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Margarethe Maultasch von Tirol. Skandal-Lady des 14. Jahrhunderts

Margarethe von Tirol, „Schutzpatronin der Frauenemanzipation“ (* 1318 in Tirol; † 3. Oktober 1369 in Wien), war die Tochter von Heinrich Herzog von Kärnten und Graf von Tirol und Görz, aus dessen Ehe mit Adelheid von Braunschweig. Gegen alle Konvention der damaligen Zeit hatte sich die 23jährige vom böhmischen Königssohn Johann Heinrich befreit, den man ihr 12jährig als Ehegatten aufgezwungen hatte. Entgegen dem päpstlichen Verbot akzeptierte sie die Annullierung ihrer Ehe mit Johann Heinrich von Böhmen durch Kaiser Ludwig und die Wiederverheiratung durch diesen als „oberstem Standesbeamten“ des Deutschen Reiches. Die päpstlichen Bannflüche aus Avignon konnten ihre Herrschaft in Tirol nicht ins Wanken bringen. Erst nach 17 Jahren gab der päpstliche Stuhl dem Druck ihrer Fürsprecher aus dem Hause Habsburg nach und der Papst legitimierte und Margarethes Ehe mit Ludwig von Brandenburg, dem Sohn von Kaiser Ludwig. Unter einem wurde ihr gemeinsamer Sohn Meinhard III. legitimiert, sodass dieser die Habsburgertochter Margarethe von Österreich heiraten konnte. Margarethe von Tirol setzte im dunklen Spätmittelalter erfolgreich ein Beispiel des Frauenerbrechts sowie des Rechts auf staatliche Ehescheidung. Die Männerwelt „dankte“ es ihr mit übler Nachrede betreffend ihres Aussehens und der Unterstellung, dass sie ihren zweiten Gatten Ludwig von Brandenburg und ihren Sohn Meinhard III. Graf von Tirol und Herzog von Bayern, durch Giftanschläge beseitigt hätte.
Margarethe Maultasch von Tirol, „Schutzpatronin der Frauenemanzipation“ (* 1318 in Tirol; † 3. Oktober 1369 in Wien), war die Tochter von Heinrich Herzog von Kärnten und Graf von Tirol und Görz, aus dessen Ehe mit Adelheid von Braunschweig. Gegen alle Konvention der damaligen Zeit hatte sich die 23jährige vom böhmischen Königssohn Johann Heinrich befreit, den man ihr 12jährig als Ehegatten aufgezwungen hatte. Entgegen dem päpstlichen Verbot akzeptierte sie die Annullierung ihrer Ehe mit Johann Heinrich von Böhmen durch Kaiser Ludwig und die Wiederverheiratung durch diesen als „oberstem Standesbeamten“ des Deutschen Reiches. Die päpstlichen Bannflüche aus Avignon konnten ihre Herrschaft in Tirol nicht ins Wanken bringen. Erst nach 17 Jahren gab der päpstliche Stuhl dem Druck ihrer Fürsprecher aus dem Hause Habsburg nach und der Papst legitimierte und Margarethes Ehe mit Ludwig von Brandenburg, dem Sohn von Kaiser Ludwig. Unter einem wurde ihr gemeinsamer Sohn Meinhard III. legitimiert, sodass dieser die Habsburgertochter Margarethe von Österreich heiraten konnte. Margarethe von Tirol setzte im dunklen Spätmittelalter erfolgreich ein Beispiel des Frauenerbrechts sowie des Rechts auf staatliche Ehescheidung. Die Männerwelt „dankte“ es ihr mit übler Nachrede  betreffend ihres Aussehens („Margarethe Maultasch“) und der Unterstellung, dass sie ihren zweiten Gatten Ludwig von Brandenburg und ihren Sohn Meinhard III. Graf von Tirol und Herzog von Bayern, durch Giftanschläge beseitigt hätte.

Margarethe Maultasch von Tirol
Skandal-Lady vergangener Zeit

von
Bernd Oberhofer

13. Jänner 1363: Margarethe, die Erbgräfin von Tirol, hält ihren toten Sohn Meinhard in den Armen. Die Geschichtsschreiber sollten ihm den Namen „Meinhard III.“ geben. Erst über die Jahresfrist hatte Margarethe ihren geliebten Gatten Ludwig von Wittelsbach, den alle nur „den Brandenburger“ nannten, Landesfürst von Tirol und Herzog von Bayern, 46jährig zu Grabe getragen. Nun hatte sie auch noch das letzte von vier Kindern, Meinhard, verlassen. Die Erbgräfin Margarethe zählt 45 Lenze und sie ist vom Leben erschöpft. Margarethe weiß, dass mit dem Tod ihres Sohnes die Linie der Grafen von Tirol zum Aussterben bestimmt ist. Vor wenigen Tagen hatte ihr Sohn auf einem Tanzfest in Meran erhitzt einen kalten Trunk getan. Seitdem hatte er mit dem Tod gerungen. Und sie, seine Mutter, hatte nichts für ihren Sohn, tun können.

Schon in Margarethes Vater Heinrich, war die Kraft des Geschlechts der Grafen von Tirol, der Meinhardiner, verblasst. Ihr Vater hatte es durch glückliche Umstände erreicht, die Grafschaft über Tirol und das Herzogtum über Kärnten mit der Würde eines Königs von Böhmen zu vereinen (1307). Den ganzen Machtzuwachs hatte ihr Vater aber nicht nutzen können. Nach  nur drei Jahren verlor er das Königreich Böhmen an Johann von Luxenburg (1310). Seither hatte sich das Geschlecht der Luxenburger im Königreich Böhmen festgesetzt. Die Luxenburger gründeten darauf ihre Hausmacht, die den Sohn Johanns von Luxenburg, Karl, und Johanns Enkel Sigismund, an die oberste Spitze des Reiches, auf den Kaiserstuhl, bringen sollte (1346: Karl IV.; 1411 Sigismund). Drei Ehen hatte ihr Vater Heinrich Graf von Tirol und Herzog von Kärnten geschlossen; keine dieser Ehen war mit einem männlichen Erbfolger gesegnet. So war sie, Margarethe, zur „Erbgräfin“ geworden.

1330: Kinderhochzeit in Innsbruck

Gräfin Margarethe streicht über das blasse Antlitz ihres toten Sohnes. Für einen Moment schwinden ihr die Sinne. Die Bilder ihrer Jugend steigen in ihr auf. Das jähe Ende ihrer Kindheit im Oktober 1327 mit gerade neun Jahren, als der ihr Vater einen fünfeinhalb jährigen „Rotzbuben“ nach Schloss Tirol gebracht hatten. Johann Heinrich hatte er geheißen, aus dem Geschlecht der Luxenburger, der jüngere Sohn des mächtigen Königs Johann von Böhmen. Ihr Vater hatte sich mit dem Luxenburger ausgesöhnt. Der Tiroler Graf hatte in ihm den starken Verbündeten für die Erbfolge der Tochter gefunden. Margarethe hatte ihn nie leiden können, den böhmischen Rotzbuben. Trotzdem hat ihr Vater sie drei Jahre später (September 1330) als Gegenleistung für Geldversprechen des Luxenburgers mit dem Böhmenbuben verheiratet. Johann Heinrich war zur Hochzeit acht Jahre alt; sie, Margarethe, war gerade zwölf. Wie hatte sie den Böhmenbuben gehasst! Zum Vollzug der Ehe war es nie gekommen; der Böhmenbube hatte es nie gewagt, sie, Margarethe, anzufassen.

Knappe fünf Jahre später, bald nach Margarethes 17. Geburtstag, war ihr Vater gestorben (2. April 1335). Da zeigte sich schnell, dass der damalige Kaiser Ludwig von Wittelsbach, „der Bayer“, Pläne für die Länder ihres Vaters hatte. Gleich nachdem  der Böhmenkönig seinen jüngeren Sohn im September 1330 glücklich in Tirol und Kärnten eingeheiratet hatte, konnte sich Kaiser Ludwig mit den Habsburger Herzögen von Österreich verabreden. Die Pläne des Böhmenkönigs, Tirol und Kärnten für das Geschlecht der Luxenburger zu erwerben, sollten versalzen werden: Kaiser Ludwig versprach dem Hause Habsburg auf den Todesfall des Tiroler Grafen die Belehnung mit dem Herzogtum Kärnten und als Draufgabe den südlichen Teil Tirols; den nördlichen Teil Tirols wollte der Kaiser seinem Herzogtum Bayern angliedern.  Die Grenze sollte Finstermünz, der Jaufen-Pass  sowie die Peisser-Holzbrücke über den Eisack bilden, jene Holzbrücke, die Oberau und Unterau verbunden hat. Sterzing sollte Bayrisch werden. Brixen sollte den Habsburgern zufallen.

Tirol: Objekt der Begierde

Margarethes Vater war Anfang April 1335 verstorben. Um die Luxenburger Herrschaftsübernahme zu verhindern, kamen die Habsburger-Herzöge Albrecht und Otto von Österreich noch im gleichen Monat in Linz mit Kaiser Ludwig zusammen. Der Kaiser erklärte Tirol und Kärnten zu „erledigten Reichslehen“. Margarethes Erbrecht wurde aberkannt. Schon am 2. Mai 1335 wurden die Habsburger-Herzöge Albrecht und Otto mit dem Herzogtum Kärnten und mit dem südlichen Teil Tirols samt der Schirmvogtei über die Bistümer Brixen und Trient, belehnt. Der nördliche Teil Tirols sollte den Söhnen des Kaisers, somit dem Haus Wittelsbach-Bayern, zu fallen.

Nur durch rasche Rüstung und energische Verteidigung hätte sich das luxenburgische Haus das Herzogtum Kärnten erhalten können. Das war jedoch nicht geschehen. Schon im Juni 1335 rückte der Habsburger-Herzog Otto in Kärnten ein. Er hatte sich mit dem Landeshauptmann und Landmarschall Konrad von Aufenstein verständigt. Der Aufensteiner, ein Tiroler mit Stammsitz im Wipptal, bewog die Unterwerfung des Kärntner Adels. Anders handelten die Tiroler, die nur sie, Margarethe, die Tochter des Fürsten, als rechtmäßige Herrin anerkannten. Ohne auf Hilfe aus Böhmen zu warten griff der Tiroler Volkmar von Burgstall mit seinen Scharen im Sommer 1335 Schloss Aufenstein bei Matrei/Wipptal an und zerstörte den Stammsitz des treulosen Konrad. Endlich im Dezember 1335 war Margarethes Schwager, Karl von Luxenburg, in Tirol eingetroffen. Mit Zustimmung der Tiroler Landherrn nahm Karl die Zügel der Regierung Tirols in die Hand. Er organisierte tatkräftig die Verteidigung des Landes gegen Bayern, Salzburg und Görz sowie im Süden gegen die Herrn von Verona. Überall hatten der Wittelsbacher Kaiser und die Herzöge von Habsburg-Österreich ihre Verbündeten. Nach vergeblichen Friedensverhandlungen startete Margarethes Schwiegervater, der Böhmenkönig Johann von Luxenburg, im Februar 1336 einen „Entlastungsangriff“ auf Österreich. Margarethes Schwager Karl überschritt am 1. April 1336 mit den Tiroler Scharen die Grenze bei Mühlbach im Pustertal und drang in der damaligen Grafschaft Görz ein. Erst bei der Lienzer Klause wurden Karl und die Tiroler Truppen gestoppt.

