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Hermann Wopfner – Der Bauernforscher

Hermann Wopfner (* 21. Mai 1876 in Innsbruck; † 10. Mai 1963 in Natters) war ein österreichischer Historiker, Wirtschaftshistoriker und Rechtswissenschaftler und Universitätsprofessor an der Universität Innsbruck, der er in den Jahren 1928 und 1929 als Rektor vorstand. Univ.-Prof. DDr. Dr. hc. Hermann Wopfner studierte Geschichte, Rechtswissenschaften und Geographie in Innsbruck, Wien, Tübingen und Leipzig. 1900 promovierte er mit einer Dissertation über den deutschen Bauernkrieg der Jahre 1525 und 1526. Vier Jahre später habilitierte er in Wirtschaftsgeschichte und nach weiteren zwei Jahren in österreichische Geschichte. Er befasste sich mit den Rechtswissenschaften und promovierte 1909 in Tübingen zum Dr. jur. mit einer Dissertation über das Freistiftrecht in Tirol. Bereits ein Jahr zuvor 1908 wurde er zum außerordentlichen Professor an die Universität Innsbruck berufen, wo er 1914 den Lehrstuhl (Ordinarius) für österreichische Geschichte und allgemeine Wirtschaftsgeschichte besetzte und dessen Rektor er 1928 und 1929 wurde. 1923 gründete er das Institut für geschichtliche Siedelungs- und Heimatkunde der Alpenländer an der Philosophischen Fakultät der Innsbrucker Universität. 1929 wurde er zum geschäftsführenden Vorsitzenden des „Atlas der deutschen Volkskunde (ADV) in Österreich“ ernannt. Das Institut für Volkskunde leitete er bis 1938 sowie nach dem Zweiten Weltkrieg von 1945 bis 1949. Wopfner war Ehrenmitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften und erhielt 1956 das Ehrendoktorat der Universität Innsbruck
Hermann Wopfner (* 21. Mai 1876 in Innsbruck; † 10. Mai 1963 in Natters) war ein österreichischer Historiker, Wirtschaftshistoriker und Rechtswissenschaftler und Universitätsprofessor an der Universität Innsbruck, der er in den Jahren 1928 und 1929 als Rektor vorstand. Univ.-Prof. DDr. Dr. hc. Hermann Wopfner studierte Geschichte, Rechtswissenschaften und Geographie in Innsbruck, Wien, Tübingen und Leipzig. 1900 promovierte er mit einer Dissertation über den deutschen Bauernkrieg der Jahre 1525 und 1526. Vier Jahre später habilitierte er in Wirtschaftsgeschichte und nach weiteren zwei Jahren in österreichische Geschichte. Er befasste sich mit den Rechtswissenschaften und promovierte 1909 in Tübingen zum Dr. jur. mit einer Dissertation über das Freistiftrecht in Tirol. Bereits ein Jahr zuvor 1908 wurde er zum außerordentlichen Professor an die Universität Innsbruck berufen, wo er 1914 den Lehrstuhl (Ordinarius) für österreichische Geschichte und allgemeine Wirtschaftsgeschichte besetzte und dessen Rektor er 1928 und 1929 wurde. 1923 gründete er das Institut für geschichtliche Siedelungs- und Heimatkunde der Alpenländer an der Philosophischen Fakultät der Innsbrucker Universität. 1929 wurde er zum geschäftsführenden Vorsitzenden des „Atlas der deutschen Volkskunde (ADV) in Österreich“ ernannt. Das Institut für Volkskunde leitete er bis 1938 sowie nach dem Zweiten Weltkrieg von 1945 bis 1949. Wopfner war Ehrenmitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften und erhielt 1956 das Ehrendoktorat der Universität Innsbruck

