09.1905, Seite 432 und Beilage 192,
28.04.1908, Seite 56 und Beilage 192;
02.10.1908, Seite 185 und Beilage 143;
15.10.1908, Seite 277 und Beilage 173;
07.11.1908, Seite 721 und Beilage 653;
31.01.1910, Seite 158 und Beilage 140.
Weiters auf die umfangreichen Teilwälderakten des Landesausschusses, speziell auf die Nr 29071 ex 1908; Nr 327 ex 1909, Nr 24022 ex 1909; Nr 1361/11 ex 1910; Nr 1361/14 ex 1910.
Nachstehend bringe ich aus meinen Vormerkungen auszugsweise eine Übersicht über die grundbücherliche Behandlung der Teilwälder in den einzelnen Gerichtsbezirken, wobei ich vollständigkeitshalber auch die Bezirke des abgetrennten Landesteils einbeziehe. Ich bemerke jedoch ausdrücklich, dass diese Übersicht auf Vollständigkeit nicht Anspruch machen kann, schon aus dem Grunde, weil ich während der Kriegsjahre vom Amte abwesend war und die damals unterbrochene Grundbuchsanlage auch heute in einzelnen Bezirken noch nicht abgeschlossen ist.
Von besonderem Interesse ist zu wissen, welche Gemeinden die Erlaubnis zur Abtretung der Teilwälder an die Teilwaldbesitzer durch Genehmigung der Abtretungsurkunden erhalten haben, wobei allerdings nur das Grundbuch sicheren Aufschluss gibt, ob diese Urkunden auch tatsächlich grundbücherlich zur Durchführung gekommen sind. Ich will der Kürze halber diese Gemeinde als „Urkundengemeinde“ = U.G.“ bezeichnen.
1. Gerichtsbezirk Lienz.
U.G. sind: Alle Gemeinden mit Ausnahme von Lienz und Bannberg, welche keine Urkunde vorgelegt haben, dann von Lengberg, Nikolsdorf und Nörsach, in welchen Gemeinden die Teilwaldbesitzer als Eigentümer eingetragen worden sind, wahrscheinlich weil es sich nicht um ehemals landesfürstliche Wälder gehandelt hat.
2. Ger. Bez. Sillian.
U.G. sind: Alle Gemeinden mit Ausnahme von Ober und Untertilliach, für welche das bei Lengberg Gesagte gilt und Sexten, welche Gemeinde die Abtretungsbewilligung erhalten, aber keine Urkunde vorgelegt hat.
3. Ger. Bez. Matrei i. Ost. T.
U.G. sind: Alle Gemeinden mit Ausnahme von St. Jakob, St. Veit, welche keine Teilwälder haben.
4. Ger. Bez. Telfs.
U.G. sind: keine. Teilwälder scheinen nur vorhanden zu sein in den Gemeinden Leutasch, Pettnau, Scharnitz, Seefeld.
5. Ger. Bez. Silz.
U.G. keine. In den Gemeinden, welche überhaupt T.W. haben, bleibt es bei § 63 Gde. Odg.
6. Ger. Bez. Imst.
U.G. keine. Im übrigen wie bei Silz.
7. Ger. Bez. Hall.
U.G. sind: Vögelsberg. In den übrigen Gemeinden sind viele Privatwälder und in den wenigen Gemeinden mit T.W. sind dieselben als Servituten behandelt.
8. Ger. Bez. Schwaz.
U.G. sind: Eben, Schwaz, Weer, Weerberg, Wiesing. Die übrigen Gemeinden haben keine T.W. oder keine Urkunden vorgelegt.
9. Ger. Bez. Rattenberg.
U.G. sind keine. Die meisten Gemeinden scheinen nur unverteilte Gemeindewälder zu haben.
10. Ger. Bez. Kufstein.
U.G. sind: Langkampfen.
11. Ger. Bez. Mieders.
U.G. sind: Mieders.
12. Ger. Bez. Welsberg.
U.G. sind: Antholz, Niederrasen, Olang, Pichl, Prags, Tuisten, Toblach.
13. Ger. Bez. Brunneck.
U.G. sind: Dietenhain, Issing, Kiens, Pichlern Reischach. Die meisten übrigen Gemeinden haben die Abtretungsbewilligung erhalten, aber keine Urkunden vorgelegt.
14. Ger. Bez. Taufers.
U.G. Ahornach, Gais, St. Johann, Luttach, Mühlbach, Mühlen und Sand.
15. Ger. Bez. Sterzing.
U.G. sind: Mauls, Pflersch, Ratschings, Stilfes, Telfes, Trens.
16. Ger. Bez. Passeier.
U.G. sind: keine.
17. Ger. Bez. Klausen.
U.G. sind: Villanders.
18. Ger. Bez. Kastelruth.
U.G. sind: Völs.
19. Ger. Bez. Brixen.
U.G. sind: Gufidaun und Afers.
20. Ger. Bez. Neumarkt.
U.G. sind: Salurn.
Nach meinen Vormerkungen haben ausser den oben mit U.G. bezeichneten Gemeinden anderer Bezirke, soweit in denselben die durch den Krieg unterbrochene Grundbuchanlegung bereits beendet war, sowie der Bezirke des heutigen Tirol, in denen die Grundbuchsanlegung seit dem Umsturz fortgesetzt und abgeschlossen worden ist, Abtretungsurkunden nicht mehr vorgelegt und auch von den wenigen Gemeinden, in denen die Grundbuchanlegung heute noch nicht durchgeführt ist, sind solche kaum mehr zu erwarten.
Wie aus obiger Zusammenstellung ersichtlich, haben von den Gemeinden des heutigen Tirols jene der Bezirke Sillian, Lienz und Matrei i.O. fast alle, von Oberinntal keine, von Unterinntal nur einzelne von der Teilwälderaktion Gebrauch gemacht, d.h. Übertragung des Eigentumsrechtes an die Teilwaldbesitzer, nicht nur angestrebt, wie so viele andere Gemeinden, sondern auch die bezüglichen Urkunden vorgelegt, die wohl auch mit wenigen Ausnahmen grundbücherlich durchgeführt worden sind.
Obige Darstellung soll lediglich dem Zwecke dienen, über die Entwicklung und Durchführung der T.W. Aktion eine übersichtliches Bild zu geben und damit das Studium des einschlägigen umfangreichen Aktenmateriales tunlichst zu ersparen.
Innsbruck, am 1. Juli 1928.
Dr. Jordan e.h.
Nachtrag.
Weitere vorbereitende Literatur zur Teilwälderfrage:
M. Mayer, zur Teilwälderfrage im Bezirke Lienz in Neue Tiroler Stimmen 1904 Nr. 180 ff., Sondernummern in der Archiv-Handbibliothek III, 530.
A. Schöpfer, Die Teilwälderfrage und das Grundbuch (1904).
St. Falser, Wald und Weide im Grundbuch (1896).
Molinari, Die Gerichtsurteile in der Teilwälderfrage, Ferdinandeum Bibliothek Nr. 5403. Perner, Neue Tiroler Stimmen 1906 Nr. 180.