Kaiser Ludwig hatte sich jedoch bereits wenige Monate später mit den Herzögen von Habsburg-Österreich entzweit. So kam es noch im Oktober 1336 zu einem Friedensvertrag zwischen Habsburg-Österreich und dem Böhmenkönig Johann von Luxenburg. Margarethe und Johann Heinrich konnten Tirol behalten; das Herzogtum Kärnten blieb dem Haus Habsburg-Österreich.

Margarethe vertreibt Johann Heinrich

Inzwischen treten die vornehmsten Landherrn in das Gemach des toten Tiroler Landesfürsten. Gräfin Margarethe hatte sie durch Boten verständigen lassen. Sie kommen, um sich von ihrem Fürsten zu verabschieden. Gräfin Margarethe blickt ihrem Landeshauptmann Ulrich von Matsch, dem Hofmeister Heinrich von Rottenburg und dem Burggrafen Petermann von Schenna in die Augen. Den mächtigen Tiroler Landherrn waren die Tränen in die Augen gestiegen beim Anblick der gebrochenen Landesmutter, in deren Armen der junge Fürst ganz schmal geworden war. Margarethe bettet das Haupt des toten Sohnes und küsst seine Stirn. Ihre Gedanken schweifen zu seinem  Vater, den sie erst vor knapp 15 Monaten zu Grabe tragen musste. Vor 21 Jahren, am 10. Februar des Jahres  1342, hatte sie Kaiser Ludwig auf Schloss Tirol mit seinem ältesten Sohn, Ludwig von Brandenburger, verheiratet.

Johann Heinrich ihr erster Gemahl, war dem strengen Regiment, das sein Bruder Karl in Tirol führte, nie entwachsen. Bei ihr, Margarethe, hatte der Pubertierende versucht, sich mit Beißen und Kratzen Respekt zu verschaffen. Nicht einmal die deutsche Landessprache wollte er lernen. Im Jahr 1340 hatte sich Margarethe entschlossen, dem ein Ende zu bereiten. Die Böhmen sollten aus dem Land geschafft werden. Ihr Wille hatte sich mit der Meinung ihrer obersten Landherrn getroffen. Ihr Schwager Karl, der das Regiment führte,  war nicht bereit, die Rechte der Tiroler Landherrn zu achten. Gegen die Macht des Schwiegervaters und seine böhmischen Heerscharen wollte man Schutz bei Kaiser Ludwig suchen. Dessen Sohn, Ludwig von Brandenburg, 25jährig und ein tüchtiger Kriegsherr, war gerade Witwer geworden. Ludwig von Brandenburg sollte sie, Margarethe, die Erbgräfin von Tirol, ehelichen.

Ein erster Versuch zum Rauswurf der Böhmen im Jahr 1340 war an der Entschlossenheit des Schwagers Karl von Luxenburg gescheitert; am 2. November 1341 war man neuerlich zur Tat geschritten. Margarethes Schwager Karl war außer Landes. Als Johann Heinrich spätnachts von der Jagd heimkehrte, fand er Schloss Tirol verschlossen und seine böhmischen Hofleute ausgetrieben. Auch anderswo in Tirol wurde ihm die Türe gewiesen. Erst beim Patriachen von Aquileja fand er Unterschlupf, wo er fünf Monate vergeblich ausharrte in der Hoffnung auf einen Umschwung seines Schicksals.

Kaiser Ludwig stiftet eine Zivilehe

Die Tiroler Landherrn hatten die Verhandlungen mit Kaiser Ludwig und dem erwählten neuen Gemahl Margarethes zügig zu Ende geführt. Volkmar von Burgstall, Tägen von Villanders, Eckart von Trostburg und Konrad von Schenna, die vornehmsten unter ihnen, hatten folgendes Gelöbnis erreicht, das am 28. Jänner 1352 zu München, geleistet wurde: Alle Tiroler, Geistliche und Weltliche, Edle und Unedle, Städte und Dörfer, wären bei ihren hergebrachten Rechten zu belassen, namentlich keine außerordentlichen Steuern aufzuerlegen, ohne Zustimmung der tirolischen Landleute die Tiroler Festen nicht mit Ausländern zu besetzen und überhaupt die Regierung nur mit Rat der Besten, die im Lande ansässig sind, zu führen. Diese älteste und wichtigste der Tiroler Landesfreiheiten wurde von Kaiser Ludwig ausdrücklich bestätigt.

Anfang Februar des Jahres 1342 reisten der Kaiser, sein Sohn Ludwig von Brandenburg und ein großes Gefolge nach Tirol. Wegen tiefgreifender Differenzen zwischen dem Kaiser und dem damals in Avignon residierenden Papsttum (Johannes XXII und Bendedikt XII) war an die kirchenrechtlich nötige Unterstützung des Papstes für die neue Eheschließung nicht zu denken. Der Bischof von Freising, Ludwig von Gutenstein, der sich im Gefolge des Kaisers befand, wollte die Ehe zwischen Margarethe und Johann Heinrich wegen Impotenz des Ehegatten annulieren. Dass ein Achtjähriger und eine Zwölfjährige – selbst mit päpstlichem Dispens – einander niemals ein gültiges Eheversprechen gegeben hatten, wurde damals nicht anerkannt. Beim winterliche Übergang über den Jaufen-Pass verlor der Bischof von Freising jedoch das Leben und die zwei weiteren Bischöfe von Augsburg und Regensburg, die sich im Gefolge des Kaisers befanden, deuteten dies als göttliches Zeichen. Sie wagten es nicht mehr gegen den Willen von Papst Benedikt XII. die Nichtigkeit der Ehe Margarethes und Johann Heinrichs nach kirchlichem Recht auszusprechen.

Kaiser Ludwig, seit Anfang der 1320er Jahre in einem tiefgreifenden Streit mit dem Avignon´schen Papsttum, wollte jedoch auf den Erwerb Tirols für Wittelsbach-Bayern nicht verzichten – genau so wenig, wie die Tiroler Landherrn auf die Zusicherung ihrer „großen Freiheiten“ durch den künftigen Landesherren. Marsilius von Padua und William von Ockham, zwei der bedeutensten Staatstheoretiker und Theologen ihrer Zeit, begründeten in Traktaten das Recht des Kaisers in Ehesachen zu entscheiden und zu dispensieren. Am 10. Februar des Jahres 1342 gaben sich deshalb Margarethe und Ludwig von Bandenburg unter der Autorität des Kaisers auf Schloss Tirol das Eheversprechen. Am Folgetag belehnte der Kaiser zu Meran das junge Paar mit allen Rechten eines Grafen von Tirol und eines Herzogs von Kärnten. Der Kirchenbann aus Avignon folgte auf den Fuß; ebenso das Interdikt gegen die ganze Grafschaft Tirol. Erst 16 Jahre später sollte es gelingen, die Eheschließung von Margarethe mit Ludwig von Brandenburg kirchenrechtlich zu vollziehen und ihren gemeinsamen Sohn Meinhard zu legitimieren. Albrecht der Weise von Habsburg- Österreich und sein Sohn, Rudolf der Stifter, konnten erfolgreich beim päpstlichen Stuhl vermitteln.

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Margarethe Maultasch von Tirol. Skandal-Lady des 14. Jahrhunderts, von Dr. Bernd Oberhofer

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Fortsetzung:

Margarethe Maultasch von Tirol. Skandal-Lady des 14. Jahrhunderts

Margarethe und der Kaisersohn Ludwig

Ein verwegener Bergsteiger gewinnt Margarethes Herz

Margarethe und der Kaisersohn Ludwig

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Bernd Oberhofer

Mehr aus der Tiroler Geschichte:

Boarischer Rummel. Tirol in Feindeshand

Boarischer Rummel. Widerstand formiert sich

Boarischer Rummel. Tirol erkämpft seine Freiheit

 

 

Der Kaiser und die Schwarzen Mander

© Stefan Elsler http://www.sixfootphoto.com. Schon im Jahre 1503 hatte Kaiser Max den Hofmaler Gilg Sesselschreiber mit den Planungen zu einem Grabmal beauftragt. Erst nach fünf Jahren waren die Vorbereitungen abgeschlossen. Bei der Übertragung der Ausführungsarbeiten zu den großen „Erzbildern“ an Meister Gilg bewies Kaiser Max keine glückliche Hand: Gilg Sesselschreibers Stärke bestand darin, viel Geld zu verbrauchen und dem Kaiser überall hin „nachzulaufen“, statt in der Werkstatt seiner Arbeit nachzugehen. Obwohl der Kaiser ihm eine wahre „Eselsgeduld“ entgegen brachte, führte diese „Arbeitsweise“ Gilg Sesselschreiber auch einmal in den Innsbrucker Kräuterturm, das damalige Stadtgefängnis. Endgültig entlassen wurde Sesselschreiber erst im Sommer 1518. Als der Kaiser verstarb, war erst ein rundes Dutzend der „Schwarzen Mander“ fertig gestellt. 1890 veröffentlichte David von Schönherr als Ergebnis von 25jähriger Aktenforschung die Geschichte des Grabmals von Kaiser Max.
© Stephan Elsler http://www.stephanelsler.com. Schon im Jahre 1503 hatte Kaiser Max den Hofmaler Gilg Sesselschreiber mit den Planungen zu einem Grabmal beauftragt. Erst nach fünf Jahren waren die Vorbereitungen abgeschlossen. Bei der Übertragung der Ausführungsarbeiten zu den großen „Erzbildern“ an Meister Gilg bewies Kaiser Max keine glückliche Hand: Gilg Sesselschreibers Stärke bestand darin, viel Geld zu verbrauchen und dem Kaiser überall hin „nachzulaufen“, statt in der Werkstatt seiner Arbeit nachzugehen. Obwohl der Kaiser ihm eine wahre „Eselsgeduld“ entgegen brachte, führte diese „Arbeitsweise“ Gilg Sesselschreiber auch einmal in den Innsbrucker Kräuterturm, das damalige Stadtgefängnis. Endgültig entlassen wurde Sesselschreiber erst im Sommer 1518. Als der Kaiser verstarb, war erst ein rundes Dutzend der „Schwarzen Mander“ fertig gestellt. 1890 veröffentlichte David von Schönherr als Ergebnis von 25jähriger Aktenforschung die Geschichte des Grabmals von Kaiser Max.

 

Des Kaisers Kreuz mit den Schwarzen Mandern

von

Bernd Oberhofer

500 Jahre ist es her, seit Maximilian I. Kaiser des Hl. Römischen Reiches und römisch-deutscher König, am 12. Jänner 1519 in Wels verstorben ist. 28 Jahre lang hatte er als Landesfürst in Tirol geherrscht. Seinem Geburtsort nach war Kaiser Max Niederösterreicher; er war 1459 in Wiener Neustadt zur Welt gekommen. Blickt man auf seine vier Großeltern, so war Kaiser Max ein „Kind Europas“: Eine Großmutter stammte aus Spanien, eine aus Polen; ein Großvater war Portugiese, der andere Steirer. Der Vater von Kaiser Maximilian, Kaiser Friedrich III. (*1415; † 1493), war seinem Geburtsort nach Tiroler, Maximilians Mutter war die portugiesische Königstochter Eleonore Helena (*1436; † 1467).