von
Bernd Oberhofer

o. Univ.-Prof. DDr. Dr. hc. Hermann Wopfner als Rektor der Universität Innsbruck (1928)
geboren: 21. Mai 1876 in Innsbruck (Tirol)
verstorben: 10. Mai 1963 in Natters
Gymnasium in Innsbruck
Studium der Geschichte in Innsbruck, Wien und Leipzig
1900: Promotion Dr. phil. (Thema: Tiroler Bauernkrieg 1525/26)
Tätigkeit am Innsbrucker Stadthaltereiarchiv
1904: Habilitation für Wirtschaftsgeschichte
1906: Habilitation für Österreichische Geschichte
Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen
1908: außerordentlicher Professor für Österreichische Geschichte
1909: Promotion Dr. jur (Thema: Das tirolische Freistiftrecht)
1914: ordentlicher Professor für Österreichische Geschichte und
allgemeine Wirtschaftsgeschichte an der Universität Innsbruck
1928 und 1929: Rektor der Universität Innsbruck
1934: korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften
1945: Übernahme der Lehrkanzel für Volkskunde in Innsbruck
1953: Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften
1956: Ehrendoktorat der Universität Innsbruck

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Wie kein anderer hat der Tiroler Universitätsprofessor DDr. Dr. hc. Hermann Wopfner sein gesamtes wissenschaftliches Lebenswerk der Siedlungs-, Kultur-, Wirtschafts- und Rechtsgeschichte des Tiroler Bauernstandes gewidmet.

Das Ergebnis seiner lebenslangen Forschungen findet sich zusammengefasst im “Bergbauernbuch”, drei Buchbände, gegliedert in XII Hauptstücke, ca 1.800 Seiten insgesamt.

Im Rahmen des V. Hauptstückes, “Von der `Gemain´ und der Gemeinde” erklärt Wopfner auch, was unter dem Begriff “Fraktion” in Tirol zu verstehen sei. Wopfner deutet den Begriff “Fraktion” als „Kanzleisprachenausdruck” für eine “Nachbarschaft” (Hermann Wopfner, Bergbauernbuch, Band 2, Seite 255). Nähere Ausführungen zur Begründung finden sich bei Wopfner nicht.

Wopfner schrieb diese Zeilen vor Jahrzehnten. Den Ausbruch des Agrarstreits in Tirol konnte er nicht vorhersehen. Genauso wenig konnte er vorhersehen, dass die Frage, was unter den „Fraktionen“ zu verstehen sei, 50 Jahre nach seinem Tod eine der brennenden Fragen im Tiroler Agrarstreit würde.

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Der Bauernforscher

Am 10. Mai 2013 jährte sich zum 50. Mal der Todestag eines großen Tirolers, des Begründers der Volkskunde in Tirol und „Bauernforschers“ Hermann Wopfner (*21. Mai 1876 in Innsbruck). Er studierte Geschichts- und Rechtswissenschaft; ab 1904 lehrte er an der Universität Innsbruck Wirtschaftsgeschichte und zusätzlich Österreichische Geschichte. Mit 32 Jahren wurde Wopfner zum Universitätsprofessor für beide Fächer ernannt. 1941 zog er sich vom Universitätsbetrieb zurück, um sich ganz der Forschung zu widmen. Auf seinem Bauerngut in Natters, dem Plumeshof, verfasste er sein Hauptwerk, „Das Bergbauernbuch“.

Hermann Wopfner war alles andere als ein „Schreibtischtäter“. Planmäßig durchwanderte er die Täler Tirols und studierte aus nächster Nähe Arbeitstechniken, Traditionen und Lebensweise der Bergbauern. „Auf zahlreichen Wanderungen über Berg und Tal durchstrich er das ganze alte Land Tirol, bis hinauf zu den letzten Einödhöfen am Fuß der Gletscher, herüber und hinüber über die Pässe und Jöcher, um das Verkehrsproblem am eigenen Leibe zu erleben. Die Kamera auf dem Rücken und den Notizblock in der Hand, die Augen offenhaltend für alle Eigenart und die Alten befragend, die selbst Zeugnis der Vergangenheit sind, gewann er Einblicke in das bäuerliche Leben und Denken wie keiner vor ihm.“ (Franz Huter)