Nach der Legende soll Kaiser Max Innsbruck als Ort seiner letzten Ruhestätte erwählt haben. Diesen Plan hätte er erst kurz vor seinem Tod im Zorn geändert, weil habgierige Innsbrucker Gastronomen beim letzten Aufenthalt des Kaisers in Tirol im Herbst 1518, seinem Gefolge die Unterbringung verweigert hätten. Dies angeblich wegen unbezahlter Rechnungen vom Frühsommer 1518, als in Innsbruck für mehrere Monate ein „Generallandtag“ abgehalten wurde. Die Geschichte ist erfunden. Weder hatte Kaiser Max geplant, seine letzte Ruhestätte in Innsbruck zu errichten, noch hatten die Innsbrucker Gastronomen dem Gefolge des Kaisers jemals die Aufnahme verweigert. Innsbruck war „landesfürstliche Stadt“. Widerstand gegen Maximilians Wünsche oder diejenigen seines Gefolges sind in das Reich der Phantasie zu verweisen. Man darf die Macht eines römisch-deutschen Königs und Kaisers am Beginn der Neuzeit nicht unterschätzen. Maximilians designierter Nachfolger und Erbe, sein Enkelsohn Karl, der 1518 bereits die Kronen von Aragon und Kastilien sowie die Herrschaft über das heutige Belgien und Holland in seiner Person vereinte, hatte nur wenige Monate später in Summe 852.000 (!) Gulden investiert, um seine Wahl zum römisch-deutschen König zu motivieren. Im Vergleich zu dieser Summe erscheinen die kolportierten 24.000 Gulden offene Bewirtungskosten wie der sprichwörtliche Tropfen Wasser auf einem heißen Stein.

WIENER NEUSTADT ALS AUFSTELLUNGSORT

Tatsächlich hat Kaiser Maximilian erstmals in seinem Testament vom Dezember 1518 öffentlich gemacht, wo er seine letzte Ruhestätte finden wollte: in der St.-Georgs-Kathedrale der Wiener Neustädter Burg. Maximilian war an diesem Ort zur Welt gekommen und dort wollte er auch begraben werden. In der St.-Georgs-Kathedrale sollte alles aufgestellt werden, was an Statuen für sein Grabmal schon bereit war. Die Fertigstellung seines Grabmales übertrug Kaiser Maximilian seinen Enkelsöhnen und Erben, Karl und Ferdinand, denen er seine Österreichischen Erbländer testamentarisch vermachte. Bei seiner Planung hatte Maximilian auch an technische Einzelheiten gedacht. Die St.-Georgs-Kathedrale in Wiener Neustadt, die Taufkirche Maximilians, ist im ersten Stock der Burg worden. Die Bodenplatten waren aus statischer Sicht der Aufstellung der „Schwarzen Mander“ nicht gewachsen. Maximilians Idee war es, zur Entlastung des Bodens alle Erzstandbilder mit Ketten in der Dachkonstruktion zu verankern. In der St.-Georgs-Kathedrale hätten die die „Schwarzen Mander“ das Bild eines riesigen Puppentheaters abgegeben. Entsprechend Maximilians Wunsch wurde die St.-Georgs-Kathedrale in Wiener Neustadt seine Begräbnisstätte. Von dem Plan, dort auch das gewaltige Grabmal zu installieren, ist Maximilians Enkel, Ferdinand I. abgewichen. Jörg Kölderer, zuerst Hofmaler in Innsbruck und später auch Hofbaumeister Kaiser Maximilians, hat im Jahr 1528 im Auftrag Ferdinands I. die Kirchen in Wien und Wiener Neustadt nach möglichen Aufstellungsorten für das gewaltige Grabmal überprüft; er hatte keinen geeigneten Aufstellungsort gefunden. Letztlich hat Ferdinand I. im Frühjahr 1549 angeordnet, dass in der Stadt Innsbruck eine neue Kirche zur Aufnahme des Grabmahles für seinen Großvater errichtet werde. Dies so nahe am Stadtgraben, dass man von der landesfürstlichen Burg und dem angrenzenden „Wappenhaus“ über einen Gang zur neuen Kirche gelangen könne. An der von Ferdinand I. ausgewählten Stelle wurde in der Zeit von 1553 bis 1563 die heutige Hofkirche gebaut. Innsbruck lag als Aufstellungsort nahe, weil der Großteil der monumentalen Einzelstücke in einer eigens von Kaiser Max in Mühlau bei Innsbruck eingerichteten Kunstgießerei hergestellt worden war. Dort wurden auch die auswärts hergestellten Kunstwerke zusammen gezogen. Die über Jahrzehnte angehäufte Ansammlung an erzernen Statuen war schon als solche eine Tiroler Sensation. Ferdinand I. ließ diese Sammlung nicht ohne Stolz seinen ausländischen Gästen vorführen. So reiste sein Neffe und designierte Nachfolger seines Bruders als spanischer König im Jahr 1548 durch Innsbruck. Ausdrücklich hatte Ferdinand I. angeordnet, Prinz Phillip „die gegossen Pilder zu Milen“ sehen zu lassen. 

KAISER FERDINAND WÄHLT INNSBRUCK

Das Grabmal von Kaiser Max entwickelte sich zum „Jahrhundertwerk“ – so lange hatte nämlich die Ausführung der kühnen Pläne des Kaisers gedauert. Kaiser Max hatte für die Errichtung einen Mann erwählt, der die Vorstellungen des Kaisers trefflich zu Papier bringen konnte, ansonsten jedoch mehr zum behaglichen Leben als zur Arbeit neigte: Gilg (Egydius) Sesselschreiber aus München. Von 1503 an hatte sich Gilg Sesselschreiber fünf Jahre lang mit der Planung des Grabmales beschäftigt. Kaiser Max hatte sich persönlich eingebracht und Korrekturen veranlasst. Im März 1508 hatte der Kaiser die endgültigen Pläne abgesegnet. Er hatte Innsbruck als den Ort erwählt, wo die Arbeiten ausgeführt werden sollten. Gilg Sesselschreiber übersiedelte deshalb 1508 im Auftrag des Kaisers nach Tirol, wo Kaiser Max bereits seine berühmte Plattnerei (Rüstungsschmiede) eingerichtet hatte und in Hötting sowie „am Gänsbühel“ (heute Büchsenhausen) und in Mühlau Geschütze und Handfeuerwaffen herstellen ließ. Neben der Waffenproduktion wollte Kaiser Max auch die Kunstgießerei in Tirol etablieren. Das nötige Kupfer wurde in reichen Mengen aus den Bergwerken in Schwaz und Gossensaß gefördert; das Zink für die Legierungen war leicht zu beschaffen.

Zeitgleich mit Gilg Sesselschreiber engagierte Kaiser Max in Nürnberg den Meister Stefan Godl, der auch 1508 nach Innsbruck kam. Nürnberg war das Zentrum der „Rotschmiedekunst“, der Bearbeitung von Messing und Kupfer. Meister Godl wurde die Herstellung von dutzenden kleineren Erzstatuen für das Grabmal übertragen. Er arbeitete konsequent, ohne dass es je Anlass zu Beschwerde gab. Ganz anders Gilg Sesselschreiber, der die „großen Erzbilder“ ausführen sollte. Bis April 1509 hatte Gilg Sesselschreiber noch gar nichts ausgerichtet, weshalb der Kaiser ihm die Zeichnungen abnehmen und die Ausführung die „großen Erzbilder“ in Nürnberg in Auftrag geben wollte. Sesselschreiber verfasste eine lange Beschwerdeschrift, er gelobte Beschleunigung der Arbeit und berief sich auf seine langjährige gemeinsame Entwurfsarbeit mit dem Kaiser sowie sein Urheberecht: Es fiele ihm schwer, nun alles in fremde Hände zu geben und den Nutzen und Ruhm davon anderen zu überlassen, die auch gar kein Recht hätten, die Arbeit nach seinen Zeichnungen zu machen. Kaiser Max ließ sich besänftigen. Am 13. Mai schrieb er von Kaufbeuren an die Innsbrucker Regierung, dass Sesselschreiber sogleich den Guss eines „großen Bildes“ vollziehen solle, welches er bei seinem „Durchreiten“ in Innsbruck zu sehen hoffe. Beim „Durchreiten“ hatte Kaiser Max jedoch nichts zu sehen bekommen. Zur Entschuldigung hatte Meister Sesselschreiber den Mangel an geeigneter Behausung und Werkstätte geltend gemacht. Dieses Hindernis sollte Kaiser Max beseitigen. Am 29. November 1509 ordnete er in einem Schreiben aus Brentonico (südlich von Trient) an, dem Gilg Sesselschreiber Haus und Werkstadt zu beschaffen. Ein weiteres Schreiben des Kaisers vom 8. Dezember 1509 aus Bozen zeigt, dass Sesselschreiber auch noch eigene Bildhauer und Gießer, ferner Kupfer, Messing, Eisen, Wachs und „andern dergleichen Zeug“ verlangt hatte, was der Kaiser alles zu beschaffen befahl.

DER MÜSSIGGANG DES KÜNSTLERS

Im Folgejahr 1510 findet man wohl Kaiser Max sehr besorgt um den Guss der „großen Bilder“; alleine Meister Sesselschreiber hatte mehr seine Behaglichkeit im Auge. Damit Sesselschreiber „an dem Grab mache und nit feire, auch darin nichts versäume noch mit derselben Arbeit still gestanden werde“, bestellte Kaiser Max mit Schreiben aus Augsburg vom 1. April 1510 die Regierung in Innsbruck zum „Superintendenten“. Diese sollte Meister Gilg überwachen, ihm behilflich sein und „guten rucken halten“. Das Budget für Sesselschreibers wurde für das Jahr 1510 mit 500 Gulden festgesetzt; ab 1511 mit 1000 Gulden jährlich.

Im Juni 1511 war Kaiser Max wieder in Innsbruck. Sesselschreiber nutzte die Gelegenheit, neue Klagen über verschiedene Mängel zu führen. Am 12. Juni des Jahres schrieb der Kaiser von Steinach aus eine ernstliche Ermahnung an die Regierung in Innsbruck, die sogleich Sesselschreiber vorlud, seine Beschwerden hörte und seine Werkstädte in Mühlau inspizierte. Als Ergebnis wurden noch im Jahr 1511 diverse Zubauten bei Sesselschreibers Werkstätte vorgenommen und dafür 290 Gulden ausgegeben. Am 30. Juli berichtete die Regierung, dass Gilg Sesselschreiber ein „gegossen mannsbild“ gezeigt und versprochen habe, bis Weihnachten des Jahres die Statue der ersten Gattin des Kaisers, Maria von Burgund, zu gießen. Im November des Jahres folgte ein weiteres Beschwerdeschreiben Sesselschreibers, welches die Regierung positiv erledigte.

Im Jahr 1512 wurden weitere 333 Gulden ausgegeben, um Werkstätte und Gebäude Sesselschreibers in Mühlau zu verbessern. Sesselschreiber verwendete sein Budget jedoch nicht zum Guss der „Bilder“, sondern für die Freuden des Lebens. Mitte März 1513 traf Kaiser Max die Anordnung, mit Sesselschreiber einen Vertrag zu errichten, wonach dieser nur mehr für fertig gestellte Statuen bezahlt werde. Es solle wieder eine Inspektion der Werkstätte und die Inventarisierung aller Statuen und Teile durchgeführt werden. Am 23. März wurde erhoben, dass Sesselschreibers Arbeit 3.360 Gulden gekostet hatte. Gegossen fand man nach wie vor nur das bereits erwähnte „mannsbild“, die Statue König Ferdinands von Portugal, die bereits im Juni 1511 präsentiert worden war. Der Panzer war noch nicht angebracht und Einzelheiten fehlten. Desweiteren waren die Schilde zu vier weiteren Statuen fertig und „die Schenkel zu König Philipp“. Aufgeschreckt durch die Inspektion war Sesselschreiber an den Hof Kaiser Maximilians geeilt, der sich in Augsburg aufhielt. Diesmal hatte er weniger Erfolg: Am 16. April 1513 schreibt Kaiser Max an die Regierung in Innsbruck, dass er Sesselschreiber wieder zur Arbeit „abgefertigt“ hätte, dass „Unfleiß und Nachlässigkeit“ zu bestrafen wären und dass die Regierung ihn vom „Nachlaufen des Meisters“ verschonen möge. Am 18. Mai urgierte die Regierung die Genehmigung zum neuen Vertrag mit Sesselschreiber. Aus dem Schreiben erfahren wir, dass der Meister Mitte Mai schon wieder aus Innsbruck weg und zum Kaiser geritten war, anstatt sich der Arbeit zu widmen.

Der neue Vertrag, wonach Gilg Sesselschreiber alles Begonnene zu vollenden gehabt hätte, zeigte auch nicht den gewünschten Erfolg. Gilg ließ das Begonnene stehen und startete die Arbeit an einer weiteren Statue, nämlich Herzog Ernst dem Eisernen. So verging die Zeit bis Ende November 1513. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die Innsbrucker Regierung eine neue Inspektion und nahm Gilg ernstlich ins Verhör. Dezidiert wurde vereinbart, dass zuerst die drei begonnen Statuen fertig zu stellen seien (König Ferdinand von Portugal, Maria von Burgund und Herzogin Zimburgis von Masovien) und dann drei weitere, bereits angefangene Statuen und schließlich Herzog Ernst. Das Jahr 1513 endeten mit verbrieften Versicherungen des Meisters Gilg, welchen die Innsbrucker Regierung Glauben schenkte. Dem Kaiser wurde berichtet, man sei guter Zuversicht, Meister Gilg werde nun die sieben angefangenen Statuen „zum fürderlichsten“ herstellen.

DER KÜNSTLER IM KRÄUTERTURM

Während Meister Gilg den Kaiser und die Innsbrucker Regierung offensichtlich an der Nase herum führte, hatte der Kaiser mit Meister Peter Vischer aus Nürnberg großes Glück: Anfang 1513 gab der Kaiser bei diesem die Herstellung der Statuen von König Arthus und König Theoderich in Auftrag. Dieser hielt seinen Kontrakt und lieferte die beiden Statuen um jeweils 500 Gulden. Dagegen war die Arbeitsleistung des Meisters Gilg zu Mühlau auch im Jahr 1514 eine äußerst geringe; im Jahr 1515 gab es sogar einen Stillstand. Am 3. Oktober 1515 wurde die Werkstätte neuerlich einer „bsicht und bschau“ unterzogen. Der Bericht darüber fiel nicht günstig für den Meister aus. Als die Innsbrucker Regierung im Dezember 1515 nach dem Befehl des Kaisers mit dem Meister verhandeln wollte, war dieser bereits wieder an den Hof des Kaisers geritten. Gilg Sesselschreiber konnte das Vertrauen des Kaisers jedoch nicht wieder erlangen. Maximilian akzeptierte aber das Angebot seines Sohnes Christoph. Dieser versprach, die Verpflichtungen des Vaters zu erfüllen und bis Pfingsten 1516 sieben Statuen zu vollenden, wenn ihm 160 Gulden bezahlt würden. Christoph Sesselschreiber hielt sein Versprechen genau so wenig wie sein Vater viele andere zuvor: Am 3. Juni 1516 wurde neuerlich Inventur in der Werkstätte zu Mühlau gemacht. Die Summe aller Kosten, die seit 1508 auf Meister Gilg entfallen war, wurde mit 6.833 Gulden berechnet. In Abrechnung der geleisteten Arbeit ergab sich eine Schuldigkeit des Gilg von 2.369 Gulden. Festgestellt wurden fünf gegossene Bilder, bei denen noch Einzelheiten fehlten; hinzu kamen diverse angefangene Arbeiten. Nun platzte dem Kaiser der Kragen: Aus Nassereith schriebt er am 11. Juni 1516 an die Innsbrucker Regierung, den Gilgen „zustundan nachstellen und, wo man ihn betreten mag, gefänklich annehmen und gen Innsbruck führen lasset und ernstlich mit ihm zu handeln“. Auf Befehl des Kaisers wurde Gilg Sesselschreiber in Augsburg verhaftet und er wanderte am 22. Juni in den „Kräuterturm“, die alte Innsbrucker „Herberge“ für Untersuchungshäftlinge und Verurteilte.

Das Schicksal des Vaters spornte vorübergehend den Eifer des Sohnes Christoph; dem Vater wurde daraufhin der Arrest erlassen. Insgesamt zwölf Statuen wollte Christoph Sesselschreiber bis Weihnachten 1516 vollendet übergeben. Auch diese Zusage wurde nicht eingehalten. Endgültig getrennt hat sich der Kaiser von Gilg Sesselschreiber jedoch erst im Sommer 1518, nachdem ihm Sesselschreiber 1517 noch an den Hof nach Mecheln (Antwerpen/Belgien) und nach Triest „nachgelaufen“ war. Im Sommer 1518 wurde der Guss der „großen Erzbilder“, der „Schwarzen Mander“, auf den Rotschmiedemeister Stefan Godl übertragen, der zwischen 1518 und 1533 siebzehn der großen Erzbilder geschaffen hatte. Die Statue des Chlodwig, König der Franken, hat Gregor Löffler 1549/1550 gegossen.

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Kaiser Maximilian und das Kreutz mit den Schwarzen Mandern, von Bernd Oberhofer

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Fortsetzung:

Letzter Reiseplan für Kaiser Max

Kaiser Maximilian 1519: der Liebhaber Tirols verstirbt

Kaiser Maximilian und die Schwarzen Mander

Kaiser Maximilian: Ein letzter Reiseplan für Kaiser Max

Kaiser Maximilian: Schwarze Mander posen am leeren Grab

Letzter Reiseplan für Kaiser Max

David Ritter von Schönherr (* 1822 in Pinswang; † 1897 in Innsbruck), gemalt 1902 von Ferdinand Behrens. Das Verdienst, die wechselreiche Geschichte des Grabmals von Kaiser Maximilian in der Innsbrucker Hofkirche für die Nachwelt erforscht zu haben, gebührt Dr. David Ritter von Schönherr, der 1890 im Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlung des a.h. Kaiserhauses (Seiten 140 – 268) die „Geschichte des Grabmals Kaisers Maximilian I. und der Hofkirche zu Innsbruck“ veröffentlichte. Selbst Geschichtelehrer verbreiten unter ihren Schülern das Gerücht, dass Kaiser Maximilian sein Grabmal in der Innsbrucker Hofkirche geplant hätte. Tatsächlich hatte der Kaiser ganz andere Pläne. Er dachte und handelte stets im europäischen Rahmen, sowohl politisch und geostrategisch, als auch diplomatisch und dynastisch. Die von ihm beschäftigten Professoren der Genealogie führten die Linie seiner Vorfahren bis auf Chlodwig I. († 511) aus dem Geschlecht der Merowinger und Begründer des Reiches von Karl dem Großen († 814) und weiter auf Gaius Iulius Caesar († 44 v. Chr) zurück. Durch seine politischen Allianzen und seine Heiratspolitik hatte Kaiser Maximilian seine Enkel Kaiser Karl V. (*1500 in Gent; † 1558 in Spanien) und Kaiser Ferdinand I. (*1503 in Spanien, † 1564 in Wien) weit über alle anderen europäischen Fürsten erhoben. Im Jahr 1511, als Papst Julius II. schwer erkrankte, traf Kaiser Max sogar diplomatische Vorbereitungen, die ihn selbst auf den päpstlichen Thron bringen sollten. Nach Maximilians Selbstverständnis standen nur wenige Alternativen für die Auswahl eines Bestattungsortes offen. Nach seinen eigenen Plänen wollte er an dem Ort zur Erde zurückkehren, an dem er geboren war, in Wiener Neustadt. Dort hätten die „Schwarzen Mander“ seine Grabwächter sein sollen.
David Ritter von Schönherr (* 1822 in Pinswang; † 1897 in Innsbruck), gemalt 1902 von Ferdinand Behrens. Das Verdienst, die wechselreiche Geschichte des Grabmals von Kaiser Maximilian in der Innsbrucker Hofkirche für die Nachwelt erforscht zu haben, gebührt Dr. David Ritter von Schönherr, der 1890 im Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlung des a.h. Kaiserhauses (Seiten 140 – 268) die „Geschichte des Grabmals Kaisers Maximilian I. und der Hofkirche zu Innsbruck“ veröffentlichte. Selbst Geschichtelehrer verbreiten unter ihren Schülern das Gerücht, dass Kaiser Maximilian sein Grabmal in der Innsbrucker Hofkirche geplant hätte. Tatsächlich hatte der Kaiser ganz andere Pläne. Er dachte und handelte stets im europäischen Rahmen, sowohl politisch und geostrategisch, als auch diplomatisch und dynastisch. Die von ihm beschäftigten Professoren der Genealogie führten die Linie seiner Vorfahren bis auf Chlodwig I. († 511) aus dem Geschlecht der Merowinger und Begründer des Reiches von Karl dem Großen († 814) und weiter auf Gaius Iulius Caesar († 44 v. Chr) zurück. Durch seine politischen Allianzen und seine Heiratspolitik hatte Kaiser Maximilian seine Enkel Kaiser Karl V. (*1500 in Gent; † 1558 in Spanien) und Kaiser Ferdinand I. (*1503 in Spanien, † 1564 in Wien) weit über alle anderen europäischen Fürsten erhoben. Im Jahr 1511, als Papst Julius II. schwer erkrankte, traf Kaiser Max sogar diplomatische Vorbereitungen, die ihn selbst auf den päpstlichen Thron bringen sollten. Nach Maximilians Selbstverständnis standen nur wenige Alternativen für die Auswahl eines Bestattungsortes offen. Nach seinen eigenen Plänen wollte er an dem Ort zur Erde zurückkehren, an dem er geboren war, in Wiener Neustadt. Dort hätten die „Schwarzen Mander“ seine Grabwächter sein sollen.