Gegen Ende seiner wissenschaftlichen Tätigkeit begann er mit der Verfassung des „Bergbauernbuchs“, ein Alterswerk, das „als glückliche Zusammenfassung seiner Lebensarbeit“ und als „geradezu monumental“ bezeichnet wird. Im Vorwort dazu wird Wopfners große Bewunderung für den Tiroler Bergbauernstand deutlich: „Ich habe dies Buch in alter Liebe zum Bergbauerntum und im Gedenken an meine bergbäuerlichen Vorfahren dem Tiroler Bauernstand zugeeignet“. Er wollte nicht ausschließlich ein wissenschaftliches Werk über die Bauern, sondern vor allem eines für die Bauern schreiben. Das dreibändige Werk, ca 1800 Seiten insgesamt, sollte – so Wopfner im Vorwort – das wirtschaftliche Leben der Tiroler Bergbauern in Vergangenheit und Gegenwart schildern. Es sollte die besonderen Schwierigkeiten vor Augen führen, mit welchen der Bergbauer in seiner Wirtschaft und damit auch in seinem ganzen Leben zu kämpfen hat. „Es soll aber auch zeigen, wie unsere Bergbauern diesen stillen, aber harten Kampf mit dem Berg in Ehren geführt haben.“

Wopfner äußerte im Vorwort seine Zuversicht, dass sein Werk – trotz seines Umfanges – in den bäuerlichen Kreisen den einen oder anderen Leser finden werde. Er hoffte auf die bergbäuerlicher Zähigkeit, mit der so mancher bei guter Gelegenheit sich das eine und andere Kapitel vornehmen werde. Um den Lesern entgegen zu kommen, hat er den Text durch Anführung zahlreicher Beispiele erläutert. Weder vor Wopfner noch nach ihm gab es eine Persönlichkeit, die sich intensiver mit der Tiroler Bauernschaft beschäftigt hätte.

Wopfner erlebte die Vollendung seines „Lebenswerkes“ nicht. Als er verstarb lag das Manuskript des vierten Bandes aufgeschlagen auf seinem Schreibtisch. Zu seinen Lebzeiten erschienen zwischen 1951 und 1960 nur drei Lieferungen des ersten Bandes. Sein Schüler Nikolaus Grass hat das Werk aus dem Nachlass in drei Bänden herausgegeben.

Wopfner bekleidete in den Jahren 1928 und 1929 das Amt des Rektors der Leopold Franzens Universität Innsbruck. Er war ab 1953 Ehrenmitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften und erhielt 1956 das Ehrendoktorat der Universität Innsbruck.

Persönlichkeit und Werk

(aus dem Vorwort zum Bergbauernbuch, von Nikolaus Grass)

Die Wopfner sind ein ursprünglich bäuerliches Geschlecht, das schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts auf dem Hof Wopfenstatt am Wattenberg oder Wattens saß. Gleich vielen anderen bergbäuerlichen Familien haben sich auch die Wopfner von ihrem Berghof aus weit über das Tiroler Land hin verbreitet. Ein Spross dieses Geschlechts, Oswald Wopfner, zog in den Volder Wald und erwarb schließlich das Gut Inneregg am Großvolderberg. Einer seiner Söhne ließ sich als Gerber in Grinzens nieder. Dessen Sohn Franz (1674 – 1756) übersiedelte als Gerber nach Innsbruck und begründete den Innsbrucker Zweig der Familie, die nacheinander – durch rund 1 1/2 Jahrhunderte – sechs Gerber stellte. Noch der Vater des Bauernforschers, Josef Wopfner, wollte den Beruf des in der Familie traditionellen Gerberhandwerkes ergreifen, doch riet ihm sein Vater davon ab, da dieses Gewerbe in seinem überkommenen handwerksmäßigen Betrieb keine guten Aussichten zu bieten schien. Daher wandte sich Josef Wopfner dem Kaufmannsberuf zu und gründete in der Innsbrucker Maria-Theresien-Straße ein Tuchgeschäft, das besonders auf die Bedürfnisse bäuerlicher Kunden ausgerichtet war und nicht nur dem örtlichen Handel diente, sondern seine Waren in alle Teile Alttirols verschickte und auch die Landkaufleute mit Waren versorgte. Josef Wopfner war ein angesehener Bürger der Landeshauptstadt, saß im Gemeinderat und war mehrere Jahre sogar Vizepräsident der Nordtirolischen Handelskammer. Viele Jahre war er auch als Laienrichter tätig und wurde mit dem Titel eines „Kaiserlichen Rates“ ausgezeichnet.