Ein letzter Reiseplan für Kaiser Maximilian

 

von
Bernd Oberhofer

Das offizielle Lebensmotto Kaisers Maximilian lautete: „tene mensuram – halte Maß!“ Bei seinen Plänen und Taten folgte er viel öfter seinem inoffiziellen Motto „le plus grand du monde – der Größte der Welt!“. Kaiser Max dachte und handelte im europäischen Rahmen, politisch, geostrategisch, diplomatisch und dynastisch. Professoren führten die Linie seiner Vorfahren bis auf Chlodwig den Merowinger († 511), den Begründer des Reiches von Karl dem Großen († 814) und weiter auf Gaius Iulius Caesar († 44 v. Chr) zurück. Durch seine politischen Allianzen und seine Heiratspolitik hat Kaiser Max seine Enkel Karl und Ferdinand weit über alle anderen europäischen Fürsten erhoben. Im Jahr 1511, als Papst Julius II. schwer erkrankte, traf Kaiser Max diplomatische Vorbereitungen, die ihn selbst auf den päpstlichen Thron bringen sollten: Maximilian wollte nach dem Vorbild der Oströmischen Kirche das Amt des Kaisers und das des Papstes in seiner Person vereinen. Im Sinn seines inoffiziellen Lebensmottos „le plus grand du monde – der Größte der Welt!“ hätte der Petersdom in Rom eine ideale Grabstätte abgegeben. 400.000 Dukaten sollte das Fugger´sche Bank- und Handelshaus zur Bestechung der Kardinäle für den Wahlakt bereithalten. Zur Vorbereitung wollte Kaiser Max Koadjutor des schwerkranken Papstes werden und sein Leben lang keine nackte Frau mehr ansehen. Die überraschende Genesung von Papst Julius II. zerschlug diese Pläne. So hat sich Kaiser Max auf das „tene mensuram – halte Maß!“ besonnen: Er wollte an dem Ort zur Erde zurückkehren, an dem er geboren war, in Wiener Neustadt.

KAISER FERDINAND WILL DIE ÜBERFÜHUNNG

Sein Enkel und Erbe Kaiser Ferdinand I. hatte jedoch andere Pläne. Kaiser Ferdinand (*1503 in Spanien, † 1564 in Wien) hatte Innsbruck als Aufstellungsort für die gigantischen Grabwächter, die „Schwarzen Mander“, erwählt. Und Kaiser Ferdinand hatte zu diesem Zweck eigens die Innsbrucker Hofkirche erbauen lassen. Kurz vor seinem Tod gab Kaiser Ferdinand den Auftrag, die in Wiener Neustadt beigesetzten irdischen Reste Kaisers Maximilian I. nach Innsbruck zu überführen. Am 21. Juni 1564 verständigte Kaiser Ferdinand die Regierung in Innsbruck. Er erteilte den Auftrag ausführlichen Bericht zu erstatten, mit welchen Feierlichkeiten die Transferierung der sterblichen Überreste Kaisers Maximilian I. von Wiener Neustadt in die Innsbrucker Hofkirche verbunden werden sollte.

Die Regierung in Innsbruck holte bezüglich der gebotenen kirchlichen Feierlichkeiten das Gutachten des Weihbischofs von Brixen ein und erstattete unter dem 15. Juli 1564 Bericht: Die kirchlichen Zeremonien, womit die Gebeine in Wien Neustadt erhoben, weggeführt und in Innsbruck bestattet werden sollten, müssten vom „weltlichen Pomp“, mit dem diese Transferierung zu begleiten wäre, unterschieden werden. In ersterer Beziehung verwies die Tirolische Regierung den Kaiser auf das beigeschlossene Gutachten des Brixner Bischofs. Betreffend des „weltlichen Gepränges“ aber bemerkt sie, dass in Tirol unbekannt sei, was Kaiser Maximilian diesbezüglich in seinem Testament angeordnet habe. Man erwarte sich deshalb Weisung vom Kaiser selbst. In Berücksichtigung der Würde und Hoheit Kaisers Maximilian I. und des Umstandes, dass derselbe ein Erzherzog zu Österreich und Landesfürst von Tirol gewesen, sollten die Feierlichkeiten jedenfalls stattlich und ansehnlich sein, so als ob der Kaiser erst verstorben wäre.

Wenige Tage nach Abgang dieses Berichts starb jedoch Kaiser Ferdinand am 25. Juli 1564 und die ganze Angelegenheit ruhte bis zum Jahr 1570. Die Österreichischen Erblande waren zwischenzeitlich unter den drei Söhnen Kaisers Ferdinand I. geteilt worden: In Tirol und den Vorlanden regierte Erzherzog Ferdinand (*1529; † 1595), in Wien sein kaiserlicher Bruder Maximilian II. (*1527; † 1576). Am 27. März 1570 schrieb Erzherzog Ferdinand seinem kaiserlichen Bruder nach Wien, dass er dem verstorbenen Vater Kaiser Ferdinand versprochen habe, die Erhebung und Überführung der irdischen Reste Kaisers Maximilian I. zu veranlassen. Er sei bereit dafür den Großteil der Kosten zu übernehmen. Maximilian II. sollte nur die Überführung bis zur Grenze des Landes Tirol bewirken. Von da weg würde er, Erzherzog Ferdinand, die weitere Überführung und die Beisetzung verrichten und vollenden. Kaiser Maximilian II. antwortete seinem Bruder am 13. April. Er lobte ihn ob seiner Mahnung und versicherte, dass er nicht weniger geneigt sei und danach trachte, den „letzten Willen Kaisers Maximilian I.“ und des gemeinsamen kaiserlichen Vaters (Ferdinand I.) zu vollziehen. Er werde alsbald die Anordnung treffen, dass die Überführung bis an die Grenze des Landes Tirols vorgenommen werde. Die weiteren Zeremonien überlasse er ganz dem Erzherzog.

ERZHERZOG FERDINAND PLANT ALLE DETAILS

Auf Grund der Zusage von Kaiser Maximilian II. wurde in Innsbruck die Durchführung der Feierlichkeit beraten. Geplant wurde die Übernahme der Gebeine des großen Kaisers von Kufstein weg. Das Hofgesinde, die Offiziere und alle Diener des Erzherzogs, die fürstlichen Amtleute und der inntalische Adel sollten sich in schwarzen Kleidern nach Kufstein begeben, um die kaiserlichen Gebeine in Empfang zu nehmen. Auf einem mit sechs schwarzen Pferden bespannten Wagen in Begleitung von Priestern und Bruderschaften mit Windlichtern und anderen Kerzen sollten diese in die Kufsteiner Pfarrkirche gebracht und dort über Nacht bewacht werden. Während der Ein- und Ausbegleitung zu Kufstein sowie in allen anderen Ortschaften, durch welche die kaiserlichen Gebeine geführt würden, solle mit allen Glocken geläutet, sonst aber bis zum Eintreffen in Innsbruck kein Gottesdienst auf der Fahrt gehalten werden. Zur Überstellung von Kufstein nach Innsbruck wurden drei Tage bestimmt. Am ersten Tag sollte in Rattenberg, am zweiten Tag in Hall das Nachtlager genommen werden. Dem Leichenzug selbst sollten Hofgesinde und Diener voranreiten, auf dem Wagen mit den Gebeinen zwei Priester und etliche Knaben mit Windlichtern Platz nehmen und dann ein zweiter Wagen mit Priestern und Knaben, Windlichter haltend, folgen. Den Schluss sollte wieder Gesinde sowie die Dienerschaft bilden. Die Ein- und Ausbegleitung in Rattenberg und Hall hätte prozessionsweise unter Beteiligung aller Priester und Bruderschaften zu erfolgen.

Als Zeit für die Ankunft in Innsbruck wurde 14.00 Uhr nachmittags festgesetzt. Zum Empfang sollte der Erzherzog mit allen seinen Räten und Dienern über die Innbrücke dem Zug entgegen reiten; auch sollten sich alle Priester mit dem Weihbischof an der Spitze, die Prälaten vom Stams, Georgenberg und Wilten und alle Bruderschaften dazu einfinden. Der Sarg sollte in feierlicher Prozession in die Kirche getragen und nach Durchführung der kirchlichen Zeremonien in der Gruft unter des Kaisers Grabmal zur ewigen Ruhe gebettet werden. Wie aus einem Bericht der tirolischen Regierung an den Erzherzog vom 17. Juni 1570 hervorgeht, haben diese Vorschläge die Genehmigung des kaiserlichen Bruders Maximilian II. in Wien erhalten. Allein zur Ausführung wurden sie von ihm nicht gebracht.

EINSAME SCHWARZE MANDER

Im Jahr 1576 verstarb Kaiser Maximilian II.; Nachfolger wurde sein ältester Sohn Rudolf II. (*1552; † 1612). Erzherzog Ferdinand wandte sich schon Anfang 1577 an seinen kaiserlichen Neffen, um diesen für das Unternehmen zu gewinnen. Am 05. Jänner 1577 berichtete er in einem Schreiben an Kaiser Rudolf II. über den Bau des Grabmals, den Bau der Hofkirche und den Umstand, dass das Grab längst hergestellt und es nur mehr an der Übertragung der Gebeine des Kaisers Maximilian I. von Wiener Neustadt nach Innsbruck fehle. Es liege ihm viel an der Überführung, weil er den von Kaiser Ferdinand I. erteilten Auftrag erfüllen wolle. Er bitte deshalb den Kaiser, diese Angelegenheit in Erwägung zu ziehen, damit endlich die kaiserliche Leiche an den Ort komme, wohin sie gehöre. Was Kaiser Rudolph auf dieses Ersuchen erwiderte, ist unbekannt. Tatsächlich blieb die Bitte Erzherzogs Ferdinand ungehört. So steht das für Kaiser Maximilian I. erbaute Grabmal bis heute leer.