Verheiratet war Josef Wopfner mit Amalia Neuhauser. Dessen Ehe entspross unter anderem Hermann Wopfner, der am 21. Mai 1876 in Innsbruck zur Welt kam. Sein Vater wollte ihn für den Kaufmannsberuf gewinnen und schickte den aufgeweckten Buben zuerst ans Gymnasium. Nach der Matura und der Ableistung des Militärjahres entschied sich Hermann für das Studium der Geschichte, das er im Wintersemester 1896/97 an der Innsbrucker Universität begann.

Die freundliche Einstellung seines Vaters gegenüber dem Bauernstand hatte auch den jungen Wopfner für Bäuerliches eingenommen. Wopfner widmete sich den Bauernkriegen des Jahres 1525, der Vorgeschichte dazu und dem Tiroler Bauernrebellen Michael Gaismair. Die Forschungsarbeiten zum Thema bewogen Wopfner, Student und Schüler des Leipziger Historikers Karl Lamprecht zu werden und nach Leipzig zu Studienzwecken zu übersiedeln (1898). Nach Innsbruck zurückgekehrt, wurde Wopfner Assistent des Historikers Ludwig von Pastor an der Universität Innsbruck. Gleichzeitig ging Wopfner an die Ausarbeitung seiner Doktorarbeit, die Darstellung von Ursachen und Verlauf des Tiroler Bauernkrieges. Bei dieser Arbeit kam ihm zum ersten Mal so recht zum Bewusstsein, welche Bedeutung die Freiheit für ein Volk besitzt. Die Arbeit an der Geschichte des Tiroler Bauernkrieges 1525 mehrte Wopfners Interesse für den Bauernstand in Vergangenheit und Gegenwart. Im Mai 1900 wurde der junge Historiker in Innsbruck zum Doktor der Philosophie promoviert. Im Juni 1900 trat Wopfner in den Dienst des Innsbrucker Statthalterei-Archives, des heutigen Tiroler Landesarchives.

Bei seinen Studien über die Ursachen der Bauernkriege wurde Wopfner auf die Bedeutung des bäuerlichen Besitzrechts hingewiesen. Dies führte zu einer größeren wissenschaftlichen Arbeit, den Beiträgen zur Geschichte der freien bäuerlichen Erbleihe „Deutsch Tirols im Mittelalter“, die 1903 erschienen ist. Dieses fast 300 Seiten umfassende, größenteils auf Primären, vielfach aus Archiven geschöpften Material beruhende Werk machte seinen Autor weithin bekannt. Neben der Erbleihe „dem Erbbaurecht“, gab es in Tirol auch die Zeitleihe. Darüber berichtet Wopfners Abhandlung über „das Tiroler Freistiftrecht“, ein Beitrag zur Geschichte des bäuerlichen Besitzrechtes“, erschienen 1905 und 1906. Parallel erschien im Jahr 1906 Wopfners Buch „Das Allmendregal des Tiroler Landesfürsten“. Ein weiteres Werk Wopfners, „Die Lage Tirols zum Ausgang des Mittelalters (erschienen in Berlin 1908) sowie Wopfners „Quellen zur Geschichte des Bauernkrieges in Deutsch Tirol“ (ebenfalls erschienen 1908) gründeten die vorwiegend quellenmäßige Erforschung der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte sowie Rechtsgeschichte des Tiroler Bauernstandes ab. Parallel beendete Wopfner seine Tätigkeit als Archivbeamter. Schon 1904 hatte die Innsbrucker Universität aufgrund des „Erbleihebuchs“ dem jungen Gelehrten die Lehrbefugnis für Wirtschaftsgeschichte verliehen und diese im Jahr 1909 auf österreichische Geschichte erweitert. Im gleichen Jahr wurde Wopfner, damals 32-jährig, zum Professor beider Fächer an der Universität Innsbruck ernannt.