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Letzter Reiseplan für Kaiser Maximilian, von Dr. Bernd Oberhofer

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Fortsetzung:

Schwarze Mander: Posing am leeren Grab

Kaiser Maximilian 1519: der Liebhaber Tirols verstirbt

Kaiser Maximilian und die Schwarzen Mander

Kaiser Maximilian: Ein letzter Reiseplan für Kaiser Max

Kaiser Maximilian: Schwarze Mander posen am leeren Grab

Schwarze Mander posen am leeren Grab

Die Schwarzen Mander. Sie haben Unmengen Geld gekostet, viel Zeit und Neven des Kaisers – die „gegossenen Bilder zu Milen“, heute die „Schwarzen Mander“ in der Innsbrucker Hofkirche. Erst Kaiser Maximilians Enkel, Ferdinand I. (* 10. März 1503 in Alcalá de Henares bei Madrid; † 25. Juli 1564 in Wien) hat im Frühjahr 1549 angeordnet, dass in der Stadt Innsbruck eine neue Kirche zur Aufnahme des Grabmahles für seinen Großvater Kaiser Maximilian errichtet werde. Dies so nahe am Stadtgraben, dass man von der landesfürstlichen Burg und dem angrenzenden „Wappenhaus“ über einen Gang zur neuen Kirche gelangen könne. An der von Ferdinand I. ausgewählten Stelle wurde in der Zeit von 1553 bis 1563 die heutige Hofkirche gebaut. Innsbruck lag als Aufstellungsort nahe, weil der Großteil der monumentalen Einzelstücke in einer eigens von Kaiser Maximilian in Mühlau bei Innsbruck eingerichteten Kunstgießerei hergestellt worden war. Dort wurden auch die auswärts hergestellten Kunstwerke zusammen gezogen.
Die Schwarzen Mander. Sie haben Unmengen Geld gekostet, viel Zeit und Neven des Kaisers – die „gegossenen Bilder zu Milen“, heute die „Schwarzen Mander“ in der Innsbrucker Hofkirche. Erst Kaiser Maximilians Enkel, Ferdinand I. (* 10. März 1503 in Alcalá de Henares bei Madrid; † 25. Juli 1564 in Wien) hat im Frühjahr 1549 angeordnet, dass in der Stadt Innsbruck eine neue Kirche zur Aufnahme des Grabmahles für seinen Großvater Kaiser Maximilian errichtet werde. Dies so nahe am Stadtgraben, dass man von der landesfürstlichen Burg und dem angrenzenden „Wappenhaus“ über einen Gang zur neuen Kirche gelangen könne. An der von Ferdinand I. ausgewählten Stelle wurde in der Zeit von 1553 bis 1563 die heutige Hofkirche gebaut. Innsbruck lag als Aufstellungsort nahe, weil der Großteil der monumentalen Einzelstücke in einer eigens von Kaiser Maximilian in Mühlau bei Innsbruck eingerichteten Kunstgießerei hergestellt worden war. Dort wurden auch die auswärts hergestellten Kunstwerke zusammen gezogen.


von

Bernd Oberhofer

Die Schwarzen Mander. © Stephan Elsler http://www.stephanelsler.com. Cimburgis von Masovien (* 1394 in Warschau; † 28. September 1429 in Türnitz, Niederösterreich), Großmutter Maximilians väterlicherseits.
Die Schwarzen Mander. © Stephan Elsler http://www.stephanelsler.com. Cimburgis von Masovien (* 1394 in Warschau; † 28. September 1429 in Türnitz, Niederösterreich), Großmutter Maximilians väterlicherseits.
Die Schwarzen Mander. © Stephan Elsler http://www.stephanelsler.com. Ernst der Eiserne (* 1377 in Bruck an der Mur; † 1424 ebenda), Großvater Maximilians; Gatte der Cimburgis, Herzog von Innerösterreich
Die Schwarzen Mander. © Stephan Elsler http://www.stephanelsler.com. Ernst der Eiserne (* 1377 in Bruck an der Mur; † 1424 ebenda), Großvater Maximilians; Gatte der Cimburgis, Herzog von Innerösterreich
Die Schwarzen Mander. © Stephan Elsler http://www.stephanelsler.com. Sigmund der Münzreiche (*1427 in Innsbruck; † 1496 in Innsbruck), Vorgänger Maximilians als Tiroler Landesfürst, Großonkel Maximilians
Die Schwarzen Mander. © Stephan Elsler http://www.stephanelsler.com. Sigmund der Münzreiche (*1427 in Innsbruck; † 1496 in Innsbruck), Vorgänger Maximilians als Tiroler Landesfürst, Großonkel Maximilians
Die Schwarzen Mander. © Stephan Elsler http://www.stephanelsler.com. Rudolf von Habsburg (*1218 auf Burg Limburg/Schweiz; † 1291 in Speyer); Stammvater der österreichischen Habsburger; 1273 zum römisch-deutschen König gewählt
Die Schwarzen Mander. © Stephan Elsler http://www.stephanelsler.com. Rudolf von Habsburg (*1218 auf Burg Limburg/Schweiz; † 1291 in Speyer); Stammvater der österreichischen Habsburger; 1273 zum römisch-deutschen König gewählt
Die Schwarzen Mander. © Stephan Elsler http://www.stephanelsler.com. Philipp der Schöne (*1478 in Brügge; † 1506 in Burgos/Spanien), Sohn Maximilians, Herzog von Burgund, König von Kastilien und León
Die Schwarzen Mander. © Stephan Elsler http://www.stephanelsler.com. Philipp der Schöne (*1478 in Brügge; † 1506 in Burgos/Spanien), Sohn Maximilians, Herzog von Burgund, König von Kastilien und León
Die Schwarzen Mander. © Stephan Elsler http://www.stephanelsler.com. König Ferdinand I. von Portugal (Dom Fernando I; *31. Oktober 1345 in Santarém; † 22. Oktober 1383 in Lissabon) war der neunte König von Portugal, der letzte Monarch aus dem Haus Brugund. <div class=
Die Schwarzen Mander. © Stephan Elsler http://www.stephanelsler.com. König Ferdinand I. von Portugal (Dom Fernando I; *31. Oktober 1345 in Santarém; † 22. Oktober 1383 in Lissabon) war der neunte König von Portugal, der letzte Monarch aus dem Haus Brugund. <div class=
Die Schwarzen Mander. David Ritter von Schönherr (* 1822 in Pinswang; † 1897 in Innsbruck), gemalt 1902 von Ferdinand Behrens. Das Verdienst, die wechselreiche Geschichte des Grabmals von Kaiser Maximilian in der Innsbrucker Hofkirche für die Nachwelt erforscht zu haben, gebührt Dr. David Ritter von Schönherr, der 1890 im Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlung des a.h. Kaiserhauses (Seiten 140 – 268) die „Geschichte des Grabmals Kaisers Maximilian I. und der Hofkirche zu Innsbruck“ veröffentlichte. Selbst Geschichtelehrer verbreiten unter ihren Schülern das Gerücht, dass Kaiser Maximilian sein Grabmal in der Innsbrucker Hofkirche geplant hätte. Tatsächlich hatte der Kaiser ganz andere Pläne. Er dachte und handelte stets im europäischen Rahmen, sowohl politisch und geostrategisch, als auch diplomatisch und dynastisch. Die von ihm beschäftigten Professoren der Genealogie führten die Linie seiner Vorfahren bis auf Chlodwig I. († 511) aus dem Geschlecht der Merowinger und Begründer des Reiches von Karl dem Großen († 814) und weiter auf Gaius Iulius Caesar († 44 v. Chr) zurück. Durch seine politischen Allianzen und seine Heiratspolitik hatte Kaiser Maximilian seine Enkel Kaiser Karl V. (*1500 in Gent; † 1558 in Spanien) und Kaiser Ferdinand I. (*1503 in Spanien, † 1564 in Wien) weit über alle anderen europäischen Fürsten erhoben. Im Jahr 1511, als Papst Julius II. schwer erkrankte, traf Kaiser Max sogar diplomatische Vorbereitungen, die ihn selbst auf den päpstlichen Thron bringen sollten. Nach Maximilians Selbstverständnis standen nur wenige Alternativen für die Auswahl eines Bestattungsortes offen. Nach seinen eigenen Plänen wollte er an dem Ort zur Erde zurückkehren, an dem er geboren war, in Wiener Neustadt. Dort hätten die „Schwarzen Mander“ seine Grabwächter sein sollen.
David Ritter von Schönherr (* 1822 in Pinswang; † 1897 in Innsbruck), gemalt 1902 von Ferdinand Behrens. Das Verdienst, die wechselreiche Geschichte des Grabmals von Kaiser Maximilian in der Innsbrucker Hofkirche für die Nachwelt erforscht zu haben, gebührt Dr. David Ritter von Schönherr, der 1890 im Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlung des a.h. Kaiserhauses (Seiten 140 – 268) die „Geschichte des Grabmals Kaisers Maximilian I. und der Hofkirche zu Innsbruck“ veröffentlichte. Selbst Geschichtelehrer verbreiten unter ihren Schülern das Gerücht, dass Kaiser Maximilian sein Grabmal in der Innsbrucker Hofkirche geplant hätte. Tatsächlich hatte der Kaiser ganz andere Pläne. Er dachte und handelte stets im europäischen Rahmen, sowohl politisch und geostrategisch, als auch diplomatisch und dynastisch. Die von ihm beschäftigten Professoren der Genealogie führten die Linie seiner Vorfahren bis auf Chlodwig I. († 511) aus dem Geschlecht der Merowinger und Begründer des Reiches von Karl dem Großen († 814) und weiter auf Gaius Iulius Caesar († 44 v. Chr) zurück. Durch seine politischen Allianzen und seine Heiratspolitik hatte Kaiser Maximilian seine Enkel Kaiser Karl V. (*1500 in Gent; † 1558 in Spanien) und Kaiser Ferdinand I. (*1503 in Spanien, † 1564 in Wien) weit über alle anderen europäischen Fürsten erhoben. Im Jahr 1511, als Papst Julius II. schwer erkrankte, traf Kaiser Max sogar diplomatische Vorbereitungen, die ihn selbst auf den päpstlichen Thron bringen sollten. Nach Maximilians Selbstverständnis standen nur wenige Alternativen für die Auswahl eines Bestattungsortes offen. Nach seinen eigenen Plänen wollte er an dem Ort zur Erde zurückkehren, an dem er geboren war, in Wiener Neustadt. Dort hätten die „Schwarzen Mander“ seine Grabwächter sein sollen.

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Schwarze Mander. Posing am leeren Grab, von Dr. Bernd Oberhofer

Kaiser Maximilian 1519: der Liebhaber Tirols verstirbt

Kaiser Maximilian und die Schwarzen Mander

Kaiser Maximilian: Ein letzter Reiseplan für Kaiser Max

Kaiser Maximilian: Schwarze Mander posen am leeren Grab

 