Mit Erreichen der Professur begann für Wopfner ein neuer Lebensabschnitt. Schon in den ersten Jahren des Lehramtes begann er die geschichtliche Volkskunde in seine Forschungen einzubeziehen. Aus seinem Interesse am Bauernstand ergab sich die Hinlenkung zur Volkskunde. Die Kenntnis vom bäuerlichen Volk der Gegenwart erschien in mancher Hinsicht als aufschlussreiche Quelle für das Verständnis älterer Wirtschafts- und Kulturzustände, wie Wopfner später in seinen Abhandlungen über „Die Bedeutung der Volkskunde für die Wirtschaftsgeschichte, dargestellt an Beispielen aus der Tirolischen Volkskunde“ (veröffentlich 1932) näher ausführte. Auch im Unterricht begann Wopfner volkskundliche Fragen zu behandeln. So war die Innsbrucker Universität wohl eine der ersten deutschsprachigen Hochschulen, an denen solche Vorlesungen gehalten wurden.

Im Verlauf seiner Arbeit entschloss sich Hermann Wopfner zur planmäßigen Durchwanderung der einzelnen Täler Tirols. Gleich seinem Vorbild Wilhelm Heinrich Riehel handelte Hermann Wopfner nach dem Grundsatz, dass Volkskunde „erwandert“ werden müsse. Seine Erkundungsfahrten unternahm er meist allein. Mit dem gewichtigen Fotoapparat und einer größeren Anzahl fotografischer Platten im Rucksack und das Notizheft in der Hand durchwanderte er vor allem in den 1920er Jahren beinahe das ganze Tiroler Land nördlich wie südlich des Brenners, wobei er auch Nachbargebiete wie etwa das Engadin oder Oberkärnten besuchte, um gegenseitige Beeinflussungen oder Unterschiede festzustellen. Um die Abhängigkeit der bäuerlichen Siedlung von Grund und Boden besser beurteilen zu können, besuchte Hermann Wopfner schon als Universitätsprofessor die Vorlesungen des um Jahre jüngeren Innsbrucker Geologen Raimund von Klebelsberg.

Als wichtigstes Ziel dieser Wanderungen und des Verkehrs mit den Bauern stand für Hermann Wopfner die Erkenntnis der geistigen Eigenart des bäuerlichen Volkes vor Augen. Diese Aufgabe ist jedoch besonders schwierig, denn der Bauer enthüllt nicht so leicht wie manch redseliger Städter sein Innerstes. Bei den vielen Wanderungen, die Wopfner noch vor dem Ersten Weltkrieg und dann während seiner Kriegsdienstleistung unternahm, konnte er die Verödung zahlreicher Berghöfe und deren Umwandlung in Zugüter und Almen beobachten. Dies führte zur Abfassung der Studie „Der Rückgang der bäuerlichen Siedlungen in den Alpenländern“ (Innsbruck 1917). Die Beobachtungen über die Höhenflucht gaben Anlass, die einstige maximale Ausdehnung der Höhensiedlung zu erkunden. So wurde Wopfner zum Erforscher und Bahnbrecher der Siedlungsgeschichte Tirols. Über Anregung aus Kreisen des deutschen und österreichischen Alpenvereins schrieb Wopfner die vorbildliche Abhandlung über „Die Besiedlung unserer Hochgebirgstäler, dargestellt an der Siedlungsgeschichte des Brennergebietes“, die im Jahr 1950 in München erschienen ist. Es folgen die weit ausgreifenden Studien über „Tirols Eroberung durch deutsche Arbeit“ (1922) und über „Deutsche Siedlungsarbeit in Südtirol“ (1926). Durch diese Schriften hat Wopfner den Grund gelegt und ein Vorbild geschaffen für eine Siedlungsgeschichte unseres Landes. Manche seiner Dissertanten haben in regionalen Untersuchungen die Kenntnis des Siedlungsvorgangs erweitert. Die siedlungsgeschichtliche Arbeit ergänzte Wopfner noch durch seine Beobachtungen über den bäuerlichen Hausbau. Seine bei der volkskundlichen Forschung gesammelten Erfahrungen legte er in seiner „Anleitung zur volkskundlichen Beobachtung auf Bergfahrten“ (Innsbruck 1927) nieder.