Hermann Wopfner – Der Bauernforscher

Hermann Wopfner (* 21. Mai 1876 in Innsbruck; † 10. Mai 1963 in Natters) war ein österreichischer Historiker, Wirtschaftshistoriker und Rechtswissenschaftler und Universitätsprofessor an der Universität Innsbruck, der er in den Jahren 1928 und 1929 als Rektor vorstand. Univ.-Prof. DDr. Dr. hc. Hermann Wopfner studierte Geschichte, Rechtswissenschaften und Geographie in Innsbruck, Wien, Tübingen und Leipzig. 1900 promovierte er mit einer Dissertation über den deutschen Bauernkrieg der Jahre 1525 und 1526. Vier Jahre später habilitierte er in Wirtschaftsgeschichte und nach weiteren zwei Jahren in österreichische Geschichte. Er befasste sich mit den Rechtswissenschaften und promovierte 1909 in Tübingen zum Dr. jur. mit einer Dissertation über das Freistiftrecht in Tirol. Bereits ein Jahr zuvor 1908 wurde er zum außerordentlichen Professor an die Universität Innsbruck berufen, wo er 1914 den Lehrstuhl (Ordinarius) für österreichische Geschichte und allgemeine Wirtschaftsgeschichte besetzte und dessen Rektor er 1928 und 1929 wurde. 1923 gründete er das Institut für geschichtliche Siedelungs- und Heimatkunde der Alpenländer an der Philosophischen Fakultät der Innsbrucker Universität. 1929 wurde er zum geschäftsführenden Vorsitzenden des „Atlas der deutschen Volkskunde (ADV) in Österreich“ ernannt. Das Institut für Volkskunde leitete er bis 1938 sowie nach dem Zweiten Weltkrieg von 1945 bis 1949. Wopfner war Ehrenmitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften und erhielt 1956 das Ehrendoktorat der Universität Innsbruck
Hermann Wopfner (* 21. Mai 1876 in Innsbruck; † 10. Mai 1963 in Natters) war ein österreichischer Historiker, Wirtschaftshistoriker und Rechtswissenschaftler und Universitätsprofessor an der Universität Innsbruck, der er in den Jahren 1928 und 1929 als Rektor vorstand. Univ.-Prof. DDr. Dr. hc. Hermann Wopfner studierte Geschichte, Rechtswissenschaften und Geographie in Innsbruck, Wien, Tübingen und Leipzig. 1900 promovierte er mit einer Dissertation über den deutschen Bauernkrieg der Jahre 1525 und 1526. Vier Jahre später habilitierte er in Wirtschaftsgeschichte und nach weiteren zwei Jahren in österreichische Geschichte. Er befasste sich mit den Rechtswissenschaften und promovierte 1909 in Tübingen zum Dr. jur. mit einer Dissertation über das Freistiftrecht in Tirol. Bereits ein Jahr zuvor 1908 wurde er zum außerordentlichen Professor an die Universität Innsbruck berufen, wo er 1914 den Lehrstuhl (Ordinarius) für österreichische Geschichte und allgemeine Wirtschaftsgeschichte besetzte und dessen Rektor er 1928 und 1929 wurde. 1923 gründete er das Institut für geschichtliche Siedelungs- und Heimatkunde der Alpenländer an der Philosophischen Fakultät der Innsbrucker Universität. 1929 wurde er zum geschäftsführenden Vorsitzenden des „Atlas der deutschen Volkskunde (ADV) in Österreich“ ernannt. Das Institut für Volkskunde leitete er bis 1938 sowie nach dem Zweiten Weltkrieg von 1945 bis 1949. Wopfner war Ehrenmitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften und erhielt 1956 das Ehrendoktorat der Universität Innsbruck

von
Bernd Oberhofer

o. Univ.-Prof. DDr. Dr. hc. Hermann Wopfner als Rektor der Universität Innsbruck (1928)
geboren: 21. Mai 1876 in Innsbruck (Tirol)
verstorben: 10. Mai 1963 in Natters
Gymnasium in Innsbruck
Studium der Geschichte in Innsbruck, Wien und Leipzig
1900: Promotion Dr. phil. (Thema: Tiroler Bauernkrieg 1525/26)
Tätigkeit am Innsbrucker Stadthaltereiarchiv
1904: Habilitation für Wirtschaftsgeschichte
1906: Habilitation für Österreichische Geschichte
Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen
1908: außerordentlicher Professor für Österreichische Geschichte
1909: Promotion Dr. jur (Thema: Das tirolische Freistiftrecht)
1914: ordentlicher Professor für Österreichische Geschichte und
allgemeine Wirtschaftsgeschichte an der Universität Innsbruck
1928 und 1929: Rektor der Universität Innsbruck
1934: korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften
1945: Übernahme der Lehrkanzel für Volkskunde in Innsbruck
1953: Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften
1956: Ehrendoktorat der Universität Innsbruck

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Wie kein anderer hat der Tiroler Universitätsprofessor DDr. Dr. hc. Hermann Wopfner sein gesamtes wissenschaftliches Lebenswerk der Siedlungs-, Kultur-, Wirtschafts- und Rechtsgeschichte des Tiroler Bauernstandes gewidmet.

Das Ergebnis seiner lebenslangen Forschungen findet sich zusammengefasst im “Bergbauernbuch”, drei Buchbände, gegliedert in XII Hauptstücke, ca 1.800 Seiten insgesamt.

Im Rahmen des V. Hauptstückes, “Von der `Gemain´ und der Gemeinde” erklärt Wopfner auch, was unter dem Begriff “Fraktion” in Tirol zu verstehen sei. Wopfner deutet den Begriff “Fraktion” als „Kanzleisprachenausdruck” für eine “Nachbarschaft” (Hermann Wopfner, Bergbauernbuch, Band 2, Seite 255). Nähere Ausführungen zur Begründung finden sich bei Wopfner nicht.

Wopfner schrieb diese Zeilen vor Jahrzehnten. Den Ausbruch des Agrarstreits in Tirol konnte er nicht vorhersehen. Genauso wenig konnte er vorhersehen, dass die Frage, was unter den „Fraktionen“ zu verstehen sei, 50 Jahre nach seinem Tod eine der brennenden Fragen im Tiroler Agrarstreit würde.

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Der Bauernforscher

Am 10. Mai 2013 jährte sich zum 50. Mal der Todestag eines großen Tirolers, des Begründers der Volkskunde in Tirol und „Bauernforschers“ Hermann Wopfner (*21. Mai 1876 in Innsbruck). Er studierte Geschichts- und Rechtswissenschaft; ab 1904 lehrte er an der Universität Innsbruck Wirtschaftsgeschichte und zusätzlich Österreichische Geschichte. Mit 32 Jahren wurde Wopfner zum Universitätsprofessor für beide Fächer ernannt. 1941 zog er sich vom Universitätsbetrieb zurück, um sich ganz der Forschung zu widmen. Auf seinem Bauerngut in Natters, dem Plumeshof, verfasste er sein Hauptwerk, „Das Bergbauernbuch“.

Hermann Wopfner war alles andere als ein „Schreibtischtäter“. Planmäßig durchwanderte er die Täler Tirols und studierte aus nächster Nähe Arbeitstechniken, Traditionen und Lebensweise der Bergbauern. „Auf zahlreichen Wanderungen über Berg und Tal durchstrich er das ganze alte Land Tirol, bis hinauf zu den letzten Einödhöfen am Fuß der Gletscher, herüber und hinüber über die Pässe und Jöcher, um das Verkehrsproblem am eigenen Leibe zu erleben. Die Kamera auf dem Rücken und den Notizblock in der Hand, die Augen offenhaltend für alle Eigenart und die Alten befragend, die selbst Zeugnis der Vergangenheit sind, gewann er Einblicke in das bäuerliche Leben und Denken wie keiner vor ihm.“ (Franz Huter)

Gegen Ende seiner wissenschaftlichen Tätigkeit begann er mit der Verfassung des „Bergbauernbuchs“, ein Alterswerk, das „als glückliche Zusammenfassung seiner Lebensarbeit“ und als „geradezu monumental“ bezeichnet wird. Im Vorwort dazu wird Wopfners große Bewunderung für den Tiroler Bergbauernstand deutlich: „Ich habe dies Buch in alter Liebe zum Bergbauerntum und im Gedenken an meine bergbäuerlichen Vorfahren dem Tiroler Bauernstand zugeeignet“. Er wollte nicht ausschließlich ein wissenschaftliches Werk über die Bauern, sondern vor allem eines für die Bauern schreiben. Das dreibändige Werk, ca 1800 Seiten insgesamt, sollte – so Wopfner im Vorwort – das wirtschaftliche Leben der Tiroler Bergbauern in Vergangenheit und Gegenwart schildern. Es sollte die besonderen Schwierigkeiten vor Augen führen, mit welchen der Bergbauer in seiner Wirtschaft und damit auch in seinem ganzen Leben zu kämpfen hat. „Es soll aber auch zeigen, wie unsere Bergbauern diesen stillen, aber harten Kampf mit dem Berg in Ehren geführt haben.“

Wopfner äußerte im Vorwort seine Zuversicht, dass sein Werk – trotz seines Umfanges – in den bäuerlichen Kreisen den einen oder anderen Leser finden werde. Er hoffte auf die bergbäuerlicher Zähigkeit, mit der so mancher bei guter Gelegenheit sich das eine und andere Kapitel vornehmen werde. Um den Lesern entgegen zu kommen, hat er den Text durch Anführung zahlreicher Beispiele erläutert. Weder vor Wopfner noch nach ihm gab es eine Persönlichkeit, die sich intensiver mit der Tiroler Bauernschaft beschäftigt hätte.

Wopfner erlebte die Vollendung seines „Lebenswerkes“ nicht. Als er verstarb lag das Manuskript des vierten Bandes aufgeschlagen auf seinem Schreibtisch. Zu seinen Lebzeiten erschienen zwischen 1951 und 1960 nur drei Lieferungen des ersten Bandes. Sein Schüler Nikolaus Grass hat das Werk aus dem Nachlass in drei Bänden herausgegeben.

Wopfner bekleidete in den Jahren 1928 und 1929 das Amt des Rektors der Leopold Franzens Universität Innsbruck. Er war ab 1953 Ehrenmitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften und erhielt 1956 das Ehrendoktorat der Universität Innsbruck.

Persönlichkeit und Werk

(aus dem Vorwort zum Bergbauernbuch, von Nikolaus Grass)

Die Wopfner sind ein ursprünglich bäuerliches Geschlecht, das schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts auf dem Hof Wopfenstatt am Wattenberg oder Wattens saß. Gleich vielen anderen bergbäuerlichen Familien haben sich auch die Wopfner von ihrem Berghof aus weit über das Tiroler Land hin verbreitet. Ein Spross dieses Geschlechts, Oswald Wopfner, zog in den Volder Wald und erwarb schließlich das Gut Inneregg am Großvolderberg. Einer seiner Söhne ließ sich als Gerber in Grinzens nieder. Dessen Sohn Franz (1674 – 1756) übersiedelte als Gerber nach Innsbruck und begründete den Innsbrucker Zweig der Familie, die nacheinander – durch rund 1 1/2 Jahrhunderte – sechs Gerber stellte. Noch der Vater des Bauernforschers, Josef Wopfner, wollte den Beruf des in der Familie traditionellen Gerberhandwerkes ergreifen, doch riet ihm sein Vater davon ab, da dieses Gewerbe in seinem überkommenen handwerksmäßigen Betrieb keine guten Aussichten zu bieten schien. Daher wandte sich Josef Wopfner dem Kaufmannsberuf zu und gründete in der Innsbrucker Maria-Theresien-Straße ein Tuchgeschäft, das besonders auf die Bedürfnisse bäuerlicher Kunden ausgerichtet war und nicht nur dem örtlichen Handel diente, sondern seine Waren in alle Teile Alttirols verschickte und auch die Landkaufleute mit Waren versorgte. Josef Wopfner war ein angesehener Bürger der Landeshauptstadt, saß im Gemeinderat und war mehrere Jahre sogar Vizepräsident der Nordtirolischen Handelskammer. Viele Jahre war er auch als Laienrichter tätig und wurde mit dem Titel eines „Kaiserlichen Rates“ ausgezeichnet.

Verheiratet war Josef Wopfner mit Amalia Neuhauser. Dessen Ehe entspross unter anderem Hermann Wopfner, der am 21. Mai 1876 in Innsbruck zur Welt kam. Sein Vater wollte ihn für den Kaufmannsberuf gewinnen und schickte den aufgeweckten Buben zuerst ans Gymnasium. Nach der Matura und der Ableistung des Militärjahres entschied sich Hermann für das Studium der Geschichte, das er im Wintersemester 1896/97 an der Innsbrucker Universität begann.

Die freundliche Einstellung seines Vaters gegenüber dem Bauernstand hatte auch den jungen Wopfner für Bäuerliches eingenommen. Wopfner widmete sich den Bauernkriegen des Jahres 1525, der Vorgeschichte dazu und dem Tiroler Bauernrebellen Michael Gaismair. Die Forschungsarbeiten zum Thema bewogen Wopfner, Student und Schüler des Leipziger Historikers Karl Lamprecht zu werden und nach Leipzig zu Studienzwecken zu übersiedeln (1898). Nach Innsbruck zurückgekehrt, wurde Wopfner Assistent des Historikers Ludwig von Pastor an der Universität Innsbruck. Gleichzeitig ging Wopfner an die Ausarbeitung seiner Doktorarbeit, die Darstellung von Ursachen und Verlauf des Tiroler Bauernkrieges. Bei dieser Arbeit kam ihm zum ersten Mal so recht zum Bewusstsein, welche Bedeutung die Freiheit für ein Volk besitzt. Die Arbeit an der Geschichte des Tiroler Bauernkrieges 1525 mehrte Wopfners Interesse für den Bauernstand in Vergangenheit und Gegenwart. Im Mai 1900 wurde der junge Historiker in Innsbruck zum Doktor der Philosophie promoviert. Im Juni 1900 trat Wopfner in den Dienst des Innsbrucker Statthalterei-Archives, des heutigen Tiroler Landesarchives.

Bei seinen Studien über die Ursachen der Bauernkriege wurde Wopfner auf die Bedeutung des bäuerlichen Besitzrechts hingewiesen. Dies führte zu einer größeren wissenschaftlichen Arbeit, den Beiträgen zur Geschichte der freien bäuerlichen Erbleihe „Deutsch Tirols im Mittelalter“, die 1903 erschienen ist. Dieses fast 300 Seiten umfassende, größenteils auf Primären, vielfach aus Archiven geschöpften Material beruhende Werk machte seinen Autor weithin bekannt. Neben der Erbleihe „dem Erbbaurecht“, gab es in Tirol auch die Zeitleihe. Darüber berichtet Wopfners Abhandlung über „das Tiroler Freistiftrecht“, ein Beitrag zur Geschichte des bäuerlichen Besitzrechtes“, erschienen 1905 und 1906. Parallel erschien im Jahr 1906 Wopfners Buch „Das Allmendregal des Tiroler Landesfürsten“. Ein weiteres Werk Wopfners, „Die Lage Tirols zum Ausgang des Mittelalters (erschienen in Berlin 1908) sowie Wopfners „Quellen zur Geschichte des Bauernkrieges in Deutsch Tirol“ (ebenfalls erschienen 1908) gründeten die vorwiegend quellenmäßige Erforschung der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte sowie Rechtsgeschichte des Tiroler Bauernstandes ab. Parallel beendete Wopfner seine Tätigkeit als Archivbeamter. Schon 1904 hatte die Innsbrucker Universität aufgrund des „Erbleihebuchs“ dem jungen Gelehrten die Lehrbefugnis für Wirtschaftsgeschichte verliehen und diese im Jahr 1909 auf österreichische Geschichte erweitert. Im gleichen Jahr wurde Wopfner, damals 32-jährig, zum Professor beider Fächer an der Universität Innsbruck ernannt.

Mit Erreichen der Professur begann für Wopfner ein neuer Lebensabschnitt. Schon in den ersten Jahren des Lehramtes begann er die geschichtliche Volkskunde in seine Forschungen einzubeziehen. Aus seinem Interesse am Bauernstand ergab sich die Hinlenkung zur Volkskunde. Die Kenntnis vom bäuerlichen Volk der Gegenwart erschien in mancher Hinsicht als aufschlussreiche Quelle für das Verständnis älterer Wirtschafts- und Kulturzustände, wie Wopfner später in seinen Abhandlungen über „Die Bedeutung der Volkskunde für die Wirtschaftsgeschichte, dargestellt an Beispielen aus der Tirolischen Volkskunde“ (veröffentlich 1932) näher ausführte. Auch im Unterricht begann Wopfner volkskundliche Fragen zu behandeln. So war die Innsbrucker Universität wohl eine der ersten deutschsprachigen Hochschulen, an denen solche Vorlesungen gehalten wurden.

Im Verlauf seiner Arbeit entschloss sich Hermann Wopfner zur planmäßigen Durchwanderung der einzelnen Täler Tirols. Gleich seinem Vorbild Wilhelm Heinrich Riehel handelte Hermann Wopfner nach dem Grundsatz, dass Volkskunde „erwandert“ werden müsse. Seine Erkundungsfahrten unternahm er meist allein. Mit dem gewichtigen Fotoapparat und einer größeren Anzahl fotografischer Platten im Rucksack und das Notizheft in der Hand durchwanderte er vor allem in den 1920er Jahren beinahe das ganze Tiroler Land nördlich wie südlich des Brenners, wobei er auch Nachbargebiete wie etwa das Engadin oder Oberkärnten besuchte, um gegenseitige Beeinflussungen oder Unterschiede festzustellen. Um die Abhängigkeit der bäuerlichen Siedlung von Grund und Boden besser beurteilen zu können, besuchte Hermann Wopfner schon als Universitätsprofessor die Vorlesungen des um Jahre jüngeren Innsbrucker Geologen Raimund von Klebelsberg.

Als wichtigstes Ziel dieser Wanderungen und des Verkehrs mit den Bauern stand für Hermann Wopfner die Erkenntnis der geistigen Eigenart des bäuerlichen Volkes vor Augen. Diese Aufgabe ist jedoch besonders schwierig, denn der Bauer enthüllt nicht so leicht wie manch redseliger Städter sein Innerstes. Bei den vielen Wanderungen, die Wopfner noch vor dem Ersten Weltkrieg und dann während seiner Kriegsdienstleistung unternahm, konnte er die Verödung zahlreicher Berghöfe und deren Umwandlung in Zugüter und Almen beobachten. Dies führte zur Abfassung der Studie „Der Rückgang der bäuerlichen Siedlungen in den Alpenländern“ (Innsbruck 1917). Die Beobachtungen über die Höhenflucht gaben Anlass, die einstige maximale Ausdehnung der Höhensiedlung zu erkunden. So wurde Wopfner zum Erforscher und Bahnbrecher der Siedlungsgeschichte Tirols. Über Anregung aus Kreisen des deutschen und österreichischen Alpenvereins schrieb Wopfner die vorbildliche Abhandlung über „Die Besiedlung unserer Hochgebirgstäler, dargestellt an der Siedlungsgeschichte des Brennergebietes“, die im Jahr 1950 in München erschienen ist. Es folgen die weit ausgreifenden Studien über „Tirols Eroberung durch deutsche Arbeit“ (1922) und über „Deutsche Siedlungsarbeit in Südtirol“ (1926). Durch diese Schriften hat Wopfner den Grund gelegt und ein Vorbild geschaffen für eine Siedlungsgeschichte unseres Landes. Manche seiner Dissertanten haben in regionalen Untersuchungen die Kenntnis des Siedlungsvorgangs erweitert. Die siedlungsgeschichtliche Arbeit ergänzte Wopfner noch durch seine Beobachtungen über den bäuerlichen Hausbau. Seine bei der volkskundlichen Forschung gesammelten Erfahrungen legte er in seiner „Anleitung zur volkskundlichen Beobachtung auf Bergfahrten“ (Innsbruck 1927) nieder.

Vorarbeiten zum „Bergbauernbuch“

Im Jahr 1927 unternahm Wopfner den ersten Anlauf, die in vielen Abhandlungen aufbereiteten Forschungsergebnisse und in zahllosen Wanderfahrten gesammelten Beobachtungen zu einer Darstellung der Tirolischen Volkskunde zu verarbeiten (1927). Eine sehr viel eingehendere Volkskunde Tirols verfasste Wopfner für das vom deutschen und österreichischen Alpenverein herausgegebene zweibändige Werk „Tirol, Land und Natur, Volk und Geschichte, geistiges Leben“ (München 1933). Die umfangreichen Beiträge Wopfners (Entstehung und Wesen des Tirolischen Volkstums; Bäuerliche Siedlung und Wirtschaft) bildeten die erste moderne Darstellung der bäuerlichen Volkskunde Tirols, gegliedert nach ihren wichtigsten Zweigen.

Im Frühjahr 1933 hatte in Deutschland Adolf Hitler die Regierung übernommen. Einem drohenden nationalsozialistischen Einmarsch gegenüber glaubte die österreichische Bundesregierung einen autoritären Kurs einschlagen zu müssen, der alttirolischem Wesen nicht entsprach. Hermann Wopfner war bemüht, in Vorträgen und Zeitungsartikeln den demokratischen Gedanken und die Überlieferung der Tirolischen Landesfreiheiten breiteren Kreisen vor Augen zu führen. Diesem  Gedanken unter der Schilderung Tirolischen Bauerntums in Vergangenheit und Gegenwart sollte ein größeres Werk dienen, das Hermann Wopfner damals zu entwerfen begann. Es sollte den bezeichnenden Titel „Von der Ehre und Freiheit des Tiroler Bauernstandes“ führen, von dem allerdings nur ein Teilband erschienen ist. Die Verhältnisse in den 1930er Jahren waren allerdings einer Vollendung dieses Projektes ungünstig.

Ausarbeitung des Bergbauernbuches

Vom Ende der 1930er Jahre bis zu seinem Tod im Jahr 1963 arbeitete Wopfner an einem General- und Lebenswerk, seinem letztlich auf zwölf Hauptstücke ausgedehnten und in der Endfassung 1800 Druckseiten umfassenden „Bergbauernbuch“. Die Arbeiten gingen nur langsam voran, obwohl Wopfner sich schon 1941 – fünf Jahre vor Erreichen der Altersgrenze – über eigenes Ansuchen in den dauernden Ruhestand getreten ist. Für diese Schritt war vor allem der Wunsch entscheidend, die Zeit ganz dem Abschluss des Lebenswerkes, dem „Bergbauernbuch“ zu widmen. Für dieses hatte er seit Jahrzehnten Material gesammelt und ansehnliche Vorarbeiten geleistet. Auch die ganzen Zeitumstände – vom Herbst 1939 bis anfangs Mai 1945 Krieg und eine Regierung, die Wopfners Freiheitsideal zuwider war – bestärkten ihn in seinen Plänen.

Die Drucklegung einer ersten Auflage des Bernbauernbuches in München 1942, scheiterte kriegsbedingt. Die ersten drei Hauptstücke, „Wie der Tiroler Bauer seine Heimat gewonnen hat“, „Von Teilung der Güter und Überbevölkerung“ und „Von der Freiheit des Tiroler Bauern und ihren Grundlagen“ erschienen in den Jahren 1951, 1954 und 1960. Die Hauptstücke vier bis zwölf wurden erst in den 1900er Jahren von Hermann Wopfners Schüler, Univ.-Prof. DDDr. DDDr. hc. Nikolaus Grass herausgegeben; dies in zwei Bänden. Gleichzeitig wurden die ersten drei Hauptstücke als Band I gemeinsam mit einem Vorwort des Herausgebers veröffentlicht.

Aus diesem Vorwort sind die vorstehenden Ausführungen entnommen.

Bernd Oberhofer

Literaturempfehlung:

Hermann Wopfner, Bergbauernbuch, 3 Bände, Universitätsverlag Wagner, Innsbruck.

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