Vorarbeiten zum „Bergbauernbuch“

Im Jahr 1927 unternahm Wopfner den ersten Anlauf, die in vielen Abhandlungen aufbereiteten Forschungsergebnisse und in zahllosen Wanderfahrten gesammelten Beobachtungen zu einer Darstellung der Tirolischen Volkskunde zu verarbeiten (1927). Eine sehr viel eingehendere Volkskunde Tirols verfasste Wopfner für das vom deutschen und österreichischen Alpenverein herausgegebene zweibändige Werk „Tirol, Land und Natur, Volk und Geschichte, geistiges Leben“ (München 1933). Die umfangreichen Beiträge Wopfners (Entstehung und Wesen des Tirolischen Volkstums; Bäuerliche Siedlung und Wirtschaft) bildeten die erste moderne Darstellung der bäuerlichen Volkskunde Tirols, gegliedert nach ihren wichtigsten Zweigen.

Im Frühjahr 1933 hatte in Deutschland Adolf Hitler die Regierung übernommen. Einem drohenden nationalsozialistischen Einmarsch gegenüber glaubte die österreichische Bundesregierung einen autoritären Kurs einschlagen zu müssen, der alttirolischem Wesen nicht entsprach. Hermann Wopfner war bemüht, in Vorträgen und Zeitungsartikeln den demokratischen Gedanken und die Überlieferung der Tirolischen Landesfreiheiten breiteren Kreisen vor Augen zu führen. Diesem  Gedanken unter der Schilderung Tirolischen Bauerntums in Vergangenheit und Gegenwart sollte ein größeres Werk dienen, das Hermann Wopfner damals zu entwerfen begann. Es sollte den bezeichnenden Titel „Von der Ehre und Freiheit des Tiroler Bauernstandes“ führen, von dem allerdings nur ein Teilband erschienen ist. Die Verhältnisse in den 1930er Jahren waren allerdings einer Vollendung dieses Projektes ungünstig.

Ausarbeitung des Bergbauernbuches

Vom Ende der 1930er Jahre bis zu seinem Tod im Jahr 1963 arbeitete Wopfner an einem General- und Lebenswerk, seinem letztlich auf zwölf Hauptstücke ausgedehnten und in der Endfassung 1800 Druckseiten umfassenden „Bergbauernbuch“. Die Arbeiten gingen nur langsam voran, obwohl Wopfner sich schon 1941 – fünf Jahre vor Erreichen der Altersgrenze – über eigenes Ansuchen in den dauernden Ruhestand getreten ist. Für diese Schritt war vor allem der Wunsch entscheidend, die Zeit ganz dem Abschluss des Lebenswerkes, dem „Bergbauernbuch“ zu widmen. Für dieses hatte er seit Jahrzehnten Material gesammelt und ansehnliche Vorarbeiten geleistet. Auch die ganzen Zeitumstände – vom Herbst 1939 bis anfangs Mai 1945 Krieg und eine Regierung, die Wopfners Freiheitsideal zuwider war – bestärkten ihn in seinen Plänen.

Die Drucklegung einer ersten Auflage des Bernbauernbuches in München 1942, scheiterte kriegsbedingt. Die ersten drei Hauptstücke, „Wie der Tiroler Bauer seine Heimat gewonnen hat“, „Von Teilung der Güter und Überbevölkerung“ und „Von der Freiheit des Tiroler Bauern und ihren Grundlagen“ erschienen in den Jahren 1951, 1954 und 1960. Die Hauptstücke vier bis zwölf wurden erst in den 1900er Jahren von Hermann Wopfners Schüler, Univ.-Prof. DDDr. DDDr. hc. Nikolaus Grass herausgegeben; dies in zwei Bänden. Gleichzeitig wurden die ersten drei Hauptstücke als Band I gemeinsam mit einem Vorwort des Herausgebers veröffentlicht.

Aus diesem Vorwort sind die vorstehenden Ausführungen entnommen.

Bernd Oberhofer

Literaturempfehlung:

Hermann Wopfner, Bergbauernbuch, 3 Bände, Universitätsverlag Wagner, Innsbruck.

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